Die bedeutendste Symphonie zwischen Beethoven und Brahms?

  • oder willst du allen Ernstes Schumanns C-dur-Symphonie über die Schubertsche stellen wollen?


    Auch wenn es an Wolfgang gerichtet war: Persönlich würde ich die von Schumann noch vorziehen. Leonard Bernstein sah es ähnlich.
    Zudem würde es ja gewissermaßen das Vorurteil bestätigen, wenn man eine Symphonie aus den 1820er Jahren, vermutlich noch zu Lebzeiten Beethovens geschrieben, als die wichtigste nach Beethovens Neunter ansähe. Schumanns Zweite liegt mit dem Entstehungsjahr 1846 in etwa in der Mitte des veranschlagten halben Jahrhunderts und kann insofern auch als gutes Beispiel für eine Symphonie der Hochromantik gelten.


    Lieber Willi,


    Doch ! Josef hat Deine Frage schon in meinem Sinne beantwortet.
    Für mich sind die "himmlischen Längen" in der Schubert 9 (für mich bleibt sie trotz den Forschungsergenbnissen ebenfalls die hochgeschätze Nr.9 !!!) einfach des Guten zuviel. Da schliesse ich mich Josef und Bernstein an. Wegen diesen Längen schätze ich auch Karajans DG-Aufnahme der Schubert 9 am Höchsten ...
    :!: Ich bin schon gespannt auf meine Levine-Aufnahme (DG), die mir jetzt auch noch ungehört vorliegt !!!


    *** Habe übrigens die fantastische Doku Bernstein Pacific Festival 1990 mit Schumanns 2ter gesehen - Bernstein in voller Extase - Fantastic :hail: ! - - - Dank an Josef für diesen YT-LINK, den man sonst gar nicht so einfach findet ! :thumbup: Man konnte diese DoKu sogar in 1080 downloaden.



    *** Mir fällt aus der Liste noch eine Sinfonie eines Autodidakten ein, die ich ebenfalls ganz oben sehe = Borodin: Sinfonie Nr.1

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Da Leute hier - warum auch immer- mehrere Symphonien nannten [...]


    Auch wenn es im Eröffnungsbeitrag nicht ausdrücklich erwähnt war, dürfen natürlich mehr als eine Symphonie genannt werden. Das macht die Sache ja gerade erst spannend.


    Öh, da hättest Du wohl einige tausend Stück nennen müssen, oder? So wenige Komponisten gab es ja damals auch nicht.


    Hofmeister XIX liefert für 1829 - 1875 "Symphonie" (andere Schreibweisen spielen keine Rolle) 400 Treffer. Darin sind aber zahlreiche Bearbeitungen aller Art sowie Neuauflagen älterere Kompositionen (Haydn, Mozart) enthalten.


    Die Frage ist, wem hätte eine solch lange Liste überhaupt genützt? Würde man wirklich alle 400 aufführen, wären mindestens 350 davon wohl kaum relevant. Bereits in der jetzige Auflistung scheint es sich ja auf vielleicht ein Dutzend Werke zu konzentrieren, die in die engere Auswahl kommen.


    Tatsächlich scheint ja durchaus einiges gerade für die Symphonie fantastique von Berlioz zu sprechen, die völlig neue Wege beschritt. La Roche hat hier sehr treffend angeführt, dass es indes auch hier gewisse Vorbilder gab, denkt man an einige Haydn-Symphonien und besonders an Beethovens "Pastorale". Wieso wird nicht gerade auch diese schon als Programmsymphonie angesehen? Berlioz geht sicherlich noch viel weiter. Auch ich hätte das Werk beim ersten Kontakt kaum auf 1830 geschätzt.


    Bei Schubert ist die Sache wohl klar. Es kommt ja in diesem Thread schon per definitionem nur die Große C-Dur in Frage. Die "Unvollendete" ist zeitlich noch vor Beethovens Neunter einzuordnen. Damit sei natürlich nichts gegen die Großartigkeit des Werkes gesagt.


    Bei Mendelssohn haben wir ja gerade eine spannende Diskussion laufen. Ich pflichte Stimmenliebhaber bei, dass die "Italienische" mit ihrem genialen Beginn Erwartungen weckt, die in der Folge nur bedingt eingelöst werden. Jahrelang kannte ich praktisch nur diesen ohrwurmartigen Kopfsatz. Die "Schottische" hat sich mir lange nicht recht erschlossen und es dauerte, bis ich ihre Bedeutung wirklich erkannte.


    Am spannendsten ist es wohl bei Schumann. Keine der vier Symphonien hat ein solches Übergewicht, dass man sagen könnte, sie stelle die anderen drei komplett in den Schatten. Am gewichtigsten ist wohl die Zweite, die indes schon immer umstritten war und auch hier im Forum nur vereinzelt Bewunderer hat. Trotzdem gab es schon früher Dirigenten, die sie besonders schätzten (etwa Stokowski, Schuricht, Mitropoulos, Bernstein). Die Vierte ist am geschlossensten, fast wie eine Phantasie in vier Teilen, und dominierte Jahrzehnte lang die Konzertsäle in Sachen Schumanns Symphonik eindeutig. Die "Rheinische" sticht durch ihre Fünfsätzigkeit heraus. Die stärksten Sätze sind da für mich der erste und der vierte. Und schließlich die "Frühlingssymphonie", wo mich gerade der Kopfsatz sehr anspricht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Frage ist, wem hätte eine solch lange Liste überhaupt genützt?

    Natürlich niemandem - ganz abgesehen davon, dass es gar nicht möglich ist, ALLE Sinfonien der Zeit aufzulisten. Ich wundere mich nur immer wieder, wie sehr die Leute die Breite der Produktion unterschätzen. Wenn ich sage, ich liste jetzt alle Rock-Alben seit 1960 auf, und mache dann eine Liste mit 100 Einträgen, werde ich wohl auch (zu Recht) ausgelacht.

  • Ich bin heute im Rahmen meiner Recherche für Eintragungen ins Thread Directory gestoßen. Dabei ist mir aufgefallen, daß ich mich geradezu sklavisch an die Vorgabe gehalten habe, und nur EINE genannt habe. Scheinbar hat man sich aber inzwischen stillschweigend pragmatisch auf 3 geeinigt.
    Das reicht natürlich auch nicht aus, aber wenn ich die Anzahl der zulässigen Nominierungen weiter erhöhe, dann hilft das auch nichts - und wenn ich das (beispielsweise auf ein Dutzend) erhöhe, dann wird die Sache inflationär.
    Man könnte sich die Frage stellen, was denn solch ein Thread bewirken soll.
    Eigenartigerweise fällt mir dazu SOFORT eine passende Antwort - bezogen auf meine Person - ein:
    Wir machen "Inventur" und bemerken das, was der Kurzstückmeister (wenngleich vielleicht in übertriebener Form ?) konstatiert hat. "Es gibt ZAHLREICHE Sinfonien aus dieser Epoche"
    Welche davon die "bedeutendste" ist wird sich schwer eruieren lassen, weil es hier natürlich auch nationale Präferenzen gibt - sowie solche des Zeitgeistes.
    Dann gibt es da noch das Spannungsfeld zwischen "bekanntester", "beliebtester" und "bedeutendster" Sinfonie.
    Schon das Nachdenken jener, die Mendelssohns Sinfonien präferieren, darüber , ob die "Schottische" oder die "Italienische" Sinfonie bedeutender ist, zeigt auf wie interessant dieser Thread doch ist - und natürlich zum Hören anregt. Wäre die Frage nach der "Beliebtesten" oder "Bekanntesten" Sinfonie Mendelssohns gewesen, dann wäre die Antwort - so glaube ich mindestens - zugunsten der "Italienischen" ausgefallen


    Die Bantwortung der Frage durch einen selbst ist natürlich auch eine Gratwanderung, weil man - auch wenn man sich noch so dagegen wehrt - durch den persönlichen Geschmack und das Herkunftslang geprägt ist.


    Im Falle meiner Nr 1


    Franz SCHUBERT: Sinfonie in C-dur D 944 "Die Große"


    ist das leicht, hier treffen IMO "Bedeutung" und "persönliche Präferenz" in geradezu idealer Weise aufeinander.


    Nr 2 und drei wurden von mir bislang noch nicht nominiert
    und das geschieht nun - und ich begründe meine Wahl;
    Es ist IMO nicht möglich KEINEN Deutschen Komponisten hier zu erwähnen.
    Es wäre eine übertriebene Umkehrung der "deutschlastigen" Einstellung deutschsprachiger Kritiker und Musikhistoriker
    Nach langem Zögern habe ich mit für Mendelssohn und gegen Schumann entschieden.
    Gerechtigkeit gibt es ja in solchen Fällen sowieso keine
    Ferner habe ich - engegen meiner persönlichen Präferenz mich für die "Schottische und gegen die mir persönlich ans Herz gewachsene "Italienische" entschieden - es wurde ja nicht nach meiner Präferenz gefragt. Also:


    Felix MENDELSSOHN-BARTHOLDY: Sinfonie Nr 3 in a-moll op 56 "Schottische"


    Die dritte von mit nominierte Sinfonie wird vielleicht Widerspruch hervorrufen, sie wurde wegen ihrer "Andersartigkeit" und Originaslität berühmt.
    Sie zählt zur Programmusik , glaubt man WIKIPEDIA knüpft sie in gewisser Weise an Beethovens Sinfonie Nr 6 an - drüber wird man vermutlich strien können. Auf jeden Fall ist diese Sinfonie ein Monolith unter den Sinfonien des 19. Jahrhunderts - in aller Welt beachtet - und somit weit über den deutschen Sprachraum hinausragend.


    Hector BERLIOZ: Symphonie fantastique


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    clck1260

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !