Warum wurden manche Komponisten "vergessen"?

  • Ja das stimmt - es handelt sich um jenes Konzert aus dem Jahre 2001. So steht es auch im Bookört der CD, die vor 3 Tagen in meiner Sammlung gelandet ist. Es ist ja schwer: im Booklet steht, Mayer habe SECHS Sinfonien geschrieben (was eine siebte naturgemäß ausschliesst) - vielleicht aber sogar ACHT. Worauf diese Unsicherheit beruht wird leider nicht näher erläutert....
    Man ist halt auf die Quellenlage angewiesen - und die ist im Falle von Emilie Maier recht dürftig....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Immer wieder finde ich bei youtube Klangbeispiele von Komponisten, die ich oft nicht mal vom Namen her kannte - und die mich sofort begeisterten. Józef Władysław Krogulski ist so einer - Das Klavierkonzert ist ein Ohrwurm par excellence - direkt für mich komponiert - Leider nicht auf CD verfügbar. Hier habe ich allerdings die Hoffnung daß es irgendwann in der Hyperion Serie (Folge 234 ?) erscheint oder, daß irgendwann die Plattenfirma, die sich speziell den polnischen Komponisten gewidmet hat, auf ihn aufmerksam wird....



    Bleibt noch die Frage offen, warum er vergessen wurde:
    Wenn die Angaben der polnischen WIKIPEDIA - Seite stimmen, dann komponierte Krogulski das hier verlinkte Klavierkonzert 1830, als er 15 Jahre alt war, ein weiteres Klavierkonzert folgte 1831. Er schrieb einige Werke für Klavier solo etc.
    1842 ist er in Warschau im alter von 27 Jahren gestorben.....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    Zumindest ist er nicht ganz vergessen, immerhin findest Du folgende Einspielungen:



    Also zumindest ein wenig ist bei jpc vorhanden, ansonsten vielen Dank für den Hinweis auf den Komponisten, er war mir bis dato auch noch kein Begriff, und ich finde das gezeigte Beispiel auch sehr hörenswert.

  • Hier habe ich allerdings die Hoffnung daß es irgendwann in der Hyperion Serie (Folge 234 ?) erscheint oder, daß irgendwann die Plattenfirma, die sich speziell den polnischen Komponisten gewidmet hat, auf ihn aufmerksam wird....


    Und wenn schon der Pianist Howard Shelley heisst, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben … :baeh01:


    Übrigens gibt es eine weitere Aufnahme dieses Klavierkonzerts mit dem Concerto Köln unter der Leitung von Michael Güttler, der Pianist ist Tonias Koch. Kann man schon mal im polnischen Rundfunk hören …

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

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  • Vladislav Zelenski (1837-1921) ist ein weiterer Kandidat in dieser Serie - wobei er zwar bei uns weitgehend unbekannt sein dürfte, aber es gibt immerhin einige Aufnahmen von ihm, wenngleich erst seit relativ kurzem. Die haben schon was auf dem Kasten, die Polen.
    Das Klavierkonzert Es-Dur op.60 - es ist sein einziges - ist als Folge 69 (April 2013) bei Hyperion in der Serie "Das romatische Klavierkonzert" erschienen.




    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vorerst eine kleine Anmerkung: Es hat schon einmal einen Thread dieses Titels gegeben (noch dazu ebenfalls von mir gestartet) und zwar 2006, als vor gut 10 Jahren. Es ist sicher interessant was damals von den damaligen Mitgliedern zu diesem Thema geschrieben wurde, aber ich möchte die beiden Threads nicht miteinander verbinden.


    Und nun zurück zum Thema: Ich habe begonnen, Komponisten und Werke mittels youtube-Links vorzustellen, die meiner Meinung nach verdient hätten am CD-Markt berücksichtigt zu werden - und diesen Ansatz werde ich auch in Zukunft weiter verfolgen.


    Heute möchte ich - quasi als Intermezzo - das Thema des Threads von einer anderen Seite aufrollen, nämlich mir die Frage zu stellen, warum gewisse Komponisten in der Tat "vergessen" wurden, obwohl sie zu Lebzeiten zeitweise ganz vorn an der Spitze mitmischten. Inspiriert wurde ich im konkreten Fall durch das Beispiel Pierre Rode, welcher zahlreiche interessante Posten innehatte, von Beethoven geschätzt war, der mit Boccherini befreundet und von Viotti gefördert wurde. Der als mitbegründer der "französischen Geigenschule" gilt und unter anderem 13 Violinkonzerte hinterlassen hat.
    Sucht man im Harenberg nach einem eigenen Eintrag, so ist das ebenso verlorene Liebesmüh, wie wenn man im zweiten selbsternannten "Standardwerk" nachschlagen möchte, Dafür findet man jede Menge unbekannte zeitgenössische Komponisten, von denen in zehn Jahren vermutlich niemand mehr spricht. Die maßgeblichen Verfasser haben - so scheint es mir - eine gewisse Abneigung gegen Komponisten der Vergangenheit. Bei den "besonders berühmten" kommt man natürlich nicht um Einträge herum - es wäre das Ende eines Konzertführers, wenn er die Ikonen der Wiener Klassik nicht ausführlich abhandelte. BTW: Harenberg ist ja - soweit ich das mitbekommen habe - bereits Geschichte.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • DA das vorgeschlagene "Zwischenthema offenbar niemanden interessierte, mache weiter mit der Vorstellung vergessener Werke, die derzeit nicht oder nur schwer auf Tonträger erhältlich sind. Bei einigen wird sich das vermutlich während der Laufzeit dieses Threads noch ändern.



    Das hier vorgestellte Klavierkonzert stammt vom polnischen Komponisten Jerzy Gablenz (1888-1937), ist aus dem Jahre 1926 und wurde erst 1977 (in der Domikanischen Republik!!!) uraufgeführt. Das Oeuvre von Gablenz ist klein, da er zwischen 1928 und 1936 nicht komponierte und er im November 1937 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.


    mfg aus Wien
    Alfred

    clck 1947

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Knusperhexe
    Arnold Mendessohns Opern werden vermutlich noch ein paar Jahre auf sich warten lassen - Betrachtet man indes die Veröffenlichungstendenzen der vergangenen Jahre, so denke ich doch dass sich früher oder später ein Produzent ihrer annehmen wird.


    @ Stimmenliebhaber
    "clck" ist eine Markierung, die es mir ermöglicht den quantitativen Erfolg eines Threads zu messen, soll heissen wie oft er bis zu einem bestimmten Zeitpunkt angeklickt wurde. Hier sind Mitglieder und Mitleser gleichermaßen erfasst. Mehrfachaufrufe verfälschen das Ergebnis zwar - aber für eine grobe Beurteilung reichts allemal.


    _______________________________________________________-


    Aber nun wieder zurück zum Thema. Ein weiterer Komponist auf meiner Liste ist der armenische Pianist Stephan Elmas (1864-1937) Studiert hat er in Wien, gelebt hat er seit 1911 in Genf, wo er 1925 die Ehrenbürgerschaft erhielt und daselbst 1937 starb.
    Zumindest 3 seiner 4 Klavierkonzerte wurden aufgenommen. Leider werden sie nur über http://www.stephanelmas.org/ in der Boutique vetrieben. Man muß ein Bestellformular ausfüllen und den Zahlungswunsch bekanntgeben. Ich habe eine Sending per Nachnahme verlangt. Leider ist bis heute weder eine Auftragsbestätigung noch eine Absage oder Lieferung gekommen. Zur Not werde ich auch ohne diese 3 CDS weiterleben.....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Heute möchte ich - quasi als Intermezzo - das Thema des Threads von einer anderen Seite aufrollen, nämlich mir die Frage zu stellen, warum gewisse Komponisten in der Tat "vergessen" wurden, obwohl sie zu Lebzeiten zeitweise ganz vorn an der Spitze mitmischten. Inspiriert wurde ich im konkreten Fall durch das Beispiel Pierre Rode, welcher zahlreiche interessante Posten innehatte, von Beethoven geschätzt war, der mit Boccherini befreundet und von Viotti gefördert wurde. Der als mitbegründer der "französischen Geigenschule" gilt und unter anderem 13 Violinkonzerte hinterlassen hat.
    Sucht man im Harenberg nach einem eigenen Eintrag, so ist das ebenso verlorene Liebesmüh, wie wenn man im zweiten selbsternannten "Standardwerk" nachschlagen möchte[...]


    Vielleicht ein besseres Lexikon benutzen?
    ;)
    Ich bezweifle, dass Rode je "vergessen" war. Im Grove ist der abschließende Satz des Rode-Kapitels:
    "His innate gifts as a teacher are demonstrated in his 24 Caprices, which balance the musical and technical needs of the student and have become an indispensable part of the violin curriculum."
    Wann diese Capricen "indispensable part of the violin curriculum" wurden, steht zwar nicht da, es scheint aber, als ob die nie "wiederentdeckt" werden mussten, sondern durchgehend in Gebrauch waren, bis heute. Rode ist also ein ganz schlechtes Beispiel für einen "vergessenen" Komponisten.



    Die aktuelle Grove-Version (Grove music online) kann man als Wiener sehr leicht kostengünstig nutzen, indem man eine Benutzerkarte an der Nationalbibliothek ersteht. Die Jahreskarte kostet 10 €, das lohnt sich bereits für die Benutzung des Online-Grove (der kostet sonst für europäische Privatpersonen über 200 Pfund im Jahr). Von den Komponisten in diesem Thread haben dort auch Lassen, Nessler, Potter, Emilie Mayer, Filtsch und Krogulski einen eigenen Eintrag.

  • Lieber KSM


    Unter Kennern waren ja viele Komponisten nicht vergessen, aber ich würde davon ausgehen, dass - um beim Beispiel Rode zu bleiben - selbst bei den Tamino Mitgliedern nur maximal xxx diesen Komponisten namentlich kannten - wie viele davon je ein Konzert gehört haben (Tonträger inklusive) das möchte ich gar nicht erst untersuchen.
    Harenberg ist ja kein Lexikon sondern ein Konzert-, Opern-, Kammermusik-, Klavierführer etc. und umfasst komplett etwa 4000 Seiten - Eigentlich eine Schande, was da auf 4000 Seiten alles NICHT enthalten ist. Ich empfinde es auch als demütigend, daß man in englischsprachigen Lexika nachschlagen muß, weil die deutsche Fachliteratur euphemistisch ausgedrückt "hausbacken" ist. Es besteht auch die Möglichkeit in Wien in der Hauptbücherei, wo sich ein Exemplar befindet, Einblick in den "Grove" zu nehmen - was ich gelegentlich tue - Die Idee mit der Lesekarte für die ÖNB ist aber eine tolle Anregung!!!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • MGG ist auch nicht schlecht (Musik in Geschichte und Gegenwart).
    Dort finde ich Artikel zu Lassen, Nessler, Potter, Krogulski und Zelenski.


    Alternativ zur ÖNB wäre die Bibliothek der Universität Wien zu empfehlen, die auch Online-Zugriff auf MGG ermöglicht - dort zahlt man als Nicht-Universitätsangehöriger 15 € pro Jahr.

  • … hat kürzlich mal wieder Zuwachs erhalten,


    und zwar zwei Klavierquartette:


    Klavierquartett No 1 Es-Dur und
    Klavierquartett No 2 G-Dur


    ausgeführt vom
    Mariani Klavierquartett

    das sind: Philipp Bohnen, Violine | Barbara Buntrock, Viola (ehem. Stimmführerin Viola der Berliner Philharmoniker) | Peter-Philipp Staemmler, Cello | Gerhard Vielhaber, Piano

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  • Ich habe heute diesen Thread mit großem Interesse wieder gelesen, bzw überflogen und bin hier auf interessante Aussagen gestoßen.
    So ist beispielsweise auffallend, daß Tamino Mitglieder, meinen gewisse Komponisten seine "nicht vergessen" von denen ich das im Gegensatz dazu behaupten würde. Sind Joachim Raff, Ferdinand Ries, Anton Rubinstein Werner Egk, Max Reger, Ignace Pleyel , Carl Friedrich Zelter "vergessen" ???
    Die Antwort wird je nach Betrachtung und Standpunkt unterschiedlich ausfallen.
    Ein Kriterium wäre beispielsweise, nach einem Schubert Liederabend, beim Rausgehen zu befragen, welches ihr persönliches Lieblingslied von Carl Friedrich Zelter sei ?
    Oder man fragt nach einem Konzertabend mit Beethoven.Sinfonien nach dem Hauptwerk von Ferdinand Ries.Sammler kann man auch fragen, wie viele Sinfonien Koachim Raff geschrieben hat, und welche die bedeutendste ist (letzteres ist lediglich eine Fangfrage, die klarstellen soll, ob dem Befragten überhaupt IRGEND EINE der Raffschen Sinfonien ein Begriff ist)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier muß ich schon wieder einmal widersprechen.
    Es hat sich im 20. und 21 Jahrhundert die Unsitte eingebürgert das "Publikum" abzuqualifiizern. Stücke werden für das Publikum geschrieben und sollten von diesem akzeptiert - im Idealfall aber sogar geschätzt, bewundert und geliebt werden.
    Komponisten, die ihren Sinn in erster Linie darin sehen sich selbsrt zu verwirklichen sind eigentlich uninterssant und - so von der öffentlichen Hand gefördert - eigentlich Parasiten. Die entziehen der Gesllschaft Ressourcen (Geld) ohne etwas dafür zu bieten, das der "Allgemeinheit" Nutzen bringt. Komponisten die - aber aus welchen Gründen immer - "vergessen" wurden und man sie dem Publikum bewusst vorenthalten hat (dereist Boccherini und Vivaldi etc.) sind hier natürlich nicht gemeint.
    Die Auseinandersetzung der Musikwissenschaft mit Komponisten, die nicht so im Rampenlicht stehen, ist zwar löblich - sagt aber nichts über deren Bedeutung in der aktuellen Klassikszene aus. Ein Komponist den das Publikum nicht kennt oder ablehnt ist eigentlich nutzlos.


    mfg aus Wien
    Alfred

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  • Ist ja völlig legitim, dass wir völlig unterschiedliche Verwendungen des Wortes "vergessen" pflegen.
    Der Vorteil von meiner ist, dass man das nachprüfen kann - die Veröffentlichungen werden in Bibliotheken gehortet und sind somit abrufbar.
    Was der Klassikliebhaber kennt und was nicht, ist erstens sehr wandelbar und uneinheitlich und zweitens nicht eruierbar.
    :hello:

  • Zum zehntausendsten Mal: Das Publikum kann sich überhaupt erst dann zu einer Musik äußern, wenn sie vorher Musikern (oder vereinzelt auch Musikhistorikern) aufgefallen ist und der Aufführung für wert befunden wurde.
    Vorher ist das Publikum im Wortsinne ignorant und völlig machtlos. Kaum ein Hörer wäre auf die Idee gekommen, dass er vielleicht Musik von Ries oder Prinz Louis Ferdinand hören möchte, weil er die Namen mal in einer Beethovenbiographie gelesen hat. Es musste erst jemand (oder eher mehrere) entscheiden, dass ein Stück von Ries die Arbeit wert ist, geprobt und aufgeführt/aufgenommen zu werden, bevor "das Publikum" überhaupt ein "Stimmrecht" wahrnehmen kann.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Hier pflichte ich prinzipiell mal dem Kurzstückmeister und Johannes Roehl bei.
    Das Publikum ist der "Fachliteratur", dem Kritiker und dem Musikhistoriker ausgeliefert, und natürlich den Intendanten
    Aber nicht ganz. Die Schallplattenindustrie (bzw Tonträgerindustrie)und der Rundfunk sind eigene Machtblöcke, sie bringen gelegentlich Aufführungen und Aufnahmen zustande die ansonsten nie stattgefunden hätten, Ein Gutteil der veröffentlichen Aufnahmen sogenannter "Schatzgräber-Labels" sind Eigenproduktionen oder Kooperationen mit RF Anstalten. Es muss nicht bis ins Detail beleuchtet werden, denn für unser Thema ist das eher unwichtig,
    Nun kommt es zur sogenannten SCHNITTSTELLE - und die ist das Publikum.
    Das ist natürlich vorgeprägt und manipuliert durch Begriffe wie "Kleinmeister" oder "medioker". Begriffe wie "eingängig", "gefällig", "angenehm" hat man zu Negativbegriffen unfunktioniert - es wird schon a priori unterschwellig davon abgeraten sowas zu hören.
    Denn das Publikum soll aufgewühlt, erschüttert und frustriert werden, konfrontiert mit dem Elend der Welt
    (Wenn ich frustriert werden möchte, dann setze ich mich in die U-Bahn und schau mir die primitiven Visagen anm imm die Frage im Hinterkopf, wer von denen wohl ein Terrorost sein könnte - da ist Frust genug da - und ich brauch keine Konzertkarte zu kaufen)


    ABER:
    Unabhängig von aller Vorprägung entscheidet ab jetzt das Publikum über Wohl und Wehe, ob es ein Stück der "gepflegten Langeweile" zuordnet, dem "akustischen Hochgenuss" oder der "Kakophonie" bzw dem "Unrat an Geräuschen"


    Man hat dem Publikum die Möglichkeit gegeben Vivaldi und Bocherini wieder zu entdecken - und in wesentlichen Zügen wurden die angenommen. Andere wieder haben es (derzeit) nicht geschafft.
    Aber sie sind nicht unbedingt "vergessen" - lagern in den Regalen und harren ihrer Wiederentdeckung.


    Ein weiteres Problem ist der "Stellenwert" der klassischen Musik
    Einerseits dürfte er gegenüber dem 17 und 18. Jahrhundert gar nicht so schlecht dastehen (weil diese Musik den Adeligen und Reichen vorbehalten war), gemessen am 19, und frühen 20. Jahrhundert indes absinken.
    Das ist auch verständlich, wenn man bedenkt daß die Unterhaltungsmöglichkeiten vielfätiger geworden sind
    Man fotografiert, hört Schlager und Jazz etc, sieht Filme und Fernsehen, surft im Internet, geht ins Fitnesszentrum, telefoniert stundenlang. betreibt Modellbau, etc etc....
    Ist alles eine Einteilung der Zeit.....
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier pflichte ich prinzipiell mal dem Kurzstückmeister und Johannes Roehl bei.
    Das Publikum ist der "Fachliteratur", dem Kritiker und dem Musikhistoriker ausgeliefert, und natürlich den Intendanten
    Aber nicht ganz. Die Schallplattenindustrie (bzw Tonträgerindustrie)und der Rundfunk sind eigene Machtblöcke, sie bringen gelegentlich Aufführungen und Aufnahmen zustande die ansonsten nie stattgefunden hätten, Ein Gutteil der veröffentlichen Aufnahmen sogenannter "Schatzgräber-Labels" sind Eigenproduktionen oder Kooperationen mit RF Anstalten. Es muss nicht bis ins Detail beleuchtet werden, denn für unser Thema ist das eher unwichtig

    Du hast insofern recht, als mein Versuch der Definition über die musikwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu kurz greift - zu ergänzen wäre das um Veröffentlichungen von Aufnahmen, damit wären dann die Rundfunkanstalten und die Label-Intendanten mit abgedeckt (und natürlich noch Aufführungen).
    Alles, was also aktuell "bearbeitet" wird, ist mE nicht "vergessen", höchstens vom Publikum ignoriert. Das kann man dem Publikum in Anbetracht der Überflutung mit Informationsinhalten kaum übel nehmen. Daher hat Ries auch keine Chance, aus seiner Nische zu kriechen. Der CD-Mangel des Radio-Stephansdom-Senders hat ihm ja womöglich vorübergehend zu einer gewissen ostösterreichischen Popularität verholfen, was aber wahrscheinlich schon wieder Geschichte ist. Daran ändern auch 2 Fans in einem Internetforum nichts.
    :P

  • Es hat sich im 20. und 21 Jahrhundert die Unsitte eingebürgert das "Publikum" abzuqualifiizern

    Der volkswirtschaftliche Schaden ist fatal. Die wenigen Touris gleichen das vermutlich kaum aus.
    Und leider ist diese Haltung des Künstlers zum Publikum bereits älter als das 20. Jahrhundert. In Goethes Schreibe wird sie auch reflektiert. Selbst Beethoven mochte Publikum gar nicht, wenn es nicht in der Lage war, seine Mucke angemessen sich reinzuziehn. Ja, ja, es ist und war schlimm, dass Parasiten, wie z.B. Beethoven, Brahms, Wagner, Mahler, Pfitzner, Mussorgsky, Janacek gab, die wenig bis gar nichts geboten haben und deren Mucke ohne öffentliche Förderung selten gespielt werden würde.

    Komponisten, die ihren Sinn in erster Linie darin sehen sich selbsrt zu verwirklichen sind eigentlich uninterssant und - so von der öffentlichen Hand gefördert - eigentlich Parasiten. Die entziehen der Gesllschaft Ressourcen (Geld) ohne etwas dafür zu bieten, das der "Allgemeinheit" Nutzen bringt. Komponisten die - aber aus welchen Gründen immer - "vergessen" wurden und man sie dem Publikum bewusst vorenthalten hat (dereist Boccherini und Vivaldi etc.) sind hier natürlich nicht gemeint.

    Also, deshalb sei höchste Anerkennung gezollt für Komponisten von z.B. Helene Fischer. Oder jene, die am laufendem Band für die Werbebranche ihre Retorten-Mucke verzapfen. Letztere haben es am allerwenigsten im Sinn, "sich selbst zu verwirklichen"..
    Das sind also keine Schmarotzer. Sie passen sich den Konsumenten, dem Markt vorbehaltlos an.
    Sie verschwenden keine Steuergelder und bringen der Allgemeinheit sehr großen Nutzen.
    Ob sie vergessen werden, lässt sich das prognostizieren ?

  • Naja, vielleicht gibt es doch Unterschiede: Früher hat man die Masse ausgesperrt und die elitäre Schmarotzermusik wurde nur vor ein paar erlauchten Ohren exekutiert. Heute hätte zwar jeder Zutritt, aber keiner will es hören.
    :huh:

  • Über Schlagersänger

    Zitat

    Das sind also keine Schmarotzer. Sie passen sich den Konsumenten, dem Markt vorbehaltlos an.
    Sie verschwenden keine Steuergelder und bringen der Allgemeinheit sehr großen Nutzen.
    Ob sie vergessen werden, lässt sich das prognostizieren ?


    Auch wenns höhnisch gemeint war - so ist es doch die Wahrheit
    Allerdings ist ihre Zielgruppe ein anderes Publikum. Eines das ich gar nicht wahrnehme, für mich nicht existent ist.
    Im Bereich von technischen Waren wären das die "Consumer Produkte" Produkte ohne höhere Ansprüche, aber auf den Massengeschmack ausgerichtet. Geschrieben wird so, wie es der Zielgruppe gefällt.


    Prinzipiell hat Mozart das gleiche gemacht -zumindest teilweise - und als er das Spiel nicht mehr mitgespielt hat, wurde er teilweise fallengelassen und kam in finanzielle Schwierigkeiten.


    Klassik ist nun mal kein Massenmarkt, wenn ich aber von Künstlern rede, die "nicht anerkannt" sind, und "Publikum" sage, dann meine ich ein "Klassikpublikum und nicht "Krethi und Plethi"


    Also, wenn ich nach einer Einschätzung von Ries frage, dann mache ich es sinnvollerweise gezielt am Ausgang des Wiener Musikvereins nach einem Konzert mit Beethovenprogramm
    und nicht unter den Besuchern des (als Beispiel) Wiener "Donauinselfests".....


    Wobei hier vermutlich der Kurzstückmeister einwenden wird, daß das Endergebnis das selbe sein könnte . und ich bedauerlicherweise sehr zögern müsste hier zu widersprechen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Also, wenn ich nach einer Einschätzung von Ries frage, dann mache ich es sinnvollerweise gezielt am Ausgang des Wiener Musikvereins nach einem Konzert mit Beethovenprogramm
    und nicht unter den Besuchern des (als Beispiel) Wiener "Donauinselfests".....

    Interessant war Beobachtung von Publikumsreaktion nach einem Konzert von Igor Levit (vor ca 2 Jahren)


    Er spielte zunächst Beethovens Diabelli-Variationen.
    Nach Pause gabs dann Frederic Rzewskis The People United Will Never Be Defeated!.
    = Umfangreiches zeitgenössisches Klaviervariationen-Stück nach dem chilenischen Politsong "El pueblo unido".


    Diese Variationen kommen dem Hörer, trotz Anleihen an z.B. Kalle Stockhausen, im Vergleich zu Beethovens Diabellis äußerst zahm und konziliạnt rüber. Und so geriet Feedback vom Auditorium um ein Vielfaches enthusiastischer als nach der Beethoven-Mucke...

  • Über Schlagersänger


    Auch wenns höhnisch gemeint war - so ist es doch die Wahrheit
    Allerdings ist ihre Zielgruppe ein anderes Publikum. Eines das ich gar nicht wahrnehme, für mich nicht existent ist.

    Und die Zielgruppe von Neuer Musik ist auch ein anderes Publikum als das des Klassik-Mainstream-Rituals mit seinen drei Kompositionen, die ewig wiedergekäut werden. Das ist für einen Komponisten der Gegenwart auch etwas, was er nicht wahrnimmt, und genau das wirfst Du ihm vor. Wie Du siehst, machst Du aber dasselbe.

  • Was hat jetzt Populärkultur vs. Hochkultur mit dem Thema zu tun? Schlagersänger werden normalerweise zügig vergessen, sind also irrelevant bzgl. des langsamen oder schnelleren Vergessens/Klassikerwerdens klassischer Komponisten.

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  • Andererseits sind die "Klassiker" der Rockmusik inzwischen auch kanonisiert und werden bevorzugt von Leuten gehört, die "wissen, was gut ist" und nicht modischen Aufgüssen auf den Leim gehen oder womöglich einen Niedergang der (Rock-)musik ebenso beklagen wie Alfred den der klassischen Musik nach Schubert.
    Als netten Filmtipp dazu: Only Lovers Left Alive von Jim Jarmusch.

  • Die "Klassikerbildung" in der Popmusik wird m.E. erst in etwa 30 Jahren richtig interessant, wenn niemand der kanonisierten Musiker (wie Beatles, Stones etc.) und auch niemand mehr der ursprünglichen, ähnlich alten (also bis etwa 1950 geborenen) Rezipienten mehr lebt. D.h. im Jahr 2100 wird man sich vielleicht ähnlich fragen, warum nun Band X zum Klassiker geworden ist, Y aber zu Un/Recht "vergessen" wurde oder nur Insidern bekannt ist, wie wir heute bei Gernsheim und Raff vs. Brahms oder Bruckner.

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