Franz Schubert - seine Freunde und sein Umkreis

  • Vielleicht – animiert durch Alfreds Freude über das „gute Laufen" dieses Threads - noch eine Anmerkung zu Josef von Spaun.
    Es wurde ja schon darauf hingewiesen (durch Alfred selbst und durch hart), welche Bedeutung er für das kompositorische Schaffen von Schubert hatte, indem er ihn immer wieder ermutigte, gleichsam seine schützende Hand über ihn hielt und ihn „fleißig mit Vorwürfen“ versorgte. Aber es war wohl auch ein wechselseitig enges menschliches Verhältnis, was beide miteinander verband.


    Als Spaun 1821 nach Linz versetzt wurde, beklagte er, dass Schubert nun für ihn „verklungen“ sei. Dieser wiederum verspürte durch diese Versetzung von Spaun eine „unausgefüllte Leere“ und widmete ihm sein „Liederheft oo.13“ mit den Titeln „Der Schäfer und der Reiter“, „Lob der Tränen“ und „Der Alpenjäger“.
    Vielsagend ist der die Widmung begleitende briefliche Kommentar, weil er erkennen lässt, dass sich Schubert sehr wohl dessen bewusst war, was Spaun für ihn bedeutete und wie viel er ihm schuldete. Sie lautet:
    „Ich hoffe Dir durch die Dedication dieser drey Lieder eine kleine Freude zu machen, die Du aber so sehr an mir verdient hast, daß ich Dir wirklich u. ex officio eine ungeheure machen sollte (…). Auch wirst Du mit der Wahl derselben zufrieden sein, indem ich die wählte, die Du selbst angegeben hast.“


    Spaun steuerte zu Schuberts Liedkompositionen den Text von „Der Jüngling und der Tod“ bei und widmete sich in engagierter Weise seinem Andenken, indem er einen Nekrolog „Über Franz Schubert“ verfasste und die letzte „Schubertiade“ vom 23. Dezember 1828 initiierte, auf der durch Vogel späte Liedkompositionen Schuberts vorgetragen wurden, unter anderen „Der Doppelgänger“ und „Die Taubenpost“.


  • FERDINAND HILLER


    Bildarchiv ÖNB Inventar Nr PORT_00154264_01


    Heute steuere ich unserem "Puzzle" eine Szene bei, die vom 16 jährigen Ferdinand Hiller erlebt und aufgezeichnet wurde. Man beachte hierbei das analytische Ohr, das, bei aller Begeisterung, die Schwächen der Stimme des alternden (er war 59) und schon in Pension befindlichen Hofkammersängers Johann Michaek Vogl bemerkt, und auch Schuberts Klavierspiel unbarmherzig entmystifiziert - und dennoch hat Hiller die Ausstrahlung der beiden gespürt und eindrucksvoll schriftlich festgehalten.


    Ferdinand von Hiller (1811-1885) war seit seinem 10 Lebensjahr ein Schüler Hummels, mit dem er im März 1827 Wien besuchte, wo er kurz vor dessen Tode Ludwig van Beethoven traf, und auch Franz Schubert. Über einen solchen Besuch hinterließ er folgende Aufzeichnungen;


    Zitat

    Als ich im Winter 1827 mit meinem Meister nach Wien reiste, wo ich Beethoven , wenige Wochen vor seinem Tode noch sehen und sprechen sollte, hatten wir Schubert nie nennen hören. Eine Jugendfreundin Hummels, die frühere Sängerin Buchwieser, damals die Gattin eines reichen ungarischen Magnaten schwärmte für ihn, oder vielmehr für seine Gesänge, und in deren Hause wurde er dem berühmten Kapellmeister vorgestellt,
    Wir speisten dort mehrmals in Gesellschaft des stillen jungen Mannes und seines Leibsängers, des Tenoristen Vogl. Letzterer, schon ältlich, aber voller Feuer und Leben, hatte sehr wenig Stimme mehr – und das Klavierspiel Schuberts war – trotz einer nicht unbedeutenden Fertigkeit - weit entfernt meisterlich zu sein.
    Und doch habe ich die Schubertschen Gesänge nie wieder gehört wie damals! Vogl wusste seinen Mangel an Stimme durch innigsten, treffendsten Ausdruck vergessen zu machen, und Schubert begleitete wie er begleiten musste. Ein Stück folgte dem anderen - wir waren unersättlich – die Ausführenden unermüdlich. Ich habe noch meinen dicken, treuherzigen Meister vor Augen, wie er in dem großen Salon, seitwärts vom Piano auf einem bequemen Sessel saß - er sagt wenig, aber die hellen Tränen liefen ihm über die Wangen. Wie mir dabei zumute, vermag ich nicht zu schildern, es war eine Offenbarung.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein weiterer Stein in unserem Puzzle ist die Beschreibung Schuberts durch Joseph von Sonnleithner.
    Er beschreibt Schubert als schüchtern und wortkarg, nicht auf Ruhm und Komplimente ausgerichtet, gefällig auf Hausbällen in Famlienkreisen Walzer am Klavier zu inprovisieren, wovon er jene die ihm am besten gefiele spiäter niederschrieb. Er selbst war Nichttänzer (wie später auch Johann Strauß)
    Sene Ideale waren Mozart und insbesondere Beethoven dessen Sinfonien ihn begeisterten. Interessant ein Satz bei Sonnleithner "Von einem Zukunftsmusiker hatte er keine Spur an sich "


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Franz Lachner 1835 - Lithographie von Staub


    Interessant sind auch die Erinnerungen von Franz Lachner (1803-1890), der im Alter von 19 Jahren nach Wien kam, Schubert war damals 25. Lachner und Schubert speisten unabhängug voneinander des öfteren im selben Lokal, namens „Haidvogel“ in Stephansplatznähe Es wurde noch zu Lachner Lebzeiten abgebrochen. Man lernte sich bei einem Konzert näher kennen und befreundete sich, Lachner lernte durch Schubert Bauernfeld, Schwind, Randhartinger, Lenau, anastasius Grün, Grillparzer, Castelli, Theodor Georg von Karajan, Dessauer, Feuchtersleben ua. Im Gasthaus „Zum Stern“ auf der Brandstätte traf man sich dort, es gab Dichterlesungen und Gedichte wurden den dort teilnehmenden Komponisten zur Vertonung überlassen.
    Lachner und Schubert unternahmen Regelmäßig Spaziergänge nach Hietzing, Dornbach, Klosterneuburg auf den Kahlenberg und den Leopoldsberg.
    Lachner und Schubert zeigten einander ihre Kompositionsentwürfe. Lachner wohnte in einem Gartenhaus und Schubert besuchte ihn oft (Wenn ich mir die Anzahl von Schuberts Freunden und seine Kontakte ansehe, dann frage ich mich, wann der überhaupt zum Komponieren Zeit fand, In ebendiesem Gartenhaus wurden zahlreiche Werke Schuberts im privaten Kreis uraufgeführt, z.B: die vierhändige Phantasie in f-moll op 103 (heute D 940, aber das konnte Lachner natürlich noch nicht wissen).



    Phantasie in f.moll op 103 D 940


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    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eine weitere Person im Leben von Franz Schubert war Albert Stadler (1794-1884)
    Von ihm scheint es nicht mal ein Portrait zu geben, die Recherche bei allen in Frage kommenden Quellen war negativ. Und dennoch ist er eine für die Schubert-Forschung bedeutende Persönlichkeit. Er kannte Schubert noch vom Konvikt in Kremsmünster her. Hatte mit ihm aber auch noch später Kontakt, was lt. seinen Berichten nicht gerne gesehen war, da man (vermutlich zu recht) Ablenkung von Schuberts Studien – und da waren nicht die musikalischen gemeint - befürchtete.
    Ich komme nun auf Stadlers Berichte zurück, wer die treibende Kraft hinter dem ganzen Projekt war. Das habe ich bislang noch nicht herausgefunden – vermutlich war es Ferdinand Luib (Redakteur, Schriftsteller, für kurze Zeit (1847/48) Herausgeber der "Neuen Wiener Musikzeitung“, der seit 1847 eine Schubert Biographie plante - aber sämtliche Freunde und auch Bekannten wurden aufgefordert, aus ihren Erinnerungen über Erlebnisse mit Schubert zu berichten. Da kam eine ganze Menge an Material zusammen, beispielsweise viele Briefe. Sogar ein Teil der verschollenen konnte grob rekonstruiert werden, wenn Antworten darauf vorhanden waren.
    Stadler berichtete, dass Schubert in der Zeit um 1815 oder knapp danach, sich oft mit Freunden traf und dass er ihnen oft seine Gelegenheitswerke überließ. Stadler sammelte einige davon und fertigte teilweise auch Abschriften an. Diese sind oft die einzige Quelle zu diesen Werken, deren Original verloren gegangen ist.
    Albert Stadler selbst war Beamter, Komponist und Schriftsteller. Es wird vermutet, dass er seine musikalische Ausbildung durch Salieri erhielt, Schubert vertonte einig seiner Dichtungen und widmete ihm zwei seiner Kompositionen (D 565 und D 685)
    Ein von Stadler komponierter Streichqartettsatz wurde früher Schubert zugeschrieben.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zit. Alfred Schmidt (schön, dass wir ihn nun in Original-Foto unter uns haben): "...vermutlich war es Ferdinand Luib...".


    Aus einem Brief Ferdinand Schuberts geht hervor, dass Ferdinand Luib seit 1847 großes Interesse "an dem Renommee" Schuberts zeigte. Er plante eine Schubert-Biographie und besorgte sich dazu Material vom Schubert-Biographen Ludwig Gottfried Neumann. In den Jahren 1857/58 sandte er Fragebogen an Angehörige des Schubert-Kreises und erhielt zahlreiche Antworten, u.a. auch von Stadler. Das Material soll dann, nachdem Luib den Plan aufgegeben hatte, in die Hände von Heinrich Kreißle gekommen sein, der 1865 eine Schubert-Biographie publizierte (Verlag Gerold´s Sohn, Wien).


  • Mit dem Hinweis auf dieses kleines Büchlein möchte ich den schönen Thread wieder hervorholen. Es ist in der Insel-Reihe erschienen und mehrfach aufgelegt worden. Inhaltlich bietet es eine sehr kompakte Zusammenstellungen von Auszügen aus Briefen, Erinnerungen und Tagebüchern. Als Motto ist ein sehr hintergründiger Eintrag aus Schuberts Tagebuch vorangestellt: "Glücklich, der einen wahren Freund findet. Glücklicher, der in seinem Weibe einen wahren Freund findet."


    Und noch zwei weitere Literaturhinweise zum Thema:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ende Juni hatte ich das entliehene Buch, aus dem ich zahlreiche Informationen entnahm wieder zu retournieren, ich entschloß mich, so nicht jemand anderer Aktivitäten setzte, diesen Thread bis Herbst ruhen zu lassen und dann fortzusetzen, da ich der Meinung war, es wäre schade dieses Thema, das ein sehr spezifisches ist, im Sommer, wo vile Mitglieder abwesend sind, fortzuführen.


    Nun - wir erreichen nun bald den Winter und somit wäre es hoch an der Zeit, Das Buch, das mir damals so viel geholfen hatte, konnte ich heute nicht finden. allerdings - und ich war sehr verwundert darüber - fand ich eine ganze Menge weiterer Bücher, wo Namen vorkamen und Ereignissen von denen ich bislang nichts gehört hatte.
    So konnte ich einem beispielsweise entnehmen, daß Schubert zeitweise Mitglied der "Unsinnsgesellschaft" war, einer Gruppe junger Dichter, Maler und Thaterleute etc, die allesamt unter Pseudonymen aktiv waren. Da wurde geblödelt was das Zeug hielt. Schubert hatte dort das Pseudonym „Ritter Cimbal“ Es gibt ein eigenes Buch über diesen Kreis, das ich indes leider nicht ausgeliehen habe, weil es mir für meine Zwecke zu spezifisch schien, und ich meinte, die wichtigsten Infos würde ich im Internet finden, eine krasse Fehleinschätzung.


    Schubert wird hier nur selten in diesem Zusammenhang genannt und ich musste eine halbe Stunde recherchieren, bis ich Schuberts Pseudonym (das ich mir ohnedies gemerkt hatte - aber ich war niicht sicher) bestätigt bekam. Die humorige Seite Schuberts dürfte sich mit den hierzulande herschenden Clichees über ihn nicht gut vertragen, englischsprachige Seiten interessierten sich mehr dafür.


    Das von mir nicht mitgenommene Buch habe ich soeben als Rezension im Internet gefunden:


    Die Unsinnsgesellschaft: Franz Schubert, Leopold Kupelwieser und ihr Freundeskreis.
    By Rita Steblin, with Erich Benedikt, Walther Brauneis, Ilija Dürhammer, Herwig Knaus, Michael Lorenz, and Gerhard Stradner. Vienna: Böhlau, 1998. [xiv, 490 p. ISBN 3-205-98820-5. DM 99.]


    Dort finden wir auch den interessanten Satz:


    "The Unsinnsgesellschaft has not been the subject of previous studies because its separate existence has not been recognized."


    Dieses SEPARATE bezieht sich auf Vorgänger- bzw Parallelorganisationen uns ist ein Geschicte für sich.


    Für uns ist sie nur ein Nebenschauplatz - aber eine interessante "Aufwärmübuung" für diesen Thread, der allmählich wieder an Fahrt gewinnen sollte


    mfg aus Wien
    Alfred


    PS: Das Buch gibt es auch in deutscher Sprache....


    clck 2671

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  • Schön, dass Du das Thema wieder aufgreifst. Es ist ja längst nicht erschöpft. Interessant ist der Hinweis auf die ominöse Unsinnsgesellschaft. Die passt natürlich nicht ins geläufige Schubert-Bild.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Meine derzeitigen Unterlagen sind eine wahre Fundgrube an Briefen, Kritiken und amtlichen Anweisungern und Bemerkungen.


    Hier nun das erste Beispiel aus Schuberts Konviktszeit:
    Wien den 28. November 1809:

    VERTRAULICHE MITTEILUNG AN DEN K. K. HOFMUSIKGRAFEN
    *


    ....Johann Wisgrill ist wegen seines guten Fortganges in den Studien
    und Franz Schubert wegen seiner ausgezeichneten Verwendung in der Tonkunst zu beloben,
    dem Franz Müllner und Max Weisse aber ernstlich einzuschärfen, sich durch mehreren Fleiß
    der diesortigen Zufriedenheit ebenfallls würdig zu machen,
    Der rühmliche Eifer des Klaviermeisters Ruziczka gereicht zur angenehmen Nachricht......
    (gez. Mosel)


    Dies und mehr findet sich in den Hofmusik.Akten des Staatsarchivs Wien ;)


    Jede Stelle schreibt den ursprünglichen Text ab und reicht ihn weiter


    Auch die Schulnoten der Sängerknaben wurden weitergeleitet und mit Bemerkungen versehen:


    Hier: Franz Schubert


    Sitten: gut
    Studien: gut
    Gesang: sehr gut
    Klavier: sehr gut
    Violine: Sehr gut
    Anmerkungen: Ein musikalisches Talent


    Anfang Mai 1810 gez.


    Lang
    Regierungsrat und Direktor
    des k.k. Konvikts
    __________________________________________________--



    * "Hofmusikgraf"
    hieß in Österreich damals derjenige (gewöhnlich ein Kammerherr), dem die Oberleitung der Hofkapelle übertragen war, im konkreten Falle war das Hofrat Graf Johann Ferdinand Kuefstein (1752-1818)

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  • Im Konvikt war das Leben und die Verpflegung nicht gerade luxuriös und Schubert litt sehr darunter. Das Essen war unzureichend und schlecht, sein Taschengeld indes war knapp.


    Daher schrieb der 15 Jährige am 24. November 1812 einen Bittbrief an einen seiner drei Brüder (man weiß heute nicht mehr an welchen, vermutet aber, daß es Ignaz war)

    "Gleich heraus damit, was mit am Herzen liegt, und so komme ich eher zu meinem Zwecke, und Du würdest nich durch liebe Umschweife ange aufgehalten.
    Dchon lange habe ich über meine Lage nachgedacht und gefunden, daß sie im Ganzen genommen zwar gut sei, aber doch noch hie und da verbessert werden könnte.
    Du weißt aus Erfahrung, daß man doch manchmal eine Semmel und ein paar Äpfel essen möchte, ums mehr, wenn man nach einem mittelmäßigen Mittagsmahle, nach 8eindhalb Stuinden erst ein armseliges Nachtmahl erwarten darf. Dieser sich oft schon aufgedrungene Wunsch stellt sich nun immer mehr ein, und ich mußte nolens volens eine Abänderung treffen. Die paar Groschen, die ich vom Herrn Vater bekomme sind in den ersten Tagen beim Teufel, was soll ich dann die übrige Zeit thun ?
    ---Die Auf Dich hoffen werden nicht zuschanden werden --- Math. Cap. 3 Vers 4---


    So dachte auch ich. Was wärs denn auch, wenn Du mir monatlich ein paar Kreuter zukommen liessest ?
    Du würdest es nicht einmal spüren, indem ich mich in meiner Clause für glücklich hielte, und zufrieden sein würde.
    Wie gesagt, ich stütze mich auf die Worte des Apostels Matthäus: der da spricht:
    Wer zwei Röcke hat, der gebe einen den Armen etc....
    Indessen wünsche ich, daß Du der Stimme Gehör geben mögest, die Dir unaufhörlich zuruft
    Deines
    Dich liebenden armen, hoffendnen
    und nochmals armen Bruders
    Franz zu erinnern"


    Bevor Leserbriefe einlangen, die Quellenangaben der Bibelzitate sind falsch.

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  • Im vorigen Beitrag wurde ein Brief des 15 jährigen Franz Schubert zitiert, der er an einen seiner Brüder gerichtet war.
    Schubert hatte zeitlebens einen guten Kontakt zu seinen Brüdern., den engsten vermutlich aber zu Ferdinand (1794-1859)
    Ferdinand dürfte den meisten zumindest dem Namen nach bekannt sein, da er nach dem Tod von Franz dessen Nachlass verwaltete.
    Er war ebenfalls Lehrerl, Komponist und Organist, seine Kompositionen waren weitgehend geistlicher Natur, darunter 4 Messen
    Hier zwei Portraits - Das linke ist ein Selbstbildnis, Fersdinand muß also auch Talent zum Malen gehabt haben, das rechte, eine Lithographie von Joseph Kriehuber (vermutlich um 1850) der in der im 19. Jahrhundert quasi alles portraitiert hat, was in Wien Rang und Namen hatte, und glücklicherweise für uns mit Schwerpunkt Komponisten.


    Hier eine Hörprobe der Musik Ferdinand Schuberts


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  • Es ist ja in Kreisen der Freunde der klassischen Musik hinlänglich bekannt, dass Goethe, eine Post mit Vertonung einiger seiner Gedichte unbeantwortet zurückschickte.


    Weniger bekann dürfte hingegen sein, dass Schubert diese Vertonungen gar nicht selbst sandte, sondern einer von Schuberts Gönnern bzw, Freunden, Joseph Edler von Spaun.


    Ich zitiere lediglich auszugsweise Teile des relativ langen Briefes, um zu zeigen warum viele Werke des 19, Jahrhunderts den meisten heute als antiquiert erscheinen, denn es war damals ein ganz anderes Lebensgefühl, Mir gefällt dieser Briefstil, und möge er den P.T. Taminos eine Anregung sein, wie sie in Hinkunft mit ihrem hochwohlgeborenen Adminstrator schriftlich verkehren sollten.


    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ernst Deutsch hat wirklich Hervorragendes in Sachen Schubert geleistet, abgesehen von seinem berühmten Werkverzeichnis hat er zahlreiche Fakten gesammelt. Im Sommer fand ich in einem seiner Bücker zahlreiche Erinnerungen von Zeitzeugen aus Schuberts Bekanntenkreis, jenes Buch, das mir derzeit zur Verfügung steht, hat als thematischen Schwerpunkt seinen Briefwechsel (der weitgehend erhalten ist) und den seiner unmittelbaren Bekannten im Visier, ebenso wie zahlreiche zahlreiche zeitgenössische Kritiken


    "Allgmeine Wiener Tageszeitung" vom 14. März 1818


    Zitat

    Die zweite AAbteilung begann mit einer Wunderlieblichen Ouvertüre von einem jungen Komponisten, Hrn. Franz Schubert, Dieser, ein Schüler unseres hochverehrten Salieri, weiß ketzt schon alle Herzen zu rühren und zu erschüttern. Obwohl das Thema befremdend einfach war, entwickelte sich aus demselben eine Fülle der überraschendsten und angenehmsten Gedanken, mit Kraft und Gewandtheit ausgeführt. Möge uns dieser Künstler doch recht bald wieder mit einer neuen Gabe erfreuen.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Weiter geht es mir den "historischen Augenblicken" die ein wenig Licht in die Biographie Schuberts bringen sollen.
    Es gibt zwar die wunderbaren Bücher von Ernst Deutsch, die aber scheinbar wenig gelesen werden.


    Auf jeden Fall kann ich sagen, daß Schubert "erfolgreicher" und "geschätzer" war als man heute im allgemeinen annimmt.
    WO immer er auch auftrat oder Werke von ihm gespielt wurden, da wurden sie von der Kritik wahrgenommen.


    Wiener Allgemeine Theaterzeitung - 14. März 1818


    Zitat

    Die zweite Abtheiluing begann mit einer wunderlieblichen Ouvertüre von einem jungen Kompositeur, Hrn. Franz Schubert. Dieser, ein Schüler unseres hochverehrten Salieri weiß jetzt schon alle Hezen zu rühren und zu erschüttern. Obwohl das Thema befremdend einfach war, entwickelte sich aus demselben eine Fülle der überraschendsten und angenehmsten Gedanken, mit Kraft und Gewandtheit ausgeführt. Möchte uns doch dieser Künstler doch bald recht wieder mit einer neuen Gabe erfreuen.


    Aus dem kurzen Ausschnit kann man nicht nur sehen, daß die Wiener Kritik (dieser Aufsatz ist kein Einzelfall) Schubert überwiegend wohl gesonnen war und zudem auch, daß gerechterweise auch Salieri wenigstens zu Lebzeiten die verdiente Wertschätzung zuteil wurde: "unser hochverehrter Salieri" !!!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salieri muß zu Lebzeiten über alle Maßen geschätzt worden sein. Die Kämpfe gegen ihn begannen erst, als er sich nicht mehr wehren konnte
    Immer wieder wird auf Theaterzetteln und dergleichen erwähnt. dass Franz Schubert ein Schüler Salieris war.
    Dabei wird er - was in Wien als Kompliment galt oftmals als "Herr von Salieri" genannt.


    Salieri hatte zahlreiche Schüler (dazu in Zukunft mehr im Salieri Thread) und die meisten von ihnen wrden (zumindest zeitwweise) berühmt.


    Hier das Zeugnis von Salieri für Franz Schubert.
    Solche Zeugnissen waren ungemein hilfreich, bei der weiteren Karriere:


    Zitat

    Daß Hr. Franz Schubert die Tonsetzkunst vollständig erlernet, und bereits sowohl für die Kirche als das Theater sehr gute Kompositionen geliefert hat; und daher sowohl in Rücksicht seiner gründlichen Kenntnisse als in Rücksicht seine moralisch guten Charakters, für jeder Kapell-Meisterstelle vollkommen geeignet ist, wird hiermit zu seinem Lobe bestätiget.


    Wien, den 21. September 1819


    Ant. Salieri
    k. k. Hofkapellmeister


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wir begegnen im Zusammenhang mit Schubert einerseit vielen Zeitgenossen, die zwar Insidern und den historisch interessierten Klassikhörern heute noch dem Namen nach bekannt sind, andrerseits auch vielen bekannten Größen der Vergangenheit, die vielleicht bei flüchtigem Hinsehen nicht unbedingt mit Schubert in Verbindung gebracht würde.
    So zum Beispiel Franz Xaver Mozart (1791-1844), einer der Söhne Mozarts, der immer wieder als "Wolfgang Amadeus Mozart II" oder "Wolfgang Amadeus Mozart, Sohn" in Erscheinung trat.


    Aus seinem Reisetagebuch:


    Zitat

    Wien 14. Juni 1820
    Abends sah ich im Kärntnertortheater eine kleine Operette: "Die Zwillingsbrüder" mit Musik des Herrn Schubert, eines Anfängers. Die Komposition hat recht hübsche Sachen, ist aber ein wenig zu ernst gehalten.



    Die Aufnahme ist leider bereits gestrichen
    Interessant daß F.X.Mozart hier den Begriff "Operette" verwendet, die eigentlich noch gar nicht ergunden war - Aber ich findes es trifft es recht gut. Das ist IMO keine Oper, auch keine Spieloper, persönlich würde ich das Werk als "Schubertsches Singspiel" einstufenl Hier ist ein wenig Gartenlaube-Ästhetik vorweggenommen


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 3262

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Franz Schubert war nicht so unterschätzt, wie man heute allgemein zu glauben geneigt ist, hätte er länger gelebt wär er schon zu Lebzeiten hochberühmt geworden, beliebt war er ja schon. Man beachte den Kreis seiner Bekannte, Gönner und Freunde.


    Hier ein Brief vom Steiermärkischen Musikverein an Schubert:


    Zitat

    Euere Wohlgeboren !


    Die Verdienste, welche Sie um die Tonkunst sich bereits erworben haben, sind zu allbekannt, als das der Ausschuß des steiermärkischen Musikvereins nicht auch davon Kunde haben sollte. Indem derselbe Ihnen nun einen Beweis seiner Anerkennung geben will, hat er sie zum auswärtigen Ehrenmitgliede des steiermärkischen Musikvereins aufgenommen, worüber im Anschluß das diesfällige Diplom nebst einem Exemplar der Gesellschaftsstatuten mitfolgt:


    Vom Ausschusse:
    Kalchberg, Jenger


    über die beiden Unterzeicneten folgen demnächst kurze biographische Notizen


    mfg aus Wien
    Alfred


    clck 3296

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  • Ich finde es ganz interessant, darauf hinzuweisen wo "der arme Schubert" seine Freunde, Gönner , Förderer und Sympathisanten hatte:
    Hier eine Kurzbiographie (ausführlicher bei WIKIPEDIA)
    eines der der Unterzeichneten des Brieges des Steiermärkischen Musikvereines;


    Johann Ritter von Kalchberg (1765 -1827 lat WIKI) (1765-1837 laut österreichischen Quellen) war ein österreichischer Schriftsteller, Historiker und Politiker.


    Er stammte aus bester Familie, wurde auf Schloß Pichl geboren. bekam Privatumtericht, studierte Jus kam in den Staatsdienst.
    diesen verließ er inde nach kurzer Zeit um sich seinen literarischen Arbeiten hingeben zu können (historische Studien und Theraterstück) Er verkaufte Schloß Pichl und erwarb stattdessen einige Güter, wo er seine Arbeit in Ruhe erledigen konnte-
    Er war befreunder mit Erzherzog Johann von Österreich und verkehrte mit zahlreichen Prominente seiner Zeit


    Er war Mitbegründer des Grazer Joaneums
    Zeitweise bekleidete er folgende Positionen:


    Erster Vertreter des Ritterstandes der Steiermark.
    Direktor der ständischen Kanzlei
    Mitglied der Theater-Oberdirektion und Theaterzensor.
    Mitglied der Arkadischen Gesellschaft zu Rom
    Mitglied der Deutschen Gesellschaft zu Jena.
    Begründer des steiermärkischen Lesevereins
    Begründer des steiermärkischen Musikvereins
    Begünder und Mitarbeiter der „Steiermärkische Zeitschrift“
    Verfasser zahlreicher Dramen


    _____________________________________
    Schuberts Karriere war also quasi vorprogrammiert, aber der frühe Tod macht diese Hoffnung zunichte.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier noch ein kleiner Exkurs, wie fein man in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts sprachlich differenzierte


    Die Urkunde des steiermärkischen Musikvereines wurd sowohl an Schubert, als auch an Beethoven zeitnah ausgestellt und enthielt in etwa denselben Wortlaut- Lediglich ein paar Passagen differierten.


    Auf der Urkunde für Schubert:


    Zitat

    Euer Wohlgeboren,


    in voller Würdigung ihrer bereits allgemeim anerkannten Verdienste als Tonkünstler und Tonsetzer ......


    Auf der Urkunde für Beethoven:


    Zitat

    Euer Hochwohlgeboren,


    würdigend die Hochverdienste des grössten Tonsetzers unseres gegenwärtigen Jahrhunderts......


    man beachte den feinen Unterschied, wobei die Wertsachätzung Schuberts in Anbetracht aud sein damals jugendliches Alter schon beachtlich war. Übrigens ist die Anrede geschlechtsneutral - man war offenbar der Zeit voraus....und formulierte noch wesentlich eleganter als heute


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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