Beethoven, Sonate Nr. 13 Es-dur op. 27 Nr. 1 „Quasi una fantasia“
Aldo Ciccolini, Klavier
AD: 1997
Spielzeiten: 4:42-2:02-2:27-5:32 – 14:43 min.;
Aldo Ciccolini gehört mit der Sonate Nr. 13 zu den Schnelleren im Lande, vergleichbar temporal ungefähr mit dem mittleren Brendel und Pollini. Von der dynamischen Spannweite her beginnt er sehr moderat, in einem vorbildlichen pp und moderaten Crescendi und pianistisch m. E. ohne Fehl und Tadel. Die Sforzandi sind im Andante bestenfalls bi mf, passen aber bestens zu dem sehr leisen Grundton.
Das eingebettete Allegro ist sehr flott (0:39 min.) und dynamisch etwas weitgreifender. Hier wird das f wohl erreicht. Die Legatobögen sind perlend musiziert.
In der Wiederholung des Andante fährt der die obere dynamische Grenze wieder zurück, und der Schluss (Takt 79) gehört wie bei den meisten pp-Experten zu den „jenseitigen“.
Im Allegro molto e vivace deckt er sich mit dem mittleren Brendel, ist also etwas moderater als Pollini. Das p spielt er sehr gleichmäßig und die f-Schläge mit einem deutlichen Anfangsstaccato.
Im Galopp-Teil geht er mit mittlerer Geschwindigkeit zu Werke, erreicht aber im Crescendo nicht das ff in Takt 50. Im zweiten Galoppteil, der wieder schön leise gespielt wird einschließlich des moderaten Crescendos, hört man wieder die Staccati sehr gut betont. Auch in der Wiederholung des Hauptthemas und im sempre ligato-sempre staccato fließt es in den gegenläufigen Dreier-Vierteln (danach Viertel-Viertel-Achtel mit vorgeschalteter Achtelpaus) munter dahin.
Das Crescendo ist schön lang gezogen und er gelangt in Takt 132 zu einem deutlichen Fortissimo.
Das Adagio con espressione ist mir etwas zu schnell, nur Backhaus ist da noch schneller, aber keineswegs besser, vor allem nicht in den ersten beiden Sätzen. Abgesehen von Tempo spielt Ciccolini diesen Satz dynamisch hervorragend.
Im Finale, das wieder in einem moderaten Tempo daherkommt, drückt Ciccolini m. E. am Anfang etwas zu sehr auf die Dynamikbremse. Das Crescendo in Takt 29 hin zum f in Takt 31 könnte viel deutlicher sein. Auch die f-Schläge in Takt 53 und 55 sind mir zu leise, und im pp in Takt 70 beschleunigt er plötzlich unerklärlicherweise. Gleichfalls erreicht er das Forte erst in Takt 56, dafür aber deutlich. Seine Sforzandi sind insgesamt deutlich unter f-Niveau, dafür hätte ich mir manchen f-Ton deutlicher gewünscht. Da sitzt von der dynamischen Spannweite mehr drin. Ab Takt 144 geht es dann bim ff deutlicher zur Sache. Nach wie vor hervorragend ist das Spiel in den pp/ppp-Regionen, und im weiteren Verlauf setzt sich das musikalische Geschehen munter fort mit einem nun doch deutlichen dynamischen Aufschwung (Übergang) zum Einschub des Tempo I (Adagio), das mir, abgesehen vom neuerlich zu hohen Tempo, gut gefällt.
Die kurze Presto-Coda ist auch in Ordnung.
Was mich davon abhält, diese Aufnahme neben die eines Eric Heidsieck, John Lill, Claudio Arrau, Alfred Brendel (1962) oder Emil Gilels zu stellen, ist die in diesem Fall doch etwas häufiger auftretende dynamische Zurückhaltung.
Liebe Grüße
Willi