Orchesterfassungen von Klavierliedern

  • Hallo Rheingold1876, wenn du ein gebrauchtes auch akzeptierst, gibt es beim Marketplace schon für 0,50 Cent.


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    Ich habe auch die gebundene Ausgabe, der Schutzumschlag mit dem Hugo Wolf Portrait!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Danke, Fieso, für den Hinweis. Ich habe das Buch bestellt, weil ich keinerlei Berührungsängste mit gebrauchtem Druckwerk habe.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Um auf den Gegenstand dieses Threads zurückzukommen ...
    La Roche hat - oben in Beitrag 28 - zwei Versionen des Strauss-Liedes „Morgen“ hier eingestellt, die Original-Klavierliedfassung und eine instrumentierte, und um Stellungnahme gebeten. Ich weiß nicht, von wem die Instrumentierung stammt, aber das vergleichende Hören brachte für mich eine Erkenntnis, die durchaus von Relevanz für die Grundfrage ist, um die es – jedenfalls für mich – hier geht. Die Frage nämlich, was eine Orchestrierung bzw. Instrumentierung mit einem Lied anrichten kann, das originär als Klavierlied konzipiert und komponiert ist.
    Das kann mit einer Verfehlung, ja sogar einer Verfälschung seiner musikalischen Aussage einhergehen, wie das gerade bei dem Wolf-Lied „Heimweh“ sinnfällig wurde. Das muss es aber durchaus nicht immer. Und dieser Fall des Strauss-Liedes „Morgen“ zeigt das, - und lässt zugleich die Gründe dafür erkennen.


    Die Instrumentierung verfälscht - so wie ich das sehe - in diesem Fall die Klavierlied-Fassung nicht. Und ohne dass ich mich nun auf eine musikanalytische Begründung einlassen möchte und kann, würde ich sagen: Das liegt am Wesen und an der spezifischen Eigenart der jeweiligen Musiksprache.
    Während diese sich bei Hugo Wolf aus der wesenhaft dialogischen Interaktion von Melodik und Klaviersatz konstituiert, ist das bei Richard Straus anders. Hier agiert das Klavier primär als die Singstimme begleitendes, ein klangliches Fundament bietendes und sie dabei als in ihrer Aussage unterstützendes, akzentuierendes und dimensional erschließendes Instrument.
    Und das hat zur Folge, dass das Lied in seiner musikalischen Aussage nicht geschädigt, oder diese gar verfehlt wird, wenn ein Instrumenten-Ensemble an die Stelle des Klaviers tritt.

  • Orchesterfassung: Pumeza Matshikiza, Aarhus Symfonieorkester



    Ich möchte Helmut zustimmen: die Orchesterfassung hat die Tendenz, von der Stimme abzulenken, sie weicher einzubetten.


    Nun ist das Stück ein eher weiches, ohne große Überlagerungen wie bei Stücken, die weiter oben diskutiert wurden. Dennoch würde ich die Klavierfassung vorziehen, sie ist klarer, strukturierter, "kantiger", und sorgt somit dafür, daß die Stimme nicht noch weiter in einem Vanille-Klangpudding versinkt.

  • Um auf den Gegenstand dieses Threads zurückzukommen ...
    La Roche hat - oben in Beitrag 28 - zwei Versionen des Strauss-Liedes „Morgen“ hier eingestellt, die Original-Klavierliedfassung und eine instrumentierte, und um Stellungnahme gebeten. Ich weiß nicht, von wem die Instrumentierung stammt ...


    R. Strauss selbst 1897 die Orchesterfassung des Liedes "Morgen!" erstellt, drei Jahre nach der Klavierversion.
    Insgesamt 24 seiner Klavierlieder hat Strauss orchestriert. "Morgen" ist eines der ersten, und die Orchesterfassung entstand für eine Konzert-Tournee mit seiner Frau Pauline.


    LG
    orsini

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Vielen Dank, lieber orsini, für diese Information! Als ich den obigen Beitrag verfasste, war ich mir unsicher, weil ich diese Fassung des Liedes noch nicht gehört hatte. Ich kannte nur die für Singstimme und Klavier.


    Die Orchestrierung von Klavierliedern – eigenen und solchen von anderen Komponisten – wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem regelrechten Trend. Und es ist erklärlich, woher er kam: Das Lied hatte den bildungsbürgerlichen Salon verlassen und die Bühne erobert. Dafür aber war es als Klavierlied eigentlich nicht gemacht, also begann man es zu instrumentieren, auch wenn man sehr wohl wusste, dass man es damit nicht nur seines Wesens, sondern in vielen Fällen sogar seiner sich aus dem Dialog zwischen Singstimme und Klavier sich konstituierenden musikalischen Aussage beraubte.


    Dass es den Komponisten bei der Orchestrierung letzten Endes um die öffentliche Breitenwirkung auf der großen Bühne und vor dem großen Publikum ging, dafür gibt es viele historische Quellenbelege. Gerade am Beispiel des Liedes „Morgen“ von Richard Strauss kann man das sehr schön sehen. Er plante im November 1897 eine Tournee, zu der er seine Frau mitnahm. Für diese musste er aber ein entsprechendes Repertoire zusammenstellen. Also kündigte er in einem Brief an Joseph Dupont an, er werde „eigens für Brüssel“ vier Lieder instrumentieren. Das erste davon war „Morgen“.


    Die Aufführung, die dann später (am 28. 11.1897) im Théâtre Châtelet in Paris stattfand, wurde, wie Strauss seinem Vater vermeldete, „ein kolossaler, für Paris sensationeller Erfolg“. Und er fährt in seinem Brief fort: „Pauline hat sehr gefallen und mußte >Morgen< auf stürmisches Verlangen unter der Reihe wiederholen! Nach den zwei Liedern dreimaliger Hochruf.“


    Die Orchestrierung vieler seiner Klavierlieder war bei Strauss offensichtlich stark persönlich und privat motiviert. Er selbst berichtet im Alter, dass Pauline mit diesen eigens für sie geschaffenen Orchesterfassungen in Madrid, Barcelona. Berlin, Amsterdam, Frankfurt, Köln und anderen Städten großen Erfolg hatte. Und man darf davon ausgehen, dass dieser Erfolg auf großer Bühne wohl mit Klavierliedern nicht in dieser Weise zu erzielen gewesen wäre, - was Strauss natürlich wusste. Seine diesbezüglichen Erfahrungen bei der Tournee mit den ersten Orchesterliedern waren eindeutig.