Tamino Opernkanon

  • as machen wir mit Charpentiers "Louise"? Premiere 1900, also laut Definition beginnt das 20. Jahrhundert am 1.1.1901, demzufolge gehört die Louise hierher.


    Kommt noch, lieber La Roche, ich habe nur mal wieder irgendwo eine Grenze ziehen müssen oder wollen, die natürlich etwas willkürlich ist. Die "Louise" wurde nominiert und wird dann zusammen mit anderen französischen Opern diskutiert, die ebenfalls nach 1900 uraufgeführt wurden (Chausson, Debussy, Roussel, Ravel, Dukas...). Du findest die Gesamtliste in Beitrag #43, und selbstverständlich wird jedes dort aufgeführte Werk auch zur Sprache kommen.


    Die Grenze zur Moderne hatten wir ja um 1930 angesetzt, d.h. da werden wir irgendwo aufhören und dann noch einmal die Liste durchgehen und auf 100 reduzieren.


    Zum Vorgehen: Ich halte es für sinnvoll, einzelne Blöcke aus der Gesamtliste herauszugreifen und nacheinander zu besprechen. Man könnte natürlich auch z.B. alle französischen Opern von 1750 bis 1930 am Stück abhandeln, aber das fände ich zu unübersichtlich. Bisher klappt es doch auch ganz gut. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Maillart - Les dragons de Villars


    Das ist eine Opera Comique. Hätten wir die nicht im Zusammenhang mit den anderen Werken der Gattung behandeln müssen?
    Ich habe das Werk nie gehört. Es ist meines Wissens auch kaum gespielt worden. Ich weiß nur von einer Aufführuing in Montpellier. Gibt es da einen Mitschnitt? Die einzige Aufnahme, die ich kenne, ist auf deutsch mit Madsen und Fehringer und wirklich kein starkes Argument für das Werk! Gibt es andere?


    Sorry, Gounods Romeo ist für mich definitiv nicht auf derselben Höhe wie sein Faust!


    Warum nicht?


    Was machen wir mit Charpentiers "Louise"? Premiere 1900, also laut Definition beginnt das 20. Jahrhundert am 1.1.1901, demzufolge gehört die Louise hierher. Für mich ein tolles Werk, gegenüber Lakme und dem Glöckchen des Eremiten deutlich vorn. Es ist so eine Art französischer Verismo, mit toller Musik.


    Ich habe doch tatsächlich die Louise bei meiner Liste vergessen! Das ist ein großartiges Werk! Allein die Szene in der Scheiderwerkstatt wäre es wert, dass Louise in den Kanon auf´genommen wird! Und die Schlußszene des Vaters!!! Selbst im italienischen Verismo gibt es wenig, was damit vergleichbar wäre.
    Kommt das noch im Zusammenhang mit Verismo-Opern oder ist es schlicht durchgerutscht?


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Gounod: Faust
    Gounod: Roméo et Juliette
    Saint-Saëns: Samson et Dalila
    Bizet. Carmen
    Offenbach: Les Contes d'Hoffmann
    Massenet: Manon
    Massenet: Werther
    Delibes: Lakmé


    Ich gehe also auch weitestgehend mit den Vorschlägen konform, würde aber "Lakmé" doch noch aufnehmen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe das Werk nie gehört. Es ist meines Wissens auch kaum gespielt worden. Ich weiß nur von einer Aufführuing in Montpellier. Gibt es da einen Mitschnitt? Die einzige Aufnahme, die ich kenne, ist auf deutsch mit Madsen und Fehringer und wirklich kein starkes Argument für das Werk! Gibt es andere?


    Dass nicht einmal Du das Werk jemals auf der Bühne erlebt hast, beruhigt mich gewissermaßen, da ich diese Oper bis vor wenigen Tagen noch nicht einmal kannte.


    Etwas Recherche brachte neben der benannten deutschen Aufnahme lediglich eine weitere auf Französisch (und schon in Stereo) hervor:


    Aimé Maillart (1817-1871)
    Les Dragons de Villars


    Rose Triquet: Suzanne Lafaye
    Georgette: Andrée Esposito
    Sylvain: André Mallabrera
    Belamy: Julien Haas
    Thibault: Pierre Héral


    Chœurs et Orchestre de la RTF
    Richard Blareau


    Paris, 1961
    Decca


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dass nicht einmal Du das Werk jemals auf der Bühne erlebt hast, beruhigt mich gewissermaßen, da ich diese Oper bis vor wenigen Tagen noch nicht einmal kannte.


    Ich auch nicht. In meinen Opernführern ist nicht einmal der Name "Maillard" erwähnt. Deswegen würde ich doch gerne noch eine Begründung haben, warum das Werk in einen Opernkanon gehört.


    Das ist eine Opera Comique. Hätten wir die nicht im Zusammenhang mit den anderen Werken der Gattung behandeln müssen?


    Es stimmt, das Werk hätte besser in den Kontext der früheren Opéras comiques gepasst, ist mir da aber durchgerutscht. Zur Erinnerung: wir hatten uns dort auf folgende Auswahl verständigt:


    Boieldieu - La dame blanche - 1 (?)
    Auber - Fra Diavolo - 4
    Adam - Le postillon de Longjumeau - 3
    Thomas - Mignon - 2

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Warum nicht?

    Das frage ich mich auch! Gounods "Romeo" ist eine ganz wunderbare "lyrische" französische Oper und für mich mit Abstand die beste Veroperung dieses wohl berühmtesten aller Shakespeare-Stoffe. Und eine sollte man davon schon drin haben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ihr kennt nicht das Glöckchen des Eremiten? Alfred, Du auch nicht?? Ich habe sogar eine deutsch gesungene Aufnahme: https://www.jpc.de/jpcng/class…YA3v3emTsoq0lQBoCiSLw_wcB


    Das Werk war bis in die 20er Jahre fester Bestandteil des deutschen Repertoires. Eine Wiederentdeckung lohnt sich. Zählt es zur Opera Comique? Soll mir recht sein. Aber es muss mit in den Kanon! Es ist so ein großartiges Werk. Sehr inspiriert. Gustav Mahler dirigierte es in Budapest und Wilhelm Furtwängler 1910 in Straßburg. Ich habe herrliche Bühnenbild- und Kostümentwürfe dazu. Weiß auch nicht, warum es nach dem 1. Weltkrieg verschwand vom Repertoire.


    Louise hätte ich auch gerne im Kanon. Würde ich aber jetzt nicht zu den großen Franzosen zählen, sondern als Nachzügler einordnen. Wann habt Ihr denn vor Goldmarks "Königin von Saba" einzuordnen?


    Zu Romeo von Gounod: O.k., ich lasse mich evtl. überzeugen, wenn ich solche Sätze lese: "Etliche weitere Zweier-Abgänge – von Verdis "Aida", die vier Jahre nach der Gounod-Uraufführung von 1867 zur Welt kam, bis zu Humperdincks "Königskindern" – haben das aufgegriffen und weitergesponnen." http://www.deutschlandradiokul…ml?dram:article_id=382367
    Doch ein schönes Ende macht keine Meilensteinoper: Bei Faust jagt ein Hit den anderen. Margarethes Los geht einem durchweg zu Herzen. Gounod schrieb, wie sehr er sich mit dieser Figur identifiziere. Bei Romeo und Julia finde ich nur das Ende zu Herzen gehend. Davor ist es eine Nummernoper, wo mir außer dem Auftritt Julias wenig im Gedächtnis bleibt. Kein Vergleich zum Rondo vom Goldenen Kalb, den großartigen Chorszenen, der Dämonie, dem Humor und der Verzweiflung im Faust! Sorry, aber für mich ist diese Oper ein Abklatsch vom Faust, wenngleich ein hochwertiger. Auch Gounods Königin von Saba ist schön, aber Faust ist eben origineller. Deswegen würde er mir reichen im Kanon.

  • Zitat

    Les Dragons de Villars


    Diese Aufnahme besitze ich auch und finde sie musikalisch sehr ansprechend.


    Zitat

    Ihr kennt nicht das Glöckchen des Eremiten? Alfred, Du auch nicht?? Ich habe sogar eine deutsch gesungene Aufnahme:


    Ich höre diese Arie sehr gerne gesungen von Fritz Wunderlich, aber auch Harald Neukirch singt sie sehr gut.

    W.S.

  • Danke Wolfgang. Also wärest Du auch für die Aufnahme des Werkes in den Opernkanon?


    Ist es wirklich sinnführend den Kanon auf genau 150 Werke zu begrenzen? Irgendwie kommt mir das immer abstruser vor. Ich finde das Abwägen gut und richtig. ich schätze den Austausch und die unterschiedlichen Meinungen, aber wenn es dann 160 Opern sind, die sich als unentbehrlich herausstellen, so fände ich das persönlich nicht tragisch, sondern eher bereichernd!

  • Gounods "Romeo" ist eine ganz wunderbare "lyrische" französische Oper und für mich mit Abstand die beste Veroperung dieses wohl berühmtesten aller Shakespeare-Stoffe.

    Gucke an, sind wir doch sogar mal einer Meinung! Die Musik ist lyrischer, herzlicher, anrührender als die Margarethe, der ich aber keinesfalls die Großartigkeit abspreche. Und sicher hat die Margarethe die bekannteren "Reißer". Aber mich berührt eben Romeo mehr, obwohl ich sonst eher für Krawallmusik empfänglich bin. Wie alles im Leben, vom bäuerlichen Fleckeeintopf bis zu 5-Sternemenü, ist das Geschmackssache.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • wenn es dann 160 Opern sind, die sich als unentbehrlich herausstellen, so fände ich das persönlich nicht tragisch, sondern eher bereichernd


    Warten wir mal ab. Zunächst sollten wir die 150 als Ziel im Auge behalten. Bei der Barock-Oper haben wir die Beschränkung auf 25 ja schon geschafft.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Im Vergleich zur "Weißen Dame" (ich wiederhole mich, aber selbst die war ein Wackelkandidat) ist das "Glöckchen des Eremiten" (wieso eigentlich ein solch irreführender deutscher Titel?) wohl wirklich mittlerweile als absolutes Nischenrepertoire anzusehen. Selbst ausgewiesene Opernkenner scheinen das Werk entweder gar nicht oder nur durch Aufnahmen, die über ein halbes Jahrhundert alt sind, zu kennen. Gehen wir unsere vier eingangs gestellten Auswahlkriterien durch,


    Zitat

    1. Qualität des Werks (Ist die Oper ein „Meisterwerk“?)
    2. Innovative Eigenschaft (Schlägt die Oper musikalisch oder musikdramatisch neue Wege ein?)
    3. Wirkungsgeschichtliche Bedeutung (War die Oper einflussreich für die weitere Entwicklung dieser Kunstform oder der Musik im Allgemeinen?)
    4. Berücksichtigung der verschiedenen Ausprägungen, Schulen und nationalen Traditionen der Oper


    dann muss man bei der "Weißen Damen" wohl bzgl. der Punkte 2 (Einbringung romantisch-fantastischer Elemente), 3 (Einfluss auf Donizetti, Bellini, Meyerbeer, Gounod, Bizet) und 4 (Hauptwerk der französischen Opéra comique) eine Aufnahmewürdigkeit in den Kanon konstatieren. Punkt 1 war strittig, aber selbst der so kritische Wagner lobte das Werk ("ein Muster dessen, was der französische Geist aus sich hervorbringt").


    Wie viele Kriterien sind beim "Glöckchen" erfüllt?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Knusperhexe!
    Ich finde ja eindrucksvoll, wie Du für das Maillarts "Les dragons de Villars" eintritts, die Dir offenbar am Hezen liegen!


    Ich hab mich jetzt mal ein wenig über das Werk infomiert, da ich selbst nur die deutsch gesungene Aufnahme des Hessischen Rundfunks (die an Biederkeit nur schwer zu übertreffen sein dürfte) und einzelne Arien von Wunderlich, Dermota und Huguette Tourangeau kenne!


    In den meisten Opernführern und Opernhandbüchern wird sie überhaupt nicht erwähnt. Ich habe immerhin in zwölf Werken vergeblich nach Maillart gesucht. Selbst in Ulrich Schreibers Geschichte des Musiktheaters habe ich die Oper und ihren Komponisten nicht erwähnt gefunden.

    Werner Oehlmann (Oper in vier Jahrhunderten, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1983) heißt es kurz und bündig: "...heute hat die melodiöse, aber wenig originelle, die Trivialität streifende Musik ihren Reiz verloren."


    In der Piper Enzyklopädie des Musiktheaters wird sie auf drei Seiten behandelt.
    Ich zitiere mal:
    ".....mangelt es dem Stück an theatralische Plausibilität!"
    ".....Anlaß zu schaler, mit allerlei Späßen angereicherten Soldatenfolklore...."
    "....bewegt sich Maillart auf den Spuren Halévys, jedoch mit unterschiedlichem künstlerischen Gelingen..."
    "....Zwar findet er für die Gefühle der Liebenden anmutig-empfindsame Melodien von kalkulierter Schlichheit....verfällt jedoch an den dramatischen Höhepunkten....in routinierte Konvention.
    "So erscheint der harmonisch-freundliche deutsche Titel mit seiner Assoziation einer romantischen Idylle den Charakter des Werkes ungleich besser zu treffen als das martialische französische Original!"


    ".... die größte und dauernste Resonanz fand es im deutschsprachigen Raum: Der biedere Humor der Soldatenszenen und der gemütvolle Ton in den Gesängen des Liebespaares trafen hier jahrzehntelang den Geschmack breiter Publikumsschichten"


    Ich kann mir vorstellen, dass mit einer so temperamentvollen und virtuosen Sängerin wie Huguette Tourangeau als Rose Friquet das Werk durchaus Zuspruch und Beifall finden kann. Aber selbst der Tourangeau ist es nicht gelungen, eine Aufführung zu erreichen. Und die Arie auf ihrer LP 'Arias from forgotten Operas' ist ja nun auch nicht wirklich ein starkes Plädoyer für die Wiederbelebung obwohl im Begleittext gerühmt wird: "the score is full of charmin an witty melodies"!


    Angesichts der Ergebnisse meiner Bemühungen bin ich wirklich entschieden gegen eine Aufnahme in den Kanon.


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Du, ich finde die deutsche Aufnahme gar nicht bieder. Außer vielleicht in den Dialogen. Wie gesagt, das Stück war bis nach dem 1. Weltkrieg, wo der zynische Zeitgeist vielen naiv, reaktionär oder wilhelminisch scheinenden Stücken scharf ins Gesicht wehte, fest im deutschen Repertoire verankert. In den Opernführern von 1910 bis 1920 wird das Werk ausnahmslos gelobt. Ich schaue mal gerne die Aufführungsziffern nach. Aber erst nach Ostern. Gounods Romeo und Julia hatte es da in Deutschland etwas schwerer und dürfte kaum auf diese Aufführungsdichte gelangen.

  • Du, ich finde die deutsche Aufnahme gar nicht bieder.


    Viel Auswahl an Aufnahmen hat man ja nicht, aber höre Dir mal Huguette Tourangeau mit der Arie der Rose zum Vergleich an, dann wird Dir schnell aufgehen, was ich meine!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Geht doch nicht so schnell, wie ich hoffte...


    Folgende Werke sind wohl inzwischen Konsens bzw. haben eine klare Mehrheit:


    Gounod - Faust - 13
    Gounod - Roméo et Juliette - 4
    Saint-Saëns - Samson et Dalila - 5
    Bizet - Carmen - 13
    Offenbach - Les Contes d'Hoffmann - 13
    Massenet - Manon - 6
    Massenet - Werther - 10


    Umstritten ist vor allem:


    Maillart - Les dragons de Villars (Das Glöckchen des Eremiten) - 1


    Ich bin auch dagegen, dieses Werk aufzunehmen. Joseph II. hat uns ja noch einmal die Kriterien in Erinnerung gerufen, und die erfüllt es beim besten Willen nicht. Ich sehe es weder qualitativ auf einer Stufe mit dem, was hier sonst in der Liste steht, noch ist ein besonderes innovativer Charakter oder ein Einfluss auf die Entwicklung der Oper zu erkennen. Und das Genre der Opéra comique haben wir schon hinreichend berücksichtigt.


    Noch zu klären:


    Delibes - Lakmé - 1


    Es gibt inzwischen einige Stimmen für dieses Werk, aber noch keine Begründung. Caruso hat gesagt, er könnte Argumente ins Feld führen, wolle aber nicht... Ich kenne das Stück nicht wirklich gut, ich habe zwei Aufnahmen auf DVD, die ich jeweils einmal gehört habe. Die Exotik mit ihren Anklängen persischer und indischer Musik hat zweifellos ihren Reiz, und exotische Stoffe und Konflikte zwischen den Kulturen haben ja in der französischen Oper eine lange Tradition, die bis zu Rameaus "Les Indes Galantes" zurückreicht. Es gibt in "Lakmé" schöne Musik und herrliche Arien und Duette, die "Glöckchenarie" ist ja ein bekanntes Bravourstück, an dem sich viele Koloratursopranistinnen versucht haben. Aber insgesamt habe ich die Oper musikalisch und formal als recht konventionell in Erinnerung. Vertreten kann man die Aufnahme in den Kanon sicherlich, zwingend scheint sie mir nicht zu sein. Vielleicht wieder einmal ein Fall für eine Aufnahme mit Fragezeichen?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • ch habe doch tatsächlich die Louise bei meiner Liste vergessen! Das ist ein großartiges Werk! Allein die Szene in der Scheiderwerkstatt wäre es wert, dass Louise in den Kanon auf´genommen wird! Und die Schlußszene des Vaters!!! Selbst im italienischen Verismo gibt es wenig, was damit vergleichbar wäre.

    Lieber Caruso41. Nicht nur die Szene in der Schneiderwerksatt ist toll. Ich finde auchden 3.Akt mit der Arie der Louise (Depuis le jour, siehe Link, hier mit Renee Fleming) und das anschließende schwärmerische Duett mit Julien vor dem Feuerwerk wunderbar. Und der ergreifende Schluß, wo Louises Vater die verführerische Stadt Paris verflucht, das ist Musik vom Feinsten. Das beginnt ja schon im 1. Akt, wenn Louise sich mit Julien trifft und sie bei zaghaften Liebesbetörungen von der Mutter argwöhnisch beobachtet werden. Die ganze Oper ist romantisch, tragisch und einfach schön. Leider nicht so bekannt. Ich habe sie auch nur dank unseres Taminos Gerhard kennengelernt.


    https://www.youtube.com/watch?v=_d_8ovQHbF4


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Was mich ein bißchen wundert, ist, dass bei einem Stück, das bei der ursprünglichen Abstimmung nur eine Stimme (oder jedenfalls VIEL weniger als andere Kandidaten) erhalten hat, bei der Diskussion auf einmal Fürsprecher irgendwoher erscheinen (das war bei Verdi teils auch so). Ich finde, im Normalfall sollte die ursprgl. Abstimmung schon Gewicht haben. Wenn ein Stück nur eine einzige Stimme hat und der nächste Kandidat fünf (o.ä.), dann muss es schon sehr gute Gründe geben, nochmal drüber nachzudenken, ob das Stück hinein soll.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wenn ein Stück nur eine einzige Stimme hat und der nächste Kandidat fünf (o.ä.), dann muss es schon sehr gute Gründe geben, nochmal drüber nachzudenken, ob das Stück hinein soll.


    Einerseits möchte ich die ursprünglichen Voten nicht überbewerten. Manches wurde einfach vergessen, und bestimmte Bereiche der Oper haben nur sehr wenige Taminos überhaupt im Blick. Da können wir in manchen Fällen dankbar sein, dass überhaupt jemand daran gedacht hat. Trotzdem stimme ich Dir zu, dass bei Werken mit nur ein oder zwei Nominierungen schon überzeugende Gründe angegeben werden sollten, um es aufzunehmen. Denn das Ergebnis soll ja ein Gemeinschaftsprodukt sein und nicht eine Addition von Einzelinteressen. Leider beteiligen sich längst nicht alle Taminos an der Diskussion, die Listen abgegeben haben.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Joseph hat gestern auch Saint-Saëns Samson et Dalila aufgeführt. Ich würde dieser wunderschönen Oper (ich liebe alle Arien der Dalila) gerne meine Stimme geben. Zudem ist der Postillon von Lonjumeau eine meiner meistgehörten Opern. Ich besitze sie in mehreren Besetzungen, auch in deutsch gesungen.



    W.S.

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  • Joseph hat gestern auch Saint-Saëns Samson et Dalila aufgeführt. Ich würde dieser wunderschönen Oper (ich liebe alle Arien der Dalila) gerne meine Stimme geben. Zudem ist der Postillon von Lonjumeau eine meiner meistgehörten Opern. Ich besitze sie in mehreren Besetzungen, auch in deutsch gesungen.


    Lieber Wolfgang, "Samson et Dalila" ist wohl unumstritten, jedenfalls hat bisher noch niemand gegen dieses Werk votiert. Und den "Postillon von Lonjumeau" haben wir schon vor längerer Zeit abgehandelt, er ist in den Kanon aufgenommen worden. Zur Zeit stehen die Werke aus Beitrag #292 zur Diskussion, und da sind m.E. nur noch zwei strittig bzw. ungeklärt (s.o.)

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Delibes - Lakmé - 1


    Es gibt inzwischen einige Stimmen für dieses Werk, aber noch keine Begründung. Caruso hat gesagt, er könnte Argumente ins Feld führen, wolle aber nicht... Ich kenne das Stück nicht wirklich gut, ich habe zwei Aufnahmen auf DVD, die ich jeweils einmal gehört habe. Die Exotik mit ihren Anklängen persischer und indischer Musik hat zweifellos ihren Reiz, und exotische Stoffe und Konflikte zwischen den Kulturen haben ja in der französischen Oper eine lange Tradition, die bis zu Rameaus "Les Indes Galantes" zurückreicht. Es gibt in "Lakmé" schöne Musik und herrliche Arien und Duette, die "Glöckchenarie" ist ja ein bekanntes Bravourstück, an dem sich viele Koloratursopranistinnen versucht haben. Aber insgesamt habe ich die Oper musikalisch und formal als recht konventionell in Erinnerung. Vertreten kann man die Aufnahme in den Kanon sicherlich, zwingend scheint sie mir nicht zu sein. Vielleicht wieder einmal ein Fall für eine Aufnahme mit Fragezeichen?


    Lieber Bertarido!


    Ich hätte mich nicht gegen Lakme gewandt, weil ich Gründe sehe, das Werk aufzunehmen. Aber dafür einsetzen will ich andererseita doch nicht angesichts der Tatsache, dass nur von einem der Beteiligten das Werk für eine Aufnahme in den Kanon vorgeschlagen wurde.


    Aber noch mal die Frage: Was ist mit Charpentiers LOUISE?
    Ich hatte das Werk einfach vergessen. Unverzeihlich!!!
    Vielleicht steht es ja bei Verismo-Opern noch zur Diskussion.


    Das ist ein wirklich bedeutendes Werk. Charpertier schreibt bewußt keine Oper im traditionellen Sinne sondern einen "Roman musical". Das ist sehr wörtlich zunehmen. Viele Personen, scharf charakterisiert. Die Atmosphäre von Paris und die Alltagswirklichkeit der einfachen Menschen. Umgangssprache: trivial, grob, prosaisch, teils wie in der alltäglichen Spachrealität verschluckte Silben. Ungeschönte Arbeitswelt in einer Manufaktur, schnell, unübersichtlich, derb!
    Und dann die romanhaft fast herb erzählte Geschichte von dem verführerischen Beau und Lover und der einfachen Näherin, die vom Glück träumt.
    Die ist aber gar nicht die Hauptsache, sondern die Großstadt Paris mit ihrem betörenden Zauber!
    Und dann: die Charakterisierung der Eltern Louises. Schon die ersten Szenen rücken sie ins Zentrum. Die Schlußszene gehört dann wieder ihnen: die Verzweiflung und Wut des Vaters sucht in der ganzen Opernliteratur ihregleichen!.....


    Es gäbe noch so viel zu rühmen. Wer nur "Depuis le jour" kennt, mag das Werk vor einen Abklatsch Puccinis Boheme halten. Es ist aber ganz etwas anderes, und - meiner beschiedenen Meinung nach - zumindest ebenbürtiges!


    Deshalb noch mal die Frage: Was ist mit Charpentiers LOUISE?


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Deshalb noch mal die Frage: Was ist mit Charpentiers LOUISE?


    Lieber Caruso, die Antwort hatte ich doch schon in Beitrag #301 gegeben: "Louise" kommt noch. Nach den nicht nur leidenschaftlichen, sondern auch überzeugenden Plädoyers von Dir und La Roche habe ich keinen Zweifel, dass das Werk seinen Weg in den Kanon findet. Wir können es auch gerne jetzt schon beschließen, wenn Du meinst, dass es hierhin besser passt.


    Ich hätte mich nicht gegen Lakme gewandt, weil ich Gründe sehe, das Werk aufzunehmen. Aber dafür einsetzen will ich andererseita doch nicht angesichts der Tatsache, dass nur von einem der Beteiligten das Werk für eine Aufnahme in den Kanon vorgeschlagen wurde.


    Vorgeschlagen hatte es La Roche. Vielleicht könnten er oder Joseph II., der es nun auch gerne aufnehmen möchte, etwas dazu sagen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Caruso, die Antwort hatte ich doch schon in Beitrag #301 gegeben: "Louise" kommt noch. Nach den nicht nur leidenschaftlichen, sondern auch überzeugenden Plädoyers von Dir und La Roche habe ich keinen Zweifel, dass das Werk seinen Weg in den Kanon findet. Wir können es auch gerne jetzt schon beschließen, wenn Du meinst, dass es hierhin besser passt.


    Lieber Bertarido!
    Ist muss nicht jetzt schon sein! Du hast genug zu tun. Bleib bei Deiner Systematik!
    Ich bin nur froh, dass das Werk nicht übersehen wird!


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Also, mich wundert schon, dass ihr die Louise auf jeden Fall im Kanon seht. Ich hätte sie zwar auch gerne drin, sehe aber auch nicht alle Punkte erfüllt. Dieses Werk ist absolut nicht unumstritten. In den Rezensionen wurde es geradezu verrissen. In Deutschland erfreut es sich überhaupt keiner Beliebtheit. Man nannte es einen billigen Abklatsch von La Boheme.. will sagen, wenn die Louise reinkommt, dann muss auch das Glöckchen rein.

  • Dieses Werk ist absolut nicht unumstritten. In den Rezensionen wurde es geradezu verrissen. In Deutschland erfreut es sich überhaupt keiner Beliebtheit. Man nannte es einen billigen Abklatsch von La Boheme.


    Dann mußt Du, lieber Knusperhexe, sonderbare Quellen haben.


    Dass LOUISE in Deutschland keine besondere Beliebtheit hat, ist unbestritten. Sagt aber nichts über die Qualität! In Frankreich und England wird sie sehr geschätzt!
    Wer es "einen billigen Abklatsch von La Boheme" nennt, muß ein sonderbares Koordinatensystem haben. Die Louise wurde 1896 fertig . In dem Jahr wurde erst La Boheme uraufgeführt! Vielleicht hat Charpentier die Boheme gekannt, aber sie ist in ihrer ganzen Anlage und und in der musikalischen Sprache so völlig anders, dass man eigentlich nicht auf die Idee kommen kann, sie wäre ein Abklatsch!


    Mit verständnislosem Gruß
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • "Louise" wurde vor einigen Jahren in Düsseldorf gespielt, Regie Christoph Loy. Ich fand das Stück bis auf die große Arie der Louise sterbenslangweilig. Dies ist allerdings jetzt nicht als Votum dagegen zu verstehen, denn es ist unbestritten, dass es einige Opern im Kanon gibt, die man nicht mag.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Dass LOUISE in Deutschland keine besondere Beliebtheit hat, ist unbestritten. Sagt aber nichts über die Qualität!


    Passt hier zwar nur bedingt rein, aber weil's gar so verblüffend ist:


    Niemand Geringerer als Hans Knappertsbusch dirigierte "Louise" von Charpentier! 1955 im Prinzregententheater in München, nicht weniger als achtmal. Es sangen u. a. Hans Hotter, Leonie Rysanek und Paul Kuen. Hat sich als Mitschnitt wohl leider nicht erhalten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Meine Quellen sind u. a. die Rheinische Musikzeitung und die Kölnische Volkszeitung, die die Louise sowohl bei der Erstaufführung als auch bei der Wiederaufnahme an der Kölner Oper total verdammen. Schlusssatz war "Lasst den Franzosen ihre Louise, uns ist die Näherin von Puccini wesentlich lieber." Und ich erinnere mich auch, dass bei der Premiere an der Düsseldorfer Oper vor ein paar Jahren, das Werk in den Rezensionen nicht so gut abgeschnitten hat. Nicht falsch verstehen, mir gefällt es auch und ich hätte es ebenfalls gern im Kanon. Nur dann würde ich auch auf dem Glöckchen bestehen.

  • Niemand Geringerer als Hans Knappertsbusch dirigierte "Louise" von Charpentier! 1955 im Prinzregententheater in München, nicht weniger als achtmal. Es sangen u. a. Hans Hotter, Leonie Rysanek und Paul Kuen. Hat sich als Mitschnitt wohl leider nicht erhalten.


    Ein Mitschnitt von der Premiere am 10. März in der Neuinszenierung von Heinz Arnold hat sich sehr wohl erhalten, nämlich unter den gleichen Umständen wie bei "Lohengrin", den ORFEO herausgebracht hat. Meinen Informationen nach wurde vor Jahren eine Veröffentlichung ernsthaft in Erwägung gezogen, aufgrund der eingeschränlkten Tonqualität aber fallengelassen. Schade, schade. Ich hatte mich seinerzeit zu früh gefreut. :(


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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