Adams - Transmigration of Souls

  • Durch den Artikel über John Adams in der letzten Ausgabe des Rondo-Magazins bin ich neugierig geworden, und würde nicht ungerne mal einen Satz aus seiner "Transmigration of Souls" probehören. Mich würde interessieren, wie man ein derartig katastrophales Ereignis in Musik umsetzt. Weiss jemand zufällig, ob man (längere) Auszüge dieses Werkes irgendwo im Internet (so wie für manche Stücke bei Klassik-Akzente) anhören kann - bei einem derartigen modernen Werk glaube ich nicht, dass ich mir anhand der üblichen 1:30-Soundbites ein Urteil bilden könnte.


    Gruß


    katlow

  • In der Zwischenzeit, nach nun mehr als 12 Jahren seit des Eröffnungsbeitrags, ist das Orchesterstück bekannter geworden. Es ist eine 2002 vergebene Auftragsarbeit anlässlich des 1. Jahrestages der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York in Gedenken an die Opfer.


    Die Musik geht ziemlich unter die Haut, ist "leise" und sensibel, geschrieben für Orchester, Chor Stimmen und Geräusche; dies alles sehr dezent. Es werden dabei auch Namen der Opfer genannt. Ich denke, dass die Musik so eindrucksvoll herüberkommt, da es bei Adams nicht, wie er selber sagt, um Weltpolitik geht oder darum, wer die Schuld für den Terrorismus trägt, sondern da er in diesem Stück Emotionen ausdrücken musste, "...die gar nicht so sehr mit dem eigentlichen Geschehen zu tun hatten, aber mit plötzlichem Verlust. Das, worauf ich mich konzentriert habe, waren sehr intime Emotionen – was ein Sohn beim Verlust seines Vaters fühlt, oder ein Verliebter, der herausfindet, dass die Person, die er am Morgen noch gesehen hat, am Abend nicht mehr nach Hause kommen wird."


    Zu den emotionalen Hintergründen des Schaffensprozesses führt Adams weiter aus, dass er bei der Uraufführung sehr nervös gewesen sei, was besonders damit zusammenhing, dass diese im durch die Anschläge tief traumatisierten New York stattfand - und Angehörige der Opfer sowie Überlebende anwesend waren. "Ein Stück zu schreiben, das sehr emotional ist, das den wunden Nerv einer Tragödie wie dieser trifft und es dann nach New York zu bringen – das hätte eine missverstandene oder sogar eine verletzende Geste sein können. Aber ich habe dann sehr anerkennende Reaktionen bekommen, auch von Angehörigen, die im Konzert waren. Und es ist ganz und gar kein einfaches Stück, eher ein sehr kompliziertes Stück, mit Vierteltönen, mit sehr großem Orchester, das zum größten Teil sehr ruhig ist, Lautsprecher, die das Publikum umgeben mit sehr ruhigem Klang von Verkehr, Stimmen, die von überall her kommen."


    Wenngleich "On the Transmigration of Souls" nach Aussagen des Komponisten also schwierig ist, kann man es meiner Meinung nach, auch wenn man nicht Anhänger der neueren Musik ist, gut hören. Dies liegt wohl sehr an der fast schon meditativen und atmosphärischen Ruhe und packenden Sensibilität. Ich finde, dass es ein dem Anlass würdiges Stück ist.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)