Nationalhymnen in klassischen Themen/Musik eingebettet

  • Im 4. Satz (Finale) von Joaquín Rodrigos Concierto Heroico für Klavier und Orchester meine ich die thematische Verarbeitung der Marseillaise herauszuhören. Kann das jemand bestätigen? Ich kann im Internet nichts darüber finden und vermute daher fast, daß ich Gespenster höre.


    (An ähnliche, wenn auch nur punktuelle, Verarbeitungen der Marseillaise in einer Moll-Tonart erinnere ich mich im Rahmen des Soundtracks zu Casablanca ... )


    ^_^J.

  • Die Marseillaise ist in jedem Falle hier zu hören:




    Etienne-Nicolas Méhul
    L'Irato ou l'Emporté
    Opéra comique en un acte


    Miljenko Turk, Bass [Scapin]
    Cyril Auvity, Tenor [Lysandre]
    Pauline Courtin, Sopran [Isabelle]
    Alain Buet, Bass [Pandolphe]
    Svenja Hempel, Sopran [Nérine]
    Georg Poplutz, Tenor [Balouard]


    Bonner Kammerchor
    l'arte del mondo
    Werner Ehrhardt


    ...und zwar zu den Worten Femme jolie et du bon vin, voilá [Eine hünsche Frau und ein gutes Glas Wein...].


    :]


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von gyokusai
    Im 4. Satz (Finale) von Joaquín Rodrigos Concierto Heroico für Klavier und Orchester meine ich die thematische Verarbeitung der Marseillaise herauszuhören. Kann das jemand bestätigen? Ich kann im Internet nichts darüber finden und vermute daher fast, daß ich Gespenster höre.


    Hallo gyokusay,


    ich habe mir gestern Abend noch auf deine Anregung hin das Concerto Heroico angehört und bin dann im letzten Satz auch drüber gestolpert.
    In der Tat wird die Marsellaise unüberhörbar angedeutet (es ist bei dem Werktitel ja auch naheliegend). Also zumindestens der Anfang der Hymne und des Themas dürften gleich sein. Im Klavierkonzert geht es dann aber anders weiter.
    Der Charakter des Satzes entspricht aber schon deutlich dem Heroischen.



    Gruß, Peter.

  • Villa-Lobos Symphonien Nr. 3 »A Guerra« (1919) und Nr. 4 »A Vitória« (ebenfalls 1919) sind auch von Fragmenten der »Marseillaise« durchgeistert. Die beiden Werke bilden gemeinsam mit der (leider verschollenen) 5. Symphonie »A Paz« ein symphonisches Triptychon, das den Ersten Weltkrieg reflektieren sollte.
    In der 3. spielt die »Marseillaise« im Finale eine Rolle: Der Satz, der zunächst ein finster-martialisches Bild der Schlacht (er ist »A Batalha« betitelt) zeichnet, zitiert in seinem Schlußabschnitt zunächst einige Takte der brasilianischen Nationalhymne, um dann doch recht deutlich auf die »Marseillaise« anzuspielen. Diese Anspielungen werden dann in der etwas lichtvolleren 4. Symphonie aufgenommen, insbesodnere im 3. Satz, in dem die »Marseillaise« offen zitiert wird - als Symbol des Jubels nach erfolgreichem Kampf für die Freiheit.


    Ganz herzlich,
    Medard


  • Hallo Peter,


    ha, doch keine Gespenster gehört! :-) Ich war etwas unsicher geworden, weil — wie Du ganz richtig sagst — das bei dem Werktitel ja auch naheliegend wäre, aber ich trotzdem nirgendwo eine Referenz dazu finden konnte. Im Gegenteil: Auf den (dürftigen + identischen) Wikipedia-Einträgen in Englisch und Französisch zum Concerto Heroico steht sogar, daß vermutet wurde, das Konzert sei „pro Franco“ komponiert worden wegen seines martialischen Einschlags; eine Vermutung, die ja eigentlich schon im Ansatz unsinnig wäre wegen der Verarbeitung des Marsellaise-Themas. Oder? ?(


    Gruß,
    ^_^J.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Da habe ich doch völlig diese CD vergessen:



    U.a. Czernys Variationen über ein Thema von Haydn (Opus 73). Das Thema ist das berühmte "Gott erhalte Franz der Kaiser".


    LG, Paul

  • Gibt es eigentlich irgendwas, das die alte Sowjethymne (und wieder aktuelle russische Hymne) verarbeitet?


    Ist imho die musikalisch beste Hymne, die je geschrieben wurde, mit vermutlich einem der bescheuertsten Texte - aber sei´s drum...Land of Hope and Glory (resp. God shave our gracious Queen) oder Länd off ze Friiiiiiiiii sind ja textlich auch nicht viel besser

  • Weitere verwendete Nationalhymnen in der klassischen Musik (zu den schon erwähnten):


    1. "God save the Queen/King" in Beethovens "Wellingstons Sieg" (2. Abteilung, Siegessymphonie)


    2. "Marseillaise" im "Paris-Walzer" von Johann Strauß (Vater)


    3. "Festouvertüre auf die dänische Hymne" von Tschaikowsky


    4. Die Zarenhymne kommt auch bei Tschaikowskys "Ouvertüre F-Dur" vor


    5. "Hymnen" von Karlheinz Stockhausen


    6. "Die Internationale" im letzten Bild des Balletts "Der rote Mohn" von Reinhold Glière


    7. Der Schluß der österr. Kaiserhymne am Ende des "Kaiser-Franz-Josef-I.-Rettungs-Jubel-Marsch" von Johann Strauß (Sohn)


    8. Die britische Hymne "God save the King" für Sopran, Tenor, Bariton, Violine und Klavier bearbeitet von Beethoven in der Sammlung "12 Lieder verschiedener Völker" WoO 157


    9.Die "Marseillaise" kommt auch noch in Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" vor (weiß jetzt aber nicht mehr, an welcher Stelle)


    10. "Variations on America" von Charles Ives, als die Melodie der amerikanischen Hymne noch die gleiche wie jene Großbitanniens war ("God save the ...").


    11. Und wenn man "Rule Britannia" auch noch als Hymne gelten läßt, so gibt es noch von Beethoven (außer in "Wellingtons Sieg") die 5 Variationen D-Dur über Rule Britannia WoO 79, für Klavier, aus dem Jahre 1803.


    12. In Charles Ives' Kriegslied "In Flanders Field" kommen gleich 3 Hymnen zum Vorschein: "Columbia, the Gem of the Ocean", "God save the Queen" und die "Marseillaise".


    So, das wars vorerst, was mir zu dem Thema eingefallen ist.


    (Dies war mein erster Beitrag in diesem Forum. Als "Neuling" hoffe ich auf fruchtbare und interessante Diskussionen hier!)

  • Hallo,


    Ich bin mir nicht sicher ob es schonge nannt wurde. (Es passt auch nicht wirklich in diesen Thread)


    1."Die Internationale", welche bis 1944 als Nationalhymne der Sowjetunion benutzt wurde und danach weiterhin als algemeine "Hymne des Sozialismus" weiterverwendet wurde, baute Reinold Glière in seinen wunderbaren "Heroischen Marsch für die Burjätisch-Mongolische A.S.S.R." ein.



    Eine sehr empfehlenswerte CD!



    2.Der "Grenadiers Slow March" - Zwar non-vokal, aber in Großbritannien (genau wie Rule Britannia) sehr, sehr beliebt und als ein musikalisches Nationalsymbol anerkannt.
    Er wird im Finalsatz von Ignatz Moscheles 4.Klavierkonzert zu einem herrlichen Rondo verwustet.



    LG
    Raphael

  • Felix Weingartner (1863 - 1942)


    Aus ernster Zeit - Ouvertüre op. 56 (1914)


    In dieser, am 08.11.1914 von den Wiener Philharmonikern uraufgeführten Ouvertüre zitiert Weingartner die "Marseillaise" (Allons enfants de la Patrie ... ), die bis 1918 gültige "Österreichische Kaiserhymne" (Gott erhalte Franz den Kaiser ...) und die ebenfalls bis 1918 gültige "Kaiserliche Hymne des Deutschen Reiches" (Heil dir im Siegerkranz ... ).


    Außerdem erklingen Zitate aus Beethovens "Coriolan" und "Wellingtons Sieg", Schummans "Manfred" und Tschaikowskis "MAzzepa". Eine lisztige Geste am Ende des Werkes beschließt sehr effektvoll die Komposition.


    Fazit: Sehr unterhaltsam!



    Neben der 5. Symphonie ist die Ouvertüre auf folgender CD vertreten:


    Sinfonieorchester Basel
    Marko Letonja


    CPO



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Bis vor kurzem im Player: Ein relativ unbekanntes frühes Werk von Smetana mit 3maligem Zitat der österreichischen Kaiserhymne: Triumph-Sinfonie. Details dazu finden sich bereits in Beitrag Nr 54 diese Threads (vom 12. November 2008) geschrieben vom Ex Mitglied "Jeanquirit"
    Allerdings war nach dessen Aussagen keine Einzelaufnahme des Werkes erhältlich - man musste zu einer Box greifen.
    Wie auch immer - derzeit gibt es das Werk (noch?) als Einzelveröffentlichung auf Marco Polo - als Abverkauf um 6.99 Euro....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • *wachküss*


    In dem Thread sprossen zwar einige Krautköpfe und Rüben, aber warum nicht weitersammeln?


    Die Zarenhymne erklingt bei Tschaikowsky nicht nur in der bereits erwähnten 1812-Ouvertüre sondern auch im


    - Slawischen Marsch Opus 31


    - und dem Krönungsmarsch (1883, für Aleksandr III)


    zahlreiche weitere Zitate oder Anlehnungen/Andeutungen der Hymne würden mich bei Tschaikowsky nicht überraschen. In einer der frühen Sinfonien muss ich da nochmal einer verdächtigen Stelle nachspüren.


    Zuvor wurde in diesem Thread geschrieben, dass Tschakowskys F-Dur-Ouvertüre die Hymne zitieren würde. Ich konnte diese dort nur als Anlehnung in einem Themenkopf, nicht als eindeutiges Vollzitat finden (was vielleicht an verschiedenen Fassungen liegt).



    Die Zarenhymne erklingt aber auch bei vielen anderen Komponisten. Auch im Westen. Gounod schrieb eine Fantasie für Klavier und Orchester darüber.





    Zu Tschaikowskys Krönungsmarsch schritt gestern wieder ein anderer Zar seiner erneuten Vereidigung entgegen.


    Er hat Jehova gesagt!

  • Am besten von den mir bekannten Nationalhymnen gefällt mir die von Israel, die ja, wie schon erwähnt, dem Thema der Moldau ähnelt.

  • die britische Hymne "God save the Queen" wird in der Ouvertüre von Donizetti's "Roberto Devereux" mehrfach zitiert, auch wenn diese Hymne zur Zeit Elisabeths I. noch gar keine Hymne war (das erste Mal bei 0:40)


    Carl Maria von Weber verarbeitet die gleiche Melodie in seiner Jubel-Ouvertüre op. 59 (bei ca. 7:10)


    auch Beethoven war von der Melodie anscheinend recht angetan, denn er verarbeitete sie in seinen "7 Variationen in D-Dur WoO 78 über God save the King"

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Ich habe diesen Thread aufgesucht, um ein mögliches Marseillaise Zitat im Concierto Heroico von Joaquin Rodrigo zu verifizieren. Da haben mich meine Ohren anscheinend nicht getäuscht. Es wurde in Beitrag 63 bis 65 behandelt.


    Wem vielleicht in anderen Werken eine Nationalhymne begegnet, für den ist die Doppel-CD hilfreich.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Carl Maria von Weber verarbeitet die gleiche Melodie in seiner Jubel-Ouvertüre op. 59 (bei ca. 7:10)

    Das ist technisch korrekt. Allerdings soll das im Falle der Jubel-Ouvertüre die damalige königlich sächsische Hymne sein, welche dieselbe Melodie hatte (wie in dieser Zeit so viele Hymnen).

    Der Text lautete 1818 wie folgt und bezog sich auf das 50. Regierungsjubiläum von Friedrich August I. (regierender Kurfürst 1768, König 1806):


    Blühe, du Rautenkranz,
    in schöner Tage Glanz
    freudig empor!
    Heil, Friedrich August, Dir,
    heil, guter König, Dir.
    Dich, Vater, preisen wir
    liebend im Chor!


    Ebenfalls zitiert wird die Melodie am Ende von Berwalds Schlacht bei Leipzig von 1828. In diesem Falle ist es die königlich schwedische Hymne Bevare Gud vår kung (ab 15:58).


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões