Lorin Maazel – Meine liebsten Aufnahmen


  • wobei die formidable Schubert-GA sicherlich zu seinen letzten Aufnahmen gehören dürfte!


    Das Erscheinungsdatum der Box (2013) würde es zwar nahelegen, tatsächlich wurde der Zyklus allerdings bereits 2001 eingespielt. Ich finde ihn auch sehr gut. Mit dem BRSO hat Maazel mehrere symphonische Zyklen aufgenommen, von denen bis dato allerdings nur der Schubert und der Bruckner offiziell erschienen sind. Es gibt daneben mindestens noch einen von Beethoven, Brahms und Mahler.


    Bzgl. der ganz späten Aufnahmen wird man noch diese beiden hinzufügen müssen:



    Das Verdi-Requiem datiert auf Februar 2014, wenige Monate vor Maazels Tod.


    Um zum allgemeinen Thema des Thread zurückzukommen:


    Es scheint ja allgemein Einigkeit darüber zu herrschen, dass besonders die frühen Einspielungen Maazels erstklassig sind. Zwar ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sich später oft eine gewisse Routine einschlich, aber Perlen gibt es in seiner Diskographie m. E. bis zuletzt. Nicht alles davon, was mir jetzt in den Sinn kommt, ist auf CD erschienen.



    Diese CD mit den Wiener Philharmonikern von 1996 enthält eine der aufregendsten Aufnahmen des Boléro von Ravel, die ich je gehört habe. Die gewagte Agogik zum Ende hin versetzt mich immer wieder in Erstaunen, wie auch die phänomenale Orchesterleistung.



    Hier (wieder mit den Wienern) ist eines der überzeugendsten "Meistersinger"-Vorspiele enthalten, das ich kenne. Maazel hat den langem Atem und schafft es wie Knappertsbusch und Celibidache, die gewonnene Zeit mit Leben zu füllen. Große Klasse.


    Zumindest erwähnen möchte ich einen Rundfunkmitschnitt von 1993 (nochmal aus Wien), wo er die "Reformationssymphonie" von Mendelssohn dirigiert. Eine solche Opulenz muss man erstmal zustande bringen. Maazels Konzeption ist grundverschieden von seiner über 30 Jahre älteren Aufnahme aus Berlin, die auf ihre Art genauso genial ist. Er braucht etwa 7 Minuten länger und kommt auf 34 Minuten. Die Schlussapotheose mit pathetischer Zurücknahme des Tempos kann man nicht gewaltiger interpretieren. Hier wäre ein Label wie Orfeo gefragt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Besonders die Interpretation des KK Nr.2, die Gilels/Maazel auch in der weit angenehmeren im 2.Satz gekürzten Siloti-Fassung spielen, sticht besonders heraus.


    Stimmt, teleton,


    und genau deshalb habe ich mir seinerzeit die Einzel-CD aus der Serie "eminence" zugelegt:

    Die gab's bei SATURN in Köln (das waren noch Zeiten!) für wenig Geld.
    Tschaikowskys erstes Klavierkonzert habe ich von Gilels mit dem Dirigenten Fritz Reiner, eine RCA-Aufnahme von 1955. Die fand ich so toll, daß ich mir keine zweite Gilels-Version des verschlissenen Werks gekauft habe.
    Aus Maazels Spätzeit hat mir vor allem diese Aufnahme imponiert:

    da ist er ganz in seinem Element. Aber auch die ist schon über 30 Jahre alt, wurde im Februar 1985 in der Berliner Philharmonie aufgezeichnet. Eine orchestral opulente und farbige Darstellung, in der Leon Spierer, der Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, den Violinpart spielt.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Bei dieser CD sind nur Könner am Werk, was ich sehr schätze.


    VG
    Justin

    Ich verliere nie! Entweder ich gewinne oder ich lerne. (Unbekannt)


  • Die Aufnahme des Klavierkonzertes Nr 3 von Prokofiev mit Israela Margalit gilt als etwas Besonderes. Die junge Margalit soll damals mit Maazel verheiratet gewesen sein.



    Morgendliche Grüße
    Justin

    Ich verliere nie! Entweder ich gewinne oder ich lerne. (Unbekannt)

  • Margalit war ab 1969 mit Maazel verheiratet. Es war seine zweite Ehe. Seine dritte Ehefrau und nun Witwe ist die deutsche Schauspielerin Dietlinde Urban.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Margalit war ab 1969 mit Maazel verheiratet. Es war seine zweite Ehe. Seine dritte Ehefrau und nun Witwe ist die deutsche Schauspielerin Dietlinde Urban.


    Dietlinde Turban-Maazel


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zitat


    Dietlinde Turban-Maazel

    Liebe Taminos


    das Forum ist ja ein unerschöpfliches Reservoir an Wissen nicht nur über die Musik selbst, auch über die Akteure. Ich hwerde an meine Jugendzeit erinnnert. als ich die Lebensdaten der wichtiigsten Komponisten mit ihren Werke auswendig aufzählen konnte,. was ich mittlerwiele
    nicht mehr intus habe.


    VG
    Justin

    Ich verliere nie! Entweder ich gewinne oder ich lerne. (Unbekannt)

  • Zu meinen Lieblingsaufnahmen gehören zweifellos diese:



    wobei die formidable Schubert-GA sicherlich zu seinen letzten Aufnahmen gehören dürfte!


    Hallo Willi, Josef und alle die diese GA kennen,


    eigentlich wollte ich mir ja keine Schubert - Sinfonien mehr kaufen, weil ich damit zufrieden eingedeckt bin.
    Aber für 10,99€ für diese Maazel-GA wäre es vermessen, wenn man das nicht ausprobieren würde = und dann in aktueller K-technik AD 2001 !


    :?: Nun meine Frage: Sind die Sinfonie Nr. 1 - 6 so spritzig wie unter Harnoncourt und die Sinfonie Nr.9 so packend in Richtung Szell ... ich wage ja schon gar nicht mehr Karajan zu erwähnen :D .
    Maazels Spielzeiten sehen bei der Sinfonie Nr.9 schon einmal gut aus; offenbar ohne den Heckmeck mit lästigen Wdh ( ;):hello: sorry Willi, aber Du bist einer der Wenigen, die alle Wdh unbedingt auf Teufel komm rauss haben wollen) in den Sätzen 3 und 4. Natürlich immer wichtig für mich: Wie sind die Pauken klanglich ?


    :!: Ihr kennt meine Favoriten: Lohnt sich die Maazel-Schubert-GA für mich ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Hallo Wolfgang,


    also ich fand diesen Zyklus, als ich ihn vor einigen Jahren entdeckte, sehr gelungen. Ich habe heute noch einmal kurz in die 2. (mein Favorit unter den frühen) und 9. hineingehört. Maazel ist tempomäßig tendenziell sogar flotter als in seinen 60er-Jahre-Aufnahmen für DG (Nr. 2-8). Tontechnisch gibt es m. E. nichts auszusetzen. Die Pauken gehen nicht unter. Sollte Dir insofern theoretisch durchaus liegen. Für den Preis kann man aber auch wenig falsch machen. Sicherlich wird es noch überzeugendere Einzelaufnahmen geben, aber als Zyklus schon weit oben anzusiedeln. Hier findet man eine insgesamt auch sehr positive Rezension.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Maazels Spielzeiten sehen bei der Sinfonie Nr.9 schon einmal gut aus; offenbar ohne den Heckmeck mit lästigen Wdh ( ;) :hello: sorry Willi, aber Du bist einer der Wenigen, die alle Wdh unbedingt auf Teufel komm rauss haben wollen) in den Sätzen 3 und 4. Natürlich immer wichtig für mich: Wie sind die Pauken klanglich ?

    Ich habe die Hörschnipsel bei jpc gehört. Im Andante klingen die Streicher zu Beginn ziemlich schlapp und das Ganze doch reichlich spannungsarm - kein Vergleich mit Abbado, der ist gerade hier straff, ungemein präzise und viel spannender. Im Scherzo ist Maazel dann wieder gut. Knallende Pauken muss ich in der 9. Schubert nun wirklich nicht hören. In Dvoraks 9. zu Beginn ist das freilich anders. Und Wiederholungen stehen nun mal in der Partitur. Ich finde zwar grundsätzlich, dass man über ihren Sinn diskutieren kann und meine durchaus nicht, dass es sich hier um "Vorschriften" in der Art eines "kategorischen Imperativs" handelt :D , aber besonders bei Schubert, Bruckner oder Mahler finde ich es problematisch, sie wegzulassen. Wer meint, auf sie verzichten zu können, trägt also die Beweislast. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Sehr überzeugend im Sinne einer schlüssigen intellektuellen Durchdringung, die manchem vielleicht ein wenig kühl erscheinen mag, finde ich Maazels Aufnahme von Bruckners 5. Symphonie mit dem BR-Orchester.
    Maazel nimmt sich im letzten Satz Zeit (27 Minuten!), aber dadurch gelingt es ihm in der Fuge, wenn sich die unterschiedlichen Schichten übereinander türmen, dass man auch wirklich alles hören kann! Und das ist faszinierend und so sonst nicht ohne weiteres zu hören.



    Viele Grüße,
    Christian

  • Die ganz späte Aufnahme scheint da unbedingt vorzuziehen zu sein:



    Michael Cookson nennt sie in seiner Besprechung gar "ehrfurchtgebietend".

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • In den Threads über Schuberts Sinfonien Nr. 1, 6 & 8 "Unvollendete" war in den letzten Tagen häufig von Lorin Maazel und seinen frühen Aufnahmen dieser Werke die Rede. In dieser 10 CD-Box von Membran sind sie sämtlich enthalten:

    außerdem noch die frühen Grammophon-Aufnahmen von Beethoven 5 & 6, Brahms 3, Tschaikowsky 4, Mendelssohn 4 & 5, alle mit den Berliner Philharmonikern, sowie die d-Moll-Sinfonie von César Franck, mit dem RSO Berlin. Als "Zugaben" noch eine grandiose Wiedergabe von Beethovens Ouvertüre "Die Weihe des Hauses" und die selten zu hörenden 12 Kontretänze, WoO 14, in denen, wie auch in anderen Werken, die "Eroica-Variationen" herumspuken.

    Einzige enthaltene Mono-Einspielung sind Auszüge von Berlioz' "Roméo et Juliette".


    Jetzt komme ich aber auf die CD 2 in dieser Box: Sie beinhaltet die Sinfonien Nr. 1 K. 16, Nr. 28 K. 200 & Nr. 41 K.551 (Jupiter) von Mozart. Maazel dirigiert hier das Orchestre National de la R.T.F. (Paris). Es sind Stereo-Aufnahmen aus dem Jahr 1960.

    Von der Existenz dieser Aufnahmen war mir nichts bekannt, ich finde sie auch in keinem einschlägigen Katalog der 1960er Jahre. Kann es sein, daß es sich hier um späte Erstveröffentlichungen handelt?

    Es sind schöne, jugendfrische Interpretationen des jungen Maazel, die ich als eine Bereicherung meiner Sammlung begrüße. Schleierhaft bleibt mir allerdings, warum Maazel neben KV 200 und der populären "Jupiter"-Sinfonie ausgerechnet Mozarts Erstling aufgenommen hat, ein Werk, das damals kaum jemand kannte.

    Einem größeren Kreis wurde dieses Stück wohl erstmals durch die in den 60er Jahren entstehende erste GA der Mozart-Sinfonien unter Karl Böhm präsentiert. Ansonsten schlummerte es wohl jahrzehntelang in den Archiven.

    Böhm, der mit den Berliner Philharmonikern arbeitete, fand unter den frühen Werken gerade diese besonders bemerkenswert: "Ich habe jetzt bei den Aufnahmen sehr viele Sinfonien zum ersten Mal dirigiert, darunter die erste Sinfonie KV 16. Die hat Mozart mit 8 Jahren in London komponiert. Es ist unglaublich, das c-moll-Andante, da sehen sie wirklich die apokalyptischen Reiter vor sich. Es ist die ganze Traurigkeit des Requiems schon enthalten."

    Böhms Aufnahme des Werks kenne ich nicht, aber ich habe in der Zwischenzeit einige andere Interpretationen gehört. Besonders beeindruckt hat mich die Aufnahme von Charles Mackerras mit der Prager Kammerorchester (Telarc). Ich finde, daß Maazels frühe Einspielung dieser nahekommt. Sie klingt vielleicht nicht ganz so brillant (was an der Aufnahmetechnik liegt), aber sie ist ein frühes Zeugnis für Maazels feinnerviges Dirigieren.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino,


    ist das nicht nur die Billig-Ausgabe der originalen DGG-Box (bei Monique Haas ist das auch so!):


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    Ich habe diese Ausgabe:


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    Ich finde diese frühen Maazel-Aufnahmen wirklich ganz ausgezeichnet. Ich habe auch einzeln von ihm aus Paris von Ravel - sogar die LP früher, die ich besonders mochte und diese Aufnahme immer noch sehr mag:


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    :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • ist das nicht nur die Billig-Ausgabe der originalen DGG-Box

    Nein, lieber Holger,


    nur ein Extrakt daraus! Die Original-DGG-Box enthält 18 CDs, in der von mir gezeigten Membran-Ausgabe sind nur 10.


    Hier die Gegenüberstellung:

    81vykB9+9eL._SX450_.jpg Milestones Of A Legend | Dodax.com


    Auf jeden Fall bist Du mit der Original-DGG-Ausgabe besser bedient! Ich habe die Membran-Box einmal günstig bei einem Internet-Händler erworben. Wir diskutierten damals gerade über Tschaikowskys Vierte, im entsprechenden Thread. Vielleicht erinnerst Du Dich; ich kannte die Aufnahme nur von der LP.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Nur ein kurzer Einschub meinerseits.

    Ich bin einigermaßen verwundert über die Begeisterung zu den Lorin Maazel Ausgaben, denn ich erinnere mich an eine Aussage in irgendeinem anderen Thread in diesem Forum, vermutlich 15 Jahre her, wo jemand in etwa sagte, die Aufnahmen von Maazel seien "ordentlich" - aber auch nicht mehr. ER erinnere sich an keine einzige Aufnahme, die irgendwie "herausragend gewesen wäre", also ein "must"

    Ich habe das deshalb so gut in Erinnerung, weil sich das in etwa mit meiner eigenen Meinung deckt.

    Ein Körnchen Wahrheit muß wohl dahinter stecken, denn er war einer der wenigen DGG Künstler, die nicht lebenslang dort mit Exklusivvertrag blieben.

    Ein anderer Teilnehmer an dem von mir in Erinnerung gerufenen Thread meinte indes (und ich fand das sehr interessant), Maazels wahre Stärke sei der LIVE-Auftritt, wo er alle Register seines Könnens ziehen konnte...., etwas das auf Tonträger nur näherungsweise hörbar war....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lorin Maazel war einer derjenigen Dirigenten, bei denen phänomenale Leistungen ohne Widerspruch zu erzeugen neben ziemlich belanglosen Darbietungen stehen konnten. Wenn man Pech hat, kennt man Maazel nur von letzteren und meidet ihn seither eher. Oberflächlich betrachtet, war seine ganz große Zeit in den frühen Jahren angesiedelt. Es greift aber zu kurz, den "späten Maazel" generell abzuqualifizieren. Wahr ist, dass er mit zunehmendem Alter Manierismen entwickelte, die nicht wenigen unbehaglich sind. Mitunter extreme Vorstellungen hinsichtlich der Agogik, denen manche attestieren, sie klängen künstlich und unnatürlich. Freilich wird selbst der größte Kritiker zugestehen müssen, wie meisterhaft der Maestro diese seine Vorstellungen umzusetzen wusste, selbst wenn man sie mitnichten teilt. Die Produktionen für die Deutsche Grammophon Gesellschaft sind eigentlich durch die Bank sehr gut bis hervorragend, repräsentieren aber eben nicht die künstlerische Entwicklung Maazels in späteren Jahren. Von Ende der 70er Jahre gibt es beispielsweise eine phänomenale Wagner-Platte mit dem Philharmonia Orchestra, die bei CBS erschien (später auch auf CD) und leider seit langem vergriffen ist (Abbildung unten). Stiefmütterlich behandelt wurden auch seine Einspielungen mit dem Cleveland Orchestra, wo er ein Jahrzehnt als Nachfolger von George Szell wirkte und naturgemäß immer an diesem gemessen wurde. Bei all der Szell-Glorifizierung (m. E. teils übertrieben) übersah man gerne, wie gut Maazel imstande war, den hohen Standard dieses Orchesters zu bewahren. Ausgezeichnet sind auch die Ergebnisse von Maazels Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern (auf den Ravel habe ich schon mehrfach verwiesen, allerdings ohne Resonanz). In Wien war er wie in München gerne gesehen. Besonders an der Isar bekleidete er ja auch zwei Chefdirigentenposten (BR-Symphonieorchester und Münchner Philharmoniker). Die Perlen wurden in seinen letzten Lebensjahren rarer, aber ab und an gab es sie eben doch noch. Ich erinnere mich an das Sommernachtskonzert 2013 mit den Wiener Philharmonikern, wo Maazel nicht lange vor seinem Ableben ein "Meistersinger"-Vorspiel hinlegte, das an Knappertsbusch gemahnte (ebenfalls unten abgebildet). Kurzum: Diesen Dirigenten bitte nicht pauschal aburteilen. Seine im Alter etwas herablassend herüberkommende Art sollte hier nicht das Kriterium sein.


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    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • jemand in etwa sagte, die Aufnahmen von Maazel seien "ordentlich" - aber auch nicht mehr. ER erinnere sich an keine einzige Aufnahme, die irgendwie "herausragend gewesen wäre", also ein "must"

    Dann hat er aller Wahrscheinlichkeit nach die frühen DGG-Aufnahmen nicht gekannt! Diese waren, nachdem sie bei ihrem Erscheinen durchweg enthusiastisch begrüßt wurden, später mindestens zwei Jahrhunderte vom Markt und damit aus dem Fokus der Interessenten verschwunden. DGG baute auf Karajan, für Mahler und Stücke, die außerhalb von Karajans Interessengebieten lagen (z.B. Mendelssohns "Sommernachtstraum") war Kubelik zuständig.


    Zum einen hat Maazel selbst zu seiner Rufschädigung beigetragen, indem er Aufnahmen "am laufenden Band" produzierte, zum anderen hat dieser Aufnahmemarathon dazu geführt, daß neben einigen Perlen auch viel Durchschnitt auf dem Ladentisch landete. Ich selbst habe in Köln erlebt, daß mir ein versierter Verkäufer bei SATURN sagte, Maazel sollte mehr auf Qualität als auf Quantität achten. Doch da lag er mit Karajan ziemlich auf einer Wellenlänge; auch bei ihm wäre oft weniger mehr gewesen.

    er war einer der wenigen DGG Künstler, die nicht lebenslang dort mit Exklusivvertrag blieben.

    Das hatte m.W. mehrere Ursachen. Erstens bekam Karajan 1959 einen langjährigen Exklusivvertrag von der DGG und lag schon recht bald mit dem um 22 Jahre jüngeren Maazel über Kreuz. Als die DGG Maazel 1957 engagierte, hatte er reale Chancen, Grammophons damaligen Top-Dirigenten Ferenc Fricsay, der kurz darauf schwer erkrankte und Anfang 1963 mit 49 Jahren verstarb, zu beerben. Da erschien plötzlich Karajan auf der Bildfläche, der bis dahin seine Aufnahmen bei Legge in London mit dem Philharmonia Orchestra gemacht hatte. Inzwischen war Karajan die Leitung der Berliner Philharmoniker auf Lebenszeit zugefallen, und dieses Orchester war nun einmal eng mit der DGG verbandelt. Karajans Stern war von Jahr zu Jahr strahlender geworden, und was lag näher für Frau Prof. Schiller (die Produzentin der DGG), als diesen "dicken Fisch" an Land zu ziehen. Von da ab hatte Maazel ziemlich schlechte Karten, erst recht, nachdem das "Jahrhundert-Projekt" der Beethoven-Sinfonien mit Karajan zu einem Kassenschlager avanciert war.

    Dies und die zunehmenden Spannungen mit Karajan, der keine fremden Götter neben sich haben wollte, führte zu Maazels Weggang, zunächst zu PHILIPS, später dann zu DECCA (inzwischen gehören längst alle drei zu einem Haufen:)). Bei PHILIPS machte Maazel weitere aufsehenerregende Aufnahmen, wie Händels Feuerwerks- und Wassermusik, sowie Bachs Brandenburgische Konzerte, Suiten und eine für damalige Verhältnisse sehr moderne Einspielung von Bachs h-Moll-Messe, die ebenfalls als sensationell hervorgehoben wurde.

    Auch Maazels erste Jahre bei DECCA waren erfolgreich, es erschienen u.a. die kompletten Sibelius- und Tschaikowsky-Sinfonien mit den Wiener Philharmonikern, die von Kritik und Publikum gut aufgenommen wurden.


    Ich komme jetzt zurück auf Maazels frühe DGG-Aufnahmen. Ich erinnere mich sehr gut an Beethovens Fünfte, die damals einen ähnlichen Hype auslöste wie drei Jahrzehnte später die von Carlos Kleiber. Auch Brahms 3 und Tschaikowsky 4 wurden über die Toppen gepriesen, und erst recht die Franck-Sinfonie und Mendelssohns "Italienische" & Nr. 5. Maazels Franck-Sinfonie wurde von einigen Kritikern sogar der berühmten Monteux-Aufnahme vorgezogen! Warum der brillante Schubert-Zyklus nicht zu Ende geführt wurde, bleibt rätselhaft. Karajan hat zwar 1964 die "Unvollendete" für die DGG eingespielt, doch die Große C-dur ließ er bis 1969 "links liegen". An ihm kann es demnach kaum gelegen haben.

    Kurzum: Diesen Dirigenten bitte nicht pauschal aburteilen.

    Volle Zustimmung, lieber Joseph!


    Wer Maazels rasanten Aufstieg zum Weltstar nachvollziehen möchte, für den sind die frühen DGG-Aufnahmen, die übrigens schon fast ausnahmslos in STEREO produziert wurden, unverzichtbar.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Warum der brillante Schubert-Zyklus nicht zu Ende geführt wurde, bleibt rätselhaft.

    Das wüsste ich auch gerne, lieber nemorino. Der wahrscheinlichste Grund: Bei Maazels Weggang von der DG fehlten eben noch zwei Symphonien, die danach nicht mehr eingespielt wurden. Sieht man sich die Aufnahmedaten an (1959, 1961 und 1962), könnte das hinkommen. Es hätte ja nur mehr eine Aufnahmesitzung gefehlt, wo man Nr. 1 und Nr. 9 hätte aufnehmen können. Aber was hilft's. Eine grundsätzliche Abneigung gegen beide Werke hatte Maazel definitiv nicht, da er sie Jahrzehnte später beim BR noch einspielte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Schubert-Sinfonien mit Maazel (DG)


    Den Beiträgen von nemorino und Joseph kann ich nur zustimmen. Mit Maazel gibt es neben richtig Herausragendem immer schon schwächere Einspielungen.

    Warum nun gerade die Sinfonien Nr. 1 und 9 nicht mehr mit den Berliner PH dabei waren mag organisatorische Grunde gehabt haben.


    Macht nichts, denn das was an Schubert da ist, ist an Spielfreude, packendem Zugriff und Temprament kaum zu überbieten. Der junge Maazel hatte es absolut drauf !

    Ich hatte diese Schubert-Maazel-Aufnahmen schon lange im Auge; verdrängt wurde dieser langjährige Kaufwunsch eben durch vorhandene Aufnahmen mit Karajan, später Harnoncourt und den Aufnahmen, die er bei genauer Betrachtung der einzelnen Sinfonien teilweise sogar noch übertrifft ... die herrliche GA mit Kertesz (Decca) ... mein Gedanke war: "Was soll ich mit soviel Schubert ?"

    8) Mein Kauf wurde jetzt durch nemorinos dankenswerter Werbung im Thread der Sinfonie Nr.6 neu bestärkt ... :angel: mit vollem Erfolg.


    Maazels höchst brillant straffer Zugriff übertrifft so manche andere Int deutlichst. Da wird nichts verschleppt, die Menuette kommen straff daher, ohne die übertriebene Gemütlichkeit von Karajan; und die Eigenschaft bei Harnoncourt gerade die letzten Sätze (Sinfonien Nr. 2, 4 und 6) ungewöhnlich langatmig zu verschleppen, geht Maazel völlig ab.

    :thumbup:Wie straff und ohne jegliche Langeweile er die Sinfonien angeht ist Hörspass erster Klasse.

    Als absolut herausragend empfinde ich die Sinfonien Nr. 2, 4 und 6.

    Auch die Unvollendete gelingt Maazel kurzweilig, ohne den 1.Satz unnötig auf über 15Min aufzubohren (so wie in seiner späteren Aufnahme mit den WPH (CBS)). Maazel _ DG hier: 10:47 - 11:29.


    Die Klangqualität der DG-Aufnahmen von 1961/1962 ist natürlich gestaffelt mit gutem Stereopanorama ... ein dickes Quentchen besser und natürlicher als die Beethoven-Sinfonien mit Karajan aus gleichem Zeitraum.


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    DG; 1961-62, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Eine Maazel-Referenz ist finde ich seine DECCA-Aufnahme des wunderbaren Scriabin Fis-moll-Klavierkonzertes und Scriabins Prometheus mit dem London Philharmonic Orchestra und Vladimir Ashkenazy als Solisten. Bei mir bis heute die unangefochtene Nr. 1 - die Aufnahme wird von keiner anderen übertroffen! :)


    So sah die Original-LP aus, die ich zuerst besaß. Man sieht die Plattenpreise, die sie erhielt!


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    Schöne Grüße

    Holger