Franz Schubert: Die Klaviersonaten

  • Zitat William B. A.

    Zitat

    Aber auch ein Schubert, lieber Jörn, kommt ohne Struktur nicht aus. Nur kommt sie bei ihm anders zu Stande als bei Beethoven. Während bei Beethoven alles mathematisch genau aufgebaut ist (ich habe ich den verschiedenen Beethoven-Sonaten-Threads schon öfter darüber berichtet), kommt die Struktur bei Schubert in der Tat "quasi im Schlaf", wenn man so will. Wenn wir nur mal die Sonate B-dur D. 960 nehmen, die in manchen Einspielungen über eine Dreiviertelstunde dauert und sicherlich zusammen mit der Hammerklaviersonate zu den beiden längsten Klaviersonaten der Geschichte zählt, so wäre es sicher, dass sie ohne Struktur völlig undenkbar wäre.
    Ich habe mir schon vorgenommen, dass eines fernen Tages, wenn wir mit den Beethoven-Sonaten durch sind, ich mich mit den späteren Schubert-Sonaten beschäftigen werde. Das Projekt wird etwas überschauberer werden als das Beethovensche, aber sicherlich nicht weniger spannend.


    Lieber Willi,


    ohne Struktur kommen nur die wenigsten Musikstücke aus, das war nicht der Punkt meiner Frage. Die Frage ist, wie sehr die Güte einer Interpretation dieses Werke davon abhängt, diese Strukturen glasklar herauszuarbeiten. Ich meine, eine Beethovensonate verliert hier mehr als Schubertsonaten, wenn man diese dafür etwas anderes gibt, was ich Barenboim jederzeit zutraue.


    Beste Grüße
    Jörn

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Aber muß er das denn? Ich denke nein.


    Ich denke doch. Auch ein Schubert-Satz ist keine lose Aufeinanderfolge schöner Stellen, sondern muss als Ganzes gedacht und interpretiert werden. Gerade weil das Material deutlich freier daher kommt als bei Beethoven, muss sich der Pianist intensiv mit der Gsamtkonzeption auseinander setzen, um ein überzeugendes Resultat abzuliefern. Ratlos wäre zwar weit übertrieben, aber ich hatte nie das Gefühl, dass DB einen wirklichen Zugang zu dieser Musik gefunden hat. Vor allem die verschiedenen emotionalen Schichten wurden fast zu einem Einheitston reduziert. Er hat sein Programm pianistisch tadellos exekutiert - das ist schon etwas, aber für eine überzeugende Schubert-Interpretation doch viel zu wenig!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe mal Hörschnipsel von Barenboim und zum Gegenhören von Badura-Skoda von einer eher weniger bekannten Sonate gehört, der "kleinen" a-moll-Sonate D.537, die aber zu meinen Lieblingssonaten gehört, und zwar hauptsächlich wegen ihres zweiten Satzes, des Allegretto quasi andantino, in dem Schubert schon das Thema des Finales aus der "großen" A-dur-Sonate D.959 erstmals verwendet, zwar noch etwas rudimentär, aber doch eindeutig sofort zu erkennen.
    Dann habe ich diesen Satz von Pianisten aus meiner Sammlung gehört, Wilhelm Kempff, Walter Klien und Arturo Benedetti Michelangeli, und ich muss sagen, dass mich nach diesem Vergleich sofort noch nichts zwingt, mir die oben genannten auch noch anzuschaffen, da werde ich lieber die frühere Brendel-Box anschaffen, in der D.537 auch enthalten ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat von Theophilus

    Ratlos wäre zwar weit übertrieben, aber ich hatte nie das Gefühl, dass DB einen wirklichen Zugang zu dieser Musik gefunden hat. Vor allem die verschiedenen emotionalen Schichten wurden fast zu einem Einheitston reduziert. Er hat sein Programm pianistisch tadellos exekutiert - das ist schon etwas, aber für eine überzeugende Schubert-Interpretation doch viel zu wenig!

    Lieber Theophilus,
    hab vielen Dank für Deine erläuternde Antwort, jetzt wird mir wirklich klar, was Dir daran nicht gefällt. Ein Einheitston (Barenboim hat sich vielleicht wieder auf einen schönen Ton verlassen?) kann Schubert nicht gerecht werden. Wenn Du mit Struktur ebendiese emotionalen Schichten meintest, habe ich die Kritik nun richtig begriffen.



    Zitat von William B. A.

    Dann habe ich diesen Satz von Pianisten aus meiner Sammlung gehört, Wilhelm Kempff, Walter Klien und Arturo Benedetti Michelangeli, und ich muss sagen, dass mich nach diesem Vergleich sofort noch nichts zwingt, mir die oben genannten auch noch anzuschaffen, da werde ich lieber die frühere Brendel-Box anschaffen, in der D.537 auch enthalten ist.

    Lieber Willi,
    es ging mir ja auch gar nicht darum, Werbung für diese CD zu machen. Wenn Du bei Schubert auch nur halb so gut ausgestattet bis wie bei Beethoven, dann hast Du eine so große Reihe substantieller Interpretationen, daß man sich natürlich überlegen kann, ob man eine neue anschafft. Ich überlege das ja auch, einfach weil ich recht gut ausgestattet bin. Aber ich würde fast wetten, daß Barenboim auf Deiner Erwerbungsliste landet, wenn Du den Sonatenvergleich angehst ;)


    Herzliche grüße
    JLang

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  • Zitat

    JLang: Aber ich würde fast wetten, dass Barenboim auf deiner Erwerbungsliste landet, wenn du den Sonatenvergleich angehst.

    Die Wette könntest du gewinnen, lieber Jörn, aber bis es soweit ist, werden noch drei Jahre ins Land gehen, und dann wird das Projekt auch nicht alle Schubert-Sonaten umfassen, und es gbt Gott sei Dank auch bei weitem nicht so viele gute Gesamtaufnahmen wie von den Beethoven-Sonaten. Dafür gibt es von Schuberts "Winterreise" weitaus mehr Gesamtaufnahmen als von Beethovens "Unsterblicher Geliebter", so what!


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Es ist sehr schwierig zu sagen, welchem Pianisten der so zahlreichen Einspielungen, die bis heute von den SCHUBERT-Sonaten gemacht wurden, am Ende die Krone gebührt, und wer den so spezifischen schubertschen Nerv am besten trifft, den erheblichen Stimmungsschwankungen und Spannungsunterschieden innerhalb der einzelnen Sonaten am ehesten Rechnung trägt. Meines Erachtens dürfte hinsichtlich der adäquaten - falls es so etwas Ähnliches bei SCHUBERT überhaupt geben kann - Interpretation der Sonaten ein Weg an ADOLF BRENDEL kaum vorbeiführen. Mit großer Intelligenz und Gesataltungkraft, und mit einer wunderbaren musikantischen Selbstverständlichkeit - technisch über jeden Zweifel erhaben - spielt er diese so höchst unterschiedlichen Sonaten, allerdings oft sehr reflektiert und melodische Spannungen nicht immer voll ausspielend. Vor allem seine Interpretation der so einzigartigen a-moll Sonate D 845 gelingt ihm von Anfang bis Ende überzeugend.


    Dennoch ist die Einspielung sämtlicher SCHUBERT-Sonaten durch FRIEDRICH WÜHRER, dem ich meine Referenz-Aufnhame von BEETHOVEN's Klavierkonzert Nr. 1 unter HANS SWAROWSKY verdanke, nicht minder bewunderungswürdig.
    WÜHRER war es immerhin, der wohl als erster den hohen Stellenwert der SCHUBERT-Sonaten überhaupt erkannte und diese auch als erster komplett einspielte. Vor allem die langsamen Sätze der Sonaten gestaltet WÜHRER m. E. nachdrücklicher und bohrenderals ALFRED BRENDEL Er findet zu schärfer kontrastierenden Tondifferenzierungen und kommt so ausdrucksmäßig dem zerrissenen Innenleben Schuberts näher als BRENDEL. Bei ihm läuft manches weniger mechanisch ab, er hält oft inne, bricht ab und baut wieder neu auf. Diese Interpretation geht bei mir noch mehr unter die Haut. Mitunter überkommt einem bei seinem Spiel ein Augenblick der Beklemmung, Zerrissenheit und Melancholie, ja Ausweglosigkeit, so wie man sich auch das Leben des Komponisten vorstellt.


    WÜHRER galt nicht umsonst in seiner Zeit - ich hörte ihn häufig in den 50er Jahren im Rundfunk spielen - als einer de bedeutendsten BEETHOVEN-, BRAHMS- und SCHUBERT- Interpreten. Auch setzte er sich zeitlebens für zeitgenössische Komponisten ein und spielte deren Werke. Leider hatte er wohl in der Schallplatten-Industrie nicht die richtige Lobby, da man offenbar zu spät seine Werte erkannte, sonst wäre ihm ganz bestimmt eine größere und länger anhaltende Berühmtheit in der Nachwelt beschieden gewesen.


    Beides sind exemplarische Beispiele großartiger Interpretationskunst wie man sie heutzutage kaum noch antrifft.



    Viele Grüße
    wok

  • Lieber wok,


    habe vielen Dank für den schönen Beitrag zu den Schubert-Sonaten: Wühler und Alfred Brendel ;) sind sicherlich zwei herausragende Interpreten, die ihresgleichen suchen.



    Zitat

    WÜHRER war es immerhin, der wohl als erster den hohen Stellenwert der SCHUBERT-Sonaten überhaupt erkannte und diese auch als erster komplett einspielte.

    Die erste Gesamteinspielung wird sicherlich ihm verdankt, aber ob man ihn als alleinigen "Wieder"Entdecker ansehen sollte, da bin ich nicht so sicher: Schnabel hatte daran meines Wissens auch einen großen Anteil. Wenn mich nicht alles täuscht, geht doch der Ausspruch, daß kein Komponist näher an Gott sei als Schubert, auf Schnabel zurück.



    Zitat

    beides sind exemplarische Beispiele großartiger Interpretationskunst wie man sie heutzutage kaum noch antrifft.

    Ausnahmeinterpreten existieren einfach nicht wie Sand am Meer. Aber heute könnte man u. a. Radu Lupu anführen, der zwar keine Aufnahmen mehr macht, aber doch einen imO sehr sehr guten Schubert vorgelegt hat.


    Herzliche Grüße zum Wochenende
    JLang

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    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Vor allem, lieber Jörn, entfaltet Radu Lupu live eine faszinierende Wirkung uns spielt Musik, beii der man gleichzeitig weinen müsste, weil sie eben nicht aufgenommen wird.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat von William B. A.

    Vor allem, lieber Jörn, entfaltet Radu Lupu live eine faszinierende Wirkung uns spielt Musik, beii der man gleichzeitig weinen müsste, weil sie eben nicht aufgenommen wird.


    Da hast Du absolut Recht, lieber Willi, und dann ist man wieder so dankbar, daß er zu früheren Zeiten seine Abneigung gegen Aufnahmen immer wieder überwunden und uns solche Einspielungen wie die Schubert Sonaten geschenkt hat.


    Herzliche Grüße
    Jörn

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  • off Topic: Nicht zu vergessen seine wunderbare Beethoven-Box, in der die 5 Klavierkonzerte mit dem Israel Philharmonic unter Zubin Mehta, die Pathétique, Mondschein und Waldstein, die Rondos op. 51 und ein Quintett op. 16 für Klavier und Bläser enthalten sind. Dies ist mein erstes Posting von meinem neuen Notebook aus, das ich vorhin aus der Packstation geholt und nun konfiguriert habe. Ich muss doch auch in meinem Italien (K)Urlaub etwas zu tun haben. Bis dahin werde ich meine Berichte über op. 2 Nr. 1 beendet haben und eine Reihe von Exemplaren der zweiten f-Moll-Sonate mitnehmen und rezensieren, sie allerdings erst nach meiner Rückkehr veröffentlichen (ich habe ja davon 49 Stück).


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Zitat

    ILang: Die erste Gesamteinspielung wird sicherlich ihm verdankt, aber ob man ihn als alleinigen "Wieder)Entdecker ansehen sollte, da bin ich nicht so sicher: Schnabel hatte daran meines Wissens auch einen großen Anteil. Wenn mich nicht alles täuscht, geht doch der Ausspruch, daß kein Komponist näher an Gott sei als Schubert, auf Schnabel zurück.

    Hallo ILang,
    Vielen Dank für Deine Stellungnahme zu meinem Beitrag.


    Ja, Du hast recht, ich hätte das etwas präziser und korrekter formulieren sollen, nämlich daß FRIEDRICH WÜHRER als einer der ersten den hohen Stellenwert der SCHUBERT-Sonaten erkannte. Immerhin schränkte ich meine Aussage durch das kleine Wörtchen "wohl" ein. ARTUR SCHNABEL wurde zwar vor allem durch seine BEETHOVEN-Interpretationen bekannt und berühmt - z. B. spielte er bekanntlich 1927 zum 100. Todestag BEETHOVENs in Berlin in einer Konzertreihe dessen sämtliche 32 Sonaten und wiederholte dies 1934 in London und 1936 in New York, doch lehnte er es tatsächlich schon zu Beginn seiner Laufbahn ab, Werke zu spielen, die sich nur durch Virtuosität auszeichnen, und er studierte deshalb ganz besonders selten gespielte Werke, und da paßten die Sonaten SCHUBERTs genau in dieses Schema. Trotzdem ging er nicht so weit wie FRIEDRICH WÜHRER, eine Gesamteinspielung aller Sonaten vorzunehmen bzw. diese ähnlich wie bei BEETHOVEN, diese geschlossen aufzuführen.



    Zitat

    Ausnahmeinterpreten existieren einfach nicht wie Sand am Meer. Aber heute könnte man u. a. Radu Lupu anführen, der zwar keine Aufnahmen mehr macht, aber doch einen imO sehr sehr guten Schubert vorgelegt hat.

    Ja, ich sprach von "heutzutage", und RADU LUPU macht wohl schon länger keine Aufnahmen mehr, doch paßt er tatsächlich genau in den Rahmen SCHUBERT und ARTUR SCHNABEL, da es ihm, dem "Poeten am Klavier", als sehr lyrischem Pianisten, weitaus mehr um die Verinnerlichung eines Werkes als um bloßes Virtuosentum ging. Er legte niemals Wert darauf, selbst als Virtuose zu glänzen, sondern er wollte immer auf den Kern und die Seele eines Werkes vordringen diese zum Klingen bringen. Zu SCHUBERT kam er m. W. erst umfänglicher in späteren Jahren, doch ist dies eigentlich genau der Komponist, der seiner sensiblen Seele am meisten entsprach. Seine Aufnahmen von SCHUBERT-Werken dürfen deshalb gewiß mit zu den besten gezählt werden, die es gibt - seine preisgekrönte Aufnahme der Fantasie D 940 mit MURRAY PERAHIA ist dafür ein eloquentes Beispiel - , wobei mir auch das Spiel und die Aufnahmen von ANDRÁS SCHIFF und vor allem auch GERHARD OPPITZ sehr zusagt, die ebenfalls alles andere als sich selbst in den Vordergrund spielen wollen, sondern immer das Werk in den Vordergrund rücken und dieses meisterhaft interpretieren.


    Viele Grüße
    wok.

  • Trotzdem ging er nicht so weit wie FRIEDRICH WÜHRER, eine Gesamteinspielung aller Sonaten vorzunehmen bzw. diese ähnlich wie bei BEETHOVEN, diese geschlossen aufzuführen.


    Er wollte, aber die EMI hatte kein Interesse. Als "Dank" für die Beethoven-Gesamteinspielung produzierten sie auf Schnabels Wunsch einige Schubert-Schellacks, aber für eine umfangreiche Schubert-Klavierwerke-Diskographie waren die 30er-Jahre noch nicht reif...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wie gesagt, man sollte nicht unterschätzen, wie "obskur" die Schubert-Sonaten in der ersten Hälfte des 20. Jhds. angesehen wurden. Weit bekannter waren die Wandererfantasie, einige der Moments/Impromptus etc. und Liszt Lieder-Transkriptionen. Selbst ein Projekt wie die Beethoven-GA Schnabels lief in den 1930ern auf Subskriptionsbasis! Überdies soll Schnabel eine der späten Sonaten nicht so hoch geschätzt haben (evtl. die c-moll), vielleicht daher stattdessen D 850.
    Mit Ausnahme Kempffs haben die meisten berühmten um/vor 1900 geborenen Pianisten, wenn überhaupt, nur wenige Schubert-Sonaten gespielt. So Rubinstein und Horowitz zB nur die letzte, Arrau anscheinend die letzten 4 und die Wandererfantasie, aber größtenteils auch erst in späteren Jahren, als die Werke zunehmend gängiges Repertoire wurden. Selbst von Pianisten wie Backhaus und Fischer, deren Kernrepertoire ähnlich wie bei Schnabel und Kempff Mozart, Beethoven etc. gewesen ist, gibt es auf Tonträgern meines Wissens nur einige Klavierstücke Schuberts.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich darf vielleicht deine Angaben zu Arrau noch etwas ergänzen, lieber Johannes. Arrau hat, zumindest laut Heritage-Edition, die ich in meiner Sammlung habe, folgende Werke aufgenommen, deren Aufnahmedaten ich hinzu füge, weil die Ausgabe momentan wohl nicht lieferbar ist:
    Sonate A-dur D.664: April 1989;
    Sonate G-dur D.894: November 1990;
    Sonate c-moll d.958: März 1978;
    Sonate A-dur D.959: August 1982;
    Sonate B-dur D.960: Mai 1980;
    Impromptus D.899: September 1978;
    Impromptus D.935: November 1990 und Januar 1991;
    Klavierstücke D.946: November 1956;
    Wandererfantasie C-dur D. 760: Oktober 1957;
    Moments musicaux D.780: September 1956;
    Allegretto c-moll D.915: Oktober 1959;
    Marsch E-dur D.606: Oktober 1959;
    Klavierstücke D.946: November 1990;
    Moments musicaux D.780: November 1990;
    Allegretto c-moll D.915: März 1978;


    Die dick gedruckten Werke hat er zumindest zweimal aufgenommen. Ein Hinweis sei mir noch gestattet auf die nicht so oft gespielten Klavierstücke D. 946. Arrau ist offenbar der Einzige gewesen (jedenfalls in meiner Sammlung), der diese Stücke mit allen Wiederholungen gespielt hat. Als Vergleich füge ich mal die Brendel-Aufnahme von 1974 an:


    D.946: Arrau 1956: 15:20-15:37-5:14 -- 36:11 min.;
    D.946: Arrau 1990: 14:47-15:21-5:37 -- 35:45 min.;
    D.946: Brendel 1974: 8:57-9:32-4:59 -- 23:28 min.;


    Es trifft zwar zu, dass Arrau nicht alles von Schubert eingespielt hat, aber was er eingespielt hat, hat er alles gespielt. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Interessant; da es um die Verfügbarkeit der Arrau-Aufnahmen z. Zt. eher schlecht bestellt ist, hatte ich zB auf die frühe A-Dur-Sonate keinen Hinweis gefunden. Falls Du Dich nicht vertippt hast, gibt es noch eine weitere Aufnahme von D 960, nämlich von 5/1980. (Meine einzige Schubert-CD mit Arrau ist aus der rosa/violetten Arrau-Edition D 958 und 960.)
    Es fällt aber jedenfalls auf, dass sich Arrau den Sonaten erst ziemlich spät in seiner Karriere zugewandt hat. Kann ja sein, dass er sie schon lange vorher im Konzert gespielt hat, es würde aber jedenfalls auch dazu passen, dass die Stücke in Arraus jüngeren Jahren weniger bekannt waren und nicht so nachgefragt wurden.


    Ein weiterer Pianist der Arrau-Generation, der neben viel Kammermusik (Forellenquintett, Trios, Violin-Fantasie mit Busch) auch etliche Schubert-Sonaten aufgenommen hat (D 840, 959, 960; ich kenne keine davon), ist Rudolf Serkin.

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  • Du hattest völlig Recht, lieber Johannes, die Aufnahme der D.960 stammt aus 1980, nur habe ich mich nicht vertippt, sondern verlesen, denn die Zahlen in der Heritage-Ausgabe sind elend klein gedruckt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Sei froh, dass Du die hast!
    Die heritage-Ausgaben und damit der gesamte späte Arrau (und außer Beethoven und Liszt das meiste vom Rest) sind durchweg vergriffen und unbezahlbar (jedenfalls weit jenseits dessen, was ich zu zahlen bereit wäre). Gerade bei Brahms und Schumann würde mich hier einiges interessieren...

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  • Die von Beethoven habe ich Gott sei Dank auch, lieber Johannes.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo,


    die Beiträge, insbesondere bis 2007, habe ich meist sehr sorgfältig gelesen. Zu Interpretationsvergleichen kann ich nichts beisteuern, das gilt auch zu Analysen. Meine Bemerkungen zu den Klaviersonaten von Schubert werden sich mehr darauf beziehen was, und wenn möglich warum, mich bei der einzelnen Sonate anspricht.



    Auf den 9 CDs der Box sind die Sonaten nicht in der D-Reihenfolge, also auch nicht chronologisch, aufgenommen. Ich halte es für sinnvoll, die Sonaten in chronologischer (D-Nr.) Reihenfolge einzustellen und gebe für jede Sonate die YouTube-Einspielung mit Andras Schiff an, die der CD-Einspielung entspricht.


    Sonate D157, E-Dur, CD 1
    https://www.youtube.com/watch?v=rWs68GS16-8
    1. Allegro na non troppo - nein, nach Haydn klingt es nicht, nach Mozart und Beethoven noch weniger, ist es tatsächlich Schubert? In ca. Mitte der Laufzeit wird die Harmonik verändert/variiert, da erkenne ich Schubert viel besser.
    2. Andante – der leicht melancholische Anfang kommt mit der Wiederholung in hoher Tonlage langsam ins sehr leise fragende Stocken – dieses leise Stocken wird unvermittelt kräftig in Dynamik und Takt, also mit energischem Ausdruck, wiederholt, von fragend nun keine Spur, was sich aber wieder in den Ausdruck des melancholischen Anfangs verliert.
    3. Menuetto: Allegro vivace, Trio – vom Thema dem Andante verwandt, aber heiter und frohgemut; die Verarbeitung verändert die Harmonik, das Tempo zieht an und endet in einem kurzen, energischen Schluss.



    Sonate D279
    , C-Dur, CD 7
    https://www.youtube.com/watch?v=AzLGrbeZbYU
    1. Allegro moderato – ein sehr prägnantes, markant vorgetragenes Thema, was in p und „andante molto“ (also zurückhaltend) wiederholt wird und Abwechslung bringt. Die folgende Verarbeitung des Themas sowohl in Harmonik, Tempo, Dynamik macht mir Hörfreude, es kommt zu einer lockeren, fröhlichen Charakteristik, die zum Ende zu prägnant und markant zurückkehrt.


    2. Andante – ein verträumtes Thema, was der Wechsel zwischen Tongeschlecht, f und p noch verstärkt, aber auch string. und rall. tragen dazu bei, was auch in Agogik übergeht, die vom Interpreten bestimmt ist. Die Wiederholungen von Tönen im Themenablauf, auch mit Verbindungsnoten, machen aus dem Andante eine „leichtfüßige“ Musik.


    3. Menuetto: Allegro vivace, Trio – in f und im strengen Rhythmus (sehr geschickt eingesetzte Agogik); der Wechsel nach Moll trübt das Menuett keineswegs ein; die kurze Dur-Passage in p nehme ich als Dur kaum wahr, als gäbe es ein „Dur im Moll“ (wie bringt Schubert diesen Gehöreindruck zustande?).



    Sonate D459, E-Dur (fünf Klavierstücke), CD1
    https://www.youtube.com/watch?v=5qVN6GaYU5c


    1. Allegro moderato – z. T. fällt es mir schwer, Thema und Begleitung auseinander zu halten, das wird so verwoben – die kurzen, heftigen, rhythmischen Akkorde ausgenommen – dass Begleitung zu Melodie und umgekehrt Melodie zu Begleitung werden. Wenn ich darauf nicht achte, ist es ein zwischen p und mf pendelndes, leichtes, „gut verdauliches“ Stück Klaviermusik, trotz der abrupten Molleinbrüche.


    2. Scherzo, Allegro – so besonders weicht 2. von 1. nicht ab, was aber nur für den Anfang gilt. Dynamik und Tempo nehmen zu und das Thema ist stets präsent – der ungewöhnliche Schluss ist wie ein „i-Tüpfelchen“.


    3. Adagio – ein einprägsames Thema, das auch in Moll von seinem ruhigen Charakter kaum verliert, mehr jedoch durch dynamischeVariationen. Die ansteigenden Spannungsbögen vertragen sich mit den ruhigen Passagen gut.


    4. Scherzo: Allegro, Trio: Piu tando – ja, so stellt „man“ sich ein Scherzo vor, das macht gute Laune, was das Trio nicht vertreiben kann, noch dazu das Scherzo als Schluss wiederholt wird – wie es sich eben so gehört.


    5. Allegro patetico – ein sehr klares Thema, im Wechsel zwischen f und p - aber patetico? – der freundliche Klang wird weniger – bleibt aber in Moll auch noch freundlich – vielleicht ist das für den (jungen) Schubert pathetisch (für Beethoven u. ä. bestimmt nicht) – aber was nicht ist, kann ja noch werden (bei den späten Sonaten). Für mich ist es ein lebendiges, Klavierstück, das Thema wird facettenreich variiert, Dynamik, Tongeschlecht, -art und das Tempo machen aus dem lebendigen auch ein sehr hörenswertes Musikstück (wenngleich ich mit pathetisch andere Musikeindrücke verbinde).



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Schuberts Klaviersonaten D537, D557, D566 - es handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169.



    Sonate a-Moll, D537, CD 6
    https://www.youtube.com/watch?v=gK5Ywoqbc_A
    1. Allegro, ma non troppo – ob Schubert tanzbegeistert wie etwa Mozart war, davon ist mir nichts bekannt - aber Tanzmusik hat er komponiert und das nicht wenig, Deutsche Tänze und Ländler. Das kann in diesem Satz recht deutlich gehört/nachvollzogen werden. Das Thema zuerst in Moll in f, rhythmisch ausgeprägt, in lebhaftem Tempo vorgetragen (was deshalb durchaus eine heitere Note bekommt). Die in hoher Lage in p und Dur angedeuteten Variationen des Themas unterstreichen den leichten, fröhlichen, tänzerischen Impetus. Die Wiederholungen des Themas und seiner Variationen erklingen immer wieder in f /p, also wie ein Echo. Manche string. f –Stellen verlieren etwas an Tänzerischem und auch, wenn das Thema in Tempo und Dynamik zurückgenommen wird, was stets durch eine Wiederholung in hoher Lage und Dur revidiert wird, wozu auch die Verzierungen, eingestreute Läufe, in hoher Lage beitragen. Der Satz endet in f mit nicht sehr tänzerischen „unwirschen“ Mollakkorden.


    2. Allegretto, quasi Andantino – ich höre etwas Verwandtschaft mit dem Thema aus dem 1.Satz und das hier könnte ein Ländlerthema sein, es klingt unbeschwert volksliedhaft, es ist aber kein Ländler, dennoch tanzbetont, wenn auch in ruhigem Zeitmaß. Bei den Stakkato-Stellen in Moll tritt der „Volkston“ zurück, der nachdenkliche Ausdruck gewinnt Raum – so endet auch er Satz.


    3. Allegro vivace – als brauchte Schubert einen Anlauf, um aus dem herben Moll-Forte-Anfang in das leichte, beschwingte Tänzerische zurück zu finden. Die Harmonikwendungen kommen zeitlich und in der Akkordfolge überraschend. Der Wechsel zwischen f und mp erfolgt abrupt und hat kaum Tanzcharakter, so endet das Allegro, das sich erst am Ende zu einem Vivace steigert.



    Sonate As-Dur, D557, CD 4
    https://www.youtube.com/watch?v=-sUVd1IiSGI
    1. Allegro moderato – mit einem in f forsch vorgetragenem eingängigen Thema, das fast marschartigen Charakter hat, beginnt der Satz. Und dieses Marschartige wird auch im weniger taktbetonten Teil - „leichten Fußes“ - der Themaverarbeitung in p im oberen Tonbereich beibehalten, wenn auch mit leichten Temposchwankungen, die über eine Agogik hinausgehen und Akzentverschiebungen (leichter/schwerer Taktteil) – aber den 4/4-Takt exakt weitergezählt, komme ich, angelangt bei der Wiederholung des forschen Themas, exakt beim 1. Viertel des 1. Taktes heraus. Es ist natürlich kein Marsch (zumindest nicht militärisch), aber man/ich könnte danach marschieren und bei der p-Verarbeitung hätte ich meine Freude im Marschschritt zu bleiben.


    2. Andante – der Stakkatoanschlag betont das „Gehende“, die bedächtige Melodie in mf und Mollpassagen tun das auch. Bevor dies wiederholt wird, in f eine Mollvariante des Themas mit vielen Läufen und in mehr als forschem Gehschritt.
    3. Allegro – das Thema ist mit dem des Andante verwandt, der Stakkatoanschlag wird zurückgenommen, aber es kommen Dur-Akkordschläge in f und leichtem rit. dazu, welche das Allegro verdeutlichen. Die Mollvariante, mit kaum Tempounterschied, wird mit mächtigen Akkordschlägen in ff angekündigt; zwei Durakkorde in ff beenden den Satz.



    Sonate e-Moll, D566, CD 3
    https://www.youtube.com/watch?v=LDqTatRZnq8
    1. Moderato – der Satz wirkt auf mich zerrissen, es gibt Nichts, was mich anspricht – so sehr ich mich auch mühe (wahrscheinlich liegt es genau daran).


    2. Allegretto – bis 0:38 hört es sich an wie ein „Lied ohne Worte“. Die dann folgende Verarbeitung (=Thema mit Variationen) des Liedes/Themas ist sehr abwechslungsreich (Tonart, -geschlecht auch rhythmisch). Wenn aber Lied/Thema und Begleitung die Seiten wechseln, ist es kein „Lied ohne Worte“ mehr, selbst bei nur äußerst geringer Veränderung von Lied und Begleitung. Das „Lied ohne Worte“ erklingt aber immer wieder - wie dazwischen gestreut – und erhält damit den freundlichen, milden Ausdruck des Satzes, der bei mancher Variation verloren geht. Bei zwei Variationen fällt mir wegen der Begleitung (Bachrauschen) „Die schöne Müllerin“ ein. Der Satz endet in mittelhoher Lage in p und bei zurückgenommenem Tempo sehr friedlich (aus dem Bachrauschen ist ein leichtes Dahingleiten geworden - Stauwehr vor dem Mühlenrad).


    Viele Grüße
    zweiterbass




    Nachsatz: Es ist mir unklar ob meine äußerst individuelle Art auf Musik einzugehen positiv oder negativ gesehen/gehört wird? Feedback?

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Lieber zweiterbass,


    ich finde das sehr interessant, was Du schreibst, und lese Deine detaillierten Beschreibungen sehr gerne. Weiter so!


    viele Grüße

  • Die Schubert-Sonaten beginnen bei mir mit D 664 :untertauch:
    Ich weiß gar nicht, ob ich die frühen überhaupt alle auf CD habe... auch daher keine Reaktion möglich.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Danke an Don_Gaiferos.
    weitergemacht hätte ich sowieso, nur ob ich mir die Arbeit des Aussuchens, erneut Auffindens (ziemlich zeitaufwändig!) und Einstellens von YouTube noch gemacht hätte?
    Danke an Johannes Roehl,
    die frühen Sonaten so behandeln wie die frühen Sinfonien von Mozart. (Zu denen habe ich auch von der 1. ab gepostet.)

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Korrektur: Ich habe ein wenig übertrieben; anscheinend finden sich zumindest D 157, 557 (Lupu), 537, 568 und 575 (Zacharias - seltsam, wie viel in einer "Schubert - Die Klaviersonaten" betitelten Box noch fehlt...) in meiner Sammlung. Ich habe die sicher auch alle schon einmal gehört, aber nicht "auf dem Schirm".
    Aber wenn ich einen Startpunkt für "reife" Instrumentalwerke Schuberts nennen müsste, wäre das ziemlich genau D 664 (und das Forellenquintett D 667).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    Schuberts Klaviersonaten D568, D571, D575 - es handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169.


    Sonate Es-Dur, D568, CD 5
    https://www.youtube.com/watch?v=H9I3MYZ5hMw
    1. Allegro moderato, ¾ –anfangs das Thema in der Grundtonart, dann in hoher Lage in pp mit federleichten Läufen/Verzierungen; aber schon bei 0:40 in f Wechsel nach Moll. Das Thema im *gefühlten 6/8-Takt*, Dur, mf, häufiger Wechsel des Tongeschlechts - auch ganz abrupt. Die Variationen des Themas sind einfallsreich, dazu Wechsel des Themas zwischen rechts und links, auch der Taktwechsel nach * und die laufenden Dynamikänderungen mit oft nur sehr kurzen Anpassungen. Der Satz ist sehr lebendig und überraschungsreich, er ist nicht unstet, aber eine klare Charakteristik erkenne ich nicht - die Grundtendenz Fröhlichkeit wird oft unerwartet unterbrochen, z. T. wird in den Durakkord nur ein Mollton eingeschoben. (Täuscht mich mein Gehör - rechts noch Dur links schon Moll auch umgekehrt?) Der Satz endet jedoch in pp, Es-Dur.


    2. Andante molto – in Moll, introvertiert, was Dynamikausbrüche nicht ausschließen. Den Dur-Teil höre ich als einen gescheiterten (wohl besser absichtlichen?) Versuch im Dur „Fuß zu fassen“.


    3. Menuetto: Allegro, Trio – das Menuetto entspricht der (nicht vorhandenen, was wohl Absicht ist) Charakteristik des 1. Satzes, davon ausgenommen das Trio.


    4. Allegro moderato, 6/8 - das Thema ist verwandt mit dem des 1. Satzes, es gibt auch häufig Dynamikänderungen, aber die Grundtendenz ist wesentlich freundlicher als im 1. Allegro moderato, bedingt durch den selteneren Tongeschlechtswechsel, dem nun tatsächlichen 6/8-Takt und dem dadurch forscheren Tempo.
    Das Thema Takt 1-4 (ohne Auftakt) Laufzeit 0:00 bis 0:07)wird oft wiederholt in einer kaum überschau/hörbaren Variationenfülle, sodass es fast ständig anwesend ist, zudem wird Takt 1-70, Laufzeit 0:00 bis 2:11 wiederholt in Laufzeit bis 4:30. Der Satz klingt rit. bei Laufzeit 9:30 ruhig in ppp aus.


    Die Harmonik in den Takten

    Takt 1, Laufzeit 0:010 bis 0:025, Takt 3, Laufzeit 0:040 bis 0:055 - Wiederholung Takt 71, Laufzeit 2:120 bis 2:135, Takt 73, Laufzeit 2:150 bis 2:165. Nach der Wiederholung Takt 190, Laufzeit 6:18 bis 6:20, Takt 192, Laufzeit 6:23 bis 6:25(die 3 Achtel Rechts oben werden mit Durchgangsnoten auf 6 Sechzehntel erweitert)


    erzeugt bei mir einen sehr speziellen#Klangeindruck - wie etwas träumend, innehaltend - weil für mich diese Harmonik gar nicht in die sonstige Charakteristik zu passen scheint.

    Das soll nun keine Analyse sein, ich will nur nachvollziehbar machen, wie Schubert den# entstehen lässt, mit Vorhalten:


    Rechts oben Achtel, ..Achtel, …..Achtel...Viertel, Achtel (Halbton tiefer)
    Rechts unten Viertel………........Achtel…punkt.Viertel
    Links oben Achtelpause, Achtel, Achtel…Viertel, Achtel (Halbton tiefer)
    Links unten Achtelpause, Achtel, Achtel…punkt.Viertel


    Ich meine, Schubert hat diesen speziellen Klangeindruck sehr bewusst (sofort anfangs) aber auch sehr sparsam (nur 5 Mal, insgesamt 8 sec.) im 9 ½ minütigen Satz verwendet.




    Sonate fis-Moll, D571, CD 2
    https://www.youtube.com/watch?v=QQinI81yF2k Bitte auf "Mehr anzeigen" klicken und dann auf 1:003:00 klicken, erst nach wenigen Sekunden läuft D571 an
    Allegro moderato - das beginnt ziemlich konventionell, aber auf 7 min. Dauer schickt Schubert den Hörer auf eine Reise kreuz und quer durch viele Tonarten. Ich habe nicht gezählt wie viele Tonartenwechsel es sind, bei natürlich immer wieder sich wiederholenden Tonarten, aber eben auch um Akkordfolgen, die ungewöhnlich (?), überraschend sind.
    Eine einsätzige Sonate ist schon unüblich, noch mehr aber ihr Schluss - welcher Schluss? Wo? Der Satz endet ohne kompositorischen Schluss, er bricht inmitten einer Phrase auf einem Ton ab?




    Sonate H-Dur, D575, CD 4
    https://www.youtube.com/watch?v=iiBFwC2XwLs
    1. Allegro, ma non tanto, 4/4 – das fanfarenartige Thema ist mit äußerst abrupten und sehr kurzfristigen Dynamikwechseln verbunden – 2 Beispiele: fünf Viertelnoten in ff dann ohne dim. pp – innerhalb eines Taktes eine 32-Note in p dann ohne cresc. zu ff. In dieser extremen Art fährt die Verarbeitung nicht fort, aber der Dynamikwechsel bleibt prägend für den Satz. Es folgen auch mehrmals Tongeschlechts- und –artwechsel, in welchen die Dynamikänderungen sehr milde ausfallen, durch Stakkatoanschläge diese aber etwas aufgehoben werden und auch Tempoveränderungen mit string. und rit. lassen die extremen Dynamikveränderungen vergessen.
    (Die großen Dynamikveränderungen haben mir den insgesamt freundlichen Satzcharakter nicht sofort deutlich werden lassen.)


    2. Andante, ¾ – der geruhsame Beginn wird durch Dynamikveränderungen (längst nicht in dem Ausmaß wie im 1.Satz, ausgenommen 7 Takte im 1. Viertel) lebhafter; die Harmonikänderungen ähneln denen des 1. Satzes. Durch die zunehmenden Stakkatoanschläge, besonders links, verändert sich auch die Rhythmuswahrnehmung, es ist weniger ein ruhiges Dahinfliesen, aber der Satz endet rit. in großer Ruhe.


    3. Scherzo, Allegretto, ¾ – das Thema des Teil 1 ist fanfarenartig, sehr freudig, ohne große Dynamikwechsel, weist tänzerische Züge auf, etwas ländlerisch, und Teil 1 wird wiederholt. Bevor dies im Teil 2 ganz wiederholt wird, wird das Thema aus Teil 1 (anfangs links) aufgenommen und variiert. Dies wird nun mit dem Teil 1 zusammen variiert und insgesamt wiederholt. Das Trio (fällt etwa ab vom Scherzo) wird wie üblich auch wiederholt, worauf Teil1 und Teil 2, jeweils ohne Wiederholungen, wiederholt werden.
    Ein sehr eingänglicher Satz, nicht nur durch die Wiederholungen. (Nachdem die Themen ähnlich sind, habe ich die Wiederholungsstruktur nicht sofort erkannt, was aber der Hörfreude keinerlei Abbruch tat/tut.)


    4. Allegro, giusto, 3/8 - auch dieses Thema ist fanfarenartig (deswegen könnte die Sonate den Untertitel „Fanfaren-Sonate“ haben). Das Thema bedient sich der Themen aus den Sätzen 1-3. Der Satz hat tänzerische Anklänge. (Im Volkstanz gibt es den „Hupfauf“, der hier keine Anklänge hat, aber der Name „täte schon passen“.) Der Satz besteht aus 2 Teilen, die wiederholt werden. Die rhythmischen Unterschiede (bedingt durch die unterschiedlichen Pausen in den Takten) sind - für mich - sehr erfreulich. Die letzten Takte sind in pp mit dim. – das Ende ist aber ein kompositorischer Paukenschlag in G-Dur und fff!
    (Ein "echter Aufreißer“ für „miese Tage“.)


    Viele Grüße
    zweiterbass



    Nachsatz: Die 3. Sonate auf dieser CD ist D 894 (auch was für „miese Tage“ und doch so unvergleichlich anders) – „sie ist noch nicht an der Reihe“ – ich freue mich, wenn sie an der Reihe ist und ich zu ihr posten kann.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Hallo,


    Schuberts Klaviersonaten D625, D664, D784 - es handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169.



    Klaviersonate f-Moll, D625, CD 7
    https://www.youtube.com/watch?v=C-6aUgAJa60
    1. Allegro – bis 0:33 halte ich es für ein/e Vorspiel/Einführung zum eigentlichen Allegro (die häufigen Triller begleiten den ganzen Satz), das anfangs (und später erneut) romantisch und lyrisch angelegt ist. Mit steigendem Tempo und Dynamik wird „bis 0:33“ wiederholt. Mit den Läufen und Trillern in der rechten Hand kontrastieren die Tonleitern oktavabwärts, Bewegungen links mit mehr Dynamik als rechts – erneut Wiederholung „bis 0:33“ (also doch keine Hinführung?). Ein insgesamt lyrischer, melodiebetonter Satz [kommt mir sehr entgegen], nur j„bis 0:33“ stören den Gesamteindruck (?). Der Satz endet unerwartet unspektakulär auf einem Ton (f).
    2. Scherzo: Allegretto/Trio – von unspektakulär ist der Beginn weit entfernt – prinzipielle Ähnlichkeit mit „bis 0:33“, dann aber auch weiter lyrisch und melodiebetont. Das Trio präsentiert sich mit etwas anderem Rhythmus, Melodie fast gleich, mit leicht veränderter Harmonik.
    3. Allegro – besonders durch die sechzehntel Läufe im mittleren Tonbereich kommt in das Allegro etwas Unruhe, Hektik, was durch die Dynamiksteigerung noch betont wird und wenn die Läufe in den hohen Tonbereich wechseln (bei gleichzeitiger Temposteigerung) noch weiter zunimmt; der Satz endet jedoch innerhalb weniger Takte sehr beruhigt.



    Klaviersonate A-Dur, D664, CD 1
    https://www.youtube.com/watch?v=fzpIgPKpMUg
    1. Allegro moderato – so könnte auch die Melodie eines lyrischen schubert schen Kunstlieds klingen (zumindest bis 1:56); auch der Tongeschlechtswechsel findet, wenn auch außerhalb der Liedstruktur, statt. Der Wechsel in die hohen Tonlagen unterstützt dies, im Kontrast zu den tiefen Lagen, in denen die Dynamik und auch das Tempo folgerichtig zunehmen und sich die lyrische Anmutung verändert (Dramatik dürfte etwas überspitzt sein?). Aus diesen Kontrasten ergibt sich ein sehr abwechslungsreicher Satz, der sehr ruhig endet - ein öfter anzutreffender Schluss („die Ruhe nach dem Sturm“?).


    2. Andante – die Melodieführung anfangs fragend (Ende der Phrasen ohne Auflösung der Harmonik). Das ändert sich zwischen 1:47 und 2:04 um wieder fragend zu werden. In diesem Spannungsfeld bleibt und davon lebt der Satz, der auch sehr ruhig endet und mit den beiden letzten Akkorden in pp aufgelöst endet.



    3. Allegro – keine Spur von Sturm/Ruhe – Auflösung ohne/mit - das „tänzelt“ leicht, frohgemut und unbeschwert dahin. Die dynamisch bewegteren Passagen unterstreichen noch den tänzerischen Charakter (nahe einem „Deutschen Tanz“). Ab 0:54 wird die Melodie/der Tanz unvermittelt kurz angehalten, bzw. der zuvor streng durchgehaltene Tanzrhythmus etwas „aufgeweicht“ (es ist ja auch kein Tanz). War es im 1.Satz der Wechsel der Charakteristik, im 2. die wechselnde Harmonik, ist es hier der Rhythmuswechsel, der den Satz bestimmt, lebhaft macht und mit zwei ff-Akkorden resolut beendet wird.




    Klaviersonate a-Moll, D784, CD 3
    https://www.youtube.com/watch?v=-0VHnxGe4pw
    1. Allegro giusto – aus diesen Bausteinen, Einzelteilen, kurzen Phrasen sind die Themen (?) dieses Satzes zusammen gefügt, dabei ist das rhythmische Element vorrangig: Schwer betonte, dynamisch zwischen pp und ff wechselnde Viertelnoten über zwei Takte, gleichfalls mit Achtelnoten, aber auch nur leicht betont, auch rechts und links über Takte gemeinsam kreuzend incl. der unterschiedlichen Tonlagen (z. T. oktaviert), der Tongeschlechtswechsel gehört auch dazu und das „bunt zusammengewürfelt“ - besser jede Ausführung eines Bausteines kann mit jeder anderen Ausführung zusammen treffen, d. h. äußerst variantenreich, aber keine Variationen. [Ich habe oftmals zugehört bis es dann „klick“ gemacht hat.] Ab 4:56 kommt in die Musik, meist in Dur, Ruhe, die dann mit kleinen Pausen bei 6:12 wie ganz abbricht – um aber, quasi wie jetzt mit einem Konzept, bei Neu zu beginnen [bis 4;56 kommt es mir nun wie eine Materialsammlung vor]. Der Satz endet bei 12:20 (wie verträumt) in pp-C-Dur.



    2. Andante – das Hauptthema 0:00 – 0:14 wird sofort vorgestellt und unmittelbar variiert. Dann wird, auch unter teilweiser Verwendung etwas veränderter Bausteine aus dem 1. Satz, ein zweites Thema entwickelt, was bei 1:09 beginnt. Ab 1:46 werden beide Themen miteinander verwoben, dadurch sind beide Sätze eng aufeinander bezogen. Es entsteht für mich eine überaus reizvolle Musik.



    3. Allegro vivace - wie ein kaskadenartiger Wasserfall, der schnell rauschend an Volumen gewinnt, nimmt mich die Musik ein [gleich zu Beginn, so auch bei 1:36, könnte sich Smetana für den Beginn seiner Moldau inspiriert haben lassen?]. Auf die rhythmischen Varianten folgen Reminiszenzen an Teile des 1. Satzes. Die leichten „Wasserspiele“ (keine Lautmalerei) kehren zurück. Ein temporeiches, dynamisch mächtiges Ende, sehr im Gegensatz zum überwiegend fröhlich-leichten Charakter des Satzes.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Schuberts Klaviersonate D840 - es handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169.


    Klaviersonate, C-Dur, D840, CD 2
    https://www.youtube.com/watch?v=F0ywX6Yl29Y


    Der Pianist hat sich entschieden, die Sonate in der 2-sätzigen Fassung zu interpretieren, so wie sie Schubert beendet hat. Ob sie unvollendet ist wie die h-Moll-Sinfonie, die inzwischen, im Gegensatz zur späteren Überschrift, doch als vollendet betrachtet und gehört wird; ich meine dies gilt auch für diese Sonate. Die Sonate und auch die h-Moll-Sinfonie zu vollenden (und dabei auf Mozarts Requiem zu verweisen), ist m. E. ein falscher Vergleich, die Ausgangssituationen sind zu verschieden.


    1. Moderato, 4/4 – die CD-Laufzeiten 0:00 – 0:06 – 0:11 – 0:15 – 0:20 – 0:24 – 0:29 sind für mich die „Module“, mit denen Schubert das Thema/“sein“ Thema entwickelt, wobei sein Thema nicht einheitlich festgefügt ist. Bei 0:56 entsteht eine Art Kadenz und bei 1:00 in f das Grundschema des Themas. Zwischen 0:29 und 0:56 werden die Module bereits variiert, wodurch die Unterschiedlichkeit des Themas entsteht. Ich meine, Schubert will den Hörer miterleben lassen, aus welchen Ideen und wie sein Thema entsteht.
    [Ich will den Satz nicht analysieren, mir geht es nur darum, die Besonderheit im Thema nachvollziehbar zu machen.]
    In der Folge von 1:00 wird nun das (ab und zu leicht unterschiedliche) Grundthema mit vielen Möglichkeiten variiert, (u. a. bei 1:57 nach Moll, kurze Ostinati mit einzelnen Modulen, „Orgelpunkte“ in Achtelnoten). Bei 3:25 z. B. ist in f ein aus variierten Modulen bestehendes Thema deutlich zu hören, was bis 4:11 in decresc. und einem kleinen Orgelpunkt ausklingt – bis 8:15 wird das Bisherige wiederholt.
    Mit einem kurzen tiefen Oktav-Orgelpunkt unter dem rhythmisch veränderten Modul 1 beginnt nun die weitere Ausarbeitung. Ab 8:42 wird in ff ein Ostinato mit dem Modul 6 vorbereitet, das ab 9:10 beginnt und bei 9:50 endet. Eine sehr melodiös geführte Passage folgt, die von sehr ausgeprägten Modulationen abgelöst wird. Module zwischen rechts und links wechseln, damit das Thema vielseitig variierend. Ab 11:12 wechselt die Dynamik, rasch folgend zwischen f und p; das bei 12:05 einsetzende decresc. wechselt kurz nach fp, pp, fp. und mündet in ein legato mit pp, mit wechselnd rechts und links einsetzenden Modulen. Nicht nur durch die Temporücknahme nach legatgo, auch mit rechts meist Viertelnoten und links meist Achtelnoten wirkt die Rhythmik gelöst. Bei 13:32 kommt ein Orgelpunkt mit Achtelnoten und oktaviert tiefen Achtelvorschlägen. 14:04 bringt in die rechte Hand in hoher Lage die Basslinie des Moduls 2 mit 3er-Triolen, alles mit kurz wechselnder Dynamik, dazu Lagenwechsel rechts oktaviert nach oben, links in den Sopranschüssel (ein neuer Klang). 14:41 – 15:05 bringt durch eine Verschiebung des Taktschwerpunktes fast den Eindruck eines ¾Taktes - neben melodiösen Passagen eine bislang kaum gehörte Leichtigkeit. Wie sehr die Module variiert werden, wird anschließend deutlich. Die Dynamik steigt rasch an, rechts geht oktaviert in die höchste Lage. Wie zur Bestätigung gibt es 7 Takte vor Schluss in ff
    die C-Dur-Akkorde abwärts Tonika, Dominate, Subdominate, Tonika – zwei Viertel Pause - in pp Modul 2 - lang ausgehaltener und mehrfach angeschlagener Tonika-C-Dur-Akkord.
    [Ich höre diesen Satz nun gerne - nach oftmaligem Hören.]




    2. Andante, c-Moll, 6/8 – ich glaube es macht Sinn, auch hier bei Modulen zu bleiben.
    0:00 – 0:16 Modul 1 – bis 037 wird Modul 1 wiederholt, jedoch mit kleinen Änderung am Ende – bis 0:44 zweitaktiges Modul 2 – bis 0:54 wird Modul 2 wiederholt, aber im Takt 2 Gegenläufig – bis 1:27 Verarbeitung/Variation Modul 1, gegen Ende kurze Wechsel zwischen p, mf, f, ff, p – bis 2:21 Wiederholung 0:37 – 1:27.
    Durch den 6/8-Takt wird die im 1.Satz nur kurz aufblitzende Leichtigkeit (14:41- 15:05) hier zum Standard.
    Bis 3:04 werden Teile der Modul 1 und 2 in pp unterschiedlich variiert; der Wechsel nach ff bringt bei 3:10 eine Variante in 64tel-Noten aus dem 3. Takt von Modul 1, was bei 3:34 wiederholt wird. Bis 4:04 erfolgt eine Wiederholung von 2:21 – 3:04, dann rechts oktaviert in hoher Lage (glockenartig). 4:20 rechts je 2 Achtelnoten durch eine Achtelpause getrennt und Stakkato-Anschlag, dazu links Sechzehntel-Läufe aus dem Modul 2, wodurch ein ruhiger gemächlicher Rhythmus entsteht. Die kurzfristigen Dynamikwechsel nehmen zu, auch die Module in 32tel-, statt 16tel –Noten. Bei 5:31 gibt es rechts 32tel-Läufe über 4 Takte, die sich links fortsetzen und die Leichtigkeit wird mit f, ff, besonders links, und diesen raschen und sich wiederholenden Läufen eingeschränkt; die Module kommen meist nur noch in Teilen vor. 6:53 und 7:16 wiederholen in ff die Passagen von 3:10, was mit Leichtigkeit wenig zu tun hat. Ab 3:04 gibt es auch etwas großräumigere Wechsel zwischen ruhiger Leichtigkeit in p, pp, meist in Dur und fast dramatischen Ausbrüchen in f, ff und 32tel-, 64tel-Noten, meist in Moll. Das Tempo ändert sich nicht wesentlich, aber die Harmonik wechselt in Tonart und –geschlecht. 7:49 bringt wieder den glockenartigen Klang von 3:04 und nach der Generalpause bei 8:50 wechseln sich ff, p, ff, p, ff, pp, f, p fast im Taktwechsel ab. Der Satz klingt mit 2 Akkorden im zuvor oft gehörten Rhythmus unspektakulär in p und c-Moll aus.
    [Mein Favorit bleibt der 1. Satz.]



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Klaviersonaten D845, D850 - handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169.



    Klaviersonate, a-Moll, D845, CD 2
    https://www.youtube.com/watch?v=zySp_7ACbvo


    1. Moderato, Allabreve – Takt 1 und 2 des Thema wird in pp, Takt 3 und 4 in mf und rit. sofort vorgestellt und um einen Ganzton erhöht wiederholt [die einprägsame Melodie mit dem ruhigen Tempo geht mir gut ins Ohr]. Die dann folgende 1. Variation zieht mit im Takt wechselnder Dynamik merklich an und die weiteren Themavariationen werden in der Dynamik etwas ausgeglichener und laufen bei 2:30 auf eine Fermate und der Wiederholung seit Anfang, die bei 5;00 endet. Die Variationen des Themas mit vielen Harmonikwechseln incl. auffallend vielen Verzierungen enden bei 9:18 mit einem Wechsel nach A-Dur, was bei 9:55 zurück nach a-Moll endet und bei 10.20 auf eine Fermate läuft. Von pp zu f zu p mit vielen mächtigen ff-Akkorden – auch rechts oktaviert in die höchste Lage - und in einer kurzen „Reprise“ des Themas in wuchtigsten Akkordschlägen in a-Moll endet. [Dieser Schluss kündigt sich zwar an, überrascht mich aber dann dennoch.]



    2. Andante, poco mosso, 3/8, C-Dur, (ein kleines Variationenwerk) – so ein romantisches, friedliches, zugleich fröhliches (3/8!) Thema, und ohne die zuvor oft anzutreffenden starken, kurzwechselnden Dynamikveränderungen, kennzeichnen den Satz; die vielen Verzierungen nicht zu vergessen (verschiedene Triller, Vor- und Nachschläge mit und ohne Triller; auch bei Akkordbrechungen mit Durchgangsnoten werden an diese Verzierungen angehängt). Schuberts unerschöpflicher Melodienreichtum! Bei 5:02 Wechsel nach Moll, ff und kräftigen Dissonanzen, die m. E. für Schubert bemerkenswert sind. Dies wird mehrmals wiederholt, sowohl in ff als auch pp, wo die dissonanten Akkorde etwas zurück genommen werden; 6:53 endet dieser für diesen Satz aufrührerische „Spuk“, der noch nachwirkt, zumindest in f und leicht ungezügeltem Tempo, aber ohne Dissonanzen und erst 8:56 bringt den friedlichen Anfangscharakter zurück, noch 2 Mal kurz durch ff unterbrochen, aber friedlich, versöhnend endet.
    [Ich höre diese Variationen “über ein eigenes Thema“ mit großer Freude.]




    3. Scherzo, Allegro vivace, Trio: Un poco piu lento, ¾ („also was nun, Dur oder Moll“) - Schubert wechselt das Tongeschlecht „nach Belieben“ (unabhängig davon die Harmonikwechsel in den Tonarten), hinzukommt: Bei Taktbeginn durch unterschiedliche Pausen links und rechts, gleichfalls unterschiedliche Notenwerte (z. B. rechts Achtelnoten, links punktierte Halbe) entsteht der Höreindruck eines Dialoges der beiden „Stimmen“. [Sehr reizvoll; wenn hier spaßeshalber der linke Part einem Cello zugeordnet werden würde, der Dialogcharakter träte deutlicher hervor.] Scherzo ist dem „Scherz“ entlehnt - Schubert treibt mit dem Hörer seinen „Scherz“. Er lehnt sich musikalisch an die ursprüngliche Bedeutung „Scherz“ an und komponiert dieses Scherzo nicht als Fortführung eines Menuetts.
    Schon die Tempobezeichnung für das Trio macht deutlich, „hier ist es mit Sscherzen vorbei“.




    4. Rondo, Allegro vivace, 2/4 – beide Themen sind sofort klar erkenn- und unterscheidbar. Dabei fällt mir jedoch auf, das 2. Thema ist sehr viel rhythmischer als das 1.

    Es ist erwiesen, dass Tonfolgen/Melodien besser/mehr über den Rhythmus im Gedächtnis abgespeichert und erinnert werden, als über die Melodie. [Wenn „Hänschen klein…“ in der Harmonik unverändert aber im Rhythmus total verändert „interpretiert“ wird, haben viele Hörer Schwierigkeiten, das Kinderlied zu erkennen. Gleiches gilt für Worte: Blumentopferde ist so richtig betont und wird verstanden – Blumentopferde falsch betont - aber was sind Blumento-pferde?. Hier ist es der Sprachrhythmus, der die Wiedererkennbarkeit steuert.]


    Das 2. rhythmischere Thema wird öfter nicht variiert wiederholt als das 1. Thema, mit der Folge, dass es für mich als Hören viel präsenter ist. Rondo, ursprünglich frz. Rondeau, ein Rundgesang, eine Wiederholung in sich nicht verändernder Art und Weise, „es dreht sich im Kreis“. Das 2. Thema hat in seiner oft nicht verändert/variiert wiederholten „Musik“ etwas sich nicht Fortbewegendes; ich meine damit nicht langweilig oder statisch, aber es findet keine Fortbewegung statt, die Musik kehrt zum Ausgangspunkt zurück. [Das habe ich bei diesem Rondo deutlich gehört – und stört meinen positiven Höreindruck keineswegs.]




    Klaviersonate, D-Dur, D850, CD 3
    https://www.youtube.com/watch?v=yOFamacC_CY
    Schubert hat natürlich keine Programmmusik geschrieben – aber welche Assoziationen bei mir aufsteigen, kann selbst ich nicht unmittelbar verhindern/bestimmen und ein Komponist schon gleich gar nicht.


    1. Allegro vivace – Das Thema, der ganze Satz, ist sehr rhythmisch – militärisch? Kein Marsch, dazu ist das Tempo zu hoch, auch die verspielten Variationen passen nicht dazu, noch weniger die Tonarten- und Dynamikwechsel (Marschmusik ist meist dynamisch und harmonisch einfach gestrickt – auch die von Elgar?). In manchen kurzen Passagen höre ich Tierstimmen-Imitationen? Und gegen Ende zu verfestigt sich bei mir der Eindruck – eine fröhliche Jagdgesellschaft (Pferdegetrampel, Jagdhorn-Fanfaren) ist unterwegs. Fröhlich, munter, mit viel Bewegung, von Langeweile weitest entfernt. [Ich mag den Satz gerne hören.]


    2. Con moto – sehr friedliches Thema (auch einfach?), entspannt, aber mit voller Aufmerksamkeit, zugleich nachdenklich, auch fragend, jedoch nicht in trüber Stimmung, auch in den Moll-Passagen nicht. (Also nicht die Jagdgesellschaft während einer Pause – gibt’s da überhaupt eine Pause vor Jagdende?) Mir drängt sich der Gedanke auf, Schubert fügt seine abwechslungsreichen Wiederholungen ein um die (seine) Gedanken festigend zusammen zu fassen. [Von Mozarts Musik, die ich kenne, bewegen mich meist die langsamen (2.) Sätze – ich meine das trifft auch auf Schubert zu – oder liegt es mehr an meinem Desinteresse an sehr dramatischer Musik?]



    3. Scherzo, Allegro vivace, Trio – hier strahlt Lebensfreude pur – dazu eine kleine Reminiszenz an den Takt des 1. Satzes, aber auch an den 2. Satz wird erinnert. Tempo und Dynamik sind energisch/bestimmend, was sich mit Freundlichkeit überraschend gut verträgt. Der Satz endet rit. und leise ausklingend.



    4. Rondo, Allegro moderato – „Will der Herr Graf ein Tänzchen wohl wagen?“ – und das obwohl ein ausgeprägter Tanzrhythmus eigentlich fehlt.
    Ein sehr verspieltes Thema, der Rhythmus macht’s incl. der vielen Achtel- und Sechzehntelnoten – die hohe Tonlage kommt hinzu. In der Mitte wird es doch etwas tänzerisch, auch ein wenig Dramatik, das bleibt aber episodenhaft. In leichtem Ton eine Frage, dann endet der Satz unspektakulär auf 2 p-Akkorden.



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Der perkussive erste Satz von D 850 könnte vom Kopfsatz von Beethovens Sonate op.10/3 inspiriert sein. Die Wandererfantasie zeigt ebenfalls, dass bei dem "Melodiker" Schubert solche rhythmisch-perkussiven Sätze gar nicht so selten vorkommen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    Klaviersonate D894 (endlich ist die an der Reihe) – es handelt sich um die Fortsetzung des Beitrages Nr. 169


    Klaviersonate, G-Dur, 12/8, D894 ,CD 4
    https://www.youtube.com/watch?v=dnFm0yp4reA Es handelt sich um die CD-Aufnahme
    1. Molto moderato e cantabile – ein äußerst eingängiges, melodiöses, sangliches, 2-taktiges Thema 0:00 - 0:10, was allgemein bekannt sein dürfte. (Für mich hat es einen etwas fragenden Charakter: Mit Bindebogen elf 16tel-Noten auf h, eine 16tel auf a – die Phrase wiederholt – nach drei 8tel-Noten aufsteigend und drei 8tel-Noten absteigend zurück auf eine punkt. 4tel-Note und nach 3/8 Pause endend). Dieses Thema wird 2 x leicht verändert wiederholt 0:11 – 0:26. Eine 1. Wiederholung in e-Moll folgt bis 035 und moduliert bis 039 nach G-Dur zurück. Die dann folgende 2. Moll-Wiederholung in fis hat mit der 1. Moll-Wiederholung in e nichts, aber auch gar nichts gemein – dieses fis-Moll kommt von der „ganz anderen Welt“ (X siehe unten), einer völlig anderen, tief bedrückten Stimmungswelt. Es ist für mich emotional äußerst bewegend, wie Schubert in Bruchteilen von einer Sekunde den Hörer musikalisch „wie in ein tiefes Loch fallen lässt“ [oder selber fällt?] – es dauert dann auch bis 1:13, bis aus diesem in der Harmonik begründeten abgrundtiefen fis-Moll das Thema Schritt für Schritt nach
    G-Dur zurück findet. Das Thema in Dur wird mehrmals wiederholt, anfangs unverändert, dann in äußerst abwechslungsreichen Variationen – meist in p oder pp – der Rhythmus wird verändert, rechts spielt links und umgekehrt. Der Rhythmus links wird konzentriert und akzentuiert, rechts Akkordbrechungen mit Durchgangsnoten, oktaviert in die hohe Lage, dabei Melodiebögen im Terz- und Sextabstand. Auch die linke Hand wechselt in den Sopranschlüssel, was nicht nur einen romantisch-verspielten, sondern auch einen vertrauten (fast volkstümlichen) Charakter erzeugt; dies immer wieder unterbrochen durch kurze, auch stark betonte Einwürfe in f/ff. In pp und beruhigtem Rhythmus endet der 1. Teil des Satzes bei 4:38 und wird unverändert ab 0:00 wiederholt, was bei 9:22 endet.
    Der 2. Teil des Satzes, e-Moll, ff – nach 9 Takten (9:50) mit fff und noch einer dramatischeren Steigerung, das Thema z. T. nur noch verkürzt auf einen Takt. Bei 10:04 nach G-Dur, p und dann wieder ab 10:24 in e-Moll und ff wechselnd. Nach einem kurzen decresc. bedächtiges cresc. und bei 10:58 leicht veränderte Wiederholung von 9:50 – 10:24, was bei 11:35 endet. Das Thema wird nun in der Harmonik und Dynamik variiert und kehrt bei 12:24 zum Thema in G-Dur zurück. 13:12 bringt rechts eine Rhythmusvariant, welche durch die Oktavierung, noch mehr in die höchste Lage, an Bedeutung gewinnt; dabei bleibt aber links im Bassschlüssel. Durch die besondere Bassakzentuierung – meist punkt. 1/8- und ¼-Noten – wird der wiegende 12/8 deutlich hörbar, was zunimmt, wenn links nur noch punkt. ¼-Noten hat. 16tel-Läufe (14:57) rechts und links sind der Beginn der letzten dramatisch-akzentuierten Dur-f/ff-Passagen. Ganz entspannt in 1/8-Noten und pp – mit einem kleinen, kurzen cresc. – und tiefer Basslage klingt der Satz in pp friedlich aus.
    [Diesen Satz höre ich mit großer Freude, trotz des „tiefen Loches“, das (scheinbar?) zu Schubert gehört.]



    2. Andante, D-Dur, 3/8 – das 9-taktige, freundliche, gemütliche (behäbige?) Thema wird in p bis 0:17 vorgestellt und bis 1:07 in pp (mit kurzen fp-Einschüben) variiert. Melodiebögen mit Terz- und Sextabständen betonen den freundlichen, beinahe schon volkstümlichen Charakter – Wiederholung 0:17 bis 1:07, die bei 1:57 endet. Das ist nicht nur im Charakter ähnlich dem Beginn des 1. Satzes, es klingen auch kurze Teile des Themas an. Mit Themavariationen in h-Moll und ff ist es bis 2:16 vorbei mit der Gemütlichkeit, was dann zwar nach pp wechselt aber in Moll bleibt und erst von 2:32 bis 2:39 in D-Dur fortgeführt wird. Weiter in h-Moll und ff bis 2:58, in Moll bleibt aber pp. 3:11 D-Dur –„volkstümlich“ - 3:22 h-Moll, 3:42 D-Dur und bei 3:50 Thema D-Dur mit 32tel-Läufen und fp-Einwürfen zwischen pp. Die hohen Lagen rechts, links im Sopranschlüssel, schaffen einen friedlichen Charakter. Ab 4:57, d-Moll und große Dramatik; bis 6:51 häufiger (5:17, 5:30, 5:40, 5:59, 6:24) Wechsel zwischen D-Dur und d-Moll und den jeweiligen Paralleltonarten. Dur meist (nicht immer) in Verbindung mit p/pp, Moll analog mit f/ff. Die dramatischen f/ff-Einwürfe sind im Charakter ähnlich im 1.Satz
    3:45/6:15/8:05 und verwenden kurze Passagen daraus. Ab 6:24 wird von d-Moll nach D-Dur moduliert, ab 6:51 wird das Thema in D-Dur (0:00 bis 0:17) wiederholt und variiert. Der Satz endet nach wenigen Harmonikmodulationen ganz schlicht in ppp. (Die häufigen Wechsel der Harmonik und Dynamik machen den Satz sehr abwechslungsreich – unstet?)
    [Schubert hat hier die Seelenruhe der „Taubenpost“ noch nicht erlebt? – noch nicht erreicht?]



    3. Menuetto, h-Moll, ¾, Allegro moderato, Trio – bis 0:10 wird das sehr rhythmisch geprägte Thema (dadurch verliert es etwas an Fröhlichkeit) in f vorgestellt, wechselt nach D-Dur, endet in p bei 0:21, worauf ab 0:00 wiederholt wird. Mit 0:42 beginnt in h-Moll eine dynamisch stark wechselnde Variation zwischen ff und pp und sehr vielen Vorhalten mit z. T. Ganztonschritten (ungewöhnlich), die bei 1:23 endet, ab 0:42 wiederholt und bei 2:05 zum vorläufigen Ende des Menuetts führt. Eine kurze Modulation über D-Dur führt bei 2:08 zum H-Dur des Themas des Trios in pp (hier weicht Schubert vom „Normalfall“ ab – Menuett Dur, Trio Moll) und die Wiederholung ist bei 2:28 beendet. Die dann folgende Themavariation in p/pp bewegt sich in hohen Tonlagen, und ist in der Harmonik, auch wegen der Tonlage, sehr lieblich gestaltet und moduliert in sehr kurzen Phrasen zwischen Moll und Dur, was incl. der Wiederholung bei 3:10 und mit der Wiederholung von 2:08-2:18 das Trio schließt. Ab 3:25 wird das Menuett, ohne Wiederholungen, wiederholt.
    [Während das Menuett „volkstümlich“, fast derb, daher kommt, hat das Trio etwas „intimes“ an sich.]




    4. Allegretto, G-Dur, zwei Halbe (Allabreve) – Schubert zitiert in diesem Satz viel aus den Sätzen 1-3. Es sind unveränderte oder variierte Teilthemen zu hören. Sehr fasziniert mich, wenn Rhythmen variiert werden, z. B. durch verschieben der leichten und schweren Taktzeiten, Synkopen werden eingefügt, der ursprüngliche Rhythmus aber klar erkennbar bleibt. Veränderungen in der Harmonik gehören auch dazu, von Tempi und Dynamik ganz zu schweigen. Ich habe den Klangeindruck, als würde sich kaum etwas verändern, gleichzeitig entsteht aber ein neuer, unverwechselbarer Satzcharakter, der etwas leichtes, Tänzerisches an sich hat. Auch der Wechsel bei 3:57 mit einer kurzen Modulation nach Es-Dur ändert daran nichts, wohl aber wenn die Paralleltonart c-Moll bei 4:40 kommt. Wechsel ohne Modulation bei 5:21 nach C-Dur und kurz darauf nach
    c-Moll. Vor 6:08 kurze Modulation nach Es-Dur; 7:02 kehrt zur Grundtonart G-Dur zurück - zwischen 8:05 und 8:30 in ff kurze Wechsel zwischen im Satz vorkommenden Tonarten – in welchem der Satz friedlich, in pp und einem „un poco piu lento“ unspektakulär endet.


    Von den Tonartenwechseln abgesehen habe ich keine Detailangaben zu den Zitaten aus den Sätzen 1-3 gemacht. Wer sich mit D894 etwas näher beschäftigen will, kann (ohne meinen großen Zeitaufwand) die Zitate im 4. Satz wenn nicht nachvollziehen, so zumindest nachempfinden.
    [D894 ist in seiner Vielfältigkeit und thematischen Verbundenheit etwas ganz Besonderes – ich habe nicht mitgezählt, wie oft ich die Sonate und die einzelnen Sätze angehört habe- es war immer sehr bewegend, trotz der/m für den Beitrag notwendigen Arbeit/Zeitaufwand.]


    https://www.jpc.de/jpcng/class…-D-678-D-950/hnum/4929738CD 2
    https://www.youtube.com/playli…k4nXTJyIrOPqX3cmYhC20FjoQ Es handelt sich um die CD-Aufnahme
    X Ich will gewiss nicht die Klaviersonate D894 (1826) mit der Messe D950 (1828) vergleichen, es geht mir nun um den Vergleich zweier Passagen, die beide von der „ganz anderen Welt“ kommen.


    Der letzte Akkord am Ende des 1. Agnus Dei – Laufzeit 3:55 – ist ein G-Dur-Akkord auf dem Grundton G. Darauf folgt das erste Dona nobis pacem ; der 1. Akkord – Laufzeit 3:57 – ist ein Es-Dur-Akkord, allerdings nicht auf dem Grundton Es, sondern auf der Terz G. Das gesamte Dona nobis pacem ist bei 6:34 beendet und steht in Es-Dur, aber auf G.
    Das Agnus Dei (kleine Chorfuge) vor dem ersten Dona nobis pacem erklingt überwiegend in dunklem Moll und endet auf einem G-Dur-Akkord, der aber zugleich nach Auflösung zur Grundtonart Es-Dur strebt. Diese Auflösung kommt zwar sofort im 1. Akkord von Dona nobis pacem, der Es-Dur-Akkord erklingt aber nicht auf der Tonika stehend, sondern auf der Terz G und diese Harmonik ist für mich von der „ganz anderen Welt“ kommend.


    Viele Grüße
    zweiterbass




    Nachsatz:. Es kann ja durchaus sein, dass andere, tiefergehende Meinungen entstehen - subjektiv, so wie meine. Über Antwort(en) freue ich mich deshalb, auch (und besonders) über begründete Kritik – was bringt es, nur „im eigenen Saft zu schmoren“?

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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