Rettet den Münchner Rosenkavalier

  • Zitat

    Zitat von LaRoche: Du weißt genau, wen ich mit og. "diskriminierenden, unsachlichen, hämischen" (den Schreibfehler bitte ich zu entschuldigen) Bemerkungen gemeint habe.

    Lieber LaRoche,


    einige der von dir genannten Beiträge werden ja bei mir nicht mehr angezeigt, weil mich das ständig wiederholte, immer gleiche Gerede nicht mehr interessiert. Ich vermute aber, dass es darin wieder, wie immer, um die hilflosen Versuche geht, meine Meinung zu diskriminieren. Lass sie ruhig schreiben, wenn es ihnen so viel Freude bereitet, immer wieder meinen Namen zu nennen und ihnen nichts Sinnvolleres mehr einfällt. Die Leser wissen schon, was sie davon halten sollen und mir verlängert das Lachen darüber das Leben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich – als Kulturkonsument ebenso zugehörig dem bürgerlichen Opern-Publikum – begrüße ausdrücklich solche „Unverschämtheiten“ Bachlers.
    Denn eine geglückte Aufführung, die eben nicht versucht beflissen inkrustierte Erwartungen sich dienstbar machen bzw. diese wohlfeil zu bedienen, ermöglicht den eigenen Wahrnehmungshorizont beim Reinziehn zu übersteigen bzw. in Frage zu stellen. Und das bildet m.E. eine entscheidende Zielgerade ästhetischer Erfahrung.

    Lieber Amfortas,


    gerne gebe ich Dir recht, dass der Regisseur seine Sicht der Oper in seiner Interpretation verwirklichen und das Publikum damit konfrontieren muss. Das ist der ideale Weg, besonders, wenn diese regieliche Leistung dann gelungen ist und angenommen wird, wobei auch Auseinandersetzung beweist, dass die Aufführung wirkt und Reaktionen auslöst. Häufig sieht die Praxis allerdings leider anders aus.
    Seit rund 50 Jahren wirke ich mitgestaltend an den Programmen des Heilbronner Sinfonie Orchesters mit. Wenn wir nur das spielen würden, was der Dirigent und das Orchester gerne spielen wollen könnten wir den Laden zumachen. "Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler". Nach diesem Prinzip müssen wir Programme gestalten, wenn wir den Publikumszuspruch erreichen wollen, den wir brauchen, um existieren zu können. Wobei ich kurz Zahlen sprechen lassen möchte: Das HSO hat rund 1.400 Abonnenten, einen Durchschnittsbesuch von rd. 1.700 Besuchern pro Konzert und spielt über 60% seines Budgets als Eigenleistung ein. Damit hat das Orchester die höchste Abonnentenzahl in ganz Baden-Württemberg. Diese für uns notwendigen Besucherzahlen und Einspielergebnisse erreichen wir nur durch ein Programm, das die Wünsche unseres Publikums in der Region in besonderem Maße erkennt und erfüllt. Das heißt keineswegs, dass wir ein zu volkstümliches, leichtes (Wunsch) Programm bieten. Wir finden den richtigen Mix von populären und anspruchsvollen Stücken, bieten Events wie Weihnachtskonzert, Opernkonzerte, Open-Air Veranstaltungen, Mai-Musik, Junge Talente usw. Bei den Solisten präsentieren wir bevorzugt junge hochbegabte Musiker möglichst am Anfang großer Karrieren. Wir pflegen in ganz besonderem Maße Kontakte zu unserem Publikum. Wer sich unsere Programme ansehen möchte, findet diese unter http://www.hn-sinfonie.de. Selbstverständlich muss das Orchester hohe künstlerische Qualität bieten - auch das wird mit einem engagierten Dirigenten und einem sehr spielfreudigen Klangkörper erreicht.
    Herr Bachler kann in München und mit den Subventionen, die ihm zur Verfügung stehen, dem Publikum zeigen, was es sehen soll. Wir müssen unserem Publikum bieten, was es hören und sehen will.
    Wobei man aus der Diskussion durchaus Grundsatzfragen ableiten kann: Gibt es einen Markt für ein Elitepublikum und einen Markt für den "normalen" Opern- und Konzertbesucher? Sind die Nutzer eines Klassik Forums - also wir Taminos - Teil dieser Elite und haben ebenfalls sehr gehobene elitäre Ansprüche, anders als der Durchschnitt der Klassikkonsumenten?
    In der Beantwortung dieser Fragen würden sich sicherlich auch Antworten auf unsere ewige Diskussion "Tradition verus Moderne" ergeben. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass ich als schwerpunktmässig im Musikmanagement Tätiger in der Diskussion und ganz besonders in der täglichen Praxis die wirtschaftlichen, finanziellen und marketingmäßigen Herausforderungen zu betrachten und zu erfüllen habe. Wir bereiten den Boden und schaffen die Voraussetzungen, dass Klassik überhaupt in Städten wie Heilbronn angeboten und das breite Publikum zum Besuch klassischer Musik animiert werden kann. Also nicht Kunst oder Kommerz, sondern Kunst und Kommerz.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Was ich, milde ausgedrückt, für eine Unverschämtheit halte. Für mein Eintrittsgeld möchte ich sehen, was ich sehen will, nicht was ich sehen soll. [...]

    Ich halte Bachlers Aussage nicht für eine Unverschämtheit, sondern im Gegenteil für vollkommen richtig! - Wo wären wir denn mit all unserer Kunst, wenn Wagner, Kafka oder Kandinsky komponiert, geschrieben oder gemalt hätten, was die Leute gewollt haben? Überspitzt formuliert: Wir hätten wohl einfach nur ein paar unbedeutende Operetten, Courths-Mahler-Romane und "Röhrender Hirsch"-Bilder mehr. Ist es nicht geradezu eine der Haupt-Antriebskräfte von Künstlern, etwas zu schaffen, von dem sie überzeugt sind, dass es die Menschen sehen, hören oder lesen sollen?
    Nun ist Bachler kein Künstler, sondern "nur" Intendant, aber als solcher quasi ein behördlich bestallter Sachwalter der Kunst. Er muss also, sollte er seine Aufgabe ernst nehmen, die Position des (zumeist nicht mehr lebenden) Künstlers einnehmen und im Zweifel muss er dies radikal tun, ohne Rücksicht auf was die Leute wollen. Wenn hingegen ich persönlich mich nur mit dem konfrontieren möchte, was ich will - was dann natürlich keine wirkliche Konfrontation mehr ist - dann muss ich mein Heil eben im komerziellen Bereich suchen, also dort, wo aus einem durchaus legitimen Gewinngedanken heraus das geboten wird, was gewollt ist. Ist dann nur meistens auch etwas teurer, als ein Opernabend oder ein Museumsbesuch ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Nur ist Bachlers Überzeugung, dass die momentane Zeit (oder gar das Zeitgeschehen, cf. Fritzl-Geschichte in der Rusalka) sich in den Inszenierungen widerspiegeln müsse, kein Gesetz, sondern einfach seine Meinung, auf die er selbstverständlich ein Anrecht hat. Genauso kann man auch der Meinung sein, dass die Oper ein Museum sein solle, d.h. eine durch das Libretto vorgegebene Handlung mit den heutigen technischen Möglichkeiten erzählt werden solle. Und auch auf diese Meinung hat man ein Anrecht. Dies zumindest scheint ja bei dieser Rosenkavalier-Inszenierung (wobei ich das Werk überhaupt nicht mag) schlüssig umgesetzt zu sein.
    Und Bachler ist glücklicherweise schlau genug seine Meinung gelegentlich zu durchbrechen. Sonst wären die hervorragende Stölzl-Inszenierung des Chénier oder die recht traditionelle Inszenierung des Trittico von Frau de Beer nicht möglich gewesen.

  • Häufig sieht die Praxis allerdings leider anders aus.

    Wenn wir nur das spielen würden, was der Dirigent und das Orchester gerne spielen wollen könnten wir den Laden zumachen.

    Unbestritten. Besucher-Zuspruch zu z.B. Pfitzner Palestrina oder Humperdincks Königskinder sind gering. Geringer sgar als zu B.A. Zimmermann Soldaten, Schönbergs Moses und Aron, Bergs Wozzeck, Lulu …..

    Herr Bachler kann in München und mit den Subventionen, die ihm zur Verfügung stehen, dem Publikum zeigen, was es sehen soll. Wir müssen unserem Publikum bieten, was es hören und sehen will.

    Glücklicherweise gibt es Subventionen, damit auch mal Mucke von z.B. Pfitzner, Nono, Nunes oder Dallapiccola gespielt werden kann.
    Einige RT-Phobe wünschen sich diese abgeschafft.



    Wobei man aus der Diskussion durchaus Grundsatzfragen ableiten kann: Gibt es einen Markt für ein Elitepublikum und einen Markt für den "normalen" Opern- und Konzertbesucher? Sind die Nutzer eines Klassik Forums - also wir Taminos - Teil dieser Elite und haben ebenfalls sehr gehobene elitäre Ansprüche, anders als der Durchschnitt der Klassikkonsumenten?

    Ich zähle mich keinesfalls zu einer Elite gehörig, sondern als ein bürgerlicher Durchschnitts-Kulturkonsument, der durch seine Steuern und Eintrittspreise ebenso ein Anrecht auf seine Bespaßung a la Bachler einfordert, nämlich dass seine Erwartungen, seine beschränkten ästhetischen Grenzen durchbrochen werden.
    Und das Erwartungendurchbrechen hat schon lange Tradition. Z.B. in Beethovens 7. Sinfonie 1. Satz Reprise. Der Hörer erwartet da triumphale Wiederkehr des Hauptthemas (wie in Expo), aber es kommt sehr verhalten durch Holzbläser rüber, somit wird Hörererwartung beim Mucken-Reinziehn gehörig geäfft..

    Nur ist Bachlers Überzeugung, dass die momentane Zeit (oder gar das Zeitgeschehen, cf. Fritzl-Geschichte in der Rusalka) sich in den Inszenierungen widerspiegeln müsse, kein Gesetz, sondern einfach seine Meinung, auf die er selbstverständlich ein Anrecht hat.

    Ist aber nicht bloße Meinung von Bachler, sondern gründet sich auf ein Merkmal von Kunstwerken selbst. Z.B. Wagners Werke sind gleichsam auch Geschichtsschreibung, auch seine Zeit in Mucke, Texten und Bildern gestaltet.

    Genauso kann man auch der Meinung sein, dass die Oper ein Museum sein solle, d.h. eine durch das Libretto vorgegebene Handlung mit den heutigen technischen Möglichkeiten erzählt werden solle.

    Klar hat man Anrecht auf Langeweile. Ist schon Okay.

  • Ich habe damals die Unverschämtheiten des Herrn Bachler in dem Interview gesehen. Für mich klang das das ganz einfach so: Was kümmert mich der Autor und das, was er will. Was kümmert mich ein Publikum, das das Stück des Autoren sehen will, was kümmert mich überhaupt das Publikum, wir können auch ohne es leben, denn wir erhalten ja Subventionen, von denen wir leben können, und sind nicht auf es angewiesen. Mich kümmert lediglich, was wir wollen, und das Publikum - soweit es kommt - hat gefälligst das zu schlucken, was wir ihm anbieten, auch wenn das Stück nicht mehr wieder zu erkennen ist.
    Gäbe es keine Subventionen, mit denen man alles machen kann, würde er sicher ganz anders reden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich habe damals die Unverschämtheiten des Herrn Bachler in dem Interview gesehen. Für mich klang das das ganz einfach so: Was kümmert mich der Autor und das, was er will. Was kümmert mich ein Publikum, das das Stück des Autoren sehen will, was kümmert mich überhaupt das Publikum, wir können auch ohne es leben, denn wir erhalten ja Subventionen, von denen wir leben können, und sind nicht auf es angewiesen. Mich kümmert lediglich, was wir wollen, und das Publikum - soweit es kommt - hat gefälligst das zu schlucken, was wir ihm anbieten, auch wenn das Stück nicht mehr wieder zu erkennen ist. Gäbe es keine Subventionen, mit denen man alles machen kann, würde er sicher ganz anders reden.

    Ich habe mir das oben verlinkte BR-Interview auch angesehen und kann so gut wie nichts von dem, was Du schreibst darin nachvollziehen!? Oder geht es jetzt um das an dieser Stelle zitierte Spiegel-Interview, welches Du allerdings schwerlich gesehen, sondern eher gelesen haben kannst?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Mich kümmert lediglich, was wir wollen, und das Publikum - soweit es kommt - hat gefälligst das zu schlucken, was wir ihm anbieten, auch wenn das Stück nicht mehr wieder zu erkennen ist.
    Gäbe es keine Subventionen, mit denen man alles machen kann, würde er sicher ganz anders reden.


    Da zeigt sich mal wieder die Ahnungslosigkeit des Herrn Wischniewski: Die Bayerische Staatsoper hat regelmäßig eine Auslastung von um die 95%. Das Publikum kommt also. Wahrscheinlich hat es bisher versäumt, sich durch die substantiellen Beiträge des Opernkenners Gerhard Wischniewski - eine Zusammenfassung der wesentlichen Argumente findet man hier - davon überzeugen zu lassen, dass es mit Ausnahme des "Rosenkavaliers" nur Verunstaltungen vorgesetzt bekommt und daher zu Hause bleiben sollte.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich habe mir das oben verlinkte BR-Interview auch angesehen und kann so gut wie nichts von dem, was Du schreibst darin nachvollziehen!? Oder geht es jetzt um das an dieser Stelle zitierte Spiegel-Interview, welches Du allerdings schwerlich gesehen, sondern eher gelesen haben kannst?


    Da geht auch nach meiner Beobachtung wohl einiges durcheinander. Das oben verlinkte Interview habe ich mir vorhin auch angesehen. Mit größtem Interesse. Es ist allerdings schon zwei Jahre alt, und ich könnte mir denken, dass Bachler heute manche Dinge schon wieder ganz anders sagt. Dafür ist dieser Mann viel zu klug, zu wach und in der Zeit. Ich bin also auch etwas ratlos, welche "Unverschämtheiten" Gerhard darin ausgemacht haben will. ?(

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Michael,


    das Interview, das ich gesehen habe, ist schon längere Zeit her (es könnten bereits 2 oder 3 Jahre sein) und wurde - soweit ich mich erinnere - im WDR gesendet. Ich weiß nur, dass er damals (sinngemäß) gesagt hat, das Publikum habe das gefälligst so hinzunehmen, wie wir es ihm bieten. Ich habe mir auf deinen Hinweis jetzt das hier verlinkte Interview angesehen. Das ist gegenüber den damaligen Aussagen recht zahm. Ich war damals entsetzt und für mich war damit ein Herr Bachler indiskutabel.
    Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen. Ich bin sehr erfreut, dass in diesen wenigen Tagen bereits 1200 Unterschriften zustande gekommen sind und ich bleibe dabei. Könnten alle Opernfreunde - so wie wir - mit einem Computer umgehen, hätten die Zeit, sich eingehend damit zu beschäftigen und würden zufällig auch auf diese Petition stoßen, wäre sicherlich schon ein Vielfaches dieser Unterschriften vorhanden. Für mich ein wiederum Zeichen, wie sehr Inszenierungen, die dem Werk des Autoren (ohne modische Entstellungen) gerecht werden, vom Publikum geschätzt werden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Die Bayerische Staatsoper hat regelmäßig eine Auslastung von um die 95%. Das Publikum kommt also. Wahrscheinlich hat es bisher versäumt, sich durch die substantiellen Beiträge des Opernkenners Gerhard Wischniewski - eine Zusammenfassung der wesentlichen Argumente findet man hier - davon überzeugen zu lassen, dass es mit Ausnahme des "Rosenkavaliers" nur Verunstaltungen vorgesetzt bekommt und daher zu Hause bleiben sollte.


    Das Hauptproblem ist, dass nicht alle potentiellen Operngänger, die bekanntermaßen und wissenschaftlich erwiesen zu mindestens 99% der gleichen Meinung wie "Gerhard Wischniewski" sind, über die Möglichkeit verfügen, hier im TAMINO-Klassikforum die goldenen Worte des unermüdlichen Frontmannes im Kampf gegen das Verunstaltungstheater zu lesen. Hätten alle Opernfreunde diese Möglichkeit, wären die Bayerische Staatsoper (aktuell über 95% Auslastung) und die Komische Oper Berlin (93% Auslastung) selbstverständlich gähnend leer, weil alle wüssten, dass sie dort nur üble Fälschungen und Verunstaltungen vorgesetzt bekommen, die nichts, aber auch gar nichts mit einem echten Opernerlebnis zu tun haben.

  • Herr Bachler kann in München und mit den Subventionen, die ihm zur Verfügung stehen, dem Publikum zeigen, was es sehen soll. Wir müssen unserem Publikum bieten, was es hören und sehen will.

    Lieber Operus,


    das ist süffig formuliert. Hast Du Dich aber mit dem Konzept von Herrn Bachler wirklich auseinandergesetzt? Kennst Du es überhaupt so genau wie Deines? Das bezweifle ich. Auch in München wird nur mit Wasser gekocht und kein Intendant kann auf Dauer bestehen, der das "Kommerzielle" gar nicht berücksichtigt. Der Kompromiss wird nur regionenspezifisch sehr unterschiedlich ausfallen. Es reicht nicht, immer nur zu behaupten, Theater werde gegen das Publikum gemacht. Wenn die Häuser voll sind, ist diese Behauptung eben schwer zu belegen. Und ernsthafte Probleme scheint es in München offenbar nicht zu geben in dieser Hinsicht. Außerdem sollte man einen Satz nicht aus dem Kontext reißen. Er ist immer die Antwort auf einen Einwurf. Das weißt Du doch als Kommuniationsexperte! ;) :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • "Was deutsch und echt, wüsst' keiner mehr,
    lebt's nicht in deutscher Meister Ehr'."

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das Hauptproblem ist, dass nicht alle potentiellen Operngänger, die bekanntermaßen und wissenschaftlich erwiesen zu mindestens 99% der gleichen Meinung wie "Gerhard Wischniewski" sind, über die Möglichkeit verfügen, hier im TAMINO-Klassikforum die goldenen Worte des unermüdlichen Frontmannes im Kampf gegen das Verunstaltungstheater zu lesen. Hätten alle Opernfreunde diese Möglichkeit, wären die Bayerische Staatsoper (aktuell über 95% Auslastung) und die Komische Oper Berlin (93% Auslastung) selbstverständlich gähnend leer, weil alle wüssten, dass sie dort nur üble Fälschungen und Verunstaltungen vorgesetzt bekommen, die nichts, aber auch gar nichts mit einem echten Opernerlebnis zu tun haben.

    Das Gerhard und ich in diesem Leben nicht mehr beste Freunde werden, dürfte bekannt sein. Aber ehrlicherweise muss ich gestehen, dass selbst mir das aktuelle "Gerhard-Bashing" inzwischen ungefähr genauso unamüsant und ermüdend geworden ist, wie das regelmäßige "Kaletha-Bashing" der Gegenseite :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • das ist süffig formuliert. Hast Du Dich aber mit dem Konzept von Herrn Bachler wirklich auseinandergesetzt? Kennst Du es überhaupt so genau wie Deines? Das bezweifle ich

    Lieber Holger,


    das Konzept von Herrn Bachler kann ich nur aus sehr verkürzten Aussagen heraus schlussfolgern. Ohne Zweifel ist er ein sehr routinierter Opernpraktiker. Er scheint alle Interessen zu befriedigen: Einige kernige Aussagen im Sinne des Mainstreams, einige anspruchsvoll, herausfordernde Inzenierungen und dann wieder durchaus konventionell. Sind das nicht mit anderen Worten und auf anderer Ebene die Überlegungen, die auch ich für einen allen Interessen gerecht werdenden Spielplan äußerte. Aber lassen wir es um die nachschlafene Zeit, zumal ich heute keinen kreativen Tag hatte. Ich quäle mich seit Stunden mit einer simplen Ankündigung eines Operkonzertes mit einem jungen Sängerquartett herum und ich finde den zündenden Aufhänger nicht. Auf in die Heia, das Unbewußte arbeiten lassen und morgen früh wird mich die Muse küssen.
    Gut's Nächtle :hello:
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich quäle mich seit Stunden an einer simplen Ankündigung eines Operkonzertes mit einem jungen Sängerquartett herum und ich finde den zündenden Aufhänger nicht.

    Was soll denn auf dem Programm stehen?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Aber ehrlicherweise muss ich gestehen, dass selbst mir das aktuelle "Gerhard-Bashing" inzwischen ungefähr genauso unamüsant und ermüdend geworden ist, wie das regelmäßige "Kaletha-Bashing" der Gegenseite

    :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    Es sind immer die gleichen 2-3 User, die persönliche Angriffe auf Gerhard starten, nur weil er seine Meinung vertritt. Das war auch bei mir so. Jetzt habe ich sie ignoriert, nur so hat man etwas mehr Frieden.


    Und mit Dr. Kaletha unterhalte ich mich inzwischen ganz normal, wie man das unter Musikfreunden in einem Klassikforum erwartet. Man muß nicht Freund sein, um andere Meinungen zu verstehen.


    Aber wer sich in anderen Klassikforen Munition holt und sie hier verschießt, der gehört ignoriert, mindestens.



    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat

    Zitat von M.Schenk: Aber ehrlicherweise muss ich gestehen, dass selbst mir das aktuelle "Gerhard-Bashing" inzwischen ungefähr genauso unamüsant und ermüdend geworden ist,

    Lieber Michael,


    lass den Kinder doch ihr Spielzeug. Mich juckt's nicht.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Das Gerhard und ich in diesem Leben nicht mehr beste Freunde werden, dürfte bekannt sein. Aber ehrlicherweise muss ich gestehen, dass selbst mir das aktuelle "Gerhard-Bashing" inzwischen ungefähr genauso unamüsant und ermüdend geworden ist, wie das regelmäßige "Kaletha-Bashing" der Gegenseite

    Lieber M Schenk,
    danke für den vermitelnden Beitrag. Sehen wir die Sache einmal aus einem anderen Aspekt: Gerhard Wischniewski könnte sogar stolz darauf sein, dass er wahrscheinlich das am meisten zitierte Mitglied im Forum ist. Wie heißt es doch so schön? - "Viel Feind, viel Ehr". - Vergessen wir bitte auch nicht welche für uns alle nutzbringende Arbeit Gerhard z. B. im Opernführer leistet. Das ist genau wie bei Holger, dessen sachkundige Beiträge über Klavierwerke weit mehr erfreuen, als seine Entgegnungen auf kontroverse Beiträge. Seien wir froh, dass wir diese beiden, unbeugsamen Kämpfer für ihre Standpunkte in unseren Reihen haben, denn ohne diese Exponenten wäre unser Forum ärmer.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    und wir sind froh, dich mit deinem ausgleichenden Wesen im Forum zu haben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • danke für den vermitelnden Beitrag. Sehen wir die Sache einmal aus einem anderen Aspekt: Gerhard Wischniewski könnte sogar stolz darauf sein, dass er wahrscheinlich das am meisten zitierte Mitglied im Forum ist. Wie heißt es doch so schön? - "Viel Feind, viel Ehr". - Vergessen wir bitte auch nicht welche für uns alle nutzbringende Arbeit Gerhard z. B. im Opernführer leistet. Das ist genau wie bei Holger, dessen sachkundige Beiträge über Klavierwerke weit mehr erfreuen, als seine Entgegnungen auf kontroverse Beiträge. Seien wir froh, dass wir diese beiden, unbeugsamen Kämpfer für ihre Standpunkte in unseren Reihen haben, denn ohne diese Exponenten wäre unser Forum ärmer.

    Als "Kämpfer" verstehe ich mich eigentlich nicht - ich bin nämlich so gar kein "Kulturkämpfer". :D Ich verlinke mal diesen meinen letzten längeren Beitrag:


    Menahem Pressler, Pianist


    Da habe ich etwas über das Dialogprinzip, das "Du" von Martin Buber, geschrieben, insofern gehört das hierher. Wenn jeder von uns nur immer und immer wieder seinen Standpunkt wiederholt, dann ist das kein Dialog, sondern ein Monolog. Dann hören wir letztlich nur noch uns selbst und schaffen uns unsere eigene Filterblase.


    Ich mache mal einen Vergleich aus einem anderen Gebiet: Wenn ein radikaler Vegetarier nur unermüdlich wiederholt, dass Fleisch essen amoralisch ist, dann werden sich alle Fleischesser, die sich nicht zum Vegetarierdasein bekehren lassen wollen, irgendwann abwenden und nicht mehr zuhören. Es gibt aber auch den anderen Weg, nach etwas Gemeinsamem zu suchen - und nur so erreicht man letztlich etwas wirklich Sinnvolles. Wenn der Vegetarier z.B. auf die bedenklichen Zustände in der Massentierhaltung hinweist, dann gebe ich ihm Recht. Ich kaufe deshalb z.B. bei einem Schlachter vom Land, der nicht zum Schlachthof fährt, sondern die Tiere selber schlachtet bei Nebenerwerbsbauern mit kleinem Tierbestand. Und wenn der Vegetarier darauf hinweist, dass zuviel Billigfleisch essen ungesund ist, dann hat er auch Recht. Lieber weniger Fleisch essen aber dafür solches von hoher Qualität wäre ratsam.


    Wir wollen doch künstlerisch hochwertige Leistungen sehen und hören, oder allgemeiner formuliert: etwas, das wirklich Sinn macht. "Sinn" ist aber keine Sache des Kampfes für den, der wirklich nach dem Sinn - in einer gemeinsamen Anstrengung der Bemühung um Verstehen und Verständigung - sucht. Einen Kampf dagegen, wo es letztlich nur um den "Sieg" als das Ziel des Selbstbehauptungswillens geht, kann nur der führen, welcher glaubt in der Gewissheit zu leben, definitiv zu wissen, was Sinn ist und was Unsinn - und damit über die Wahrheit wie über einen Besitz verfügt. Er kämpft dann mit seinem Gott gegen den Teufel - die mephistophelische Verkehrung von Sinn in Unsinn. Für einen solchen Kampf aber braucht man keinen Dialog und will ihn auch nicht - wer diskutiert schon mit dem Teufel über die Wahrheit? Man muss sich also entscheiden, welchen Weg man gehen will. Ich halte es mit Lessing: Die Wahrheit liegt in der Suche nach der Wahrheit und nicht in dem Selbstbehauptungsgestus ihrer Verteidigung als ein exklusiver Besitz.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Hallo lieber Holger,


    habe gerade bei der Nachrichtenlage an Dich gedacht und bin bei allem Entsetzen über das Geschehene in Münster froh, dass Dir offensichtlich nichts passiert ist.


    Alles Gute!


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Was soll denn auf dem Programm stehen?

    Lieber Stimmenliebhaber, liebe Taminofreunde,


    es geht um die Ankündigung eines Konzertes. Hier soll ein Sängerquartett und das Programm eines Opernkonzertes gemeinsam möglichst kompakt vorgestellt werden. War allein deshalb schwierig, weil die Viten der Sänger lückenhaft und die Arien teilweise in deutsch und/oder italienisch angegeben waren. Ich gestaltete den Artikel ausgehend von der Problematik, die wir auch hier in diesem Thread diskutieren: Was will das Publikum? Da es die erste Ankündigung des Galakonzertes bei der Gottlob Frick Gesellschaft im Oktober 2018 ist, versuche ich diese Vorankündigung im Thread "Gottlob Frick der schwärzeste Bass" einzustellen. Wenn mir dies gelingen sollte - woran ich technischer Analphabet Zweifel habe - kannst Du und wen es interessiert die Vorschau lesen. Wenn nicht nehme mir ab, dass der Text bei der Zielgruppe opernabstinentes Publikum in der Operndiaspora ankommen wird.Bisher waren alle Veranstaltungen voll bis ausverkauft.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich wollte dir, als ich las, du würdest du seit Stunden damit herumquälen, ja eigentlich auch nur meine Hilfe anbieten.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • habe gerade bei der Nachrichtenlage an Dich gedacht und bin bei allem Entsetzen über das Geschehene in Münster froh, dass Dir offensichtlich nichts passiert ist.

    Lieber Glockenton,


    ja zum Glück! Schrecklich - ganz Münster ist in Schockstarre. Heute Mittag war ich auf dem schönen Markt am Domplatz wie jeden Samstag zum Einkaufen - die Stadt war heute bei dem schönen Wetter voll von Menschen, man musste sich regelrecht den Weg bahnen im Gedränge! Der Ort des Schreckens ist nicht weit davon - das ist die Verlängerung des Prinzipialmarktes, wo das historische Rathaus ist in Richtung Unterwasserkirche. Da kommen dann zwei bekannte Lokale an einem Platz, der "Große Kiepenkerl" und der "Kleine Kiepenkerl", wo die Leute draußen sitzen. Die ersten Meldungen sagen, dass der Täter der Besitzer des Kleintransporters war, der da reingerast ist, ein Deutscher, also kein Terrorist, sondern wohl ein Psychopath. Das ist das Schlimme. Alle Psychopathen der Welt nehmen sich solche Untaten zum Vorbild, das wird dann weltweit zur "Masche" und wir sind nirgendwo mehr sicher. Was soll man machen, die ganzen Innenstädte absperren?


    Herzliche und traurige Grüße
    Holger

  • Ich wollte dir, als ich las, du würdest du seit Stunden damit herumquälen, ja eigentlich auch nur meine Hilfe anbieten.


    Danke, lieber Stimmenliebhaber, Du hast mitr bereits einmal sehr geholfen, und zwar bei der Zusammenstellung des Mietekonzerts am 29. April 2018 beim Heilbronner Sinfonie Orchester. Es wird mit der von Dir vorgeschlagenen Ergänzung der 8. Sinfonie von Beethoven nach der Bursleske von Strauß mit Gerhard Oppitz gespielt werden. Es wird sicherlich im Forum über Dein Programm berichtet werden. Dieses Mal ging es um kein Programm, sondern einen ersten Ankündigungsartikel für ein Opernkonzert. Hier meine ich, dass ich bei meinem Stil bleiben sollte. Lese es bitte. Meine Frau schaffte es tatsächlich, den Text bei "Gottlob Frick der schwärzeste Bass" einzustellen. Wenn Du willst gebe mir Feddback, ich bin für jede Anregung dankbar. In meinem jugendlichen Alter kann man nie genug lernen. :hello:
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ja, lieber Holger,


    ich bin auch sehr traurig. Einen geliebten Menschen kann man niemals ersetzen, und wer - so wie ich vor Weihnachten- nur einmal richtig unglücklich auf dem Eis fiel und daraufhin monatelang auf Krücken gehen musste, der ahnt wirklich nur sehr leise, was für schlimme und schmerzhafte Folgen wohl die (Schwer)Verletzten aus dieser Untat jetzt durchleiden müssen. Die Gesundheit ist so unglaublich zerbrechlich, und die Möglichkeiten der Ärzte begrenzter, als man oft annimmt.
    Von den psychischen Folgen, wie dem verlorenen Sicherheitsgefühl, ganz zu schweigen.


    Ich frage mich andauernd, ob diese sinnlosen Taten gar nicht mehr aufhören und bin überhaupt nicht bereit, mich an solche Ereignisse zu gewöhnen.


    LG nach Münster
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • ich bin auch sehr traurig. Einen geliebten Menschen kann man niemals ersetzen, und wer - so wie ich vor Weihnachten- nur einmal richtig unglücklich auf dem Eis fiel und daraufhin monatelang auf Krücken gehen musste, der ahnt wirklich nur sehr leise, was für schlimme und schmerzhafte Folgen wohl die (Schwer)Verletzten aus dieser Untat jetzt durchleiden müssen. Die Gesundheit ist so unglaublich zerbrechlich, und die Möglichkeiten der Ärzte begrenzter, als man oft annimmt.

    Lieber Glockenton,


    da sagst Du etwas Gewichtiges! Meine Mutter starb an ALS - nicht die Ärzte, die dazu nicht in der Lage waren, sondern meine Mutter selbst fand heraus, woran sie litt! Hoffentlich hast Du Dich von Deinem Sturz und den Folgen gut erholt!

    Von den psychischen Folgen, wie dem verlorenen Sicherheitsgefühl, ganz zu schweigen.


    Ich frage mich andauernd, ob diese sinnlosen Taten gar nicht mehr aufhören und bin überhaupt nicht bereit, mich an solche Ereignisse zu gewöhnen.

    Ich auch nicht! Da entstehen Traumata für das ganze Leben! Das ist der Irrsinn der menschlichen Existenz - absurd und schrecklich!


    Liebe Grüße aus Münster
    Holger

  • Liebe Taminos,


    auch ich habe diese Muster-Inszenierung des "Rosenkavalier" (Premiere am 20. 4. 1972) im Münchner Nationaltheater gesehen, zweimal, zuerst am 1. 6. 1979 mit der Beteiligung von Fernsehkameras, die das Publikum für die zwei Tage später statt findende 'Live-Übertragung' filmten (die Oper selbst war zuvor ohne Publikum an mehreren Vormittagen aufgezeichnet worden). Die Besetzung war identisch mit der später auf Video und DVD veröffentlichten Ausgabe: Gwyneth Jones (Marschallin), Manfred Jungwirth (Ochs), Brigitte Fassbaender (Octavian), Benno Kusche (Faninal), Lucia Popp (Sophie) und Francisco Araiza (Sänger) unter der musikalischen Leitung von Carlos Kleiber. Der Regisseur war Otto Schenk, der für das Fernsehen seine Inszenierung auffrischte - Jürgen Rose entwarf das Bühnenbild und die Kostüme.


    Das zweite Mal sah ich diese Oper in der gleichen Inszenierung am 7. 6. 2006, also 27 Jahre später, und sie erschien mir so frisch und unmittelbar, als wäre sie gerade erst zur Premiere gekommen. Hier sangen nun Felicity Lott (Marschallin), John Tomlinson (Ochs), Daniela Sindram (Octavian), Martin Gantner (Faninal), Diana Damrau (Sophie) und Piotr Beczala (Sänger); Peter Schneider war der Dirigent. Und schon damals ging das Gerücht, dass es bald eine Neu-Inszenierung geben würde.


    Wo in Deutschland erlebt man es heute noch, dass das Publikum beim Aufgehen des Vorhangs dem Bühnenbild Beifall zollt? Auch enthielt diese Arbeit von Otto Schenk eine historisch korrekte Wiedergabe eines 'Lévers': das Ankleiden der Marschallin hinter einem Paravent. (Meistens behält die Marschallin ihr Negligée bis zum Ende des ersten Aktes an.) Es ist müßig, alle Details dieser wunderbaren Inszenierung, inclusive des stimmigen Bühnenbilds von Jürgen Rose, zu schildern - Gottseidank auf Video bzw. DVD für alle Zeit verewigt.


    Ein Sitz-Nachbar erzählte mir 2006, dass er diesen "Rosenkavalier" seit 1972 schon über 20 Mal gesehen hatte und noch immer berührt davon war. In der Pause hatte ich ein Gespräch mit Ingeborg Hallstein, die bedauerte, nicht in dieser Inszenierung gesungen zu haben. Und später hat mir jemand gesagt, dass die Bühnenarbeiter jeder Aufführung mit gemischten Gefühlen entgegen sähen, weil es viel Arbeit und Zeit kostete, das Bühnenbild des zweiten Aktes (eine Nachschöpfung der Amalienburg in Nymphenburger Park) aufzubauen und einzurichten. Ist das also der wahre Grund, sich von dieser Inszenierung zu trennen?


    Natürlich kann und darf man ein Bühnenstück neu interpretieren, aber ich bezweifle, dass es heutzutage Regisseure und Ausstatter gibt, die über soviel Geschmack und Stilempfinden verfügen, das spezifische 'Parfüm' dieser an Künstlichkeit kaum zu überbietenden Oper zu verstehen und auch umzusetzen. Dazu ist der 'Zeitgeist' zu grob und zu wenig feinsinnig, zu realistisch und geheimnislos, alles muss enträtselt und hinterfragt werden, und vor allem muss alles anders als bisher gemacht werden. Das Team, das sich einer Neudeutung des "Rosenkavalier" gerade in München stellt, ist wirklich nicht zu beneiden...


    Vielleicht könnte man es mit diesem "Rosenkavalier" so handhaben wie mit der legendären "Arabella"-Inszenierung 1958 in München, die 15 Jahe lang nur während der Opernfestspiele gezeigt wurde. Im Prinzregententheater könnte man ruhig eine Neuinszenierung vorstellen, die höchstwahrscheinlich gemäß heutiger Gepflogenheiten weniger opulent ausfallen dürfte. Und dann könnte man auch vergleichen, mit den Worten der Marschallin: "Und in dem 'Wie', da liegt der ganze Unterschied..."


    Viele Grüße!


    Carlo


    P.S. Die "Rosenkavalier"-Inszenierung von Otto Schenk an der Deutschen Oper am Rhein, die 'rodolfo39' (Beitrag Nr. 50) im Mai sehen möchte, stammt aus dem Jahre 1981 (Bühnenbild: Bert Kistner / Kostüme: Gabriele Frey) und ist somit auch schon fast 37 Jahre alt. Und in dieser Saison hat die Rheinoper auch die legendäre "Cenerentola"-Produktion von Jean-Pierre Ponnelle von 1974 wieder neu einstudiert - ein Publikumsmagnet!

    Einmal editiert, zuletzt von Carlo () aus folgendem Grund: Zeilenkorrektur

  • Wo in Deutschland erlebt man es heute noch, dass das Publikum beim Aufgehen des Vorhangs dem Bühnenbild Beifall zollt?

    Z.B. nach Öffnen des Vorhangs während der Rheingold-Premiere am 14.11.09 zollten die Besucher dem Bühnenbild spontan Applaus. Regie hatte der schlimme Opernzerstörer Barrie Kosky :thumbsup: . Zum Verdruss von RT-Phoben steigt die Besucherauslastung der KOB unter seiner Leitung.

    Auch enthielt diese Arbeit von Otto Schenk eine historisch korrekte Wiedergabe eines 'Lévers': das Ankleiden der Marschallin hinter einem
    Paravent. (Meistens behält die Marschallin ihr Negligée bis zum Ende des ersten Aktes an.)

    Ich kenne die Münchner Inszenierung nicht.
    Das Ankleiden hinterm Paravent mag ein hübsches Detail bilden.
    Aber im Roka ist kein historisch korrektes Ambiente intendiert. Das betrifft nicht bloß die Verwendung des Walzers oder die Übergabe der silbernen Rose, sondern die kompositorische Struktur der Oper, als Großform mit Leitmotiven, die nicht der Mucke vom 18. Jahrhundert entspricht, sondern in der Perspektive des frühen 20. Jahrhunderts entstand; selbst wenn im Roka auf frühere Formen wie z.B. Duett, Terzett zurückgegriffen wird.

    Dazu ist der 'Zeitgeist' zu grob und zu wenig feinsinnig,

    Die Züricher Ariadne in der szenischen Umsetzung von Klaus Guth kommt höchst feinsinnig rüber.

    alles muss enträtselt und hinterfragt werden,

    Selbstverständlich wird eine Oper hinterfragt und versucht zu enträtseln durch verantwortliche Musiker und dem Regisseur. Weder Max Rheinhardt noch Otto Schenk waren/sind davon ausgenommen. Außerdem ist gedanklicher Zugang der Sache höchstlich angemessen (auch fürs Publikum), weil Opern bzw. Kunstwerke allgemein selber Gestalt von Rätseln haben. Oder sind einem beim Roka-Reinziehn z.B. sämtliche musikalischen und dramatischen Zusammenhänge, Beziehungen sofort und unmittelbar präsent.

    und vor allem muss alles anders als bisher gemacht werden.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schenksche szenische Umsetzung vom Roka der von Max Rheinhardt gleichzusetzen ist.

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