STRAUSS, RICHARD
DAPHNE
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Bukolische Tragödie in einem Aufzug
Libretto von Joseph Gregor
Uraufführung am 15. Oktober 1938 an der Dresdner Staatoper
Die Handlung spielt bei der Hütte des Peneios am Fluss Peneios
Schauplatz: Steiniges Flussufer, dichte Ölbaumgruppen, rechts ansteigende Landschaft zum Haus des Fischers Peneios, im Hintergrund der Fluss Peneios, als Abschluss das gewaltige Massiv des Olymp.
Die Personen der Handlung:
Peneios - seriöser Bass
Gaea – tiefer Alt
Daphne – Dramatischer Koloratursopran
Leukippos – lyrischer Tenor
Apollo – Jugendlicher Heldentenor
1. Schäfer - Bariton
2. Schäfer – Tenor
3. Schäfer – Bass
4. Schäfer – Bass
1. Magd - Sopran
2. Magd - Alt
Schäfer, Maskierte des bacchischen Aufzugs und Mägde
1. AUFZUG
In einer Flusslandschaft ruft der Fischer Peneios ruft mittels eines mächtigen Hornrufes die Schäfer zum Fest der „blühenden Rebe“ zusammen. Dieses Fest wird jedes Jahr am Tag der Sonnenwenden nach Sonnenuntergang zu Ehren des Gottes Dionysios begangen.
Daphne, die Tochter Gaeas und Peneios, kann der Dunkelheit und den Gedanken an menschlichen Sinnesfreuden nichts abgewinnen. Ihr Leben gehört der Sonne, dem lichten Tag und der schönen Natur. Sie umfasst einen Ölbaum und nimmt Abschied vom geliebten Licht. Da springt Leukippos, ihr Jugendfreund, hinter einem Baum hervor, wo er sie belauscht hat. In der Zwischenzeit ist er zum stattlichen Jüngling herangereift und will die Gunst der Stunde nutzen. Er begehrt Daphnes Liebe, doch sie weist ihn ab. Daraufhin zerbricht Leukippos seine Flöte, und wird Daphne, die nur sein Flötenspiel liebte, fremd. Verzweifelt entfernt er sich.
Gaea macht Daphnes abweisendes und kindisches Betragen Sorge. Sie lässt durch zwei Mägde ein festliches Kleid und Schmuck für Daphne bringen. Sie soll sie Sachen auf dem Fest tragen. Doch Daphne weist ihre Mutter ab und flüchtet in das Haus. Die Mutter folgt ihr sinnend nach.
Leukippos kehrt zurück und wird von den Mägden überredet, das Kleid und den Schmuck Daphnes anzuziehen. Damit könne er sich Daphne nähern und ihre Liebe durch List gewinnen.
Peneios, der einst ein Gott war, erscheint mit Gaea. Er erzählt den Hirten von einer Vision, dass alle Götter vom Olymp herabschreiten und lachen wie einst. Er lacht, und das Lachen wiederholt sich ringsrum wie ein Echo. Erschreckt fliehen die Hirten. Da tritt Apollo, als Rinderhirte verkleidet und mit Bogen und Köcher versehen, aus dem flammenden Ölbaumwald. Von einem seltsamen Dunst aus „brenzligem Fett“ und süßlicher Blüte“ seien sein Tiere wild geworden. Nachdem er sie beruhigt hat, sei er den Gerüchen bis hierher gefolgt. Gaea verspottet ihren Gatten, weil er in dieser Vision die Götter gesehen zu haben meinte. Peneios winkt aber ab, und bittet seine Frau, Daphne zu holen, damit diese den fremden Gast bewirten soll.
Allein zurückgeblieben, empfindet Apollo Unbehagen, dass er sich in dieser Verkleidung und mit Lügen bei den Menschen eingeschlichen hat. Im Licht des Vollmondes erblickt er Daphne und ist entzückt von ihr. Er hält sie zunächst für Artemis, nennt sie Schwester und erringt somit Daphnes Vertrauen. Er erzählt ihr, dass er sie heute von seinem Sonnenwagen aus gesehen hat. Er will ihre Sehnsucht nach Licht und wärme stillen. Daphne ist darob sehr verwirrt. Sie ahnt den Gott, kann ihn aber nicht erkennen. Voller Dank sinkt sie ihm an die Brust und nennt ihn Bruder. Nach einem Kuss ist sie total verwirrt. Die sich nach Licht sehnende flieht aus seiner Umarmung. Er erscheint ihr plötzlich als der „Fremdeste aller“.
Das Dionysosfest beginnt. Es soll allen Rauch und Liebe bringen. Einige, als Widder verkleidete Schäfer, bemächtigen sich einer Gruppe „Bacchantinnen“. Leukippos, der das Gewand einer Schalenträgerin trägt, verleitet Daphne zu einer Huldigung Dionyos’. Sie schreitet mit ihm zum Tanz, da sie ihn für eine seiner Gespielinnen hält. Apollo, der sich furchtbar gekränkt fühlt, deckt den Betrug auf. Die Hirten sind empört, dass Apollo das Fest so gestört hat. Sie fordern ihn auf, ein göttliches Zeichen seiner Weisheit zu geben. Da schwingt Apollo seinen Bogen durch die Luft. Ein Donner ertönt und hallt an den Wänden des Gebirges wider, was die Herden auseinanderstieben lässt. Die Hirten machen sich wütend auf den weg, um die Tiere wieder einzufangen.
Mittlerweile hat Leukippos seine Verkleidung abgelegt. Er fordert Daphne auf, ihm zu folgen. Doch Daphne, die sich doppelt getäuscht fühlt, verlangt, die Wahrheit zu erfahren, woraufhin sich Apollo als Sonnengott zu erkennen gibt. Daphne erklärt ihm, dass sie zwar sein Licht liebt, aber nicht seine Gluten. Leukippos, der wieder Morgenluft wittert, verflucht den Gott. Zur Strafe streckt Apollo ihn mit einem Pfeil und Blitz und Donner zu Boden.
Durch den Tod von Leukippos er kennt Daphne ihre Schuld an dem Leiden des Gottes. Sie will ihm als Sühne alles opfern, was ihr lieb ist, vor allen dingen aber ihr kindliches Glück. Auch Apollo erkennt seine Fehler gegn Daphne und gegen seinen Bruder Dionysos, dessen Fest er entehrt hat. Er bittet seinen Vater Zeus Daphnes Traum und ihre Liebe zu erfüllen, und sie ihm als göttliches Lorbeer zu schenken, damit sie zur höchsten Ehre ewig grüne.
Daphne bleibt allein zurück. Da spürt sie sich plötzlich mit der erde verwurzelt. Ihr Körper verwandelt sich langsam in einen Lorbeerbaum. Aus dem vom Mondlicht durchfluteten Geäst ertönt ihre Stimme.
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