Regietheaterkrieg - Warum er so erbittert geführt wird

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Es war übrigens nie ein Dogma, daß Künstler "Neues" schaffen müssen

    Lieber Alfred,


    für mich gilt nur - wie ich es hier schon mehrfach betont habe - nur der Schöpfer des Werkes und eventuell derjenige als Künstler, der es versteht, das Werk des Schöpfers nach dessen Vorgaben für jeden verständlich umzusetzen. Keine Künstler sind für mich, die lediglich die Werke anderer verschandeln. Wenn sie Künstler sein wollen, sollen sie doch ein vollständig eigenes Werk schaffen, wozu in der Oper auch die Neukomposition zu der von Ihnen erdachten neuen Handlung gehört.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Das drängt glatt zur Schlussfolgerung, dass er möglicherweise betrogen werden will, um sich desto wirkungsvoller zu ereifern.


    Das ist aber schon eine sehr offensichtlich konstruierte Behauptung - Man merkt die Absicht und man ist verstimmt......


    die meisten Komponisten, die Opern verzapften


    Auch diese Formuliwerung hat etwas "unterschichtspezifisches" an sich - vermutlich absichtlich um zu provozieren .....


    .....dann wäre ihm längst aufgefallen, dass die zeitgenössische Regie bzw. was als RT identifiziert wird, überwiegend keinen Anspruch erhebt, man präsentiere das „echte Werk“.


    Am Programmzettel liests sich das allerdings anders.


    Und wenn die Behauptung stimmt dann sollten diese Regisseure und jene Intendanten, die sie protegieren und schützen, aus den Opernhäusern entfernt werden, die sie seit Jahren mit ihren Machwerken verseuchen, denn die wurden zur Aufführung ebendieser "Echten Werke" erbaut und nicht als Spielwiese irgendwelcher Experimentierer und Selbstverwirklicher, Künstler von eigenen Gnaden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch diese Formulierung hat etwas "unterschichtspezifisches" an sich - vermutlich absichtlich um zu provozieren .....

    Im Vergleich zu Formulierungen wie

    entfernt

    und

    mit ihren Machwerken verseuchen

    ist das ja nun wirklich harmlos. Provozieren soll wohl beides, das eine mag "unterschichtsspezifisch" sein, das andere ist in jedem Falle unterirdisch...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vielleicht weil man "Bildungsbürger", die Theater (immerhin nahezu) konsequent verkehrt schreiben, kaum ernst nehmen kann.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Vielleicht weil man "Bildungsbürger", die Theater (immerhin nahezu) konsequent verkehrt schreiben, kaum ernst nehmen kann.


    Mit war sofort klar, daß ICH damit gemeint war, denn ich finde diesen Fehler (und andere) immer wieder. wenn ich (was selten vorkommt, weil ich einfach keine Zeit habe)
    immer wieder in meinen Texten. Ein Flüchtigkeitsfehler - denn natürlich weiß ich wie man "Theater" schreibt.
    In DIESEM Text hier stand ursprünglich "Mir war sofor klar" anderswo stand "Fortsetzng folgt." das passier NUIR an der Tastatur, nie aber wenn ich mit Füller oder Kuli schreibe. Intelligent Leser werden bemerkt haben, daß ich der Rechtschreibung wohl mächtig bin, ebenso wie zynischer Formulierung.


    Wer der Meinung ist, er müsse mich nicht ernst nehmen, der soll das ruhig so sehen.
    Umso ungestörter kann ich agieren.
    Bedauerlicherweise bekomme ich immer wieder Drohbriefe aus denen hervorgeht, daß man mich sehr wohl ernst nimmt.


    Solange Akademiker statt Gratwanderung Gradwanderung im Internet schreiben, solange fühle ich mich im grünen Bereich.


    Und solange solcher Stumpfsinn auf Opern- und Theaterbühnen, wie wir ihn derzeit vorfinden, ein Publikum findet, das ihn verteidigt - erst recht.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Am Programmzettel liests sich das allerdings anders.

    Welcher Programmzettel denn?
    In den von mir frequentierten Matineen kam weder vom Dramaturgen noch vom Regisseur - äh sorry Verunstalter muss das selbstverständlich heißen - Allgemeinplätze, wie „echtes Werk“ oder „wie vom Komponisten gewollt“ rüber; nicht mal von Promis wie Peter Konwitschny…. auch nicht in den raren Schriften/Interviews Wieland Wagners zu finden …

    nicht als Spielwiese irgendwelcher Experimentierer

    Dann wärs konsequent, gleich die ganze Kunst in die Tonne zu treten, weil bedauerlicherweise eines ihrer zentralen Merkmale nun mal das Experimentieren bildet z.B. mit Satzbau (Inversionssätze), Adverbien, Metaphern, wie Hölderlin, Celan oder Erich Arendt oder mit tradierten Formen (Sonate, Variation), Kadenzen und harmonisch wie z.B. Beethoven, Schubert, Schönberg, Wagner …….
    ... sollte allerdings sofort mit Hilfe der uns allen bekannten rt-phoben Repetition abgeblockt werden, indem Regisseure nicht als Künstler, sondern lediglich als Handwerker :thumbsup: zu bestimmen wären; gelte dann auch für Musiker im viel engerem Sinne.

    Künstler von eigenen Gnaden.

    Hm. Kommt wie „selbsternannter Künstler“ rüber.
    Was sind denn Künstler von „nicht eigenen Gnaden?(


    .. vielleicht existiert eine kompetente Kommission, die zumindestens erfolgreich zwischen Künstlern und Handwerkern selektiert…..

  • Mir ist aufgefallen, dass die Rundfunksinfonieorchester Österreichs und Deutschlands ihre Programme stark in eine konservative Richtung ändern. Waren sie bislang die Quelle für aktuelle Neue Musik für Orchester, so sind ihre Programme ab nächster Saison kaum mehr von den übrigen Orchestern zu unterscheiden.

    Nur mal interessehalber: Ist diese Aussage irgendwie statistisch belegt bzw. belegbar?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Nur mal interessehalber: Ist diese Aussage irgendwie statistisch belegt bzw. belegbar?


    Natürlich nicht. Sie ist im Übrigen auch unwahr. Aber das macht nichts: In der künftigen Gesellschaftsordnung, von der so mancher hier träumt, wird das bestimmt nachträglich korrigiert werden.


    Allerdings gibt es inzwischen auch einige Aufführungen von Opern des 17./18. Jahrhunderts, die versuchen, damalige Praxis zu rekonstruieren, bis zur Kerzenbeleuchtung trotz Brandgefahr. Das ist dann offenbar auch "Neues" und "Kunst". Ob Dir das passt oder nicht.


    Genau. Es gibt das eine und es gibt das andere. So etwas nennt man (in diesem Fall ästhetische) Vielfalt. Und genau das ist es, was einigen hier nicht zu passen scheint.

  • Der RT-thread, er war entfernt,
    Zeus Alfred bringt ihn wieder.
    Was Neues ham sie nicht gelernt.
    Die alten bösen Lieder!


    (frei nach Goethes und Mendelssohns "Nachtigall".

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Natürlich nicht. Sie ist im Übrigen auch unwahr. Aber das macht nichts: In der künftigen Gesellschaftsordnung, von der so mancher hier träumt, wird das bestimmt nachträglich korrigiert werden.

    Es ist immer wieder erstaunlich, wie die Wahrnehmungen divergieren können.
    Zum Glück hat das RSO Wien noch das Programm der vergangenen Saison online. Somit kann man mit der künftigen vergleichen.


    https://rso.orf.at


    Ich liste die Abos von Musikverein und Konzerthaus der verganenen Saison. Die kommende kommt in einem extra Beitrag. Zur Beurteilung der Programme ist natürlich notwendig, dass einem die Komponistennamen etwas sagen. Aber es gibt ja youtube - bei Komponisten mit gleichem Nachnamen gibt es natürlich bei dieser Ansicht Probleme: Zimmermann bedeutet im vorliegenden Fall Bernd Alois, nicht Anton oder Udo.


    Musikverein Abo


    Sa., 14.10.2017
    Meister, Kavakos / Cherubini, Auerbach, Zemlinsky


    Do., 09.11.2017 Wien Modern
    Meister / Messiaen


    Fr., 23.02.2018
    Poschner / Bruckner, von Einem


    Fr., 06.04.2018
    Storgårds, Hardenberger / Schuller, Zimmermann, Dvorák


    Do., 07.06.2018
    Meister / Sibelius, Bernstein




    Konzerthaus Abo


    Do., 19.10.2017
    Meister, Buniatishvili / Schlee, Tschaikowsky, Schostakowitsch


    Do., 02.11.2017 Wien Modern
    Eröffnungskonzert. Henze: Das Floß der Medusa


    Fr., 12.01.2018
    Gruber, Hardenberger / von Einem, Deutsch, Schwertsik, Gruber, Cerha


    Do., 15.02.2018
    Meister, Schmitt / Haydn, Hosokowa, Strawinsky


    Fr., 13.04.2018
    Meister, Baráti / Thorvaldsdottir, Bartók, Tschaikowsky


    So., 06.05.2018
    Metzmacher, Fray / Gershwin, Schönberg, Ives, Zimmermann


    Do., 14.06.2018
    Meister, Coote / Furrer, Mahler

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  • nun die kommende Saison des RSO Wien:


    https://rso.orf.at



    Musikverein Abo


    Do., 11.10.2018
    Viotti, Khatia und Gvantsa Buniatishvili / Prokofjew, Poulenc, Korngold


    Mi., 28.11.2018
    Slobodeniouk, de Maistre / Staud, Saariaho, Nielsen


    Do., 14.03.2019
    Boreyko, Mönkemeyer / Ustwolskaja, Kantscheli, Schostakowitsch


    Sa., 06.04.2019
    Bosch, Steinbacher / Prokofjew, Chatschaturjan, Schwertsik, Gershwin


    Do., 06.06.2019
    Debus, Trifonov / Offenbach, Trifonov, Dutilleux




    Konzerthaus Abo


    So., 28.10.2018
    Bernstein: Mass


    Mi., 14.11.2018 Wien Modern
    Neuwirth: The Outcast


    Do., 17.01.2019
    Minkowski, Kozhukin / Debussy, Franck, Chausson


    Do., 11.04.2019
    Wigglesworth, Keenlyside / Wigglesworth, Sibelius, Elgar, Mendelssohn Bartholdy


    Fr., 10.05.2019
    Macelaru, Schmid / Kaufmann, Korngold, Schtschedrin


    Fr., 14.06.2019
    Mälkki, Lang / Zemlinsky, Bartók

  • Da in Wien das Konzerthaus das mit der "moderneren" Programmplanung ist, vergleiche ich die Abos dort und beschränke mich auf Komponisten ab der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts (Schostakowitsch nehme ich da mal nicht mit). Das ergibt:


    letzte Saison:
    jedes Konzert mindestens einer, und zwar:
    Schlee, Henze, von Einem, Deutsch, Schwertsik, Gruber, Cerha, Hosokowa, Thorvaldsdottir, Zimmermann, Furrer


    kommende Saison:
    2 Konzerte ohne Komponist ab 1950. Insgesamt:
    Bernstein, Neuwirth, Wigglesworth, Kaufmann, Schtschedrin


    Sieht nach Halbierung aus, zudem sollte man noch die stilistische Ausrichtung ansehen.


    kommende Saison: Von Schtschedrin wird die "Carmen-Suite" gespielt. Das ist ganz sicher nicht Neue Musik im Sinne von "Neue Musik nach 1945". Bernsteins Mass auch nicht. Bleibt:
    Neuwirth (Festival Wien Modern), Wigglesworth, Kaufmann.


    vergangene Saison: von Einem und Schwertsik sind ebenfalls konservativ (gewesen), die kann man streichen. Bleibt:
    Schlee, Henze (Festival Wien Modern), Deutsch, Gruber, Cerha, Hosokowa, Thorvaldsdottir, Zimmermann, Furrer


    Für mich ist das ein Kahlschlag. Abseits des Neue-Musik-Festivals (das auch von Jahr zu Jahr weniger Geld hat - sorry, dass ich dafür keine Belege habe ...) wird von 8 Neue-Musik-Komponisten, die sich auf sämtliche 6 Konzerte aufteilen, auf 2 reduziert.


    Und jetzt stellt sich noch die Frage, wie sich Kaufmann und Wigglesworth gegenüber u.a. Hosokowa, Zimmermann und Furrer ausnehmen. Wigglesworth gehört wohl einer leicht verdaulichen Variante an, verglichen damit ist Furrer verstörend. Der einzige "Avantgarde"-Komponist abseits von Wien-Modern wäre dann der 77-jährige Kaufmann.


    => Mir ist aufgefallen, dass die Rundfunksinfonieorchester Österreichs (und Deutschlands) ihre Programme stark in eine konservative Richtung ändern. Waren sie bislang die Quelle für aktuelle Neue Musik für Orchester, so sind ihre Programme ab nächster Saison kaum mehr von den übrigen Orchestern zu unterscheiden.


    Für Deutschland müsste ich dann das SWR-Baden-Baden-Nachfolgeorchester posten, bisher DAS Orchester für Neue Musik. Hier hat ja schon die Fusion dieses Spezialistenorchester seines Profils (und auch Teile seiner Fähigkeiten) beraubt. Aber bevor ich mir die Mühe antue, schaue ich mal, ob immer noch die Meinung herrscht, dass alles beim Alten ist, und das RSO Wien viel avancierte Gegenwartsmusik spielt.

  • Genau. Es gibt das eine und es gibt das andere. So etwas nennt man (in diesem Fall ästhetische) Vielfalt. Und genau das ist es, was einigen hier nicht zu passen scheint.

    Wem das nicht zu passen scheint, ist für mich eine offene Frage ... es sieht aber so aus, als ob jede der beiden Parteien der Meinung ist, dass die andere etwas gegen Vielfalt hat. D.h. jeder empfindet seinen Geschmack als vielfältig und den der anderen Seite als eingesachränkt - eigentlich kein Wunder, da man das, was man mag, differenzierter betrachtet.

  • Es ist immer wieder erstaunlich, wie die Wahrnehmungen divergieren können.


    Nun ja. Es sind zumeist weniger die Wahrnehmungen, die divergieren als die Schlüsse, die man daraus zieht. Zum einen ist der Unterschied zwischen den beiden Spielzeiten des RSO nicht so riesig, dass man daraus eine Trendwende ableiten könnte, dass tatsächlich weniger Musik von Zeitgenossen aufgeführt wird, liegt in erster Linie daran, dass Cornelius Meister nicht mehr als Chefdirigent fungiert, der immer viel Zeitgenössisches in seine Programme eingebracht hat, es sich also um eine Übergangssaison mit vielen Gastdirigenten handelt. Darüber hinaus fiel in die laufende Spielzeit das von-Einem-Jahr, so dass verstärkt dessen Musik aufgeführt wurde. Dafür gibt es in der kommenden Saison erstaunlich viel klassische Moderne und sehr wenig romantisches Repertoire. Marin Alsop tritt ihr Amt als neue Chefdirigentin 2019/20 an, dann wird man sehen, wohin sich das Repertoire des RSO in den kommenden Jahren entwickeln wird. Und auch dann gilt das zunächst einmal nur für das RSO und seine Chefdirigentin und nicht für alle Rundfunkorchester in Deutschland und Österreich.


    Zitat von kurzstueckmeister

    2 Konzerte ohne Komponist ab 1950. Insgesamt:
    Bernstein, Neuwirth, Wigglesworth, Kaufmann, Schtschedrin


    Saariaho und Staud hast du mal ganz geflissentlich unterschlagen. Unter Berücksichtigung aller Faktoren (kein Chefdirigent, kein Von-Einem-Jahr, sehr viel klassische Moderne) taugt der Vergleich dieser beiden Programme ganz sicher nicht, um eine Trendwende in eine "stark konservative Richtung" herbeizureden. Oder um es etwas bildlicher auszurücken: Ganz vielen hier im TAMINO-Forum wäre die kommende Saison beim RSO ganz sicher viel zu modern, um da ein Abo abzuschließen.

  • Es fehlt noch der Nachweis, dass sich das Programm des RSO kaum noch von nicht-Rundfunk-Sinfonieorchestern unterscheidet. Bittesehr - vergleichen wir mit dem Konzerthaus-Abo der Sinfoniker.
    https://www.wienersymphoniker.…zerte/abonnements/2018-19
    Da man da nicht so bequem kopieren kann, schreibe ich nur die Komponisten nach 1950 ab. Es sind 8 Konzerte:
    Gruber, Schwertsik, Ammann
    Von Gruber dürfte was Harmloses kommen, Schwertsik zählt auch nicht, bleibt Ammann, der ist nicht konservativer als Kaufmann, würde ich sagen. Ich sehe keinen großen Unterschied (im Abo ohne Wien Modern).

  • Unter Berücksichtigung aller Faktoren (kein Chefdirigent, kein von Einem-Jahr, sehr viel klassische Moderne) taugt der Vergleich dieser beiden Programme ganz sicher nicht, um eine Trendwende in eine "stark konservative Richtung" herbeizureden.

    Das von Einem-Jahr hätte sich doch wohl eher so ausgewirkt, dass statt avancierterer Moderne der konservative Von-Einem gespielt wird. Sogar das Klangforum hat von Einem gespielt, so etwas Konservatives wäre sonst nicht auf deren Programm gekommen.

    Zitat

    Oder um es etwas bildlicher auszurücken: Ganz vielen hier im TAMINO-Forum wäre die kommende Saison beim RSO ganz sicher viel zu modern, um da ein Abo abzuschließen.

    Darum geht es mir nicht. Ich sehe eine Austrocknung der avancierten Gegenwartsmusik. Hast Du Abo-Programme früherer Saisonen? Gab es je ein Programm, das so frei von aktueller Neuer Musik war, wie das künftige?

  • ?( Habe ich nicht gesehen in den Konzerthaus-Abos.


    Sorry, ich hatte überlesen, dass du nur Konzerthaus miteinander verglichen hast. Aber wenn selbst im Musikverein ein Programm mit Staud, Saariaho und Nielsen, der ja auch nicht unbedingt ein Box-Office-Garant ist, angesetzt wird, dann spricht das ja noch viel weniger für eine Hinwendung zu einer konservativen Programmatik.

  • Wem das nicht zu passen scheint, ist für mich eine offene Frage ... es sieht aber so aus, als ob jede der beiden Parteien der Meinung ist, dass die andere etwas gegen Vielfalt hat. D.h. jeder empfindet seinen Geschmack als vielfältig und den der anderen Seite als eingesachränkt - eigentlich kein Wunder, da man das, was man mag, differenzierter betrachtet.

    Nur, dass die eine Partei der RT-Kampfzone diese Meinung völlig zu Recht hegt, wenn ein Repräsentant der anderen Partei in diesem Thread unmissverständlich postet:


    unser Ziel ist klar definiert: Die bedingungslose Rückkehr zum "klassischen" Operntheater......
    … dann sollten diese Regisseure und jene Intendanten, die sie protegieren und schützen, aus den Opernhäusern entfernt werden….

  • Sorry, ich hatte überlesen, dass du nur Konzerthaus miteinander verglichen hast. Aber wenn selbst im Musikverein ein Programm mit Staud, Saariaho und Nielsen, der ja auch nicht unbedingt ein Box-Office-Garant ist, angesetzt wird, dann spricht das ja noch viel weniger für eine Hinwendung zu einer konservativen Programmatik.

    Ich nehme an, das ist der kommende Wien-Modern-Termin. Aus Wien Modern das letzte Orchester zu streichen, wäre natürlich eine noch größere Zäsur. Vor einigen Jahren haben dort auch die Philharmoniker und Sinfoniker noch gespielt und mehrere internationale Gastorchester.

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  • Nur, dass die eine Partei der RT-Kampfzone diese Meinung völlig zu Recht hegt, wenn ein Repräsentant der anderen Partei in diesem Thread unmissverständlich postet:


    unser Ziel ist klar definiert: Die bedingungslose Rückkehr zum "klassischen" Operntheater......
    … dann sollten diese Regisseure und jene Intendanten, die sie protegieren und schützen, aus den Opernhäusern entfernt werden….

    Alfred ist die eine Partei, aha, die andere Partei ist offenbar sehr differenziert in der Betrachtung.

  • Ich sehe eine Austrocknung der avancierten Gegenwartsmusik. Hast Du Abo-Programme früherer Saisonen? Gab es je ein Programm, das so frei von aktueller Neuer Musik war, wie das künftige?


    Wie gesagt, es gibt keinen Chefdirigenten, das ist der Hauptfaktor. Um Vergabe von Kompositionsaufträgen kümmert sich meist der Chef, selten das Orchester und schon gar kein Gastdirigent. Ein rein zeitgenössisches Konzertprogramm unter einem Gast wird es nur dann geben, wenn man entsprechende Dirigenten einlädt wie in der laufenden Saison Gruber. Und solche Einladungen gehen meist auch eher vom Chef als vom Orchester aus. Wenn es keinen Chef gibt und das Orchester mehr entscheidet, werden die Einladungen und die Programme immer etwas gemäßigter und darum taugen solche Interimsspielzeiten ganz schlecht für das Herauslesen eines etwaigen Trends.

  • Also noch die Musikvereinabos des RSO Wien:
    vergangenes:
    Auerbach, Messiaen (WM), von Einem, Schuller, Zimmermann, Bernstein
    kommendes:
    Staud+Saariaho (WM), Ustwolskaja, Kantscheli, Schwertsik, Dutilleux


    Ich lasse Wien Modern immer weg. Besonders avancierte Gegenwartsmusik sehe ich keine, deshalb habe ich ja das Konzerthaus genommen. Im Musikverein gibt es tendenziell eher "Wohlfühlmoderne", dorthin wird es sich entwickeln, sowas wie Furrer wird marginalisiert. Und genau das erwarte ich für die Regie (um mal zum Thema zurückzukommen). Ich sage ja nicht, ab morgen sieht alles wie Schenk aus, das wird's nicht sein. Eher eine Art Kompromiss als Regel, also z.B. fast leere Bühne mit relativ historischen Kostümen. Keine aufregende Neudeutung, aber auch keine opulente Ausstattung.

  • Wie gesagt, es gibt keinen Chefdirigenten, das ist der Hauptfaktor. Um Vergabe von Kompositionsaufträgen kümmert sich meist der Chef, selten das Orchester und schon gar kein Gastdirigent. Ein rein zeitgenössisches Konzertprogramm unter einem Gast wird es nur dann geben, wenn man entsprechende Dirigenten einlädt wie in der laufenden Saison Gruber. Und solche Einladungen gehen meist auch eher vom Chef als vom Orchester aus. Wenn es keinen Chef gibt und das Orchester mehr entscheidet, werden die Einladungen und die Programme immer etwas gemäßigter und darum taugen solche Interimsspielzeiten ganz schlecht für das Herauslesen eines etwaigen Trends.

    Na, wenn es so ist, freue ich mich, ich wollte nämlich eigentlich erstmals ein RSO-Abo kaufen, um regelmäßig aktuelle Orchestermusik zu hören, und habe dann entsetzt das kommende Programm gesehen. Aber früher hat es auch Chefdirigentenwechsel gegeben, gab es da auch so konservative Interimsprogramme?

  • Und genau das erwarte ich für die Regie (um mal zum Thema zurückzukommen). Ich sage ja nicht, ab morgen sieht alles wie Schenk aus, das wird's nicht sein. Eher eine Art Kompromiss als Regel, also z.B. fast leere Bühne mit relativ historischen Kostümen. Keine aufregende Neudeutung, aber auch keine opulente Ausstattung.


    Ich weiß nicht, wie du darauf kommst: Um mal bei Wien zu bleiben und den dort anstehenden Leitungswechseln an den Opernhäusern: Roščić wird an der Staatsoper mit seinem neuen Chefdramturgen Sergio Morabito einen anderen szenischen Kurs als der erzkonservative Meyer fahren, das hat er bereits angekündigt (u.a. Kosky und Konwitschny werden wieder dort arbeiten) und auch am Theater an der Wien wird es unter Herheim szenisch avancierter zugehen als unter Geyer. Da die Verträge von beiden bis weit in die 20er unseres Jahrhunderts hinein laufen, werden sich die szenischen Reformen, die du erwartest, nicht morgen und nicht übermorgen, sondern allerhöchstens überübermorgen einstellen und selbst das bezweifle ich sehr stark.

  • darum taugen solche Interimsspielzeiten ganz schlecht für das Herauslesen eines etwaigen Trends.

    Ich habe den Trend aber auch im Südwestfunkorchester gesehen und bei einem Neue-Musik-Ensemble, den "Kontrapunkten". Bei Interesse können wir die auch durchgehen. (Von mir wirst Du da übrigens kein Frohlocken lesen, weil ich Interesse am Fortbestehen einer "radikalen" Neuen Musik habe.)

  • Ich weiß nicht, wie du darauf kommst: Um mal bei Wien zu bleiben und den dort anstehenden Leitungswechseln an den Opernhäusern: Roščić wird an der Staatsoper mit seinem neuen Chefdramturgen Sergio Morabito einen anderen szenischen Kurs als der erzkonservative Meyer fahren, das hat er bereits angekündigt (Kosky und Konwitschny werden wieder dort arbeiten) und auch am Theater an der Wien wird es unter Herheim szenisch avancierter zugehen als unter Geyer. Da die Verträge von beiden bis weit in die 20er unseres Jahrhunderts hinein laufen, werden sich die szenischen Reformen, die du erwartest, nicht morgen und nicht übermorgen, sondern allerhöchstens überübermorgen einstellen und selbst das bezweifle ich sehr stark.

    Ja, das wird noch dauern. Natürlich könnte es auch völlig ausbleiben. Ich sehe die Reduktion der Neuen Musik avancierterer Art als einen Hinweis. Roščić wurde noch von einem roten Minister bestellt. Heute würde ein anderer eingesetzt werden. Übrigens empfinde ich Meyer überhaupt nicht als erzkonservativ, der hat doch auch Konwitschny engagiert. Meyer war ausgewogen, da gab es Vielfalt. Ob Roščić tatsächlich nur Radikale bringen wird, weiß ich nicht, er kommt ja eher aus dem Bereich, in dem viel verkauft wird, und hat doch auch Amerika als Vorbild genannt, oder? Freilich wird Konwitschny ebensowenig von heute auf morgen völlig verschwinden, wie Lachenmann oder Furrer. Es geht nur um Tendenzen, Gewichtungen.

  • So ist es. Denn die andere Partei postet beispielsweise keine Vernichtungsphantasien gegen eine Kunstform (äh sorry gegen ein Handwerk).

    Doch, sie verpackt es nur dezenter (diese verstaubten Dinge gehören ersetzt, Oper ist kein Museum, etc.)

  • Roščić wurde noch von einem roten Minister bestellt. Heute würde ein anderer eingesetzt werden.


    Vielleicht würde heute ein anderer eingesetzt werden. Und bis es um eine Vertragsverlängerung bei Roščić geht, ist vielleicht auch wieder ein anderer Minister da.
    Ich empfand Meyer nicht als Repräsentanten von Vielfalt, er hat halbherzig Konwitschny (bei Janácek) und Loy (bei Gluck) mit Übernahmen jeweils einmal beschäftigt (und bekam von beiden nur schwache Arbeiten). Im Kernrepertoire wollte er es allen rechtmachen, es ist ihm nicht gelungen: Szenisch bestenfalls mediokere Neuproduktionen von "Parsifal", "Figaro", "Giovanni", "Traviata", "Rigoletto", "Trovatore" konnten fast alle ihre Vorgänger-Produktionen nicht vergessen machen.

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