Aus der neuen Welt - Dvoraks Geniestreich

  • Hallo Wolfgang,
    Dank Dir für Deinen Input. Hierauf hab ich meine Aufnahmen noch mal überprüft und komm aus dem Wundern nicht heraus: Auf meiner ersten Aufnahme (vom Dutton-Label) ist tatsächlich eine „Aus der Neuen Welt“ von 1937 und den Tschechischen Philharmonikern (unter Szell). Wie auf meinen PC eine falsche Aufnahme (die ich moniert hatte) kam, kann ich mir nur so vorstellen, dass ich vor einiger Zeit eine CD aus der Münchner Stadtbibliothek überspielt hatte, die sowohl die „Neue Welt“ als auch das Cellokonzert beinhaltete (und hier vermutlich falsch deklariert war) enthielt. Welche Einspielung das wa, kann ich nicht mehr in Erfahrung bringen.
    Und, wie schon gesagt, mir war zwar „irgendwie“ aufgefallen, dass das Klangbild für 1937 recht oppulent war, aber soo genau hatte ich mir bislang da keine Gedanken gemacht. Bis eben jetzt zur Neuerwerbung….


    Anyway, auf dieser Dutton-Einspielung

    ist das legendäre Cellokonzert mit Pablo Casals vom 28. April 1937 aus dem (damaligen) „Deutschen Haus“ in Prag live SOWIE die Sinfonie Nr 9 „Aus der Neuen Welt“ vom 30. Oktober 1937 aus den Abbey Road Studios* in London eingespielt. Beide Werke dirigiert George Szell, es spielen die Tschechischen Philharmoniker. Die Klangqualität ist der Zeit geschuldet, aber durchaus gut anhörbar.


    *) Das Booklet weißt folgenden Text hierzu aus:
    „Zur Zeit der Aufnahme war Vaclav Talich Chefdirigent der Tschechischen Philharmoniker, doch war er zunehmend von anderen Verpflichtungen in Anspruch genommen, und kurz vor einer Orchesterreise durch Großbritannien und Irland im Oktober erkrankte er. Für ihn sprang der 27-jährige Rafael Kubelik. In einem Zeitraum von nur 27 Tagen gab Kubelik mit dem Orchester 20 Konzerte, jedes in einer anderen Stadt. (...) Dennoch engagierte man für die Aufnahme des Werkes („Neue Welt“) am letzten Tag der Tournee George Szell, der soeben zum Dirigenten des Schottischen Orchesters in Glasgow ernannt worden war.


    Also, Danke nochmals. Vermelde: problem solved :thumbsup:
    Grüße
    Thomas

  • 16. Dezember 1893 – Dvořáks Sinfonie Nr. 9 "Aus der Neuen Welt" wird in New York uraufgeführt.



    Die 9. Sinfonie e-Moll op. 95 Antonín Dvořáks trägt den Namen Aus der Neuen Welt, da sie von Dvoráks dreijährigem Amerika-Aufenthalt inspiriert wurde.
    Sie wurde zu Lebzeiten als 5. Sinfonie des Künstlers bekannt.
    Die Weltpremiere der Sinfonie spielten am 16. Dezember 1893 die New Yorker Philharmoniker in der Carnegie Hall in New York unter der Leitung von Anton Seidl.
    Die erste Aufführung der Sinfonie „Aus der neuen Welt“ auf dem europäischen Kontinent erfolgte am 20. Juli 1894 in Karlsbad. Die Sinfonie wurde allerorten gefeiert und schnell zum größten Erfolg des Komponisten in dessen Laufbahn.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Mich wundert, dass in diesem Thread noch nicht über diese Aufnahme



    gesprochen wurde, sondern nur über Karajans Aufnahme aus den 60ern.


    Auf dieser http://www.klassik-prisma.de/Dv.op.95.htm sehr interessanten Website, der ich schon viele sehr gute Anregungen entnommen habe, wird die Aufnahme als Spitzenaufnahme bewertet, und der Betreiber der Website ist ganz sicher kein fanatischer Karajan-Anhänger.


    Kennt jemand von Euch die Aufnahme und kann etwas dazu sagen?

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo,


    Ich habe den gesamten Abschnitt "Sinfonie - Konzert - Orchestermusik in Klassik und Romantik" durchsucht und war so gut wie sicher, einen Thread zu Dvoraks neunter Sinfonie zu finden. Immerhin ist sie - nicht zu unrecht - eine der beliebtesten, am meisten aufgeführten und am meisten aufgenommenen Sinfonien. Aber diesen Thread fand ich erstaunlicherweise nicht, daher habe ich ihn eröffnet. Neulich hörte ich sie mit dem Odessa Sinfonie-Orchester unter Leitung von Roderick von Bennigsen, der das Stück inspiriert aufgeführt hat.


    Am Beispiel von Dvoraks neunter Sinfonie habe ich in der Schule die Sonatenhauptsatzform gelernt und bin meine Lehrer dafür unendlich dankbar - denn die kann man auch an Mozart oder Haydn lernen und diese Musik macht mir nunmal viel weniger Freude. Die drei Themen des ersten Satzes aus Dvoraks neunter haben mir so gut gefallen, daß ich mir eine Partitur aus der Stadtbücherei besorgt habe und sie dann auf meiner Heimorgel gespielt habe.


    Meine Lieblingsaufnahme dieser Sinfonie ist die mit dem NHK-Sinfonieorchester unter Leitung des von mir immer geschätzten Vaclav Neumann. Neumann phrasiert die Musik wunderbar organisch und selbstverständlich und läßt sie singend und sprechend artikulieren. Eine Besonderheit ist das rhythmisch "unpräzise" in dieser Aufnahme. Die Orchestergruppen spielen oft nicht im selben Rhythmus und das macht diese Musik so lebendig. Hierbei handelt es sich nach meiner Vermutung nicht um eine Schwäche des NHK-Sinfonieorchesters, sondern um einen interpretatorischen Ansatz von Vaclav Neumann.
    Man kann bei jpc in die Titel 2 bis 5 hineinhören, um sich selbst ein Bild von dieser wundervollen Aufnahme zu machen:



    Liebe Grüße


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Hallo AH.,


    es wäre in der Tat sehr erstaunlich, wenn wir uns über Dvoraks 9. Sinfonie noch nicht ausgiebig unterhalten hätten.
    Wir haben und zwar hier: Aus der neuen Welt - Dvoraks Geniestreich


    Wenn Du speziell die vorgestellte Aufnahme besprechen willst, dann kann der Thread gerne bestehen bleiben, ansonsten füge ich Deinen Beitrag in den bestehenden Thread ein.


    Viele Grüße


    Norbert als Moderator

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    ich bitte Dich, meinen Beitrag in den bestehenden Thread einzufügen. Ich finde den Ttel allerdings unglücklich gewählt, deswegen habe ich es wohl auch nicht gefunden. "Aus der neuen Welt - Dvoraks Geniestreich" sucht man einfach nicht, wenn man seine neute Sinfonie beschreiben möchte. Vielleicht könnte man den Titel ändern.


    Liebe Grüße


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Lieber Andreas,
    In der Rubrik "Tamino Klassikforum Organisation" findet man das "Themenverzeichnis klassische Musik".
    Darin dann u.a. "Komponisten".
    Dort gibt es dann mehrere Threads für "Dvorak", u.a. auch für seine 9.Sinfonie.
    Auch Cesar Franck ist mit seinem Orgelwerk vertreten.
    Ich benutze immer zuerst das Themenverzeichnis für die Suche nach Komponisten, Dirigenten, Pianisten, usw.,
    erst wenn ich dort nicht fündig werde, benutze ich die Suchfunktion.

    mfG
    Michael


  • Hallo Andreas,


    das ist merkwürdig, denn im Themenverzeichnis heißt der Thread "DVORAK Antonin: Sinfonie Nr 9 Aus der Neuen Welt".
    Da Alfred das Themenverzeichnis bearbeitet und er auch den Thread erstellt hat, sollte es ihm obliegen, den Titel ggfs. zu ändern.


    Viele Grüße


    Norbert als Moderator

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Für mich immer wieder Szell.


    Offensichtlich höre ich das anders als andre.
    Für mich ist Szell nie laut, nie perfektionistisch, nie kalt, sondern das Gegenteil.


    Präzise ist er. Nie auf Effekt aus wie den Solti'schen Paukendonner zu Beginn.
    Findet stattdessen die thematische Verzahnung der Sätze wichtig- und manchmal scheint er selbst überwältigt und lässt lieber Stille klingen.


    Für mich ist die Neunte weniger wichtig als die Achte- doch Szells Lesart ist derart innig, liebevoll, geradezu schmerzlich schön, dass sie für mich eine Platte für die "einsame Insel" wäre.


    Ganz nebenbei wird das Werk in die Nähe der Zeitgenossen gerückt, insbesondere in die eines Brahms.
    Dessen Dritte klingt wie eine Schwester. Die liebliche, während Dvoraks die stolzere ist und schwerer zu erobern.


    Herzliche grüße,
    Mike

  • Lieber Szell-Fan,


    an Deiner Einschätzung zur Szell-Aufnahme habe ich nicht das Mindeste auszusetzen, sondern teile sie soweit. Allerdings ist die Szell-Aufnahme schon eine der "härteren" mit eindeutig strafferem Zugriff. Auch die Pauken (die Du weniger "soltisch" haben möchtest) sind bei Szell voll OK.


    Um so weniger bin ich auch den Beitrag 17 in diesem Thread einverstanden, aus dem ich das ziemliche Gegenteil deiner Worte zitiere:
    :huh: Wie unterschiedlich doch die Wahrnehmungen sein können.

    Zitat

    Der erste Satz kommt kalt und mechanisch daher, präzise gespielt, nein gepeitscht bis an den Rand der Erschöpfung (bei den Musikern und mir), so als wollte Szell die Musik (und die Aufnahme) so schnell wie möglich hinter sich bringen. Solcherart Passagen finden sich auch später, auch wenn die Sache langsam an Konzentration verliert. Wer Dvorak reduziert auf rohe Gewalt haben will, wird daran dennoch sein volles Vergnügen. Für mich war es schön herauszufinden, dass nicht alle Urteile nach ein paar Jahren zu revidierungsbedürftigen Vorurteilen mutieren. Nicht mein Dvorák, eine überflüssige Aufnahme.


    :thumbup: Auch die Szell-Aufnahmen der Sinfonien Nr.7 und 8 stehen in meiner Gunst (neben Dohnanyi (Decca)) an der Spitze.


    Der Vorteil dieser SONY-Doppel-CD ist zudem, dass die 3 grossen Dvorak - Sinfonien sehr gut remastert sind und auch die Neue Welt eindeutig besser und natürlicher klingt, als die in Beitrag 17 und 89 abgebildete Altausgabe, die ich bereits weitergegeben habe.



    SONY, 1959 (9.), ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Uranus fragte vor zwei Jahren (Beitrag 93) nach Karajans Aufnahme mit den Wiener PH (DG, 1985).
    Diese DG-CD habe ich letzte Woche auf dem Rheinauenflohmarkt Bonn in der Version als Karajan-GOLD-CD für 1Euro abgestaubt.


    Mit Karajan und der neuen Welt hatte ich bis dahin wenig Bekanntschaft, weil andere zahlreiche TOP-Aufnahmen bei mir vorhanden sind. Aus diesem Grunde und weil mir Karajans Dvorak unbekannt war, hatte mir vor vielen Jahren ein Klassikforianer die Karajan-Aufnahme mit den Berliner PH ans Herz gelegt zukommen lassen, weil er diese als "Non-Plus-Ultra" ansah.


    Ich hatte dieser Tage nun die Möglichkeit zum Vergleich.



    Spielzeiten: 9:58 - 12:27 - 8:36 - 11:25
    DG, 1985, DDD


    Mein erster Eindruck bei den Wiener PH war: Alles sauber mit Niveau, aber trotzdem etwas Bieder klingend. Die Tempi sind stimmig und weichen nur grob von seiner 1964er-Aufnahme ab. Keine fast brutalen Exzesse wie beim flotten Szell (SONY), oder so Hyperemotionsgeladen wie Bernstein (SONY). Die WPO klingen klassisch warm ... ohne Vergleich gibt es nichts auszusetzen ... ich fühle mich aber lange nicht so angesprochen, wie bei meinem Favoriten Solti (Decca), den ich auch erst vor wenigen Monaten durch Tamino-Empfehlung (ich glaube es war auch Uranus ?) angeschafft hatte. Die DG-Klangqualität ist äusserst durchsichtig - es werden keine Details verschluckt, auch jeder leise Paukenschlag ist vernehmbar - Klanglich eine Wucht. ;) Das sei denen mitgegeben, die Karajan-GOLD immer als etwas fürchterliches abtun ...
    Die sehr schöne Maazel-Aufnahme mit den Wiener PH (DG, 1982) macht klanglich und vom orchestralen Gefüge einen ähnlichen und ebenfalls guten Eindruck.
    (Die Moldau klingt ebenso mit Niveau, aber spannender ... eher bei Ancerl / Fricsay ...)



    Spielzeiten: 9:18 - 13:06 - 8:13 - 10:58
    DG, 1964, ADD


    Dann Karajan mit den Berliner PH: Ich bin überrascht um wieviel fetziger und unmittelbarer das 1964 klingt. 8o Es liegt nicht am Tempo, sondern an den Akzenten, die Karajan emotionaler setzt. Das Largo wird auszelebriert. Von Glätte oder Schönklang keine Spur. Für mich eine Spitzenaufnahme die ins obere Drittel gehört und mir genau so gut gefällt, wie die grossartige Fricsay-Aufnahme (DG) ... auch wenn meine Favoriten die anderen Genannten sind.
    Aber Karajan mit den Berlinern ... :thumbup: das ist ne Neue Welt, die trotz der analogen aber sehr guten Klangqualität doch mehr Hörspass macht, als seine wiener Spätaufnahme (das Gleiche gilt um so krasser für seine Tschaikowsky-Aufnahmen (Sinf.Nr.4-6), die mir aus Wien so ganz und gar nicht gefallen).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo zusammen,


    Antonin Dvorak (1841-1904)
    Symphonie Nr. 9
    + Tschechische Suite op. 39; Mein Heimatland-Ouvertüre op. 62

    stereo/multichannel (Hybrid), Super Audio CD 
    Malaysian PO, Claus Peter Flor


    Mit größtem Erstaunen hörte ich diese CD. Von Dvoraks Neunter gibt es so viele Aufnahmen wie von kaum einem anderen Werk (sollte ich schätzen, so würde ich behaupten, vermutlich mindestens 30 in der eigenen Sammlung zu haben, nimmt man LPs und CDs zusammen). Sicher einer DER Klassiker schlechthin und von ungebrochener Breitenwirkung. Wer zur Hölle braucht das, eingespielt vom Malaysischen Philharmonischen Orchester unter Leitung von CPF, mag man sich fragen? Hört man aufrechten Ohres unvoreingenommen hin, dann ist das eine der besten Einspielungen dieses durchgenudelten Werkes, denn hier passt wirklich alles. Die emotionale Ansprache im zweiten Satz ist überwältigend, die Linien des Dvorak'schen Werkes werden herrlich packend herausgearbeitet. Die vielen wunderbaren solistischen Momente (Holzbläser!) werden mit größtmöglicher Schönheit präsentiert. Das Tänzerische im dritten Satz gelingt hervorragend. Allein wie zu Beginn des ersten Satzes, bei ca. 1:00 Spieldauer, Streicher und Pauken einsetzen...Gänsehaut. Das ist eine ideale Aufnahme, in ihrer Mischung aus Emotion, zupackendem Musizieren, Transparenz und Klangschönheit. Auch tontechnisch ein Traum. Bin hin und weg... :hail:
    Netz-Rezensionen: 1, 2, 3 (Amen!).


    Viele Grüße
    Frank


  • Ohne ins Akademische zu verfallen arbeitet Krivine Details und Strukturen messerscharf heraus und fügt sie in seinen hoch dramatischen, leidenschaftlichen, ja fast schon wilden Interpretationsansatz ein.
    Oder um es salopp zu formulieren, diese Aufnahme verhält sich zu älteren so, wie ein später Clint Eastwood Western zu einer frühen Bonanzafolge.


    John Doe

  • Ich bin erstaunt, daß bisher hier niemand Otto Klemperer genannt hat (oder habe ich da etwas übersehen?), der 1963 in London eine außerordentliche Aufnahme der "Neuen Welt" aufgezeichnet hat, unter der Regie des Produzenten Walter Legge. Amazon bietet sie als CD in mehreren Ausgaben an:


    Hervorheben möchte ich, daß Klemperer, entgegen der damals üblichen Praxis, die Wiederholung der Exposition des Kopfsatzes bringt! Sie fehlt in praktisch allen Aufnahmen dieser Zeit, weder Karajan, Kubelik, Fricsay, Szell, Dorati, Giulini oder Kempe berücksichtigen sie.
    Ich habe sie noch als LP in meiner Sammlung, sie sah so aus:
    516bced2fHL._AC_US218_.jpg
    Auf der Rückseite schreibt der bekannte, 2006 verstorbene Musik- und Theaterkritiker Ulrich Schreiber zu dieser Aufnahme u.a. folgendes: " .... genau die Abkehr von plakativer Wirkung, wie eines Prärie-Sonnenuntergangs im Largo, eines Indianertanzes im Scherzo (das alles kann man in seriösen Büchern lesen), zeichnet die Interpretation Otto Klemperers aus. Er verzichtet auf überhitzte Dramatik wie auf verwischendes Sentiment, hält die Tempi durch sparsame Übergänge um eine ordnende Mitte gruppiert und widmet der Klarheit in der Nachzeichnung des Orchesterkolorits alle Sorgfalt. So hört man in seiner Aufnahme plötzlich Holzstimmen, die, der reinen Ausschmückung enthoben, zu funktionalen Elementen werden ...... unter Hintansetzung rein klang-sinnlicher Effekte. So gehört es auch zu Klemperers Auffassung, daß er das Finale langsamer nimmt als gewohnt, daß er sich nicht von der plakathaften Wirkung des "con fuoco" hinreißen läßt ...... Schließlich kann ein Feuer auch langsam brennen, was die Glut nur umso heftiger macht. Klemperer läßt diese Glut als den eigentlichen Organismus der Sinfonie zu Klang werden. Zum höheren Ruhme Dvoraks."
    Manche haben Klemperer zum Vorwurf gemacht, er bringe mit seiner Lesart Dvorak in die Nähe von Bruckner oder gar Mahler. Ich kann das nicht nachvollziehen, aber auf jeden Fall fällt diese Aufnahme aus dem Rahmen des Üblichen und ist für mich eine der ganz großen Aufnahmen von "Old Klemp", die es nicht verdient hat, vergessen zu werden. :hail: :hail: :hail:


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Wie mir erst gestern klar wurde, hat der große tschechische Dirigent Václav Neumann dieses Werk wohl so häufig eingespielt wie wenige andere. Mir selbst liegt es unter seiner Leitung zweimal vor:



    Tschechische Philharmonie (1972, Studio)



    Tschechische Philharmonie (1993, live)


    Die 70er-Jahre-Einspielung ist für sich genommen schon sehr gut. Vergleich man dann direkt mit der von 1993 (anlässlich des 100. Jahrestages der Uraufführung am 11. und 12. Dezember 1993 im Rudolfinum mitgeschnitten), so fällt das Urteil eindeutig zugunsten dieser Aufnahme aus. Erstens ist der Klang deutlich besser und natürlicher, zweitens ist die Interpretation noch viel intensiver und energiegeladener.


    Die Spielzeiten unterscheiden sich nur recht unwesentlich:


    1972: 9:21 - 12:18 - 8:16 - 11:16
    1993: 9:40 - 12:37 - 8:18 - 11:46


    Daneben gibt es noch mindestens folgende Aufnahmen:



    NHK Symphony Orchestra (1978, live)



    Tschechische Philharmonie (1981, Studio)


    918THVn3fvL._SL300_.jpg


    Tschechische Philharmonie (1995, Studio)


    Hat jemand die ganz späte Studioeinspielung, die zwischen 4. und 7. Jänner 1995 für Exton aufgenommen wurde? Die würde mich besonders interessieren, da Neumanns Letztdeutung vor seinem Tode im selben Jahr. Sie kam auch als DVD Audio heraus. Als Spielzeiten konnte ich eruieren: 10:26 - 13:59 - 7:47 - 11:54.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wie mir erst gestern klar wurde, hat der große tschechische Dirigent Václav Neumann dieses Werk wohl so häufig eingespielt wie wenige andere. Mir selbst liegt es unter seiner Leitung zweimal vor:

    Du hast, lieber Joseph die vorzügliche spätere zweite digitale Studioaufnahme aller Symphonien bei Supraphon vergessen. Den Live-Mitschnitt habe ich tatsächlich nicht, verflixt...

    Hat jemand die ganz späte Studioeinspielung, die zwischen 4. und 7. Jänner 1995 für Exton aufgenommen wurde? Die würde mich besonders interessieren, da Neumanns Letztdeutung vor seinem Tode im selben Jahr. Sie kam auch als DVD Audio heraus. Als Spielzeiten konnte ich eruieren: 10:26 - 13:59 - 7:47 - 11:54.

    Die habe ich! Ist auch wirklich Spitze! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    danke für Deine Reaktion. Die abgebildete Aufnahme von 1981 ist offensichtlich jene aus dem zweiten kompletten Zyklus, der zwischen 1981 und 1987 entstand. Die Gesamtbox bilde ich nochmal ab:



    Was mir so generell auffiel: Der erste Zyklus ist großartig und wurde auch wunderbar remastered. Einige Vergleiche mit dem digitalen zweiten Zyklus (via Spotify) ließen ansatzweise erkennen, dass der Klang nicht unbedingt besser ist (wurde hier im Forum schon mal irgendwo so geschrieben). Mir gefiel die analoge Fünfte etwa besser als die digitale, wo die Pauken vergleichsweise recht verdeckt herüberkommen.


    Aber zurück zur Neunten: Wäre die Exton-Aufnahme etwas preiswerter, könnte ich schwach werden. Fragt sich, ob die noch besser ist als die späte Live-Aufnahme? Ich zitiere mal Václav Neumann aus dem Booklet derselben:


    "Ein ganzes Jahrhundert ist seit der Entstehung der Sinfonie "Aus der Neuen Welt" vergangen, trotzdem erscheint uns das Werk so jung, als hätten wir es erst vor kurzem entdeckt. Ich hatte die Gelegenheit, es mehr als 160mal aufführen zu dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar."

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Was mir so generell auffiel: Der erste Zyklus ist großartig und wurde auch wunderbar remastered. Einige Vergleiche mit dem digitalen zweiten Zyklus (via Spotify) ließen ansatzweise erkennen, dass der Klang nicht unbedingt besser ist (wurde hier im Forum schon mal irgendwo so geschrieben). Mir gefiel die analoge Fünfte etwa besser als die digitale, wo die Pauken vergleichsweise recht verdeckt herüberkommen.

    Lieber Joseph,


    im Juli hörte ich dieses Konzert:


    http://www.collegium-musicum-wwu.de/


    mit der 6. Dvorak. Im Zusammenhang damit habe ich beide Neumann-Supraphon-Aufnahmen gehört - und die digitale gefiel mir eindeutig besser! Schlicht umwerfend - auch die Klangtechnik ist Klasse!

    Aber zurück zur Neunten: Wäre die Exton-Aufnahme etwas preiswerter, könnte ich schwach werden. Fragt sich, ob die noch besser ist als die späte Live-Aufnahme? Ich zitiere mal Václav Neumann aus dem Booklet derselben:

    Schwer zu sagen. Das Orchester war damals in einer Umbruch-Phase, wo Neumann ihm half mit seiner immensen Erfahrung.

    "Ein ganzes Jahrhundert ist seit der Entstehung der Sinfonie "Aus der Neuen Welt" vergangen, trotzdem erscheint uns das Werk so jung, als hätten wir es erst vor kurzem entdeckt. Ich hatte die Gelegenheit, es mehr als 160mal aufführen zu dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar."

    Wahnsinn! :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • Neumanns digitale Supraphon-Aufnahme der 9. finde ich jedenfalls in jeder Hinsicht perfekt - auch die der 8. Die Aufnahmetechnik ist wunderbar durchsichtig und luftig und hat zugleich Wärme - schlanker allerdings als die späten Exton-Aufnahmen, die haben einen satteren Streicher-Klang. :)

  • Antonin Dvorák

    Sinfonie Nr.9 E-Moll Aus der neuen Welt

    Takashi Asahina

    Osaka Philharmonic Orchestra

    Live: Festival Hall Osaka, 8.01.1982


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    1. 9:26

    2.12:55

    3. 7:49

    4.12:02

    :)

    Der Satz eröffnet die unendliche Weite der nordamerikanischen Landschaft, ist beruhigend. Das Scherzo ist äußerst prägnant angelegt, die Musik wirkt im Vergleich zu den unmittelbareren, vorhergehenden Sätzen beinahe wie von ferne, unwirklich. Das große Finale, dessen Themenfülle und Abwechslungsreichtum nicht in Worte zu fassen ist, beendet das Werk gebührend. Bis jetzt gefallen mir die Aufnahmen von Kubelik, Fricsay und Colin Davis, die von Karajan ist lieblos und geglättet.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Bis jetzt gefallen mir die Aufnahmen von Kubelik, Fricsay und Colin Davis, die von Karajan ist lieblos und geglättet.

    Lieber Klassikfan1,


    Dein Eintrag hat mich veranlaßt, mich wieder einmal mit diesem Werk eingehend zu beschäftigen. Außerdem hat meine "Neue Welt"-Sammlung (es sind jetzt 20 Aufnahmen) dieser Tage Zuwachs bekommen:

    Dvorak: Symphony No.9 'from Th

    Karl Böhm dirigiert die Wiener Philharmoniker (Aufnahme: 5/1978, Wien, Großer Musikvereinssaal).


    Dvoraks Neunte gehörte sicherlich nicht zu Böhms Kernrepertoire, und eben darum wollte ich seine Sicht kennenlernen. Nun ja, es ist eine stimmige, aber etwas eigenwillige Interpretation, mit vielen schönen Stellen, doch oftmals mit "gebremstem Schaum", und das wirkt dann doch (auf mich) befremdlich. Das Spiel der Wiener Philharmoniker ist, wie nicht anders zu erwarten, tadellos. Besonders der einheitliche Klang der Holzbläser ist bewundernswert. Doch ich bevorzuge bei diesem Werk zügigere Tempi, Böhm bleibt mir insgesamt zu zurückhaltend.

    Während sein großer Kollege Otto Klemperer (siehe mein #104) bei seiner großartigen Auslegung der Partitur (Klemperer wiederholt sogar, was die meisten seiner Kollegen nicht tun, die Exposition im Kopfsatz!) vielleicht hier und da schon Mahlers Tonwelt im Ohr hat, scheint mir Böhm eher auf den Spuren Schuberts unterwegs zu sein. Eine hörenswerte, aber die spezifisch böhmischen Elemente dieser Musik zu wenig beachtende Interpretation.


    Anschließend habe ich nacheinander folgende Aufnahmen (einige nur kursorisch) durchgehört:

    Fricsay (DGG, 1959), Szell (CBS), Kubelik (DGG), Colin Davis (Philips), Solti (Decca), Edouard Lindenberg (mit der Nordwestdeutschen Philharmonie, Apex) und Dorati (Philips, 1959). Dann noch Bruno Walter (CBS) und Karajan (EMI, 1958).


    Sämtliche Aufnahmen haben ihre Vorzüge, doch schlußendlich landet bei mir, wie schon seit vielen Jahren, diese Aufnahme unangefochten auf Platz 1:


    Antal Dorati mit dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam (Aufnahme: 1959, STEREO).

    Der Satz eröffnet die unendliche Weite der nordamerikanischen Landschaft, ist beruhigend.

    Was Du hier über den Schlußsatz des Asahina-Mitschnitts aus Osaka schreibst (leider kenne ich die Aufnahme nicht), trifft voll auf die komplette alte Dorati-Aufnahme zu, die übrigens auch klanglich sich in allerbester Form präsentiert, was bei dem Produktionsdatum 1959 mehr als erstaunlich ist.

    Ich zitiere hier gerne eine Rezension aus dem Jahr 1961, die m.E. den Kern dieser (für mich) legendären Aufnahme trifft: ".... finde ich, daß Dorati (Philips) mit den Gefahren dieser Sinfonie am besten fertig wird. Er 'nimmt' keine Tempi, sie kommen ihm intuitiv; er vermeidet ferner alle emotionalen Übertreibungen - und doch, wie singt unter ihm selbst die Pauke! Im letzten Satz wird das Amsterdamer Concertgebouw-Orchester wie zur Naturgewalt, die Musik überkommt die Spieler, und in gleicher Weise überkommt sie auch die Hörer. Und wie füllt Dorati die beiden Mittelsätze mit Klangfarben an! Sein langjähriger Aufenthalt im Süden der Vereinigten Staaten wird ihn hier inspiriert haben: Wer den Zauber der Mississippi-Landschaft kennt, hört ihn aus jedem Takt heraus ...."


    Was Deine Kritik an Karajan ("lieblos und geglättet") angeht, so wäre es interessant zu erfahren, welche Karajan-Aufnahme Du meinst. Es gibt m.W. mindestens 5 Studioproduktionen von ihm:


    Herbert von Karajan, die ersten Aufnahmen Vol. 3 - Dvorak: Symphony 9 Sinfonie 9 / Aufforderung zum Tanz Dvorak: Symphony 9 Sinfonien 8+9 Dvorak:Symphonies No.8 & No.9/


    von links nach rechts: 1941 (DGG), 1958 (EMI), 1964 (DGG), 1978 (DGG), 1984 (DGG).

    Davon Abb. 1-4 mit den Berliner Philharmonikern, Abb. 5 mit den Wiener Philharmonikern. Außerdem existieren etliche Mitschnitte und DVD-Produktionen.

    Ich kenne von den abgebildeten Aufnahmen die drei in der Mitte. Am schlüssigsten erscheint mir die von 1958.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino, Ich besitze die Aufnahme von 1964.

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Lieber Klassikfan1,


    .... danke für Deine prompte Antwort. Ich halte Karajans 1964er Version für die schwächste von ihm, die ich kenne. Und bin total überrascht, daß Wolfgang (teleton) da zu einem ganz anderen Ergebnis kommt:

    Karajan mit den Berliner PH: Ich bin überrascht um wieviel fetziger und unmittelbarer das 1964 klingt.

    Im Vergleich zu meinen Favoriten Dorati, Fricsay, Szell, Kubelik klingt mir der 64er Karajan reichlich zahm, mehr routiniert als mitreißend. Habe die Aufnahme allerdings eine kleine Ewigkeit nicht mehr gehört.

    Von Karajan kenne ich eigentlich nur eine einzige Dvorak-Aufnahme, die mich völlig überzeugt und zu den besten zählt, die ich kenne:

    Brahms:Sym. 3 - Karajan/Vpo: Amazon.de: Musik

    die Achte aus dem Jahr 1962, mit den Wiener Philharmonikern. Schon die erste Takte sind dazu angetan, einen vom Hocker zu reißen! (Gekoppelt mit einer schönen Brahms 3). Hingegen scheint mir die berühmte Aufnahme des Cellokonzerts mit Mstislav Rostropovitch (DGG, 1969) mehr vom Spiel des Solisten als von Karajans pastoser Begleitung zu profitieren. Das ist zumindest mein unmaßgeblicher Eindruck.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Nun zu Bernstein mit den New Yorker Philharmonikern.
    Mir geht es mit Aufnahmen von Bernstein, die ich bisher nicht kannte, genau wie Maik - ich bin jedesmal positiv überrascht und oftmals tief beeindruckt.


    Bernstein setzt gegenüber Szell noch einen drauf. Die Interpretation ist elektrisierend und packend. Das Tempo teilweise mörderisch. Die New Yorker PH folgen Bernstein genau und sind in TOP-Form.

    Lieber Wolfgang,


    neulich habe ich mir hier den "Neue Welt"-Thread nochmal näher angeschaut und bin auf Deinen obigen Eintrag aus dem Jahr 2007 (#43) gestoßen, der mich veranlaßt hat, die Aufnahme zu kaufen:


    Bernstein Century (Dvorak: Orchesterwerke)

    Aufnahme: 16.4.1962, Manhattan Center, New York City.


    Gestern kam sie bei mir an, und inzwischen habe ich sie auch gehört. Zunächst einmal: Das ist eine ganz tolle Aufnahme und im Vergleich zu meinen Favoriten Dorati, Fricsay, Klemperer und Kubelik eine echte Alternative. Ich habe den Kauf nicht bereut, ganz im Gegenteil! Und doch ist mein Fazit: Unverändert bleiben diese beiden Aufnahmen meine Spitzenreiter:

    The Originals - Sinfonie No. 9 e-Moll op. 95 / Die Moldau aus: Mein Vaterland / Les Preludes 7007844


    Ohne je in Übertreibungen zu verfallen, bringen diese beiden legendären Dirigenten das Kunststück fertig, Dvoraks "Neue Welt" ausgewogen, engagiert, mit großem Atem, schier wie "aus einem Guß", darzustellen. An Farbigkeit und Dynamik bleiben sie dem Werk nichts schuldig, aber sie lassen sich an keinem Punkt von ihrem Temperament, das zweifellos vorhanden ist, so mitreißen, wie das Bernstein fertigbringt. Ihm gehen schlicht und ergreifend an manchen Stellen "die Gäule durch". Das ist zumindest mein Eindruck. Trotzdem ist Bernstein eine hinreißende Interpretation gelungen, wie ich sie so von keinem anderen Dirigenten je gehört habe, obwohl immerhin mindestens 16 Aufnahmen in meinem Regal stehen.

    Es geht mir hier ähnlich wie bei Karajans Aufnahme der großen C-dur-Sinfonie von Schubert (DGG, 1969), die mir "mehr Karajan als Schubert" zu sein scheint. Hier kommt mir, bei aller Bewunderung für die Leistung des Orchesters und seines Dirigenten, ebenfalls spontan der Satz "mehr Bernstein als Dvorak" in den Sinn.


    Das ist natürlich eine ganz subjektive Ansicht, aber ich komme nicht von dem Gedanken los, daß Dvorak bei der Komposition der Sinfonie eine andere Sichtweise vor Augen hatte. Doch ich bin dankbar, daß ich Bernsteins Aufnahme kennengelernt habe. Sie hat auch mir neue Aspekte vermittelt, die ich bisher nicht bemerkt oder vielleicht schlicht überhört habe.


    Bei beiden oben genannten Aufnahmen (Schubert/Karajan und Dvorak/Bernstein) ist das großartige Spiel der jeweiligen Orchester zu bewundern, die an Virtuosität und letztem Einsatz keinen Wunsch offenlassen.


    In diesem Zusammenhang möchte ich nur kurz noch sagen, daß Ferenc Fricsay insgesamt zwei Studioaufnahmen des Werks hinterlassen hat. Der oben gezeigten Stereo-Produktion von 1959 mit den Berliner Philharmonikern ist eine Monofassung aus dem Jahr 1953 (mit dem RIAS Orchester Berlin) vorausgegangen (Best.-Nr. LPM 18142), die von einigen Spezialisten (darunter Ulrich Schreiber) der späteren Aufnahme vorgezogen wird. Ich selber kenne sie nicht. Man kann sie aber auf dieser CD noch heute erwerben:

    Sinfonie 9/Ungarische Rhapsodie 1,2

    Aufgrund der veralteten Technik dürfte sie aber nur für eingefleischte Fricsay-Fans von Interesse sein.


    Zu der PHILIPS-Aufnahme mit Antal Dorati möchte ich noch bemerken, daß ich mit dieser Aufnahme von 1959, die bereits stereophon produziert wurde, das Werk erstmals kennengelernt habe. Abgesehen vom ideellen Wert ist es aber eine fantastische Aufnahme, die sowohl klanglich und künstlerisch noch heute Bestand hat.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hallo nemorino,


    es ergibt sich hier eine interessante Zeitenblende. Als ich von Bernsteins elektrisierender Aufnahme (SONY) berichtete, schrieben wir das Jahr 2007. Freut mich das diese Dir so gut gefällt wie mir - von Bernstein kann man auch nur das erwarten !


    Inzwischen sind 16-17 Jahre ins Land gegangen und ich sollte Bernsteins Neue Welt unbedingt wieder einmal hören ... da sieht man mal, wie TOP-CDs vor sich hin stauben.

    :!:In der Zwischenzeit wurde ich mehrfach gefragt, warum ich als Solti-Fan seine Decca-Aufnahme nicht kenne und habe ? Ich war halt bereits mehrfach zufrieden eingedeckt !

    Aber ich kaufte mir die Solti-Aufnahme (Decca), die dann bis heute (neben Kondraschin, Fricsay und Bernstein) zu meinem Favoriten für die Neue Welt wurde.

    Mir wurde eben angezeigt, dass ich diese 2015 bestellt hatte.


    81qMueYMb9L._SL300_.jpg

    Decca, 1983, DDD


    Es kamen noch die Aufnahmen der Sinfonien Nr. 8 und 9 mit James Levine mit der Staatskapelle Dresden dazu, die auch verdammt gut sind (in der höchst empfehlenswerten 23CD-Box "THe World of James Levine". Ausserdem später dazu die noch besseren Levine-Aufnahmen der Sinfonien Nr. 7 und 9 mit Levine / Chicago SO (RCA).

    Ich zähle bei mir 11 Aufnahmen auf CD ... Am Ende fragt man sich: Was soll man mit so viel Neue Welt ?

    Solti und Bernstein würden voll ausreichen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Freut mich das diese Dir so gut gefällt wie mir - von Bernstein kann man auch nur das erwarten !

    Lieber Wolfgang,


    ich habe sie inzwischen nochmals angehört, und meine Begeisterung ist eher noch größer geworden (trotz oder vielleicht sogar wegen der von mir oben gemachten Vorbehalte). Man spürt bei jedem Takt, daß Bernstein mit Leib und Seele und seinem ganzen Herzblut bei der Sache ist.

    Aber ich kaufte mir die Solti-Aufnahme (Decca)

    Die habe ich auch, lieber Wolfgang, und zwar in dieser Sonderausgabe:

    Dvořák - Solti, Chicago Symphony Orchestra – Symphony No. 9

    Die Aufnahme muß identisch sein mit der von Dir gezeigten, allerdings steht im Begleitheft: "Aufnahme: Sofiensaal, Wien, 9/1979"! Das mag wohl ein Irrtum sein, denn wieso sollte das Chicago SO nach Wien reisen, um Dvoraks Neunte aufzunehmen? Das ergibt doch keinen Sinn, oder vielleicht doch?

    FonoForum überschlug sich jedenfalls fast in Lobeshymnen beim Erscheinen der Aufnahme: " ... abseits aller Repertoireroutine bewegt sich Georg Solti, der es in der Neuen Welt wesentlich länger ausgehalten hat als seinerzeit Dvorak. Solti geht die Partitur nicht einfach durch, er flaniert und joggt nach Herzenslust ..."


    Und nun kommt das Kuriose: Als ich gestern Deinen Beitrag las, fiel mir diese CD spontan wieder ein, doch ich konnte sie absolut nicht finden! Erst heute früh fiel sie mir ins Auge; sie war falsch einsortiert. Und dann die Krönung: Soweit ich mich erinnern kann, habe ich sie noch nie gehört! Ich weiß, daß ich sie damals zusammen mit Restbeständen aus der DECCA "Solti Edition" gekauft habe, für wenig Geld. Und dann ist sie mir wohl irgendwie aus dem Blickfeld geraten. Wie Du weißt, bin ich seit meiner Enttäuschung über Soltis Beethoven-GA (die analoge aus den 70er Jahren) zum Solti-Skeptiker geworden (obwohl zahlreiche seiner Aufnahmen bei mir vorhanden sind). Doch das mag der Grund sein, weshalb ich sie total übersehen und fast vergessen hatte.


    LG nach Bonn,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Aufnahme muß identisch sein mit der von Dir gezeigten, allerdings steht im Begleitheft: "Aufnahme: Sofiensaal, Wien, 9/1979"! Das mag wohl ein Irrtum sein, denn wieso sollte das Chicago SO nach Wien reisen, um Dvoraks Neunte aufzunehmen? Das ergibt doch keinen Sinn, oder vielleicht doch?

    Das muss tatsächlich ein Irrtum sein, lieber nemorino.

    Ich habe soeben in der kompletten Decca Discography von Philip Stuart (Stand 2009) nachgesehen und fand nur eine einzige Decca-Produktion mit Solti, die es sein muss:


    >U103

    Pr: Paul Myers Eng: James Lock

    17-18 Jan 1983 Orchestra Hall, Chicago

    Chicago Symphony Orchestra, Georg Solti

    DVORÁK Symphony No.9 in E minor Op.95 B178

    Originally allocated SXDL7625; LDR71125,

    (Feb84) 410 116.1DH, (Feb84) 410 116.2DH.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Ohne ins Akademische zu verfallen arbeitet Krivine Details und Strukturen messerscharf heraus und fügt sie in seinen hoch dramatischen, leidenschaftlichen, ja fast schon wilden Interpretationsansatz ein.
    Oder um es salopp zu formulieren, diese Aufnahme verhält sich zu älteren so, wie ein später Clint Eastwood Western zu einer frühen Bonanzafolge.


    John Doe

    Ich bin zwar weder mit Clint Eastwood noch mit Bonanza so wirklich vertraut, aber das könnte hinhauen. Ich habe diese Aufnahme für mich als DIE ultimative gespeichert:


    Eines wird nach dem Verhallen der ersten orakelhaften Takte per Paukenschlag kristallklar: diese Aufnahme ist anders: hysterisch, diabolisch, besessen, abgründig, hypnotisch... noch nie habe ich derart unaufhörlich interferierende Gänsehautwellen erlebt.

    Ich fühle mich von einer Dopanin-Tsunami zerfetzt und bleibe emotional gerodet und skelettiert zurück. Mir bleibt nichts als das nackte Sein und - wie Miles nach dem Überdrehen der Schraube - leblos in mir zusammenzusacken...


    :umfall:


    Hier tut sich wirklich eine völlig "neue Welt" auf: sämtlicher Weltschmerz im Wechsel mit höchster Glückseligkeit... Peitschenhiebe, Ohrfeigen, Streicheleinheiten, Messerstiche, Liebkosungen... ein Wechselbad der Gefühle... wo war nochmal vorne und hinten?


    :beatnik:


    Empfehlen darf ich auch diese:



    Musica florea

    Marek Štryncl,


    der übrigens inzwischen alle Sinfonien Dvořáks eingespielt hat; leider sind nicht alle am Markt zu haben.


    Insgesamt eine sehr, sehr spannende, feurige, durch die Tempowechsel abwechslungsreiche Einspielung, bei der ich zum ersten Mal wahrnahm, daß auch Becken mitspielen. Ein vollbusiger und knackiger Orchestersound rundet die Sache durchaus ab.


    Mein Krivine-Erlebnis mit der 9ten transportiert Štryncl in die 8te (auch leider derzeit nicht erhältlich; Vorsicht: nicht idem mit dieser!)


    :thumbup:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)