Zitate "großer Männer" kritisch gesehen

  • Eduard Hanslick hat sich in seiner Schrift "Concerte, Componisten und Virtuosen der letzten 15 Jahre" mehr als abfällig über Tschaikowkis Violinkonzert geäußert: Das Werk, so schreibt er, „bringt uns zum erstenmal auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könne, die man stinken hört“.


    Dass man Musik stinken hören könnte, ist ein interessantes Apercu, ist mir aber bei diesem Werk völlig daneben gegriffen. Ich käme da auf andere Komponisten und deren Werke.


    Auch Verdis "Ernani" konnte er nichts abgewinnen: „Nur mit dem Aufgebot aller Geduld und Willenskraft hielt ich die Oper bis zum Ende aus, so sehr langweilte sie mich. Italienische Opernmusik war meinem, nur an deutscher Musik herangebildetem Geschmack etwas Fremdartiges, Unsympathisches. Für Gesangsvirtuosität hatte ich keinen Sinn, und die Verdische Oper klang mir über die Maßen langweilig, undramatisch und roh."


    Wenngleich Hanslick "Il trovatore", "La traviata", "Rigoletto" und den "Maskenball" als das „Beste, was die italienische Bühne hervorgebracht“ beurteilte, bezeichnete er den Italiener „bei all’ seiner Intelligenz, seinem lebhaften, energischen Temperament [als eine] gemeine Natur“.


    Die Realität ist über solche Aussagen hinweggegangen...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Du meinst also, ein "realistisches" Gehalt müsste deutlich unter den wahrhaft üppigen 2000 € Mindestgage (brutto) liegen, die an deutschen Bühnen seit letztem Jahr für Solobeschäftigte gilt? Darf ich dich fragen, wie hoch du eine "realistische" Mindestgage ansetzt? Und vielleicht bist du auch gleich noch so gütig, mir ein - meinetwegen auch historisches - Modell für einen dauerhaften Opernbetrieb, der ohne Zuwendungen (die auch eine Finanzierung durch Höfe oder Herrscher einschließt) auskommt oder ausgekommen ist, zu nennen?

    Vermutlich spielt die Frage nach den Perso-Kosten bloß eher marginale Rolle.
    Denn Basis der Argumentation gründet sich m.E. wie folgt:
    Wenn endlich RT ausgerottet und Konzert- und Opernbetrieb von publikumsfeindlichen Experimenten befreit ist (z.B. Notenschund/Machwerke a la Schönberg, Cage, Lachenmann, Cerha oder Nono), dann trägt sich diese ganze Chose (Oper und Konzert) automatisch ganz von selbst, weil dann angeblich nicht mehr publikumsfeindlich.

  • Wenn endlich RT ausgerottet und Konzert- und Opernbetrieb von publikumsfeindlichen Experimenten befreit ist (z.B. Notenschund/Machwerke a la Schönberg, Cage, Lachenmann, Cerha oder Nono), dann trägt sich diese ganze Chose (Oper und Konzert) automatisch ganz von selbst, weil dann angeblich nicht mehr publikumsfeindlich.


    So kann man das nicht sagen (und das weiß der Schreiber auch)
    Man kann diese Werke selbstverständlich aufführen und aufnaehmen, wenn ein ausreichen großer Teil des Publikuns bereit ist die Konzerte (etc etc) zu besuchen und die entstehenden Kosten abzudecken.


    Man mag einwenden, daß die Aufführungen "klassischer " Komponisen auch subventioniert würden.
    Aber wenn das nicht der Fall wäre würden sofort private Sponsoren einspringen, schon aus Eigennutz, weil sie diese Werke hören möchte.


    Die Bezahlung durch Monarchen etc erfolgte ja auch üblicherweise aus der "Privatschatulle"


    Ich komme nun wieder zu HANSLICK zurück


    Zitat

    Italienische Opernmusik war meinem, nur an deutscher Musik herangebildetem Geschmack etwas Fremdartiges, Unsympathisches. Für Gesangsvirtuosität hatte ich keinen Sinn, und die Verdische Oper klang mir über die Maßen langweilig, undramatisch und roh."


    Der hochintelligente und gebildete Hanslick hat selbst sehr gut beobachtet, daß hier eine sehr subjektive Abneugung vorliegt und das auch artikuliert.
    Das haben sonst nur wenige Kritiker zustandegebracht.

    Zitat


    Das Werk, so schreibt er, „bringt uns zum erstenmal auf die schauerliche Idee, ob es nicht auch Musikstücke geben könne, die man stinken hört“.


    Hier ebenso, er betont, daß es sich nur um eine Idee, einen Gedankengang handelt, den er noch dazu als schauerlich (im Sinne von abstrus oder eigentlich undenkbar) enpfindet, der sich ihm aber beim Anhören des Konzerts einfach aufgedrängt hat. (das UNS ist in diesem Zusammenhang der Pluralis Majestatis, der oft von bedeutenden Personen vewendet wurde und noch wird)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ganz grundsätzlich sollte die Begrifflichkeit der "großen Männer" mal definiert werden. Der schweizerische Kulturhistoriker Jacob Burckhardt hat es folgendermaßen formuliert:


    "Der große Mann ist ein solcher, ohne welchen die Welt uns unvollständig schiene, weil bestimmte große Leistungen nur durch ihn innerhalb seiner Zeit und Umgebung möglich waren und sonst undenkbar sind; er ist wesentlich verflochten in den großen Hauptstrom der Ursachen und Wirkungen. Sprichwörtlich heißt es: 'Kein Mensch ist unersetzlich.' – Aber die wenigen, die es eben doch sind, sind groß."


    Peter Ganz (Hrsg.), Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen (= Jacob Burckhardt Werke. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 10), München/Basel 2000, S. 498.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hier ebenso, er betont, daß es sich nur um eine Idee, einen Gedankengang handelt, den er noch dazu als schauerlich (im Sinne von abstrus oder eigentlich undenkbar) enpfindet, der sich ihm aber beim Anhören des Konzerts einfach aufgedrängt hat. (das UNS ist in diesem Zusammenhang der Pluralis Majestatis, der oft von bedeutenden Personen vewendet wurde und noch wird)

    Ein Fragezeichen möchte ich hinter den in Klammern gesetzten Teil des Satzes machen. Ich glaube nämlich nicht, dass Hanslick das Personalpronomen als Pluralis majestatis gemeint hat. Eher könnte ich mir denken, dass er den oder die Leser einfach für sich und seine Argumentation 'vereinnahmt' hat. Ich habe kein aktuelles Beispiel zur Hand, meine aber, dass auch heute Kritiker das UNS in dieser Art und Weise benutzen.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Interessant, wie sich der Thread entwickelt hat.

    Und zwar durchaus nach den Vorgaben des Titls. Gedacht habe ich aber an sogenannten Klassikgrößen, die über Musi, teilweise richtige, teilweise ätzende, teilweise falsche Aussagen machten, beispielsweise soll Strawinsky gesagt haben, Vivaldi habe im Grunde nur ein Konzert komponiert, das aber 400 mal.

    Interessanterweeise habe ich bei meiner Recherche nach den genauen Wortlaut, keinen finden könne, schon die Zahl der Konzerte schwankt enorm.

    Die Krönung aber ist, daß nicht mal die Urheberschaft Strawinskys zu diesem Zitat feststeht


    Hier aber als Ausgleich ein "Originalzitat" (aus dem Englischen übersetzt)


    "Meine Musik wird am besten von Kindern und Tieren verstanden."


    Na ja ....wenn das ein Qualitätskriteriun ist solls mir recht sein


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Stammt nicht von Strawinski der Satz: "Der Parsifal ist wie eine Andacht im Krematorium!"

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zitat


    Als der Jugend erste Blüte vorbei war und mein optischer Liebreiz dahin war, suchte ich mir ein anders Wertesystem


    Zitat von Alfred Schmidt, Forenbetreiber und Administrator TAMINO-Klassikforum :saint:


    Diese altersweisen Worte eines bedeutenden Zeitgenossen und großen Mannes aus der unvergleichlichen Metropole an der schönen blauen Donau stehen für sich und bedürfen, ausnahmsweise einmal entgegen der eigentlichen Intention dieses Threads, keinerlei Kritik. :hail:

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Metropole?

    UNVERGLEICHLICHE Metropole ! Bitte KORREKT zitieren !!


    Und damit der Thread am Laufen bleibt, ein weiterer "Großer Mann"


    Einer mit Weitblick, der die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts schon vorhergesehen zu haben scheint, und auch diverse Interprettionsansätze:


    Zitat

    Die Leidenschaften, heftig oder nicht, müssen niemals bis zum Ekel ausgedrückt sein, und die Musik auch in der schaudervollsten Lage niemals das Ohr beleidigen, sondern doch dabei vergnügen, folglich allzeit Musik bleiben.


    Wolfgang Amadeus MOZART

    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Jede mit "klassischer Musik" verknüpfte Persönlichkeit - nicht nur ich, der ich ja auch in diesem Thread zu unverhofften und unverdienten Ehren kam (wenngleich eine dezent subversive Komponente nicht zu übersehen ist )- sagte irgendwas "zitierenswertes" (als "Großer Mann" kann man sich ja da gar nicht wehren und ist faktisch vogelfrei)


    Anton Bruckner beispielsweise sagt treffsicher (Witz hätt ich ihm am wenigsten zugetraut)

    Zitat

    "Ein Walzer von Strauß ist mir lieber als eine Sinfonie von Brahms."

    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • UNVERGLEICHLICHE Metropole ! Bitte KORREKT zitieren !!

    Bitte KORREKT zitieren !!


    aus der unvergleichlichen Metropole an der schönen blauen Donau

    Eine unvergleichliche Metropole an der Donau, das kann eigentlich nur Budapest sein! :hahahaha:

    UNVERGLEICHLICHE Metropole ! Bitte KORREKT zitieren !!

    Das wollte ich jetzt eigentlich nicht nochmal zitieren, aber das:


    Zitat

    Anton Bruckner beispielsweise sagt treffsicher (Witz hätt ich ihm am wenigsten zugetraut)


    Zitat "Ein Walzer von Strauß ist mir lieber als eine Sinfonie von Brahms."

    Das sehen sicherlich viele Menschen so. Und noch mehr denken sich: Lieber einen Waözer von Strauß, als eine Sinfonie von Bruckner! :hahahaha:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich kehre wieder zurück zum Ernst dieses Threads und bringe ein weiteres Zitat ins Spiel

    Wieder wird hier unterstrichen, daß nicht nur das Tamino Klassikforum eine Oase des Friedlichen Miteindander der Musikfreunde, -kenner und - schaffenden sind, sondern daß dieser Zustand ein allgemeiner, sogar zeitüberschreitender ist.

    Sosagte Beispielsweise Händel über Gluck:


    Zitat

    Mein Koch versteht mehr vom Kontrapunkt als der Gluck.

    auch überliefert als

    Zitat

    Dieser Gluck versteht nicht mehr vom Kontrapunkt als mein Koch

    Das Original von der Fälschung sein wird die Aufgabe einer Europäpschen Untersuchungskommision seind. Das Projekt wird sich über 5 Jahre hinwegziehen, die ersten Ergebnisse werden also für 2023/24 erwartet - und wird durch die Europäische Staatenmeinschaft mit 50 Million Euro subventioniert.

    Historische Wahrheit ist eben ein kostbares Gut.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !