Sergej Rachmaninov: Klavierkonzerte


  • Angeregt durch diesen Thread und meine gestrige Hörsitzung des KLavierkonzerts Nr 3 habe ich heute nach langjähriger Pause das Klavierkonzert Nr 2 in der hier gezeigten Aufnahme abgehört- Ich weiß nicht, welchem der beiden Konzerte ich den Vorzug geben soll, angeblich ist des 2. überhaupt das beliebteste. Dabei zweifelte Rachmaninoff an seiner Komposition, nachdem er von einem Freund 5 Tage vor der Uraufführung eine von ihm selbst angeforderte kritische Analyse erhalten hatte - und ihr beipflichtete. Aber er war glücklicherweise schon zu spät für Änderungen . denn schon die Uraufführugn war ein glänzender Erfolg. Die Aufnahme mit Ashenazy an Flügel und Haitink am Pult. Die Aufnahme klingt in jeder Hinsicht hervorragend, sowohl von der Interpretation als auch von der Aufnahmetechnik her. DECCA hat sich hier selbst Übertroffen


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • :hello: Lasst doch jedem sein Geschmack !
    Das hat sich ja zuletzt auch bei Schubert 9 mit Szell gezeigt, dass da unsere Eindrücke weit auseinander gehen.

    Richtig, lieber Wolfgang! Aber dass man sich miteinander auseinandersetzt, macht doch auch den Reiz eines Forums aus! Denn wie könnten wir sonst etwas dazulernen und andere Sichtweisen kennenlernen. Ich empfinde das als ungemein anregend - und die eigene Sicht auf die Probe zu stellen und immer wieder zu bewähren und gegebenenfalls zu verändern finde ich gerade erstrebenswert! Dagegen wäre die Wiederspiegelung nur der eigenen Meinung die totale Öde und Langeweile! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Die Aufnahme mit Ashenazy an Flügel und Haitink am Pult. Die Aufnahme klingt in jeder Hinsicht hervorragend, sowohl von der Interpretation als auch von der Aufnahmetechnik her. DECCA hat sich hier selbst Übertroffen

    Die Aufnahme, lieber Alfred, ist wirklich wunderbar gelungen. Dazu trägt auch das hervorragende Orchester seinen Teil bei. Ich mag auch besonders mit Haitink/Ashkenazy das 1. Konzert. Das ist schlicht eine ideale Aufnahme.


    Das 3. Konzert hörte ich kürzlich vom hiesigen Studentenorchester, gespielt von einer jungen israelischen Pianistin, Dorel Golan. Das war ein toller Abend! Zum Ende des Konzets steigerte sie sich mächtig mit ihrem Temperament. Sie spielte sich dann anschließend in einen wahren Rausch von Zugaben hinein (so etwas habe ich noch nie erlebt) und der Saal stand Kopf! :)

    Roschdestwenski ist hier fehl am Platz.

    Aber Svjatoslav Richter gehört natürlich zu den absoluten Referenzen. Ohne diese Aufnahme geht es nicht! :hello:


    Schöne Sonntagsgrüße
    Holger

  • Ja, Holger, sowas darf man immer mal wieder erleben: nämlich dass PianistenInnen weder der ersten noch der zweiten Garde angehören und trotzdem (manchmal) spielen können wie der Teufel ! Die Leute zunehmend mit ihrer Mimik / Gestik auf ihren Stühlen herumrutschen und schliesslich begeistert aufstehen, ja -springen und klatschen oder trampeln...Und man ihnen (den Klavierzauberern) nahezu alle Fehler verzeiht. :love:

  • Auf der Fahrt zu einer Beerdigung gestern kurz vor Zwölf hörte ich - vom Vorsatz abweichend, während einer Autofahrt möglichst keine interessante Musik zu hören - das Rach 3. Da meine Frau gefahren ist, hatten wir die Lautstärke auf ihre Bitte hin erheblich limitiert. Somit kann ich zum Klang nur sagen, dass er nicht ganz schlecht war. Doch im dritten Satz gerieten Solist und Orchester katastrophal auseinander, das Orchester wurde immer langsamer und alles zerfiel wie alter Kopfsalat. Das ging viele Takte so, wobei der Pianist praktisch nichts mehr retten konnte. Die letzten paar Takte ging`s dann gerade noch, doch das nur Dank schwachem Klaviereinsatz.


    Ich war schockiert, als ich die Interpreten erfuhr: A. Weissenberg, Orch. Nat. de France, L. Bernstein. Dass sich SWR 2 erlaubt, solch eine grausige Kamelle in den Äther zu schicken, ist eine Hörerbeleidigung erster Güte !


    Die Zitate sollen ermuntern, etwas zurückzublättern im Thread (u.a. wurden von Dr. Holger, Swjatoslaw und F.G. Bechyna einige Beiträge zu diesem Konzert geschrieben, ich glaube in 2010, so ab # 140)


    "Die e r s t e vollständige Wiedergabe des Notentextes von Sergey Rachmaninov stammt aus der von Dir erwähnten Aufnahme mit Alexis Weissenberg , Leonard Bernstein und dem Orchestre National de France . Die Aufnahme entsandt in der Pariser "Salle Wagram" am 14. und 15. September 1979 . Die EMI - France hat seinerzeit auf dem auf der Rückseite abgedruckten text ausdrücklich mit dieser Tatsache geworben ( Die Original - LP liegt hier vor ) " (F.G. Bechyna)


    Weiss jemand sicher, ob dies die verhunzte ist ?



    Die Aufnahme mit dem Dirigenten Georges Pretre und dem Chicago Symphony Orchestra entstand in der "Orchestra Hall" in Chicago am 27. und 28. November 1967 .

    Und die scheint kaufenswert zu sein !



    "Die Weissenberg - Aufnahme mit Leonard Bernstein leidet nach einer vergleichenden Besprechung ( umplished ) in London Anfang 2010 unter dem schleppenden Dirigat Bernsteins . Auch das Orchester ist hörbar unsauberer als das Chicago S O oder das Boston S O ." (F.G. Bechyna)



    Das ist noch sehr geschmeichelt. :thumbdown:


    MlG
    Damiro

  • Ich war schockiert, als ich die Interpreten erfuhr: A. Weissenberg, Orch. Nat. de France, L. Bernstein. Dass sich SWR 2 erlaubt, solch eine grausige Kamelle in den Äther zu schicken, ist eine Hörerbeleidigung erster Güte !


    Die Zitate sollen ermuntern, etwas zurückzublättern im Thread (u.a. wurden von Dr. Holger, Swjatoslaw und F.G. Bechyna einige Beiträge zu diesem Konzert geschrieben, ich glaube in 2010, so ab # 140)


    "Die e r s t e vollständige Wiedergabe des Notentextes von Sergey Rachmaninov stammt aus der von Dir erwähnten Aufnahme mit Alexis Weissenberg , Leonard Bernstein und dem Orchestre National de France . Die Aufnahme entsandt in der Pariser "Salle Wagram" am 14. und 15. September 1979 . Die EMI - France hat seinerzeit auf dem auf der Rückseite abgedruckten text ausdrücklich mit dieser Tatsache geworben ( Die Original - LP liegt hier vor ) " (F.G. Bechyna)

    Lieber Damiro,


    leider hat EMI in die Weissenberg-Icon-Box die Bernstein-Aufnahme reingepackt! Die ist auch fürchterlich!!! Das liegt aber nicht an Weissenberg, sondern an Bernstein. Bernstein ist einfach kein Dirigent für Rachmaninow. Die wirklich exemplarische Weissenberg-Aufnahme des 3. Rachmaninow-Konzerts ist die mit George Pretre und dem Chicago SO. In der vergriffenen EIMI-Box "Les introuvables de Alexis Weissenberg", die mir damals noch der inzwischen verstorbene Dr. Bechyna hatte zukommen lassen, weil er sie doppelt hatte (mit Autogramm von Weissenberg, denn Dr. Bechyna war mit Weissenberg befreundet!), war die Aufnahme mit Pretre drin. Inzwischen ist sie wieder veröffentlicht in dieser lohnenswerten Box:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Eine ganz großartige Gesamtaufnahme, die, soweit ich das überblicke, bisher noch kein einziges Mal genannt wurde, stammt aus der späten Sowjetunion:



    1984 spielte der im Westen zu Unrecht relativ unbekannt gebliebene ukrainische Pianist Victor Eresko (geb. 1942) mit dem UdSSR-Staatsorchester unter Gennadi Prowatorow (Opernfreunden bekannt durch seine sensationelle Einspielung der "Katerina Ismailowa") die vier Klavierkonzerte für Melodia ein. Zudem die Rhapsodie über ein Thema von Paganini mit der Leningrader Philharmonie unter Wladimir Ponkin. Es handelt sich also bereits um Digitalaufnahmen. Als Auskoppelung wurden das 2. und 3. Klavierkonzert später auch als Einzel-CD bei RCA aufgelegt:



    Man findet bei Amazon noch weitere Versionen, denen gemein ist, dass sie unverständlicherweise alle vergriffen sind:


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    Ein Rezensent bei Amazon beschreibt es treffend als "eine gefühlvolle, lyrische und auf Feinheiten Wert legende CD-Einspielung". Eresko spiele "eher wuchtig und schwer", damit als Kontrast etwa zu Earl Wild. Weitere Kommentare sind genauso enthusiastisch: "One of the greatest Rach 2 out there" und "A Rachmaninov 3 to die for....superb!"


    Ich hörte bisher nur das 2. Klavierkonzert und den Finalsatz des dritten. In den letzten Tage lauschte ich vergleichend sehr vielen Aufnahmen, aber diese ist wirklich ganz vorne anzusiedeln. Sowohl Klavierspiel als auch Orchesterspiel auf höchstem Niveau. Der typische sowjetische Klang ist sofort erkennbar (es handelt sich ja um das Swetlanow-Orchester). Die fulminante Zuspitzung in den Finalcodas mit fanfarenartigen Blechbläsern erzeugt Gänsehaut. Ein echter Geheimtipp!

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eresko spiele "eher wuchtig und schwer", damit als Kontrast etwa zu Earl Wild.


    Hallo Josef,


    damit kein falscher Eindruck entsteht. Der gleiche Rezensent hebt aber auch die Earl Wild - GA als absolut hörenswert hervor (bei ihm im Vergleich mit Zoltan Kocsis). Earl Wild ist eben schneller unterwegs (was mir sehr entgegenkommt).


    Danke für Deine Aufdeckung des total unbekannten Pianisten Victor Eresko ... aber nach Earl Wild brauche ich jedenfalls zwingend keine weiteren Aufnahmen der Rachmaninoff-KK.
    Denn der Junge bietet den Wahnsinn, den ich suche !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo


    ich habe nun alle mir zur Verfügung stehenden Aufnahmen des 2. Klavierkonzerts c-moll Op.18 durchgehört. Nicht dabei: Wild und Zimerman.


    IMO die 4 Top-Aufnahmen, welche in jeder Hinsicht beeindrucken:



    Sviatoslav Richter, p
    Stanislaw Wislocki, cond
    Warsaw Philharmonic Orchestra
    (DG, ADD, 1959)



    Julius Katchen, p
    Georg Solti, cond
    London Symphony Orchestra
    (Decca, ADD, 1958)



    Boris Berezovsky, p
    Dmitri Liss, cond
    Ural Philharmonic Orchestra
    (Mirare, DDD, 2005)



    Daniil Trifonov, p
    Yannick Nézét-Seguin, cond
    Philadelphia Orchestra
    (DG, DDD, 2018)


    Die pianistischen Darstellungen sind überragend in allen 3 Sätzen. Die Glockenschläge werden auch nach dem Einsatz des Orchesters herausgearbeitet. Herrlicher Gesang im 2. Satz. Die Attacken im Finalsatz werden ohne Temporücknahme durchgehalten. Das Orchester spielt perfekt abgestimmt und klanglich überwältigend. Und das wunderbare ist, dass jede dieser 4 Aufnahmen ihre Individualität durch den Anschlag des Pianisten und den spezifischen Gesamtklang des Orchesters herausarbeitet.


    LG Siamak

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  • Ist die Aufnahme von Ghindin eigentlich die einzige, die das Erste Klavierkonzert in seiner Urfassung präsentiert?



    Ansonsten wird offenbar (fast?) immer die überarbeitete Version von 1917 gespielt. Die Gergiev-CD ist eine der wenigen, die das auch ganz klar und direkt schon auf dem Back-Cover deklarieren.


    Er hat Jehova gesagt!

  • Hochinteressant. Eine kurze Recherche scheint zu bestätigen, dass Ghindin/Ashkenazy wirklich die einzige Einspielung der Urfassung ist.


    Von der Originalfassung des 4. Klavierkonzerts gibt es noch weitere (Sudbin/Llewellyn; Lefèvre/Nagano):



    Außerdem gibt es noch eine mittlere Fassung des Vierten von 1927/28, die bisher auch nur einmal eingespielt wurde (Black/Buketoff):


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bei mir ist Rachmaninow dran, deshalb suchte ich diesen Thread. Meine Lieblingsaufnahmen der Klavierkonzerte finden sich unter den häufig in diesem Thread genannten. Ghindin/Ahkenazy in der Originalfassung des 1. KK, Richter bzw. Zimermann für das 2. KK, Pletnev/Rostropowitsch für Nr. 3 und Rudy/Jansons für das 4.


    Interessant fand ich weiter oben im Thread, dass Dr. Holger Kaletha Adorno erwähnt hat: Dass es zum guten Ton gehört Rachmaninow zu kritisieren, habe ich auch erfahren müssen. Ich kann diesen Teil der Rezeptionsgeschichte nicht sehr gut nachvollziehen, gleichwohl ahnen woher der Wind weht. Rachmaninows wenig moderner Stil und manches eher hölzerne Werk (besonders im Frühwerk), so wie lebenslange Unsicherheit über die Qualität der eigenen Werke, verbunden mit mancher Pfuscherei an eigentlich gelungenen Werken, waren nicht vorteilhaft. Mag die (nachgesagte) Rückständigkeit seiner Werke vielleicht noch etwas über die Bedeutung in der Musikgeschichte sagen, so sagt sie nahezu nichts über die eigentliche Qualität dieser Musik. Und seine Musik ist in der Regel mitreißend, emotional aufwühlend, virtuos und manchmal begeisternd und Gänsehaut verursachend. Es gibt Komponisten, die werden für weniger besser besprochen.


    Ich habe meine Rachmaninow-Liebe aus meiner Sturm und Drang Zeit behalten und höre ihn immer wieder gerne und fast integral (was manchmal auch ein bisschen „Arbeit“ ist). Als ich mit 18 unglücklich verliebt war, hat mich Rachmaninow durch diese Phase getragen und natürlich die Gefühle noch verstärkt. Mein musikalischer Mentor riet mir damals, nicht allzu sehr in Chopin und Rachmaninow zu versinken und es doch z.B. mit Beethovens Violinkonzert zu probieren. Ein weiser Hinweis – allein völlig ungehört bei einem 18 jährigen :)

    Im Gegensatz zu meiner damaligen Schwärmerei ist die alte Liebe zu Rachmaninow immer noch vorhanden und köchelt von Zeit zu Zeit hoch.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Inzwischen sind ALLE 4 Klavierkonzerte Rachmaninoffs mit Trivonov in einer 3 CD Box der Deutschen GRammophon erschienen - in hervorragender Tonqualität und mit einer Bonus Pure Audio BLu Ray Disc als Zugabe, die (fast ) das gesamte Programm in allerbester Qualität enthält.AcomA02 hat von diesen Aufnahmen (siehe Beitrag vom 3. November 2018 (Damals gab es erst Nr 2 und 4 als Aufnahme) geschwärmt.

    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Interessant fand ich weiter oben im Thread, dass Dr. Holger Kaletha Adorno erwähnt hat: Dass es zum guten Ton gehört Rachmaninow zu kritisieren, habe ich auch erfahren müssen. Ich kann diesen Teil der Rezeptionsgeschichte nicht sehr gut nachvollziehen, gleichwohl ahnen woher der Wind weht.


    Mein musikalischer Mentor riet mir damals, nicht allzu sehr in Chopin und Rachmaninow zu versinken und es doch z.B. mit Beethovens Violinkonzert zu probieren. Ein weiser Hinweis – allein völlig ungehört bei einem 18 jährigen :)

    Im Gegensatz zu meiner damaligen Schwärmerei ist die alte Liebe zu Rachmaninow immer noch vorhanden und köchelt von Zeit zu Zeit hoch.

    ^^ Lieber Tristan, interessant in dieser Hinsicht ist, was Svjatoslav Richter sagt: Prokofieff hasste ausgerechnet die Etudes tableaux. Warum? Weil er sich nicht eingestehen wollte, dass sein so moderner Klaviersatz von Rachmaninow herkommt! ^^ Deine Geschichte ist natürlich lustig. Ich bin immer ein Rachmaninow-Liebhaber gewesen und bleibe einer. Zum Festtag passen vielleicht (kein Klavierkonzert ^^ ) die "Glocken". Da ist Rachmaninow mit seiner expressiven Urgewalt nicht weit von Orffs Camina Burana entfernt. Meine Lieblingsaufnahme (mit einem unglaublichen Bassisten!) ist Svetlanov:



    :hello:


    Schöne Grüße zum Pfingstmontag

    Holger

  • An den Glocken fasziniert mich immer besonders die Stimmung des Lento lugubre. Was für ein Satz!

    Rachmaninow ist ja tatsächlich öfter mal moderner als ihm zugestanden wird. Sei es das jazzige 4. KK, die expressiven Glocken oder auch Teile der ungeliebten 3. Sinfonie...

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Ich höre gerade meine einzige Aufnahme der "Glocken" mit Ashkenazy,


    das klingt tatsächlich recht modern !


    Kalli

  • An den Glocken fasziniert mich immer besonders die Stimmung des Lento lugubre. Was für ein Satz!

    Rachmaninow ist ja tatsächlich öfter mal moderner als ihm zugestanden wird. Sei es das jazzige 4. KK, die expressiven Glocken oder auch Teile der ungeliebten 3. Sinfonie...

    Stimmt genau! Das 4. Klavierkonzert mag ich eigentlich lieber als das 3. Wirklich überragend ist Ashlenazys letzte Aufnahme der 3. Symphonie mit dem Philharmonia Orchestra, dessen Ehrendirigent er ist von seiner Abschiedstournee - hier habe ich sie besprochen:


    Kopfhörer-Klausuren. Dr. Kalethas esoterisches Hörtagebuch


    Ich höre gerade meine einzige Aufnahme der "Glocken" mit Ashkenazy,


    das klingt tatsächlich recht modern !

    Ashkenazys Aufnahmen sind natürlich auch hervorragend - ich habe beide, die ältere mit dem Concertgebouw Orkest und die spätere mit der Tschechischen Philharmonie. Bei letzterer sind noch einige wunderbare Chorwerke von Rachmaninow mit dabei!


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    :hello:


    P.S.: In diesem Jahr ist Rachmaninows 150. Geburtstag! :) :!:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Mag die (nachgesagte) Rückständigkeit seiner Werke vielleicht noch etwas über die Bedeutung in der Musikgeschichte sagen [...]

    Wenn man die bedeutendsten Komponisten seiner Generation nennt: Schönberg, Ravel, Skrjabin, Ives, de Falla, Reger, Vaughan-Williams, Rachmaninow, dann ist er schon der Konservativste. Wenn man bedenkt, welche Glaubenskriege damals entbrannt sind, braucht einen die Ablehnung nicht zu wundern. Heute sieht man das entspannter, Konkurrenz für Schönberg ist er trotzdem nicht.

  • Wenn man die bedeutendsten Komponisten seiner Generation nennt: Schönberg, Ravel, Skrjabin, Ives, de Falla, Reger, Vaughan-Williams, Rachmaninow, dann ist er schon der Konservativste. Wenn man bedenkt, welche Glaubenskriege damals entbrannt sind, braucht einen die Ablehnung nicht zu wundern. Heute sieht man das entspannter, Konkurrenz für Schönberg ist er trotzdem nicht.

    Ja: Konkurrenz im Sinne einer übergeordneten Bedeutung in der Musikgeschichte vielleicht nicht. In der Beurteilung der Musik dem subjektiven Gefallen nach, ist er für mich schon eine große Konkurrenz zu den genannten Komponisten.


    Am naheliegendsten ist wahrscheinlich der Vergleich mit Skrjabin. Der ist mit seinem Streben zum Gesamtkunstwerk, mit dem mystischen Akkord und seiner Synästhesie völlig ohne Zweifel der modernere Komponist. Andererseits haben mich die Skrjabinschen Extreme bisher nie so richtig angesprochen. Interessante Konzepte gleichwohl - aber wirklich 'gute' Musik? Da greife ich dann doch häufiger zu Rachmaninow.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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  • Naja, "wirklich gut" finde ich zum Beispiel die letzten Klaviersonaten von Skrjabin allenthalben, während Du, Meister Tristan, das Recht hast, sie nicht so wirklich gut zu finden. Aber Dein implizites Argument ist kaum zu widerlegen: Der Abstand zwischen Skrjabins utopischen Vorstellungen und der Musik selbst liegt auf der Hand: Sein Wagner transzendierender Wahn vom Gesamtkunstwerk, sein Mythologizismus - sollte es dieses Substantiv geben, seine grandiose Selbsteinschätzung - dem hält die real existierende Musik nicht stand, dem könnte sie nicht standhalten, meine ich, auch wenn der Schöpfer dieser Musik noch so genial wäre.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Naja, "wirklich gut" finde ich zum Beispiel die letzten Klaviersonaten von Skrjabin allenthalben, während Du, Meister Tristan, das Recht hast, sie nicht so wirklich gut zu finden. Aber Dein implizites Argument ist kaum zu widerlegen: Der Abstand zwischen Skrjabins utopischen Vorstellungen und der Musik selbst liegt auf der Hand: Sein Wagner transzendierender Wahn vom Gesamtkunstwerk, sein Mythologizismus - sollte es dieses Substantiv geben, seine grandiose Selbsteinschätzung - dem hält die real existierende Musik nicht stand, dem könnte sie nicht standhalten, meine ich, auch wenn der Schöpfer dieser Musik noch so genial wäre.


    :) Wolfgang

    Das stimmt, Skrjabins Ziel ist unmöglich zu erreichen. Und der Rest ist - natürlich- Geschmacksurteil. :hello:

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Andererseits haben mich die Skrjabinschen Extreme bisher nie so richtig angesprochen. Interessante Konzepte gleichwohl - aber wirklich 'gute' Musik? Da greife ich dann doch häufiger zu Rachmaninow.

    Mich hat das Poeme de l'extase immer mehr angesprochen als Rachmaninow.

  • Wenn man die bedeutendsten Komponisten seiner Generation nennt: Schönberg, Ravel, Skrjabin, Ives, de Falla, Reger, Vaughan-Williams, Rachmaninow, dann ist er schon der Konservativste. Wenn man bedenkt, welche Glaubenskriege damals entbrannt sind, braucht einen die Ablehnung nicht zu wundern. Heute sieht man das entspannter, Konkurrenz für Schönberg ist er trotzdem nicht.


    Ich denke, dass das den Sachverhalt eigentlich recht gut zusammenfasst.


    Die Rachmaninow-Geringschätzung scheint mir auch eher aus der Mode gekommen zu sein. Noch Alfred Brendel hat (nach meiner Erinnerung) auf die Frage nach Musik, die ihn nicht interessiere, geantwortet, dass es ein "Dreieck der Sentimentalität" gebe, das er meide. Dieses Dreieck bestehe (so Brendel) aus Puccini, Lehar und Rachmaninow. (Das ist jetzt aus dem Gedächtnis wiedergegeben, mag also eventuell nicht ganz wörtlich stimmen.) Solche Statements dürfte man von jüngeren Musikern wohl nur noch selten zu hören bekommen.


    Das mit der Nicht-Konkurrenz für Schönberg würde ich trotzdem ohne Abstriche unterschreiben...


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Rachmaninow ist ein Komponist mit einer ganz eigenen, unverwechselbaren Tonsprache und er hat seinen Klavierstil geprägt, der unverwechselbar seiner ist. Deswegen ist er unvergleichlich und ich vergleiche ihn auch nicht. Ich will und kann auf ihn nicht verzichten. So geht es wohl nicht nur vielen Musikfreunden, sondern vor allem auch den Musikern (Pianisten). Sehr anhörenswert ist, was Vladimir Ashkenazy über Rachmaninow sagt. :)

  • Deswegen ist er unvergleichlich und ich vergleiche ihn auch nicht.


    Bei Zeitgenossen wie Rachmaninow und Schönberg ist es wohl verführerisch, mal zu vergleichen, wie sie komponiert haben und welche musikästhetischen Ansätze sie verfolgt haben. Man darf dann nur nicht den Fehler machen, Rachmaninow vorzuwerfen, dass er nicht wie Schönberg klingt, oder Schönberg, dass er nicht wie Rachmaninow klingt.


    Bezüglich der musikhistorischen Bedeutung spricht m. E. einiges dafür, Schönberg (und der Zweiten Wiener Schule insgesamt) eine größere Bedeutung zuzusprechen als Rachmaninow, aber das spricht natürlich nicht gegen die Qualitäten von Rachmaninows Kompositionen.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Mich hat das Poeme de l'extase immer mehr angesprochen als Rachmaninow.

    Ist ja auch toll. Ebenso Prometheus.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Sergei Rachmaninov feiert in diesem Jahr den 150. Geburtstag. Geboren wurde er am 20. März jul. / 1. April 1873 greg. Auf dem Tonträgermarkt zu Klavierkonzerten ist wenig davon zu spüren. Die Deutsche Grammophon hat eine Box veröffentlicht. @Alfred Schmidt hat sie erwähnt. Sergej Rachmaninov: Klavierkonzerte



    Damit der Pianist und Komponist im Forum etwas mehr in den Fokus des Interesses kommt, poste ich etwas.


    Erfreulich: Es gab in diesem Thread nichts zu restaurieren. Etwas Gutes hat diese Tätigkeit eines Moderators, man lernt Neues kennen. Etliche nutzen das Forum, um empfehlenswerte Aufnahmen kennenzulernen. Man möchte die Sammlung mit Unbekanntem erweitern oder sich orientieren, welches die beste Einspielung sein könnte, bevor man eine CD erwirbt.


    AcomA02 hat an anderer Stelle von dieser Aufnahme geschwärmt, die bisher nicht im Thread erwähnt wurde. Leider ist sie beim Werbepartner nicht mehr erhältlich.


    Klavierkonzert Nr.3 d-moll Op.30


    Nelson Freire, p

    David Zinman, cond

    Rotterdam Philharmonic Orchestra


    (Decca, ADD, live, 1979)

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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