Moderne Musik und modernes Theater - Versuch einer Annäherung

  • Zitat

    Zitat von Rheingold: Lieber Gerhard, ich kann die Debatte jetzt nicht weiterführen, denn ich bin im Nachteil Dir gegenüber, weil ich nämlich nicht weiß, wie der Komponist es "gewollt hat"

    Lieber Rheingold,


    du brauchst die Debatte auch garnicht weiterzuführen. Du brauchst nur das Libretto zu lesen, da steht die Handlung drin, die der Komponist seiner Musik zugrunde gelegt hat. Damit ist für mich alles geklärt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Die Unterscheidung die in Beitrag Nr. 58 zwischen Kunst und Künstler gemacht wird, trifft auf unser Gebiet - die Musik - nicht zu.


    Du redest seltsam. Zunächst mal habe ich keinen Unterschied zwischen Kunst und Künstler gemacht. Aus dem einfachen Grund, weil es keinen gibt. Wenn du z.B. ein Rembrandt-Gemälde kopierst, und sei es noch so perfekt, bist du kein Künstler. Und dein Werk ist auch keine Kunst. Wenn du etwas Neues, Kreatives, Schöpferisches machst, bist du Künstler, egal wie schlecht die handwerkliche Ausführung ist. Ggf. bist du dann ein schlechter Künstler.


    Und was soll das: "Trifft auf die Musik nicht zu" ???


    Es trifft auf die Musik zu, sobald es sich um Kunst handelt. Also sobald der Musiker einen eigenen schöpferischen Beitrag dazu leistet. Wenn z.B. der Pianist XYZ Alfred Brendel kopiert, ist er kein Künstler, egal wie perfekt die Kopie ist. Er ist dann Handwerker. Vielleicht ein sehr guter Handwerker, aber kein Künstler.


    Analoges gilt für Sänger, Dirigenten, Regisseure, etc.


    Deren Arbeiten sind genau dann als Kunst zu bezeichnen, wenn sie einen eigenen(!) nennenswerten(!) schöpferischen(!) Anteil enthalten.


    Wie früher schon geschrieben: Ich kann nichts dafür, dass es so ist. Ich zitiere nur aus Duden, Wörterbüchern und Lexika.



    Thomas

  • Gerhard Wischniewski
    „du brauchst die Debatte auch garnicht weiterzuführen. Du brauchst nur das Libretto zu lesen, da steht die Handlung drin, die der Komponist seiner Musik zugrunde gelegt hat. Damit ist für mich alles geklärt“


    „nur (!!) das Libretto zu lesen ..“ welch Geringschätzung von Komposition bzw. der Mucke dokumentiert sich in deinem Posting !


    ---------------------


    Das Problem, „was der Komponist wollte“ – falls überhaupt Gehalt des Kunstwerkes mit den Intentionen des Künstllers sich erschöpft - könnte außerordentlich leicht in kollektiver Weise zu klären sein.


    Tamino organisiert eine virtuelle Séance mit allen interessierten Usern , um aus dem Jenseits die entsprechenden Infos zu sammeln und diese dann allen Lesern zugänglich zu machen.


    am runden Tisch wäre dann wie folgt zu fragen/ergründen ? :
    z.B.
    Entspricht die fertig gestellte Oper (Mucke und Libretto) tatsächlich dem Willen des Komponisten oder wäre sie z.B. unter günstigeren ökonomisch-praktischen Bedingungen anders gestaltet worden, weil z.B. geringerer Anpassungszwang an Auftraggeber, Publikum Situationen etc.. ?
    Oder
    Wie geriete die Realisierung unter den heutigen Bedingungen (Instrumente, Akkustik, Bühnentechnik) ?


    Bitte seid jetzt so gütig und postet weitere Vorschläge für Fragen ans Jenseits.


    Und wer von den Séance-Teilnehmern wäre besonders geeignet als Medium zu fungieren ?
    Oder sollte die Séance in dieser Hinsicht demokratisch ablaufen ?
    Erfolgen die Antworten in Zungenreden oder so ? Wenn ja, dann gebe es möglichweise Interpretationsspielraum und RT-Streit wäre erneut vorprogrammiert.


    Tja da bleiben weiterhin Fragen über Fragen ….

  • Sehr geehrter Amfortas,


    Deine Beiträge sind im höchsten Maße unerträglich. Ich hatte versucht, etwas Sachlichkeit in die Diskussionen einfließen zu lassen. Bei Dir klappt das nicht. Ich mache Dich wieder für mich unsichtbar.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • La Roche
    „Deine Beiträge sind im höchsten Maße unerträglich. Ich hatte versucht, etwas Sachlichkeit in die Diskussionen einfließen zu lassen. Bei Dir klappt das nicht. Ich mache Dich wieder für mich unsichtbar.“


    wie es dir beliebt.


    Aber erwäge bitte vorher folgendes: Du könntest damit empfindlich die fest geschlossenen Reihen engagierter Gegner des Verunstaltungstheaters schwächen.

  • Ohne Differenzierung kommt man in dieser Frage einfach nicht weiter.


    Worum geht es eigentlich? Dem Autor gerecht zu werden oder seinem Werk? Das ist nämlich keineswegs dasselbe!!!! In der Werktheorie unterscheidet man entsprechend die intentio operis (die auf das reine Werkverständnis gerichtete Intention) von der intentio auctoris (die Intention des Autors sein Werk betreffend zu verstehen).


    Dazu Erläuterungen:


    Das Verhältnis von Autor, Theatermachern und Publikum ist erst einmal ein Interessenkonflikt. Das war immer so. Werke, die der Aufführung bedürfen haben ein weitaus komplexeres Gefüge, was Interessen und Verbindlichkeiten angeht, als Werke, die keiner Aufführung bedürfen. Schon im 19. Jhd. war es gängige Praxis, dass der Theaterdirektor bestimmt hat und sein Interesse dem Autor gegenüber geltend machte, wie das Werk aufgeführt wird. Denn er trägt ja auch das finanzielle Risiko. Wenn keine Zuschauer kommen, geht er bankrott. Also hat er verlangt vom Komponisten: Wenn ich dein Werk aufführen soll, musst du die oder die Veränderungen vornehmen. Was da herauskam als Ergebnis, war immer ein Kompromiss, also ein Interessenausgleich. Und entsprechend versteht man dann die Kritik an der Aufführungspraxis, dass man die Intention des Autors nicht mehr erkennen könne. D.h. die eine Seite fühlt sich so, dass sie zuviel Kompromisse gemacht hat und übervorteilt wurde. So etwas kennen wir ja aus der Politik.


    Aber auch in das Werk selbst gehen solche Kompromisse ein. Das nicht zu sehen, wäre wirklich naiv. Jeder Autor, der Bücher und Aufsätze schreibt, kennt das. Man reicht einen Aufsatz ein und dann kommt die Rückmeldung des Lektors: Sie müssen 2 Seiten kürzen, weil es eine feste Seitenvorgabe in der Verlagskalkulation gibt. (Wird die Seitenzahl überschritten, steigt der Preis nämlich erheblich!) Dann kommen inhaltliche Dinge. Der Herausgeber sagt: Schreiben sie das bitte um, denn das was sie da vorgelegt haben, passt so nicht in unser Konzept. Bei Büchern ist dann sogar der Buchtitel ein Kompromiss. Ein prominentes Beispiel: Hans-Georg Gadamer. Er wollte - so erzählte er uns Studenten das einst in Walberberg - sein berühmtes Buch eigentlich "Wahrheit oder Methode" nennen. Der Verleger hat sich aber durchgesetzt und deshalb heißt es heute "Wahrheit und Methode" - was eigentlich sogar fast schon gegen die Intention des Buches ist! Aber gegen das Argument: "Ihr Titel ist zu esoterisch, so was verkauft sich nicht!" kommt der Autor einfach nicht an. :D Opern sind oft Auftragswerke gewesen mit ihren Zwängen, in vergangenen Jahrhunderten einschließlich der allgegenwärtigen Zensur, so dass man davon ausgehen muss, dass das "fertige" Werk eben nicht nur die reine Autorenintention spiegelt, sondern jede Menge für den Autor oft sogar "faule" Kompromisse (bei der Oper belegbar u.a. durch den Aspekt von Raum und Zeit der Handlung) enthält. Ein "Werk" zu hinterlassen ist also nicht nur Selbstverwirklichung des Autors und seiner vermeintlich "rein künstlerisch" begründeten Autorenintention, sondern der Niederschlag eines hoch komplexen Kompromisses von künstlerischen und außerkünstlerischen Interessen.


    Zu glauben, man könnte ein Werk verstehen, wenn man die Intention seines Autors versteht, berücksichtigt etc., ist auch keineswegs selbstverständlich. Im 19. Jhd. hat man so gedacht, denn da hatte die Psychologie Hochkonjunktur, welche, wie man glaubte, die letzten Dinge erkläre. Es entstand die "biographische" Methode in der Literaturwissenschaft, wo man von der Annahme ausging, dass man ein "Werk" nur verstehen könne, wen man die Biographie seines Autors rekapituliert. Nur bleibt das, was die psychologische Rekonstruktion der "Intentionen" des Autors in Bezug auf sein Werk angeht, letztlich in hohem Maße spekulativ. Sie sind a) nicht vollständig dokumentiert, b) weiß der Autor oft selbst nicht so genau, was er will, er ändert c) immer wieder seine Auffassung vom Werk in zudem oft widersprüchlicher und/oder fragwürdiger Weise. Woran soll man sich also bei all diesen Unsicherheiten verbindlich halten? Deshalb gab es in der Literaturwissenschaft eine Gegenbewegung, aus der die "werkimmanente" Interpretation enstand. Was ist das? Man blendet methodisch die hochgradig spekulative Frage nach der Autorenintention (die intentio auctoris) aus und hält sich nur an das Werk und seinen Sinn (also die intentio operis), so wie er als ein dort sich niederschlagender auch wirklich ausweisbar ist. Biographisches wird so auch nur berücksichtigt, wenn es eine Sinnschicht das Werkes ausmacht. Beispiel: Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig, da gehört das Autobiographische zum Werk und ist damit "werkimmanent". Auch wenn man kein Anhänger einer puristischen werkimmanenten Interpretation ist, so bleibt doch richtig: Hinweise was die "Intention" und der "Wille" des Autors ist, kann und darf man aufnehmen, aber nur, wenn sie auch der Prüfung standhalten, etwas Sinnvolles oder gar Unverzichtbares zum Werkverständnis beizutragen - und nicht etwa umgekehrt hat sich das Werkverständnis an den Selbstdeutungen des Autors zu orientieren, nur weil sie sich autoritär und diktatorisch gebärden. Das Werk bekommt eine selbständige Existenz auch gegenüber dem Autor, wenn es veröffentlicht und damit fertig gestellt ist. Dann ist der Autor im Prinzip auch nur ein Interpret seines Werks wie jeder Andere.


    Es ist ein Irrtum zu glauben im Falle besonders von Kunstwerken, welche der Aufführung bedürfen, dass nur das Werk und seine Manifestation im Libretto, einem Notentext oder einer Partitur Verbindlichkeiten schafft. Auch die Aufführungspraxis schafft Verbindlichkeiten und ebenso eine Institution wie das Theater. Autoren bzw. Komponisten wissen das ganz genau und erwarten entsprechend auch gar nicht, dass man alles, was geschrieben steht, gleich verbindlich und als quasi moralische Anweisungen nimmt wie die 10 Gebote der Bibel, die man unbedingt befolgen soll. Wie verbindlich z.B. Regieanweisungen das Bühnenbild betreffend zu nehmen sind, darüber entscheidet die gängige Aufführungspraxis und nicht das Libretto. Der Interpret/Regisseur hat also immer zwischen diesen Verbindlichkeiten abzuwägen und eine selbstverantwortliche Wahl zu treffen. Diese Wahl unterliegt selbstverständlich dem historischen Wandel. So kann man z.B. im Kontext einer Bemühung um eine mehr "werkgerechte" Inszenierung sich von einer gängigen Aufführungspraxis distanzieren und soweit wie möglich das Werk ungekürzt aufführen. (Konwitschny z.B. hat darauf bestanden nachweislich gegen Dirigenten, die Kürzungen vornehmen wollten wie gewohnt und üblich.) Das ist legitim und wenn es gut begründet ist, auch "richtiger". Nur eben ist es unhaltbar, andere Wege des Umgangs mit dem Werk pauschal als illegitim darzustellen. Um sie zu bewerten, muss man sich schon die Mühe machen, ihre komplizierte Legitimationsgrundlage (historisch und theoretisch) nachzuvollziehen. Die Verbindlichkeiten einer Theater- bzw. Opernaufführung sind eben nicht simpel und eindimensional, sondern hoch komplex. Selbstverständlich schaffen die Partitur und das Libretto eine sehr Ernst zu nehmende Verbindlichkeit. Nur wie man damit umgeht im Verhältnis zu den anderen Verbindlichkeiten einer Theateraufführung, ist eben eine Sache der freien, künstlerischen und künstlerisch selbstverantwortlichen Entscheidung. Dazu gibt es schlicht keine Alternative - außer der Zensur und einer kulturpolitischen Diktatur, wie man sie aus totalitären Staaten kennt.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    Dein Aufsatz ist sehr interessant und sicher aus Deiner Sicht auch richtig und sachlich exakt begründet.


    Aber mir ist er zu lang!! Für Deine Studenten und manche hier im Forum (siehe Beitrag von Hans Heuenkamp) sicher ein toller Beitrag, aber meine Probleme als Vertreter des zahlenden Publikums löst er nicht!!
    Das Problem ist wissenschaftlich erklärbar, was Du getan hast. Aber die Rolle des Publikums ist zu wenig beleuchtet. Spielt es gar keine Rolle?



    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • La Roche
    "aber meine Probleme als Vertreter des zahlenden Publikums löst er nicht!!
    Das Problem ist wissenschaftlich erklärbar, was Du getan hast. Aber die Rolle des Publikums ist zu wenig beleuchtet. Spielt es gar keine Rolle?"


    aber ich als zugehöriger Teil zum zahlenden bürgerlichen Opern-Publikum betrachte mich von Holgers fruchtbaren und präzisierenden Erörterungen durchaus angesprochen...

  • Lieber LaRoche,


    das klingt jetzt boshafter, als ich es meine: es gibt ja Künstler welcher Couleur auch immer, die fürs Publikum schrieben: Dieter Bohlen, Hedwig Courths-Mahler, Rosamunde Pilcher oder Jean Frankfurter (deutscher Schlagerproduzent). Was haben die miteinander gemeinsam: sie bedienen das Entspannungsbedürfnis oder das Abschaltbedürfnis der Menschen. Sie liefern heile Welt, sie fordern keine Auseinandersetzung ein, sind leicht konsumierbar. das trifft vielleicht noch auf Strauss- und Lannerwalzer zu, auf die Operette im Allgemeinen (bei der einen oder anderen habe ich allerdings auch Zweifel) und auf so manches Highlight aus dem Musikrepertoire, das man aus seinem Zusammenhang herausisoliert.


    Bei Oper, Schauspiel und Konzert wird's anspruchsvoll. Bei den Libretti nicht immer, siehe den Oberkitsch von "Nabucco", dem Verdi mehr Gewicht verlieen hat als in dieser Schmonzette drinsteckt. Und da kommt auch schon das Problem um die Ecke, nämlich dann, wenn das Publikum sich der Erwartung hingibt "Zurücklehnen und Genießen" Die Stücke haben eine Länge, die es erfordert, den musikalischen Faden zu verfolgen, bei Oper auch noch Inhalte (schön, dass Wagner uns da mit seinen Leitmotiven gedanklich bei der Stange hält).


    Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass es sich mit dem Publikum und der Oper verhält wie mit dem klassischen Drama und seinen Helden: zwischen Erwartung und Gebotenem gibt es ziemliche Fallhöhen.


    Aber Du hast recht: die Rolle des Publikums und seine Verfasstheit sollte durchaus auch beleuchtet werden.


    Lieb Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Thomas Pape
    "Bei Oper, Schauspiel und Konzert wird's anspruchsvoll. Bei den Libretti nicht immer, siehe den Oberkitsch von "Nabucco", dem Verdi mehr Gewicht verlieHen hat als in dieser Schmonzette drinsteckt. Und da kommt auch schon das Problem um die Ecke, nämlich dann, wenn das Publikum sich der Erwartung hingibt "Zurücklehnen und Genießen" Die Stücke haben eine Länge, die es erfordert, den musikalischen Faden zu verfolgen, bei Oper auch noch Inhalte (schön, dass Wagner uns da mit seinen Leitmotiven gedanklich bei der Stange hält)."


    Mucke/Texte sich als bloßes Sonntagsvergnügen reinziehn, um bedrückenden/ekelhaften Alltag hinter sich lassen wären möglicherweise Bohlen und Pilcher angemessen.


    Aber an Wagners Opern schrammt eine Haltung vorbei, die sich auf bloßes Genießen versteift; trotz seiner Leitmotivtechnik. Denn seine Werke sind durch und durch reflektiert. Bereits seine Mucke ist strukturiert in sich, bildet ihr Gewebe quasi aus den Leitmotiven, die sequenziert, variiert werden.


    Thomas Pape
    „Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass es sich mit dem Publikum und der Oper verhält wie mit dem klassischen Drama und seinen Helden: zwischen Erwartung und Gebotenem gibt es ziemliche Fallhöhen.“


    Oper sollte sich dennoch nicht völlig dem alles durchquellenden und erstickenden Unterhaltungsbrei anpassen, der Konsumenten dazu trimmt, ihre Rüben bloß noch als Hutständer zu gebrauchen, ihr Denken und Wahrnehmen damit in Gefügigkeits-Modus umfunzt, "an der Stange hält" und sie letztlich damit automatisch als bescheuert und unmündig klassifiziert, also beleidigt.
    z.B. B.A. Zimmermanns Soldaten und ekklesiastischen Aktion (erwähnt weil 100. Geburtstag und weils mega-fetzige Werke, wie so vieles von Bazi, der leider vergleichsweise mengenmäßig schmales Werk hinterließ) oder gelungene Regiearbeiten von Peter Konwitschny, Frank Hilbrich, Bieto, Kosky ehren und respektieren dagegen ihr Publikum, weil sie es eben nicht für blöd verkaufen…

  • Im 19. Jhd. hat man so gedacht, denn da hatte die Psychologie Hochkonjunktur, welche, wie man glaubte, die letzten Dinge erkläre. Es entstand die "biographische" Methode in der Literaturwissenschaft, wo man von der Annahme ausging, dass man ein

    Aber lieber Holger,
    das ist doch auch so und wer wagt dies zu bezweifeln? :baeh01: :hahahaha:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Oper sollte sich dennoch nicht völlig dem alles durchquellenden und erstickenden Unterhaltungsbrei anpassen, der Konsumenten dazu trimmt, ihre Rüben bloß noch als Hutständer zu gebrauchen, ihr Denken und Wahrnehmen damit in Gefügigkeits-Modus umfunzt, "an der Stange hält" und sie letztlich damit automatisch als bescheuert und unmündig klassifiziert, also beleidigt.
    z.B. B.A. Zimmermanns Soldaten und ekklesiastischen Aktion (erwähnt weil 100. Geburtstag und weils mega-fetzige Werke, wie so vieles von Bazi, der leider vergleichsweise mengenmäßig schmales Werk hinterließ) oder gelungene Regiearbeiten von Peter Konwitschny, Frank Hilbrich, Bieto, Kosky ehren und respektieren dagegen ihr Publikum, weil sie es eben nicht für blöd verkaufen…

    Nichts anderes habe ich geschrieben. Wenn man sich an einer Bestandsaufnahme des Publikums versucht, dann muss das Wollen der Künstler kurz hintenanstehen. Anders kommen wir hier nicht weiter. Bei BaZi hat man ja eine gewisse Grundahnung, was einen erwartet; wer das nicht mag wird gar nicht erst hingehen. Nicht anders bei den ganzen Neutönern. Beat Furrers "Blinde": an der Premiereninszenierung unter Beisein des Komponisten hätte auch Gerhard nichts auszusetzen gehabt.- Ob ihm das Werk gefallen hätte steht auf einem anderen Blatt.


    Der Kernpunkt der Diskussion dreht sich um die "vertrauten" Werke, die in ihrer Bühnendarbietung in den vergangenen 50 Jahren eine rasante Umdeutung erfahren haben. Wenn ein Publikum, das seit 50 Jahren in die Oper geht und irgendwann nicht mehr mitmachen mag beim Wandel streikt, dann verstehe ich das. das hat nichts zu tun mit "Rüben bloß noch als Hutständer zu gebrauchen" (ein angemessener Tonfall und eine entsprechende Sprache wären bei Deinen Beiträgen übrigens durchaus wünschenswert). Das hat auch was mit Alter zu tun.Der in seiner Jugend progressive Theologe Ratzinger wird im Alter immer konservativer, in meiner Kommunikationsbranche brauche ich in meinem Alter (55) keinem Kunden mit einer "Social Media-Strategie" zu kommen, das kauft mir keiner mehr ab. Das Thema ist schon für Mittdreißiger durch. Also bitte, man kann über vieles diskutieren. Das funktioniert aber nur, wenn der Wille, alle Parteieen zu verstehen, auf allesn Seiten vorhanden ist. Bei Dir vermisse ich das, bei Gerhard übrigens auch. Du siehst, Ihr beiden habt Gemeinsamkeiten :D .


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Mucke/Texte sich als bloßes Sonntagsvergnügen reinziehn, um bedrückenden/ekelhaften Alltag hinter sich lassen wären möglicherweise Bohlen und Pilcher angemessen.


    Diese Äußerung finde ich aber schon sehr überheblich!
    Es soll doch tatsächlich Menschen geben, für die Pilcher und Bohlen kein Vergnügen sind, eher ganz im Gegenteil. Sollen die nun gar kein Vergnügen haben, da die Oper deiner Meinung nach nicht dafür taugt?


    Es ist doch eher anders herum. In früheren Zeiten diente die Oper in allererster Linie der Unterhaltung, bis ein gewisser Wagner meinte, alles mit Tiefsinn überfrachten zu müssen. :D

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Sorry, da hat er mich zitiert; Bohlen und Pilcher als Beispiele für den Weg des geringsten Widerstandes bei der Unterhaltung. Insofern nicht arrogant, es sei denn, dass sich da jemand beleidigt fühlen würde, weil er die Abschätzigkeit den Beiden gegenüber als Diskriminierung einer bestimmten Bevölkerungsschicht ansehen würde (in diesem unserwem Lande muss man ja immer vorsichtige sein mit dem, was man sagt, um nicht flugs den Diskriminierungsvorwurf am Bein zu haben).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Sorry, da hat er mich zitiert; Bohlen und Pilcher als Beispiele für den Weg des geringsten Widerstandes bei der Unterhaltung. Insofern nicht arrogant, es sei denn, dass sich da jemand beleidigt fühlen würde, weil er die Abschätzigkeit den Beiden gegenüber als Diskriminierung einer bestimmten Bevölkerungsschicht ansehen würde


    Ich zumindest fühle mich in keiner Weise beleidigt, aber ich frage mich weiterhin, wo ich mich angemessen musikalisch unterhalten oder vergnügen lassen soll, wenn ich an Rock- oder Popmusik nichts finde und auch Andre Rieu, David Garrett und ähnliche Crossover-Musiker nicht zu meinen Lieblingsinterpreten gehören und ich es in der Oper, zumindest laut Amfortas, nicht darf.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Die Frage ist berechtigt; eigentlich hoffe ich in diesem, bislang ja recht konstruktiv verlaufenden Thread eine Antwort auf die vorhanden Diskrepanz zwischen der Erwartung einer Teilmenge des Publikums und der Arbeit von Regisseuren -um bei der Oper zu bleiben.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Zitat von Thomas Pape: Das hat auch was mit Alter zu tun

    Lieber Thomas,


    da muss ich dir widersprechen. Schau einmal in unser Forum. Da haben wir auch junge Leute (zwischen 20 und 30) die sich gegen die Entstellungen der Meisterwerke wehren und gerne das Original sehen möchten. Und dann lies einmal in der Facebook-Gruppe "amop" (against modern opera productions). Auch da gibt es viele junge Leute. Sie wurde sogar - soweit ich weiß - von einem unserer jüngeren Mitglieder gegründet. Hinzu kommt, dass zumindest auf den Gymnasien, die Oper auch noch Lehrstoff ist. Was sollen diese jungen Leute davon halten, wenn sie dann etwas ganz anderes zu sehen bekommen? Und werden diese künftig wohl wieder in eine Oper gehen? Erst dieser Tage besuchte mich eine junge Dame, der ich im vorigen Jahr ein wenig mit Mathematik übers Abitur geholfen habe und die jetzt nach Hannover gezogen ist. Sie erzählte mir, ohne dass ich sie danach gefragt habe, dass sie mit ihrem Freund auch einmal gerne in die Oper gehen möchte, schüttelt sich aber davor, wenn sie vernimmt, was dort abgeht.
    Was den Verstand der Opernbesucher betrifft, sehe ich das genau umgekehrt: Zwar gehen viele auch in die Oper, um sich zu unterhalten und ärgern sich dann, wenn ihnen dort etwas ganz anderes als das angekündigte Werk vorgesetzt wird. Aber der gescheite und informierte Opernbesucher ist durchaus in der Lage, sich bei Anscheuen des Originalwerks selbst Gedanken über den Inhalt und dessen Sinn zu machen.
    Es ist für mich eine Bevormundung des Zuschauers, wenn ihm vom Regisseur eine (einseitige und oft abwegige) Deutung durch Entstellung des Werkes aufgezwungen wird. Ich sehe eher, dass diejenigen, die so etwas verlangen, nicht selbst denken wollen.
    Ich habe früher schon mal die Mainzer Karnevalssitzung gesehen und ein Ausspruch ist mir im Gedächtnis geblieben: "Gnädige Frau (Anmerkung: man könnte auch " Gnädiger Herr" sagen), wo lassen sie denken?"


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Nachtrag: Man muss nicht in facebook angemeldet sein - ich bin es auch nicht - um die Stellungnahmen dort nachlesen zu können.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Mucke/Texte sich als bloßes Sonntagsvergnügen reinziehn, um bedrückenden/ekelhaften Alltag hinter sich lassen wären möglicherweise Bohlen und Pilcher angemessen.


    Ich würde aber darum bitten, Helene Fischer und Yogi Löw nicht zu vergessen; die wollen auch, dass man sie sich reinzieht!
    (Frage am Rande: wie geschieht das "Reinziehen" vom rein Körperlichen her? Da würde ich doch gerne mal eine Anleitung haben, damit ich wieder in diesem satirischen Thema teilnehmen kann!)

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Erst dieser Tage besuchte mich eine junge Dame, der ich im vorigen Jahr ein wenig mit Mathematik übers Abitur geholfen habe und die jetzt nach Hannover gezogen ist. Sie erzählte mir, ohne dass ich sie danach gefragt habe, dass sie mit ihrem Freund auch einmal gerne in die Oper gehen möchte, schüttelt sich aber davor, wenn sie vernimmt, was dort abgeht.


    Diese hochinteressante Geschichte hast du neulich schon einmal erzählt, da las sie sich aber noch so:


    Zitat von Gerhard Wischniewski

    Ich hatte dieser Tage eine junge Dame zu Besuch, der ich früher einmal ein wenig in Mathe geholfen habe. Sie wohnt jetzt in Hannover und erklärte mir, dass sie, die auf dem Gymnasium kaum etwas von Oper gehört hat, mit ihrem Freund jetzt ins Theater gehen wolle, um Oper kennen zu lernen. Da ich ihren Geschmack aus vielerlei Unterhaltungen kenne, konnte ich sie noch rechtzeitig vor diesem Haus warnen, wo sie fürs Leben von der Oper abgeschreckt worden wäre, und habe ihr andere Wege gewiesen, wie sie sich mit Oper vertraut machen könne.


    Hier im Zusammenhang nachzulesen:
    Schach dem Regietheater !!!


    Also diese junge Dame war noch nie in der Oper in Hannover, wollte da mit ihrem Freund hingehen und du hast sie selbstloserweise davor gewarnt. Weil sie deinen weisen Rat sicherlich sehr hoch schätzt, wird sie sich ja sicher daran gehalten haben.
    Nun behauptest du aber, sie würde sich "schütteln" ob der Schauerlichkeiten, die dort abgehen. Meine Frage: Wie kann sie das beurteilen, wenn sie nie da war? Oder hast du ihr etwa nicht nur Mathe beigebracht, sondern auch deine enormen telepathischen Kräfte übertragen, die in der unglaublichen Fähigkeit kulminieren, eine Theateraufführung zu beurteilen, die man gar nicht gesehen hat? Das wäre ja wirklich ein großes Wunder, was nur so ein edler Kämpfer für die wahre Kunst wie du zu vollbringen im Stande wäre.
    Ich finde, das schreit nach einer Huldigung: :hail::hail::hail:

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  • Als Künstler und Künstlerin werden heute die in der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst, der Darstellenden Kunst sowie der Literatur und der Musik kreativ tätigen Menschen bezeichnet, die als Arbeiten bezeichnete Erzeugnisse künstlerischen Schaffens hervorbringen. (Wikipedia)
    Kunst ist ein menschliches Kultur­produkt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses. Das Kunstwerk steht meist am Ende dieses Prozesses, kann aber seit der Moderne auch der Prozess selbst sein. Ausübende der Kunst im engeren Sinne werden Künstler genannt. (Wikipedia)


    Hallo,


    bis auf die Musik sind das „Kunstwerke“ die optisch erfasst werden und einen endgültigen, nicht mehr zu verändernden Zustand erreicht haben. Anders als bei Musik sind dazu keine „Transporteure“ notwendig, das Kunstwerk „spricht“ optisch für sich.


    Musik wird akustisch erfasst. Eine Partitur ist der unvollkommene Versuch, Musik optisch. schriftlich festzuhalten. Welche Bezeichnung in der von Dir verwendeten Terminologie hat demnach z. B. „W.A. Mozart“?


    Eine Partitur wird erst dann zu Musik, wenn ausübende Musiker aller Couleur Töne erzeugen, die den Noten entsprechen/die Noten zum Klingen bringen; sie „transportieren“ die Partitur zu Musik. Deshalb hat Musik nie - kann nie - einen endgültigen, unveränderlichen Zustand erreicht/haben, weil erst durch die äußert individuellen Musiker aller Couleur die Partituren zu Musik werden. Wie werden diese „Transporteure“ bezeichnet?


    Danke für Deine nicht „seltsame“ Antwort und
    viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Aber mir ist er zu lang!! Für Deine Studenten und manche hier im Forum (siehe Beitrag von Hans Heuenkamp) sicher ein toller Beitrag, aber meine Probleme als Vertreter des zahlenden Publikums löst er nicht!!

    Lieber La Roche,


    von Hegel stammt der schöne Satz, den ich gerne zitiere: "Die Wahrheit lässt sich nicht in einem Satz aussprechen." Kurz und bündig sind die Ideologien und Ideologen - oder die Bild-Zeitung - denn nur so lassen sich Massen mobilisieren - mit "Schlagworten". Wenn man wirklich erkennen will, braucht man dagegen "Länge" und Zeit. In diesem Sinne bleibe ich "unzeitgemäß". Unser Internet-Zeitalter neigt zu Verkürzungen, weil sich Nachrichten und Inhalte so am schnellsten verbreiten. Die Ruhe und Geduld, sich auf Dinge einzulassen, sich also Zeit zu nehmen, sie geht dabei zunehmend verloren! Auch in der Wissenschaft gibt es heute die Tendenz, nur kurze, leicht aufzunehmende Nahrungsbrocken als schnell verwertbare Ergebnisse präsentiert zu bekommen. Ich gehöre zu den "Altmodischen", welche es mit Buddha halten: Das Gehen des Weges ist wichtiger als das Erreichen des Zieles. Ich "entwickle" die Gedanken - das ist für mich die Dignität des Denkens. Nicht zufällig habe ich deshalb ein dickes Buch über "Entwicklung" geschrieben. :D


    Deine "Probleme" kann ich glaube ich nicht lösen. Das musst Du schon selber tun! Nur würde ich von mir aus sagen: Negative Energien in sich zu verstärken ist ungesund! Man sollte sie durch positive vertreiben! Ich hatte einen sehr netten Kollegen aus Georgien, der ein Sprachwissenschaftler ist. Ich erzählte ihm von der Münsteraner Oper. Er sagte nur dem Sinne nach: Nein, eure deutsche Oper mit Aktenkoffern etc. auf der Bühne ist nichts für mich. Oper müsse wie in Georgien schön altmodisch sein! Dann haben wir gelacht! Natürlich käme ich nicht im Traum auf die Idee, ihn vom Gegenteil zu überzeugen! Er leidet auch nicht darunter, sondern nimmt die Realität so hin wie sie ist - mit Humor. Das ist gesund! Ungesund ist dagegen, sich auf das Negative zu fixieren. Daraus resultiert dann Verbitterung - aber Verbitterung ist letztlich eine Form von Selbstpeinigung! Wozu also soll sie gut sein? Insofern glaube ich schon, dass "Aufklärung" eine Hilfe sein kann, nämlich das Negative nicht mehr negativ zu sehen und damit den Grund der Verbitterung zu beseitigen: Nein, RT-Regisseure sind keine Verunstalter, keine Verbrecher, es gibt keine RT-Mafia. Das alles sind bloße Verschwörungsfantasien, Projektionen der Verbitterung, die sich in sich selber vergraben hat. Es handelt sich hier schlicht nur um eine historisch gewachsene, legitime Form von Theater, die ihr weder verstehen könnt noch wollt, weil sie nicht Eure Bedürfnisse befriedigt. In unserer Mediengesellschaft gibt es aber 1000 Möglichkeiten, das Angebot zu finden, das man sucht. Du fragst, wie Du Deine Probleme lösen kannst. Meine Antwort: Man braucht sich doch nicht auf das Nicht-Mögliche zu versteifen! Verbitterung löst keine Probleme, man erneuert sie nur immer wieder! Ist es nicht besser, man öffnet sich und lässt sich von anderen Opernliebhabern verführen: Vielleicht gibt es ja doch nicht nur Schwarz und Weiß? Ich glaube die Münsteraner Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen" hätte Dir gefallen. Das war Romantik mit den Mitteln des Brecht-Theaters inszeniert und es hat wunderbar funktioniert! Auch die "Zauberflöte" hätte Dir gefallen - die Geschichte verknüpft mit "Raumschiff Enterprise". Das hat den Kindern auch Spaß gemacht!

    Das Problem ist wissenschaftlich erklärbar, was Du getan hast. Aber die Rolle des Publikums ist zu wenig beleuchtet. Spielt es gar keine Rolle?

    Doch natürlich. Das ist ein eigenes Thema. Hätte Goethe seinen "Werther" geschrieben, wenn er gewusst hätte, dass sein Buch eine Selbstmordwelle auslöst? Er hat ein Buch geschrieben, das den Zeitgeist traf - aber mit unerwarteten Folgen. Es ist im Grunde ganz einfach: Der Autor sucht sich sein Publikum und das Publikum sucht sich seinen Autor. Das ist ein völlig unkalkulierbarer Prozess, wie das Beispiel Goethe zeigt. Warum also nicht anerkennen: Ein Bieito hat sein Publikum gefunden - das seid freilich nicht Ihr! Warum ärgert Ihr Euch also ständig darüber, dass Ihr nicht sein Publikum seid und "kämpft" dagegen und tut so, als ob er seine Kunst nur macht, um Euch zu ärgern? Diese Haltung und ihre Psychologie erinnert mich an die Szene mit zwei islamischen Fundamentalisten in einer Film-Dokumentation. Sie stehen vor einer Drogerie mit Werbung für Badeöl und sagen: "Das tun die nur, um uns Muslime zu beleidigen!" Statt ständig Projektionen Eurer Unzufriedenheit mit der Welt zu machen und zu unterstellen, dass Künstler nicht für, sondern gegen ihr Publikum arbeiten (das seid dann Ihr), was völlig absurd ist, nehmt das von Euch ungeliebte RT doch einfach als Tatsache hin! Dann entstehen keine negativen Energien und keine Energieverschwendung. Denn Euer "Kampf" gegen RT ist nichts anderes als der Kampf des Don Quichote gegen Windmühlen - realistisch betrachtet zur Erfolglosigkeit verurteilt. Sucht Euch deshalb lieber Eure Oper und versucht dafür zu werben, dass sie ein größeres Publikum findet. Wenn dann aber wieder die Verbitterung kommt, dass es Euch nicht gelingt, sondern dass das Bieito-Publikum Eure Oper als langweilig empfindet, dann sucht ihr geradezu die Windmühlen, gegen die Ihr kämpfen könnt. Das ist ein Teufelskreis, aus dem Ihr dann nicht mehr rauskommt und der zu nichts führt außer dazu, dass Ihr Euch selber isoliert und Niemand mehr mit Euch reden will. Die Alternative wäre wie schon gesagt, einfach anzuerkennen, dass es eine Realität ist, dass RT sein Publikum hat und das so hinzunehmen und vielleicht ein wenig versuchen zu verstehen, warum es ein Publikum gibt, was RT mag. Denn nur so kommt man miteinander ins Gespräch - mit der Bereitschaft zum gegenseitigen Zuhören und zum Verständnis. (Barenboim sagte über sein Orchester aus jungen Palästinensern und Israelis: Wenn man sich auch nicht gleich verstehen kann, ist der erste Schritt, dass man sich gegenseitig überhaupt zuhört.) Ansonsten machen Diskussionen keinen Sinn und jeder ignoriert besser den Anderen. Dann - wenn Ihr Euch dem gegenseitigen Verstehen verweigert - müsst Ihr Euch schon die Frage stellen lassen: Warum seid Ihr überhaupt in einem Forum zusammen mit Andersdenkenden, wenn Ihr keinerlei Interesse an einer produktiven Auseinandersetzung mit Ihnen habt außer in unendlicher Wiederholung über Euer Leid zu klagen und Eure kategorische Abneigung und Euer Nichtverstehenwollen kundzutun? Warum gründet Ihr dann nicht ein eigenes Forum, wo Ihr unter Euch bleibt und Euch niemand stört, wo Ihr Euch dann wechselseitig in Eurem Leiden bestätigen und bemitleiden könnt? Geht es wirklich nur darum? Wir - die Anderdenkenden - können Euch nicht bemitleiden. Wir können zwar Verständnis zeigen, aber eine Hilfe ist das für Euch natürlich nicht, wenn Ihr Euch immer nur wieder in Eurer Verbitterung einmauert. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Und dann lies einmal in der Facebook-Gruppe "amop" (against modern opera productions). Auch da gibt es viele junge Leute. Sie wurde sogar - soweit ich weiß - von einem unserer jüngeren Mitglieder gegründet. Hinzu kommt, dass zumindest auf den Gymnasien, die Oper auch noch Lehrstoff ist. Was sollen diese jungen Leute davon halten, wenn sie dann etwas ganz anderes zu sehen bekommen? Und werden diese künftig wohl wieder in eine Oper gehen?


    Lieber Gerhard, ich gehe ja gern Hinweisen und Tipps nach. Was nun diese Facebook-Gruppe anbelangt, die Du empfiehlst, gewinne ich einen ziemlich gemischten Eindruck. Abgesehen davon, dass auch dort mit Fäkal-Sprache um sich geworfen wird, gibt es auch schon mal Lob für die jüngste "Vespres Sicilianes" in München. :D Und so jung und knackig sind die Diskutanten auch wieder nicht. Nun ja.


    Zu den Gymnasien. Im Netz können ja Lehrpläne für dem gymnasialen Bildungsgang nachgelesen werden. Ich habe nirgends einen Hinweis darauf gefunden, dass Oper als Lehrstoff so angelegt sein soll, dass sich zwischen dem zu erwerbenden Wissen und der Erfahrung mit Oper im Theater ein Widerspruch auftäte. Nix mit reiner Lehre. Ganz im Gegenteil. Im einschlägigen Lehrplan des Hessischen Kultusministeriums - um ein Beispiel anzuführen - heißt es: "Aufgabe des Musikunterrichts im gymnasialen Bildungsgang ist die Entwicklung und Förderung eines qualifizierten und differenzierten Umgangs der Schülerinnen und Schüler mit Musik. Der Musikunterricht soll die Freude und das Interesse an der Musik wecken und erhalten und vielfältige Möglichkeiten zu ihrer individuellen und gemeinschaftlichen Aneignung eröffnen. Die Schülerinnen und Schüler sollen eine Vielzahl unterschiedlicher Erfahrungen im Umgang mit Musik sammeln, musikbezogene Fertigkeiten und Fähigkeiten ausbilden und fachliche Kenntnisse erwerben."


    Ich mache mir also keinerlei Sorge, dass junge Menschen Schaden nehmen, wenn sie sich eine Aufführung ansehen, die Du für unzumutbar hieltest.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold,


    habe mir gerade diese Facebook-Seite angesehen.


    Schon die Werbung dafür ist süß: "Community for opera friends who are bothered by Regietheater" :D


    Und dann Postings wie diese: "We have always wondered where Regietheater people get their ugly clothes for their "productions". Now we have found out".



    Wesentlich interessanter ist die Seite "Against 'Against Modern Opera Productions'", wo man sich über diese Beiträge lustig macht. ;)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Von wegen Alter, links-rechts und so ...
    Die erste Oper, die ich im Opernhaus gesehen habe, war regietheatralisch verunstaltet, und ich mochte es nicht, da war ich ein Kind.
    Als Jugendlicher/junger Erwachsener war ich ziemlich klar links eingestellt und mochte Regietheater überhaupt nicht.
    Heute bin ich Richtung Mitte gewandert, kenne auch einiges an modernem Theater, schätze aber Regietheater überhaupt nicht.
    Ich möchte die Werke eben möglichst wenig verzerrt zu sehen/hören bekommen, das ist bei der Architektur so, wo mich Leuchtkörper in barocken Räumen aber auch bei le Corbusier stören, wenn sie die intendierte Lichtsituation zerstören, das ist bei der Musik so, wo mir Bearbeitungen (bspw. Garretts Beethoven-"Sinfonie") gegen den Strich gehen, und das ist auch auf der Bühne so.


    Ich habe Holgers Ausführungen natürlich nicht gelesen, da er glaubt, hier Vorlesungen halten zu sollen, und so nicht meinen Vorstellungen von Internetforenbenutzung entspricht (darf er natürlich, nur braucht er sich nicht wundern, wenn ihn nur seine Fans lesen), aber ein Werk erschließt sich am besten, wenn man das, was der Schöpfer wollte, nicht ignoriert, das halte ich für eine "Weisheit", die ich nicht zu begründen brauche (da wir hier keine wissenschaftlichen Arbeiten schreiben). Man kann natürlich auch etwas anderes daraus machen und das sehr kunstvoll, aber das interessiert mich auf der Opernbühne nicht, genau 0. Das Problem ist ja nicht, dass das gemacht wird (hier schießen die RT-Fans gegen Strohmänner), sondern die weitgehende Alternativlosigkeit. Dagegen wird protestiert, und wenn man sich z.B. gegen den Begriff RT wehrt, beschneidet man sich selbst, da man dann nicht verstehen wird, warum die Leute dagegen sind. Die Wissenschaft wird sich dieser Frage wohl verschließen, da nicht das herauskommen würde, was sie gerne hätte. Somit ist es billig, den Begriff RT als "unwissenschaftlich" zu bezeichnen - das ist letztlich eine politische Entscheidung der Wissenschaft, die ohnehin im Wanken ist (die Entscheidung meine ich). Und wer jetzt meint, "die Wissenschaft" gibt es nicht, bittesehr, dann gibt es auch Wissenschaftler, die den RT-Begriff verwenden, und alles wird gut.
    :angel:

  • Der Threadtitel ist aber auch witzig. Modernes Theater (z.B. Brecht) und moderne Musik (z.B. Schönberg) mag ich ja sehr - aber hier geht es mal wieder ums Regietheater ...

  • Thomas Pape
    „Der Kernpunkt der Diskussion dreht sich um die "vertrauten" Werke, die in ihrer Bühnendarbietung in den vergangenen 50 Jahren eine rasante Umdeutung erfahren haben.“

    Dieser Trend ist so neu nicht. Bereitete sich bereits in der 1. Hälfte des letzten Jahrhunderts vor, wie es z.B. die Inszenierungen in der Krolloper oder Arbeiten Wieland Wagners zeigen..


    Thomas Pape
    "Wenn ein Publikum, das seit 50 Jahren in die Oper geht und irgendwann nicht mehr mitmachen mag beim Wandel streikt, dann verstehe ich das. das hat nichts zu tun mit "Rüben bloß noch als Hutständer zu gebrauchen"
    Wo wurde das in meinen Posting einem OPERNpublikum das in der Weise unmittelbar zugeschrieben ? Auf Nachweise von dir bin ich schon gespannt.
    Außerdem weisst du es selbst, dass es nicht das (!) Publikum gibt, was nicht mitmacht. Dazu ist es zu heterogen zusammengesetzt. Und ich gehöre – wie bereits betont - gleichfalls zum bürgerlichen Publikum.


    @ Mme.Cortese
    „Es ist doch eher anders herum. In früheren Zeiten diente die Oper in allererster Linie der Unterhaltung, bis ein gewisser Wagner meinte, alles mit Tiefsinn überfrachten zu müssen. “
    Na, ja z.B. nach Maßgabe irgend eines Impresarios: “.Ich wünschte sehr der Menge zu behagen..“


    Leider haben z.B. Mozart oder Beethoven sich nicht einem totalen Unterhaltungsimperativ gebeugt bzw. verstanden dieses zu unterlaufen, so dass unglücklicherweise bereits deren Werke, ob ihrer Komplexität bzw. Schärfe, viel zu oft mit allerlei „Tiefsinn überfrachtet“ sind …


    @ Mme.Cortese
    „Ich zumindest fühle mich in keiner Weise beleidigt, aber ich frage mich weiterhin, wo ich mich angemessen musikalisch unterhalten oder vergnügen lassen soll, wenn ich an Rock- oder Popmusik nichts finde und auch Andre Rieu, David Garrett und ähnliche Crossover-Musiker nicht zu meinen Lieblingsinterpreten gehören und ich es in der Oper, zumindest laut Amfortas, nicht darf“


    Wo ist in meinem Posting zu lesen, dass du dich nicht unterhalten darfst ? Und diese Frage gebe ich auch an Thomas Pape weiter:


    Thomas Pape
    „Die Frage ist berechtigt;“


    Selbstverständlich ist die Frage berechtigt, nur resultiert sie keinesfalls aus meinem Posting.


    Thomas Pape
    „Der in seiner Jugend progressive Theologe Ratzinger wird im Alter immer konservativer“


    Hä ? Erwartest du etwa, dass ich mir das zu eigen mache ?


    Thomas Pape
    „wenn der Wille, alle Parteien zu verstehen, auf allen Seiten vorhanden ist. Bei Dir vermisse ich das“


    Das natürlich völlig zu Unrecht. Ich gehöre zu den Guten, denn ich betreibe keine Kommunikationsverweigerung mit RT-Phoben.
    Oder verstehst du unter Verständnis etwa beflissenes Abnicken von:
    z.B. manisch repetierten Phrasen übers „Verunstaltungstheater“ ?
    z.B. ergötzlichen Ergüssen über nicht besuchte Opernaufführungen ?


    Würde mich bei dir wundern.


    Thomas Pape
    „bislang ja recht konstruktiv verlaufenden Thread“


    Interessante Einschätzung, angesichts der Tatsache, dass manche User auf Ignore schalten bzw. Kommunikationsverweigerung a la Kurzstückmeister betreiben.
    Ist und bleibt natürlich ganz deren Bier.


    Thomas Pape
    „Beat Furrers "Blinde": an der Premiereninszenierung unter Beisein des Komponisten“


    Neid, Neid ! Hätte ich mir gerne auch – wie du – richtig live reingezogen auf Grund eines Mitschnitts davon. Neben seinem 3. Streichquartett bisher mein Lieblings-Furrer…


    @ Gerhard Wischniewski
    „Aber der gescheite und informierte Opernbesucher ist durchaus in der Lage, sich bei Anscheuen des Originalwerks selbst Gedanken über den Inhalt und dessen Sinn zu machen.“


    Das glaubst du selber nicht !


    In einem anderen Thread fordertest du „Verunstaltungen“ fürs Opernpublikum besonders zu kennzeichnen. Das bereits widerspricht deiner Behauptung eines „gescheiten und informierten Opernbesuchers“
    Und du warntest – nach eigenen Bekunden – eine Dame „noch rechtzeitig vor diesem Haus“ und wiesest ihr „andere Wege“.
    Hieltest sie – in Hoffart – folglich für nicht „gescheit“ genug d.i. unfähig, sich selbst Gedanken über Inhalt und Sinn eines Opernbesuches zu machen, also für viel zu doof; und das höchstwahrscheinlich sogar ohne besondere eigene Kenntnis des dort gebotenen.

  • @ Gerhard Wischniewski
    „Aber der gescheite und informierte Opernbesucher ist durchaus in der Lage, sich bei Anscheuen des Originalwerks selbst Gedanken über den Inhalt und dessen Sinn zu machen.“


    Das glaubst du selber nicht !


    In einem anderen Thread fordertest du „Verunstaltungen“ fürs Opernpublikum besonders zu kennzeichnen. Das bereits widerspricht deiner Behauptung eines „gescheiten und informierten Opernbesuchers“
    Und du warntest – nach eigenen Bekunden – eine Dame „noch rechtzeitig vor diesem Haus“ und wiesest ihr „andere Wege“.
    Hieltest sie – in Hoffart – folglich für nicht „gescheit“ genug d.i. unfähig, sich selbst Gedanken über Inhalt und Sinn eines Opernbesuches zu machen, also für viel zu doof; und das höchstwahrscheinlich sogar ohne besondere eigene Kenntnis des dort gebotenen.

    Jetzt setzt Du voraus, dass alle Opernhäuser ihre Inszenierungen ausreichend präsentieren, dass man sich "informieren" kann und den Käse meiden. Das ist aber mW nicht der Fall.

  • @Kurzstückmeister
    "Jetzt setzt Du voraus, dass alle Opernhäuser ihre Inszenierungen ausreichend präsentieren, dass man sich "informieren" kann und den Käse meiden. Das ist aber mW nicht der Fall."


    Nee, ich setzte voraus, dass eine intelligente Dame selbst beurteilen und entscheiden vermag, ob etwas Käse ist oder nicht...


    Und nochmal: Komisch, dass nach meinen Erfahrungen Opernbesuche nur in Ausnahmefällen "Käse" waren.
    Aber bin einfach zu blöde, um zu checken, dass RT alles bloß Käse ist.
    => Amfortas bedarf weiterhin instruktiver Belehrungen von RT-Gegnern z.B. vor dem Besuch der Aida-Premiere im April.

  • Natürlich ist "Käse" ein Geschmacksurteil, das differiert, wenn man ganz andere Vorstellungen davon hat, was heute eine Inszenierung leisten sollte.
    Mich stört das gar nicht, dass Du wahrscheinlich Zefirelli schrecklich findest, es liegt mir fern, Dich zu bekehren.

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