Liebe Taminos,
gestern verschlug es mich zum ersten Mal nach Hamburg in die Staatsoper! Abgesehen von es durchaus beachtlichen Sängerleistung und dem wirktlich schönen Opernhaus war es jedoch kein sonderlich beglückender Opernabend.
Die Inszenierung von Claus Guth fand bei mir keinen Beifall, obgleich es einige interessante Ansätze gab. Die erste Szene spielt - so würde ich sagen - tatsächlich unter Wasser. Die Rheintöchter tummeln sich auf einem Bett, welches offenbar achtlos in den Rhein geworfen wurde. Im Hintergrund sind weitere Dinge wie eine Lampe zu sehen. Alberich kommt und wird von den Nixen zum Narren gehalten, was darin gipfelt, dass die Nixen von einer höheren Stelle Papierflieger auf den Zwerg werfen. Bisher kann man nicht klagen. Als die Rheintöchter die aufgehende Sonne besingen, wird der Meeresgrund sogar athmosphärisch áusgeleuchtet, was insgesamt sehr eindrucksvoll gelingt.
Der Rest hingegen misslingt m.E. bis auf wenige Ausnahmen völlig. Die zweite Szene spielt in einer großen Holzhütte, in der ein Gebirgsdarstellung mit einem weißen Monopoly-Haus herumrotiert, davor stehend die Agierenden. Abgesehen vom Auftritt der Riesen, die durch eine geschickte Lichtregie in gigantischen Schatten auftreten wird der Rest der Lächerlichkeit preisgegeben. Spannende Personregie ist hier nicht zu finden. Loge wird als mit billigen Tricks herumzaubernder Feuergott dargestellt. Es zaubert ständig Blumen, Tücher, etc aus seinem Ärmel und lässt Qualm aufpuffen. Nach dem Raub der Freia liegen alle Götter legtharisch am Boden rum, Loge filmt dies samt Selfie-View...
Dann nach Nibelheim (mit eingespielten Ambossen...irgendwie haben für mich Lautsprecher in der Oper nichts zu suchen...). Man befindet sich in einem dreckigen Keller. Statt am Tarnhelm, schmiedet Mime an einem Gasbehälter...Mit ausgeklügelten Effekten (Nebel und Pyroeffekten) wird letztlich aber der unsichtbare Alberich dargestellt. Die Verwandlungen Alberichs werden allerdings besonders zur Lächerlichkeit. Die große Schlange ist ein leuchtender Gummischlauch, der Frosch ein hüpfender Beutel...beider wird vom Publikum als Lachnummer aufgenommen.
Die letzte Szene wieder in der Holzhütte...Wotan kommt mit dem Hort zurück und alle tanzen Ringelreih...der Gewitterzauber wird zur Nebenorgie...Donner schwingt wie bekloppt den Hammer und schließlich steigen alle auf ner Leiter zu einer Empore und wackeln die letzten Minuten des Stücken irgendwie herum...
Bis auf ein paar eindrucksvolle Theatereffekte...war es echt langweilig...und ich liebe dieses Stück eigentlich. Spätestens in der zweiten Szene schaute ich öfter mal auf die Uhr.
Zur musikalischen Umsetzung. Rheingold kenne ich seit diversen Vorbereitungen auf Aufnahmeprüfung zum Teil auswendig, und so hatte ich doch eine gewisse Vorstellung vom Werk. Christoph Prick am Pult konnte mich nicht begeistern. Im großen und ganzen führte er die Musik recht gedehnt auf... knapp 2 Stunden 45 Minuten benötigte er. Das ist länger als die länge Aufführung unter Knappertsbusch in Bayreuth mit 2 Stunden 42 Minuten. Schon zum Vorspiel legte er ein recht ruhiges Tempo vor...erstaunlich wie oft die Bläser in der Aufführung kieksten. Auch im Stück gelang es Prick oft nicht Sänger und Orchester zusammenzuhalten, wirkliche Spannung kam aus dem Orchester nicht hervor. Alles wurde routiniert und sängerfreundlich begleitet, mehr nicht. Selbst die Verwandlungsmusiken wurden nicht so wuchtig aufgespielt wie erwartet...insgesamt auch eher enttäuschend. Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie besser als meine Braunschweiger sind.
Sie Sängerleistung hingegen empfand ich fast durchweg als hervorragend. Besonders überrascht war ich von der guten Durchhörbarkeit und Verständlichkeit, die im Zusammenklang mit Orchester gewährleistet war. Man verstand fast jedes Wort.
Der Wotan Vladimir Baykows war wuchtig, eines Gottes würdig, und gerne auch mal expressiv im Ausdruck, was mir sehr gefiel, in den Höhen für meinen Geschmack jedoch manchmal etwas zu offen im Klang. Der Alberich von Werner van Mechelen war zu Beginn etwas schwach, steigerte sich jedoch im dritten Bild zu eindrucksvolle Dämonie. Der Loge von Jürgen Sacher war auch ein Highlight. Mit einem strahlenden, flexiblem Tenor ausgestattet, konnte der intendierte spielerische Charakter auch gesanglich gut umgesetzt werden. Neben den hervorragend disponierten, mit spielerische leichtigkeit agierenden Rheintöchtern Katerina Tretyakova, Jenny Carlstedt und Nadazhda Karyazina ist auch die Fricka von Katja Pieweck zu bemerkten, die stimmstark mit einer gewissen stahlkraft ihre Rolle ausfüllte. Ein Totalausfall war Dorris Soffels Edda. Schlecht intoniert, gefühltes Vibrato von gut einer Terz, einfach nur alt im Klang...das war nichts.
Trotz sehr guter Sängerleistungen, war mit keine große Freude am Rheingold vergönnt. Zu sehr zog die Inszenierung das Stück ins Lächerliche, zu neutral war alles aus dem Orchestergraben - schade!
Beste Grüße
Christian