Beethoven: Diabelli-Variationen

  • hallo,


    gestern bekam ich eine cd von einem neu gewonnenen klavierfreund in die hände. die aufnahme ist aus 2004 und nun brandneu auf dem markt. nikolai demidenko spielt neben der 'theresien-sonate' beethovens diabelli-variationen (ASV, DDD).



    ich muss sagen, demidenkos interpretation ist bei mir eingeschlagen wie eine 'bombe'. ich war ziemlich müde am gestrigen abend. schon bei der vorstellung des themas war ich hellwach ! der ansatz, den demidenko verfolgt, ist dem brendels nicht unähnlich ! sein anschlag ist markanter, russischer ! es ist hiermit eine IMO der stärksten darstellungen, die ich kenne.


    gruß, siamak :angel:

    Siamak

  • Guten Abend zusammen,


    die letzten Tage, nein, die letzten Wochen standen bei mir ganz im Zeichen Beethovens und seiner Diabelli-Variationen.


    Es passiert mir nicht selten, daß ich ein mir bekanntes Werk irgendwie "neu entdecke", einen bisher nie da gewesene intensive Verbindung aufbauen kann.
    So sollten es nun die Diabelli-Variationen sein. Kaum zu Ende gehört, legte ich die Cd noch mal auf. An den nächsten Tagen das gleiche Spiel. Immer und immer wieder. Irgendwann
    hielt ich es nicht mehr aus und rannte zu Dussmann, da ich unglaublich gespannt war, wie andere Interpretationen ausfallen.
    Es tat sich hierbei viel Überrschendes auf, sowohl positiv als auch negativ.
    Im Nachhinein sollte mir auffallen, daß ich mit meiner Einspielung richtig glücklich sein kann :)


    Ich möchte mich mal an einem - natürlich höchst subjektiven - Ranking der von mir gehörten Einspielungen probieren (ich fang mal unten an, damit das Erfreuliche zum Schluss kommt!)




    Olli Mustonen: Zunächst mal was positives. Ich denke, Mustonen schafft es mit seiner "Interpretation" Gleichgültigkeit bzw. Leidenschaftslosigkeit zu vermeiden. Entweder man erachtet ihn als genial und ist begeistert von seiner "Lesart" oder man verteufelt ihn gerade zu. Verteufelung steht mir fern, doch an den von mir gesetzten Anführungszeichen kann man vielleicht schon erkennen, in welches Lager ich tendiere. Für mich ein Wichtigtuer. Mustonen spielt Mustonen und nicht Beethoven. Selbst, wenn es nicht seine Absicht ist, ich brauche jedenfalls so etwas nicht.


    Grigory Sokolov: Der Insider. Hochgelobt, doch dem breiten Klassikpublikum nicht wirklich ein Begriff. Mit seiner Einspielung der Diabelli-Variationen hat er sich - zumindest mir - keinen Gefallen getan.
    Fast ähnlich radikal in seiner Interpretation wie Mustonen, meint man alles andere als Beethoven zu hören. Vielleicht ein strawinskynesken Beethoven, aber keinen Beethoven. Also was diese Aufnahme angeht, werde ich wohl ohne großes Bedauern an Herrn Sokolov weiter vorbei gehen.


    Amadeus Weberinske: Klingt wie Langspielplatte auf Kurzspielmodus. Hier versucht jemand den schnellsten Zyklus aller Zeiten abzulegen. Na ja.......


    Paul Komen: Sein Spiel vermag mich schon mehr zu begeistern. Er spielt auf einem Conrad-Graf-Hammerflügel von 1824 im Beethoven-Haus Bonn. Sein Spiel ist ausgewogen und wirkt frisch, es fehlt IMO jedoch etwas Innenspannung und Dramatik.



    Stephen Kovacevich: Für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Zu Beginn fast ein wenig zu "weich". Bei längerem Hören relativierte sich dieser Eindruck. Angeblich einer der ganz großen Einspielungen, mir fehlte etwas Frische, der Trotz der in so manchen Variationen zu finden ist, scheint mir bei Kovacevich zu geglättet.



    Kommen wir jetzt zu meinen Favoriten:


    Nikolai Demidenko: Es wurde ja bereits angepsprochen. Sogleich die Vorstellung des Themas lässt aufhorchen. Demidenko at his best. Er versteht es IMO das Wesen der einzelnen Variationen meist richtig einzufangen und trotzdem den Charakter des Zyklus zu bewahren. Einziger Kritikpunkt: die Tempi sind mir persönlich manchmal etwas zu hoch. Ansonsten eine tolle Einspielung, ein markanter Beethoven.



    Michael Korstick: Eine recht neue Einspielung. Und was für eine!! Leider habe ich hier nicht allzu viel gehört, da (dies wäre vermutlich auch der einzige Kritikpunkt) die gesamten Diabelli-Variationen einen Track(!) bekommen haben...Aber mit Sicherheit eine der ganz ganz großen Einspielungen der Variationen.



    Sviatoslav Richter: Was wäre anderes als eine mindestens gute, wenn nicht gar überragende Einspielung von diesem Ausnahmepianisten zu erwarten? Meine Erwartung wurde nicht enttäuscht.


    And here is the winner:


    Piotr Anderszewski: Tja, was soll ich sagen - diese Einspielung ist himmlisch!!!!
    Anderszewski, polnisch-ungarischer Abstammung, Jahrgang 69, hat sich lange Zeit genommen für die Einspielung eines seiner liebsten Werke des Klavierliteratur. Entstanden ist dabei ein dermaßen persönlicher Zugang zu diesem großartigen Werk, daß der Filmemacher Bruno Monsaingeon ihm einen Dokumentarfilm widmet, der ihn von der von der Vorbereitung bis zur Aufführung begleitet. Diesen Film gab es übrigens im BR3 erst kürzlich zu sehen. Ich war schlicht überwältigt. Ich glaube, selten habe ich ähnlich gefühlt und empfunden.


    Für mich sind einige Variationen, die dann auch meine "Lieblingsvariationen" sind, ausschlaggebend:
    Nr. 2: von vielen viel zu schnell gespielt - Anderszewski erkennt die Leidensachaft, die Sehnsucht, aber auch den Witz in dieser Variation, wie es für mich kein anderer kann
    Nr.7, Nr.9; Nr. 13, Nr. 14, Nr. 21
    Nr. 28: wie modern Beethoven hier klingt! Viele spielen das entweder viel zu aggresiv (Mustonen) oder zu harmlos. Anderszewski zieht ein wenig im Tempo an ohne zu hasten oder allzu brachial zu wirken. Famos!
    Nr. 30; Nr. 31; Nr. 33


    Zum Glück habe ich genau diese Einspielung zu Hause :angel::angel:


    So, das soll es erst einmal von meinen Erfahrungen mit diesem großartigem Werk gewesen sein.


    Was mich jetzt noch interessiert: Habt ihr Lieblings-Variationen? Und wenn ja, welche?


    Viele Grüße aus Berlin
    Wulf.


  • Hallo Wulf,


    die in der Fachpresse gelobte Korstick-Einspielung fand ich eher enttäuschend, hier fehlt für mich das spielerische Moment, das den Zyklus auch auszeichnet. Bei Korstick wirkt ALLES ernst (und auch ein wenig schwer). Dadurch wirkt der Zyklus in dieser Einspielung für muich langatmig. Das Besondere ist doch gerade der Abwechslungsreichtum der Variationen. Bei Maurizio Pollinis Aufnahme geht es mir ähnlich: alles wird durchgehend 'ernst' vorgetragen, das wirkt einseitig. Die Einspielung von Svjatoslav Richter hingegen ist abwechslungsreicher, hier ist das spielerische Moment vorhanden, aber eben auch die notwendige Größe und Durchschlagskraft. Rein klanglich ist Richters Regis-Aufnahme übrigens viel besser als die unter zu viel Hall leidende Philips-Einspielung:



    Ein optimale Einspielung habe ich bisher nicht gefunden, bei einem so vielschichtigen Zyklus ist das auch schwer. Pianisten, die eher den Sarkasmus betonen (Brendel), verfehlen die Größe und umgekehrt. Die Aufnahme von Piotr Anderszewski werde ich mir noch zulegen, Danke für den Hinweis.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Hallo Christian,


    gerne :)


    genau auf die von Dir genannte Regis-Einspielung bezog ich mich auch.
    Der tatsächlich gute Klang überraschte mich indes nicht mehr, ich habe bisher einige Einspielungen von Klaviermusik bei Regis gehört und die waren alle interpretatorisch als auch klanglich hoch anzusiedeln.
    Ich denke ein Label, auf das man ein Auge haben sollte....


    LG
    Wulf.



    P.S. Gerade zwei hoch angesehene Pianisten wie Brendel und Pollini konnte ich bei meinem Hörvergleich nicht berücksichtigen, da bei Dussmann momentan nicht vorhanden. Trotz meiner Brendel-Antipathie hätte ich aufgrund so manch überschwenglicher Kritik gerne zum Vergleich reingehört. (Obowhl es mir sicher schwer gefallen wäre, Gefallen an der Brendel-Aufnahme zuzugeben :P )

  • Interessant, die verschi9edenen Beurteilungen der Diabelli Variationen mit Michael Korstick: Auf mich machte die Intgerpretation einen "verschrobenen" "eigenwilligen" Eindruck.
    Das kann natürlich auch positiv ausgedrückt werden: Individuell, mutig, "anders als gewohnt"
    Ich selbst bin mir über den Stellenwert der Einspielung noch nicht im Klaren, würde den Ansatz aber eher als positiv bewerten, da er weggeht, vom in den letzten Jahren gebotenen "Einheitsbeit" der "Wettbewerbssieger", die vorzugsweise für ein Jury (deren Zusammensetzung dem Kandidaten schon eine Interpetationsvorgabe lieferte :D ) und alte Tugenden (zuletzt als "Untugenden" gesehen) wieder aufleben lässt, darunter die Individualität als äußerst wichtigen Parameter.



    Erst weitere Einspielungen werden Korsticks Ausnahmerang bestätigen oder verwerfen, bzw seinen Stellenwert einstufbar machen.
    Aus meiner Sicht ist ein Pianist nicht der "Beste" oder der "Zweitbeste" sondern (für mich) interessant - oder nicht, wobei sich der eigene Wertmaßstab im Laufe der Jahre durchaus ändern mag.


    Persönlich sehe in Korsticks weiteren Einspielungen durchaus mit Interesse entgegen.


    LG
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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    Original von Alfred_Schmidt
    Erst weitere Einspielungen werden Korsticks Ausnahmerang bestätigen oder verwerfen, bzw seinen Stellenwert einstufbar machen.


    Hallo Alfred,
    meines Wissens ist Korsticks Einspielung der Diabelli-Variationen der Auftakt zu einer weiteren Gesamteinspielung aller Beethoven-Sonaten. Da darf man gespannt sein, auch wenn man (wie ich) seine Diabelli-Variationen nicht zu den Favoriten zählt!


    Viele Grüße,
    Christian

  • Alfredo Perl (damals noch Arte Nova): sehr klangschöne - technisch und interpretatorisch - Aufnahme. Insbesondere die Bachreferenzen werden sehr gut gemeistert.


    Konstantin Scherbakov (Naxos): tolle Kopplung mit "Rule Britannia"- und "God save the King"-Variationen. Ansonsten höchst bemerkenswert in seiner Schroffheit und Herausarbeitung von Extremen. Insbesondere die Var. 32, meine Lieblingsvariation, geht Scherbakov ungewohnt jazzig, ein anderer Begriff ist mir in der Eile nicht eingefallen, an.


    Stefan Vladar (seinerzeit noch bei Sony unter Vertrag), bietet sauberes und exaktes Spiel ohne Exteme. Insbesondere unsere Wiener Freunde dürften Vladar auf den Wiener Podien desöfteren begegnen.


    Amadeus (!!!!!!!) Webersinke: interessante Einspielung, wenn man die Diabelli-Variationen schnörkellos hören möchte.


    Uri Caine/Concerto Köln: Erschienen bei dem Edellabel Winter & Winter bieten das Crossovergenie Uri Caine und Concerto Köln eine äußerst klangprächtige Gänsehaut verursachende, sehr jazzige, Lesart. Diese Einspielung ist natürlich nur für Leute geeignet die gegen Transskriptionen nichts einzuwenden haben.

  • Hallo tom,


    Dir gefällt echt der Webersinke? Ich habe nur die Hörschnipsel bei jpc gehört, aber das reichte mir. Ich finde die Tempi an so mancher Stelle maßlos übertrieben, das ganze Wesen der Variation wird IMO dadurch entstellt (z.B. 2)
    Aber zumindest gefällt er mir besser als die "Radikalen" Mustonen und Sokolov....


    LG
    Wulf.

  • Zitat

    Original von Wulf
    Trotz meiner Brendel-Antipathie hätte ich aufgrund so manch überschwenglicher Kritik gerne zum Vergleich reingehört. (Obowhl es mir sicher schwer gefallen wäre, Gefallen an der Brendel-Aufnahme zuzugeben :P )


    Hallo Wulf,


    solltest Du deine Brendel-Antipathie bzgl der Diabelli-Variationen überwinden, empfehle ich unbedingt die ältere Live Aufnahme (Mitte 70er Jahre, London), die erfreulicher Weise in der GREAT PIANISTS-Rheie noch immer verfügbar ist:



    Meines Erachtens ist diese Einspeilung um einiges lebendiger und wagemutiger als die spätere, digitale Studio-Einspielung für Philips, die weiter oben schon empfohlen wurde.


    Grüße,
    Christian

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    Original von Wulf
    Hallo tom,


    Dir gefällt echt der Webersinke? Ich habe nur die Hörschnipsel bei jpc gehört, aber das reichte mir. Ich finde die Tempi an so mancher Stelle maßlos übertrieben, das ganze Wesen der Variation wird IMO dadurch entstellt (z.B. 2)
    Aber zumindest gefällt er mir besser als die "Radikalen" Mustonen und Sokolov....


    LG
    Wulf.


    Hallo Wulf,


    daß mir Webersinkes Einspielung gefällt, habe ich ja nicht gesagt. Sie erscheint mir in meinen Gehörgängen "schnörkellos", d.h. geradeaus, konsequent im Tempo aber eben nicht übermäßig bemerkenswert. Ich wollte eben höflich sein. :yes:


    Ich weiß nicht, ob ich es sagen soll. Ich tue es einfach mal: die Aufnahme, die mich wahrscheinlich am meisten interessieren würde, wurde leider nie eingespielt.


    Ich meine die Diabelli-Variationen mit Glenn Gould.


    Schade!


    :)

  • Hallo tom,


    wie so solltest Du so etwas nicht sagen dürfen? Glenn Gould war ein ganz Großer.
    (Den ich übrigens, bei fast allem, was er außer Bach gespielt hat, mehr schätze als sein Bach-Spiel selbst...vielleicht sollte ich so etwas nicht sagen, aber seinem Bach-Spiel kann ich rein gar nichts abgewinnen)


    LG
    Wulf.

  • Hallo, Wulf!


    Anscheinend bin ich doch nicht der einzige hier, der Beethovens op. 120 für ein „Überwerk“ hält.
    Ich empfehle übrigens auch sehr, mal Brendel anzuhören! Phänomenal! Hier hatte ich etwas darüber geschrieben.


    Zitat

    Original von Wulf
    Stephen Kovacevich: Für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Zu Beginn fast ein wenig zu "weich". Bei längerem Hören relativierte sich dieser Eindruck. Angeblich einer der ganz großen Einspielungen, mir fehlte etwas Frische, der Trotz der in so manchen Variationen zu finden ist, scheint mir bei Kovacevich zu geglättet.


    Ansonsten habe ich noch eine Frage zur Kritik an Kovacevich:
    Handelt es sich um diese Originals-CD? Ich überlege schon eine Weile, sie als weitere Aufnahme der Variationen anzuschaffen.



    In einer Beethoven-Sonaten-CD von Kovacevich steht über dessen Diabellivariationen-Interpretation: „unvergesslich“ / „leidenschaftliche Hingabe bei gleichzeitiger kontrollierter Beherrschung“ / „einzigartige Aura“ / „die Welt steht still“
    Ist das also maßlos übertrieben?


    Zitat


    Was mich jetzt noch interessiert: Habt ihr Lieblings-Variationen? Und wenn ja, welche?


    Meine Lieblingsvariation ist Nr. 14 – grave e maestoso :] :angel:


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Ich habe jetzt (mehr als zwei schaffe ich nicht am Stück) Rosen und Anderszewksi gehört (es warten noch Schnabel, Gulda, Sokolov, Mustonen und Anda). Ich merkte, dass ich doch von meiner ersten und jahrelang einzigen Aufnahme, Guldas geprägt bin. Die ist leider nicht sehr gut aufgenommen (extrem trocken) und Gulda ist größtenteils extrem schnell (mag sein, dass er einige Wdh. wegläßt, aber nicht viele und er benötigt knapp 45 min, Rosen 52, Anderszewski 63; ich habe irgendwo die Noten, finde sie aber momentan nicht). Das trifft die grotesk-humorigen Aspekte des Werks freilich sehr gut.
    Mir kommen daher viele einen Tick zu langsam vor, besonders in den schnellen Variationen. Rosens ist AFAIK eh nicht erhältlich; ich weiß auch nicht so recht, wie ich sie finde. Klanglich ist sie auch nicht so toll. Einiges ist aber ziemlich interessant. So habe ich vorher noch nie so bewußt gehört, dass Nr 14 Grave e maestoso (war früher auch meine Lieblingsvariation, inzwischen habe ich keinen so klaren Favoriten) anscheinend der langsame Teil einer franz. Ouverture ist (schon gar nicht bei dem hier sehr langsamen Anderszewski), vermutlich ebenso wie einiges andere (am deutlichsten wohl #31 -> #25 GBV) als hommage an Bachs Goldbergvariationen plaziert.
    Anderszewski ist klanglich und auch sonst ziemlich gut. Er ist mir manchmal zu langsam unterwegs (s.o.) und einiges ist etwas manieriert. Seltsam finde ich, dass Variationen, die eigentlich nahtlos ineinander übergehen sollten (31-32-33) dies hier nicht wirklich tun. Entweder ein Editionsfehler oder dehnt er hier einige Fermaten allzu sehr?
    Und warum verschenkt er den Gag des Schlußakkords?


    Wulf Mustonen ist in seinem Pseudo-Gould-Gebaren zugegeben bizarr. Sokolov habe ich aber als sehr kontrastreich, solide, dabei eher traditionell (also nicht Strawinskiesk) in Erinnerung


    Eine Gould-Aufnahme hätte mich auch interessiert; die CD mit den drei Beethovenschen Variationen ist eine seiner besten (und immer noch meine favorisierte Aufnahme dieser Werke)


    Obwohl ich eigentlich schon fast zu viele Einspielungen habe, werde ich doch wohl Kovacevich, vielleicht auch Richter und Brendel mal ins Auge fassen...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Pius,


    ja, genau um diese bei Philips erschienene Aufnahme handelt es sich jetzt.


    Als maßlos übertrieben würde ich diese Kritik nicht werten wollen.
    Jedoch: für mich persönlich stand die Welt bei dieser Aufnahme nicht still.


    Vielleicht fehlt mir da auch noch der rechte Zugang, dennoch glaube ich, daß es Pianisten gibt, die dem Werk gerechter werden.
    Sicher Kovacevich spielt kontrolliert, schafft meinetwegen auch eine einzigartige Aura, aber es ist nicht die meine.


    Wie gesagt, ich habe mich beim Vergleichshören v.a an meine Variationen gehalten und somit den Kovacevich nicht im ganzen Stück gehört.


    Das mag zwar ein wenig ketzerisch erscheinen, ich glaube aber aufgrund des von mir gehörten nicht, daß sich meine Meinung großartig ändern wird.
    Mir insgesamt zu leidenschaftlich weich- es fehlt der "Biss".



    Danke auch für dein Voting!! :)


    :hello:
    Wulf.

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  • Ich höre die CD gerade wieder und muss mich siamak vollends anschließen. Diese und auch Brendels Aufnahme gefallen mir bisher am besten von allen, die ich bisher gehört habe, klanglich ist Demidenkos sogar noch schöner als Brendels - trotzdem kann ich keiner den Vorzug geben. Sie stehen für mich beide gleich an der Spitze.


    Guldas Aufnahme (1970?) liebe ich auch, ist aber unvergleichlich, da ganz anders als alle anderen - irgendwie außer Konkurrenz. Scheinbar heruntergeleiert, aber auf geniale Weise den Kern getroffen, so wie es Gould bei Bach gelungen ist, meiner Meinung bzw. meinem Geschmack nach.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Salut,


    folgende Einspielung wurde mir im Wege der Schenkung übereignet:



    Identische Aufname mit neuem Cover MOD 001 Alfred - 14.7. 2020


    Beethoven and others
    Diabelli's Waltz - The Complete Variations


    RUDOLF BUCHBINDER


    Neben Beethovens op. 120 enthält diese Doppel-CD auch die jeweiligen Variationen von Ignaz Aßmayer, Carl Maria von Bocklet, Leopold Czapek, Carl Czerny, Joseph Czerny, Moritz Graf von Dietrichstein, Joseph Drechsler, Emanuel Aloys Förster, Franz Jakob Freystädtler [Gaulimauli], Johann Baptist Gänsbacher, Josef Gelinek, Anton Halm, Joachim Hoffmann, Johann Horzalka, Joseph Huglmann, Johann Nepomuk Hummel, Anselm Hüttenbrenner, Frédéric Kalkbrenner, Friedrich August Kanne, Joseph Kerzkowsky, Conradin Kreutzer, Heinrich Eduard Josef Baron von Lannoy, Marcus Leidesdorf, Franz Liszt, Joseph Mayseder, Ignaz Moscheles, Ignaz Franz Baron von Mosel, Franz Xaver Wolfgang Mozart [zweimal], Joseph Panny, Hieronymus Payer, Johann Peter Pixis, Václav Plachy, Gottfried Rieger [zweimal], Philipp Jakob Riotte, Franz de Paula Roser, Johann Baptist Schenk, Franz Schoberlechner, Franz Schubert, Simon Sechter, Erzherzog Rudolph, Abbé Maximilian Stadler, Josephe de Szalay, Václav Jan Krtitel Tomásek, Michael Umlauf, Friedrich Dionys Weber, Franz Weber, Charles Angelus de Winkhler, Franz Weiss, Jan August Vitásek, Jan Václav Vorísek und Coda: Carl Czerny.


    Die Aufnahme stammt wohl von 1973 und ich finde, Buchbinder spielt das alles ganz hervorragend: eher nüchtern. Allerdings hat mich beim Ersthören diese Musik ziemlich wenig beeindruckt - ich werde mich allerdings nochmals speziell auf die einzelnen Komponisten eingehend damit beschäftigen.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Leute,


    zu den angesprochenen Aufnahmen möchte ich noch die mit Jörg Demus hinzufügen.
    Er spielt neben den Beethoven-Variationen auch die der anderen am Projekt beteiligten Komponisten.
    Die Verwendung von Originalinstrumenten verleiht der musikalisch sehr schlüssig interpretierten Aufnahme ein interessantes Klangbild.


    Die Variationen der anderen Komponisten sind auf einem Hammerflügel von Gröber (Innsbruck, zw.1815 und 1825) und ebensolchem von Broadwood (London, datiert 1802); Die Beethoven-Variationen auf einem Instrument von Graf (Wien, 1839) eingespielt.


    Die Aufnahme entstand vom 30.10.-8.11.1971 im Palais Schönburg in Wien für die Archiv Produktion der DG.


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB


  • Gibt es einen besonderen Grund, nach dieser zu fragen, nachdem ungefähr alle anderen empfohlen wurden? ;)


    Guldas wird oben mehrfach beschrieben. Sie ist vielleicht als Einstieg ein klein wenig einseitig, aber momentan bei eloquence für einen Fünfer zu haben, mit einigen Füllern (Elise, Andante favori usw.) Mustonen würde ich zurückstellen. Brendel ist sicher eine solide Empfehlung. Mein Tip für eine etwas langsamere gewichtigere Aufnahme (starker Kontrast zu Gulda) wäre Sokolov. Von dem lohnt sich eigentlich fast alles, was man kriegen kann.
    Wenn historischer Klang toleriert wird, ist Schnabel (Naxos u.a.) wie fast immer bei Beethoven (oder Schubert) eine klassische Referenz und eigentlich ein Muss.


    :hello:


    JR

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  • Zitat

    Gibt es einen besonderen Grund, nach dieser zu fragen, nachdem ungefähr alle anderen empfohlen wurden?


    Vermutlich gibt es VIELE Gründe nach dieser - und anderen DERZEIT ERHÄLTLICHEN Aufnahmen zu fragen, denn vieles was in diesem Thread als empfehlsenswert oder gar als "Refererenz" genannt wurde ist schlicht und einfach nicht mehr erhältlich.


    Ich habe diesen traurugen Umstand bemerkt, als ich einige Links zu Hörproben setzen wollte, um die alten Empfehlungen via Soundclip zum Hineinhören einzurichten.


    Daß Ugorski fehlt ist irgendwie nachvollziehbar, aber wer hätte je vermutet, daß die Philips Aufnahme mit Brendel dereinst nicht mehr greifbat sein würde, wogegen die Turnabout-Einspielung - sie wat viele Jahre gestrichen - wieder verfügbar ist


    Somit stellt sich die Frage nach Alternativen.
    One die Askenazy-Aufnahme im Besonderen zu kennen würde ich doch meinen, daß jemand, der nach eine "schönen" (nicht aber "expressiven", "verstörenden" oder "originellen" Aufnahme Ausschau hält in der Regel zufrieden sein kann.


    Ich werde vermutlich in den nächsten Tagen hier weitere Einspielungen nennen - so dies nicht inzwischen ein Spezialist von der "Klavierfraktion" selber macht...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist die alte Turnabout-Aufnahme Brendels erhältlich, außerdem eine neuere Live und eine weitere als Download. Sorry, wenn irgendwas vom Papst mal zwischendurch aus dem Katalog gefallen ist...



    Es gibt dutzende von guten Alternativen, von denen etliche im thread genannt und kommentiert worden sind.
    jpc hat jedenfalls ca. 50 Einspielungen. :faint:
    Schnabel, Richter, Serkin, Gulda, Kovacevich (2x), Demidenko, Pollini, Sherbakov, Mustonen, Anderszewski und zig andere sind problemlos zu haben. Natürlich ist es o.k., nach Ashkenazy zu fragen. Aber da die Anzahl der Pianophilen im Forum, die zwei dutzend oder mehr Einspielungen von Standardwerken besitzen, nicht sehr hoch ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass angesichts der vielen anderen Empfehlungen, jemand auch noch diese hat, nicht besonders hoch. Dass man von Ashkenazy etwas solides erwarten darf, ist eh klar. Ob es angesichts der Alternativen eine herausragende Option ist, eher fraglich.


    :hello:


    JR

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  • Ich wollte niemandem zunahe treten - bin aber eigentlich ein Freund von Ashkenazy und wunderte mich im Gegenteil, dass niemand der Vielsammler bisher dieser Aufnahme Beachtung geschenkt zu haben scheint...


    Nunja... angesichts der bisherigen Empfehlungen und eines unschlagbaren Angebots bei iTunes (mitunter schlage ich eben doch bei Downloads zu), habe ich mich für Anderszewski entschieden und das bisher nicht bereut.


    Aber interessiert hätte mich trotzdem eine Meinung zu Ashkenazy...

  • Zitat

    Original von Travinius
    Nunja... angesichts der bisherigen Empfehlungen und eines unschlagbaren Angebots bei iTunes (mitunter schlage ich eben doch bei Downloads zu), habe ich mich für Anderszewski entschieden und das bisher nicht bereut.


    Aber interessiert hätte mich trotzdem eine Meinung zu Ashkenazy...


    Hallo Travinius, die Anderszeski-Aufnahme ist eine der luzidesten und spannendsten Darstellungen der Diabelli-Variationen, die ich kenne. Bei keinem anderen Interpreten gibt es soviel zu entdecken. Ashkenazy wirkt im Verlgeich dazu bodenständiger, nicht so stilisiert, dafür zum Teil aber mit wirklich zügigen, stürmischen Tempi. Müsste da aber erst mal wieder reinhören, vielleicht komme ich demnächst ja dazu.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian B.
    Die Einspielung von Svjatoslav Richter hingegen ist abwechslungsreicher, hier ist das spielerische Moment vorhanden, aber eben auch die notwendige Größe und Durchschlagskraft. Rein klanglich ist Richters Regis-Aufnahme übrigens viel besser als die unter zu viel Hall leidende Philips-Einspielung:

    Ein optimale Einspielung habe ich bisher nicht gefunden, bei einem so vielschichtigen Zyklus ist das auch schwer.


    Glücklicherweise habe ich gerade bei den Diabelli-Variationen meine "Stamm"-Einspielung recht früh gefunden. Meine Begeisterung für die Aufnahme von Rudolf Serkin (entstanden in Marlboro, Vermont, im September 1957)

    ist seit Jahrzehnten ungebrochen. Richters Aufnahmen des Werks (drei sind mir bekannt; möglicherweise existieren auch noch weitere Mitschnitte) sind natürlich ohne Frage gleichfalls hervorragend und empfehlenswert.

    2 Mal editiert, zuletzt von Swjatoslaw ()

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  • Zitat

    Original von Wulf


    Piotr Anderszewski: Tja, was soll ich sagen - diese Einspielung ist himmlisch!!!!
    Anderszewski, polnisch-ungarischer Abstammung, Jahrgang 69, hat sich lange Zeit genommen für die Einspielung eines seiner liebsten Werke des Klavierliteratur. Entstanden ist dabei ein dermaßen persönlicher Zugang zu diesem großartigen Werk, daß der Filmemacher Bruno Monsaingeon ihm einen Dokumentarfilm widmet, der ihn von der von der Vorbereitung bis zur Aufführung begleitet. Diesen Film gab es übrigens im BR3 erst kürzlich zu sehen. Ich war schlicht überwältigt. Ich glaube, selten habe ich ähnlich gefühlt und empfunden.


    Es gibt diesen Film übrigens auch auf einer vergleichsweise günstigen DVD:



    Ich fand den Film sehr beeindruckend und interessant (hatte ich schon in einem anderen Thread beschrieben) und hatte ihn mir zugelegt in der Hoffnung, einen Zugang zu diesem Werk zu finden. Leider scheint mir das immer noch nicht gelungen zu sein. Gewiss, Anderszewski spielt gnadenlos gut, soweit ich das mit meinem Laienverstand beurteilen kann. Man spürt auch die enorme Intensität nd Leidenhschaft, mit der er an die einzelnen Variationen geht. Aber insgesamt war ich dann doch froh, als die 33 Variationen verklungen war. Mir gefällt die Musik einfach nicht, ich kann nichts damit anfangen. Die einzige Variation die mir gefallen hat war die "Fughetta", weil sie mich - natürlich - an Bach erinnerte. Aber der Rest ???
    Anderszewski vertritt in dem Film die Meinung, das Thema sei gar kein solches. Genau verstanden habe ich das wiederum nicht, denn ich meinte schon, es in verschiedenen Variationen wiedererkennen zu können. Interessant fand ich seine Aussage, dass "Variation" nicht ganz richtig sei, und der von Beethoven selbst verwandte Begriff "Veränderung" etwas anderes meine. Meint er damit eine Veränderung im Sinne eines Fortschreitens vom einfacherern zum komplexeren, schwierigeren ?


    Jedenfalls stellen die Variationen auch an einen Zuhörer meiner Meinung nach schon erhebliche Anforderungen. An einen Hörer der, wie ich, kein Instrument spielen kann, vielleicht sogar noch höhere.


    Nun gut, sie kommen bei mir auf Wiedervorlage in - vielleicht - 10 Jahren. Möglicherweise muss man dazu einfach in einem fortgeschrittenen Alter mit ausreichender Hörerfahrung sein.


    Viele Grüße,


    Bernd

  • Zitat

    Original von zatopek
    Es gibt diesen Film übrigens auch auf einer vergleichsweise günstigen DVD:



    Ich fand den Film sehr beeindruckend und interessant (hatte ich schon in einem anderen Thread beschrieben) und hatte ihn mir zugelegt in der Hoffnung, einen Zugang zu diesem Werk zu finden. Leider scheint mir das immer noch nicht gelungen zu sein. Gewiss, Anderszewski spielt gnadenlos gut, soweit ich das mit meinem Laienverstand beurteilen kann. Man spürt auch die enorme Intensität nd Leidenhschaft, mit der er an die einzelnen Variationen geht. Aber insgesamt war ich dann doch froh, als die 33 Variationen verklungen war. Mir gefällt die Musik einfach nicht, ich kann nichts damit anfangen. Die einzige Variation die mir gefallen hat war die "Fughetta", weil sie mich - natürlich - an Bach erinnerte. Aber der Rest ???


    An Bach erinnern könnten/sollten auch die Variation 31, die Fuge 32 vielleicht eher an Händel, und die Nr. 14.


    Zitat


    Anderszewski vertritt in dem Film die Meinung, das Thema sei gar kein solches. Genau verstanden habe ich das wiederum nicht, denn ich meinte schon, es in verschiedenen Variationen wiedererkennen zu können. Interessant fand ich seine Aussage, dass "Variation" nicht ganz richtig sei, und der von Beethoven selbst verwandte Begriff "Veränderung" etwas anderes meine. Meint er damit eine Veränderung im Sinne eines Fortschreitens vom einfacherern zum komplexeren, schwierigeren ?


    Das scheint mir beides fragwürdig. Natürlich ist Diabellis Walzer ein "Thema", nur eben ein ziemlich simples (was aber ja nicht heißen muss, dass es nicht gerade deshalb gut für Variationen geeignet sei.) Dass Beethoven einen deutschen Titel wählte, hat m.E. ebenfalls nichts zu besagen. Die Sonaten op.90 und 101 haben deutschsprachige Satzbezeichnungen; es kommen vereinzelt auch gemischte Anmerkungen vor (wenn ich recht erinnere im Kyrie der Missa Solemnis "Assai sostenuto - Mit Andacht") Gewiß spielt seit jeher in fast allen Variationenzyklen ein Element der Steigerung eine Rolle, das muss aber nicht geradlinig vom Einfachen zum Komplexen sein. Und du hast völlig recht, dass man das Thema in etlichen Variationen ziemlich gut erkennen kann, auch wenn andere sich recht weit davon entfernen oder nur einzelne Elemente (v.a. den Auftakt) herausgreifen und zuspitzen.


    Zitat


    Jedenfalls stellen die Variationen auch an einen Zuhörer meiner Meinung nach schon erhebliche Anforderungen. An einen Hörer der, wie ich, kein Instrument spielen kann, vielleicht sogar noch höhere.


    Das Stück ist sicher ein sehr eigentümliches Werk, das auch in Beethovens Oeuvre ziemlich allein dasteht (ungeachtet der tollen anderen Variationen op.34,35, WoO 80 u.a.). Ich glaube, man muss es zum guten Teil als einen Fall musikalischern Humors sehen und teilweise (darin vielleicht ähnlich der 8. Sinfonie und sicher einigen Spätwerken) als "Musik über Musik". Das zeigen ja die Anspielungen, etwa an Bach, aber auch das Mozart-Zitat und das abschließende Menuett. Ungeachtet der Tatsache, dass Beethoven Bachs Goldbergvariationen kannte und vermutlich mehrfach, z.B. in dem "Siciliano" 31 explizit darauf anspielt, steht das Werk in mancher Hinsicht Schumanns beziehungsreichen Zyklen (wie "Carnaval") näher. Durch die Kürze der einzelnen Stücke und die pianistische Brillanz wird es anscheinend aber von vielen Hörern zugänglicher empfunden als andere Spätwerke Beethovens. (Überdies scheint es bei Pianisten außerordentlich beliebt zu sein, in den letzten 15 Jahren spielten außer Anderszewski auch Perl, Mustonen, Scherbakov, Korstick und wohl noch einige andere recht junge Pianisten das Werk als eine ihrer ersten CDs, oder jedenfalls ziemlich früh, ein.)
    Ich weiß allerdings nicht mehr genau, wann ich das Stück kennengelernt habe, ich kannte vermutlich mindestens einige der späten Sonaten und Quartette, fand es anfangs auch ziemlich eigenartig, aber faszinierend. Für mich ist es ein zugänglicheres Werk als die Goldberg-Variationen, die bei manchen Pianisten recht schnell langweilig werden können...


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von zatopek
    Mir gefällt die Musik einfach nicht, ich kann nichts damit anfangen.


    Anderszewski vertritt in dem Film die Meinung, das Thema sei gar kein solches. Genau verstanden habe ich das wiederum nicht, denn ich meinte schon, es in verschiedenen Variationen wiedererkennen zu können. Interessant fand ich seine Aussage, dass "Variation" nicht ganz richtig sei, und der von Beethoven selbst verwandte Begriff "Veränderung" etwas anderes meine. Meint er damit eine Veränderung im Sinne eines Fortschreitens vom einfacherern zum komplexeren, schwierigeren ?


    Hallo Bernd,


    wie Beethoven mit diesem "Thema" umgeht, ist schon sehr originell! Er benutzt es eher wie ein Steinbruch, wo einzelne Brocken herausgehauen werden. Die Variationen "entfernen" sich nicht etwa allmählich vom Thema, indem sie ihm immer unähnlicher werden. Von Anfang an nimmt er wenig Rücksicht auf dessen Identität, indem ihn bestimmte Neben- und Teilaspekte mehr interessieren als das Thema selbst. Das meint Anderszewski wohl mit "Veränderung" anstatt "Variation". Andreas Staier hat sich übrigens ähnlich geäußert und das auch demonstriert.


    Ich habe vor diesem bedeutenden Werk natürlich größten Respekt, muß aber auch sagen, daß mir andere große Werke Beethovens doch näher stehen wie z.B. die letzte Klaviersonate op. 111. Es bleibt eine gewisse Distanz. Vielleicht ändert sich das in der Zukunft, wenn ich mich mit diesem großen "Brocken" intensiver auseinandersetze.


    Zuletzt habe ich die Diabelli-Variation in der Interpetation des jungen Julius Katchen gehört und war sehr beeindruckt. Eine der schnellsten Versionen - aber ungemein schlicht und klar und mit einer wahrlich atemberaubenden klaviertechnischen Souveränität!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger ,



    nach den sehr interessanten Ausführungen von Joahnnes Roehl Dein sehr pastisches Bild von dem "Steinbruch....... " .


    Ob Varaitionen oder Veränderungen des Themas ist für mich weniger wichtig für mich .


    Das, was Beethoven aus dem Thema gemacht hat, das ist doch das Faszinierende an diese Spätwerk .


    "Musik über Musik" ist ein ebenfalls sehr plastisches Bild über die "Diabelli - Variationen " .


    Wir finden darin auch einiges von dem Humor , auf den Alfred Brendel immer wieder hingewiesen hat .


    Es geht mir wie Dir und Johannes : Spät erst habe ich mit den "Diabelli - Varaitionen" befasst - und tur mich heute noch schwer , wenn ich sie , gelegentlich , anhöre .


    Interessant Dein Hinweis auf Julius Katchen .


    Meine Hörempfehlungeen :


    > Artur Schnabel


    > S. Kovacevich ( der alleine mit der Aufnahme dieses Werke s seit Jahren seinen Ruf als Beethoveninterpret aufrecht hält )


    > Maria Yudina


    > Alted Brendel in seiner späten Einspielung .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zu den genialen Aufnahmen großer und kleiner "Komponistengeister" zählt Rudolf Buchbinders Einspielung der Diabelli-Variationen - eine CD mit Beethovens Werk, die andere mit den Variationen von 50 anderen Kopmponisten. Keine mir bekannte Aufnahme spiegelt die Vielfalt dieser Zeit so wieder wie diese. Zur Zeit ist sie vergriffen, aber das Cover steuere ich gerne bei.


    Anmerkung der Moderation:

    Inzwischen mit neuem Cover verbiliilgt erhältlich

    MOD 001 Alfred 14.7.2020

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