Nielsen, Carl: Die Streichquartette

  • Von Carl Nielsen (1865 – 1931) gibt es vier Streichquartette mit Opuszahl. Darüber hinaus gibt es ein Jugendwerk (komponiert 1881) sowie ein Quartett in F-Dur (komponiert 1887/88'). Von Letzterem sind allerdings nur die beiden Ecksätze erhalten. Von weiteren einzeln erhaltenen Quartettsätzen jener Zeit kämen zwar einige als Kandidaten für die Mittelsätze in Frage, aber Überlegungen in diese Richtung bleiben Spekulation. Alle diese Werke ohne Opuszahl wurden nicht gedruckt und werden hier nicht weiter betrachtet.


    Das Streichquartett in g-moll op. 13 entstand in den Jahren 1887/88. Es wurde in 1897/98 geringfügig überarbeitet und erhielt erst dann seine Opus-Nummer 13.


    Somit ist das Streichquartett op. 5 in f-moll, das im Jahr 1890 komponiert wurde, bereits das zweite - wenn man die ungedruckten Werke berücksichtigt, sogar das vierte.


    In zeitlicher Nachbarschaft zur Überarbeitung von op. 13 wurde auch das Streichquartett Es-Dur op. 14 im Jahre 1898 geschaffen.


    Im Jahre 1906 entstand die Urfassung des Streichquartettes in F-Dur op. 44. 1919 wurde dieses Werk revidiert, verlegt und mit seiner Opuszahl versehen.



    Übersicht:


    - 1881 Jugendwerk


    - 1887/88 Quartett F-Dur (UA 1888')
    - 1887/88 Erstfassung Quartett g-moll (UA 1889)
    - 1890 Quartett f-moll op. 5 (UA 1892 als op. 6)


    - 1897/98 Überarbeitung Quartett g-moll op. 13 (UA 1898')
    - 1897/98 Quartett Es-Dur op. 14 (UA 1899)


    - 1906 Erstfassung Quartett F-Dur (UA 1907 als op. 19)


    - 1919 Revision des Quartetts F-Dur (UA 1919 als op. 44)



    Zur zeitlichen Einordnung ein Vergleich mit den Sinfonien Nielsens:


    Nr. 1 1890-92 (g-moll op. 7)
    Nr. 2 1901-02 (op. 16, „Die vier Temperamente“)
    Nr. 3 1910-11 (op. 27, „Expansiva“)
    Nr. 4 1914-16 (op. 29, „Das Unauslöschliche“)
    Nr. 5 1921-22 (op. 50)
    Nr. 6 1924-25 („Sinfonia semplice“)


    Es gibt einige Gesamteinspielungen von Ensembles skandinavischer Provenienz. Vom nach dem Komponisten benannten Carl Nielsen Quartett scheint noch keine Einspielung vorzuliegen – kann ja noch kommen. Die sehr prominenten Streichquartettensembles scheinen eher einen Bogen um diese Werke zu machen. Im Konzertsaal sind sie zumindest in Deutschland auch nicht allzu häufig zu hören, am ehesten vielleicht noch op. 44 (Ergebnis einer kurzen Web-Recherche).


    In den folgenden Beiträgen sollen die Streichquartette Nielsens kurz besprochen werden. Die dabei aufgeschriebenen Zeitangaben beziehen sich auf die Einspielungen mit dem Kontra-Quartett bei BIS und mit dem Oslo String Quartet bei Naxos, und zwar in dieser Reihenfolge.


    Die 2CD-Box des Kontra-Quartetts enthält neben den vier Quartetten auch ein Streichquintett in G-Dur aus dem Jahre 1888 sowie ein Andante Lamentoso für Streichquartett mit Kontrabass mit dem Namen „An der Bahre eines jungen Künstlers“. – Die beiden Naxos-CDs enthalten lediglich die vier Quartette.



  • Das Streichquartett in g-moll hat die folgenden Sätze:


    - Allegro energico
    - Andante amoroso
    - Scherzo: Allegro molto
    - Finale: Allegro inquieto


    Schon die ungewöhnlichen Satzbezeichnungen „energico“, „inquieto“ lassen vermuten, dass es hier um aufgewühlte Musik geht. So ist es auch.


    [Zeitangaben in der Reihenfolge Kontra Quartet/Oslo String Quartet]


    Der erste Satz beginnt sogleich mit dem ersten Thema über einer seltsamen ganztonweise aufsteigenden und halbtonweise absteigenden Bassfigur. Rhythmisch gezackt, mit auftaktigen Bildungen und Komplementärrhythmen kommt es erregt daher. Bei 0:41/0:37 hebt eine Sechzehntelbewegung an, die die Erregung weiter steigert und große Teile des Satzes dominiert. Diese Bewegung begleitet auch das zweite Thema, welches bei 0:56/0:53 im Cello zu hören ist. – Die Schlussgruppe beginnt etwa bei 1:54/1:47. Dann wird es ruhiger: mit begleitenden Pizzicati geht die Exposition zu Ende, das Cello geht arco in die unterste Oktave – das wird uns im f-moll-Quartett op.5 an genau dieser Stelle der Architektur so wieder begegnen. Wiederholung der Exposition.


    Die Durchführung beginnt bei 4:52/4:45, die stark variierte Reprise bei 7:02/6:45 – nach der Rekapitulation des ersten Themas folgt sogleich ein Einschub, traumverloren, in hoher Lage, mit Pizzicati begleitet. Das zweite Thema dann ab 8:26/8:00 in einer der Mittelstimmen, nicht mehr von der Sechzehntelbewegung, sondern von Pizzicati begleitet. Gegen Ende des Satzes nimmt die Erregung nach und nach ab.


    Die beiden Mittelsätze sind jeweils in der Form A - B - A‘ gehalten.


    Der zweite Satz, Es-Dur, ¾-Takt (?), ein „Andante amoroso“, das eher „Adagio“ zu nennen wäre, bildet zunächst den denkbar größten Gegensatz zum Kopfsatz. Der A-Teil ist seinerseits wieder dreiteilig in der Form a – b – a‘. Je zwei viertaktige Perioden bilden dabei einen Abschnitt. Abschnitt a bei 0:00/0:00, Abschnitt b bei 0:39/0:37, Abschnitt a‘ bei 1:10/1:13.


    Danach beginnt eine Beschleunigung hin zum bewegteren Mittelteil, der in seiner Erregung wieder an den Kopfsatz erinnert (ab 1:45/1:56).


    Der variierte Teil A‘ beginnt dann bei 3:29/3:30. Variiert ist nicht nur die Begleitung des Themas, sondern auch der Periodenbau: Die zweite Periode im Abschnitt a wird über die Viertaktigkeit hinaus auf acht Takte verlängert, genauso der Abschnitt a‘. – Zwölf Takte Coda.


    Der dritte Satz, das Scherzo, nimmt wiederum den erregten Tonfall des Kopfsatzes auf. Trio ab 1:34/1:45 mit Dudelsackanklängen. Reprise des Scherzos ab 3:36/3:46. – Der Harenberg-Kammermusikführer nennt die letzten Noten eine „Allusion zur Einleitung von Dvoraks Cellokonzert“. Na ja …


    Die Form des vierten Satzes wäre vielleicht am ehesten als Sonatenhauptsatzform mit verkürzter Reprise zu bezeichnen. Erstes Thema ab 0:00/0:00, mehr als nur ungarisch angehaucht, zunächst von Pizzicati begleitet. Das zweite Thema kommt zweistimmig mit Andeutung von Hornquinten daher (ab 1:09/1:02) und erfährt bei seiner variierten Wiederholung (ab 1:43/1:34) große klangliche Entfaltung (besonders beim Oslo String Quartet). Keine Wiederholung der Exposition, die Durchführung beginnt bei 2:24/2:16 im Unisono mit großen Sprüngen.


    Die Reprise beginnt bei 3:58/3:42. Darin gibt es nach dem ersten Thema ein neues, in der Exposition nicht dagewesenes retardierendes Moment ab etwa 4:22/4:02, die Musik beruhigt sich (vor allem beim Oslo String Quartet), um ab 4:37/4:18 in so etwas wie eine „Coda alla Stretta“ überzugehen, in der auch das zweite Thema (kurz) zu seinem Recht kommt (ab 5:03/4:40). Schließlich darf das erste Thema des Kopfsatzes noch so etwas wie Dur-Apotheose erfahren (ab 5:28/5:02). Lieto fine im schönsten G-Dur.


    Eine herrlich stürmisch-bewegte Musik, geistreich, sicher im Formalen. Der Hörer wird nicht gefordert, wie dies bei einem mittleren oder späten Beethoven, bei spätem Schubert oder bei Brahms der Fall wäre. Dennoch ist dieses Quartett sehr hörenswert – aber leider nur selten zu hören. Es gibt vieles zu entdecken – etwa das erste Thema des Andante, ein herrlicher Einfall! - Ich könnte mir das Werk einerseits in der zweiten Hälfte eines Serenaden-Konzertes vorstellen, in der ersten Hälfte könnten etwa Haydn und Brittens „Simple Symphony“ in der Streichquartett-Fassung auf dem Programm stehen. Oder halt in einem „normalen“ Programm anstelle des üblichen Haydn- oder Mozart-Quartetts, das man gerne an den Anfang setzt. Dann könnte ein modernes Werk folgen, um in der zweiten Hälfte das Hauptwerk des Abends (aus dem 19. Jhd.) zu bieten.


    Das Kontra-Quartett spielt mit höherer Differenzierung und (für mein nicht-Streicher-Verständnis) höherer Spielkultur. Es wird auch durch die überlegene BIS-Klangtechnik unterstützt.


    Ich ziehe zumindest im Kopfsatz, im Andante und im Finale dennoch die Interpretation des Oslo String Quartets vor. Denn das Kontra-Quartett bringt den drängenden Charakter des ersten Satzes und die formale Idee des Finales nicht so auf den Punkt wie die Herren aus Oslo. Die „energico“-Anweisung wird eigentlich ignoriert, es klingt manchmal recht behäbig, dito die „inquieto“-Anweisung des Finales. Das retardierende Moment und der Stretta-Effekt kommen nur beim Oslo String Quartet zur Geltung – bei diesen birst diese Musik geradezu vor Energie. Auch im zweiten Satz spielt dieses Ensemble im bewegten Mittelteil einfach zupackender, was der Musik m. E. besser bekommt. Im Scherzo hat eventuell das Kontra Quartet durch etwas mehr Biss die Nase leicht vorne. Dennoch gilt meine Empfehlung der Aufnahme aus Oslo, die zudem preisgünstiger ist.

  • Ich besitze seit einiger Zeit die Naxos-CD mit opp.14 u. 44. Ich muss gestehen, dass ich die wohl mal gehört hatte, aber sie hat damals wohl nicht so viel Eindruck hinterlassen. Angeregt durch Wolframs verdienstvollen thread habe ich sie mal hervorgeholt und gestern und heute angehört. Fand ich diesmal ziemlich interessant. Sehr eigen, obwohl aus ganz unterschiedlichen Quellen schöpfend und teils vielleicht etwas heterogen oder sprunghaft. Jedenfalls forsch und energisch, wenig von Fin-de-Siecle-Melancholie zu spüren; unterhaltsamer als Reger (oder Pfitzner, wobei ich verspreche, diese Box auch demnächst mal bereitzulegen.) Ich werde mir wohl die fehlende Naxos CD jedenfalls noch anschaffen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Streichquartett in f-moll op. 5 hat die folgenden Sätze:


    - Allegro non troppo ma energico
    - Un poco adagio
    - Allegretto scherzando
    - Allegro appassionato


    Wieder fallen die Spielvorschriften „energico“ und „appassionato“ auf, die besondere Emotionen vorausahnen lassen.


    [Zeitangaben in der Reihenfolge Kontra Quartet/Oslo String Quartet]


    Der erste Satz beginnt mit wenigen Tönen in den Begleitstimmen, bewegt, erregt. Sogleich setzt das erste Thema ein, heftig, ungestüm, mit charakteristischem punktiertem Rhythmus. Stellen wie 0:23/0:26 mit ihren chromatischen Gängen in Oktaven (Mittelstimmen) zeigen an, dass der Komponist hier nach Höherem strebt als in dem früher entstandenem op. 13. Ab 0:36/0:39 sind zahlreiche Imitationen zu hören, bei 1:00/1:02 ist die Überleitung zum zarten zweiten Thema anzusetzen, welches bei 1:27/1:28 im Cello in hoher Lage beginnt und von der ersten Violine fortgesetzt wird. Die Bewegung wird nach und nach wieder belebter, wieder gibt es Imitationen über ein geradezu hymnisches Motiv, das mit einem Oktavsprung beginnt (1. Violine/Cello, ab 2:23/2:23). Wie im Kopfsatz des Quartetts op. 13 geht das Cello gegen Ende der Exposition in die unterste Oktave, die Bewegung der anderen Instrumente lässt nach, bis sie ganz verschwindet. – Wenige Takte Überleitung (3:31/3:30), dann Wiederholung der Exposition.


    Die Verbindung zur Durchführung ist höchst raffiniert, man merkt erst, dass man in der Durchführung ist, wenn man schon mitten drin ist (ab ca. 7:05/6:55 geht’s los). Interessanterweise wird überwiegend Material aus dem zweiten Thema verwendet. Ab 8:21/8:08 ein neuer Gedanke, der ab 8:45/8:30 vom Cello sekundiert wird, und zwar mit dem hymnischen Oktavsprung-Motiv, dass bei 2:23/2:23 in der Exposition in Imitation erschien. Erst kurz vor der Reprise (9:23/9:08') deutet sich das erste Thema an, um diese dann bei 9:47/9:31 auch zu eröffnen.


    Wie im Quartett op. 13 ist die Reprise stark variiert, und die Veränderungen sind hier wie da nicht nur der veränderten Tonart des zweiten Themas (ab 10:31/10:14) geschuldet. Bei 11:43/11:27 dann so etwas wie eine Antiklimax als Beginn der Coda, starke Beruhigung, geradezu elegische Klänge. Noch einmal wird ab ca. 12:20/12:02 Tempo und Bewegung des Anfangs aufgenommen, dann kommt der Satz recht schnell zu seinem Ende.


    Die beiden Mittelsätze sind jeweils in der Form A - B - A‘ gehalten.


    Der zweite Satz, C-Dur, 4/4-Takt (?), „Un poco adagio“ überschrieben, exponiert den Anfang seines ersten fast pentatonischen Themas im Unisono, bevor der Anfang im vierstimmigen Satz wiederholt wird. Die Harmonik klingt manchmal eher modal.


    Ab 1:53/1:54 beginnt der B-Teil mit einem Thema, das ebenfalls terzenlastig ist. Stellenweise klingt die Musik wie ein Lamento (2:10ff/2:11ff).


    Bei 3:43/3:53 beginnt dann die variierte Reprise des A-Teils mit dem Thema im Cello unter zarten Akkordbrechungen der höheren Streicher. – Ab 5:21/5:25 dann die Coda über einem Orgelpunkt im Cello, bei 6:06/6:15 eine letzte Reminiszenz an das erste Thema im Cello, bevor der Satz mit zarten Akkorden in hoher Lage über dem tiefen C des Cellos endet.


    Der dritte Satz, Allegretto scherzando, 2/4-Takt, steht vielleicht wirklich einem Intermezzo (Harenberg Kammermusikführer) näher als einem Scherzo. – Das Trio, ab 1:57/2:04, arbeitet wie im Quartett op. 13 mit Bordunklängen, wartet aber auch mit erregten Abschnitten auf (2:49ff/2:58ff). – Reprise des A-Teils ab 3:22/3:33.


    Der vierte Satz steht nun wieder in Sonatenhauptsatzform. Auch hier hebt das erste Thema gleich zu Beginn an, auch hier gibt es mehr als nur ungarische Anklänge, etwa die Stelle bei 0:21/0:18. Interessant ist die Überleitung zum zweiten Thema, die in tiefer Lage mit Figurationen über einem Orgelpunkt des Cellos beginnt (0:46/0:41) – ist das thematisch oder nur Begleitfloskel? Ein Mittelding – hochmodern! Das zweite Thema beginnt dann bei 1:09/1:01 und steht interessanterweise in F-Dur und erfährt beim zweiten Auftreten eine klanglich opulente Behandlung (1:46/1:35) – völlig analog zum Quartett op. 13. – Wiederholung der Exposition (ab 2:25/2:12), am Ende mit deutlich veränderter „zweiter Klammer“ beim Übergang in die Durchführung (etwa ab 4:42/4:15), wieder wird deren Eintritt – wie im Kopfsatz – eher verschleiert.


    Ab 6:22/5:44 dann die stark veränderte Reprise – man höre alleine das zweite Thema, das sich wie ein Schatten seiner selbst anhört (ab 6:59/6:21, unscheinbar). Ab 8:14/7:30 die Coda, die mit einer Variation des ersten Themas beginnt. Schluss in dramatischem f-moll.


    Formal gibt es viele Ähnlichkeiten mit dem Quartett g-moll op. 13, doch die Tonsprache ist eindeutig fortschrittlicher. Als Nielsen den dritten Satz vollendet hatte, schrieb er in sein Tagebuch: “Hier habe ich meinen eigenen Ton gefunden. Durch dieses Quartett wurde es mir klar, woraus dieser besteht.“


    Für dieses Werk würde ich eher das Kontra-Quartet empfehlen wegen seiner höheren Spielkultur und der besseren Klangtechnik. Lediglich im letzten Satz kann das Oslo String Quartet durch noch mehr Schwung punkten. Aber beide Interpretationen sind sehr gut – darum eine herzliche Empfehlung für die preiswerte Naxos-CD!

  • Das Streichquartett in Es-Dur op. 14 ist Edvard Grieg gewidmet und hat die folgenden Sätze:


    - Allegro con brio
    - Andante sostenuto
    - Allegretto pastorale – Presto – Allegretto pastorale
    - Allegro coraggioso


    Das Beiheft der BIS-Einspielung erzählt eine Anekdote zu diesem Werk: „Das Es-Dur–Quartett […] sollte bei Wilhelm Hansen erscheinen. Nielsen zog auf dem Fahrrad los, das Manuskript unter dem Arm. Auf dem Weg durch Kopenhagen begegnete er einem Wagen, dessen Pferd umgefallen war. Von der Kindheit auf dem Lande bestens mit Pferden vertraut, sprang er vom Fahrrad herunter, um Hilfe zu leisten, und er bat einen Jungen, mittlerweile das Manuskript zu halten. Als das Pferd wieder auf den Beinen war, was dafür der Junge verschwunden, und Nielsen musste das gesamte Quartett rekonstruieren.“


    War schon das Quartett in f-moll deutlich fortschrittlicher als das g-moll Quartett, so ist hier ein weiterer Entwicklungsschritt zu hören. Zum einen ist die kontrapunktische Komplexität noch einmal erhöht, zum anderen geht die Tonalität des Werkes oft in Richtung einer Modalität. Es gibt immer wieder kleine Abschnitte, in denen gar nicht klar ist, ob das Tongeschlecht gerade Dur oder Moll ist. Auch skalenfremde Töne werden wie selbstverständlich integriert. Gleich im ersten Thema des ersten Satzes ist eine kleine Septime (des) eingeschmuggelt, die überhaupt nicht daran denkt, in Richtung c und damit funktionsharmonisch-subdominantisch aufgelöst zu werden.


    [Zeitangaben in der Reihenfolge Kontra Quartet/Oslo String Quartet]


    Der erste Satz steht in Sonatenhauptsatzform, es geht gleich mit dem ersten Thema los (0:00/0:00), optimistisch, fast jubelnd, jedenfalls freudig, wie man es von manchen Es-Dur –Werken kennt (Robert Schumann Sinfonie Nr. 3 oder auch dessen Klavierquintett). Eine erste Eintrübung bei 0:23/0:21, es wird ernster, komplexe polyphone Arbeit hebt an, bis die Bewegung wieder ruhiger wird und bei 1:00/0:59 das zweite Thema in B-Dur in der Bratsche (oder im Cello?) erscheint. Ab 1:50/1:49 führt die erste Violine mit Motiven des zweiten Themas eine Steigerung an, die bei 2:02/2:01 in einen letzten Einsatz des zweiten Themas im Cello führt. Die Schlussgruppe beginnt bei 2:30/2:27, auch hier gibt es die fast obligatorischen Pizzicati am Ende der Exposition.


    Bei 3:07/3:01 will Nielsen uns glauben machen, die Exposition würde wiederholt – erst später merken wir, dass dem nicht so ist (den Trick hat allerdings zumindest Brahms im Kopfsatz seiner 4. Sinfonie schon benutzt … ). Wir sind also bereits in der Durchführung. Eine recht verwickelte kontrapunktische Arbeit ist zu hören. - Ab 4:04/3:58 dann ein lyrischer Abschnitt mit weniger Verflechtungen – das braucht das Stück jetzt auch. Dennoch werden natürlich weiter die Themen und Motive der Exposition verarbeitet. – Klanglich sehr originell – so habe ich Streichquartettklänge noch nicht gehört – finde ich die Pizzicati ab 5:24/5:11.


    Bei 5:40/5:26 folgt dann die Reprise mit dem ersten Thema. Das zweite ist ab 6:47/6:33 gegen die Regel in der Subdominante As-Dur zu hören, erst bei der gesteigerten Wiederholung (7:48/7:30) erfolgt der Einsatz in der Tonika Es-Dur. – Ab 8:16/8:03 dann die Coda. Am Ende wird noch einmal das erste Thema zitiert und variiert und der Satz mit sehr befriedigender Symmetrie zum quicklebendigen Ende gebracht.


    Der zweite Satz ist dreiteilig: Erst ein langsamer, klagender Gesang, dann ein belebter zweiter Teil, dann wieder ein ruhiger Abschnitt.


    Los geht es mit einer Einleitung, die Lamento-Charakter hat (0:00/0:00). Dann übernimmt bei 0:46/0:43 die erste Violine die Führung mit einem ruhigen und kantablen Thema. Die Musik ist durch klagende Eintrübungen und interessante Harmoniewechsel gekennzeichnet, manchmal ist unklar, ob wir gerade in Dur oder Moll sind.


    Bei 3:46/3:47 beginnt der zweite, belebtere Abschnitt mit einem punktierten Motiv. Nach und nach wird es turbulenter, bis bei 4:59/5:12 die Depression des Anfangs endgültig überwunden scheint – aber nur kurz, gleich darauf dunkelt die Musik wieder ab.


    Bei 5:16/5:31 ist dann der dritte Teil erreicht. Dieser ist fast so ruhig wie der erste, aber weniger klagend als eher verklärt. Doch die Musik wird nach und nach noch ruhiger und schließt in völliger Ruhe. Eine wunderbare Musik.


    Auch der dritte Satz ist dreiteilig und folgt grob dem Schema Scherzo – Trio – Scherzo, wobei der mittlere Teil kein genuinen „Trio“-Charakter hat.


    Das Thema des „Allegretto pastorale“ wird von Pizzicati begleitet (0:00/0:00). Die Stimmung ist keineswegs nur bukolisch, es gibt auch Nachdenkliches. – Der Mittelteil (Presto) beginnt bei 1:35/1:35), furios, zupackend, dramatisch. Eine Abkühlung erfährt die Musik bei 2:09/2:07, dann hebt bei 2:54/2:48 wieder die vorherige Intensität an. In diesem Mittelteil ist auch wieder reiche kontrapunktische Arbeit zu hören. – Die Reprise des ersten Teils folgt bei 3:21/3:12.


    Das Finale steht in Sonatenhauptsatzform. Das erste Thema (0:00/0:00) ist fröhlich und ausgelassen, sein anfangs chromatisch absteigender, dann quarten-/quintenweise springender Bass und die Dreiklangsmelodik verleihen ihm fast den Charakter einer Musicalmelodie. Bei 0:35/0:31 die Überleitung zum 2. Thema, welches dann zart und mit punktierten Rhythmen bei 1:16/1:09 beginnt. Wie üblich steigert sich die Musik nach und nach. Die Schlussgruppe nimmt wieder Intensität weg (ab 2:17/2:07).


    Die Pizzicati markieren hier nicht den Schluss der Exposition, sondern den Beginn der Durchführung (2:31/2:21) – keine Wiederholung der Exposition. Noch eine ganze Zeit lang bestimmen Pizzicati den Klang. Bei 3:07/2:55 wird die ausgelassene Stimmung des Anfangs wieder aufgenommen, es folgt ein lyrischer Abschnitt (3:39/3:26), an dessen Ende (ab 4:22/4:04) das erste Thema imitatorisch im piano behandelt wird, bis bei 4:49/4:25 die Reprise erreicht ist.


    Bei 5:33/5:07 erscheint das zweite Thema wieder. – Ab 6:51/6:19 beginnt unerwartet ein Schluss-Fugato, dass das Werk zum ausgelassenen Schluss bringt.


    Hier gibt es originelle, handwerklich einwandfreie, herrliche Musik zu entdecken!


    Zu den Interpretationen ist Ähnliches zu sagen wie bei den Quartetten op. 5 und op. 13: Das Kontra-Quartet empfiehlt sich wegen seiner höheren Spielkultur und der besseren Klangtechnik, das Oslo String Quartet durch mehr musikantischen Schwung. Wiederum finde ich beide Interpretationen sehr gut – darum auch hier eine herzliche Empfehlung für die preiswerte Naxos-CD!

  • Es ist typisch für Forenbetreiber, daß sie beispielsweise darüber klagen, daß das Kammermusikforum - euphemistisch gesagt- eher moderat läuft und dann selber nichts dazu beitragen.
    An dieser Stelle möchte ich Wolfram meinen Dank aussprechen, der derzeit sozusagen die Lokomotive des Kammermusikforums ist. Seine Analysen sind - man kann es nicht anders sagen - professionell.


    Natürlich kann man da schon befangen sein, selbst etwas zu schreiben, aber es ist meiner Meinung nach durchaus wichtig, die Werke von verschiedenen Niveauebenen her zu betrachten, ich meine hier die korrekte Analyse vs den subjektiven Höreindruck. Ich habe mir beispiesweise die Streichquartette erst auf Grund dieses Threads zugelegt - irgendwann im Laufe des vergangenen Jahres - und sehe mit Verwunderung, daß seit der Eröffnung dieses Threads bereit 7 Monate vergangen sind. Ich habe mir übrigens die preiswerte Aufnahmen mit dem Oslo String Quartett (Naxos) gekauft.


    Ich habe nun nicht den Fehler gemacht, mir die Werke nach ihrer Nummerierung (die, wir wir wissen, nicht der Reihenfolge entspricht in der sie komponiert wurden)anzuhören, sondern ich habe mnich vorerst auf EIN Streichquartett beschränkt, nämlich auf Opus 13, welches Nielsen als 25 jähriger komponiert hat.


    Der Beginn des ersten Satzes hat mich nicht sofort begeistert, Ein etwas unruhiger Beginn, der zugleich entfernt an Brahms erinnert. Aber schon nach kurzem Einhören ist man von der Komposition gefangen, vor allem die von Wolfram erwähnten Pizzicati verleihen dem Satz einen spezifischen Reiz.
    Der zweite Satz ist von einer Lieblichkeit und Innigkeit durchdrungen, der dem Begriff "amoroso" voll gerecht wird.
    Von schäumendem Übermut ist der Beginn des dritten Satzes gezeichnet, immer wieder durch raffiniert komponierte Einsprengsel, wie zb. das Dudelsackmotiv unterbrochen, brw abgebremst. Aber immer wieder kehrt das volkstümlich-tänzerische Thema dieses Satzes zurück...
    Der vierte Satz ist wieder voller innerer Unruhe und unsteter Bewegung, die jedoch immer wieder zum Erliegen kommt und lyrischen Stellen - oft für längere Zeit Platz macht.Gegen Ende aber siegt die Fröhlichkeit und das Quartett endet mit einem
    wirkungsvollen Abschluss.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nachdem ich letzthin auf Carl Nielsen durch den Kauf einer günstigen BOX aufmerksam wurde, habe ich mir auch die Streichquartette angeschafft. Seither bin ich durch den Nielsen-Virus infiziert.
    Das Young Danish String Quartett hat die Streichquartette op. 5, op. 13, op. 14, op. 44 sowie das Streichquintett G-Dur (*mit Tim Frederiksen) auf SACD eingespielt. Da ich keine weiteren Aufnahmen besitze, kann ich keine Vergleiche anstellen.



    Dank an Wolfram! :jubel: Deine informativen Beiträge in diesem Thread sind eine echte Bereicherung! Das musste einmal gesagt werden!
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Viereinhalb Jahre sind ins Land gezogen, was vielleicht auch dafür spricht, dass die Streichquartette von Carl Nielsen bis heute im Repertoire nicht wirklich angekommen sind. Nach wie vor widmen sich bestenfalls skandinavische Formationen diesem Oeuvre. Mir ist keine Einspielung eines Quartetts außerhalb dieses Raumes bekannt.
    Ich habe diese Quartette gelegentlich gehört, aber auch noch nicht so den rechten Zugang gefunden. Man sollte darauf hinweisen (Wolfram tat es indirekt), dass es alles frühe Werke sind, das letzte entstand noch vor der dritten Symphonie. Also, von dem Meister der Symphonien 4-6 gibt es keine Quartette.
    Gerade hörte ich op. 13 und op. 5. Beides sind ansprechende Werke, die allerdings den typischen Nielsen'schen Tonfall vermissen lassen, im ersten Satz von op. 5 (dem 2. Quartett) gibt es eine kurze Andeutung davon. Ansonsten herrscht ein Post-Brahmsischer Tonfall vor. Detaillierte und sehr kompetente Beschreibungen hat Wolfram weiter oben schon geliefert.
    Die Aufnahme mit dem Oslo String Quartet auf Naxos finde ich ansprechend, von dem Kontra Quartett habe ich eine LP-Einspielung auf RCA, auf der ich aber die von Wolfram erwähnte "höhere" Spielkultur deutlich vermisse, da scheint die spätere Aufnahme für dacapo besser zu sein.
    Aber ehrlich gesagt, warte ich auf eine Aufnahme durch das famose Nightingale String Quartet, deren Rued-Langgaard-Zyklus etwas Außergewöhnliches auch bei diesem Repertoire erwarten lässt.

  • Hallo zusammen,



    Carl Nielsen (1865-1931)
    Streichquartette Nr.1 & 2
    + 2 Quartettsätze; Sonate für Violine & Klavier Nr. 1; Duett Nr. 1 für 2 Violinen; Romanze für Violine & Klavier D-Dur; Romanze op. 2 für Violine & Klavier


    Georgios Demertzis, Maria Asteriadou, New Hellenic Quartet
    BIS, DDD, 2001


    Die CD versammelt Werke eines unter 25-Jährigen, teilweise jugendlichen Künstlers. Insofern sind sie zweifellos bemerkenswert, bleiben aber dennoch die Kompositionen eines Lernenden, im Begriff des Werdens stehenden Künstlers. Dennoch gelingt Nielsen hier schöne, stimmungsvolle Musik, die griffig und schnörkellos auf den Punkt kommt, die aber nur bedingt mutig und originell erscheint, auch wenn die späteren Werke eine zunehmend individuelle Note entwickeln. Der Tenor der Werke schwankt etwas zwischen ungezwungener Fröhlichkeit und gelegentlicher Melancholie. Es überwiegt ein frischer, schwungvoller Ton voller Leichtigkeit.
    Weder hinsichtlich Interpretation, noch in Sachen Klangbild gibt es etwas zu meckern, selbst wenn man einschränkend vermuten darf, dass die Musik nicht zwingend dazu geeignet scheint, Unzulänglichkeiten der Musiker hervorzukehren. Die Werke bedürfen wahrscheinlich nicht zwingend der Top-Liga der Interpreten, um Spaß zu machen, was bitte nicht als Kritik an den Beteiligten verstanden werden soll.
    Ich habe die CD für 6,99 EUR im Zuge einer BIS-Aktion erworben. Im Hochpreissegment erscheint mir die Produktion (wegen der Musik) aber vielleicht nur eingeschränkt interessant, vor allem sicher für Nielsen-Verehrer. Alle anderen werden wahrscheinlich im Zuge der Gesamtaufnahme von Kammer- und Klaviermusik auf DaCapo besser bedient:




    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo Frank


    gibt es vielleicht doch so etwas wie Gedankenübertragung? :thumbsup:


    Ich habe gestern und vorgestern die Streichquartette op. 5 und op. 13 von Carl Nielsen gehört und heute morgen während Du Deine Zeilen schriebst, in der Biografie von Carl Nielsen den Abschnitt über seine Streichquartette gelesen.


    Als Aufnahme diente mir allerdings die Einspielung durch das Vertavo Quartett. Und ich stelle fest, dass die Nummerierungen auf den beiden CDs divergieren. Soweit ich es entziffern kann, ist auf Deiner CD als 1. Quartett eine d-moll Quartett von 14 min Länge aufgeführt und als 2. ein F-dur Quartett von 20 min Länge. Sind das die Jugendwerke? Als die Quartette 1 und 2 gelten üblicherweise op. 5 f-moll und op. 13 g-moll (Über die Reihenfolge kann man streiten, siehe Eingangsbeitrag).


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  • gibt es vielleicht doch so etwas wie Gedankenübertragung?

    Wenn, dann zwischen Dir und meinem völlig zufällig angeordneten "zu hören"-Stapel... :D



    Zitat

    Sind das die Jugendwerke?

    Ja, beide ohne Opus-Zahl und vermutlich aus den Jahren 1883 (1) und 1887 (2), gemäß Backcover der BIS-CD:



    Viele Grüße
    Frank

  • Angeregt durch die Neubelebung dieses Threads habe ich Das Streichquartett Nr 1 in f-moll op 5 in der revidierten Fassung von 1898 angehört.

    Zitat

    Viereinhalb Jahre sind ins Land gezogen, was vielleicht auch dafür spricht, dass die Streichquartette von Carl Nielsen bis heute im Repertoire nicht wirklich angekommen sind.


    Da mag es Günde dafür geben, Nielsens Streichquartette klingen beim Ersthören, speziell am Beginn ein wenig sperrig, unruhig und nervös, es fehlt ihnen gelegentlich der Liebreiz der sofort für sie einnimmt.

    Das ist allerdings eine eher oberflächliche Betrachtung, die bei längerm Hören (wenn man sich denn drauf einlässt!!) einer Revisison unterzogen werden muß. Die Quartette sind jedenfalls hörenswert und einfallsreich, es gibt durchaus auch "schöne Stellen", beispielsweise der 2. Satz (poco adagio). Keinesfalls sollte man verabsäumen sie in der Sammlung zu haben. Wie so oft, wenn ich (mir) unbekanntem Repertoire gegenüberstehe habe ich die preisgünstige Naxos Ausgabe gewählt. Im konkreten Fall lässt sie (für mich) keine Wünsche offen.
    Auch das Booklet ist IMO gelungen. Man findet hier Infomationen, wei beispiesweise, daß Nielsen erzählte, dass ihm das Hauptmotiv für das Streichquartett Nr 1 in einer überfüllten Straßenbahn in Kopenhagen eingefallen sei, wo er es kurz auf den Rand einer Zeitung notierte und auf diese Weise vor dem Vergessenwerden bewahrte. Der erste Satz entstand also in Kopenhagen, der Rest in Deutschland. Der Geiger Joseph Joachim war an dem Quartett sehr interessiert und ermöglichte eine Aufführung an einer Musikhochschule. Indes fand er durchaus Kritikpunkte, er fand einige Stellen zu "radikal" (Das war auch mein erster Eindruck, der sich inzwischen allerdings verflüchtigt hat .....).

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • NB: diese "Gesamtaufnahme" ist zwar sehr empfehlenswert, sie enthält jedoch keines der Jugendquartette und Einzelsätze, die auf der BIS-CD eingespielt wurden! Besagte Stücke kenne ich auch nicht, die "offiziellen" Quartette, obwohl auch noch relativ früh, finde ich beim erneuten Hören interessanter als ich sie in Erinnerung hatte und die DaCapo-Aufnahme ist klanglich erheblich besser als die des Oslo Q auf Naxos. Solange es die Box noch für 14,99 gibt, sollte man zuschlagen. Nur die beiden CDs mit Klaviermusik sind klanglich nicht erstklassig (Rundfunkproduktion 1981), dafür spielt der Nielsen-Schüler Herman Koppel (1908-98), also aus anderen Gründen interessant.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Angeregt durch diersen Thread habe ich meine Naxos Version mit dem Oslo Streichquartett aus dem Jahre 1998 erneut gehört.
    Das war offenbar eine gute Wahl, denn mein Eindruck hat sie gegenüber der ersten Bekanntschaft mit Nielsens Streichquartetten absolut gewandelt, wobei einschränkend gesgt werden muß, daß ich heute lediglich das Quartett Nr 1 op 5 (1890 - in der Revision von 1898) hörte, welches indes in Wahrheit Nielsens zweites Quartett ist. Das erste, im selben Jahr entstanden, aber eben vorher läuft heute unter Nr 2 und hat die Opuszahl 13
    Das hier nun gehörte Quartett Nr 1 wurde 1892 uraufgüht und - lt Harenberg Kammermusikführer - von Publikum UND Kritik enthusiastisch gefeiert.
    Ich empfand das Quartett als Bewegt, aber nicht mehr als aggressiv, und der zweite Satz ist ohnedie voll der Klangschönheit.
    Was bleibt ist der geringe Wiedererkennungswert, wobei ich aber allmählich zur Überzeugung gekommen bin. daß dies lediglich dann der Fall ist, wenn man ein Werk zu selten hört. Damit die hübsche Anekdote, die ich im (nicht mehr) Harenberg gefunden habe, nicht für immer verloren geht, hier in aller Kürze: Angeblich hat Eugene Ysaye 1894, als er Nielsen in Berlin kennenlernte, seine Wertschätzung für Nielsen dadurch bekundet, daß er den Beginn des Quartetts Nr 1 pfiff......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !