Wiener Zentralfriedhof - Alte Arkaden (Teilansicht) unmittelbar nach dem Haupteingang
In der Bildmitte die Gruft der Familie Waechter
Zum heutigen 25. Todestag
Eberhard Waechter hatte an der Wiener Staatsoper weit über eintausend Auftritte absolviert sage und schreibe 1.134 Mal stand er auf der Bühne der Staatsoper, wenn mir kein Additionsfehler unterlaufen ist. Alleine 143 Mal sang er den Conte in »La Nozze die Figaro«, 83 Mal den Don Giovanni und genau so oft gab er den Sprecher in der »Zauberflöte«.
Eine ganz markante Rolle übernahm Waechter 1991, als er zusammen mit Ioan Holender -parallel zur Volksoper, wo er schon 1987 Nachfolger von Karl Dönch geworden war - die Leitung der Staatsoper übernahm. Für ihn war ein Traum in Erfüllung gegangen, denn er hatte davon geträumt, den Geist jenes Wiener Ensembles noch einmal zu beleben, jenes legendären Ensembles, in dem er zwischen erstklassigen Interpreten vom Format einer Irmgard Seefried, eines Paul Schöffler, eines Anton Dermota ... groß geworden war.
Am 8. Juni 1929 wurde dem Musikwissenschaftler Eberhard von Waechter und dessen Ehefrau Anna ein Sohn geboren, der eine unauffällige Kindheit durchlebte, das Elisabeth-Gymnasium in Wien besuchte und 1947 Matura machte. Das auffälligste seiner Schulzeit dürfte gewesen sein, dass Waldemar Kmentt einer seiner Schulkameraden war.
Unmittelbar nach seinem Schulabschluss absolvierte Waechter eine zweijährige Ausbildung als Koch an der Hotelfachschule Wien.
Dass er auch etwas in Sachen Musik machen wollte stand im Raum, denn schon als Heranwachsender war er fast täglich auf den Stehplätzen der Oper anzutreffen.
So studierte er zunächst bei Professor Joseph Marx Harmonielehre und ging in die Kapellmeisterschule, um Dirigent zu werden. Lange währte diese Begeisterung allerdings nicht, denn plötzlich faszinierte ihn das Klavier und er wollte Pianist werden; aber nach einiger Zeit des Studiums bei Professor Josef Dichler erklärte ihm dieser, dass dazu etwas mehr Fleiß notwendig sei und meinte, dass Waechter einmal prüfen sollte ob mit der Stimme was zu machen sei, denn, so meinte der Herr Professor, Sänger sei doch ein sehr angenehmer Beruf.
Ab 1950 studierte er nun bei der renommierten Gesangslehrerin Elisabeth Radó, bei der unter anderen auch Anton Dermota, Waldemar Kmentt, Adolf Dellapozza, Rudolf Christ, Heinz Holecek ... studierten, Gesang.
Ohne Stimme geht da natürlich gar nichts, aber wie sich herausstellte war da eine Stimme, aber bei Eberhard Waechter zunächst nicht der ganz große Wunsch Opernsänger zu werden.
Da eine finanziell großzügige Unterstützung vom Elternhaus her nicht möglich war, arbeitete Waechter ab 1951 als Bankkaufmann bei einer Wiener Bank.
Zu dieser Zeit hatte der bereits erwähnte Schulfreund Waechters, Waldemar Kmentt, sich als Tenor in Wien schon einen Namen gemacht und konnte sich für seinen Schulfreund als Türöffner einbringen; es kam zum Vorsingen, das vermutlich erfolgreich war, denn Eberhard Waechter konnte seine Banktätigkeit wieder aufgeben und wurde Ensemblemitglied der Wiener Volksoper und dann ach noch der Staatsoper, was den besonderen Verhältnissen geschuldet war, weil die Staatsoper damals über kein eigenes Haus verfügte.
Im April 1953 sang Waechter bei der Wiener Konzerthausgesellschaft zusammen mit Hilde Zadek. Seine erste auf der Bühne gesungene Opernrolle war der Silvio in »Der Bajazzo«.
1954 verpflichtete der damalige Staatsoperndirektor Karl Böhm den jungen Bariton als ständiges Mitglied des Wiener Staatsopernensembles. Dieser Status blieb bis zum Jahr 1987.
Die Partie des Silvio entwickelte Waechter zu seiner ersten Paraderolle. Eine private Rolle folgte, nämlich die des Ehemannes und mehrmaligen Vaters; 1954 heiratete er Franziska Komtesse von Marenzi und dem Paar wurden sechs Kinder geboren.
Endlich war 1955 das Gebäude der Staatsoper wieder hergestellt und Eberhard Waechter stand erstmals in der Oper »Frau ohne Schatten« als Wächter der Stadt auf den Brettern des neuen Hauses, keine tragende Rolle, aber passend zum Namen.
Etwas später, im Dezember 1955, sang er dann den Marcello in »La Bohéme«, es folgte der Wolfram in »Tannhäuser«, der Lescaut in »Manon Lescaut« ...
Ein bedeutendes Datum in Waechters Karriere ist der 18. März1956, das war sein Rollendebüt in Verdis »Don Carlos« als Marquis von Posa, nachdem er schon ein Dutzendmal in dieser Oper den Grafen von Lerma gegeben hatte, war er nun in dieser tragenden Rolle angekommen - um ihn herum:
Josef Greindl (Filippo II.), Karl Friedrich (Don Carlo), Maria Reinig (Elisabetta), Elisabeth Höngen (Eboli) ...
Die Presse lobte die Qualität dieses jungen Sänger-Schauspielers in den höchsten Tönen und man vertraute Waechter immer mehr gewichtige Rollen seines Stimmfaches an. Nicht ganz so groß war sein Rollendebüt unter Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen 1956, er gab in »Die Zauberflöte« den 2. Priester.
An der Staatsoper galt er eher als Liebling Karajans, aber musste, wie andere gestandene Leute an der Staatsoper auch, mitunter zusehen, wenn die internationale Konkurrenz am Haus gastierte.
Wächter gab inzwischen schon viele Gastspiele und er war sowohl in Bregenz als auch Bayreuth zu hören, 1958 reiste die gesamte Familie dorthin, nachdem im Juni 1958 Söhnchen Albert zur Welt gekommen war.
Im Mai 1960 gastierte das Staatsopernensemble mit Mozarts »Le Nozze die Figaro« im Mailand, wo Eberhard Waechter unter dem Dirigat Herbert von Karajans den Grafen Almavia sang. Im gleichen Jahr auf dem Grünen Hügel den Amfortas in »Parsifal« und den Heerrufer im »Lohengrin«. In Salzburg trat er als Don Giovanni auf, eine Rolle, die auch in den Folgejahren zu seinen Großen zählte.
Man findet Waechter nun am Teatro Colon, an der Lyrc Opera Chicago und natürlich auch an der Metropolitan Opera in New York.
Mitte der 1960er Jahre reden Fachleute von einer Stimmkrise, von der er sich nicht mehr ganz erholt haben soll, wobei die ursprüngliche Schönheit der Stimme gelitten habe, woraus die Hinwendung zum charismatischsten Singschauspieler resultierte.
Bei all dem Operntrubel soll nicht vergessen werden, dass Eberhard Waechter immer wieder auch qualitätsvolle Liederabende gab, auf einer CD wurde Schumanns »Dichterliebe« mit Alfred Brendel festgehalten.
Waechter deckte ein breites Spektrum ab und hatte keinerlei Berührungsängste mit Musical und Operette und auch bei Film und Fernsehen fühlte er sich nicht unwohl.
Im September 1978 standen in einer »Fledermaus«-Aufführung erstmals Vater und Sohn gemeinsam auf der Bühne, der Vater als Gabriel von Eisenstein, der 1955 geborene Sohn Franz gab den Dr. Falke. Etwas später dann, an der Volksoper, in »Der Barbier von Sevilla«, Eberhard Waechter als Doktor Bartolo und sein Sohn als Figaro.
Am 19. Mai 1983 feierte Eberhard Waechter als Sprecher in »Die Zauberflöte« seinen Abschied von der Staatsoper als Sänger-Darsteller.
Aber damit stellte er seine sängerischen Aktivitäten keineswegs ein; im Sommer 1984 sang er im Wiener Sommertheater der Volksoper noch einmal den Danilo in »Die lustige Witwe« und ging mit diesem Stück auch noch im Herbst auf Tournee nach Amerika.
Als Waechter Direktor der Wiener Volksoper wurde, hatte er bis daher nicht nur Erfahrungen als Sänger gemacht, sondern war auch Mitglied im Betriebsrat der Staatsoper und kannte sich bezüglich der Gepflogenheiten im Theater auch hinter den Kulissen bestens aus und konnte sich auf diese Position lange vorbereiten.
An der Volksoper wurden sowohl die klassischen Operetten als auch Opern aufgeführt und in diesem Genre besonders Mozarts Opern berücksichtigt. Waechter war ein Anhänger, ja Verfechter des Opernstils, der mit Karajan ein jähes Ende fand. Der neue Direktor brachte Mozarts Werke wieder in deutscher Sprache auf die Bühne, was ihm sowohl die Kritik fortschrittlicher Kreise einbrachte als auch Erfolg bei Publikum und wirtschaftlichem Ergebnis.
Der zeitgenössischen Oper stand Waechter reserviert gegenüber. Wie sich das alles weiter entwickelt hätte?
Man weiß es nicht; von den Lebensjahren her gesehen hätte Eberhard Waechter noch durchaus einiges bewegen können, denn er war erst 62 Jahre alt; wenige Monate zuvor, im September 1991, hatte er sein Direktorenamt an der Wiener Staatsoper angetreten. Nach einem geselligen Mittagessen, beim Laufen im Wald, erlitt er einen Herzinfarkt, die Musikwelt war geschockt.