Die Violinkonzerte von Johann Sebastian Bach

  • Zitat

    Original von miguel54


    Ich habe inzwischen einige Aufnahmen in solistischer Besetzung, und keine klingt fülliger oder fetziger als diese! Großorchestrale Mißdeutungen :baeh01: sucht man in meinen Regalen allerdings vergebens ...


    Du bist aber rabiat: Also auch keinen Stokowski-Bach, dessen großorchestrale (Miß??-)Deutung mich durchaus anspricht! Was die Violinkonzerte angeht, so habe ich als Kontrast zu A. Beyer Aufnahmen mit A. Grumiaux und R. Leppard in angenehmer Erinnerung.


    Zitat

    Respekt & Hut ab, Mme. Beyer!


    Da schließe ich mich allerdings gern an: Nach wiederholtem Hören begeistert mich diese Einspielung mehr und mehr.

  • Tach,


    höchst spannend finde ich den Kontrast zwischen den Konzerten für Solo-Violine und dem Violinkonzert von Sofia Gubaidulina "In tempus praesens" auf der neuesten CD von Anne-Sophie Mutter:



    Wie ich finde spielt Mutter sehr homogen mit den Trondheim Soloist zusammen, einem Kammerensemble, dass nach eigenem Bekunden keinen ständigen Dirigenten hat.


    Es gab auch arte eine Dokumentation zur Entstehung der Komposition von Gubaidulina und der Uraufführung.


    VG, Bernd

  • Zitat

    Original von Gurnemanz


    Du bist aber rabiat: ....


    Ich dachte, der Smiley würde es etwas relativieren. Aber im Ernst, ich mag Bach anders nicht mehr hören. Womit ich den historischen Wert der von Dir genannten Aufnahmen nicht bestreite, aber angenehm zu hören ist es mir nicht. Mein Geschnmack hat sich konsequent in der Richtung HIP/solistische Besetzung (wo es angemessen ist) entwickelt.

  • Lieber Miguel,


    mein "Vorwurf" war natürlich ebenfalls nicht ernst gemeint.


    Dagegen dieses: Zwischen dem romantisch-orchestralen Zugriff, beispielsweise von Grumiaux/Leppard, und dem HIP/kammermusikalischen von Beyer/Incogniti liegen Welten. Beide eröffnen mir Wege zu Bach, die ich nicht missen möchte, jene einen, der mir so etwas wie die "Harmonie der Welt" zeigt und das in einem ruhigen, klaren und warmen Dahinfließen, und diese einen, der zeigt, wie energetisch aufgeladen, hochexpressiv und -explosiv Bach sein kann - und das in einem und demselben Werk.


    Ich finde es immer wieder faszinierend, wie viele Wege gerade J. S. Bach ermöglicht. Auch meine ich - nach mehrmaligem Anhören inzwischen -, daß Amandine Beyer und ihrem Ensemble eine phantastische Einspielung gelungen ist, nicht zuletzt auch dadurch, daß, wie hier ja schon erwähnt wurde, das Cembalo so knackig herauskommt, das ist klasse!


    Ich glaube aber auch, daß Bachs Musik monumentale Züge enthält, die in großer Besetzung angemessen und überzeugend herausgearbeitet werden können (z. B. Stokowski), auch wenn das der historischen Aufführungspraxis nicht entspricht. Ehrlich gesagt: Das ist mir auch nicht so wichtig.

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Ich glaube aber auch, daß Bachs Musik monumentale Züge enthält, die in großer Besetzung angemessen und überzeugend herausgearbeitet werden können .....


    Genau mit diesem "monumentalen" habe ich so meine Probleme, gleich in welcher Kunst - wer es bei Bach hören mag ... mir hat es nie behagt. "Größe" höre ich, "Erhabenheit" - aber das ist ja alles bekanntermaßen subjektiv.

  • Hier findet sich übrigens ein ziemlicher Verriß der Zigzag-Einspielung.
    Auch wenn der Rezensent manchmal (besonders bei Vokalmusik) ein wenig puritanisch ist, so ist es eine lesenswerte Seite.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Hier findet sich übrigens ein ziemlicher Verriß der Zigzag-Einspielung.
    Auch wenn der Rezensent manchmal (besonders bei Vokalmusik) ein wenig puritanisch ist, so ist es eine lesenswerte Seite.


    Jo! :D
    "Actually this is one of the ugliest performances of Bach's violin concertos I have heard in a long time."


    Immer wenn mir nach Kopfschütteln ist, lese ich ein bisschen auf diesen Seiten. :D
    Sein Mut ist zu loben, aber wer noch nicht eimal die Namen der Interpreten richtig schreibt...
    Ernsthaft: Da scheint mir oft allzu viel festgefahrenes Hörgut nicht genügend neues zuzulassen. Ich würde mich jedenfalls mit dem Autor oft in die Haare kriegen.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Jo! :D
    "Actually this is one of the ugliest performances of Bach's violin concertos I have heard in a long time."


    Ernsthaft: Da scheint mir oft allzu viel festgefahrenes Hörgut nicht genügend neues zuzulassen. Ich würde mich jedenfalls mit dem Autor oft in die Haare kriegen.


    Was mich persönlich verblüfft, denn ein Johan van Veen schreibt regelmäßig CD-Kritiken für die Toccata, ist also ein HIPer...

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Was mich persönlich verblüfft, denn ein Johan van Veen schreibt regelmäßig CD-Kritiken für die Toccata, ist also ein HIPer...


    Aber ein ziemlich verknöcherter, scheint mir.
    Er ist auch einer der Gründe, warum ich "Toccata" nicht (mehr) lese.

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr


    Was mich persönlich verblüfft, denn ein Johan van Veen schreibt regelmäßig CD-Kritiken für die Toccata, ist also ein HIPer...


    Er ist, was die Lektüre der anderen Rezensionen deutlich macht, sogar ein ziemlich puritanischer HIPist ordinis Leonhardti, dem viele neuere Vokalmusikaufnahmen nicht passen, weil sie angeblich dem Sinn der Texte nicht angemessen gerecht werden und sowieso zuviel vibrato verwenden. Dabei aber ingesamt schon ziemlich kenntnisreich und durchaus mal lesenswert.
    Und er stimmt z.B. mit Hildebrandt überein, wenn ihm bei den Violinsonaten das Cembalo nicht ausreichend dominant ist.
    Gerade weil mich der Verriß von Beyer & Co. etwas verwundert, wollte ich es mal zur Kenntnis geben.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

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  • Ich lese Toccata inzwischen nur noch wegen des umfassenden Überblicks über die HIP-Szene - die Rezensionen hatten mir noch nie gefallen, da sind enthusiastische, aber musikwissenschaftlich völlig ungeschulte Herrschaften am Werk. Nach deren Beschreibungen, die sich ziemlich ähneln, konnte ich mir noch nie eine Entscheidungshilfe zusammenreimen.


    Van Veens Bemerkungen über die Tempi sind seltsam angesichts der Tatsache, daß dieselbe Zeitschrift seinerzeit (da hieß sie noch "Alte Musik aktuell") die Aufnahme der Arcangeli Baroque Strings zur CD des Monats kürte, die eher noch schneller spielen, bei verschwommener Aufnahme und unhörbarem Cembalo. Die klangliche Seite einer Aufnahme zu beurteilen ist immer heikel, da man nie weiß, was die Tontechniker verbockt haben oder der Raum verwischt hat - vom Einfluß des Hifi-Geräts und alter Hörgewohnheiten ganz zu schweigen. Da wirft er auch öfter einiges durcheinander.

  • Zitat

    Original von miguel54
    Ich lese Toccata inzwischen nur noch wegen des umfassenden Überblicks über die HIP-Szene - die Rezensionen hatten mir noch nie gefallen, da sind enthusiastische, aber musikwissenschaftlich völlig ungeschulte Herschaften am Werk. Nach deren Beschreibungen, die sich ziemlich ähneln, konnte ich mir noch nie eine Entscheidungshilfe zusammenreimen.


    Das habe ich nach einjährigem Abo auch feststellen müssen. Trotzdem habe ich es um ein Jahr verlängert, weil ich mich nach wie vor als Neuling betrachte und allein aus den Vorstellungen von Ensembles und Musikern einen Gewinn ziehe. Auf die CD-Kritiken verlasse ich mich ohnehin nicht, da sind mir die Tips hier im Forum und meine eigene Erfahrung viel wertvoller.

  • Hallo,


    den interessanten Thread lese ich schon seit einiger Zeit mit, und ich habe auch fast alles nachgehört, entweder zu Hause oder im Netz.


    Bernhard brachte einen -warum auch immer- nicht weiter beachteten Hinweis auf eine Aufnahme, die mich eindeutig am stärksten begeistern kann:



    BWV 1052 mit den Musikern Seiler, Alpermann, Bötticher, Huntgeburth, Löffler, und der Akademie für Alte Musik Berlin


    Mit dieser Aussage


    Zitat


    Original von miguel54
    Bachs Konzerte sind immer "Kammermusik", die solistische Besetzung die Regel - bei dieser Kompositionsweise erscheint sie mir auch unerlässlich für eine optimale Darstellung, von aufnahmetechnischen Unterschieden mal abgesehen, die sich dann in kaum hörbaren Cembali u.a. zeigen.


    bin ich zum grossen Teil einverstanden.


    Ich kann aber nicht soweit gehen, eine mich musikalisch nicht vollends überzeugende Aufnahme aufgrund einer Besetzungsfrage trotzdem grundsätzlich besser zu finden, als eine Aufführung, bei der es in dieser Hinsicht zwar anders gehandhabt wurde, die aber stärker von der Muse geküsst wurde.


    Genauso ist es auch in Fragen der Continuobesetzung in Bachs geistlichen Werken oder der oft diskutierten Anzahl der Sänger.
    Theoretisch könnte ich mir sogar vorstellen, eine Aufnahme mit "normalen" Instrumenten besser zu finden, als eine mit historisch korrekten, wenn dort musikalischer und unter voller Einbeziehung der sprechenden, historischen Spielweise musiziert wird.


    Ideal ist natürlich, wenn alles zusammenkommt: Sprechendes Spiel, mitreissendes Temperament, bewegte Tempi, bei denen die Figuren der Klangrede aber noch Luft haben und nachvollzogen werden können, alte Instrumente in angemessener Besetzung, die bestmögliche Aufstellung in einem gutem Raum (wodurch man mit möglichst wenigen Mikrofonen auskommt, was ein luftiges und ortungsscharfes Klangbild begünstigt) und eine gute Balance zwischen geistiger Durchdringung und der Inspiration des Moments.


    Nun ist es so, dass bei der von mir oben genannte Aufnahme mit der Akademie für Alte Musik Berlin mit mehreren Ripienisten gearbeitet wurde.
    Wenn ich jetzt aber deren Einspielung von z.B. BWV 1052 ( d-moll) mit der hier sehr favorisierten




    vergleiche, höre ich erst einmal zwei tolle Versionen, von der mir aber nur die CD der Akademie wirklich unter die Haut geht, weil es einfach musikantischer ist.
    Die Akzente sitzen da wo sie hingehören, die mehr Bogen setzende Artikulation ( z.B. im 3. Satz) ermöglicht es den Musikern -trotz gleichen Tempos- eine körperhaftere, schwingende Gestik in jene Anapäst-Figuren zu bringen.


    Hört man sich nur das unison vorgetragene Thema des 1.Satzes erst von der Akademie und dann mit dem Ensemble Gli Incogniti an, so müsste eigentlich jedem auffallen, dass die Akademie hier wesentlich bewegter, mitreissender und sprechender spielt.
    Es hört sich viel mehr nach verstandener Klangrede an. Ich denke hier z.B. daran, wie ein rhythmisches Motiv durch Wiederholungen bei sich immer mehr spreizende Intervallen an Prägnanz gewinnt, bei einem vorläufigen Hochpunkt innehält, von dem ab der Hörer auf eine "sich schüttelnde" Talfahrt mit einer anschliessenden Bergauffahrt ( Tirata) im wahrsten Sinne des Wortes mitgerissen wird.
    Gli Incogniti kann hier zwar spieltechnisch fabelhaft mithalten, das Cembalo hört man aufgrund der schlankeren Besetzung besser, und sie machen auch sonst nichts "falsch", doch im Vergleich zur Akademie drängt sich mir doch der Eindruck auf, dass sie mehr oder weniger in der Gefahr stehen, über die eigentlichen, tieferen Aussagen des Stückes hinwegzuspielen.


    Zugegeben, sie tun dies sehr beeindruckend virtuos, aber es geht bei weitem nicht so unter die Haut, als wenn die Affekte des Werkes durch eine engagiert ausmusizierte Klangrede derartig bewegend wirken, dass es der Hörer nur schwer auf seinem Stuhl aushält.
    Das Verständnis der Klangrede und deren Umsetzung scheint mir also in diesem Fall bei der Akademie tiefergehend gewesen zu sein.
    Die hier am Ende des JPC-Auschnitts (Track 1) zu hörenden 2er-Bindungen der Sologeige werden ohne Absetzer gespielt, was ich hier als sehr aufregend und spontan klingend empfinde.


    1984 spielte Harnoncourt den von Bach für BWV 146 " Wir müssen durch viel Trübsal" für Barockorchester mit Oboen und Solo-Orgel bearbeiteten Satz noch für die Teldec ein, hier Track 19:



    Bei diesem Vortrag des Orchesterthemas ist der Impetus des grossen Interpreten ( Harnoncourt hat für mich trotz seines komplett anderen Ansatzes viel von der Magie eines Furtwänglers - sozusagen der Furtwängler des HIP) sehr deutlich hörbar.
    Das Musikalische, hier schon besser gesagt das Musikantische ( =der Musenkuss) ist mir hier wichtiger, als die Besetzungsstärke oder die in diesem Beispiel durchaus zu kleine Truhenorgel.
    Sicherlich könnte man sich noch klangliche Veränderungen wünschen; aber ich höre mir lieber eine Interpretation an, bei der ich durch das eigentliche, faszinierende Musizieren vergesse, dass für mich klanglich hier und da noch Wünsche offenbleiben, als mir umgekehrt bei optimaler Klanglichkeit ein bewegteres, erfülltes und mehr Verständnis ermöglichendes Musizieren zu wünschen.


    Ähnliches gilt für den 2. Satz: Hier wird im unisonen Vorspiel bei der Akademie einfach noch mehr Musik gemacht, es entsteht mehr atmosphärische Spannung.
    Wenn die Sologeige einsetzt, wird ich es aber auch bei Gli Incogniti besser.
    Allerdings stört mich bei denen regelrecht, dass das Cembalo beide Töne der paarweise unter einem Artikulationsbogen gesetzen Bogenvibrati der Streicher mit der linken Hand mitspielt, wodurch der feine und innige Effekt zerstört wird.
    Diese widerspricht auch der alten Grundregel, dass die erste Note unter einem Artikulationsbogen stärker, die nachfolgenden hingegen schwächer gespielt werden sollen.
    Dass man hier das Cembalo gut heraushören kann, ist also nicht immer ein Vorteil.
    Besser wäre es also gewesen, hier nur die jeweils erste Note anzuschlagen.


    BWV 1056 , Satz 1-2 kann ich mir hingegen sehr gerne mit Gli Incogniti anhören. Da sind viele Ideen drin, die ich stimmig, neu und interessant finde.


    Ich habe diese Aufnahme mit meiner Referenz-CD mit Harnoncourt verglichen:



    Hier sind es die Tracks 10 - 12, bei Amandine Beyer Tracks 4-6


    Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Nur das 1976 aufgenommene BWV 1056 finde ich auf dieser Harnoncourt-Aufnahme so hervorragend, die anderen, in den 60er-Jahren eingespielten Sachen zeigen einen sich noch in der Aufbauphase befindenen und noch nicht vollends frei aufspielenden Concentus musicus Wien, der seine typische Klangsprache damals noch finden musste. Für die anderen Konzerte kann ich diese CD also nicht besonders empfehlen ( das Doppelkonzert Violone/Oboe ist aber auch recht schön)


    Zunächst Satz 1, BWV 1056: Amandine Beyer spielt es flüssiger und die Akzente werden weicher vorbereitet. Es ist ein schönes und organisch-fliessendes Musizieren.
    Harnoncourt sieht für das Orchester einen raueren, widerspenstigen Affekt als richtig an, der mit dem die weich und lyrisch- bittend gespielten Solofiguren der Violine im spannenden Konflikt stehen.


    RRRRRRRammm - -- badaram bam.....RRRRRRRammm - -- badaram bam.....


    ..so hört sich hier die bestimmende Figur des Continuos an.


    Man kann beides als gelungen und überzeugend stehenlassen.
    Es gibt nicht nur eine denkbare "Optimal-Interpretation".


    Satz 2:
    Sehr schöne Musik bei beiden Aufnahmen, allerdings finde ich Alice Harnoncourts agogisches "Drüberschweben" bei festem Metrum in der Begleitung noch reizvoller.
    Auch die Dynamik verdeutlich die innere Aussage dieser herrlichen Melodie m.E. eindrucksvoller, ebenso ihre Tongebung, das Spiel mit dem Vibrato und ähnliche Dinge ( siehe das Harnoncourt-Zitat ganz unten, unter jedem meiner Beiträge)
    Auch der Klang der Stainer-Geige hört sich für mich noch edler an. Es ist bei ihr eine sehr persönliche Art des Spielens, schon dem individuellen Timbre eines Sängers ähnlich.
    In "Concerto" nannte es Goebel übrigens einmal den "Alice-Klang", den er in jungen Jahren gut hätte nachmachen können...


    Satz 3:
    In der neuen Aufnahme eine in Bits- und Bytes verewigte Warnung vor zu hastigem Tempo, mit dessen Hilfe man geschickt einen möglicherweise existenten Mangel an gestalterischen Ideen, die das Stück zum Schwingen bringen, versucht zu kaschieren.
    Vielleicht ist einfach nur der Virtuosen-Gaul oder der Ehrgeiz mit der Ensembleleiterin etwas durchgegangen.
    Was dabei herauskommt klingt für mich übereifrig gehetzt, kann aber trotzdem nicht fesseln, weil es auf die Dauer dann doch langweilig wird.


    Bei der alten 76-Aufnahme der Harnoncourts geht es da anders zur Sache.
    Leider hört man im JPC-Ausschnitt nicht, wie in späteren Teilen gewisse motivische Teile des markanten Orchestervorspiels in einem anderen Zusammenhang weich und lieblich erscheinen - sehr reizvoll und auch einleuchtend finde ich das.
    Heute würde dieses Ensemble es wohl insgesamt eleganter und flïessender ausformulieren, doch vom Grundsatz her sehe ich diese leidenschaftlich sprechende Musizierhaltung immer noch als unglaublich wichtig an und höre das auch noch vom aktuellen Concentus.


    Die von Amandine Beyer sehr gekonnt vorgetragenen Ideen zu BWV 1042 kann ich voll unterstützen und mich der allenthalben geäusserten Begeisterung gerne anschliessen.
    Grenzwertig finde ich allerdings wieder einmal das Tempo, hier zum Glück nur des 3.Satzes.
    Bei Cafe Zimmermann hatte man da noch eine überzeugende Lösung gefunden, bei der nicht dieser unnötig rastlose Eindruck aufkommt.
    Dabei sind Beyers interpretatorische Ideen hier eigentlich so gut, dass sie sich bequem ein etwas entspannteres Tempo hätte leisten können.


    Interessierten möchte ich nicht verheimlichen, was für mich die Entdeckung dieses Vergleichs überhaupt ist:


    Die fantastisch-lebendige Interpretation von BWV 1060 ( rekonstruierte Bearbeitung für Violine, Oboe und Orchester) durch die Akademie für Alte Musik Berlin ( Tracks 10-12, siehe oben)


    Für mich, der ich diese Konzerte schon von Kindheit an auswendig kenne, ist diese Interpretation von BWV 1060 kaufentscheidend, denn hier passt musikalische gesehen alles - ein richtiger Glücksfall.
    Einfach hineinhören, und man müsste eigentlich verstehen, wovon ich rede. Die CD kommt mir auf die Liste...


    Fazit:


    Ich würde mir durchaus die neuen, virtuosen und besetzungstechnisch besonders durchhörbaren Aufnahmen zulegen.
    Die Begeisterung hierüber kann ich verstehen und teilen, wenn auch nur mit einigen Abstrichen.
    Jedoch bin ich froh, dass ich für BWV 1056 und das d-moll -Konzert auf Harnoncourts frühere Version(en) zurückgreifen kann.


    Als für mich überraschenden Geheimtip sehe ich die von Bernhard ins Spiel gebrachte CD mit der Akademie für Alte Musik Berlin an - trotz der Besetzungsstärke.


    Bernhard: Vielen Dank für den wertvollen Hinweis :yes:


    Die "gemässigten" Aufnahmen Hugget/Koopman, Hugget/Hugget oder auch Wallfisch /Age of Enlightenment Orchestra besitze ich teilweise auch, und ich kann sie auch mehr oder weniger stark empfehlen.


    Kennt eigentlich jemand diese, wohl ebenfalls dem ausbalancierten Ideal verpflichtete Aufnahme Suzukis?



    Kann die einen eher fesseln oder langweilen?


    Für genauere Höreindrücke wäre ich dankbar.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Glockenton



    BWV 1052 mit den Musikern Seiler, Alpermann, Bötticher, Huntgeburth, Löffler, und der Akademie für Alte Musik Berlin


    Ich könnte mir vorstellen, dass wenn Bach mit seinem Collegium Musicum bei den Ordinairen Concerten sommers
    im "Zimmermannschen Kaffeegarten" am Grimmischen Steinweg zu Leipzig musizierte,
    er auch größere Besetzungen bevorzug haben könnte.
    Über genügend Instrumentalisten schien er verfügt zu haben, damalige Zeitungberichte schrieben über diese Konzerte u.a:


    "Die Glieder, so diese Musikalischen Concerten ausmachen, bestehen mehrentheils aus allhier
    Herrn Studierenden, und sind immer gute Musici unter ihnen"


    Und wegen der Balance, für ein Konzert im Zimmermannschen Garten am 17. Juni 1733 wurde
    "...ein neuer Claicymbel, dergleichen allhier noch nicht gehörert worden,..."
    angekündigt.
    Da käme das Klangbild der Aufnahme mit der Akademie für alte Musik Berlin schon nahe.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Was für Cembali spielen die Herren Alpermann und Bötticher denn hier? Die Klangschnipsel hören sich gut an - nur habe ich erst mal genug bestellt!

  • An sich wurden hier weitgehend aller erschienen Aufnahmen von Bach Violinkonzerten vorgestellt, kommentiert und bewertet. Jeder Neuerscheinung der letzten Jahre wurde bescheinigt, dass es eine "ganz besondere Aufnahme" sei und daß die eine völlig neue Sicht auf die Werke ermöglichten. "HIP" Aufnahmen beriefen sich auf ihre Authenzität - moderne Aufnahmen auf ihre Modernität, die einmal mehr die Zeitlosigkeit Johann Sebastian Bachs beweise.
    Dabei waren Bachs Violinkonzerte zu Beginn des 20. Jahrhunderts alles andere als ein Renner, wie das vorzügliche Beiheft zur hier gezeigten Aufnahme mit dem Freiburger Barockorchester detailliert erklärt. Im Gegensatz dazu kamen in den letzten Jahren zahlreiche Neueinspielungen auf den Markt von denen jede ihre Meriten hatte. Die hier vorliegende CD mit dem Freiburger Barockorchester und den Solisten Petra Müllejans und Gottfried von der Goltz bietet einen durchsichtigen, jedoch niemals dünnen Orchesterklang, der die Soloinstromente vorzüglich zur Geltung bringt. Ich habe versucht einen Unterschied zu "schnellen" Hilary Hahn zu finden. Dabei ist mir aufgefallen, daß bei der hier vorgestellten Aufnahmen die schnellen Sätze geringfügig langsamer gespielt werden (BWV 1042) während das Adagio um etwa diesen Unterschied weniger getrage interpretiert wird. Heraus kommt eine sehr locker musizierte , entspannte Aufnahme mit ausgewogenen Kontrasten. Vielleich will in Folge der eine oder Andere Besitzer dieser Aufnahme meine Worte bestätigen oder ihnen widersprechen....
    Schnelles Hineinhören (ich hatte kurz nach dem Kauf diesen Fehler gemacht) wird jedoch die Vorzüge dieser Aufnahme nicht enthüllen, man muß sie entspannt und mit Aufmerksamkeit geniessen....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich möchte Euch eine Geschichte rund um die Violinkonzerte nicht vorenthalte, die mich gerade heute Vormittag "ereilt" hat.
    In einer Facebookgruppe für norwegische Kirchenmusiker machte jemand auf eine sehr schöne Herreweghe-Interpretation von BWV 105 (Kantate) aufmerksam, die er auf Youtube verlinkte. Dort sah ich durch Zufall auf der rechten Seite diesen Vorschlag für eine Link mit Musik von Bach:



    Gleich nach den ersten Takten hat es mich "voll erwischt". "Ja, genau so, endlich spielt das mal einer so, wie ich mir das schon immer gewünscht habe".
    Hatte ich denn diese Aufnahme eigentlich? Ich war unsicher und schaute nach, ob der Youtuber angab, wer das eingespielt hat - er hat es nicht.
    Wahrscheinlich will er sich Schwierigkeiten mit dem Urheberrecht vom Leib halten - vielleicht hat er auch andere Gründe.
    Also durchsuchte ich das ganze Netz nach Aufnahmen von BWV 1041 mit Originalinstrumenten.
    Wer war das bloß?


    Es klang so ähnlich, als ob Leonhardt seine Finger im Spiel hatte, aber irgendwie doch nicht ganz. Und eigentlich wußte ich von keiner Aufnahme dieser Konzerte mit ihm. Also verglich ich sofort Sigisvald Kuijken und La Petite Bande und stellte viele Übereinstimmungen fest. Allerdings war es nicht das.


    So suchte ich weiter, wer in dieses Interpretenprofil passen könnte: Standage und Pinnock, Schröder und Hogwood, Hugget und Koopman, Hugget und eigener Leitung, Suzuki, Freiburger Barockorchester, Manze......und immer habe ich viel Positives gehört, aber eben nicht das.


    So fragte ich in meiner Verzweiflung per Mail den Youtuber, aber erhielt bisher keine Antwort.
    Wie hört sich nun das an?


    Tempo genau so, wie es sein soll, d.h. so, dass die Figuren als greifbare, lebende Bewegungsabläufe, als Gestik erfahrbar werden können.
    Bei Beyer z.B. hört man viel Virtuosität, allerdings scheint da ein inneres Getrieben-Sein von Takt 1 an dominant zu sein, was ich nicht mag.
    Die Artikulation ist hier sehr klar, ein bisschen "Leonhardt"" und sprechend, aber gleichzeitig doch auch absolut natürlich und fließend, eigentlich flüssiger als bei Leonhardt meistens üblich.
    Der Orchesterklang ist HIP, allerdings doch auch mit Wärme aus den unteren Frequenzregionen.
    Der Vibratoeinsatz ist kreativ und flexibel, die Einzeltonbelebung geschmackvoll....eben so, wie es sein sollte.
    Diese Aufnahme ist hochmusikalisch und profiliert sich durch Engagement, aber eben gerade nicht durch ruppig-zickige Akzentuierungen oder sonstwie abgefahren rasende (und damit rastlose) Tempi.


    Wer ist das dann bloß? Ich habe doch fast alle und kenne doch fast alle.


    Zum Schluss kam ich endlich auf die richtige Spur, verglich den Soundtrack mit dieser CD hier bei Amazon



    und hatte meinen Volltreffer. Elisabeth Wallfisch und Orchestra of the Art of Enlightment! Die hatte ich irgendwie nicht "auf dem Schirm", hatte sie wahrscheinlich als langweilige englische Standardware von der Stange einsortiert.
    Die Bestellung beim Gebrauchtmarkt erfolgte per sofort, und mit meinen Vorurteilen habe ich wieder einmal gründlich aufräumen müssen.


    Die Vorfreude verkürze ich mir mit dem Youtube-Link, siehe oben.


    Falls jemand diese Konzerte wirklich schätzt, sie vielleicht schon ein Leben lang kennt und sich fragt, ob es noch Sinn macht, hier eine Aufnahme zu erwerben:
    Hier ist eine dicke Empfehlung.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)


  • Heute angekommen - gefällt mir ausnehmend gut , und ich bin gut bestückt mit Alternativen (Grumiaux, Zehetmayer, Cafe Zimmerman, Hilary Hahn .....) . Als Alternative habe ich mir Oistrach bestellt - wenn es mir nach nicht HIP ist. Kennt jemand die Carmigonala Aufnahme?

    Gruss


    Kalli

  • Eine weitere Alternative:



    Johann Sebastian Bach (1685-1750)
    Violinkonzerte BWV 1041, 1042, 1055, 1056


    Arcangelo, Jonathan Cohen


    Alina Ibragimova, Violine



    Aber … erst ab 6.11. lieferbar …

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Als bekennender Carmignola Fan habe ich die DGG-Aufnahme der Bachschen Violinkonzerte auf meine Bestelliste gesetzt. Ein wenig beunruhigt hat mich, daß diese erst vor etwa einem Jahr erschienene CD bereits zum halben Preis angeboten wird. Aber letzlich kann mir das auch egal sein, vielleicht hat irgendein Kritiker die Aufnahme verrissen - oder aber der Markt ist mit Aufnahmen von Bach-Violinkonzerten übersättigt - was weiß ich. Ich habe sowohl in die jpc Soundsamples dieser Aufnahme, als auch in jene von Alina Ibragimova hineingehört - und mich fürs erste für die Carmignola Aufnahme entschieden, was nicht heisst, daß die andere nicht eventuell eines Tages nachfolgen wird. Ich hatte den Eindruck, daß die Carmignola Aufnahme etwas heller und durchsichtiger ist, zudem ist natürlich der Preis verlockend. Concerto Köln nehme ich in Kauf....


    Sobald ich die Aufnahme besitze - das wird allerdings voraussichtlich erst Mitte Dezember sein - vielleicht mehr darüber.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich höre gerade diese absolut "unhippe" Aufnahme - erstaunlich guter Klang für das Alter. Ganz anders als ich es von meinen anderen Aufnahmen gewohnt bin - viel ruhiger und voller tönend. Ist Hilary Hahn, Zehetmayer oder Cafe Zimmerman munterer so hat diese Aufnahme natürlich auch ihre Meriten. Es passt besser zu einem entspannten Hören am Abend oder in der Nacht - sie strahlt Ruhe aus ohne schläfig zu wirken - gefällt mir gerade weil sie so anders ist.

    Schönes Wochenende noch !


    Kalli

  • Schon am 4. November habe ich angekündigt diese Aufnahme erwerben zu wollen, irgendwie scheint die Aufnahme von meiner Liste verschwunden zu sein. Wenigstens habe ich jetzt nicht mehr zu bemäkeln, dass sie zu halben Preis verschleudert wird, inzwischen kostet sie wieder den Vollpreis....
    Carmignola ist immer wieder ein Erlebnis. Ich hab mich gefragt ob wir hier einen Bach "Italianita" zu hören bekommen werden.
    Die Antwort ist :JA. Und ich finde, daß das eine ganz vorzügliche Kombination ist. Dazu kommt, daß Carmignola die langsman Sätz mit einem undefinierbaren melancholischen Hauch versieht, den wir schon von seinen Vivaldi-Aufnahme her kennen, und die seinen Interpretationen eine emotionelle Tiefe geben, die anderswo im besten Falle zu erahnen ist. Die Aufnahme enthält zu den angekündigten 3 Violinkonzerten zusätzlich noch die Rekonstruktionen der Konzerte BVW1056 und BWV1052, die wir in der Cembaloversion all besten kennen, es handelt sic aber vermutlich um 2 der als verloren gegangen gemeldeten Violinkonzert (insgedamt sollen 8 Violinkonzerte existiert haben. Die Rekonstruktion hat Marco Serino vorgenommen, der mit der Arbeitsweise Bachs vertraut ist, vermutlich hat ja Bach selber die beiden ursprünglichen Violinkonzerte zu Cembalokonzerten umgschrieben. Das Hörergebnis ist beeindruckend. Die beiden Konzerte heissen auf dieser Aufnahme folgerichtig BWV 1056R und BWV 1052R R steht in diesem Fall zu Rekonstruktion. Man kann natürlich nicht wissen wie nah man dem Original gekommen ist, aber man weiß dass man in jedem Falle sehr nah dran ist. Diese Rekontruktionen gehen mit Sicherheit über pure Spekulation hinaus uns sind schon insofern unbedenklich., da Bach selbst stets Veränderungen an seinen Werken vorgenommen hat.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vorausschicken möchte ich, dass ich bekennender Non-HIP-Hörer bin. Deshalb schätze ich u.a. besonders die in Beitrag 81 genannte und gelobte Aufnahme von Vater und Sohn Oistrach, die nach wie vor für mich eine Favoritenrolle einnimmt.


    Da ich seit vielen Jahren ein Verehrer des französischen Geigers Zino Francescatti (1902-1991) bin, habe ich mir vor kurzem folgende Aufnahme zugelegt:
    BACH: Doppelkonzert BWV 1043 + Violinkonzerte BWV 1041 & BWV 1042
    Zino Francescatti & Régis Pasquier (BWV 1043), Violine; Festival Strings Lucerne, Dirigent: Rudolf Baumgartner (Aufnahme: 9/1971).


    Francescattis Aufnahmen der Violinkonzerte von Brahms, Mendelssohn, Tschaikowsky und Sibelius (alle CBS/Sony) halte ich nach wie vor für hervorragend, und seine letzte Aufnahme des Beethoven-Konzerts op. 61 (vorausgegangen war eine Mono-Produktion unter Eugene Ormandy von 1950) mit Bruno Walter (1961, Stereo) ist für mich eine der besten des gesamten Repertoires. Sein lupenreines Geigenspiel, seine technische Meisterschaft und sein Werkverständnis sind vorbildlich.
    Ich muss sagen, ich war mehr als angenehm überrascht, denn Francescatti als Bach-Spieler war bisher für mich eine unbekannte Größe. Aber ich muss sagen, ich bin uneingeschränkt begeistert, seine Aufnahme braucht sich hinter der Oistrach-Version keineswegs zu verstecken. Sie war bei Amazon günstig zu erwerben; die Anschaffung hat sich gelohnt!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo nemorino,


    ich bin bekennender HIP-Hörer, aber es gibt etliche Non-HIP-Aufnahmen, die ich sehr liebe. Dazu gehören z.B. etliche Einspielungen mit Neville Marriner und der Academy of St. Martin.


    Bei Bachs Violinkonzerten ist seit etlichen Jahren aber diese hippe Aufnahme meine Favoritin:


    Bach, J.S.: Violin Concertos BWV 1041 & 1042; Double Concerto BWV 1043

    Simon Standage & Elizabeth Wilcock & Trevor Pinnock & The English Concert


    Eine wunderschöne Einspielung, typisch im Stil Trevor Pinnocks und seines The English Concert: lebendig, transparent, HIP ohne ruppig zu sein, konzentriert und unaufgeregt - einfach sehr schöne Musik.


    Es gibt auch andere, die ich mag (Wallfisch, Café Zimmermann ... aber auch Isaac Stern usw.)


    Mit besten Grüßen von der südlichen Nordsee, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • es gibt etliche Non-HIP-Aufnahmen, die ich sehr liebe.

    Hallo Andrew,


    das eine muss das andere ja nicht ausschließen! Auch bei mir gibt es einige HIP-Aufnahmen, die ich außerordentlich schätze, so z.B. diese der Violinkonzerte von Bach aus dem Jahr 1971:

    Eduard Melkus mit der Capella Academica Wien. Weitere Mitwirkende: Spiros Rantos (Violine) und Konrad Ragossnig (Laute), letzterer in dem gekoppelten Vivaldi-Konzert für Viola d'amore, Laute u. Streicher RV 540 (AD: 1977).
    Die von Dir genannte Aufnahme der Bach-Konzerte mit The English Concert und Trevor Pinnock kenne ich leider nicht, aber das Ensemble ist mir wohlbekannt aus diversen Aufnahmen, u.a. von dieser, die mir außerordentlich gefällt:
    oder von dieser Sammel-CD:
    Besonders die "Frost-Szene" aus Purcells "King Arthur" mit Brian Bannatyne-Scott ist glänzend gelungen, von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" abgesehen, von denen hier nur "Der Winter" enthalten ist.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich habe nur etwa eine Handvoll Einspielungen dieser Werke. Viele HIP- oder auch neuere auf modernen Instrumenten sind mir zu "runtergezockt", zu schnell und undifferenziert, keine "Klangrede".
    Aber die "alte Schule" à la Oistrakh (da hatte ich mal eine andere als die hier gezeigte Einspielung, nämlich von Berlin Classics, wo, glaube ich, Igor die Solo- und David nur im Doppelkonzert spielt) ist mir dann wieder viel zu "fett". Francescatti würde mich auch interessieren, aber meine Erfahrungen mit den "proto-HIP"-Kammerensembles der 60er sind auch eher gemischt. Zwar nicht so "fett" wie Oistrakh, aber oft zu trocken und langweilig. (Ketzerischerweise höre ich vermutlich die Klavierfassungen der Solokonzerte mit Gould o.a. häufiger als die Originale :untertauch: )
    Mein Favorit (leider ohne Doppel) ist eine HIP-beeinflusste Einspielung auf modernen Instrumenten von Th. Zehetmair; inzwischen sogar spottbillig in einer Neuauflage.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)