Premiere Freischütz Leipzig 04.03.2017

  • Da musst du genauer lesen. Ich habe nirgendwo behauptet zu der Riege der versierten Rezensenten zu gehören. Im Gegenteil, in einem Beitrag weiter oben habe ich ganz klar gesagt, dass meine Rezensionen definitiv NICHT unparteiisch sind. Ich mag das doofe Regietheater nun mal nicht. Und da mache ich auch keinen Hehl draus. Nur anders, als so mancher Regietheaterjünger hier, stehe ich auch ganz offen zu meiner Meinung und verbräme sie nicht. Insofern: s. u.

  • Die subjektive Meinung eines Rezensenten oder Kritikers ist im Prinzip völlig unerheblich, wenn es um die Bewertung einer Kritik als gut oder schlecht oder niveauvoll oder niveaulos geht. Ich lese Kritiken eines Joachim Kaiser auch dann mit Interesse, wenn ich völlig anderer Meinung bin. Seine Kritiken haben eben objektiv Niveau - sind sachlich fundiert, bemühen sich, einer Sache gerecht zu werden usw. Ich muss freilich nicht alle Veraussetzungen eines Joachim Kaiser teilen. Eine Kritik darf sehr wohl parteiisch oder euphorisch sein, aber auch da ist letztlich nur entscheidend, ob die Parteinahme oder Euphorie mit Niveau geschieht oder nicht. Wenn Polemiker, die sachlich im Grunde so gut wie nichts zu sagen haben, sich gegen sachliche Kritik damit herausreden, dass alles ja nur "subjektiv" sei, dann ist das nur ein peinliches Zeichen von Bequemlichkeit und Denkfaulheit. Denn für Qualität gibt es immer objektive Kriterien.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Gerhard,
    lieber La Roche,


    Bei der Rheinoper überlegen sie tatsächlich noch mal den schönen Freischütz ins Repertoire zu nehmen. Das sind doch mal gute Nachrichten. Erinnere mich noch genau an die Rezensionen bei der Premiere. Die waren von einer ganz anderen Qualität als die Rezensionen heute.


    Ich halte euch auf dem Laufenden. Daumen drücken.


    Liebe Grüße,


    Knuspi

  • Da musst du genauer lesen. Ich habe nirgendwo behauptet zu der Riege der versierten Rezensenten zu gehören. Im Gegenteil, in einem Beitrag weiter oben habe ich ganz klar gesagt, dass meine Rezensionen definitiv nicht unparteiisch sind.


    Wie schon gesagt, kann eine Rezension meiner Meinung nach durchaus parteiisch und unverbrämt sein, aber trotzdem ausgewogen und um eine faire Würdigung des Gehörten und Gesehenen bemüht. Aber ich hatte Dich tatsächlich falsch verstanden, weil ich dachte, dass Du Dich selbst als besseres Beispiel gegenüber den nach Deiner Meinung "nicht ernst zu nehmenden" Besprechungen Holgers betrachtest.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nee, die Zeiten sind vorbei. Dafür habe ich zu oft Regietheater goutieren müssen. Bei mir ist der Ofen dafür gänzlich aus und ich reagiere total allergisch darauf, wenn jemand dafür Werbung macht und es als objektive Rezension verkauft.

  • Um die Gemüter etwas abzukühlen und zur Vermeidung unerfreulicher Streitereien hier das Beispiel einer objektiven und ausgewogenen Rezension, die zudem den hohen Bildunngsgrad heutiger Feuilletonredakteure beweist:


    "Tristan und Isolde im Staatstheater Posemuckel", Rezension des Posemuckeler Stadtanzeigers.


    Gestern abend fand in unserem Staatstheater die Premiere zur Saisoneröffnung statt: Tristan und Isolde des berühmten schlesischen Komponisten R. Wagner.
    Regie führte die Generalintendantin Frau Polit-Versager selbst.


    Aus Ersparnisgründen war die Bühne bis auf einige Küchenstühle völlig leer, die Beleuchtung bestand aus drei 25-Watt-Glühlampen: eine geniale Regieidee, die zudem dem verständlichen Ruhebedürfnis des Publikums entgegenkam.
    (die Leser werde sich erinnern: der Neubau des Staatstheaters hat statt 60 Mio. 1,3 Milliarden Euro gekostet. Auf einer Pressekonferenz meinte der Geschäftsführer der amerikanischen Baufirma Trump auf die Frage nach der nicht unerheblichen Kostensteigerung, man solle keinen Bullshit reden, wir Journalisten sollten nach USA kommen, sein Boss biete kostenlose Ferien in einem Urlaubsresort auf Kuba an für alle, die zu viel fragen würden).
    Da zur Inszenierung nichts weiter berichtet werden kann, auch eine Personenregie nicht stattfand, da die Sänger auf den Stühlen sitzend ins Publikum gröl.. eh sangen, nun zur musikalischen Seite der Premiere.


    Die Rollen der Brangäne, Hirt und Seemann sowie Melot hatte man aus Kostengründen gestrichen, Kurwenal war eine stumme Rolle, alle Sänger traten in Freizeitkleidung (bzw. solcher aus einem Textilcontainer) auf. Der Chor wurde von drei Graupapageien vertreten.


    Die Isolde wurde von einer jungen , rel. unbekannten Schwedin namens Birgit Nilsson gesungen. Das schmale Persönchen mit seinem lyrischen Sopran erreichte allerdings kaum die hinteren (allerdings noch nicht ganz fertiggestellten) Teile des Zuschauerraums.
    Dafür sang der hünenhafte Fritz Wunderlich den Tristan mit seinem lupenreinen Heldentenor umso lauter und gewaltiger.
    König Marke wurde gegeben von einem gewissen Boris Christoff. Hier handelt es sich eher um einen lyrischen Bariton mit nur geringer Tiefe.


    Unser Orchester bemühte sich redlich, wobei es sich als etwas erschwerend erwies, daß es zur Kostenersparnis auf 40 Mitglieder reduziert worden ist.


    Der neue Generalmusikdirektor, ein Tscheche namens Gustav Mahler, hatte Mühe, seinen riesigen 2-Meter- und drei Zentner-Körper überhaupt in der Orchestergraben zu zwängen. Er dirigierte extrem langsam, allerdings nicht das, was seine Musiker spielten. Der Tristan scheint ihm nicht sehr zu liegen, was nicht verwundert, da er bekanntlich am liebsten Operetten und Karnevalslieder komponiert.


    Nach dem herzlichen Applaus hatte das Publikum etwas Probleme, ins Freie zu gelangen, da nach einem Beschluß der Stadtverwaltung alle öffentliche innere und äußere Beleuchtung um 20.00 Uhr ausgeschaltet werden muß. Man sah daher auch die Künstler während eines Großteils der Aufführung nicht mehr, das Orchester hatte immerhin Taschenlampen.


    Insgesamt ein wunderbarer Abend!

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • "Tristan und Isolde im Staatstheater Posemuckel", Rezension des Posemuckeler Stadtanzeigers.

    Herrlich. Danke für diesen Artikel. Letzte Frage: Wo zum Teufel liegt Posemuckel? Würde sofort hinfahren, wenn sie auch "Die Frau ohne Schatten" aufnehmen würden.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hallo La Roche,


    ich fürchte, daß Posemuckel heutzutage näher liegt, als man meint!
    Bei der Frau ohne Schatten würde bei diesem Staatstheater allerdings nicht der Kaiser, sondern eher das Publikum "versteinen".


    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Hallo !


    Ich kenne die Leipziger Aufführung. Das szenische Konzept beeindruckte sehr stark und sie war auch handwerklich gut gemacht..
    Dennoch Gratulation an Misha für seine skeptische und kompetente Rezension.
    Vielen Dank !


    Andererseits irritieren manch andere Beiträge. So z.B. Nr. 41 von einem User, der diese Aufführung überhaupt nicht besuchte. Er möge bitte nicht zürnen, wenn seiner Behauptung entschieden zu widersprechen ist:


    Auch ich bedanke mich herzlich für den sachlichen Bericht, der mich nicht zum Widerspruch reizt. Im Gegensatz zu den Rezensionen vom Doktor, wo ich mir immer beim Lesen wie bei einer Kaffeefahrt für "Regietheater, es lebe hoch" vorkomme.


    Stimmenliebhaber ich finde es absolut schräg, dass die Leipziger Neuinszenierung bereits als konservativ bezeichnet wird. Die Saat ist wirklich aufgegangen.


    Denn dieser Beitrag zeugt eher von Erfahrungen und Kompetenzen im Bereich Kaffeefahrten, aber weniger von Oper. Er trifft nicht den Gegenstand, also den Freischütz in Leipzig, weil man mit simplifizierenden Allgemeinplätzen (konservativ vs. modern) dieser Aufführung keinen Deut näher kommt.
    Um Auswüchse des Regietheaters zu beleuchten, bleiben einem die konkrete Auseinandersetzungen mit der Sache und genaue Argumentation nicht erspart.


    Herzliche Grüße
    Octavian

  • Lieber Gast,


    Dir seien solche Äußerungen vorerst verziehen. Da Du den Verdasser Deines Zitates nicht kennen wirst, wird Knusperhexe Dir sicher auch verzeihen. Aber jemanden, der die Untaten mancher Regisseure eben nicht so mag wie Du, der sollte Andersdenkende nicht als Kaffeefahrtexperte bezeichnen. Knusperhexe hat vielleicht mehr Erfahrungen mit der Oper als Du.



    Kleine Anmerkung von mir. Ich komme aus Gera, und ich meide die Leipziger Oper seit Konwitschnys Zeiten wie die Pest. Das Opernhaus hat selbst unter Leipzigern keinen guten Ruf. Da ändert auch eine stilgerechte Inszenierung wie die wiederentdeckte Gounod-Oper (die ich mit Vergnügen gesehen habe) nichts, wie man an der jetzt verunstalteten Salome sehen kann.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Werter Octavian,


    hast Du die Kaletha-Äußerungen gelesen, u. a. zum Faust in Münster? Denn dessen Schreibstil kritisierte ich und nicht die Rezension von Misha hier, die ich sogar ausdrücklich lobte, s. Beitrag 55.


    Lieber La Roche,


    Danke für die Blumen. Das Kompliment gebe ich gerne zurück und hoffe immer noch, dass Du Dich mal wieder ins Rheinland verirren möchtest.


    Herzlichst,
    Knuspi

  • Hallo,


    vielen Dank für Eure Antworten !


    Knusperhexe
    ich habe die Äußerungen zum Faust in Münster inzwischen gelesen. Ich kenne diese Aufführung genauso wenig wie ihr. Der darin wohlwollende, aber sachliche Tonfall lässt jedoch jede Analogie zu Anpreisungen auf Kaffeefahrten oder Haustürgeschäften als völlig unsinnig erscheinen.
    Erfreulich deine Zustimmung zu Mishas Rezension. Weniger gelungen deine Invektive über „Regietheaterjünglinge“. Wer sollen die überhaupt sein ? Und ich betrachte mich weder durch Feuilletonisten noch durch Opernbegeisterte mit besonderer Affinität zum Regietheater manipuliert.


    @ La Roche
    Es gibt Inszenierungen von Konwitschny die mich sehr verärgerten, aber auch einige, die einen nachhaltig positiven Eindruck hinterließen, selbst wenn ich dem Regietheater eher reserviert gegenüberstehe. Keiner muss diese Arbeiten mögen. Aber die pauschalierende Abqualifizierung „Untaten“ verwundert, weil sie rationale Diskussionsebene verlässt, die aber unverzichtbar bleibt, um kritikwürdige Auswüchse des Regietheaters der Sache nach zu beleuchten.


    Herzliche Grüße
    Octavian

  • Lieber Octavian,


    mir reicht es eben, im Theater unterhalten zu werden, und zwar von toller Musik, guten Sängern, einem klasse Orchester, manchmal eben auch von Klamauk (Du als Octavian wirst Dich ja im Rosenkavalier bestens auskennen). Und in dieses Klischee paßt ein Regisseur nicht, der Rigoletto unter Affen placiert, Teile des Rings auf die Route 66 verlegt, Lohengrin unter Ratten ansiedelt oder Tannhäuser in eine Biogasanlage. Das will ich nicht sehen. Ich will nicht sehen müssen, was sich ein Regisseur ausgedacht hat, ich will sehen, was der Komponist, der Librettist sich zum Werk hat einfallen lassen, und nicht wie der Regisseur das interpretiert. Ein Regisseur hat in meinen Augen kein Recht dazu, ein Stück umzugestalten.


    Du wirst Dir sicher auch keinen gelben Hosen anziehen, dazu ein grünes Sakko mit blauem Schlips auf rotem Hemd, dazu als Krönung noch weiße Socken und Sandalen, weil Dir das sicher nicht gefällt. Du wärest in meinen Augen eine Parodie, ein Clown, kurz eine lächerliche Person (ich hoffe, ich habe Deinen Kleidungsstil nicht beschrieben). Und genauso ist eine derartige parodierte Oper weit weg von dem, was ich mir unter Rigoletto, dem Ring, Lohengrin oder Tannhäuser vorstelle. Das will und kann ich nicht sehen, dafür ist mir jeder Pfennig zu schade. Um das beurteilen zu können, dazu reichen mir Trailer oder Bilder, die glücklicherweise im web vorhanden sind und mir unnötige Geldausgaben verhindern. Lieber ziehe ich meinen dunklen Anzug an und meine Frau ihre guten Sachen mit schicken Schuhen und gehe essen.


    Um nochmals auf Konwitschny zu kommen. Was hat die Csardasfürstin mit dem 1. Weltkrieg zu tun, was der Lohengrin mit einer Schulklasse? Ich müßte nachlesen, welche Zerstörungen an unserem kulturellen Erbe dieser Mann noch vorgenommen hat, denn um mir solche Sachen zu merken, ist mir jede Gehirnwindung zu schade. Ich habe 12 Jahre lang das "Opernglas" gelesen, bis ich vor lauter Enttäuschung über die Entwicklung der Opernszene das Blatt abbestellt habe. Aber es hat gereicht, mit dem Namen Konwitschny unangenehme Assoziationen zu verbinden. Das haben offensichtlich viele Leipziger auch so gesehen, denn die Flucht aus dem Opernhaus war nach seiner Ernennung als Opernchef nicht zu übersehen, genau wie die Zahl der Abonenten nach seinem Rausschmiß wieder anstieg. Sicher hat er auch seine Fans, und die sind dann in jeder Premiere dabei und schreien Hurra. Zu denen gehöre ich nicht. Ich will Hurra schreien, wenn eine Inszenierung nach meinem Geschmack ist. Aber leider gibt es dazu kaum noch Anlaß in Deutschland. Und deshalb fährt Chrissy (und nicht nur er) nach Liberec.


    Herzlichst La Roche (der in der Strauss-Oper Capriccio über Theatermacher sagt "Sie höhnen das Alte, aber sie schaffen nichts Neues.")

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber LaRoche,


    Ich kenne nicht den Rigoletto von Doris Dörrie, sondern bloß die Cosi fan tutte, die ich überhaupt nicht interessant fand. Zu welchen Zeitpunkten bzw. Gelegenheiten inszenierten Doris Dorrie, Sebastian Baumgarten, Hans Neuenfels oder Frank Castorf den Rosenkavalier ?


    Was der Komponist oder der Librettist für szenische Vorstellungen gehabt haben, bleibt selbst bei sehr ausführlichen Szenenanweisungen, wie im Falle von Schrekers Gezeichneten so dunkel, dass Regie zwangläufig zur Interpretation wird. Natürlich ist keiner verpflichtet, diese Interpretationen gut zu heißen.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass neben der Musik und dem Text auch Regiearbeiten zu komplex sind, als dass ein Trailer bzw. Bilder überhaupt einen angemessener Eindruck vermitteln können. Oft werden bestimmte szenische Zusammenhänge sogar erst während eines zweiten Besuchs sinnfällig.


    Den Lohengrin von Neuenfels habe ich auf DVD gesehen. In vielen Teilen stehe ich zu dieser Arbeit in Distanz . Aber die Bezeichnung lächerliche Parodie wird dem nicht im Entferntesten gerecht, selbst wenn ich mit dem Inszenierungsstil von Hans Neuenfels bloß wenig anfangen kann.

    Zu deiner Anmerkung über Peter Konwitschny.
    Dein Beitrag qualifiziert ihn als „Zerstörer des kulturellen Erbes“ ab (was ich allerdings für komplett falsch halte). Gleichzeitig wird von dir eingeräumt, mit seinen Arbeiten nur im geringen Maße vertraut zu sein.
    Wie passt das denn zusammen ?


    Dabei geht es gar nicht um Lobhudeleien für Konwitschny, sondern ob es gelingt, berechtigte Einwände gegen unerfreuliche Auswüchse des Regietheaters auf eine sachliche Ebene zu transformieren.


    Herzliche Grüße
    Octavian

  • Du liegst falsch Octavian. Leider. Denn ich musste mir den Münsteraner Käse reinziehen. Und wenn Dir die werbenden Adjektive nicht auffallen in den PR- Texten Kalethas, dann ist das eben so.

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  • Hallo !


    Ich kenne die Leipziger Aufführung. ..Dennoch Gratulation an Misha für seine skeptische und kompetente Rezension.
    ......


    Da ich ein notorischer Nörgler und Misanthrop bin, ist mein Bericht keineswegs skeptisch sondern fast schon enthusiastisch.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • GAST - Octavian schrieb an La Roche gerichtet:


    Zitat

    Zu deiner Anmerkung über Peter Konwitschny.
    Dein Beitrag qualifiziert ihn als „Zerstörer des kulturellen Erbes“ ab (was ich allerdings für komplett falsch halte). Gleichzeitig wird von dir eingeräumt, mit seinen Arbeiten nur im geringen Maße vertraut zu sein.
    Wie passt das denn zusammen ?


    (Vollzitat war hier erforderlich)
    Ich finde das passt ganz gut zusammen. Wenn ich beispielsweise 3 Werke von Ligeti gehört habe, dann weiß ich daß mir ein 3.4. oder weiteres auch nicht gefallen wird.
    Ähnlich ist das auch bei Regisseuren. Was immer Konwitschny machen wird - es wird mir nicht gefallen, denn ein Zeffirelli oder Hampe wird nie aus ihm.
    Zudem ist es eine Frage wo man den "Knackpunkt" ansetzt. Ich will mich gar nicht mit der Gedankenwelt des Herrn Konwitschny auseinandersetzen (sein Name steht hier stellvertretend für all die anderen "Bearbeiter" von klassischen Opern) - sondern mich in eine vergangene Welt hineinversetzen lassen.
    Schon die "saubere" Transferierung einer Oper, die im (beispielsweise) 18. Jahrhundert angesiedelt ist ist mit zuwider und ein Ausschlussgrund sie zu sehen, ganz einfach deshalb, weil hier der Reiz des Werkes verlorengeht. Die Episode in mit dem Magnetstein, der da Tote zum Leben erweckt. ist eine Anspielung auf Dr. Mesmer einen Arzt und mutmaßlichen Scharlatan, der mittels "Magnetismus" Krankheiten zu heilen versprach und - wie immer in solchen Fällen - polarisierte.
    Es findet sich zudem in der Figur der Despina eine Parallele zu Molieres Toinette in "Le Malade imaginaire", die dort ebenfalls als Arzt verkleidet ihre Bosheiten verbreitet. Wenn das alles fehlt - nimmt man der Oper viel von ihrem Zauber - ich würde sagen, sogar das Hauptsächliche.
    So gesehen ist es nicht notwendig jede Inszenierung zu kennen, die man ablehnt. Das Argument, mann solle sich alles erst genau ansehen, bevor man es verdammt, ist eine trickreiche Idee der Involvierten Regisseuer und Intendanten, denn auf diese Weise würden sie in jedem Fall die Karten verkaufen.....


    Um es vereinfacht auszudrücken: Ich weiß, daß ich Lamm nicht mag, da brauche ich erst gar nicht neue Rezepte auszuprobieren....


    Beste GRüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • GAST - Octavian schrieb an La Roche gerichtet:


    . Wenn ich beispielsweise 3 Werke von Ligeti gehört habe, dann weiß ich daß mir ein 3.4. oder weiteres auch nicht gefallen wird.
    Ähnlich ist das auch bei Regisseuren. Was immer Konwitschny machen wird - es wird mir nicht gefallen, denn ein Zeffirelli oder Hampe wird nie aus ihm.
    .....


    Da liegst Du diesmal falsch. Ich habe auch so gedacht, bis ich die wunderbar stimmungsvolle,"werkgetreue" Bohème in Konwitschnys Inszenierung in Leipzig gesehen habe.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Liebe Knusperhexe,


    werbende Adjektive halten sich im Eröffnungsbeitrag im üblichen Rahmen und beziehen sich sogar überwiegend auf den musikalischen Bereich. Die Kennzeichnung einer Aufführung als „ein gelungenen, glücklichen Opernabend“ weisen keine Gemeinsamkeit mit aggressiven verkaufsfördernden Gebaren auf Kaffeefahrten (wie sie in TV-Reporten gesendet werden) auf. Dass Du die Aufführung ebenfalls besucht hast, lassen Deine sehr rudimentäre wiedergegeben Eindrücke in Nr. 2 auf den ersten Blick leider nicht erkennen. Im Beitrag Nr. 17, der im Verhältnis zu Nr. 2 eingehender auf die Regie eingeht, beschränken sich „werbende“ Adjektive lediglich auf „gut herausgearbeitete Kontraste“. Das alles hat nun mit Kaffeefahrten oder Haustürgeschäften überhaupt nichts zu tun. Folglich ist in deinem Posting keinerlei Nachweis einer Kaffeefahrt-Attitüde zu finden.


    Lieber Alfred Schmidt,


    mit moderner Musik habe ich nicht sehr viel am Hut. Da kann ich nicht mitdiskutieren.


    Du operierst mit deinem persönlichen Geschmack. Z.B. Ich mag keinen Haydn, ich kann mit Neuenfels Regiestil nichts anfangen. usw. Auf dieser Ebene bleiben Ablehnung oder Zustimmung problemlos nachvollziehbar.


    LaRoches Titulierung Konwitschnys als „Kulturzerstörer“ beansprucht dagegen Objektivität; jenseits subjektiven Geschmacks. Wie kann aber über einen Gegenstand der Erkenntnis eine sinnvolle Aussage getätigt werden, die Allgemeinheit beansprucht, wenn dieser einem nicht oder nur unzureichend vertraut ist ? Insofern ist die Frage, wie das zusammenpasst, weiterhin unbeantwortet.


    Es wurde auch nicht gefordert, dass man jede Inszenierung kennen muss, um sich dafür zu interessieren. Da bin ich auch ganz bei Dir. Sondern ich hob lediglich die Tatsache hervor, dass eine kurze Videosequenz keinen adäquaten Eindruck einer komplexen Regiearbeit vermittelt. Das gilt gleichfalls für Inszenierungen von Zeffirelli, Götz Friedrich oder Walter Felsenstein.


    Der Wunsch, sich in vergangene Welt hineinzuversetzen ist nachvollziehbar. Aber das was wir im Opernhaus erlebten und erleben, ist nicht die Vergangenheit der Komponisten, auch nicht in den Arbeiten von Felsenstein oder Zeffirelli. Denn auch deren ästhetische Welt ist nicht mit der Mozarts oder Verdis gleichzusetzen. Unsere Erfahrung, Hör- und Sehgewohnheiten bleiben an Gegenwart gekettet. Instrumente, Bühnentechnik bis hin zur Beleuchtung von 2017 sind anders als im 18. oder 19. Jahrhundert. Möglicherweise sehnen sich viele retrospektiv orientierte Opernbesucher nach Inszenierungen aus ihrer eigenen persönlichen Vergangenheit. Die ist aber ebenso wenig identisch mit der von Mozart oder Strauss.


    Lieber Misha,


    ich hoffe, ich bin Dir mit meiner ersten Rückmeldung nicht zu nahe getreten.


    Herzliche Grüße
    Octavian

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: So gesehen ist es nicht notwendig jede Inszenierung zu kennen, die man ablehnt. Das Argument, mann solle sich alles erst genau ansehen, bevor man es verdammt, ist eine trickreiche Idee der Involvierten Regisseuer und Intendanten, denn auf diese Weise würden sie in jedem Fall die Karten verkaufen.....

    Lieber Alfred,


    das ist durchaus wahr, und dass man für den Müll, den einige Regisseure verursachen, auch noch Geld ausgeben soll, sehe ich durchaus nicht ein. Ebenso wenig, wie ich für solche Übertragungen im Fernsehen noch meine kostbare Zeit verschwenden will.
    Dass man nur urteilen kann, wenn man dem Mist gesehen hat, ist natürlich nur eine gesuchte Behauptung, wenn Argumente fehlen. Ich habe mir früher manche Opernverunstaltung im Fernsehen angesehen, dann in Einzelheiten mein Urteil abgegeben und diejenigen, die dieses Regisseurstheater befürworten um Erklärungen und klare Begründungen gebeten, worin sie den größeren Wert dieser Regiemätzchen sehen und warum auf diese Weise ein Kunstwerk zerstört werden muss. Eine plausible Begründung dafür habe ich nie erhalten. Hinweise auf Zitate aus irgendwelchen philosophischen Werken nützen mir nichts, sie gehen mich nichts an, denn ich bilde mir meine Meinung sebst und brauche mich nicht hinter irgendwelchen (dazu oft nicht zeitnahen) Schriften zu verstecken. Und so erwarte ich auch eine eigenständige Erklärung, aus welchen Gründen solche Mätzchen wie Orts- und Zeitversetzung oder gar die totale Entstellung der Handlung sein müssen. Diese Antwort fehlt mir bis heute.
    Stattdessen wird die Zerstörung von Kunstwerken als neue Art "Kunst" bezeichnet und diejenigen, die so etwas nicht als Kunst ansehen können, als unwissend, dumm, "Kunstbanausen" abqualifiziert. Diese Vokabeln gebe ich gerne an jene zurück, die die Zerstörung von Kunstwerken gutheißen. Ich habe nichts gegen moderne authentische Kunst (auch in der Musik) - ob ich sie mag oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Ich habe aber etwas gegen die Hochstilisierung einer Erscheinung, die von einigen als "Kunst" bezeichnet wird, die in Wirklichkeit fremde Kunstwerke zertrümmert. Und ich denke, ich habe als Zuschauer das Recht, das angekündigte Werk auch zu sehen, für das ich mein Geld ausgebe, nicht irgendein gefälschtes Produkt. Und ich habe das Recht, meine Meinung zu dem gefälschten Produkt dazu klar und deutlich zu sagen.
    Ich finde es schon grotesk (ohne dass ich mich selbst davon in irgend einer Weise berührt fühle), wenn von einigen die Verurteilung dieses modischen Inszenierungstils als Affront gegen Personen aufgefasst wird, sie selbst sich aber Affronts wie die schon genannten gegen anders denkende Mitdiskutierende erlauben.
    Was das Ansehen dieser Inszenierungen betrifft, kann ich nur sagen, dass es heutzutage genug Informationen gibt, um zu erkennen, ob es sich um das echte Werk oder eine Zerstörung des Werks unter Missbrauch des Textes und der Musik handelt. Dazu genügt eine Beschreibung dessen, was ein Regisseur daraus gemacht hat oder auch Bilder, die schon erkennen lassen, dass es hier nicht das Werk ist, das ja in einem völlig anderen Umfeld und zu einer völlig anderen Zeit spielt. Und da lasse ich mich doch nicht von dem als Lockmittel verwendeten Autor und Titel verführen und werde ich doch nicht mein Geld dafür "aus dem Fenster werfen", dass ich mich einen Abend lang über diesen Unsinn ärgere und verbittert nach Hause gehe. Selbst geschenkt ist mir immerhin meine Zeit dafür zu schade (was ja auch für Fernsehübertragungen gilt).


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • ..........
    Lieber Misha,


    ich hoffe, ich bin Dir mit meiner ersten Rückmeldung nicht zu nahe getreten.


    Herzliche Grüße
    Octavian


    Keine Sorge, ich gehöre zu den weitgehend Unempfindlichen in diesem Forum. Ist berufsbedingt ;)

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Was immer Konwitschny machen wird - es wird mir nicht gefallen, denn ein Zeffirelli oder Hampe wird nie aus ihm.


    Das wäre gewiss das Letzte, was Konwitschny will - ein Zefirelli oder Hampe werden. Die gibt es doch schon. ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Was immer Konwitschny machen wird - es wird mir nicht gefallen,

    Lieber Alfred,


    auch ich habe eine Allergie gegen den Namen Konwitschny (und ähnlichen Regisseuren) ähnlich dem alten Sprichwort "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er dreist die Wahrheit spricht". Dazu müsste er sich vollkommen wenden und erst eine Reihe werktreuer Inszenierungen auf die Beine bringen, ehe ich es wagen wollte, in eine seiner Inszenierungen hinein zu gehen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat von »La Roche«
    Was hat die Csardasfürstin mit dem 1. Weltkrieg zu tun



    Die "Csárdásfürstin" wurde im November 1915 in Wien uraufgeführt. Weißt du, was da war?

    Nein, erklärs mir mal? Hat man in den Schützengräben gesungen "Tanzen möcht ich..." oder "machen wir´s den Schwalben nach" ??


    Ein bißchen tust Du mir leid.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Du liegst falsch Octavian. Leider. Denn ich musste mir den Münsteraner Käse reinziehen. Und wenn Dir die werbenden Adjektive nicht auffallen in den PR- Texten Kalethas, dann ist das eben so.

    Da kann ich nun wirklich nur drüber lachen. Hier wird massiv - in der langweiligsten, mathematisch ausgedrückt n-ten Wiederholung der allseits bekannten Tiraden und falschen Argumente - massiv PR gegen RT gemacht - erst Chereau-Bashing, jetzt Konwitschny-Bashing. Wer kommt als Nächster dran? Öder und einfallsloser geht es nicht - immer dieselbe Schlagermelodie gegen RT. Ohrwürmer sind ja gefällig, aber irgendwann kommen sie auch aus den Ohren wieder heraus. Ich dagegen habe im Thread "Gestern in der Oper" ganz konkret über bestimmte Inszenierungen berichtet, die ich tatsächlich auch gesehen habe - wie Andere auch. Jedenfalls habe ich hier in Münster noch keine einzige schlechte Aufführung erlebt, im Gegenteil. Nur das interessiert mich, wenn ich eine Karte fürs Opernhaus kaufe, alles Andere ist nichts als Schall und Rauch, nur lautstarkes Getöse ohne Sinn und Verstand. Und von wegen "Münsteraner Käse" - es gibt eine Hafen-Käserei (Bio), die hat Produkte von höchster Qualität zu bieten und man kann den Betrieb auch besichtigen inclusive Führung. Wer sich also tatsächlich ein Bild über die Qualität des Münster-Käses machen will, sollte das Angebot nutzen. :D


    P.S. Die "Gast"-Beiträge sind für meinen Geschmack eine wirkliche Bereicherung - sowohl was den Inhalt als auch den Stil angeht. Ein wirklicher Lichtblick im Tunnel!


    Schöne Grüße
    Holger

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