Franz Völker - kritisch gesehen

  • Liebe Freunde,


    in einem anderen Thread über den besten Lohengrin habe ich mehrmals den Namen Franz Völker gelesen, natürlich nicht zu meiner Überraschung, denn Franz Völker wäre auch der Lohengrin meiner Wahl gewesen. Aber: An einer Stelle wurden zwei Aufnahmen Völkers empfohlen, die berühmte 1936-er Studio-Produktion aus Bayreuth sowie der 1943er Mitschnitt aus der Statsoper Berlin. Letztere Aufnahme halte ich allerdings für so problematisch, daß ich ihr, bzw. dem rapiden stimmlichen Niedergang Völkers gerne einen kleinen Thread widmen möchte.


    Franz Völker verfügte, so meint man es auf seinen frühen Aufnahmen (Ende 1920er, frühe 1930er Jahre) herauszuhören, über eine gesunde und sattelfeste Technik. Die Stimme war schlank, kernig, durchschlagend und wurde mit betörendem Legato geführt. Einige seiner Aufnahmen zähle ich zum besten, das jemals von einem Sänger auf Tonträgern festgehalten wurde. So entstand dann auch der grandiose Lohengrin aus dem Jahre 1936 unter Tietjen, und Ausschnitte unter Furtwängler aus demselben Jahr bestätigen, daß Völker anscheinend in der Lage war, konstant derartige Leistungen zu bringen.


    Der Lohengrin aus dem Jahre 1943 hingegen spricht eine ganz andere Sprache. Völkers Stimme wirkt, nach nur etwas über 10 Jahren auf der Bühne, abgesungen, angestrengt und überansprucht. Schon ein Siegmund aus Bayreuth von 1941 klingt so, und Liedaufnahmen der RRG (Anfang 1940er Jahre) bestätigen diesen Eindruck. Ohne Zweifel: Anfang 1940 war Völker nur noch ein Schatten seiner selbst. Nach lediglich 10 Jahren im "lyrischen Heldentenorfach" war von der einst so gesunden Stimme nicht mehr viel übrig!


    Woran lag das? Hat sich Völker überansprucht? War schon der Lohengrin zu viel für seine Stimme? Oder lag es an einer mangelhaften Technik? Ich habe den Mangel jedenfalls auch bei genauem Hören nicht ausmachen können.


    Franz Völker war gewiß ein wunderbarer Sänger, wenn auch nur in der kurzen Zeit, in welcher seine Stimme intakt war. All seine Kollegen im außerdem schwereren Fach - Melchior, Laubenthal, Svanholm, Althouse, Maison, Lorenz etc. - haben bedeutend länger durchgehalten. Oder um es provokant zu sagen: Stimmlich war Franz Völker irgendwie (man verzeihe den etwas schiefen Vergleich) wie Peter Hofmann ein Strohfeuer.


    Meinungen?


    :hello:
    M.

  • Lieber Mengelberg,


    ich teile Deine Ansicht (in meinen laienhaften Verständnis), allerdings auch die Ratlosigkeit hinsichtlich der Ursachen - "Kunde gewänn' ich des gern"...


    LG,
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Hallo Mengelberg,


    deinen Ausführungen stimme ich in sofern zu, dass im 1943er Lohengrin Völker sich durch die Partie "kämpft"; ich glaube aber, dass auch die Zeitumstände dabei eine Rolle spielen.
    Der Hauptgrund seines stimmlichen Abgangs dürfte in einer schweren Diabetis zu finden sein, der er 1965 erlag.
    Sein Siegmund von 1947 aus München finde stimmlich achtbar, interpretatorisch ohne Tadel.


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo Mengelberg,
    ich bin der selben Meinung wie Du. Völker war ein"A-Tenor",
    Er hatte in der Höhe zu wenig Reserven. Das heißt: Er mußte
    dauernd bis an seine stimmlichen Grenzen gehen, wenn er
    Lohengrin oder Stolzing sang.Das heißt nicht, daß er nicht
    auch schon mal ein B in einer Arie singen konnte.Ich glaube
    auch, daß seine schöne Stimme durch häufiges singen
    der Wagner-Partien, die eine kräftige Mittellage verlangen,
    vorzeitig gelitten hat.Seine Stimme war nicht so robust, wie
    z.B.die Stimme von L.Melchior.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ein sehr interessanter Thread!


    Obwohl Vergleiche immer schief sind, halte ich den Bezug auf Peter Hofmann doch aus zwei Gründen für nicht angebracht.


    Hofman verfügte von Anfang an über eine Technik, deren Probleme sich durchaus nicht nur dem Ohr des ausgewiesenen Fachmannes mitteilten, während ich bisher noch niemanden finden konnte, der diesbezüglich Kritik am offenbar tadellosen Techniker Völker geübt hätte.


    Weiterhin hat Hofmann sicher am Anfang seiner Karriere durchaus hörenswerte Leistungen abgeliefert, sie waren aber aus meiner Sicht niemals maßstabsetzend, ganz im Unterschied zu denen Völkers.


    Dennoch, die Karriere war extrem kurz, der stimmliche Niedergang unüberhorbar. Im 43er Lohengrin, den ich trotz der immensen stimmlichen Probleme aufgrund der immer wieder aufblitzenden Phrasierungs- und Legato-Qualitäten für durchaus kennenswert halte, fällt der Niedergang Völkers vor allem im 3. Akt auf, da fehlte eindeutig das Durchhaltevermögen. Interessant auch in der Gralserzählung die Spitzentöne - siehe den Hinweis Herberts - die Völker mit grotesk anmutender Kraftanstrengung produziert. Man meint förmlich zu erleben, wie er die Worte "der Gral" mit aller Kraft durch die Stimmritze zwängt, der Ton sich erst nach immenser Stauung entfaltet.


    Ich tue mich schwer mit Spekulationen, zumal ausgewiesene Fachleute offenbar ratlos vor dem Phänomen der kurzen Karriere stehen. Gestattet sei dennoch eine Vermutung: Ich befürchte, die gerade zu Beginn der Karriere faszinierende Mühelosigkeit seines lyrischen Singens war eine geschickte Täuschung eines sehr begabten Sängers. Offenbar hat es von Beginn an sehr angestrengt, nur hats keiner gemerkt. Das scheint mir die größte Leistung gewesen zu sein. Nicht umsonst war er sozusagen unter allen lyrischen Heldentenören der lyrischste...und somit auch der anfälligste.
    Die von Heldenbariton erwähnte Krankheit könnte natürlich auch Ihren Tribut verlangt haben.


    Gruß
    Sascha

  • Also dann meint Ihr, daß Völker trotz einwandfreier Technik entweder wegen Überbelastung oder Krankheit eine längere Karriere versagt blieb? Inwieweit beeinflußt Diabetes denn den Körper bei entsprechender Behandlung und wie hinderlich ist das beim Singen? Kennt sich da jemand genauer aus? Gab es andere berühmte Sänger die mit und trotz Diabetes gesungen haben?


    :hello:
    M.

  • Hallo Mengelberg,


    Diabetes ist eine Erkrankung, die den ganzen Körper betrifft, er führt zu allgemeiner Schwäche, Herzproblemen, Konzentrationsstörungen, Überwässerung durch Nierenfunktionsstörungen, Nervenschädigung, Erhöhung des Risikos von Gefäßerkrankungen wie Schlaganfällen oder Herzinfarkt, Sehstörungen und und und.


    In den 60er Jahren steckte die Therapie noch in den Kinderschuhen, ob Insulin damals überhaupt schon zur Verfügung stand, kann ich aktuell nicht sagen, entdeckt und in Studien angewendet war es bereits, aber in den Anfängen war die Therapie noch durchaus problematisch, da Tierinsuline (aus Schweinen oder indern gewonnen) in der Verträglichkeit größere Probleme bereitet und die Dosierung in den Anfängen auch schwierig war. Geringste Abweichungen von der individuellen, vom Blutzuckerspiegel abhängigen Dosis, können zu lebensbedrohlichen und für die Betroffenen äußerst unangenehmen Unterzuckerungen führen, oder zu ebenfalls lebensgefährlichen Überzuckerungen.


    Dass eine solche Krankheit mit derartig dramatischen Komplikationen sich auf die Leistung eines "Hochleistungsängers" auswirkt, ist, denke ich, klar.



    Gruß aus Lübeck,
    Dieter

  • Bezüglich des Diabetes bräuchte man natürlich für eine sinnvolle individuelle Bewertung einfach mehr Fakten. Das diese Krankheit, vor allem auch beim damaligem Behandlungsstandard, gravierende Probleme bei einem Sänger verursachen kann, steht außer Frage.
    Jedoch stimmen mich, auch ohne genauere Kenntnisse des individuellen Krankheitsverlaufes, die zeitlichen Dimensionen skeptisch. Völker starb 1965, im Alter von 66 Jahren, die Stimmprobleme sind jedoch seit Anfang der 40er Jahre dokumentiert, also begannen also gut 25 Jahre vor dem Tod und bis 1952 stand er ja immerhin auch noch auf der Bühne. Wenn die Krankheit also schon Anfang der 40er Jahre derartige Probleme verursacht haben sollte, passen dann noch gut 10 Jahre Bühnenkarriere und insgesamt ein halbes Jahrhundert weiteres Leben nicht so ganz ins Bild, vergegenwärtigt man sich die beschränkten medizinischen Möglichkeiten. Aber wie gesagt, alles Spekulation.



    Ich beziehe mich wie gesagt gerne auf die merkwürdig produzierten Spitzentöne im 43er Lohengrin, wo ich den Eindruck habe, dass Völker die Töne unter extremer Stauung produziert, was mangels Kraftreserven nicht recht gelingen will. Eine Vermutung wäre deshalb, dass Ihm das auf dem Karrierehöhepunkt im Vollbesitz seiner Kräfte und Lockerheit so gut gelang, dass niemandem auffiel, dass die Töne eigentlich mit problematischer Technik gebildet wurden. Mit der Zeit forderte das Ganze dann seinen Tribut.


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von vitelozzo-tamare
    In den 60er Jahren steckte die Therapie noch in den Kinderschuhen, ob Insulin damals überhaupt schon zur Verfügung stand, kann ich aktuell nicht sagen, entdeckt und in Studien angewendet war es bereits, aber in den Anfängen war die Therapie noch durchaus problematisch


    1921 entdeckten Banting und Best Insuline. Um 1960 wurde mein Großvater mit Insuline gespritzt bis seinem Tode 1962.
    Und eine Tante von mir mußte in den 60. Jahre tagtäglich sich selbst mehrfach spritzen. Es war also damals schon üblich als Medizin.


    LG, Paul

  • Hallo zusammen,


    Franz Völker hat hier ja seinen eigenen Thread, wobei ich gestehen muss, dass mir die Konzeption nicht sonderlich gefällt.
    Eine kritische Auseinandersetzung mit den großen Sängern ist von meiner Seite zwar nicht nur geduldet, sondern sogar ausdrücklich erwünscht, aber eine Solche sollte dann doch in eine Gesamtwürdigung integriert werden - gerade bei einem Sänger, der sicher zu den größten Wagnertenören des letzten Jahrhunderts zu zählen ist.


    Ich würde deshalb vorschlagen, dass ich in den nächsten Tagen einen ausführlichen Einführungstext zum Schaffen Völkers verfasse, der dann den Posts dieses Threads vorangestellt wird, auch mit neuem Titel. Denn wie gesagt, eine kritische Würdigung ist ja in jedem Sängerthread erwünscht.
    Falls eine "Zusammenlegung" nicht gewünscht ist, gibt es halt bald zwei Threads zum selben Thema - was ich aber für die schlechtere Lösung halte.


    Anlass für die Erneute Beschäftigung mit Völker ist übrigens seine Interpretation des Preisliedes, die ich heute erstmals ausführlich hören konnte.
    Nicht nur als Lohengrin und Siegmund ist er nahe dem Ideal, sondern auch als Stolzing. Die Aufnahme ist ein echter Ohrenöffner. Tonbildung, Phrasierung und Legato sind Musterbeispiele für lyrisches Singen. Und auch, wenn es sicher richtig ist, dass Völker in der Höhe begrenzt war: Die Stimme wird hier mühelos durch die unangenehme Tessitura des Preisliedes geführt, die Spitzentöne strahlen wie die besungene Morgensonne.


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Nach meiner bisherigen Hörerfahrung spielt nur noch Tauber in dieser Klasse, der zwar vor allem in der Höhe nicht so souverän agiert, aber dennoch mit seiner gewohnt eigenwilligen musikalischen Finesse lyrischen Zauber versprüht. Alle anderen sind deutlich distanziert. Melchior liegt die Partie nicht wirklich und Konya wirkt mit seiner allzu brustig produzierten Höhe doch eher kraftmeierisch denn lyrisch. Auch James King und Kollo können weder mit stimmlichen Mitteln, noch mit der sängerischen Finesse mithalten. Und die wackeren Recken des aktuellen Bühnengeschehens, Seifert und Heppner schlagen sich in der Szene achtbar, aber auch nicht mehr.


    Gruß
    Sascha

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  • Lieber Sascha,


    ich stimme Dir zu, dass bei der Beurteilung von Sängerleistungen nicht die Schwächen und Fehler im Vordergrund stehen dürften . Der Sänger und seine gesanglichen Leistungen sollten ganzheitlich gewürdigt werden.
    Zum "Fall" Franz Völker ist bereits viel richtiges ausgesagt worden. Er hatte rund ein Jahrzehnt eine herrliche für mich trotz großer Strahlkraft lyrische Stimme, die ihn geradezu für den Lohengrin und andere Partien prädestinierte. Entsprechende Aufnahmen wurden genannt. Genau im Lyrismus der Stimme könnte das Problem liegen. Bei den heldischen Anforderungen besonders in Wagnerpartien müssen solche Sänger sehr oft forcieren und über ihr eigentliches Fach hinaussingen, Dadurch sind die Stimmen offensichtlich einem größerem und früheren Verschleiß ausgesetzt. Gewisse Parallelen können sicherlich zu Rudolf Schock, Peter Anders, Anton Dermota (besonders als Florestan), ja selbst Josef Traxel gezogen werden.
    Ich erinnere mich gut daran, dass ich als junger Spund (50er Jahre) in Bad Mergentheim in einem Kurcafé ein repräsentatives Bild des großen Franz Völker mit Widmung und Lob für die Heilwirkung entdeckte. Offensichtlich kurte der Sänger in diesem für Stoffwechselkrankheiten spezialisierten Badeort regelmäßig.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,
    bei der Nennung von Peter Anders habe ich gestutzt ...
    Wo ist da eine Abnutzung zu hören?
    Ich kenne zwar die Aussage von Clara Ebers, aber Hans Knappertsbusch war da ganz anderer Meinung - er dachte 1954 an einen Parsifal mit Peter Anders.

  • Hallo!


    Ich lese gerade diesen Thread. Abnutzungserscheinungen bei Peter Anders? Unsinn! Er stand auf dem stimmlichen Höhepunkt und hätte problemlos ins leichte Heldentenor-Fach wechseln können. Ich hörte in vorgestern erst als Radames. Keine Abnutzungserscheinungen!


    Anders verhält es sich mit meinem "Lieblings-Lohengrin" Franz Völker. Prädistiniert meiner Meinung nach für viele Wagnerpartien gab es tatsächlich Verschleißerscheinungen, deren Ursache ich nicht kenne. Vielleicht hat er wirklich Siegmund und Siegfried zu oft gesungen. Gott sei gedankt besitze ich sehr viele Aufnahmen von diesem Ausnahmetenor, Opern, Operetten und auch Lieder. Von der Schönheit seiner Stimme können sich einige der oben aufgeführten Tenöre wie Althouse, Suthaus und Lorenz einige Scheiben abschneiden.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Lieber 979wolfgang,


    Peter Anders war mit einer herrlichen Stimme begabt gerade auf dem Weg ins heldische Fach. Die altgediienten Recken Lorenz und Suthaus usw. waren längst bewährte Heldentenöre. Genau in dieses Fach hätte Peter Anders und auch Fritz Wunderlich hineinwachsen müssen. Alle Voraussetzungen waren gegeben. Nur das Schicksal wollte es anders.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Peter Anders war mit einer herrlichen Stimme begabt gerade auf dem Weg ins heldische Fach. Die altgediienten Recken Lorenz und Suthaus usw. waren längst bewährte Heldentenöre. Genau in dieses Fach hätte Peter Anders und auch Fritz Wunderlich hineinwachsen müssen. Alle Voraussetzungen waren gegeben. Nur das Schicksal wollte es anders.

    Was heißt denn hier Abnutzungserscheinungen? Ich habe über 80 CD mit meinem Lieblingssänger, durch den ich überhaupt erst Anfang der 60er zur klassischen Musik gestoßen bin. Wenn eine Stimme sich vom jugendlich-lyrischen weiter entwickelt hin zum heldischen, ist dies ein Prozess, den jeder Sänger durchmacht. Im Laufe dieses Prozesses verändert sich für uns Höher der Klang, den wir vernehmen, wenn wir frühe oder spätere Aufnahmen hören, und gerade bei ein und denselben Stücken. Aber es bleibt immer die Stimme von Peter Anders. Die von Jonas Kaufmann klang vor 10 Jahren auch anders als heute.
    Im Gegensatz zu operus, unserem Profi unter den Stimm-Kennern, bin ich mir aber nicht ganz sicher, ob Wunderlich auch diesen Weg gegangen wäre, oder aber wie Patzak, Erb, Haefliger, Schreier, Simoneau und Burrows ein "Lyriker" geblieben wäre.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Lieber Bernward,
    also Karl Erb hat schon Wagner gesungen: Tannhäuser, Lohengrin, Das Rheingold.
    Warum er später zum reinen Lied-Sänger wurde, ist ja allgemein bekannt, aber ich möchte das hier nicht weiter ausführen, denn es geht ja hier eigentlich um Franz Völker.

  • Hallo,


    eines zu Beginn: Auch mir steht nicht an, die Stimmtechnik und Stimmschönheit von Völker zu kritisieren, die ihm sicher in außerordentlichem Maße zur Verfügung standen. Wenn ich jetzt auch gegen meinen Lokalpatriotismus als Hesse argumentieren muß, Franz Völkers Geburtsstadt liegt nur 80 km von meiner Heimat entfernt, so bin ich doch froh, daß hier einmal kritische Stimmen laut werden. Fakt ist offensichtlich: Völker hat sich stimmlich überanstrengt und abgenutzt, was auch ich bei der Lohengrin-Aufnahme vom Beginn der 40iger deutlich hörte. Das ist verwunderlich bei jemand, dem Stimm-Großinquisitor Kesting als einem von dreien, neben Urlus und Melchior, das Prädikat Wagnertenor zuerkannte. Ich habe es mit der Zuteilung dieser Einordnung immer so gehalten, daß ein genuiner Wagnertenor für mich nur ist, wer neben den "leichteren" Partien Erik, Lohengrin, Stolzing, Loge, Siegmund und Parsifal, mindestens eine der "schweren Hämmer" also Siegfried, Tannhäuser, Tristan, ständig im Repertoire hat. Alle anderen sind für mich "Tenöre, die auch Wagner singen". Genau hier liegt, meines Erachtens, das Problem von Völker: In den Quellen, die ich zur Verfügung hatte, kann nur sicher belegt werden, daß er Erik, Lohengrin, Stolzing, Siegmund und Parsifal gesungen hat ! Völker als Siegfried, Tannhäuser und Tristan fand ich nicht. Welche Quellen haben andere Forianer ? Ich lasse mich gerne aufklären ! War Franz Völker am Ende "nur" ein jugendlich-dramatischer Tenor, der in den "leichteren" Wagnerpartien für eine Zeit besonders reüssieren konnte und einige besonders gelungene Aufnahmen hinterließ ?


    Gruß,


    Antalwin

  • Hallo Antalwin,


    Selbstverständlich hat Völker weder Siegfried, noch Tristan je gesungen; auch den von Kesting erwähnten Tannhäuser konnte ich nie finden. All diese Partien wären wohl auch ausserhalb seiner stimmllichen und besonders darstellerischen Möglichkeiten gelegen.


    Ich nehme an, dass Du mit diesem Sänger dieselben "Schweirigkeiten" hast, wie mit Windgassen. Es ist eine Stimme, die sich aus dem rein lyrischen Fach entwickelt hat, über keinerlei baritonale Färbung verfügte (wenn auch nicht so extrem wie beim heute viel gelobten K.F.Vogt), und die im Gegensatz zu Windgassen auch bei den lyrischen Wagnerpartien "stecken geblieben" ist. Dies allerdings mit einer traumhaften Schönheit.


    Das technische Problem dürfte bei ihm in der nicht organisch entwickelten Höhe gelegen haben. Schon ab dem a'' musste er sich auch bei den Aufnahmen der 30er-Jahre in Vokalverfärbungen retten, was letztlich zum relativ frühen Verschleiss geführt haben dürfte. Trotzdem scheint mir z.B. sein Lohengring und sein Stolzing bis heute, was die rein stimmliche Gestaltung betrifft bis heute unübertroffen. Ein Gegenbeispiel ist für mich der Stolzing von Max Lorenz, der für mich absolut unanhörbar ist.


    Mit freundlichem Gruss

  • Es wird in diesem Thread so getan, als wäre es das höchste Ziel für jeden Tenor, im Lauf seiner Karriere zum Heldentenor zu mutieren. Ist es denn eine Schande ein lytrischer Tenor zu sein ? Warum hätte Fritz Wunderlich eiin Wagnersänger werden sollen? Nicolai Gedda war sein Leben lang ein lyrischer-spinto Tenor, Jussy Björling auch, sollen wir deswegen traurig sein


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Vielen Dank !


    Nein, ich habe keinerlei Schwierigkeiten damit, daß Völker kein baritonaler Heldentenor war. Ich finde seine Stimme wunderschön und höre sie selbst gerne ! Ich bin nur dagegen, daß Kesting ihn, neben Urlus, Schubert und Melchior, auf einen Podest stellt ! In einem Fach, was nicht gut für seine Stimme war, auch bei Richard Schubert nicht. Lyrische Tenöre haben ihr eigenes Betätigungsfeld, sie zu überreden, ihn einem schweren Fach zu singen, wirkt sich meist für die Stimme ruinös aus. Nicht jeder soll Heldentenor werden. Ich bin ein großer Wunderlich-Fan, der sich in Bayreuth nie für Wurzen engagieren lassen wollte, weil er in einigen Jahren "eine richtige Partie aus Richards großem Werk" singen wollte. Lohengrin, Stolzing, Parsifal ? Ich wünsche mir jedenfalls genauso einen Hoffmann, Herzog von Mantua, Don Carlos oder Werther von Wunderlich auf Platte, wie einen Lohengrin ! Leider hat es nicht sollen sein ! Übrigens, auch Björling überlegte, den Stolzing zu singen, er nahm aus Vorsicht Abstand davon. Ich bin mal so frei, Klaus Florian Vogt den stimmlichen Ruin vorherzusagen, wenn er weiter so viel in diesem Fach singt.


    Gruß,


    Antalwin

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  • Heute vor 115 Jahren geboren:



    Franz Völker (* 31. März 1899 in Neu-Isenburg; † 5. Dezember 1965 in Darmstadt) war ein deutscher Sänger (Tenor).

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Da ich gerade eine CD mit Franz Völker höre, schaue ich mal in diesen Thread. Hier ist lange nichts mehr über diesen wunderbaren Tenor geschrieben worden. Ich liebe diese Stimme:


    (Leider gibt es mal wieder Probleme mit dem Einstellen. Bitte auf den Punkt gehen, dann erscheint das Cuver)

    W.S.

  • Da ich gerade eine CD mit Franz Völker höre, schaue ich mal in diesen Thread. Hier ist lange nichts mehr über diesen wunderbaren Tenor geschrieben worden. Ich liebe diese Stimme:

    (Leider gibt es mal wieder Probleme mit dem Einstellen. Bitte auf den Punkt gehen, dann erscheint das Cuver)


    Hallo lieber 9079wolfgang, lässt sich ganz normal verlinken!
    In Neu-Isenburg wo er herkommt gibt es einen Verein, da wird regelmäßigen mit Veranstaltungen an ihn und Anny Schlemm, die auch bis vor ein paar Jahren noch dort lebte, gedacht! Zur Anny habe ich noch regelmäßig Kontakt! :)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Im Beiheft zur oben abgebildeten Franz-Völker CD hat der einstige Fono-Form-Kritiker Clemens Höslinger einen Lebenslauf des Sängers verfasst.
    Clemens Höslinger ist formal Mitglied des Tamino Forums, er hat mit eine Eintragung erlaubt. Leider scheint es ihm nicht wirklich zugesagt zu haen, denn er schnupperte einmal kurz herein und war dann leider nie wieder gesehen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Aus der Serie "Lebendige Vergangenheit" von Preiser gibt es nicht nur die eine, etwas weiter oben verlinkte CD (mit Aren von vorzugsweise Wagner aber auch Halévy, Meyerbeer, Verdi und LEoncavallo, sondern eine 2 Folge (mit identischem Coverbild) mit Arien aus Opern von Mozart, Weber, Beethoven, Verdi, Wagner, Leoncavallo, Smetana und d' Albert.
    Aber Achtung !! Warum dies alte Aufnahme mit 27.99 Euro ausgepreist ist und (wie seit Jahren andere Preiser-Aufnahmen auch) dem Label "STERLING" zugeordnet werden, das wissen vermutlich nur Insider. Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit ein Irrtum. Sollen Interessenten vor einem allfälligen Kauf klären !!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Aber Achtung !! Warum dies alte Aufnahme mit 27.99 Euro ausgepreist ist und (wie seit Jahren andere Preiser-Aufnahmen auch) dem Label "STERLING" zugeordnet werden, das wissen vermutlich nur Insider. Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit ein Irrtum. Sollen Interessenten vor einem allfälligen Kauf klären !!


    Bei Saturn in Hamburg gegenüber vom Hauptbahnhof werden aus der Serie "Lebendige Vergangenheit" von Preiser seit einiger Zeit CDs für weniger als 5 Euro angeboten. Auch die zweite CD von Franz Völker habe ich dort erwischt. Und noch viele andere, die mir vorher immer zu teuer waren!
    Die Folge: erhebliche Platzprobleme!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Na, Caruso!


    Der Weg nach Hamburg ist mir für ein paar CD´s doch zu weit. ;) Aber ich habe ja noch eine Menge LP´s von Preiser.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Angeregt durch die kürzlich in einem anderen Thread geführte Diskussion hörte ich mir Franz Völker intensiver an und bin begeistert.

    Nicht nur von seinem Paradebeispiel Lohengrin. Am überraschendsten war für mich seine Interpretation der Arie des Taminos "Dies Bildnis ist bezaubernd schön." Fabelhaft mit welcher runden, weichen, warmen in allen Lagen gleich harmonisch strömender Stimme Völker die Bravourarie singt. Dazu ein betörend schönes Timbre und eine Stimme, die trotz des vollen, satten Tones noch lyrisch, leicht klingt. Was mich am meisten verwunderte, weil unerwartet. Selbst im Vergleich mit dem Jahrhunderttenor Fritz Wunderlich schneidet Völker, trotz der Klangqualität seiner Aufnahmejahre hervorragend ab. Meine Frau und ich würden dieser männlichen Tamino-Darstellung sogar die Krone zusprechen. Völker verkörpert neben der Stimmschönheit und der Gesangskultur am überzeugendsten den Märchenprinzen, der alle Prüfungen übersteht.:jubel::jubel::jubel:


    Herzlichst

    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Franz Völker war wahrlich ein Jahrhunderttenor mit einem herrlichen baritonalen Timbre und schönem Körperklang. Seine von Operus so gepriesene Bildnis-Arie kenne ich auch und kann Operus' lobende Worte nur bestätigen - auch dass er mit dieser Aufnahme sogar Fritz Wunderlich Konkurrenz macht. Ganz ohne Kritik geht es aber auch bei ihm nicht. Herrlich sind z. B. seine Lohengrin-Ausschnitte von den Bayreuther Festspielen 1936. Hier singt er ganz ausgezeichnet. In der Berliner Gesamtaufnahme des Lohengrin unter Robert Heger von 1943 geht er aber angestrengt in den dritten Aufzug. Hier klingt er nicht optimal. Vor einiger Zeit war bei Tamino auch mal von seinem Tannhäuser die Rede. Den hat er nicht allzu oft gesungen. Nachdem er in dieser Partie einmal nicht sonderlich erfolgreich war, hat er von dem Tannhäuser Abstand genommen. Er war eben kein hochdramatischer Heldentenor, sondern einer, der sich immer seine lyrischen Qualitäten bewahrt hat, was kein Fehler ist. Legato und Linienführung sind bei ihm optimal und kommen z. B. auch seinem Siegmund, einer seiner besten Rollen, zugute. Auch wird er gewusst haben, dass er nie den Tristan und die beiden Siegfriede gesungen hat, die vom Kaliber her etwas zu groß für ihn waren.


    Herzliche Grüße


    Lustein

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