Spohr, Louis: Kammermusik

  • Louis Spohr (1784-1859) war ein ziemlich produktiver Komponist; neben Opern, Chorwerken, 10 Sinfonien, 18 Violinkonzerten und weiteren konzertanten Stücken schrieb er über 30 Streichquartette, 7 Streichquintette, 5 Klaviertrios, 4 Doppelquartette und eine Reihe von Werken für gemischte Besetzung. Dazu gibt es eine Anzahl von Werken für Geige und Harfe, weil seine erste Frau Harfenistin war. Dass Spohr einer der seinerzeit angesehensten Violinvirtuosen war, hört man etlichen Kammermusikwerken durchaus an; die erste Geige hat häufig brillante Aufgaben zu übernehmen. Einige Quartette sind ausdrücklich als "quatuor brillant" bezeichnet.


    Am besten sind diskographisch wohl Nonett, Oktett, Septett u.ä. abgedeckt, da es jenseits von Beethovens Septett und Schuberts Oktett nicht allzu viel Musik für diese Besetzungen gibt; andere bekannte Stücke von Hummel, Berwald oder Kreutzer stammen ebenfalls aus der Frühromantik, das Interesse für diese Besetzungen scheint dann wieder abgeflaut zu sein. Auch die Klaviertrios, Doppelquartette und Streichquintette liegen komplett, im Einzelfall auch in alternativen Einspielungen vor. Von den Streichquartetten sind bei Marco Polo anscheinen 15 Folgen erschienen, damit könnten die auch komplett sein; ich übersehe aber nicht, ob das der Fall ist und ob alle Folgen tatsächlich erschienen und erhältlich sind (bei jpc anscheinend Vol 6-8, 12-15, Amazon ein paar mehr, teils auch als download)



    Streichquartette:



    Streichquintette (in vier Folgen komplett erhältlich)




    Doppelquartette:




    Klaviertrios:


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die gesamten Klaviertrios und die Doppelquartette habe ich mir vor einer Woche bei jpc bestellt, aber leider scheint es irgendwelche Probleme zu geben. Ich hoffe bald zumindest die Doppelquartete hören zu können, die du so gelobt hast. Von den gezeigten Aufnahmen habe ich nur die Op.33 Streichquintette von Naxos. Leider finde ich die Aufnahmen ziemlich schlecht (das Sreichquartett und Papp sind den technischen Schwierigkeiten offensichtlich nicht ganz gewachsen). Kann sein, dass das zu meinem ewas negativen Eindruck beiträgt. Qualitätsmäßig wird die Hperion-Aufnahme der Doppelquartette wohl besser sein.

  • Von den oben gezeigten CDs besitze ich die Doppelquartette, die Trios auf cpo, die Anthologie mit dem Wiener Oktett und eine Folge (Vol.3 mit eher frühen Werken #1,2 und 5) der Quartette.


    Die Trios fand ich mal ganz nett. Ich werde sie diese Tage noch mal in Ruhe anhören.
    In der letzten Woche habe ich die Doppelquartette, sowie das Oktett und das Nonett gehört und bin eigentlich recht angetan. Die (schon ca. 1813/14 komponiertenWerke mit Bläsern sind etwas leichterer Natur, allerdings viersätzig, nicht als vielsätzige Divertimenti. Das Oktett (Violine, zwei Bratschen, Cello, Bass, Klarinette und zwei Hörner) bringt als langsamen Satz Variationen über Händels "Harmonious Blacksmith"; das Werk war für England gedacht. Das Nonett (Vl, Va, Vc, Cb, Fl, Ob, Cl, Fg, Hr) ist bläserlastiger; der Hauptsatz scheint das "Karo-line"-Motiv aus dem langsamen Satz des "Dissonanzenquartetts" aufzugreifen.
    (Diesen Hinweis fand ich neulich (Tage bevor ich die CD rausgekramt hatte) zufällig in diesem lesenswerten Blog von Jan Reichow, Geiger (u.a. Collegium aureum) und Musikwissenschaftler (ehemaliger WDR-Mitarbeiter) "http://www.janreichow.de/wordpress/?p=8785")

    Die Doppelquartette (komponiert 1823, 1827, 1833, 1847) sind "ernsthaftere" Stücke, wenngleich man auch hier eher Eleganz als "Tiefe" erwarten sollte, und der Primgeiger mit dankbaren Aufgaben bedacht wird. Sie gefallen mir alle sehr gut. Spohr nutzt allerdings oft eines der Ensembles eher zu Begleitung; es gibt auch ein paar Echo-Effekte, aber die polyphonen und orchestralen Wirkungen von Mendelssohns Oktett findet man kaum.
    Das erste mit einem beinahe monothematischen, düsteren und gewichtigen Kopfsatz und sehr knappen Mittelsätzen, das zweite und dritte expansiver, das in Es-Dur eher lyrisch (vielleicht mit ein paar Echos aus Beethovens op.74?,jedenfalls teils stimmungsähnlich, obwohl Spohr angeblich schon von den mittleren Werken Beethovens nicht viel gehalten haben soll), das in e-moll wieder oft sehr brillant in der Vl.1. Das letzte wieder konzentrierter, im Kopfsatz mit einem Haupthema, das mich irgendwie an Brahms zu erinnern scheint. Letzteres habe ich aber noch nicht so oft gehört wie die anderen; es scheint mir auch das am wenigsten "gefällige ;) zu sein.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Jetzt habe ich die Klaviertrios und die Doppelquartette endlich durchhören können und war teilweise sehr positiv überrscht vom alten Spohr. Allerdings muss ich sagen, dass mir die Klaviertrios tendentiell besser gefallen haben als die Doppelquartette, vielleicht wegen der größeren klanglichen Differenziertheit des Mediums Klaviertrio. Sehr auffällig war die durchgehend hohe Qualität der Mittelsätze, vor allem der Tanzsätze. Letztere haben mir praktisch in jedem Werk gut gefallen und ließen teilweise schon Brahms vorausahnen (vor allem im Klaviertrio 1 oder 2). Die Adagios sind auch hörenswert, am meisten gefallen hat mir das aus dem dritten Doppelquartett. Leider haben die Ecksätze weniger Eindruck auf mich gemacht. Generell ist die thematische Substanz in den Ecksätzen eher dünn, was es
    wohl schwer machen wird, diese Werke, die durchaus hohe Qualität aufweisen, im Konzertbetrieb zu verankern. Gefallen haben mir nur die Kopfsätze aus dem zweiten und vierten Klaviertrio und dem ersten Doppelquartett. Aus diesem Grunde waren auch diese drei Werke diejenigen, die mir iinsgesamt am meisten zugesagt haben. Praktisch durchgehend uninteressant fand ich die Finalsätze, denen jeder Schwung fehlt und die eher wie abgespeckte Kopfsätze daherkommen. In manchen Werken beruht das Thema des Finalsatzes nur auf kurzen Trillerfiguren.


    Ich kann mir gut vorstellen, dass Brahms durchaus von den Spohr'schen Trios angetan war, auch Schumann war nachweislich von ihnen begeistert. Tatsächlich finde ich, dass die Spohr-Klaviertrios eher an Schumann und Brahms erinnern als an Mendelssohn. Von den Doppelquartetten würde ich höchstens das erste stilisitsch in der Nähe Mendelssohns einordnen, da meistens drei Grundcharaktersitika mendelssohnscher Werke bei Spohr fehlen: 1. die ausgedehnte liedhafte Melodik, 2. das typische Vorwärtsdrängen, und 3. die kontrapunktische Verdichtung in den Durchführungsteilen der Ecksätze.



    Insgesamt handelt es sich um hörenswerte Musik, bei der man aber ganz genau hinhören muss - nichts für nebenbei, weshalb ich diese Werke auch nicht für "gefällig" halte.

  • Jetzt, da diese alte Aufnahmen wieder preisgünstig erhältlich sind, habe ich mir obenstehende Doppel-CD mit dem Nonett, dem Oktett und dem Klavierquintett zugelegt. Leider ergaben sich aber für mich keine neuen Perspektiven auf Spohrs Kammermusik. Einzelne Sätze sind beeindruckend, wie etwa das mozartsche Adagio aus dem Nonett, das meiste ist aber langweilig. Spohr ist wirklich ein sehr schwieriger Fall: Punktuell ganz hervorragend, flüchtet er sich viel zu oft in musikalische Floskeln und nimmt seinen Werken damit jede Individualität. Der Mann hat einfach um eine Zehnerpotenz zu viel geschrieben. Spohr hätte sicher das Potential gehabt, insgesamt 10 bis 20 Spitzenwerke zu schreiben, wenn er sich nicht so verzettelt hätte und mehr Distanz zum damaligen konventionellen Ton gehalten hätte. So bleibt er für mich als Komponist ein "Zwitterwesen": zu substantiell, um klar der B-Liga zugeordnet zu werden, und zu wenig prägnant um vorne mit dabei zu sein.

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  • Hallo Felix,


    Es scheint, daß wir uns sehr häufig zu gleicher Zeit mit den gleichen Komponisten und Werken beschäftigen!


    LOUIS SPOHR ist für mich, ungeachtet vieler Vorurteile gegen ihn, durchaus ein sehr interessanter Komponist, aber wie Du ganz richtig feststellst, hatte er einfach zu viele - dabei häufig sehr gute, interessante und neuartige - Ideen gleichzeitig, die er offenbar nicht scharf genug trennen und ordnen und schnell genug zu Papier bringen konnte. So schrieb er denn auch bezeichnenderweise über seine Jahre in Wien von 1813 - 1815: "Ja, mein Kopf gärte und arbeitete damals so unaufhörlich in musikalischen Ideen, dass ich selbst auf den Wegen zu meinen Schülern sowie auf Spaziergängen fortwährend komponierte und dadurch bald die Fertigkeit gewann lange Perioden, ja ganze Musikstücke im Kopfe vollständig auszuarbeiten, die dann ohne weitere Nachhilfe niedergeschrieben werden konnten."


    Seine Kompositionen dachte und gestaltete er immer von der Violine her, schließlich galt er neben PAGANINI als einer der größten Violinvirtuosen seiner Zeit. Und auch als Komponist wurde er in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einem Atemzug mit BEETHOVEN genannt. Sehr unterschiedliche Vorbilder übten starken Einfluß auf ihn aus. Zum einen war er ein großer Verehrrer von MOZART, dann aber war er ebenso beeindruckt von französischen Opernkomponisten, wie vor allem SPONTINI, CHERUBINI und MÉHUL. Trotz größter handwerklicher Meisterschaft und vieler eigener geradezu sprudelnder Ideen, war es für ihn wohl schwierig, dies alles im Verein mit dem großen Einfluß, den seine Vorbilder auf ihn ausübten, immer auf einen Nenner zu bringen, und er wollte in jede Komposition wohl zuviel hineinlegen.


    Abgesehen von seiner viel beachteten Oper "Faust op. 60", die vor allem großen Einfluß auf die Leitmotivgestaltung RICHARD WAGNERS ausgeübt haben soll, war er auf diesem Gebiet ebensowenig erfolgreich wie mit seinen Oratorien. Auch mit keiner seiner 10 Sinfonien konnte er einen durchschlagenden Erfolg erzielen. Von seinen 28 Konzerten erreichten vor allem die 18 Konzerte für sein Lieblingsinstrument, die Violine, den höchsten Beliebtheits- und Bekanntheitsgrad. Mit Abstand am populärsten wurde dabei sein "Konzert für Violine und Orchester Nr. 8 a-moll op. 47 in Form einer Gesangszene", das auch noch heute gespielt wird, und in dessen lyrischen Abschnitten SPOHR tatsächlich die Geige singen läßt. Dies tut auch in meiner LP-Aufnahme der bekannte kanadische Geiger HYMAN BRESS (1930 - 1995), der unter dem Dirigat von RICHARD BECK dieses schwierige Werk nicht nur technisch, sondern auch mit großer Einfühlsamkeit erklingen läßt, ebenso wie SPOHR's Violinkonzert Nr. 9 d-moll, op. 55. HYMAN BRESS wurde nicht zuletzt auch dadurch bekannt, daß er die Violinkonzerte von JOSEPH JOACHIM und ERNEST BLOCH eingespielt hat.


    Auf die Kammermusik, eigentliches Thema dieses threads, muß ich nicht noch näher eingehen, da hierüber schon so viel Detailliertes und Gescheites geschrieben wurde. Auch diese ist von hohem Einfallsreichtum geprägt, dabei auch von ebenso hohen technischen Schwierigkeiten, wobei seine 5 Klaviertrios, sein Klavierquintett op. 130, und sein Doppelquartett Nr. 1 d-moll op. 65 wohl am bemerkensten sind.


    Viele Grüße


    wok

  • Hallo Wok,


    ja, an Spohr ist was dran! Er ist sehr schwierig für heutige Ohren zu hören, denn seiner Musik fehlt beinahe völlig jene "Direktheit" wie wir sie von den Wiener Klassikern oder den berühmteren Romantikern kennen. Allerdings ist er ein wirkliches Original und kein Epigone. Dadurch ist er oft sehr originell und bis jetzt bin ich auch irgendwie neugierig geblieben. Als nächstes werde ich mir wohl eines seiner Oratorien zu Gemüte führen. Von seinen Symphonien (kenne nicht alle) gefällt mir die dritte - angeblich antibeethovensche - sehr gut. Von den anderen bin ich nicht ganz so überzeugt. Wo ich voll mit Dir übereinstimme, ist Deine Einschätzung der Klaviertrios und des ersten Doppelquartetts. Diese Werke gefallen mir auch am besten.

  • Übrigens war ich vor einigen Jahren mal im Spohr-Museum in Kassel. Es befindet sich im Nebengebäude des Kasseler Hauptbahnhofs (NICHT im ICE-Bahnhof, kann aber von doirt imit einem Regionalzu in wenigen Minuten erreicht werden). Ausstellung und Dokumentation sind durchaus noch ausbaufähig, aber ein Besuch lohnt allemal.

  • Kann ich Spohrs Streichquartette noch irgendwo komplett erwerben? Bei jpc ist leider nur noch die zweite Hälfte im Angebot.

    Lieber Hartmut
    komplett zu erwerben gab es die nie. Die Veröffentlichungsreihe bei Marco Polo lief über 20 Jahre, Vol. 17 wurde erst im letzten Jahr veröffentlicht, und man hat offensichtlich (und natürlich unverzeihlicherweise) nicht darauf geachtet, dass zu diesem Zeitpunkt die ersten Ausgaben noch verfügbar waren. Ich vermute, dass diese Aufnahmen irgendwann bei Naxos wieder herauskommen. Aber wann das sein wird... ?(


    Hältst Du alle für so interessant, das sich alle zu besitzen lohnt?

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  • Mir geht es umgekehrt: Gerne würde ich alle in Ruhe kennen lernen. Eines der Doppelquartette hat mich wirklich begeistert. Außerdem suche ich schon seit 20 Jahren neben des "ausgetretenen Wegen" der bekannten Werke rund um Beethoven, Mendelssohn, Schumann und Brahms die vielen anderen Werke der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.


    Carl Dahlhaus hat (nach meiner Erinnerung in seinem Beethoben-Buch) mal gesagt, es gebe eine schrecklich falsche Vorstellung von der Belle Etage der deutschen Romantik und dem Souterrain des musikalischen Biedermeier. Dass halte ich wirklich für nach denkens- und -hörenswert. Daher kommt mein Interesse für die vielen Kompositionen für Streichquartett in dieser Zeit.

  • Kennst Du die hier, die ist verfügbar und sehr preiswert, leider sind Foge 1 + 2 auch schon ausverkauft.

    Und dann kann ich wärmstens die hier empfehlen:

  • Das Doppelquartett scheint eine Erfindung von Louis Spohr zu sein, die Anregung dazu kam allerdings wohl von Andreas Romberg (1767-1821), einem bekannten Geiger und Komponisten. Im Gegensatz zum Oktett a la Mendelssohn spielen hier tatsächlich zwei Quartette nebeneinander, was durchaus zu reizvollen Wechselspielen und Dialogen führt.
    Ich habe gerade das erste dieser Doppelquartette gehört und war recht angetan.


  • Louis Spohr hat laut meinen Quellen 34 (Wikipedia) oder 36 Streichquartette (Gruhle) geschrieben. Die sind auch bereits alle für das Marco Polo Label eingespielt worden. Die Mehrzahl ist aber nur gebraucht oder per download verfügbar.


    Das Streichquartett Nr. 15 entstand 1821/22 also vor Beethovens späten Quartetten. Mit denen hat es auch nichts gemein. Es ist ein relativ unkompliziertes eingängiges Werk, einen besonderen Personalstil kann ich derzeit nicht ausmachen, aber ich kenne von Spohr auch kaum etwas. Besonders gelungen scheint mir das fast 11-minütige Adagio, aber auch die anderen drei Sätze sind durchaus ansprechend. Das New Budapest String Quartet hat mit dem berühmten US-Quartett m.W. keinerlei Berührungspunkte, als Lehrer wird das Ungarische Streichquartett genannt. Das NBSQ spielt engagiert, aber m.E. eine Liga unter den beiden anderen, jedenfalls sind Intonationstrübungen vor allem beim Primarius kaum zu überhören. Solange es keine Alternativeinspielungen gibt, wird man damit leben müssen. Also vermutlich für immer. ;)


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  • Vol. 2 der 17 Teile umfassenden GA der Spohr-Quartette lag heute in der Post und wurde gleich gehört. Die Werke entstanden in den 30er Jahren des vorletzten Jahrhunderts. op. 84, 3 gehört dem Typus des "klassischen" Streichquartetts an und op. 93 ist das letzte von Spohr geschriebene "Quatuor brilliant". Wobei ich beim ersten Hören den Unterschied nicht so gravierend fand, in beiden dominiert die 1. Violine. Auffälligster Unterschied ist, dass das op. 93 wie ein typisches Violinkonzert nur 3 Sätze hat. Beides sind Werke, die gut hörbar sind und wenig Probleme bereiten. Beide offenbaren aber auch, was das Problem der 36 Streichquartette von Spohr sein könnte. Man kann vielleicht irgendwann sofort erkennen, ja, das ist von Spohr. Aber vermutlich nie, welches der 36 es ist. Ähnlich ist es ja wohl mit seinen Violinkonzerten.
    Nach wie vor irritiert mich der leicht "jaulende" Ton des Primarius Andras Kiss, auch wenn er die zahlreichen virtuosen Passagen kompetent meistert. Mir ist nicht ganz klar, ob es sich hier um eine Eigenart des Geigers handelt, um ein nicht erstklassiges Instrument oder um beides.

  • Hallo zusammen,


    Louis Spohr (1784-1859)
    Werke für Violine & Klavier: Grand Duo concertant op. 11; Adagio WoO. 37; Rondoletto op. 149; 6 Salonstücke op. 135

    Ingolf Turban, Kolja Lessing
    CPO, DDD, 2010


    Manchmal ist das Tun von CPO reichlich indifferent, was das Halten von Aufnahmen im Katalog angeht. Diese 2009 und 2010 in Bremen (Co-Produktion Radio Bremen) aufgenommene und in 2012 veröffentlichte Produktion ist bereits wieder gestrichen, wohingegen die deutlich älteren Aufnahmen der Violinkonzerte Spohrs (mit Ulf Hoelscher) nach wie vor zu haben sind. Wer die CD erwerben will, muss daher antiquarisch zuschlagen. Mit etwas Glück und Geduld lassen sich die aktuell bei Amazon aufgerufenen 28,10 EUR ( :thumbdown: ) bestimmt unterbieten...
    Geboten werden Werke für Violine und Klavier des Braunschweigers Louis Spohr. Grand Duo concertant op. 11 sowie die 6 Salonstücke op. 135 weisen jeweils Spieldauern von über 30 Minuten auf. In meinen Ohren höchst angenehm zu konsumierende Musik, die weniger bewegen und mitreißen, denn unterhalten will. Letzteres gelingt ihr ungemein gut, woran die hervorragenden Interpreten Ingolf Turban (Violine) und Kolja Lessing (Klavier...ja, genau!) hohen Anteil haben. Turban spielt sehr schön und rein und wird in den Werken gleichberechtigt unterstützt durch seinen Klavierpartner. Die Klangtechnik ist perfekt ausbalanciert und schafft den Spagat zwischen Nähe und natürlicher Raumanmutung bestens. Eine durchaus "audiophile"-Einspielung. Die Spieldauer von rd. 76 Minuten möchte ich ebenfalls positiv hervorkehren. Besprechung bei Klassik heute.


    Viele Grüße
    Frank

  • Lieber Lutz,


    hinsichtlich der Spohrquartette und Deinen (negativen) Erfahrungen mit den NBQ drängt sich mir die Frage auf, ob du auch andere Aufnahmen der Serie mittlerweile hören konntest. Hier kommen ja andere Interpreten zum Einsatz, die ggf. anders/besser aufspielen.


    Viele Grüße
    Frank

  • Ich konnte mich persönlich ebenfalls nicht mit den Streichquartetten und Quintetten Spohrs anfreunden, dennoch werde ich weiter welche kaufen, so sie sich am Markt befinden - aus der Sicht des "Amateur Musikhistorikers" und aus einem weiteren Grund: Es will sich mir nicht erschliessen, weshalb ich die Musik eines der berühmtesten und beliebtesten deutschen Komponisten seiner Zeit nicht wirklich wertschätzen kann. Ich habe den Verdacht, daß dies an mir liegt. Entweder benötigt Spohr ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, das man ihm heute nicht schenken will oder kann, oder aber die Werke sind "aufführungsspezifisch" heikel. Das sind Werke die einer ganz speziellen Interpretation bedürfen um klanglich zum Blühen zu kommen, andernfalls bleiben es Kunstblumen.


    Auch von mir werden mittelfristig Höreindrücke hier schriftlich festgehalten werden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die drei oder vier Werke mit Streichern und Bläsern (Septett, Nonett etc.) finde ich ziemlich eingängig und sie liegen auch in guten Aufnahmen vor. Dito die Doppelquartette (wenn auch vielleicht nicht ganz so eingängig). Die Klaviertrios (cpo) sind vielleicht nicht so originell, aber auch gut anhörbar. Und meiner Erinnerung nach deutlich romantischer als die zwar sehr guten, aber im Grunde haydn/mozartesken Hummel-Trios.
    Wie schon mal gesagt habe ich von den Quartetten auch nur eine CD, die ich sowohl musikalisch als auch interpretatorisch deutlich weniger interessant finde, als die "gemischt" bzw. größer besetzten Werke.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Wem EINE Aufnahme mit Quartetten von Louis Spohr reicht, der kann unbeschwert hier bei dieser Aufnahme von 1984 zugreifen. Das ist besseres Quartettspiel als in der ganzen MP-Reihe zu hören ist.

  • Insgesamt gefällt mir Spohrs Kammermusik recht gut; wie fast immer bei Spohr ist zu konstatieren, dass es sich um Kompositionen auf hohem Niveau handelt, die durchaus einem Personalstil verpflichtet sind.

    Ich muss sagen, dass mir die größer besetzte Kammermusik (Nonett, Oktett, Septett, Sextett, Doppelquartette) und die Kammermusik mit Klavier (5 Klaviertrios, 2 Quintette) teilweise deutlich besser gefällt als die Streichquartette und -quintette. Wie oben schon mehrfach geschrieben: Das ist gute Musik mit teilweise geringem Wiedererkennungswerk. Man hört Spohr heraus, aber nur sehr wenige Menschen auf der Welt dürften benennen können, welches konkrete Quartett grade erklingt. Das ist bei Mozart, Beethoven oder Schubert freilich ganz anders.


    Ein Werk das mir jüngst wirklich gut gefällt ist das Klavierquintett Op. 130. Besonders im Kopfsatz begeistert mich der sprudelnde und gläzend-virtuose Klavierpart. Ein akkordisches Hauptthema trifft hier auf gewisse lyrische (oder: verhaltene) Freude und eben einen glänzenden Klavierpart.


    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)