Erwartungen an ein Klassikforum (2009)

  • Liebe Forianer


    2004 gab es bereits einen Thread dieses Namens, der allerdings inzwischen in den gelöschten bereich verschoben wurde, zum einen weil die meisten Mitglieder die ihn frequentiert haben nicht mehr im Forum sind, was darauf schliessen lässt, das deren Erwartungen nicht erfüllt wurden, zum anderen weil die Motive,und Erwartungen heutiger Forianer gegbenenfalls andere sind als vor 5 Jahren.


    Ich zitiere auszugsweise aus meinem Eröffnungsbeitrag von damals:


    Zitat

    Ich habe mir gelegentlich die Frage gestellt, welches die Aufgaben oder der Sinn eines Klassikforums sein mögen.
    Mancher sieht darin eine Informationsquelle, eine Art Lesestoff eine Informationseinbahn, andere möchten gerne ihr Wissen vermitteln, dann kann man sich inspirieren lassen, neue Sichtweisen von Werken kennenlernen etc etc.
    Andererseits gibt es etliche Klassifreunde, dich weder Lust noch Laune haben sich in Foren über Klassikthemen zu äussern, und auch hier wäre interessant, herauszufinden, warum das so ist.


    Gruß aus Wien


    Alfred


    NOCH interessanter wären natürlich speziell die Anworten von Mitlesern - aber die werden uns nicht erreichen....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meine Lieben,


    Der Motivationen mitzutun sind viele. Was im Einzelfall den Ausschlag gibt bzw. gab, ist in anderen Threads zu lesen.


    Aber ich gebe Alfred recht, daß man sich Gedanken darüber machen könnte, warum sich viele Musikfreunde verweigern, obwohl sie hier fleißig mitlesen. Liegt es - neben vielen anderen Gründen - vielleicht auch daran, daß die Fähigkeit, sich schriftlich zu artikulieren, im Durchschnitt erschreckend abgenommen hat? Seit vielen Jahren lese und beurteile ich von Berufs wegen schriftliche Arbeiten. Der dabei klar erkennbare Niveauverlust des sprachlichen Ausdrucksvermögens erschreckt mich immer wieder. Nicht daß ich überrascht bin - der Deutschunterricht ist vielfach verschlimmbessert worden, die Literaturpflege auf ein sehr bescheidenes Maß zurückgestutzt worden, auch die Zahl der Referate im Gymnasium ist - wenn ich meinen Studenten glauben darf - im Durchschnitt minimal usw. usw. Das Ergebnis erschreckt stets aufs Neue, vor allem weil eine halbwegs gute Sprachgabe unentbehrlich ist, um sich überhaupt verständlich zu machen, solange es nicht um bloß Existentielles geht.


    Ich glaube daher, daß so mancher möchte, aber zuviele Minderwertigkeitskomplexe hegt oder tatsächlich das Schreiben als solche Mühe empfindet, daß er sich lieber mit dem spannenden Lesen begnügt. Hier müßte man eigentlich mit unseren Mitlesern diskutieren, ob das so oft zutrifft, wie ich annehme, oder ob es der zunehmende Streß ist, der die kulturell Intererssierten abhält (er ist es sicher auch und gar nicht wenig). Übung macht Meister, das schon, aber es genügt ja unter Umständen auch, ein braver Geselle oder ambitionierter Lehrling zu sein. Die sich dabei auftürmende Hemmschwelle scheint oft dort ein Hindernis, wo man es besonders bedauert. Vielleicht sollte man den Zeitraum für Selbstkorrekturen bei den Beiträgen noch ausweiten (ich geniere mich auch, wenn ich immer wieder überlesene Fehler in meinen Beiträgen entdecke, aber absolute Perfektion ist sowieso ein utopisches Ideal), damit könnte man Skrupel eventuell etwas mildern. Anregend wäre vielleicht auch eine Art Fragekasten, der von Nichtmitgliedern beschickt werden könnte (ohne hundertprozentige forianische Verpflichtung zur Antwort). Aber ich möchte natürlich auch nicht, daß Verwaltung und Moderation noch mehr mit Arbeit zugedeckt werden, als sie es ohnehin schon sind. Wir sind zwar keine Lexikonredaktion, aber ganz fremd sind wir solchen Tätigkeiten ja auch nicht.


    Was aber jedenfalls abschreckend wirkt: Wenn Forumsmitglieder in gereizten Tönen miteinander verkehren, oder die - an sich hochzuschätzenden - Witzgeplänkel boshaft entarten. Wie die Erfahrung lehrt, sind selbst die Toleranzapostel unter uns nicht immer davor gefeit, selbst die nötige Contenance zu vergessen. Meine Erwartung und zugleich Bitte ist daher, den Gedanken an das Miteinander nicht zu vergessen. Mögen sich Staubis und Regielis, Karajanisten und Karajangegner von mir aus kräftig katzbalgen, solange sie hinterher imstande sind, auf ein gemeinsames Bier zu gehen und die Geschmacksvielfalt hochleben zu lassen.


    LG


    Waldi

  • Liebe Musikfreunde,


    Meiner Meinung nach ist es vielleicht einfach das «hohe Niveau» das hier herrscht (und das ist auch gut so).
    Man traut sich nicht zu schreiben, wenn man diese Threads hier liest, man glaubt man es seien nur hochgebildete Mitglieder, Lehrer, Professoren, längjährige Studenten, und vor allem Musiker die hier am Werk sind.
    Wenn Musikwerke hier fachgerecht analysiert werden, dann kann ich einfach nicht mithalten, dann lese ich sie lieber, und das stundenlang.
    Ich war lange Zeit auch nur Mitleser, aber meine Liebe zur Musik und die Auseinandersetzung resp. Diskussion mit anderen Musikliebhaber haben mich dazu bewogen trotzdem mitzumachen. Auch wenn mein Deutsch nicht perfekt ist. Mir ist es egal, ob mein Ausdrucksvermögen andere erschreckt (Deutsch ist nicht meine Muttersprache). Man braucht einfach auch Zeit, bis man sich an das «Neue» gewöhnt hat. Mir macht es auf jeden Fall Spass.
    Und mein Horizont hat sich unheimlich erweitert. Das ich jetzt Rosenkranzsonaten, Haydn's Streichquartette, die Winterreise und und und, entdeckt habe und genieße, verdanke ich allein diesem Forum.
    In diesem Sinne, habt etwas Geduld mit meiner Aussprache, das wird schon


    liebe grüße
    roman