La donna e mobile - Verdis "Rigoletto"

  • Liebe Alle,


    ich stimme Waldi in Allem zu: Diese Aufnahme ist auch für mich ein schönes Beipiel dafür, wie unterschiedlich man die einzelnen Rollen anlegen kann. Es ist ein sehr dramatischer Zugriff auf diese Oper, der hier von allen Protagonisten und dem Dirigenten gezeigt wird.


    Warren zeigt den Rigoletto in erster Linie als gequälte Existenz und stärker als bei jedem anderen, den ich bisher in dieser Rolle gehört habe, kommt zum Ausdruck, dass er Gilda als Verkörperung für alles, was ihm fehlt - Freunde, Familie, Zuhause - betrachtet: ein übermenschlicher Anspruch, den Gilda erkennt und dem sie versucht, zu entkommen.


    Bidú Sayao gehört wohl in die Reihe der dramatischeren Gildas - wie Zinka Milanov und später Maria Callas. Ich mag diesen Zugriff auf die Rolle, weil er mit der Tradition bricht, Gilda als ahnungslos bleibenden Engel darzustellen. "Schmerzlich-wissend", wie Waldi schreibt, trifft es genau: Diese Gilda ist eine unbedingt Liebende, bei der man nicht den Eindruck hat, dass sie sich nur aus einem bloßen Impuls heraus opfert, sondern,dass sie ganz genau weiß, was sie tut und welches Leben ihr an der Seite des besitzergreifenden Vaters weiterhin blühen würde (was nichts daran ändert, dass ihr Verhalten ganz im Rahmen der romantischen Liebeskonzeption steht und für uns heutige schwerlich nachvollziehbar ist).


    Jussi Björling passt hier als feuriger, mitreißender Duca wunderbar zu den übrigen Protagonisten - aber obwohl er ja eigentlich mein Lieblingssänger ist, höre ich diejenigen Herzöge lieber, die diese Rolle etwas leichtsinniger und verspielter anlegen: die also den lächelnden großen Jungen geben, den menschliches Leid nicht bekümmert, so lange er seinen Hedonismus voll ausleben kann; der zwar einmal zu Beginn des zweiten Aktes so etwas wie echte Gefühle verspürt, aber auch nur, so lange er glaubt, man habe ihm sein Spielzeug weggenommen.


    Es gibt eine Aufnahme aus Stockholm, einen Live-Mitschnitt aus dem Jahre 1957, in der Björling einen ähnlich mitreißenden und zupackenden Duca singt wie hier (in der er allerdings nicht mehr so gut bei Stimme ist und manchmal vergröbert). Was mich in der späteren Aufnahme jedesmal "packt", ist die Ausgestaltung des zweiten "La donna è mobile". Während er das erste Mal in gewohnt kühler und spöttischer Manier aufrtritt, hört man in der zweiten Szene wirklich einmal einen müden und verträumten Duca, der zunächst noch schwärmerisch die Sterne betrachtet, dann immer "müder" und langsamer singt (Zwischenfrage meines damals 10-jährigen Sohnes, der zufällig hereinkam, als ich diese Einspielung zum ersten Mal hörte: Warum leiert der denn so?), bis ihn der Schlaf völlig übermannt. Hier blitzt (nach der Klage um die vermeintlich Geraubte im zweiten Akt) zum zweiten Mal ein Duca durch, der echte Gefühle zeigt.


    Von der dramatischeren Anlage her erinnert mich der Mitschnitt von 1945 an die Live-Aufnahme von Gounods "Roméo et Juliette" von 1947 mit Björling und Sayao unter Emil Cooper. Auch eine Sternstunde der Oper, aber auch ein "knalligerer" und dramatischerer Zugriff, als man es von der französischen Oper sonst gewohnt ist.


    :hello: Petra


  • Vor fast drei Jahren war ich so frei, obenstehendes von mir zu geben.


    Inzwischen schränke ich meine Meinung teilweise stark ein.


    Franco Bonisolli ist für mich immer noch fast das Idealbild eines Herzogs. Erstaunlich differenziert und mit reichen stimmlichen Mitteln versehen zeichnet er ein sehr schönes Rollenporträt als jugendlicher Draufgänger.


    Aber wie ich Rolando Panerei derart positiv sehen konnte, wundert mich heute. Ich kenne nicht die näheren Umstände der Aufnahme, aber es hört sich fast so an, als ob sein Gesangspart nachträglich eingefügt wurde. Seine Stimme klingt merkwürdig "vorgezogen", mehr als einmal nicht synchron zu den anderen Protagonisten. Auch spricht dafür, daß er (ebenfalls mehr als einmal) aus dem Takt gerät. Insgesamt könnte man ihn fast als "Fremdkörper" bezeichnen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Eine gute Nachricht für Jacques Rideamus und alle, die Renato Capecchi als Rigoletto erleben möchten. Die Firma G.O.P. hat sich an die „Resteauswertung“ der alten Philipsaufnahme herangemacht:


    Rigoletto, Neapel 1958: Richard Tucker, Renato Capecchi, Gianna D'Angelo, Ivan Sardi, Miriam Pirazzini, Teatro San Carlo Orchestra, Francesco Molinari-Pradelli
    Bestellnummer: 7573901 bei jpc


    arimantas :hello:

    2 Mal editiert, zuletzt von arimantas ()

  • Original von Norbert:

    Zitat

    Aber wie ich Rolando Panerei derart positiv sehen konnte, wundert mich heute. Ich kenne nicht die näheren Umstände der Aufnahme, aber es hört sich fast so an, als ob sein Gesangspart nachträglich eingefügt wurde. Seine Stimme klingt merkwürdig "vorgezogen", mehr als einmal nicht synchron zu den anderen Protagonisten. Auch spricht dafür, daß er (ebenfalls mehr als einmal) aus dem Takt gerät. Insgesamt könnte man ihn fast als "Fremdkörper" bezeichnen.


    Das ist leicht zu erklären. Es handelt sich bei dieser Aufnahme um den Soundtrack einer Fernseh-Verfilmung der Oper. Da wurde so manches zusammengestoppelt. Solo-Stimmen werden da meist "vorgezogen". (Den Film selbst gibt es bei Premiere Opera auf DVD, allerdings in miserabler Qualität!)


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von arimantas
    Eine gute Nachricht für Jacques Rideamus und alle, die Renato Capecchi als Rigoletto erleben möchten. Die Firma G.O.P. hat sich an die „Resteauswertung“ der alten Philipsaufnahme herangemacht:


    Rigoletto, Neapel 1958: Richard Tucker, Renato Capecchi, Gianna D'Angelo, Ivan Sardi, Miriam Pirazzini, Teatro San Carlo Orchestra, Francesco Molinari-Pradelli
    Bestellnummer: 7573901 bei jpc


    arimantas :hello:


    Danke für diesen wertvollen Hinweis, Arimantas. Ich habe das gerade in dem TMOO-Eintrag zu der Einspielung ergänzt.


    Hier das Cover zum Reinhören:




    :hello: Jacques Rideamus

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  • Hallo Harald,


    das erklärt natürlich einiges.


    Danke für die Information.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Liebe Rigoletto - Kenner !



    Nach vielen , vielen Jahren Rigoletto - Hören hier emien - theortische - Idelaufnahme :


    Rigoletto : Piero Cappuccilli


    Duca : Alfredo Kraus ( RCA - Aufnahme )


    Gilda : Maria Callas


    Maddalena : Fiorenza Cossotto


    Sparafucile : Ivo Vinco


    Cond.: Carlo Maria Giulini


    Orch.: Wlener Philharmoniker



    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Am Ende des ersten Aktes, als Rigoletto die Entführung seiner Tochter Gilda entdeckt, dauert es achtzehn Takte, bis die Erkenntnis, dass er betrogen und beraubt worden ist, zu ihm durchdringt. Achtzehn Takte, in denen die Streicher in einer pianissimo beginnenden und bis zum fortissimio sich steigernden Sechzehntelbewegung seinen Schock beschreiben, das allmähliche Erkennen, das Es-nicht-glauben-wollen, dann das Zittern, das Herzrasen, den Schweißausbruch – den Zusammenbruch. Verdis Regieanweisung beschreibt sehr exakt, was in diesen achtzehn Takten auf der Bühne geschehen soll: Rigoletto „reißt sich erregt Taschentuch und Maske ab, im Lichte einer vergessenen Laterne erkennt der den Schal (den Gilda bei der Entführung verloren hat), er sieht die offen stehende Tür, geht hinein und zieht die erschrockene Giovanna heraus, die er entgeistert anstarrt, er rauft sich die Haare und will schreien, aber er kann es nicht... endlich, nach langer Anstrengung, ruft er aus: Ah, ah, ah, la maledizione!“


    „... will schreien, aber er kann es nicht...“: In vielen Aufnahmen kann er es doch. Leonard Warrens Rigoletto (1945) ruft während der achtzehn Takte zweimal suchend nach Gilda, dann hat er begriffen und brüllt noch zweimal ihren Namen. Dieses Brüllen, dieser gespielte animalische Urlaut des Entsetzens, fährt so verkehrt als Schock des Brutal-Hässlichen in die Musik hinein, dass diese keine Chance mehr hat. Das „La Maledizione“, der eigentliche Aktschluss, ein auskomponierter brutaler Schock, wirkt gegen die Brutalität dieses Gebrülls nur noch wie ein blödes Nachklappern. Warren zerstört die Musik mit seinem Ausdruckswillen eines drittklassigen Schmierentragödianten. Es ist peinigend anzuhören, ähnlich peinigend wie sein völlig verheulter Germont in der Traviata von 1943. Wie aus diesem 40er-Jahre-Warren (schon damals ein Sänger mit einer hervorragenden Stimme, aber dabei eben ein grässlicher Brüller und Heuler) in den 50ern einer der besten und differenziertesten Darsteller auf der Klangbühne geworden ist, ist ein Mirakel. Was ist mit ihm geschehen zwischen diesen Aufnahmen und dem Amonasro, dem Forza-Carlos, dem Macbeth aus den Fünfzigern?


    Wenn man schon schreit in diesen achtzehn Takten, dann besser so wie Lawrence Tibbett 1939. Er bringt nicht weniger als neun Gilda-Rufe unter, aber so fein abgestuft von fragend-suchend bis verzweifelt (und ohne zu brüllen!), dass ein veritables kleines Hörspiel entsteht. Freilich, man könnte das auch der Musik allein überlassen. Gut genug komponiert ist sie.


    (Beide Aufnahmen live an der Metropolitan Opera New York, 1945 mit Leonard Warren, Bidú Sayão, Jussi Björling dirigiert von Cesare Sodero, 1939 mit Lawrence Tibbett, Lily Pons, Jan Kiepura dirigiert von Gennaro Papi. „La Traviata“ 1943 mit Bidú Sayão und Charles Kullman ebenfalls live an der MET, ebenfalls unter Sodero)


    Klangschnipsel zum Nachhören:
    Warren
    Tibbett
    und dass es auch ganz ohne Geschrei geht, wenn man es versteht, das Orchester sprechen zu lassen, zeigt die großartige Aufnahme des Dirigenten Ferenc Fricsay(1950) mit Josef Metternich als deutschem Rigoletto.


    Grüße,
    Micha

  • Vielleicht bin ich, nostalgisch, noch mit den Deutsch gesungen Verdi Opern, im Theater an der Wien, aufgewachsen, und verbunden.


    :jubel: :jubel:


    Aber Helge Rosvaenge als Herzog und Erna Berger als Gilda waren ein Traumpaar, Heinrich Schlusnus als Rigoletto vervollkomnte noch diese Aufnahme.


    Aber auch "Die Große Oper" eine Serie, die es heute kaum mehr gibt, hatte mit Waldemar Kmentt, Mimi Coertse und Walter Berry ein Deutsch gesungenes belendendes Trio.


    Liebe Grüße Peter aus Wien, der italienische Opern auch gerne in Deutsch hört. :hello::hello:

  • Lieber Gregor,


    diese Aufnahme

    insgesamt zur Kenntnis zu nehmen, lohnt sich (zumal sie preiswert zu erwerben ist) nicht nur wegen des fulminanten Lawrence Tibbett, der unter den mir bekannten italienischsingenden Rigoletti mit Abstand der beste ist. (Das Beiwort habe ich eingefügt, weil ich im direkten Vergleich mit dem deutsch singenden Josef Metternich allerdings in Schwierigkeiten geriete, zu entscheiden, wem der Lorbeer gebührt.) Es lohnt sich fast ebenso sehr wegen der wundervollen Gilda der Lily Pons und des flinken Dirigates von Gennado Papi. Kein Licht ohne Schatten - Schwachpunkt dieser Aufnahme ist der indiskutable Duca des Jan Kiepura. Kiepura, der in Deutschland in rührseligen Schlagerfilmen zu einigem Ruhm gelangte, zeigt hier unerträgliche Tenoreitelkeiten und dazu technische Unzulänglichkeiten. Am Ende muss er gar ein hohes H falsettieren. Dass in dieser Oper der Herzog recht eigentlich der Narr ist, hatte ich mir ja schon länger gedacht. Aber so deutlich, wie Kiepura das hier unabsichtlich macht, hätte ich es denn doch lieber nicht erfahren wollen.


    Also, beim Herzog weghören, ansonsten unbedingte Empfehlung!


    Grüße,
    Micha

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  • Hallo Peter,


    habe Waldemar Kmentt auch immer sehr geschätzt und mag auch diese Rigoletto Aufnahme. Kürzlich hatte er ja seinen 80. Geburtstag - wie so viele heuer aus dem legendären 29er Sängerjahr.


    Liebe Grüße -
    Margit

  • Soeben zu Ende gehört. Noch ganz beeindruckt.



    Aufnahme Mailand 1988, La Scola war da gerade mal 30. Man merkt, dass er bei Bergonzi Unterricht hatte. Zwar eine in den Höhen noch sehr helle Stimme aber die Lagatobögen und sein mezza voce, traumhaft. und dann: Zancanaro, Dessi und Burchuladze, in kleinen Rollen Gallo und Pertusi sowie Chor und Orchester der Scala unter Muti. Wer die Aufnahme im Schrank hat, sollte mal wieder reinhören, nicht nur wegen La Scola, der leider nicht mehr unter uns weilt. Für meinen Geschmack besser als Villazon und Grigolo.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Wer die Aufnahme im Schrank hat, sollte mal wieder reinhören, nicht nur wegen La Scola, der leider nicht mehr unter uns weilt. Für meinen Geschmack besser als Villazon und Grigolo.


    Hallo Bernward,


    das habe ich kurz nach dem Tod von Vincenzo La Scola getan. Eine sehr schöne Aufnahme - trotz der "Striche" Mutis, der ja ungern Spitzentöne zulässt.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Ich habe gestern Abend auf Classica eine sehenswerte Aufnahme des gleichnamigen Opernfilms mit den Wiener Philharmonikern unter Riccardo Chailly und den sehr gut aufgelegten Protagonisten Luciano Pavarotti (Herzog von Mantua), Ingvar Wixell (Rigoletto) und Editha Gruberova (Gilda), Regie Jean-Pierre Ponnelle, gesehen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe gestern Abend auf Classica eine sehenswerte Aufnahme des gleichnamigen Opernfilms mit den Wiener Philharmonikern unter Riccardo Chailly und den sehr gut aufgelegten Protagonisten Luciano Pavarotti (Herzog von Mantua), Ingvar Wixell (Rigoletto) und Editha Gruberova (Gilda), Regie Jean-Pierre Ponnelle, gesehen.


    Diese Produktion ist wirklich erstklassig - und Luciano Pavarotti kaum zu übertreffen.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

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  • Rigoletto,
    Melodramma in 3 Akten von Giuseppe Verdi.
    Text von Francesco Maria Piave nach dem Schauspiel Le roi s'amuse von Victor Hugo (1832).
    Uraufführung: 11.3.1851 Venedig, Teatro La Fenice,
    mit Teresa Brambilla • Laura Saini • Raffaele Mirate • Felice Varesi • Feliciano Ponz • Annetta Casaloni • Paolo Damini • Francesco Kunerth • Angelo Zuliani • Andrea Bellini • Luigia Morselli,
    Dirig. Marès.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Bisher eher nur am Rande gestreift wurde die Einspielung von Julius Rudel mit dem Philharmonia Orchestra (EMI, 1978). Ich habe sie mir gestern Abend komplett angehört. Was sofort auffällt, ist die sehr gute Klangqualität. Entstanden ist sie im August 1978 im berühmten Studio No. 1, Abbey Road, London. Ausnehmend gut gefällt mir Sherrill Milnes in der Titelpartie, dem das Tragikomische der Rolle besonders liegt. Ich muss aber auch sagen, dass ich eine Schwäche für diesen Sänger habe. Alfredo Kraus als Herzog überzeugt mich, auch wenn er vielleicht nicht die größte Stimme hat. Interessant der grandiose Samuel Ramey in der Doppelrolle des Sparafucile und Monterone. Beverly Sills ist hier in einer ihrer letzten Einspielungen zu erleben. Es mag stimmen, dass sie stellenweise ein wenig wie eine ältliche Jungfer klingt, doch ist ihre Rollengestaltung tiefgehend und die sehr überzeugende Sterbeszene entschädigt für so einiges. Die restliche Besetzung ist tadellos. Der Ambrosian Opera Chorus brilliert. Absolut ausgezeichnet empfinde ich das Dirigat und die Orchesterleistung. Überzeugender kann man das kaum darbieten.


    Insgesamt also eine sehr gute Aufnahme, die vielleicht einige kleinere sängerische Einschränkungen von der absoluten Spitze fernhalten, die aber an den meisten Aufnahmen orchestral und klanglich vorbeizieht.


    Hier findet sich eine insgesamt sehr positive Rezension von 1980.


    Was sagen unsere Verdi-Experten zu dieser Aufnahme?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Alfredo Kraus als Herzog überzeugt mich, auch wenn er vielleicht nicht die größte Stimme hat


    Hallo, Joseph II.,


    für mich ist Alfredo Kraus der aristokratischste aller Herzöge! Er hat die Partie mehrfach aufgenommen, als seine vollkommenste gilt diese Aufnahme, die bereits genannt wurde:

    Es ist die Solti-Produktion von 1963, mit einer noch voll auf der Höhe befindlichen Anna Moffo als Gilda und Robert Merrill in Hochform als Rigoletto.
    Ein weiterer Star der Aufnahme ist der Dirigent, der das Werk brillant und mit einer Verve sondergleichen aufführt. Ich besaß sie bereits auf LP, habe sie aber gleich nach dem ersten Erscheinen auf CD angeschafft. Umwerfend!

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Eine leider total ins Hintertreffen geratene Aufnahme möchte ich hier noch ins Feld führen:
    die in der originalen LP-Ausgabe so aussah: 51jQLvSeTAL._AC_US200_.jpg
    Hier singt Joan Sutherland am Beginn ihrer großen Karriere eine ganz wunderbare Gilda, "mit virtuoser Herzlichkeit", wie es der Wiener Kritiker Karl Löbl in seinem Buch "Opern auf Schallplatten" treffend ausdrückt. Eine herrliche Leistung, die sie später (1972) unter der Leitung ihres Ehemanns Richard Bonynge nicht mehr erreicht hat.
    Es dirigiert Nino Sanzogno, ein heute kaum noch bekannter italienischer Dirigent, den Chor und das Orchester der Accademia di Santa Cecilia, Rom (Aufnahme: Decca 1961).
    Ihre Partner sind u.a.: Renato Cioni (Herzog), Cornell McNeil (Rigoletto) und Cesare Siepi (Sparafucile). Sie alle singen schön und ausdrucksvoll, bei Siepi bedauert man, daß sein Aufgabe nicht sehr groß ist. Die CD-Übertragung ist glänzend gelungen. Einer meiner Lieblings-RIGOLETTOS.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Lieber Nemorino!


    Wir haben ja über Interpreten und Interpretationen des Rigoletto und zumal der Partie des Duca schon ausführlich hier im Forum diskutiert! Besonders ertragreich gescha das in den Threads, in denen "der beste Herzog von Mantua" gesucht oder über die Behauptung " La donna ist ein trivialer Gassenhauer, der sich schon abgenutzt hat, sobald der Vorhang gefallen ist " gestritten wurde.


    Der beste Herzog von Mantua - Wer ist es ?


    La donna ist ein trivialer Gassenhauer, der sich schon abgenutzt hat, sobald der Vorhang gefallen ist


    Nun ist die Diskussion wieder augenommen worden. Den Anlass kann ich nicht erkennen. Ist ja aber auch egal!


    In der Wiederaufnahme der Diskussion hast Du eine Bemerkung gemacht, der ich eigentlich nur voll zustimmen kann:


    für mich ist Alfredo Kraus der aristokratischste aller Herzöge!


    Ja das ist er sicher! Auch der geschmeidigste und eleganteste Herzog dürfte er sein. Und vielleicht singt auch keiner die Partie technisch so hervorragend wie er.


    Trotzdem frage ich mich, ob Kraus tatsächlich die adäquateste Besetzung für den Duca ist.


    Ehe ich sagen kann, welche Interpretation mir besonders eingeleuchtet hat, muss ich mir selbst erst mal klar machen, was für eine Figur der Herzog eigentlich ist.
    Ja, er wird schon als "schöner verführerischer Adeliger beschrieben, dem kein Mädchen widerstehen kann". Aber vor allem ist er ein skrupelloser Renaissance-Macho, der sich nimmt, was er haben will, der sein Vergnügen und Lust sucht aber nicht wirklich Liebe.Wenn er im zweiten Akt klagt, dass Gilda ihm entrissen wurde, steht für ihn nicht die verlorene Geliebte im Vordergrund sondern der geraubte Besitz. Der Duca ist vor allem unverschämt selbstverliebt und egoistisch (In den USA würde man sagen "selfish") und wenn er von Liebe singt, meint er seine Liebe! Da gibt es nicht das wunderbare Wörtlein "und" wie bei Tristan und Isolde.


    Vor diesem Hintergrund ist Kraus in der Partie für mich einfach zu aristokratisch, zu vornehm, zu adrett!


    Ich habe eigentlich nur einen Duca auf der Bühne erlebt, der mich restlos überzeugt hat und das war Renato Cioni. Berlin hatte ja in den 60er Jahren das wahnsinnige Glück, dass in den lyrischen Tenorpartien zwischen Alfredo, Rodolfo und Riccardo ständig Renato Cioni, Giacomo Aragall, Franco Tagliavini und Carlos Cossutta alternierten. Jeder hatte durchaus seine Meriten, aber als Duca war Cioni einfach eine Klasse für sich.
    Seine blendende Bühnenerscheinung und seine Fähigkeit, Figuren ein klares Profil zu geben, kamen ihm gerade in der Partie sehr zu gute. Er hatte eine sonst bei Tenören kaum je zu erlebende Eleganz und Vornehmheit, aber er verließ sich nicht allein darauf. Genau das aber tut Alfredo Kraus! Renato Cioni zeigte, wie frivol der Herzog ist, wie kalt und menschenverachtend er mit Anderen umgehen kann. Aber er entwickelte auch einen umwerfenden Charme als Verführer. Da ist wir Alfredo Kraus auch zu wenig sinnlich und letztlich zu gesittet: Cioni ließ bei seinem Schmeicheln, Locken und Kosen noch immer ahnen, dass es ihm um Eroberung geht und nicht um Liebe.


    Rein sängerisch mochte der damals ganz junge Aragall noch mehr für sich einnehmen. (Wenn man allerdings seine Gesamtaufnahme unter Gardelli hört, ahnt man kaum, wie gut der einmal war!!!) Aber Cioni verstand es, seiner Stimme so viele Farben und Schattierungen abzugewinnen, dass seine darstellerische Konzeption musikalisch voll beglaubigt wurde. Mal klang er schmeichelnd und verführerisch, sang er Piano-Phrasen mit irritierender Süße und betörendem Schmelz. Und dann ließ er auch wieder ungeduldiges Drängen sowie die zupackende Härte und arrogante Kälte des Machtmenschen hören. Mir ist unvergeßlich, wie er die drei Solo-Paradenummern in diese Rollengestaltung integrierte, ja sie geradezu zu Verdichtungen seines Rollenverständnisses machte. So nahm man ihm denn auch nicht übel, wenn ihm die Kadenz in der Kanzone mal nicht wirklich locker und geschmeidig gelang und die Spitzentöne etwas steif gerieten. Sicher würde ich mir keine der drei Solonummern des Duca von Cioni auf meine Liste der besten Einspielungen dieser Stücke setzen. Aber sein Rollenportrait war er für mich überzeugender als alles, was ich von anderen Tenören live (und das waren viele) oder in CD-Einspielungen und Aufführungsmitschnitten gehört habe.


    Leider ist Cionis Gesamtaufnahme an der Seite von Joan Sutherlandund Cornell McNeil nicht allzu gut gelungen. Er war ein Bühnensänger und das Studio schien ihn nicht zu inspirieren! Immerhin gibt sie eine Ahnung davon, was er für ein Duca war!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!