Wenn Carmen Don Jose erschießt

  • Gerhard Wischniewski glaubt sich als Sprachrohr der Mehrheit von Opernbesuchern.

    Also in meinem Namen spricht er auch, ohne daß wir uns dazu abgesprochen hätten.


    Und ich kenne unter meinen Freunden keinen Einzigen, dem abstrahierende Einfälle (man könnte auch RT sagen) mancher Regisseure zusagen. Ich kenne aber in meinem Freundeskreis viele, die aus ebendiesen Gründen ihre Anrechte gekündigt haben. Ich gehöre auch zu den Anhängern von Frau KS Prof. Gilles und KS Prof. Bernd Weikl.


    Leider gehöre ich zu den älteren Jahrgängen, und daher setzt sich mein Freundeskreis auch aus älteren, traditionsbewußten ehemaligen Schul- und Studienfreunden zusammen. Mancher der jugendlichen, sich Opern einziehenden Konsumenten mag anders denken. Die hat Gerhard nicht gemeint.


    :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:

    Und dieser Beitrag ist ungeheuer wertvoll.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Und dieser Beitrag ist ungeheuer wertvoll.


    Da bin ich ja beruhigt, ich hatte schon befürchtet, wieder einmal den "gepflegten, seriösen Ton und Stil" verfehlt zu haben, der dem Niveau dieses Forums angemessen ist. :rolleyes:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Also in meinem Namen spricht er auch, ohne daß wir uns dazu abgesprochen hätten.
    Und ich kenne unter meinen Freunden keinen Einzigen, dem abstrahierende Einfälle (man könnte auch RT sagen) mancher Regisseure zusagen

    Gerhard Wischnewski schrieb :
    „Ich glaube, die wenigsten Opernbesucher machen sich soviel Hintergedanken über soviel Banalitäten, wie sie hier oft zu lesen sind.“


    Gerhard Wischnewski Behauptung bezieht sich also nicht aufs Verunstaltungstheater, sondern er moniert, dass gedankliche Auseinandersetzungen über Banalitäten in Opern nur wenige Besucher interessieren und dass diese Banalitäten der Opern in diesem Thread zu lesen wären. Woraus folgt, dass er z.B. das Duett Almaviva-Susanna aus dem 3. Akt als banal betrachtet, denn über das wurde ja diskutiert. Dabei wäre es auch interessant zu wissen, warum Gerhard Wischnewski Mozarts Mucke und den Text mit solch einem pejorativen Ritterschlag versetzt. Nebenbei: mir kommt Nozze nun alles andere als banal rüber.


    Und bisher liefert Gerhard Wischnewski keinen Beleg seiner Behauptungen.


    Ich gehöre auch zu den Anhängern von Frau KS Prof. Gilles und KS Prof. Bernd Weikl.

    Du besucht vermutlich regelmäßig, wie ich, die Homepage MLGs. Da finden sich auch reichlich Infos zu Opern, Opern-Gesang und allerlei ausführliche Hintergrundinfos. Vermutlich selbiges auch in den Weikl- Veröffentlichungen, die ich jedoch nicht kenne. Also Dinge, von denen Gerhard Wischnewski meint, dass sie nur wenige Opernbesucher interessieren würden, an denen du jedoch reichlich Anteil zu nehmen scheinst, sonst würdest du dich nicht als Anhänger MLGs und Weikls outen. Deshalb verwundert einen deine Verknüpfung von „gehöre auch..“

    Leider gehöre ich zu den älteren Jahrgängen, und daher setzt sich mein Freundeskreis auch aus älteren, traditionsbewußten ehemaligen Schul- und Studienfreunden zusammen. Mancher der jugendlichen, sich Opern einziehenden Konsumenten mag anders denken. Die hat Gerhard nicht gemeint.

    Er hat Gelegenheit das zu klären.

  • Zitat von »Bertarido«


    :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:


    Und dieser Beitrag ist ungeheuer wertvoll.

    Das ist er in der Tat, aber er trifft es, wie ich finde, nicht hundertprozentig! Ich würde eher hierzu tendieren:


    :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:



    Und ja, ich liebe es, "Banalitäten" zu zerpflücken- wenn einer mitspielt so lange, bis das, was übrig bleibt, nur noch unter dem Mikroskop erkennbar ist!!!
    Wobei hier, was die Definition des Begriffes "Banalität" angeht, auch nicht unbedingt alle hier konform gehen, wie's aussieht...
    Aber um den Bogen zurück zum Regietheater zu schlagen: Ich begreife einfach nicht, wo das Problem liegt, dem wenigstens ein Mindestmaß an Aufgeschlossenheit entgegenzubringen!
    Gut, wenn man mit der Einstellung an das Thema herangeht, dass sowieso alles Schund ist, was da verzapft wird, erübrigt sich eh jede Diskussion- und dafür sind wir doch grundsätzlich hier, oder? Hatte ich zumindest so verstanden...
    Ich will nun weiß Gott nicht sagen, dass ich jede Idee, die da ein Regisseur auf die Bühne bringt, automatisch bejubeln würde.
    Wenn beispielsweise der Baron von Lerchenau das "Mariandel" ins Bordell ausführt, frage auch ich mich, was die "Macher" da vorher wohl geraucht haben und ob das Zeug wirklich legal sein kann...
    Weswegen sollte ein Kerl, der bei Verstand ist ein Mädel, dass er zu verführen gedenkt, in den P... ausführen?
    Aber die Guth- Inszenierung des "Figaro" beispielsweise ( ist vermutlich jedem hier ein Begriff!) bot doch gute Denkanstöße und zeigte mehr als deutlich, dass sich der Regisseur hier Gedanken um die Materie gemacht hatte.
    Was das Argument angeht, dass eine solche "Verfremdung" nicht im Sinne der Autoren des Werkes wäre...
    Wer will denn das beurteilen können?
    Aus verständlichen Gründen kann man sie ja schlecht fragen!
    Ich für meinen Teil könnte mir gut vorstellen, dass beispielsweise ein Mozart ( der soweit ich weiß recht aufgeschlossen war...) zur "Verkleidungsszene" im zweiten Akt des "Figaro" bei der Guth Inszenierung gesagt hätte "Echt schade, dass ICH mir das zu meiner Zeit nicht hätte erlauben dürfen..." :D


    Grüße von der Dritten Dame

  • Und ja, ich liebe es, "Banalitäten" zu zerpflücken- wenn einer mitspielt so lange, bis das, was übrig bleibt, nur noch unter dem Mikroskop erkennbar ist!!!

    Ja, find mikrologisches Reinziehn/Analyse gleichfalls mega-spannend.
    Und dir, Hosenrolle ausdrücklich Dank für deine Erläuterungen zur Intro von „Voi che sapete“ !


    Überhaupt und vor allem Rätselhaftes, Unbekanntes bilden Reiz und ist Challenge für Brägen, fürs Oberstübchen.
    Mal grob Chose auf Nenner gebracht: Falls alles verständlich beim Reinziehn wäre, würde es mich nicht interessieren...

    Ich für meinen Teil könnte mir gut vorstellen, dass beispielsweise ein Mozart ( der soweit ich weiß recht aufgeschlossen war...) zur "Verkleidungsszene" im zweiten Akt des "Figaro" bei der Guth Inszenierung gesagt hätte "Echt schade, dass ICH mir das zu meiner Zeit nicht hätte erlauben dürfen..." :D

    Nicht unähnlich Kerkhof (Hannover).
    Wobei mir Claus Guths Choreographie dabei sogar noch differenzierter, feiner und ausgefeilter rüberkommt..
    http://www.youtube.com/watch?v=Srf2fa_gimc
    ab ca. 1:06:30
    (mit dem Orchester und Harnoncourt tu ich mich – was diese Nozze betrifft – etwas schwer) ..

  • Ja, find mikrologisches Reinziehn/Analyse gleichfalls mega-spannend.


    Man verliert ja dabei nicht das Ganze aus den Augen, nur ist gute klassische Musik eben keine "leichte" Musik, sondern steckt voller Raffinessen, voller Details, die man erst findet, wenn man sich sehr genau damit beschäftigt, diskutiert und sich andere Meinungen und Sichtweisen anhört! Das gleiche gilt für gute Regiearbeiten.



    Und dir, Hosenrolle ausdrücklich Dank für deine Erläuterungen zur Intro von „Voi che sapete“ !


    Gerne :)
    Ich hoffe, es war was Interessantes dabei? Auf jeden Fall sieht man hier, wie Mozart mit Motiven arbeitet, selbst in seinen Sinfonien. Ich möchte verstehen, was er da "sagt" in seiner Musik, und nicht einfach nur so hören. Dafür war DIESE Musik, ähnlich wie die Barockmusik, die ebenfalls sehr viel mit rhetorischen Figuren arbeitete, damals nicht gedacht.



    Wobei mir Claus Guths Choreographie dabei sogar noch differenzierter, feiner und ausgefeilter rüberkommt..
    http://www.youtube.com/watch?v=Srf2fa_gimc
    ab ca. 1:06:30


    Da muss ich dir Recht geben. Ich finde, dass es immer noch geschmackvoll bleibt, und nicht zur unnötig obszönen Grapscherei wird, von der ich auch nichts mehr halte. Was mir besonders wichtig ist, ist, dass der Regisseur auf die Musik hört, auf die Motive, oder zumindest auf die Dramaturgie eines Stückes. Wo wird sie wilder, wo ruhiger, wie könnte man diese plötzlichen pulsierenden Achtelnoten in den Bässen umsetzen, was könnten sie bedeuten, usw. usf.
    Und hier habe ich das Gefühl dass Guth durchaus auf die Musik gehört hat und sie auf seine Weise auslegt.



    (mit dem Orchester und Harnoncourt tu ich mich – was diese Nozze betrifft – etwas schwer) ..


    Mit Harnoncourt tu ich mir generell schwer, weil er in seinen Schriften immer wieder propagiert, wie wichtig die historischen Instrumente für die korrekte Aufführung alter Musik sei, sich dann aber mit den Philharmonikern hinsetzt und einen Figaro aufführt. In "Musik als Klangrede" erörtert er genau, wie welche Noten bei Mozart zu spielen sind, und warum moderne Instrumente das nicht können - und dann spielt er mit einem modernen Orchester und meint, darauf angesprochen, dass er versucht, den Klang der alten Instrumente mit den modernen zu imitieren. Redet von der Tonartencharakteristik, wie wichtig die sei, verwendet dann aber Instrumente, bei denen davon nichts mehr zu hören ist. Scheußlich, das! Harnoncourt war damals sicher ein Vorreiter, was HIP angeht, aber er wurde schon längst von vielen anderen überholt.


    Was sein Dirigat angeht, da würde ich auf jeden Fall seine Interviews zu dem Thema empfehlen. Vielleicht mag man es hinterher ebenfalls nicht, aber zumindest könnte man es besser verstehen. Harnoncourt hat da ein paar Argumente, die ich ganz gut finde, etwa die vielen Abstufungen der Tempi bei Mozart, die "Tempodramaturgie", etc.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Wobei mir Claus Guths Choreographie dabei sogar noch differenzierter, feiner und ausgefeilter rüberkommt..

    Das ist sie in der Tat! Gerade während Susannas Arie stimmt wirklich jeder Handgriff und ist ( weitestgehend ) sogar am Text orientiert! Nur bezieht der sich eben nicht auf Cherubinos Verkleidung, sondern auf... ääh... die anderen Sachen, die sie da halt machen... :D


    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Grade sehe ich den Livestream aus München von der Walküre. Ich mache mir grade bei Wagner Opern meine Gedanken nach dem Motto : Was wäre wenn. Bei Wagner Verdi Strauß oder Puccini kann ich mich in die Personen hineinversetzen und mitfühlen. Bei Mozart ist das nicht so. Die Figuren lassen mich einfach kalt. Oktavian finde ich zum Beispiel sympathischer als Cherubino.

  • Bei Mozart ist das nicht so. Die Figuren lassen mich einfach kalt.


    Das kann ich nachvollziehen, für mich sind die Figuren im Figaro (bis auf Cherubino) oder in Cosi fan tutte auch unsympathisch. Wobei das nicht bedeutet, dass ich mich nicht mit ihnen beschäftige, nur kümmern sie mich eigentlich nicht, was vielleicht auch daran liegt, dass da in den Opern meines Wissens kaum "normale" Figuren vorkommen, sondern eher die "schönen und reichen", die eh ein gutes Leben haben. Ich mag Opernfiguren, die eher etwas zeitloses, modernes haben, keine veralteten Rollenklischees. Siegmund und Sieglinde aus der Walküre sind für mich so ein Beispiel, mit DENEN fühle ich auch mit, die hatten es nicht leicht, sind auch nicht "reich und schön", Siegmund ist gegen die Zwangsehe, und auch sonst sind die beiden recht fortschrittlich, wenn man bedenkt, in welcher Zeit das Ganze geschrieben wurde.


    Oktavian finde ich zum Beispiel sympathischer als Cherubino.


    Wieso das? (Wobei man sagen muss, Cherubino ist 13, Octavian doch um einiges älter)



    LG,
    Hosenrolle1

  • Bei Cherubino denk ich immer warum muß sich der Junge an ältere verheiratete Frauen ranmachen? Hat der keine Erziehung bekommen ?

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  • Gibt es eigentlich auf dieser Seite dieser Rubrik (also in den letzten Beiträgen hier) noch irgendeinen Bezug zum Rubrikthema?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Bei Cherubino denk ich immer warum muß sich der Junge an ältere verheiratete Frauen ranmachen? Hat der keine Erziehung bekommen ?


    Das tut Octavian aber genauso. Und Cherubino ist an allen Frauen interessiert, egal ob jung oder alt, ob verheiratet oder nicht. Verheiratet ist eh nur die Gräfin, und das mit einem Grobian, der fremdgeht. Brave Figuren, die immer schön das tun, was andere von ihnen erwarten, fände ich ziemlich langweilig, da finde ich das Anarchische bei Cherubino irgendwie erfrischend, vor allem weil er die einzige Figur ist, die um der Liebe willen liebt inmitten einer dekadenten, intriganten und verlogenen Gesellschaft. ;)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Bei Cherubino denk ich immer warum muß sich der Junge an ältere verheiratete Frauen ranmachen? Hat der keine Erziehung bekommen ?

    Da hätten dann aber beide Elternpaare- sowohl Cherubinos als auch Octavians- erziehungstechnisch versagt, denn der "Rosenkavalier" setzt ja gleich an, nachdem sich die ( verheiratete! ) Marschallin und Octavian in der vorangegangenen Nacht gegenseitig "beglückt" haben!
    Und Cherubino beschränkt sich ja darauf, die Gräfin anzuschmachten und darf ihr ein Mal ein Liedchen vorsingen- in dem er sie nicht einmal direkt anspricht... Der Junge ist dreizehn!!! Der hat noch Welpenschutz!!!
    Im übrigen würde ich da allen Vieren Verständnis entgegenbringen: Den beiden Damen, weil die eine mit einem notorisch fremdgehenden Ekelpaket verheiratet ist und der anderen, weil sie bereits als junges Mädchen zwangsverheiratet wurde!
    Und Cherubino tut ja nichts, außer mit der gleichaltrigen Barbarina ein wenig herumzuknutschen ( Das sei ihm gegönnt! ) , sich von den älteren Damen ein wenig betüddeln zu lassen und Liebeslieder vorzusingen...
    Und Octavian ist siebzehn und vermutlich der Meinung, dass der Budenzauber, den die Marschallin mit ihm veranstaltet, die wahre Liebe ist ( was bei einem Siebzehnjährigen, wenn frau halbwegs gut aussieht, wohl auch nicht allzu schwierig sein dürfte...).


    Gibt es eigentlich auf dieser Seite dieser Rubrik (also in den letzten Beiträgen hier) noch irgendeinen Bezug zum Rubrikthema?

    Scheinbar nicht! Aber da die Diskussion aus dem Thema heraus entstanden ist, wird da bestimmt einer sein! Irgendwie finden wir schon wieder den Bogen zurück...


    Liebe Grüße und einen schönen Tag, die Dritte Dame

  • Grade sehe ich den Livestream aus München von der Walküre. Ich mache mir grade bei Wagner Opern meine Gedanken nach dem Motto : Was wäre wenn.

    Ich verlasse da jetzt auch noch einmal das ursprüngliche Thema des Threads mit dieser Frage: Welche Gedanken machst Du Dir da konkret? Mich fasziniert bei Wagner vor allem der "Ring"...



    Grüße, die Dritte Dame

  • Oktavian finde ich zum Beispiel sympathischer als Cherubino.

    Könnte das vielleicht daran liegen, dass Cherubino eher kopflos und verwirrt ist, vieles einfach mit sich machen lässt, ohne zu reflektieren, während Octavian zwar auch, was seine Gefühle für die Damenwelt angeht, nicht immer den Durchblick hat, aber weniger passiv ist?
    Cherubino wird viel herum geschubst, Octavian lässt das nicht ( mehr? ) mit sich machen, der wehrt sich, spinnt selber Intrigen und geht wie ein wütender, kleiner Terrier auf den Baron los, der Sophie bedrängt. Wobei er natürlich auch andere Möglichkeiten hat, Cherubino ist ja noch nicht einmal alt genug, um einen Degen zu tragen!
    Macht es Octavian vielleicht auch interessanter, dass er aktiver am Geschehen beteiligt ist?


    Liebe Grüße, die Dritte Dame

  • Gestern in der ARD Tagesschau eine Aktion mit roten Schuhen. Jedes der 133 Schuhe stand für eine ermordete Frau. Die Aktion am Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen soll auf Femizide und andere Straftaten aufmerksam machen.


    Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau infolge von Gewalt des Partners oder Ex-Partners. Die Zahl der angezeigten Delikte von Partnerschaftsgewalt stieg im Jahr 2022 um mehr als neun Prozent gegenüber dem Vorjahr.


    Quelle Deutschlandfunk


    Soweit eine ergänzende Information zum Eröffnungsthread. Eine bedenkliche Entwicklung, die ich erschreckend finde.


    * * * * *


    Der Thread hatte sich weit vom ursprünglichen ernsten Thema entfernt.


    Ich frage mich, ob man die Inszenierung der Carmen mit einem anderen Schluss dem Publikum präsentieren darf.


    Wäre ein Hinweis auf die Problematik im Programmheft zur Aufführung förderlicher?


    ODER


    Wäre es möglich, die beiden Schlüsse dem Publikum hintereinander zu präsentieren?


    ODER


    Dem Publikum werden zu Beginn der Vorstellung Stimmzettel verteilt, mit einem Hinweis, weshalb dies geschieht. Siehe oben.

    Der Schluss mit den meisten Stimmen gelangt zur Aufführung.


    Daraus abgeleitet ergäbe sich eine spannende psychologische Untersuchung, inwieweit ein gesellschaftlicher Diskurs uns zu beeinflussen vermag oder ob Widerstände dagegen in der Begründung des Entscheides zu beobachten wären. Sauber wissenschaftlich durchgeführt wäre die Kohorte gross genug, um eine Aussage machen zu können.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich frage mich, ob man die Inszenierung der Carmen mit einem anderen Schluss dem Publikum präsentieren darf.

    Dürfen tut man (fast) alles, lieber moderato. Nur hat aus meiner Sicht die Statistik zur Gewalt gegen Frauen nichts mit "Carmen" zu tun. Darauf kommt, wer das Libretto genau liest, am besten noch in der ursprünglich von Bizet gewollten Fassung. Da geht es um ganz andere Dinge. Ein sehr ernste und dramatische gesellschaftliche Erscheinung wird ehr klein gemacht, wenn sie auf der Theaterbühne "verbraten" wird. Dort dürfte auch die Zielgruppe nicht erreicht werden. Gewaltberteite Männer, die zu Mördern werden, dürften ehr selten sein im Opernpublikum. Und warum sich bei dieser Oper aufhalten? Auch "Otello" müsste auf den Prüfstand mit einer Version, in der Desdemona ihren Mann erwürgt.


    Und dann gibt es auch noch diese Statistik:


    https://www.zeit.de/gesellscha…iche-gewalt-gegen-maenner

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold1876


    Gewalt ist in keinem Fall zu akzeptieren. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern besteht darin, dass Femizide 2022 tödlich endeten. 133 mal. Gewaltbereit Männer finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten und finden sich auch in einem Opernpublikum.


    Zur Erinnerung: Im Tamino-Opernführer ist dies nachzulesen:


    José will Carmens Liebe erzwingen, aber schon aus dem ersten Akt der Oper wissen wir, daß diese Masche bei Carmen nicht zieht. Kalt erklärt sie José, daß sie keine Liebe mehr für Ihn empfände.

    Sie wirft Ihm den Ring, den er Ihr einst geschenkt, vor die Füße.

    Jubel aus der Arena zeigt Escamillos Triumph an, er hat gesiegt. Als Carmen in die Arena will, ersticht sie José. Sie stirbt in jenem Augenblick, da Escamillo strahlend aus der Arena kommt um seinen Sieg mit Carmen zu feiern ........


    Der zweitletzte Satz ist widersprüchlich. ;)


    Wenn man den Eröffnungs-Beitrag liest, wollte man mit der Änderung des Carmen-Schlusses ein Signal setzen. Zitat. "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"


    LG moderato

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Wenn man den Eröffnungs-Beitrag liest, wollte man mit der Änderung des Carmen-Schlusses ein Signal setzen. Zitat. "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"

    Ich finde dieses Argument an den Haaren herbeigezogen. Das Publikum klatscht doch nicht, weil Don Josè Carmen ermordet, sondern weil es (hoffentlich) eine künstlerisch zufriedenstellende Aufführung gesehen und gehört hat.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)