Russische Komponisten des 20.Jahrhunderts

  • Andrei Eshpai


    Bevor ich mir die 1x te GA der Beethoven-Sinfonien zulege :D , habe ich es vorgezogen mich für den hochinteressanten Zeitgenossen Andrei Eshpai weiter zu beschäftigen.
    Eshpai liefert stets kein "ungenissbares Zeug", sondern packende "Musiksoftware", die einmal mehr begeistert.
    An seine CD´s ist teilweise schwer dran zu kommen, teils Raritäten.


    Eine solche Rarität ist eine Russian Disc-CD mit 4 seiner Solokonzerte:
    Konzert für Viola und Orchester (1988)
    Konzert für Violine und Orchester Nr.2 (1981)
    Konzert für Klavier und Orchester Nr.2 (1974)
    Concerto Grosso für Trompete, Piano, Kontrabass, Vibraphon (1967)


    Die Ausführenden sind das Staatliche SO der UDSSR und die Moskauer PH mit Glushenko, Kitaenko und Swetlanow in anständigen Aufnahmen von 1976 - 1988; mit den Solisten Yuri Bashmet, Viola; Eduard Grach, Violine und Vladimir Krainew, Klavier.


    Das Violakonzert und Violinkonzert Nr.2 sind jeweils in einem Satz gehalten; solistisch packende und virtuose Passagen, die nie in ungeniessbare Sphären abgleiten, sondern immer auf dem wohlklingenden tonalen aber doch megamodernen Teppich bleiben = weitere Meisterwerke des 20.Jahrhunderts !
    Besonders auffallend brilliert Krainew bei das ganz auf ihn zugeschnittene Klavierkonzert Nr.2 (das KK habe ich bereits mit dem Komponisten am Klavier).
    Die Aufnahme des fantastischen Concerto Grosso mit Swetlanow findet sich auch auf der ALBANY-CD (die ich vor Beitrag 10 hier im Thread vorgestellt hatte).


    - Eine Abb ist leider nicht mehr möglich, weil ich die einzige vorhandene Rarität dieser Russian Disk bei amazon bestellt hatte -

    Editiert 12/2018: - hier ist die Abb der CD - derzeit zum Mondpreis -


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    Russian Disk, 1976-1988, DDD/ADD


    :thumbup: TOP-Neuzugang und Neuentdeckung !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Wenn ich mir manche Threads hier bei TAMINO ansehe dann denke ich manchmal: :D Man, was hören die langweilige Musik !


    8-):thumbsup: Nicht so bei Andrei Eshpai (geb 1925).


    *** Meine beiden Eshpai - Neuzugänge haben es wieder voll in sich.
    Selbst das Flötenkonzert (1992) ist voll exprsssiv geladen und hochspannend. Natürlich alles voll geniessbare Musik ... und kein allzusehr unfassbares atonales Gewusel. :!: Musik für den Hörer !


    Die Sinfonie Nr.1, ein erster interessanter Versuch von 1959, mit anleihen bei Schostakowitsch. 2.Sätze mit 9 und 7 Minuten.
    Das Konzert für Kontrabass und Streichorchester (1994-5) - Klasse !
    - und folkloristisch wird es auch bei
    Lieder der Berg-und Wiesenmarie (1983) .
    Hört sich an wie österreichische Almmusik - - - nichts von alle dem. Es werden Lieder der Heimat in moderne orchestrale Tonsprache umgesetzt und das in höchst packendem Gewand.


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    Albany, 1961,1983, 1994, 1996, DDD/ADD



    Weiterhin fabelhaft mit Hochspannung die Sinfonie Nr.4 (1980-81). Auf der CD die Aufnahme der Sinfonie Nr.5 mit dem bekannten Blacher-Zitat, die mir bereits in dieser Fedossejew-Aufnahme vorlag.


    *** Sinfonien Nr. 4 und 5:

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    Russiandisc, 1982/87, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Schön, dass es hier jemanden gibt, der auch von der Musik Andrej Eshpais beeindruckt ist. Ich habe ihn schon vor vielen Jahren mit einer Aufnahme der 4. und 5. Symphonie für mich entdeckt. Ich verstehe gar nicht, warum er sich im Westen bisher nicht durchgesetzt hat. Klar Eklektizismus pur, aber das gilt ja für viele zeitgenössischen Komponisten. Seine Musik ist jedenfalls sehr melodiös und äußerst farbig instrumentiert, also eine Art Synthese aus Prokofieff und dem frühen Stravinsky mit den Mitteln der heutigen Zeit. Seine 4. Symphonie bzw das dazugehörige Ballett (s.u.) machen dem Sacre durchaus an einigen Stellen Konkurrenz.
    Ein großes Manko ist allerdings die Klangqualität der meisten existierenden Aufnahmen. Die 4. z.B. klingt wie mit Cassettenrecorder im Flugzeughangar aufgenommen. Das wäre doch mal ein Fall für cpo.


  • Hallo lutgra,


    das Ballett Circle ... kenne ich noch gar nicht. Wie ist die Klangqualität der Albany - CD und ist die Musik ebenfalls so lohnenswert interessant, wie die Sinfonien und Konzerte von Eshpai ?


    Ich finde auch, das die Eshpai - Werke insgesamt unbedingt einer Neuaufnahme bedürfen. Eine Aufgabe für cpo, Naxos und Co.
    Allerdings sind nicht alle Aufnahmen bei Albany klanglich schlecht. Von der Int sind diese von Albany übernommenen Melodiya-Aufnahmen jedenfalls erstklassig; besonders wenn Swetlanow am Pult steht.



    Die Sinfonien Nr. 4 und 5 habe ich in einer TOP-CD-Aufnahme mit UDSSR-Orchstern unter Vladimir Fedossejew

    (Russian Disc, 1994, AAD).


    ;) Wahnsinns-Werke !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Hallo lutgra,


    das Ballett Circle ... kenne ich noch gar nicht.

    Hallo teleton


    das Ballett ist die Vorlage für die 4. Symphonie, d.h. die 4. Symphonie ist praktisch eine symphonische Ballettsuite, das Ballett ist gut doppelt so lang, ca 1 h. Die Klangqualität ist auch besser, wenn auch noch lange nicht optimal.


    beste Grüße
    lutgra

  • Kara Karayev war für Aserbaidschan das, was Khatchathurian für Armenien und Andrej Eshpai für die Mari-Republik war, so eine Art Nationalkomponist. Studiert hat er erst in Baku, später dann auch in Moskau bei Schostakowitsch. Die gerade bei Naxos erschienene 1. Symphonie entstand 1943 noch vor dieser Lehrzeit beim großen Meister. Trotzdem ist dessen Einfluß bei den bewegteren Passagen nicht zu überhören, genauso wenig wie Einflüsse von Prokofieff. Die zweisätzige Symphonie wirkt auf mich auch weniger wie eine Symphonie, denn wie eine Ballett-Suite. Sehr farbig orchestriert, teils kräftig zulangend, in den lyrischen Passagen mit berückenden Momenten, insgesamt ein sicher etwas unausgegorenes Werk eines 25-Jährigen, aber sehr gut anhörbar und interessanter als so einiges, was ich in den letzten Tagen an Symphonischem gehört habe. Das Orchester aus Kiev besteht aus durchgängig jungen Musikern und spielt dementsprechend höchstmotiviert. Bin gespannt auf weitere Werke des Komponisten.


  • Sergej Slonimsky ist ein weiterer russischer Komponist, geboren in Leningrad. Nach einer Zwölftonphase komponiert er im neoromantischen Stil. Dazu zählt jedenfalls seine 2. Symphonie von 1978. Ein dreisätziges Werk mit zwei langsamen Ecksätzen und einem jazzigen Mittelsatz, das durchaus hörenswert ist. Wenn youtube die Wahrheit sagt, ist Slonimsky inzwischen bei über 30 Symphonien angelangt, macht also Havergal Brian Konkurrenz (Hovhaness und Segerstam wird er nicht mehr toppen können).
    Dass die Symphonie bei den Leningradern und Gennadi Roshdestvensky in guten Händen, muss nicht extra hervorgehoben werden ( wobei ich es ja hiermit getan habe :D ). Die Aufnahme ist von 1979, also vermutlich die Premiereneinspielung (Studioeinspielung!). Klingt gut.


    teleton: Wolfgang, müsste eigentlich beides Deine Kragenweite sein. :hello:


  • teleton: Wolfgang, müsste eigentlich beides Deine Kragenweite sein.


    Danke für den Hinweis, lieber Lutz,
    Beides wurde soeben in meine Wunschliste übernommen. Mit Karajew hatte ich schon länger "geliebäugelt".

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Kara Karayev war für Aserbaidschan das, was Khatchathurian für Armenien und Andrej Eshpai für die Mari-Republik war, so eine Art Nationalkomponist. Studiert hat er erst in Baku, später dann auch in Moskau bei Schostakowitsch. Die gerade bei Naxos erschienene 1. Symphonie entstand 1943 noch vor dieser Lehrzeit beim großen Meister. Trotzdem ist dessen Einfluß bei den bewegteren Passagen nicht zu überhören, genauso wenig wie Einflüsse von Prokofieff. Die zweisätzige Symphonie wirkt auf mich auch weniger wie eine Symphonie, denn wie eine Ballett-Suite. Sehr farbig orchestriert, teils kräftig zulangend, in den lyrischen Passagen mit berückenden Momenten, insgesamt ein sicher etwas unausgegorenes Werk eines 25-Jährigen, aber sehr gut anhörbar und interessanter als so einiges, was ich in den letzten Tagen an Symphonischem gehört habe. Das Orchester aus Kiev besteht aus durchgängig jungen Musikern und spielt dementsprechend höchstmotiviert. Bin gespannt auf weitere Werke des Komponisten.


    Schön, dass du diese CD ebenfalls gekauft hast! Beide Werke befinden sich in älteren Aufnahmen (die Sinfonie als LP-Transfer) schon länger in meiner Sammlung, aber natürlich habe ich mich über diese Neuerscheinung sehr gefreut und sie mir auch umgehend gekauft. Ja, Qarayevs Erste (in Aserbaidschan schreibt man seinen Namen Qara Qarayev) ist teilweise noch etwas uneinheitlich und speziell im zweiten Satz manchmal ein wenig episodisch, enthält aber zahlreiche sehr schöne Stellen und ist insgesamt sehr hörenswert. Sie trägt übrigens die Widmung "Dem Andenken der Helden des Großen Vaterländischen Krieges", ein deutlicher Verweis auf ihr Entstehungsjahr 1943. Es handelt sich, wenn ich mich gerade recht entsinne, um die erste Sinfonie eines aserbaidschanischen Komponisten überhaupt. In Qarayevs Schaffen ist nach 1960 ein deutlicher Wandel spürbar, wie man etwa im Violinkonzert (und auch in der Dritten Sinfonie, die ebenfalls bei Naxos erhältlich ist) hören kann. Qarayev verwendet hier Zwölftontechnik, ohne ganz auf tonale Bezüge zu verzichten. Ich finde das (recht kompakte) Violinkonzert sehr gelungen, vom eher lyrisch-versponnenen Kopfsatz bin hin zum Finale, das eine Art grotesken Marsch darstellt.


    Was aserbaidschanische (National-) Komponisten anbelangt, wäre sicherlich noch der etwa gleichaltrige Fikrət Əmirov (1922–1984) zu nennen, der sich stärker als Qarayev direkt an aserbaidschanischer Folklore orientiert. Seine sinfonischen Muğamen (in Anlehnung an Formen traditionellen aserbaidschanischen Musizierens benannt) sind wiederum bei Naxos erschienen, wobei ich die alten, leider längst vergriffenen Olympia-CDs mit diesen Werken bevorzuge. Əmirov hat insgesamt eher in freieren Formen und weniger in den klassischen Gattungen komponiert (es gibt allerdings auch eine Sinfonie für Streichorchester sowie ein Klavierkonzert von ihm – erneut Naxos).


    Hier noch kurz die Links auf einige der CDs, auf die ich mich oben bezog:





  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Holger,
    die von Dir in Beitrag 39 abgebildeten CD´s (2. und 4.CD) von Fikret Ämirov mit seinem höchst hörenswerten folkloristischen Klavierkonzert und den Aserbaudschaischen Mugams gehören seit vielen Jahren zu meinem eisernen und hochgeschätzten CD-Bestand.


    Ich finde die zügigere Yablonsky - Aufnahme der Sinf.Mugams (NAXOS) gar nicht so übel, wie sie in einigen Kritiken gemacht wird.
    Ich habe auch die ältern (freilich vorzuziehenden) russischen Aufnahmen. Aber die NAXOSEN haben den Vorteil der besseren Klangtechnik und die schnellen Tempi liegen mir.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Lutz und Holger,


    die beiden Naxos-CD´s mit den Sinfonien Nr. 1, VC und Nr.3, sowei Don Quixote und Layla und Mejnun habe ich mir nach ausführlicher Sicht und Anhören der Hörschnipsel bestellt.


    Dazu gehört dann aber unbedingt noch die CD mit den Balletten The Seven Beauties und The Path of Thunder.
    Nach genauer Sicht habe ich mich nicht für die ältere Aufnahme mit Abullayew (DELOS) entschieden, sondern für die in beiden Balletten um je einen Satz komplettere mit Yablonsky, der offenbar eine ziemlich brillante Aufnahme mit dem Royal PO hingelegt hat:



    NAXOS, 2012, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schön, dass du diese CD ebenfalls gekauft hast! Beide Werke befinden sich in älteren Aufnahmen (die Sinfonie als LP-Transfer) schon länger in meiner Sammlung, aber natürlich habe ich mich über diese Neuerscheinung sehr gefreut und sie mir auch umgehend gekauft.


    Schön, dass Du wieder dabei bist, Holger. Deine Repertoirekenntnisse habe ich hier vermisst. :hello:

  • Zunächst einmal vielen Dank für die Willkommensgrüße! Ja, es ist lange her, dass ich hier aktiv war...


    Mir gehen bei der Jablonski-Aufnahme von Əmirovs Muğamen zu viele Details verloren, zu viel an Atmosphäre und Stimmungen. Eigentlich hat diese Musik ja auch ihre poetischen, lyrischen, quasi-improvisatorischen Seiten, und die vermisse in der Naxos-Aufnahme. Der Schluss des dritten Muğams z.B. ist eigentlich von einer wundervollen Abendstimmung durchzogen, vor einem leisen, langen h-moll-Sextakkord im Orchester und pochenden Schlagzeugrhythmen hallen Fragmente der Muğam-Thematik nach. Solche Szenen etwa kommen mir in der Naxos-Einspielung zu kurz.


    Zu Qarayev: es gibt sogar noch eine weitere neuere Einspielung von Orchestermusik Qarayevs, und zwar bei Chandos. Kirill Karabyz dirigiert das Bournemouth Symphony Orchestra:



    Was Einspielungen von Qarayevs Ballettsuiten anbelangt, sind wir also gar nicht so schlecht bestückt. Bei Qarayevs späteren Werken, die allerdings auch deutlich herber sind, und komischerweise gerade seinen Sinfonien sah das lange Zeit anders aus. Insofern sind hier die neuen Naxos-CDs sehr willkommen.


    Qarayevs Sinfonie Nr. 2 C-Dur (1946) ist übrigens nach ihrer Uraufführung im Jahre 1946 für Jahrzehnte in der Schublade verschwunden und erst vor zwei Jahren anlässlich Qarayevs 98. Geburtstag erneut aufgeführt worden. Das kann man sich bei YouTube anhören (zusammen mit einer Orchestrierung eines frühen Klavierstücks Qarayevs durch seinen Sohn Fərəc, Jg. 1943):



    Die Sinfonie startet ziemlich genau bei 9:00, es spielt das Staatliche Sinfonieorchester Aserbaidschans unter Leitung von Rauf Abdullayev.

  • Qarayevs Sinfonie Nr. 2 C-Dur (1946) ist übrigens nach ihrer Uraufführung im Jahre 1946 für Jahrzehnte in der Schublade verschwunden und erst vor zwei Jahren anlässlich Qarayevs 98. Geburtstag erneut aufgeführt worden.


    Danke für den YT-Link, den man bei Eingabe von "Karayev" nie gefunden hätte.
    Trotzdem ein Jammer, dass man für die Sinfonie Nr.2 auf so eine klanglich lausige YT-Aufnahmequalität in Mono zurückgreifen muss. Ich hoffe das sich mal ein anderer Dirigent auch der Sinf.Nr.2 für eine CD-Aufnahme annimmt ... vielleicht Yablonsky um seine Karayev-Sinfonien-Aufnahmen komplett zu machen.


    Die Karabits - SACD (Chandos) hatte ich auch gesehen. Sicher interssant !
    Die vorhanden Werke der Ballette und sinf.Suiten werden aber von den Kopplungen auf den in den Vorbeiträgen genannten Naxos-Aufnahmen unter Yablonsky abgedeckt .. und zwar kompletter. Von The Path of Thunder findet sich bei Karabits auch nur der Satz Lullaby.
    ;) Wenn die Yablonsky-Aufnahmen OK sind, soll mir das erst einmal reichen.


    Inzwischen habe ich schon auf YT festgestellt, dass Karajews Don Quixote-Version eine verdammt interessante Fassung nach Richard Strauss ist .. tolle Musik !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Der aserbaidschaische Komponist Karayew aus Baku war für mich eine sehr erfreuliche Neuentdeckung. Ich habe die CD´s mit den Sinfonien Nr.1 und 3 (Beitrag 39) wie die CD mit den beiden Balletten (Beitrag 42) gekauft und teils mehrmals gehört.
    Die Erwartungshaltung, dass Karayew viele Elemente seiner Lehrers Dmitri Schostakowitsch übernommen hat, sind zwar gegeben, wurde aber dennoch nicht ganz erfüllt.
    Karayew versucht dem Zeitgeist zu entsprechen und zwängt sein Vorhaben, die folkloristische aserbaidschanische Musik seines Heimatlandes mit einzubringen bei den Sinfonien Nr.1 (1953 und Nr.3 (1964) in eine Zwölftontechnik.
    Bewundernswert dabei ist, dass er dennoch in geniessbaren Bahnen bleibt und es ihm gelingt tonal zu klingen. Doch ein freies Komponieren ohne die mathematischen Zwänge der Zwölftontechnik wären meiner Ansicht nach besser gewesen und stören hörbar den Ablauf. Da gibt es massig Beispiele von Komponistenkollegen, die sich erfolgreich von der sch... Zwölftontechnik gelöst haben und auch voll zeitgemäss klingen.
    Die Sinfonie Nr.1 hat unbestreitbar ihre Qualitäten (siehe Hörprotokoll von lutgra in Beitrag 36). Ich habe sie wiederholt mit Begeisterung gehört, aber ein dritter fetziger Finalsatz und der Verzicht auf die 12Ton-Mätzchen wäre für das Werk kein Fehler gewesen ...


    Ähnlich bei seinem beachtenswerten Violinkonzert (1967). Hier wendet er sich der seriellen Technik zu, was das Werk stellenweise eher weniger geniessbar macht. Eine rein freie moderne Mischung aus atonal und tonal mit seiner expressionistisch angehauchten Ader mit dem Einbringen der aserbaidschaischen Folklore, wäre auch hier Vorteilhafter gewesen.



    :!: Aber Karayew hat diese "Wünsche" in seinen übrigen Werken erfüllt und verzichtet dort auf überflüssige Mätzchen a´la Zwölfton und Seriell:


    Don Quixote (1960) ist eine Sinfonische Suite (er nennt es sinfonische Kupferstiche) in der er die Abenteuer des "Ritters der traurigen Gestalt" beschreibt, ohne die Handlung in einer
    musikalischen Illustration zu liefern. Ein modernes Werk des 20.Jhd, dass spannend und geniessbar den gewünschetn Hörspass bietet.
    Sehr schön aber auch die sinfonische Dichtung Leyla und Mejnun (1947), die sich auf der CD bei der Sinfonie Nr.3 findet.


    Genau so seine beiden Ballette, bei denen mich wundert, dass diese im allgemeinen Konzertleben nicht weit bekannter sind ... immerhin gibt es mittlerweile mindestens drei CD-Aufnahmen auf denen sich Musik aus den Balleten wieder findet. Die gesamten Ballette von Karayew sind nicht eingespielt.
    Die Aufnahme mit Yablonsky liefert die gesamten Suiten und ist vom Royal PO glänzend aufgenommen:
    The Seven Beauties - Ballettsuite (1953) basiert auf der Dichtung des Poeten Nizami aus dem 12.Jhd, die hier in 12 kurzweiligen Sätzen eine glänzende Wiedergabe findet.


    :thumbup: Die The Path of Thunder - Ballettsuite (1959) halte ich bisher nach allem gehörten für Karayews bestes Orchesterwerk. Hier bin ich auch vom Emotionsgehalt an Karayews Lehrer Schostakowitsch erinnert. Mit dramatischem Unterton geht es hier in den 7 Sätzen der Suite packend zur Sache (übrigens um einen Satz kompletter als in der auch sehr guten und schmissigen Aufnahme mit Abdullajew).



    NAXOS; 2012, DDD



    :!: Naxos hat was die Texthefte anbetrifft nachgelassen.
    Während sich in den neueren Aufnahmen der Ballettsuiten (AD2012) und der Sinfonie Nr.1 (AD2016) nur ein dreiseitiges Faltblatt in Englisch befindet, ist in der etwas älteren Aufnahme der Sinfonie Nr.3 (AD2008) ein vollertiges informatives Textheft auch in DEUTSCH vorhanden.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang