Edles Mono - Referenzaufnahmen

  • Für mich ist schwer zu bestreiten, dass nahezu jeder Fortschritt in der Aufnahmetechnik kleiner war als der vorhergehende, jedenfalls bei "typischen" Aufnahmen, also nicht unbedingt beim Vergleich zwischen dem bestmöglichen Glücksfall mit dem schlechten Mitschnitt.
    Also elektrisch >>>>>> akustisch, Hifi-Mono (ffrr, ab ca. 1950) >>>> elektrisch, Stereo >>> Mono, Digital >> Analog, Digital 2018 > Digital 1982.
    Für mich überwiegen seit ca. 1950 die inviduellen Mängel/Unterschiede (etwa Ping-Pong-Stereo, "flache" klirrende frühe DDD, einzelne schlechte Balancen etc.) tendenziell die Effekte der gerade genannten großen Sprünge. D.h. bei einer gut klingenden Aufnahme von ca. 1950 wie dem gerade erklingenden Ravel-Trio mit Heifetz/Rubinstein/Piatigorsky verspüre ich normalerweise praktisch keinerlei Einbußen im "Hörgenuß".


    Ab der Stereo-Zeit um 1960 sind für mich bei gut gelungenen Aufnahmen die Unterschiede zu neueren völlig vernachlässigenswert. Nicht ohne Grund sind viele Aufnahmen aus den späten 1950ern und frühen 60ern nach wie vor bei Audiophilistern/Sammlern sehr hoch angesehen (dagegen weit weniger aus den 70ern und 80ern, die doch eigentlich "besser" klingen müssten).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • daher störe ich mich auch an Verallgemeinerungen wie "für jeden wahren Musikliebhaber"


    Hallo Bertarido,


    Du hast den Nachsatz weggelassen: "so denke ich zumindest". Eben deshalb ist es keine Verallgemeinerung, sondern meine ganz persönliche Auffassung. Die muß niemand mit mir teilen.


    Deine "vernünftige Grenze" ist eine andere als meine, was den Verdacht nahelegt, dass es hier weniger um Vernunft als um persönliche Vorlieben geht.


    Natürlich setzt jeder seinen Standard selber, und das ist auch gut so. Auch ich höre mir am liebsten gut klingende Aufnahmen an, aber das ist für mich nur eine Seite der Medaille. Wenn die Ausführung langatmig und ohne Spannung ist, nützt mir die beste Technik nichts. Umgekehrt kann ich auf brillante Technik verzichten, wenn die künstlerische Ausbeute meinen Vorstellungen entspricht.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo Bertarido,


    ich glaube, dass es auch davon abhängt, welche Art von Musik man am häufigsten hört. Da auch ich vornehmlich Opern höre, kann ich mich hier den Ausführungen von Nemorino in Beitr. 27 vollinhaltlich anschließen.


    LG Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Zu den CDs aus der Mono-Ära, die ich nicht missen möchte, gehören u.a. die folgenden Recitals. Sie waren eigentlich immer im Handel verfügbar, wenngleich sich die Cover über die Zeit immer wieder mal verändert haben. Ich habe sie mit den untenstehenden Abbildungen im Regal.



    Die von Karl Böhm (im Vergleich zu einigen anderen Dirigenten ungewöhnlich "schnell") geleitete Aufnahme der Vier letzten Lieder mit Lisa Della Casa ist eine der ältesten in der Diskographie und für mich nach wie vor eine Referenz (AD Juni 1953). Della Casa singt die Lieder in der von Strauss bevorzugten Reihenfolge (Beim Schlafengehen - September - Frühling - Im Abendrot). Unsentimental, Larmoyanz und Überinterpretation vermeidend gestaltet Della Casa die Lieder als eine freundlich-versöhnliche Abschiedsstimmung. Ausschnitte aus Arabella (mit H. Güden, P. Schöffler und A. Poell) , Ariadne auf Naxos und die Schlußszene aus Capriccio runden diese traumhafte CD ab.


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    Aus den Jahren 1949 bis 1955 stammen die Aufnahmen von dem großen bulgarischen Bassisten Boris Christoff mit Ausschnitten aus Opern von Mussorgsky, Borodin, Tschaikowsky und Rimsky-Korsakow. Dazu kommen zwei Lieder von Mussorgsky und zwei "Traditionals". Besonders beeindruckend Abschied und Tod des Boris Godunow sowie "Der Feldmarschall" aus den "Liedern und Tänzen des Todes". Christoff singt die Arien mit großer, resonanter und dunkler Stimme. Vorbildlich die Ausdeutung des Textes. Abgesehen von mono, gibt es keine Einschränkungen bei der Klangqualität.
    Von ähnlichem Rang auch eine zweite CD von Boris Christoff, auf der er italienische Opernarien singt.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Johannes Roehl:

    Zitat


    Ab der Stereo-Zeit um 1960 sind für mich bei gut gelungenen Aufnahmen die Unterschiede zu neueren völlig vernachlässigenswert. Nicht ohne Grund sind viele Aufnahmen aus den späten 1950ern und frühen 60ern nach wie vor bei Audiophilistern/Sammlern sehr hoch angesehen (dagegen weit weniger aus den 70ern und 80ern, die doch eigentlich "besser" klingen müssten).


    Das kann ich bestätigen. Bei mir läuft eine "Walküre" unter Erich Leinsdorf aus dem Jahre 1962. Der Klang dieser DECCA-Aufnahme ist hervorragend.

    W.S.

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  • Hallo Bertarido,
    ich glaube, dass es auch davon abhängt, welche Art von Musik man am häufigsten hört. Da auch ich vornehmlich Opern höre, kann ich mich hier den Ausführungen von Nemorino in Beitr. 27 vollinhaltlich anschließen.


    Weil bei der Oper schlechter Klang nicht so stört? ;)

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    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wer Freude hat an einer Troubadour-Stretta von Villazón, der sie vielleicht mit letzter Kraft noch so gerade schafft, die aber technisch in letzter Vollendung erklingt, so daß jeder falsche oder kaum erreichte Ton doppelt schmerzt, der soll sich diese jeden Tag machen. Ich bleibe da lieber bei Björling, auch wenn dem 1952 in seiner GA noch keine Digitaltechnik zur Verfügung stand!



    Hallo Johannes,


    wegen der hier von Nemorino genannten Gründe.


    Und um bei dem Beispiel der Callas-"Tosca" zu bleiben - auch hier ziehe ich die Monoaufnahme vor, weil in dieser Callas und Gobbi in besserer stimmlicher Verfassung waren.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Technik mag zwar veralten, große Interpretationen veralten nie!
    Deshalb möchte ich trotzdem noch auf ein paar wahre Trouvaillen aufmerksam machen, die zwar nur in Monotechnik (aber recht guter!) vorliegen,
    aber keinesfalls total in Vergessenheit geraten dürfen:

    ... dem stimme ich zu.
    Und so möchte ich diese "La Traviata" von 1953 nennen, die ich seit meiner späten Jugendzeit immer noch habe und sehr schätze.
    Diese Aufnahme gab es seinerzeit immer wieder mal über viele Jahre im Handel.
    Auch wenn der Tenor "Francesco Albanese" vielleicht international nicht den ganz großen Namen hatte, halte ich ihn hier für einen sehr guten, passenden Partner zur Callas.


    CHRISSY



    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Rheingold1876, wie fällt der Vergleich der beiden Aufnahmen aus? Ich mag den Mitschnitt vom 5.8. gern und wußte nicht, daß es sich bei der EMI-Aufnahme nicht um dieselben Bänder handelt, was ich bisher ohne weitere Überlegung angenommen hatte. Es grüßt Hans.


    Lieber Hans, der originale Mitschnitt der Bayreuther "Meistersinger", der allerdings nie offiziell veröffentlicht wurde, klingt in meinen Ohren faszinierender, weil unmittelbarer. Es war ja schließlich die Premiere. Die EMI-Bearbeitung ist etwas steriler. Die EMI war mit eigener Aufnahmetechnik angereist und hat - so ich weiß - keinen Gebrauch von den Bändern des Bayerischen Rundfunks gemacht. Und sie klingt auch dumpfer. Ich war damit nie so richtig glücklich. Behalten aber habe ich beide, weil ich Elisabeth Schwarzkopf sehr schätze und alle verfügbaren Dokumente mit ihr habe. Sie war schon eine gute Eva, hatte sich an Meta Seinemeyer orientiert. Wobei ihr eine gewisse Freiheit fehlte. Sie wolle es alles richtig und genau machen. Dieses Streben engt mitunter auch ein. Die Schwarzkopf blieb ja auch nur eine Saison in Bayreuth. Besonderen Wert legte sie auf den Triller auf der Festwiese, den allerdings die verehrte Kollegion noch besser hinbekam.


    Da es hier um "edles Mono" geht und wir auf die Schwarzkopf kamen, will ich auch noch einen Beitrag zum Thema leisten:



    Leider ist nur ein Querschnitt der "Arabella" eingespielt worden, weil der Produzent Walter Legge damals der Meinung war, eine Gesamtaufnahme verkaufe sich nicht. Schade. Das letzte, woran ich denke, wenn ich die Aufnahme höre, ist die Abwesenheit von Stereo. Die Interpretation triumphiert über die Technik. So soll es nach meiner Meinung immer sein. Deshalb gehöre ich nicht zu den Klangfetischisten. Für Vollendung in der Darbietung gebe ich vieles hin. Außerdem hatte die EMI seinerzeit einen hohen Mono-Standard. Die Aufnahmen klingen warm und überaus menschlich. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • so möchte ich diese "La Traviata" von 1953 nennen, die ich seit meiner späten Jugendzeit immer noch habe und sehr schätze.
    Diese Aufnahme gab es seinerzeit immer wieder mal über viele Jahre im Handel.


    Lieber Chrissy,


    sie ist immer noch im Handel, und das ist auch gut so:




    Es gibt sie sogar in diversen Ausgaben, die von mir abgebildete steht in meinem Regal und ist beim Urwaldfluß z.Zt. gebraucht für schlappe 99 Cent + Versandkosten zu haben!


    Über die Aufnahme ist viel gelästert worden, vor allem wurde der Dirigent als zu lahm, zu routiniert abgetan, und auch Francesco Albanese (Alfredo) und Ugo Savarese (Germont) wurden nicht sonderlich gut von der Kritik behandelt. Dem kann ich mich nur bedingt anschließen; und eigentlich sind es auch Nebensächlichkeiten, wenn man die Leistung von Maria Callas hört, die hier ihre einzige Studioaufnahme dieser Oper vorlegt. Wenn etwas ernsthaft zu bemängeln ist, so ist es die technische Seite der Aufnahme. Sie wurde von CETRA in Turin produziert, und die hatte leider nicht das beste Aufnahmeequipment zur Verfügung. Nicht umsonst hat sich die Callas wenig später von Walter Legge, dem englischen Columbia-Produzenten, für die britische EMI abwerben lassen.


    In einer alten Plattenbesprechung von 1958 (ich denke, daß ich jetzt keine Urheberrechte verletze) heißt es u.a. zu der Aufnahme: " ..... damals war die Stimme von Maria Callas noch völlig intakt. Hier schimmert ihr Organ in einem perlmutterartigen Glanz und hat in der Mittel- und Tiefenlage noch all ihren Samt - mag der Künstlerin technisch auch nicht unbedingt alles so gelingen, wie man es wünschte. Als das aber, was gerade bei dieser Rolle entscheidend ist: als Singschauspielerin, ist sie allen ihren Kolleginnen nicht nur weit voraus, sondern sie gehört überhaupt einer völlig anderen Kategorie von Bühnenmenschen an, jenen nämlich, die das Genie besitzen, ihre Rolle nicht nur zu singen oder zu spielen, sondern ein Stück vibrierenden Lebens in suggestiver Art vor unserem äußeren und inneren Ohr entstehen zu lassen. Es bezeichnet ja das Wesen der großen Künstlerin Maria Callas, daß sie sich bis in die letzten Fasern mit den Menschen, die sie darstellen soll, identifizieren und sie deshalb ebenso klar wie wahr nachleben kann. So vermittelt sie dem Hörer in Klang und Färbung ihrer Stimme, in ihrer Art zu phrasieren, in der Wahl ihrer dynamischen Akzente nicht nur das Urbild der Traviata, die neben ihrer Schönheit eine unbeschreiblich vornehme, ja aristokratische Lebensart besessen hatte, vielmehr trägt sie außerdem deren Schicksal schon im schmerzvollen Unterton ihrer Stimme an sich. Und wenn die Sängerin hier weniger aus sich herausgeht als andere Vertreterinnen der Rolle es tun, so mag sie der Gedanke zurückgehalten haben, daß ein junges, schwindsüchtiges Geschöpf eher scheu und zurückhaltend als mit machtvollem stimmlichem Glanz auftreten wird: Maria Callas verbleibt während der ganzen Oper in einer Art von stimmlichem Mezzotinto - die Schmucklosigkeit ihres Gesangs ist ihr Schmuck. Violettas ironische Überlegenheit über ihre Umgebung wie über ihr Schicksal jedoch, ihre bittere Kunst der Verstellung, wenn sie Gesundheit vorspielt, die schlichte Innigkeit, mit der sie vom Leben Abschied nimmt, sie setzen uns zu, verfolgen uns noch lange, nachdem der letzte Ton verklungen ist ....... Kurz, wir haben hier die größte Darstellung der Traviata, die uns auf Schallplatten begegnet ist - verblüffend lebensecht gesungen und mit höchster Noblesse gespielt. Gelegentliche kleine Mängel bedeuten nichts gegenüber dem in seiner Vorwurfslosigkeit kaum erträglichen Jammer des von allem und allen verlassenen Mädchens am Schluß.
    Von allen Vertretern Alfredos ...... ist Albanese der männlichste, ein charmanter Bursche, der einen begreifen läßt, daß ein überlegenes Mädchen wie Violetta bei ihm ihr Herz nicht nur entdecken, sondern auch verlieren konnte. Savarese als Père Germont erfüllt alle Ansprüche, die man an diese heikle Rolle stellen kann.
    Die Musik zu La Traviata ist die mondänste, die Verdi geschrieben hat; Gabriele Santini entwickelt sie vor uns in all ihrem Glanz und all ihrer Vornehmheit."


    Natürlich muß berücksichtigt werden, daß diese Kritik 60 Jahre alt ist; seit dieser Zeit sind zahlreiche Neueinspielungen der Oper auf dem Markt gekommen, die dem Autor dieser Zeilen nicht bekannt sein konnten. Deshalb relativiert sich sicherlich manch eine Aussage; aber in der Beschreibung der unwiederholbaren Kunst von Maria Callas hat er Aussagen gemacht, die nach meinem Empfinden auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit haben.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Hallo Chrissy, hallo nemorino!


    Diese Gesamtaufnahme besitze ich auch in Vinyl. Aber sie kam damals bei Ariola als Stereoaufnahme auf den Markt. Auf dem Cuver stand jedenfalls Stereo, auf den LP´s Mono. Auf meine Anfrage bei Ariola bekam ich als Antwort, dass die Cuver schon vor der Pressung so bedruckt waren und das Ganze ein Versehen sei. Aber mich stört das Mono überhaupt nicht.


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Der bekannte EMI-Produzent (und Schwarzkopf-Ehemann) Walter Legge war ein ausgesprochener Stereo-Skeptiker. Seine Aufnahme der Strauss-Oper CAPRICCIO hatte bereits begonnen, da entschied er, sie nur in MONO zu produzieren. Das Ergebnis klingt recht überzeugend, aber leider kann man nun nicht nachprüfen, wie sie denn in STEREO geklungen hätte:



    Aufnahme: 2.-7., 9.-11.9.1957 & 28.3.1958, Kingsway Hall, London.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Leider ist nur ein Querschnitt der "Arabella" eingespielt worden, weil der Produzent Walter Legge damals der Meinung war, eine Gesamtaufnahme verkaufe sich nicht.

    Lieber Rheingold1876,


    ...... aber das klangliche Ergebnis des Querschnittes ist nicht zu beanstanden, trotz Mono! Zum Glück gibt es den Auszug auch auf CD, und hier sogar ganz ungekürzt:



    mit Elisabeth Schwarzkopf (Arabella), Anny Felbermayer (Zdenka), Josef Metternich (Mandryka), Nicolai Gedda (Matteo), Walter Berry (Graf Lamoral) u.a.
    Philharmonia Orchestra London, Dirigent: Lovro von Matacic (Aufnahme: 6.10.1954, Watford Town Hall, London).


    Auch eine der Aufnahmen, die musikalisch so hochwertig sind, daß sie die fehlende Stereotechnik glatt vergessen machen.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Der bekannte EMI-Produzent (und Schwarzkopf-Ehemann) Walter Legge war ein ausgesprochener Stereo-Skeptiker.


    Aus heutiger Sicht vermutlich Legges größte Fehleinschätzung überhaupt. Wie weiland Kaiser Wilhelm II. mit dem Automobil. Ein Jammer für den Sammler, weil dadurch einige großartige Produktionen (auch Kempes "Meistersinger" von 1956) noch in Mono eingespielt wurden und somit vielfach nicht mehr als konkurrenzfähig gelten. EMI sprang als letztes großes Label auf die Stereophonie auf, so mein Eindruck (bei Philips geschah dies auch spät).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Stellvertretend ein Beispiel: Es gibt mit Maria Callas zwei Studioaufnahmen der TOSCA, eine von 1953 unter Victor de Sabata aus Mailand und eine 11 Jahre jüngere, unter Georges Prêtre, aus dem Jahr 1964. In beiden Fällen ist Tito Gobbi ihr Partner als Scarpia, die Tenöre (di Stefano bzw. Bergonzi) sind gleich große Klasse.
    Jetzt will ich mich erst gar nicht in Details ergehen, aber allein die Tatsache, daß Callas in der 1964er Aufnahme nur noch mit den Resten ihrer einst herrlichen Stimme singt und auch Tito Gobbi seinen Zenit längst überschritten hat, reicht schon aus, um die Mono-Aufnahme von 1953 als klaren Favoriten erscheinen zu lassen. Klanglich ist die Prêtre-Aufnahme klar überlegen (1964 war die Stereotechnik längst aus den Kinderschuhen heraus), das ist aber wirklich ihr einziger Vorteil, denn auch de Sabata holt aus der Partitur wesentlich mehr heraus als es Prêtre vermag.
    Da dürfte doch aus rein musikalischen Gründen die Entscheidung leicht fallen: für die Mono-Aufnahme von 1953, zumal sie, gemessen an den damaligen technischen Möglichkeiten, sehr gut ausbalanciert ist, klar und gut klingt und auch mit hoher Umsicht und Klugheit aufgezeichnet wurde. Natürlich kann man auch beide Versionen kaufen und sie im Geiste verbinden. Ich z.B. besitze beide, habe die ältere mindestens 50 mal gehört, die neue einmal, und nie wieder (höchstens mal zu Vergleichszwecken auszugsweise).


    Ich habe dieser Tage einmal wieder in die oft verschmähte Aufnahme von Prêtre gehört. Ich erinnere mich noch, als ich vor etwa zehn Jahren beide Aufnahmen verglich. Den legendären Status der 1953er Aufnahme kann ich bis heute nur bedingt nachvollziehen. Das ist vermutlich ein sehr persönlicher Eindruck, weiß ich natürlich, dass dies allgemein anders gesehen wird. De Sabata war zweifellos ein großer (Opern-)Dirigent, aber stellt diese Einspielung tatsächlich jene von Karajan (Decca, 1962) in den Schatten? Ich glaube, das ist sogar meine liebste Aufnahme dieser Oper. Man vergleiche nur mal das Te Deum! Gegen Karajans Interpretation kommt mir de Sabata doch ein wenig oberflächlich vor. Der Orchestervergleich lässt das Scala-Orchester auch recht alt aussehen gegen die Wiener Philharmoniker. Leontyne Price gefällt mir besser als die Callas, Tito Gobbi war mir schon immer viel zu grobschlächtig und eindimensional. Ein Bösewicht mit dem Holzhammer, damit es auch wirklich der letzte versteht. Interessanterweise finde ich ihn in der 1964er Aufnahme unter Prêtre sogar überzeugender, da interpretatorisch doch mit mehr Tiefgang, was stimmliche Schwächen ausgleicht. Aber insgesamt ziehe ich dann trotzdem Giuseppe Taddei bei Karajan vor. Das ist subtiler, hintergründiger und m. E. dadurch letztlich überzeugender. Mag ja sein, dass di Stefano 1962 nicht mehr ganz so gut war wie 1953, aber diese extreme Abwertung der Aufnahme nur deswegen fand ich schon vor Jahren völlig überzogen. Jedenfalls überzeugt mich Karajans erste Einspielung in fast allen Punkten mehr als jene de Sabatas. Einzig der Tenorpart ist klar überlegen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • De Sabata war zweifellos ein großer (Opern-)Dirigent, aber stellt diese Einspielung tatsächlich jene von Karajan (Decca, 1962) in den Schatten? Ich glaube, das ist sogar meine liebste Aufnahme dieser Oper.


    Lieber Joseph II.,


    mit dieser Aussage rennst Du bei mir offene Türen ein (siehe meinen Beitrag Nr. 1892 vom vergangenen Montag in "Was hört ihr gerade jetzt?").


    Nun hat die Karajan-Aufnahme von 1962 natürlich den riesigen Vorteil einer noch heute spektakulären Klangtechnik. Der Produzent war John Culshaw, eine Koryphäe auf diesem Gebiet, DECCA verfügte Anfang der 60er Jahre über das modernste, ausgereifteste Equipment, die Wiener Philharmoniker waren und sind ein Orchester der Superklasse, und der Sofiensaal in Wien galt als eines der besten, wenn nicht das beste Aufnahmestudio der Welt. Alles Fakten, die gar nicht hoch genug einzuschätzen sind. Dagegen hatte de Sabata mit seiner Mono-Aufnahme, so gut sie auch ist, allemal schlechte Karten.


    Doch mir ging es gestern ja um einen Vergleich zwischen den beiden Studio-TOSCAS mit Maria Callas, und da hat nach meinem Empfinden die de Sabata-Version von 1953 klar die Nase vorn, einmal weil sowohl Callas als auch Gobbi stimmlich in erheblich besserer Verfassung sind als 1964, de Sabata der erfahrenere Operndirigent ist (im Vergleich zum Prêtre), wobei er als gebürtiger Italiener noch zusätzlich einen Heimvorteil hatte (bei einer italienischen Oper mit einem italienischen Ensemble). Daß die Kräfte der Mailänder Scala, so gut sie auch sein mögen, nicht mit den Wienern ernsthaft in Konkurrenz treten können, liegt auch auf der Hand*. Und daß Karajan der Operndirigent par excellence in der 2. Hälfte des 20. Jhdts. war, werden auch nur seine notorischen Kritiker ernsthaft bestreiten wollen. Und er hatte in der Tat mit Leontyne Price, Giuseppe Taddei Giuseppe di Stefano herausragende Gesangskräfte zur Verfügung. Di Stefano war zwar deutlich über seinen Zenit hinaus (der Vergleich mit der 1953er Aufnahme zeigt es), trotzdem ist seine Leistung so, daß manch ein heutiger Operndirektor von einem solchen Cavaradossi nur träumen kann, aber Leontyne Price und Giuseppe Taddei sind Callas und Gobbi auf jeden Fall ebenbürtig. Auch mir persönlich gefällt Taddeis Rollengestaltung noch eine Spur besser als die Gobbis, der ja über mindestens zwei Jahrzehnte als der Scarpia schlechthin galt. Doch da spielt natürlich auch immer der persönliche Geschmack mit.


    Ich kenne mindestens 10 TOSCA-Aufnahmen, fünf davon zieren meine Sammlung. Außer den drei oben genannten sind das noch die von Leinsdorf (RCA, mit Milanov/Björling/Warren) und Levine (EMI, mit Scotto/Domingo/Bruson). Doch wenn ich die Palme zu vergeben hätte, so würde sie an die 1962er Karajan-Aufnahme gehen.


    * Was allerdings ein überragender Dirigent aus einem Orchester machen kann, beweist Karajans Mailänder Aufnahme von Cavalleria & Pagliacci von 1965. Da klingt das Scala-Orchester fast wie die Berliner Philharmoniker! Ich denke mir, daß die Probenarbeit hart, sehr hart gewesen ist. Aber es hat sich gelohnt.


    LG, Nemorino



    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Über die Aufnahme ist viel gelästert worden, vor allem wurde der Dirigent als zu lahm, zu routiniert abgetan, und auch Francesco Albanese (Alfredo) und Ugo Savarese (Germont) wurden nicht sonderlich gut von der Kritik behandelt. Dem kann ich mich nur bedingt anschließen; und eigentlich sind es auch Nebensächlichkeiten, wenn man die Leistung von Maria Callas hört, die hier ihre einzige Studioaufnahme dieser Oper vorlegt. Wenn etwas ernsthaft zu bemängeln ist, so ist es die technische Seite der Aufnahme. Sie wurde von CETRA in Turin produziert, und die hatte leider nicht das beste Aufnahmeequipment zur Verfügung. Nicht umsonst hat sich die Callas wenig später von Walter Legge, dem englischen Columbia-Produzenten, für die britische EMI abwerben lassen.


    Lieber nemorino, gut, dass Du Dich für diese Aufnahme, die Chrissy ins Gespräch brachte, einsetzt. Ich bin dabei. Sichließlich ist es die einzige "Traviata" der Callas unter Studiobedingungen. Ich habe sie auch schon als ganz junger Spund besessen. Sie war ein Weihnachtsgeschenk meiner Eltern, und ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie elektrisiert ich war, als die Sängerin ihren ersten Ton anstimmte: "Flora, amici..." Ich ahmte es mehr, als dass ich es schon genauer wusste: Diese Stimme stellte alles auf den Kopf, was ich bis dahin über Gesang und Oper wusste. Für diese Grunderlebnis bin ich bis heute sehr dankbar. Inzwischen hat Warner in der EMI-Nachfolge diese Rundfunk-"Traviata" von der RAI in die neue große Maria-Callas-Edition übernommen. Und das ist sehr angemessen.


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Aus heutiger Sicht vermutlich Legges größte Fehleinschätzung überhaupt.


    Hallo, Joseph II.,


    Irrtümer der Großen erweisen sich oft als große Irrtümer!
    Aber Legge war nicht der einzige, der sich gegen Stereo sträubte. Eugen Jochum z.B. konnte, trotz mehrfacher umfangreicher Vorführ-Demonstrationen, keinen Unterschied zwischen Mono und Stereo feststellen, und Sir Thomas Beecham wollte ebenfalls lange von Stereotechnik nichts wissen. Als die ersten Platten mit dem Aufdruck "stereophonic" auf den Markt kamen, kommentierte sie Beecham mit "stereocomic"!


    EMI sprang als letztes großes Label auf die Stereophonie auf, so mein Eindruck (bei Philips geschah dies auch spät).


    Das ist so nicht ganz richtig. Die allerersten Stereoaufnahmen wurden von den amerikanischen Plattenriesen RCA und CBS vorgelegt (1954 bzw. Anfang 1955), die britische DECCA folgte auf dem Fuße. EMI machte seine ersten Stereoaufnahmen im Mai 1955 (so wurde Beethovens Achte in Karajans Londoner Zyklus als einzige im Mai 1955 in Stereo produziert, weil es die einzige Sinfonie war, die noch fehlte). Allerdings wurden in der Folge (bis ins Jahr 1958) noch vereinzelt Monoplatten gemacht, weil das Stereo-Equipment nur sporadisch zur Verfügung stand bzw. nicht immer richtig funktionierte. Das störte die Tontechniker nicht weiter, dann wurde eben einfach in Mono produziert. Die Kölner ELECTROLA als deutsche EMI-Filiale begann mit Stereo-Aufnahmen ebenfalls erst im Herbst 1957.


    Als letzter Plattenriese nahm die Deutsche Grammophon Gesellschaft im Herbst 1957 die Stereoproduktion auf. Es wurden u.a. Beethovens Neunte (Fricsay), Zarathustra (Böhm) und die Haydn-Sinfonien Nr. 91 und 103 (Jochum) als erste Stereoaufnahmen veröffentlicht. Wann PHILIPS mit Stereo begann, ist mir nicht bekannt. Ich denke, es wird um die gleiche Zeit gewesen sein.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Prêtre

    Karajan (Decca, 1962)

    De Sabata

    An the winner is (zumindest für mich, wie schon bei "Don Giovanni"): Dimitri Mitropoulos (MET 1956)


    https://www.amazon.de/Tosca-Puccini/dp/B00008F370


    Kurrioserweise soll es aus gleichem Jahr eine Studio-Aufnahme aus Rom geben, in nahezu identischer Besetzung, die kenne ich aber nicht wirklich:


    https://www.jpc.de/jpcng/class…8-1924-Tosca/hnum/8377829


    Gerade bei einer Oper wie "Tosca" ist die Live-Atmosphäre für mich nahezu unverzichtbar, und beim MET-Mitschnitt unter Mitropoulos findet das packende Stück statt - und wie!!!


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    (Das Cover der CD-Pressung, die ich hier im Regal zu stehen habe, und das seit mehr als 20 Jahre, sieht freilich anders aus, als Firma ist das "bellaphon" angegeben.)


    Zu dem bisher zu den besprochenen Studioaufnahmen Gesagten möchte ich anmerken, dass man die riesige Gestaltungspalette von Gobbi (vom dreckig Veristischen bis hin zu schmeichelnden Piano - beides steht dem aristokratischen Taddei in diesem Ausmaße nicht zur Verfügung, weshal er mir eindimensionaler vorkommt als Gobbi) nun wirklich nicht so kleinreden muss und Frau Price sicher eine hervorragende Tosca ist, aber mich nicht halb so sehr fasziniert wie La Callas. Die einzige, die in der Wirkung an La Callas wirklich herankommt, ist für mich erstaunlicherweise eben ihre Antipodin, La Tebaldi, und das live an der MET. Und der einzige Scarpia, den ich auf Augenhöhe mit Gobbi (der freilich ist mir live auch lieber als im Studio, wobei er meist derjenige ist, der mich die Studiosterilität am ehsten vergessen lässt, Callas natürlich auch) sehe bzw. höre, ist eben Leonard Warren. Und Tucker als Cavaradossi finde ich ideal, weit besser als di Stefano, der mir mehr als Ducca und Nemorino zusagt, jedoch weniger in Puccini-Opern.


    Ist diese von mir hier vorgestellt Aufnahme nun Stereo oder Mono? Keine Ahnung, es ist mir auch egal! :D


    Edit: Ich habe gerade entdekct, dass die Aufnahme inzwischen auch bei Youtube verfügbar ist:


    Die Konti wurden gekündigt.


    P.S: Wenn die "Tosca" etwas "historisch" klingt, wirkt sie auf mich "authentischer". ;)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und daß Karajan der Operndirigent par excellence in der 2. Hälfte des 20. Jhdts. war, werden auch nur seine notorischen Kritiker ernsthaft bestreiten wollen.


    Oder diejenigen, die mit solchen dogmatischen Klassifizierungen wenig anfangen können: Ich finde es zumindest seltsam, dass der "Operndirigent par excellence" der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach 1964 kein Opernhaus mehr musikalisch geleitet hat und sich dessen Operndirigate auf Salzburg und sehr wenige Gastdirigate an Opernhäusern beschränkt haben. Man könnte zumindest diskutieren, ob es nicht auch andere bedeutende Operndirigenten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab, die lange Opernhäuser geleitet haben und dort ihre Spuren hinterlassen haben: Ich nenne da jetzt einfach mal Namen wie Muti, Solti, Abbado, Sawallisch, Davis, Thielemann, Levine oder auch Barenboim.


    Zitat von nemorino

    Was allerdings ein überragender Dirigent aus einem Orchester machen kann, beweist Karajans Mailänder Aufnahme von Cavalleria & Pagliacci von 1965. Da klingt das Scala-Orchester fast wie die Berliner Philharmoniker! Ich denke mir, daß die Probenarbeit hart, sehr hart gewesen ist. Aber es hat sich gelohnt.


    Das klingt jetzt ein bisschen so als sei das Scala-Orchester im italienischen Repertoire ein B-Orchester, das Karajans Nachhilfe beduft habe, um dort gut zu klingen. Ich würde jetzt mal behaupten, dass das Scala-Orchester bei Mascagni und Leoncavallo eher zu Hause ist als die Berliner. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass die Berliner Philharmoniker jemals die beliebten Opernzwillinge gespielt haben.

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  • Ich würde jedenfalls keine Wette abschließen wollen, ob Karajan in der ersten oder der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehr Operndirigiert hat, vermute aber dass er live vor 1950 mehr Opern dirigiert hat als danach. Aufgenommen hat er natürlich weit mehr in der zweiten Jahrhunderthälfte.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich finde es zumindest seltsam, dass der "Operndirigent par excellence" der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach 1964 kein Opernhaus mehr musikalisch geleitet hat


    Was ist daran seltsam? Muß ein exzellenter Arzt, um seinen Ruf zu untermauern, gleichzeitig auch Klinikdirektor werden? Oder ein guter Politiker unbedingt auch Kanzler werden? Kunst kommt von Können, und dazu bedarf es nicht unbedingt eines herausragenden Postens.


    Karajan hatte sicher gute Gründe, nach dem Wiener Desaster 1964 nicht mehr die Leitung eines Opernhauses anzustreben. Sicher nicht deshalb, weil er dazu nicht fähig gewesen wäre. Sonst hätte er seine Position in Salzburg nicht über Jahrzehnte halten können. Tatsache ist, daß er nicht nur zu den diversen Salzburger Festspielen, sondern weltweit immer wieder am Pult bedeutender Opernhäuser gestanden hat, und keineswegs bei "sehr wenige(n) Gastdirigate(n)" , von der Mailänder Scala bis zur Met in New York.


    Und seine zahlreichen Opernaufnahmen sind zum großen Teil noch heute berühmt und begehrt. Man denke nur an seine Londoner Produktionen von "Così fan tutte", "Ariadne auf Naxos", "Rosenkavalier" und "Falstaff", oder die Aufnahmen aus seiner Wiener Zeit 1959-1964, wie "Aida", "Otello", "Tosca", oder sein "Ring" mit den Berliner Philharmonikern, von denen sogar Klaus Umbach, ansonsten ein bekennender Karajan-Verächter, schreibt: "Wagners RING beispielsweise, mit dem er seine privaten Osterfestspiele (ab 1967) eröffnete, ist musikalisch ein ungemein filigranes Geschmeide ohne instrumentale Klunker und stimmliches Falschgold. So dezent, fast kammermusikalisch und im Gesang ungemein abgespeckt und jugendfrisch ist der kolossale Zyklus kaum je geboten worden - da klang Wagner wie Mozart." Und weiter: "Karajans <Bohème> mit Mirella Freni und Luciano Pavarotti erhebt Puccini in den Rang eines romantischen Minnesängers von höchster Suggestion. Seine <Salome> mit der noch unverbrauchten, von ihm entdeckten Hildegard Behrens verbreitet Rausch und Rage in wahrhaft umwerfender Opulenz."


    Karajan hat das "Opernhandwerk" wirklich von der Pike auf gelernt, von seiner ersten Station in Ulm über Aachen, Berlin und Wien und hat weder Zeit noch Mühen gescheut, mit seinen Sängern und Orchestern zu proben bis zur Erschöpfung, wie man u.a. bei Christa Ludwig, Gundula Janowitz und Agnes Baltsa, um nur drei Sängerinnen stellvertretend zu nennen, nachlesen kann. "Wer macht so etwas heute noch?", fragt Christa Ludwig nicht ohne Grund.


    Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass die Berliner Philharmoniker jemals die beliebten Opernzwillinge gespielt haben.


    Mir auch nicht. Doch um Orchesterleistungen zu vergleichen, muss man nicht unbedingt zwei gleiche Werke gegeneinander halten. Im übrigen stammt der Ausspruch nicht von mir, sondern ein Mitglied des Scala-Orchesters hat beim Abhören der Cavalleria-Aufnahme von 1965 gemeint: Da klingen wir ja fast wie die Berliner Philharmoniker!
    Das Orchester der Mailänder Scala ist sicher keine B-Klassen-Formation, aber immerhin vorrangig "nur" ein Opernorchester (im Gegensatz zu den Wienern), und da werden längst nicht so strenge Maßstäbe angelegt wie bei einem Konzertorchester. Zumindest war das Mitte der 60er Jahre noch so. Man lese nur die diversen, z.T. vernichtenden Urteile über das Met-Orchester aus dieser Zeit. Nicht nur Karajan hat sie als quasi "Feuerwehrkapelle" bezeichnet. Das mag übertrieben gewesen sein, aber ein Körnchen Wahrheit wird schon darin gelegen haben.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat

    Rheingold1876
    Inzwischen hat Warner in der EMI-Nachfolge diese Rundfunk-"Traviata" von der RAI in die neue große Maria-Callas-Edition übernommen. Und das ist sehr angemessen.


    Hallo lieber Rheingold1876, da ist etwas durcheinander geraten, die besagte Traviata ist jene von Fonit Cetra aufgenommen
    in Turin im Auditorium der RAI (Studio) vom 15.-20.Sept.1953 mit dem RAI Orchester unter Santini.
    Deswegen durfte die Callas keine Studio Aufnahme mehr der Traviata machen! Es gibt übrigens eine schöne Box mit dem ersten Recital von '49, der Gioconda von '52 und besagter Traviata das läuft noch unter Fonit Cetra Archive nur im Booklet steht Warner Fonit, wie alle anderen Fonit Cetra Aufnahmen dieser Jahre, bei denen es auch wunderschöne Schmankerln gibt!


    Du meinst bestimmt die LIVE Aufnahme vom 28.5.1955 LIVE aus der Scala mit Giulini, die es auch in vielen Ausgaben gibt unter anderem auch von Der EMI.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Lieber Hans, der originale Mitschnitt der Bayreuther "Meistersinger", der allerdings nie offiziell veröffentlicht wurde, klingt in meinen Ohren faszinierender, weil unmittelbarer. Es war ja schließlich die Premiere. Die EMI-Bearbeitung ist etwas steriler. Die EMI war mit eigener Aufnahmetechnik angereist und hat - so ich weiß - keinen Gebrauch von den Bändern des Bayerischen Rundfunks gemacht. Und sie klingt auch dumpfer. Ich war damit nie so richtig glücklich. Behalten aber habe ich beide, weil ich Elisabeth Schwarzkopf sehr schätze und alle verfügbaren Dokumente mit ihr habe. Sie war schon eine gute Eva, hatte sich an Meta Seinemeyer orientiert. Wobei ihr eine gewisse Freiheit fehlte. Sie wolle es alles richtig und genau machen. Dieses Streben engt mitunter auch ein. Die Schwarzkopf blieb ja auch nur eine Saison in Bayreuth. Besonderen Wert legte sie auf den Triller auf der Festwiese, den allerdings die verehrte Kollegion noch besser hinbekam.


    Lieber Rheingold1876, vielen Dank für die Auskunft - so kann ich bei meinen "italienischen" Meistersingern bleiben, denke ich. Beim Triller schwebt mir immer ein Kolibri vor. Das zarteste dieser Vögelchen ist für mich Helen Donath in der Dresdner Aufnahme unter Karajan gewesen. Herzlich grüßt Hans.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*


  • Unabhängig davon, ob hier "edles Mono" vorliegt - diese Mono-Aufnahme von 1959 aus München ist mir schon wegen der Besetzung die Präsentation hier wert: Fritz Wunderlich, Kurt Böhme, Wilma Lipp, Kieth Engen, Antonia Fahberg, Paul Kuen, Lilian Benningsen und Karl Ostertag; Chor und Orchester unter Joseph Keilberth. Dabei kann ich durchaus vergessen, dass es sich um eine monaurale Aufnahme handelt.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Ich lösche demnächst die Off-Topic-Auseinandersetzungen. Hoffentlich habe ich alle Beiträge erwischt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zumindest war das Mitte der 60er Jahre noch so. Man lese nur die diversen, z.T. vernichtenden Urteile über das Met-Orchester aus dieser Zeit. Nicht nur Karajan hat sie als quasi "Feuerwehrkapelle" bezeichnet. Das mag übertrieben gewesen sein, aber ein Körnchen Wahrheit wird schon darin gelegen haben.

    Hm, Karajan hat laut MET-Archiv Ende 1967 zum ersten Mal an der MET dirigiert. Keine Ahnung, ob das MET-Orchester unter ihm wie eine "Feuerwehrkapelle" geklungen hat, aber wenn ich mir Vorstellungsmitschnitte aus den 1940er und 1950er Jahren unter Szell, Reiner oder Mitropoulos anhöre, klingt dieses Orchester definitiv nicht wie eine "Feuerwehrkapelle"!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Du meinst bestimmt die LIVE Aufnahme vom 28.5.1955 LIVE aus der Scala mit Giulini, die es auch in vielen Ausgaben gibt unter anderem auch von Der EMI.


    Hallo Fiesco, ich meinte tatsächlich die Cetra-Aufnahme der "Traviata" mit dem Orchestra Sinfonica di Torino della RAI und nicht den Mitschnitt aus der Scala. Die Irritation beruht wohl darauf, dass ich lax und verkürzt von einer Rundfunkaufnahme sprach, weil ein Rundfunkorchester am Werke gewesen ist. Und genau diese "Traviata" hat die Warner in ihre große Edition der Studioproduktionen der Callas aufgenommen - natürlich unter Hinweis auf die Urheberschaft - nachdem sie bereits in die noch von der EMI herausgekommene Sammlung Eingang gefunden hatte. Mir ist auch bekannt, dass die Callas infolge ihres Certra-Vertrages keine neue "Traviata" aufnehmen konnte. Die Labelgeschichte ist nicht immer der Übersichtlichkeit verpflichtet. Da geht vieles hin und her. Danke, dass Du für Klarheit sorgst. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Joseph Haydns Werke fanden in den 1950er Jahren relativ wenig Beachtung von Seiten der Phonoindustrie. Doch ein paar herausragende Aufnahmen, die noch heute Beachtung verdienen, hat es schon gegeben:



    Symphonien Nr. 92 G-Dur "Oxford" & Nr. 104 D-Dur "Londoner"
    Hans Rosbaud dirigiert die Berliner Philharmoniker (Aufnahme: 3/1957 & 3/1956, Berlin).


    Und dann noch diese:




    Irmgard Seefried (Gabriel, Eva), Richard Holm (Uriel), Kim Borg (Raphael, Adam)
    Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin & Berliner Philharmoniker, Dirigent: Igor Markevitch (Aufnahme: 1957, Jesus-Christus-Kirche Berlin).
    Das originale LP-Cover sah so aus:


    51ygxoHyYwL.jpg



    Zwei gut klingende Mono-Produktionen, die Maßstäbe gesetzt haben!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Und diese wahrhaft edle Monoaufnahme darf hier auch nicht fehlen:


    61XwJR0vaQL._SL300_.jpg


    RICHARD STRAUSS: DER ROSENKAVALIER
    Maria Reining (Marschallin), Ludwig Weber (Ochs), Alfred Poell (Faninal), Hilde Gueden (Sophie), Hilde Rössl-Majdan (Annina), Anton Dermota (ital. Sänger) u.a.
    Chor der Wiener Staatsoper & Wiener Philharmoniker, Dirigent: Erich Kleiber (Aufnahme: 1954, Wien).


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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