Inzwischen sind bei cpo auch die vier Streichquartette von Woldemar Bargiel (1828-1897) herausgekommen. Über den Komponisten - Halbbruder von Clara Schumann und damit Schwager von Robert Schumann - kann man in den einschlägigen Quellen mehr erfahren, es gibt auch eine Gesellschaft, die sich um seinen Nachruhm bemüht und eine website hat.
Das Oeuvre ist schmal, der Komponist hat in der Lebensmitte weitgehend das Komponieren eingestellt und sich ganz seiner Lehrtätigkeit gewidmet. Das 4. Streichquartett von 1888 ist ein später Nachzügler, das letzte Werk überhaupt. Somit ist es auch als eine Art Zusammenfassung seiner musikalischen Lebenserfahrung zu sehen. Ein 30-minütiges Werk mit den üblichen Sätzen steht es irgendwo zwischen dem späten Beethoven und Brahms. Nach Brahms klingt auch gleich der Anfang, was daran liegt, dass ein Thema einem aus Brahms Klarinettenquintett sehr ähnlich ist. Da Bargiels Quartett früher entstand und Brahms es offensichtlich kannte, ist die Inspiration hier dann vom Kleinmeister ausgegangen. Er war jedenfalls sehr stolz darauf, dass der "große Brahms" sich von ihm inspirieren liess. Ansonsten ist es ein hörenswertes Werk, das vielleicht Repertoirechancen hätte. Der zweite Satz ist ein Andante mit Anklängen an den späten Beethoven, das Scherzo sehr originell und auch der Schlusssatz hat viel eigenes zu bieten.
Das Orpheus Quartett spielt schon seit 1986 zusammen und macht seine Sache hier gut.