James Levine schlägt zurück und fordert einen Schadenersatz von fast 6 mio.

  • Zitat

    Wenn Levine also
    irgendwann geäußert hätte, dass Sex mit Minderjährigen keine kriminelle
    Handlung sei, dann hätten solche Anschuldigungen eine Grundlage. Aber er
    bestreitet das ja.

    Lieber Holger,


    aus dem weiter oben verlinkten Artikel im Boston Globe geht ja hervor, dass die Theamtik um Levines 'inner circle' komplizierter ist, dass die Anschuldigungen nicht so gelagert sind, wie von Dir dargestellt. Die ausgeübten Praktiken hat er auch nicht abgestritten. Johannes hat wie ich finde das auch sehr gut in die damalige Zeit eigeordnet. Aber es kann doch nicht sein, dass der Mann bspw. viele Jahre hier in München bei den Philharmonikern Chefdirigent war und dass dazu keiner Stellung nimmt, bzw. dass das alles togeschwiegen wird. Ein Kündigung wie die an der MET wird übrigens immer auch juristisch geprüft, sonst wäre sie nicht durchzubekommen. Die Münchner Philharmoniker haben übrigens selbst um Aufklärung gebeten. Auch deswegen finde ich es gut, dass die Diskussion im Stadtrat jetzt publiziert wurde.


    Danke auch an Operus für seine Stellungnahme!


    Viele Grüße
    Christian

  • Ein Kündigung wie die an der MET wird übrigens immer auch juristisch geprüft, sonst wäre sie nicht durchzubekommen.


    Nun, diese juristische Prüfung steht ja offenkundig noch aus, denn Levine und seine Anwälte haben die MET jetzt verklagt. Und kommt es zum Prozess, wird die MET Beweise vorlegen müssen. Und nach meiner Kenntnis der Sachlage sieht es da dünn aus, sonst hätte die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit ja längst ermitteln können.

  • Hallo lutgra,


    die Staatsanwalt ermittelt erst, wenn es einen Verdacht gibt oder wenn etwas zur Anzeige gebracht worden ist. Da das System den Dirigenten bisher sehr gut abgeschirmt hat - das wird aus dem Bericht über die Münchner Stadtratssitzung deutlich - kam es dazu bisher eben gerade nicht. Ich weiß sehr gut, wie schwierig es für Opfer ist, sich dazu zu bekennen und jemanden anzuzeigen, da man sich damit auch selber bloßstellt.
    Die Situation hat sich jetzt aber grundlegend geändert. Das betrifft auch meine Branche - ich bin Filmproduzent. Nach den vorliegenden ausführlichen Berichten und seriösen Recherchen fände ich es falsch, über die Causa Levine einen Mantel des Schweigens auszubreiten. Damit möchte ich mich aus dieser Diskussion verabschieden, bis neue gesicherte Informationen vorliegen.


    Viele Grüße
    Christian

  • http://www.musik-heute.de/1791…ine-wegen-rufschaedigung/


    Die Causa wird immer absurder. Jetzt verlangt die Met Schadenersatz in Millionenhöhe, weil Levine durch sein Verhalten in sieben Fällen, die man bestenfalls als Belästigung bezeichnen kann, dem Renommé geschadet habe. Merkwürdig, dass die verlangte Summe dem entspricht, was er als Wiedergutmachung verlangt hat. Übrigens stand die Met in den Jahren 1979-1999 im Gegensatz zu heute finanziell gesichert da. Honit soit, qui mal y pense... ;)

  • Zum Thema passt dieses Buch:



    Das abgebildete Reclam-Büchlein lese ich gerade. Der Islamwissenschaftler Thomas Bauer aus Münster konstatiert eine Haltung der "Ambiguitätsintoleranz" in unserer Zeit - nicht nur in der Religion als Ursache für den sich epidemieartig ausbreitenden Radikalismus und Fundamentalismus. "Ambiguität" ist ein im englischen und französischen Raum gebräuchlicher Begriff. Er meint eine Zwei- und Mehrdeutigkeit, die sich nicht in Eindeutigkeit überführen lässt. Bauer bezieht sich darin u.a. auf eine Untersuchung eines Psychiaters, Christopher Baethge, wonach in den USA besonders eine Mentalität sehr verbreitet ist, für die eine "Ambiguitätsintoleranz" prägend ist. Dafür ist der Fall Levine mit seinen ritualisierten Mechanismen finde ich ein wirklich lehrreiches Beispiel! Es ist eben gerade nicht eindeutig und eindeutig zu beweisen, dass er eine strafbare Handlung begangen hat, genauso wenig wie die entgegengesetzte Behauptung, wonach er sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, Eindeutigkeit beanspruchen kann nach Faktenlage, so weit sie überschaubar ist. Sowohl die MET als auch Levine selbst tun aber so, als ob die Sache absolut eindeutig wäre: Die eine Seite unterstellt ihm ein eindeutig kriminelles Verhalten und er kontert dann apologetisch damit, dass er ebenso eindeutig keine solche begangen hätte. Der Ansatz, an das komplexe und nicht einfache Phänomen so heranzugehen, ist aber einfach wohl nicht der richtige Weg. Der wäre, dass man sich der - eigentlich viel unangenehmeren - "Ambiguität" (der Zweideutigkeit in ihrer ganzen Zwiespältigkeit) stellen würde.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Wenn - was ich nicht glaube - Levine dem "Rennomee der MET" - geschadet haben soll, dann wäre das schon vor Jahren/Jahrzehnten passiert.
    Aber leider hat es niemand bemerkt. Da alle angeblich etwas gewusst haben wollen - aber geschwiegen haben - wären viele der heut moralisch entrüsteten in gewisser Weise mit involviert. An irgend einer Stell fand ich die Bmerkung (aus dem Gedächnis zitert)
    "Wir alle haben uns gewundert. daß Levine immer von eine Schar junger Männer umgeben war" - Wenn diese Bemerkuing die Realität widergibt, dann stellt es sich mit so dar, daß die alle seine Nähe suchten - aus nicht ganz undurchsichtigen Motiven.


    Wenn kein Gericht sich in der Lage sieht, Levine etwas strafrechtlich Relevantes zu beweisen, dann wirds unter Umständen eng für die Met.
    Vielleicht zeigt Levine in einem solchen Fall indes Großmut und erlässt der Met die Stafe - gegen einen lebenslänglichen Vertrag mit Aufführungsgarantien und einer öffenlichen Ehrenerklärung des Generalmanagers :hahahaha:


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Stimmenliebhaber, ich finde es nobel, dass Du an dieser Stelle des heutigen 75. Geburtstages von James Levine mit Hinweis auf den Kommentar, den ich mit Interesse las, gedenkst. In einem seiner letzten Interviews hatte der deutsche Altkanzler Kohl einmal gesagt, dass man dann zu den Menschen gehen solle, wenn es ihnen schlecht gehe. Gehe es ihnen gut, dann kämen alle. Diesen Gedanken habe ich verinnerlicht, obwohl ich Kohl auch kritsch gegenüber stehe. Wenn ich nichts übersehen habe, wurde Levine im TAMINO-Gedenk-Tread heute stillschweighend übergangen. Im Jahr zuvor war er dort noch der "liebe Jimmy". Vielleicht wurde er diesmal nur schlicht vergessen, was bei der Fülle der Daten sehr verständlich wäre. Was immer geschen ist, der Mann, dem viele von uns starke musikalische Erlebnisse verdanken, begeht heute ein Jubiläum, das der Erwähnung sehr wert ist. In Gedanken wünsche ich ihm alles Gute. Es sollten die Dinge voneinander getrennt werden, die nicht zusammengehören.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es sollten die Dinge voneinander getrennt werden, die nicht zusammengehören.


    Hallo "Rheingold1876",
    natürlich ist es nicht leicht, das auseinanderzuhalten, aber unabhängig von der einen Sache, die juristisch noch nicht abschließend geklärt ist, bleibt es daneben ein Fakt, dass Levine ein sehr bedeutender Dirigent war, gerade auch in der Oper, aber auch im Konzert, gerade und besonders an der MET, aber auch nicht nur (siehe Bayreuth).
    Wenn Ekkehard Wlaschiha in seiner da-capo-Sendung dem August Everding viele Dirigenten aufzählt, unter denen er gerne gesungen hat, und dann noh zwei dirigenten heraushebt, unter denen er besonders gerne gesungen hat, weil sie so sängerfreundlich waren, und einer davon ist Levine, dann lässt mich so etwas aufhorchen. Und das "Ariadne"-Video aus der MET mit Norman und Battle habe ich nicht nur in Gänze genossen, sondern auch ganz besondern auch seine angehängte Probenarbeit mit beiden Diven am Klavier. Das macht auch nicht jeder GMD!
    Also: Die große künstlerische Lebenleistung des Dirigenten James Levine macht seinen Lebenswandel nicht ungeschehen, so wie sein Lebenswandel aber auch die große künstlerische Leistung nicht ungeschehen macht. Und letztere darf man sich, gerade an seinem 75. Geburtstag, auch mal wieder in Erinnerung rufen. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Aus der Klagebegründung der MET


    Zitat

    Er habe nicht die erforderliche Loyalität gezeigt und dem Ruf sowie den Finanzen des Hauses geschadet.


    Wäre ich sein Anwalt, so zerpflückte ich die von mir fett gedrucke Behauptung in Bezug auf die Finanzen in wenigen Sekunden....


    Levine war für die Met über Jahrzehnte hinweg ein Aushängeschild und Goldesel, eine Gallionsfigur, die die Sponsoren anlockte.
    Das ist nun vorbei. Das wäre aber auch vorbei, wenn er ohne diesen Skandal in Pension gegangen wäre...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich weiß ja nicht, wo Du diese Info her hast, lieber Alfred. Ich finde dazu folgendes:
    "In der am Freitag (18. Mai 2018) beim Obersten Gericht in New York
    eingereichten Klage führt das Opernhaus sieben Fälle sexuellen
    Missbrauchs auf, die im Zuge einer internen Untersuchung ans Licht
    gekommen seien."
    Viele Grüße
    Christian

  • Da hast Du aber sehr selektiv zitiert, der Vorwurf, den Finanzen des Hauses geschadet zu haben, ist in dem Artikel eher ein Nebenaspekt, es geht auch hier in erster Linie um "sieben Fälle sexuellen Missbrauchs [...], die im Zuge einer internen Untersuchung bekannt geworden seien."

  • Für die "sieben Fälle des mutmaßlichen Mißbrauchs" - es git bis zur Verurteilung die Unschuldsvermutung - ist der MET ja kein finanzieller Schaden entstanden.
    Bringen wir es auf eine einfache Ebene:
    Stellen wir uns vor, jemand begeht in einer Firma tatsächlich einen "Ausrutscher" in Form eines sexuellen Fehlverhaltens - vielleicht sogar mit einer Person ausserhalb der Firma. DAs widerholt sich gelegentlich, denn der Angestellte ist ein bekannter Don Juan. die Firmrnleitung interessiert das nicht, der Mann macht gute Umsätze. Die Kollegen tuscheln - aber prinzipiell wird das Verhalten von ALLEN stillschweigend akzeptiert.
    Zig Jahre später fühl sich jemand nachträglich für "belästigt", bedrängt, etc.
    Es kann jetzt natürlich zu einer GERICHTLICHEN Untersuchung kommen, wie weit denn die Belästigung ging, vollkommen OK.
    Aber es geht nicht an, daß die Firma die den Angestellten nich VOR einer gerichtlichen Untersuchung gefeuert hat nun finanzielle Forderungen an den "Verführer" (mit oder ohne Anführungszeichen) stellt.
    Umgekehrt ist es dann möglich, wenn sich herausstellen sollte, daß keine Verfehlung stattgefunden hat, die für den Dienstgeber des "Täters" von Relevanz gewesen wäre. und man gewissermaßen "grundlos" (damit meine ich - aus nicht ausreichenden Gründen) die Karriere zerstört bzw gekürzt hat.


    Wir müssen hier auch zwischen moralisch verwerflichem und gesetzlich belangbarem Tun unterscheiden



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da hast Du aber sehr selektiv zitiert, der Vorwurf, den Finanzen des Hauses geschadet zu haben, ist in dem Artikel eher ein Nebenaspekt, es geht auch hier in erster Linie um "sieben Fälle sexuellen Missbrauchs [...], die im Zuge einer internen Untersuchung bekannt geworden seien."

    Da verstehe ich wieder dieses Rechtsverständnis überhaupt nicht, lieber Christian. Zum Vergleich der Fall Kachelmann: Kachelmann wurde damals auch suspendiert wegen des Verdachts der Vergewaltigung. Der entscheidende Unterschied: Die Frau hatte Kachelmann wegen Vergewaltigung verklagt (wo sich hinterher herausstellte, tragisch für ihn, dass sie alles aus Rachsucht erlogen hatte, aber darum geht es jetzt nicht). Was aber macht die Met? In keiner der sieben Fälle gibt es offenbar eine Anklage der vermeintlichen Opfer. Wieso maßt sich da ein Opernhaus an, Gericht zu spielen und zu verurteilen ohne jegliche rechtsverbindliche Klärung? Ich glaube nicht, dass die Met bei uns mit so etwas durchkäme. Denn das würde bedeuten, dass der bloße Rufmord ausreicht für eine Kündigung ohne jegliche Anklage und Rechtsklärung der Fälle vor einem ordentlichen Gericht. Sollen hier vage Einschätzungen und Beurteilungen an die Stelle der Rechtsverbindlichkeit treten? Selbst die Sammelklage (wo eine Institution die Opfer vertritt) ist bei uns an strenge rechtliche Regelungen verknüpft. Bei Vergewaltung oder sexuellem Missbrauch müssen aber in jedem Falle die Opfer - jedes Opfer für sich - klagen. Alles andere wäre Rechtsanmaßung. Die Frage ist doch mehr als berechtigt: Wenn die Fälle angeblich so eindeutig sind, warum hat dann keines der vermeintlichen Opfer Anklage erhoben? Da kommt dann wirklich der Verdacht auf, dass es hier um eine "moralische" Bestrafung geht. Das ist aber mit den Prinzipien des Rechtsstaats nicht mehr vereinbar. Es gibt nämlich in einem Rechtsstaat kein Gesinnungsstrafrecht und ein solches für Moral bzw. Unmoral, es müssen immer konkrete Taten und die entsprechenden Rechtsverletzungen eindeutig nachgewiesen werden.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich muss sagen: Zum Glück wird die Rechtssprechung nicht in diesem Forum entschieden. Warum die Opfer in diesen Fällen nicht selber klagen ist doch oftmals beschrieben worden: Es ist ihnen mehr als unangenehm. Wer will sich schon als Missbrauchsopfern outen? Zum Glück gibt es dafür unabhängige Gerichte. Und zur Klage: Diese wird geprüft und nur dann zugelassen, wenn sie begründet ist und gewisse Kriterien erfüllt. Damit ist natürlich noch nicht die Schuld des Angeklagten bewiesen. In meiner Branche wurde gerade ein mächtiger Fernsehredakteur des WDR von 10 Frauen beschuldigt, sie sexuell belästigt zu haben. Er hat alles abgestritten, der WDR hat ihn zunächst freigestellt, geprüft und ihm dann fristlos gekündigt, da die Sachlage recht eindeutig war. Ob es noch zu einem Prozess kommt, weiß ich nicht.


    Man kann nicht einfach jemanden entlassen oder kündigen, wenn es nicht nachhaltige Indizien gibt, die geprüft worden sind. Zumal wenn der Beschuldigte - wie in diesen beiden Fällen - sich wehrt.


    Viele Grüße


    Christian
    PS: in der von einem Jursiten geschriebenen US-Serie GOLIATH mit Billy Bob Thornton kann man verfolgen, ob und wie eine Klage zugelassen wird. Unendlich spannend ist das. Zu sehen bei amazon Prime.

  • Zum Glück wird die Rechtssprechung nicht in diesem Forum entschieden.


    Das sehe ich genauso! Ich glaube (immer noch) an den Rechtsstaat und nicht an das gesunde Volksempfinden.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich muss sagen: Zum Glück wird die Rechtssprechung nicht in diesem Forum entschieden. Warum die Opfer in diesen Fällen nicht selber klagen ist doch oftmals beschrieben worden: Es ist ihnen mehr als unangenehm. Wer will sich schon als Missbrauchsopfern outen?

    Genau das finde ich ungeheuerlich. Denn dann wird die Grenze zwischem begründetem und unbegründetem Verdacht, zwischen wahrer und falscher Anschuldigung, verwischt, zum Unerheblichen. Anything goes. Denn in einer Anklage und unter Eid muss Jemand bekennen, ob seine Anschuldigung der Wahrheit entspricht oder nicht und kann dafür zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er eine Falschaussage macht. Anders bleibt das dubios und es wird dem Mißbrauch des Rechts durch haltlose und rechtlich ungeprüfte, erst einmal zu überprüfende Verdächtigungen, die man meint, aus Scham nicht beweisen zu müssen und deshalb nicht überprüfen zu brauchen, Tür und Tor geöffnet. Und Andere ziehen dann ihre Vorteile daraus wie es ihnen beliebt.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Das sehe ich genauso! Ich glaube (immer noch) an den Rechtsstaat und nicht an das gesunde Volksempfinden.

    Das "gesunde Volksempfinden" neigt in solchen Fällen besonders, wie die Erfahrung zeigt - Kachelmann hielt natürlich die ganz große Mehrheit für schuldig: Mitleid mit dem vermeintlich armen Opfer eines vermeintlich selbstherrlichen Prominenten - zur Vorverurteilung und Lynchjustiz.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Natürlich wird die Sache nicht im Forum entschieden werden, wir haben uns lediglich mit der Einschätzung befasst.
    Daß man sich von einem Mitarbeiter trennt, der ins Zwielicht gekommen ist, ist eher üblich.
    Unüblich und vermutlich kaum durchsetztbar ist die FINANZIELLE Forderung der MET
    Jene von Levine ist - im Falle seiner Unschuld oder Verjährung - indes recht aussichtsreich.
    Wenn es stimmt, daß jener Mann, der den Fall ins Rollen gebracht hat, regelmäßig finanzielle Zuwendungen von L. bekommen hat (in der Zeitung war von 50. 000 Dollar die Rede) dann steht alles auf tönernen Füßen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Genau das finde ich ungeheuerlich. Denn dann wird die Grenze zwischem begründetem und unbegründetem Verdacht, zwischen wahrer und falscher Anschuldigung, verwischt, zum Unerheblichen. Anything goes. Denn in einer Anklage und unter Eid muss Jemand bekennen, ob seine Anschuldigung der Wahrheit entspricht oder nicht und kann dafür zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er eine Falschaussage macht. Anders bleibt das dubios und es wird dem Mißbrauch des Rechts durch haltlose und rechtlich ungeprüfte, erst einmal zu überprüfende Verdächtigungen, die man meint, aus Scham nicht beweisen zu müssen und deshalb nicht überprüfen zu brauchen, Tür und Tor geöffnet. Und Andere ziehen dann ihre Vorteile daraus wie es ihnen beliebt.


    Lieber Holger,
    es ist doch ein Prinzip eines Rechtsstaats, dass ein Staatsanwalt bei einem Anfangsverdacht ermittelt und dann eigenstänig die Klage bei Gericht einbringt - ganz unabhängig davon, ob ein Opfer das will oder nicht. Wenn es dieses Prinzip nicht gäbe, dann hätten wir wirklich ein Problem, magst Du das etwa in Frage stellen? Natürlich werden dann in der Beweisaufnahme die Aussagen überprüft usw. Und ein Staatsanwalt kann sich auch irren, soll ja schon vorgekommen sein. Aber eine Anklage muss ganz unabhängig von dem Willen des Opfers möglich sein, wenn es den Verdacht auf eine schwere Straftat gibt. Vielleich ist hier ja ein Jurist unter uns, der das etwas ausführen kann.


    Viele Grüße
    Christian

  • Ich kann mich irren - aber soweit ich sehen konnte wurde bisher von der Staatsanwaltschaft keine Anklage erhoben


    Wikipedia schreibt:

    Zitat

    Ohne Details über die Untersuchungsergebnisse, für die 70 Personen befragt wurden, bekanntzugeben, erklärte die Met, die Untersuchung habe glaubwürdige Hinweise ergeben auf sexuell missbräuchliches und belästigendes Verhalten Levines gegenüber verletzbaren Künstlern in frühen Karrierephasen, die unter seiner Autorität standen


    Bei Spiegel Online finden wir in dem von mir verlinkten Artikel folgende Stelle (Hervorhebung von mir


    Zitat

    Die Vorwürfe tauchten bereits in einem Bericht der Polizei von Illinois vom vergangenen Jahr auf; laut einer früheren Erklärung der Met hatte Levine die Vorwürfe als falsch zurückgewiesen. Dem Dirigenten droht in diesen Fällen keine Strafverfolgung, da sie inzwischen verjährt sind.


    http://www.spiegel.de/panorama…vorwuerfen-a-1181552.html


    Ich nehme an, daß Levine besonders durch die Aberkennung irgendeiner Ehrendoktorwürde verletzt ist :D
    Das ist ja jetzt eine große Mode, solche Titel (in meinen Augen sind sie wertloser Talmi) zu verleihen und bei passender Gelegenheit wieder abzuerkennen - oft sogar posthum...


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 5715

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich nehme an, daß Levine besonders durch die Aberkennung irgendeiner Ehrendoktorwürde verletzt ist
    Das ist ja jetzt eine große Mode, solche Titel (in meinen Augen sind sie wertloser Talmi) ........


    Eine akademische Auszeichnung pauschal als wertlosen Talmi zu bezeichnen, halte ich für eine arg undifferenzierte aber vor allem bös entlarvende Äußerung. Sie sagt sehr viel über den, der sie macht.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich habe nichts über akademische Titel gesagt, lediglich über solche Alibi-Doktortitel, die man nach Belieben wieder aberkennen kann.
    In Österreich sagte man, als die Mode aufkam Politiker mit diesen Titeln zu schmücken, den bekämem jene, die zu blöd zum Studieren gewesen seine, ein Politgeschenk gewissermaßen für jene die es nicht zum echten Doktor gebracht hätten.
    Fernsehmoderatoren wurden in Österreich oft mit dem Titel "Professor" geehrt - was -so berichtete man es mir - zahlreiche Universitätsprofessoren mit Zorn erfüllte.
    Ein Bundespräsident bekam einst den Ehrendoktor von einer afrikanischen Universität, der Anlass war undurchsichtig, was ihm in Wien prompt den Scherznamen "Urwalddoktor" eintrug.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • es ist doch ein Prinzip eines Rechtsstaats, dass ein Staatsanwalt bei einem Anfangsverdacht ermittelt und dann eigenstänig die Klage bei Gericht einbringt - ganz unabhängig davon, ob ein Opfer das will oder nicht. Wenn es dieses Prinzip nicht gäbe, dann hätten wir wirklich ein Problem, magst Du das etwa in Frage stellen? Natürlich werden dann in der Beweisaufnahme die Aussagen überprüft usw. Und ein Staatsanwalt kann sich auch irren, soll ja schon vorgekommen sein. Aber eine Anklage muss ganz unabhängig von dem Willen des Opfers möglich sein, wenn es den Verdacht auf eine schwere Straftat gibt. Vielleich ist hier ja ein Jurist unter uns, der das etwas ausführen kann.

    Soviel ich weiß, lieber Christian, muss eine Anzeige vorliegen. Die kann natürlich auch von einem Zeugen kommen, aber im Falle von Gewalt in der Ehe z.B. oder gerade sexueller Belästigung sind meist keine Zeugen dabei. Wenn dann keine Anzeige vom Opfer kommt, wird auch nicht ermittelt. Bei Anzeigen durch Zeugen wird erst einmal ermittelt, aber dann muss das Opfer den Verdacht oder die Anschuldigung bestätigen, sonst kommt es letztlich nicht zur Anklage. Kein Richter oder Staatsanwalt kann letztlich für das Opfer entscheiden, ob es sich sexuell belästigt gefühlt hat. Bei Steuerdelikten ist das natürlich anders, weil es da Dokumente und Beweise gibt und auch bei Raubmord z.B., wenn objektive Beweise (Fingerabdrücke, kein Alibi etc.) vorliegen. Da ermittelt die Staatsanwaltschaft selbständig. Ohne dass das Opfer die Anschuldigung bestätigt, gibt es wohl kein Verfahren speziell bei sexueller Belästigung. Deshalb ist ja leider die Dunkelziffer auch so hoch. Bei Diebstahl ist es auch so, wenn das Opfer den Dieb nicht anzeigt, wird die Sache nicht weiter strafrechtlich verfolgt. Das kommt durchaus oft vor. Bei Minderjährigen wird es sicher anders sein und selbständige Ermittlungen sind möglich. Aber letztlich müssen auch da die Betroffenen den Verdacht bestätigen. Strafrecht und Zivilrecht sind natürlich zwei verschiedene Dinge. Schadenersatz ist eine zivilrechtliche Forderung - aber ohne strafrechtliche Grundlage wird sie glaube ich kaum Bestand haben.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Eine akademische Auszeichnung pauschal als wertlosen Talmi zu bezeichnen, halte ich für eine arg undifferenzierte aber vor allem bös entlarvende Äußerung. Sie sagt sehr viel über den, der sie macht.


    Caruso41


    Lieber Caruso,
    das halt Alfred nicht im Sinne einer Diskreditierung von akademischen Titel gemeint. Mal abgesehen davon, dass viele h.c.-Titel auch Menaschen verliehen werden, die zuvor nie eine Universität von innen gesehen haben, scheint es in Österreich eine Vergabe zu geben. Karl Böhm hatte eine skeptische Einstellung der österreichischen Titelsucht gegenüber. Auf die Frage, ob er Herr Professor Böhm oder Herr Dr. Böhm genannt werden möchte, antwortete er: Herr Dr. bitte, Professor wird a jeder." Seit einigen Jahren gibt es zudem in Deutschland das Übel, dass akademische Doktoren ohne ordentliche Habilitation (cumulativ oder mit eigener Habilschrift) zu Professoren ernannt werden können (zumindest für FHs gilt das), was ich persönlich als eine absolute Verluderung des akademischen Systems empfinde.
    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Seit einigen Jahren gibt es zudem in Deutschland das Übel, dass akademische Doktoren ohne ordentliche Habilitation (cumulativ oder mit eigener Habilschrift) zu Professoren ernannt werden können (zumindest für FHs gilt das), was ich persönlich als eine absolute Verluderung des akademischen Systems empfinde.


    Mir sind sogar Professoren bekannt, die nicht promoviert haben.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Mir sind sogar Professoren bekannt, die nicht promoviert haben


    Zum Beispiel die meisten Professoren, die künstlerische Fächer unterrichten... Was hältst du an dieser Binsenweisheit für so bemerkenswert, dass du sie hier mit pathetischer Attitüde und mit dem Wort „sogar“ versehen, vorbringst?

  • Seit einigen Jahren gibt es zudem in Deutschland das Übel, dass akademische Doktoren ohne ordentliche Habilitation (cumulativ oder mit eigener Habilschrift) zu Professoren ernannt werden können (zumindest für FHs gilt das), was ich persönlich als eine absolute Verluderung des akademischen Systems empfinde.


    Für Professoren an Fachhochschulen in Deutschland galt noch nie die Voraussetzung der Habilitation, sondern verlangt war hier immer nur die "besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit", in der Regel durch eine Promotion nachgewiesen. Das macht auch Sinn, weil für Fachhochschulen auch Personen aus der Praxis als Professoren gewonnen werden sollen. Für Universitäten gab es früher die Voraussetzung der Habilitation, aber schon seit längerer Zeit werden hier nur noch allgemeiner "zusätzliche wissenschaftliche Leistungen" gefordert, die im Berufungsverfahren bewertet werden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es neben der Habilitation auch andere, keineswegs minderwertigere Möglichkeiten gibt, diese Leistungen zu erbringen, z.B. durch eine Juniorprofessur, die Leitung einer Nachwuchsgruppe (u.a. Emmy Noether-Programm der DFG) oder auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Das ist gut und richtig so.


    Der künstlerische Bereich ist ein Sonderfall, weil es bei den dortigen Professoren i.d.R. nicht auf wissenschaftliche Leistungen ankommt, sondern auf die Befähigung zu künstlerischer Arbeit und künstlerische Leistungen. Da macht es überhaupt keinen Sinn, eine Promotion zu fordern.


    Abgesehen von regulären Professuren gibt es an Universitäten auch noch Honorarprofessuren, die für hervorragende Leistungen in der beruflichen Praxis bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden verliehen werden, sowie außerplanmäßige Professuren, für die aber die gleichen Voraussetzungen wie für ordentliche Professuren gelten. Und es gibt - in Deutschland relativ selten - auch den Titel eines Professors ehrenhalber, der gar nicht von Universitäten, sondern von Landesregierungen vergeben wird. Dies ist allerdings eine fragwürdige Praxis, weil dieser Professorentitel auch unabhängig von wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikationen und Leistungen vergeben wird. (Ein bekanntes Beispiel ist Heinz Rühmann, der 1989 von der Landesregierung NRW zum Professor ehrenhalber ernannt wurde.)


    Der Doktor ehrenhalber (Dr. h.c.) wird von den Fakultäten der Universitäten vergeben, und zwar typischerweise aufgrund hervorragender wissenschaftlicher Leistungen oder aufgrund hervorragender ideeller Verdienste um die Förderung der Wissenschaft. Letztere Voraussetzung kann dann in der Tat relativ weit interpretiert werden, ein Missbrauch ist hier nicht auszuschließen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Auch wenn es nicht viel mit dem eigentlichen Thema zu tun hat: Zumindest in Österreich hat der Bundespräsident die Möglichkeit, Titularprofessoren zu ernennen (wovon auch eifrig Gebrauch gemacht wird). Diese dürfen dann den Titel "Professor (Prof.)" oder "Universitätsprofessor (Univ.-Prof.)" führen. Letztere sind von "echten" Univ.-Profs. auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden, so dass zuweilen ein "tit." vorangestellt wird. Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer ist z. B. tit. o. Univ.-Prof. So gibt es in Österreich auch folgende Titelansammlungen wie HR tit. Univ.-Prof. ao. Univ. Prof. Mag. Dr. (Hofrat titulierter Universitätsprofessor außerordentlicher Universitätsprofessor Magister Doktor), also ein "echter" ao. Univ.-Prof., dem vom Bundespräsidenten noch ein Titularprofessorentitel verliehen wurde. Nicht zu vergessen ist, dass in Österreich zudem auch Lehrer an höheren Schulen die Verwendungsbezeichnung "Professor" führen, was Karl Böhms Ausspruch, in Österreich sei jeder Depp ein Professor, unterstreicht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose