Schlachtroß im Ruhestand? - Peter I. Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1 b-moll op. 23

  • Danke Holger für deinen Hinweis, dass von der Urfassung eine zweite Aufnahme erhältlich war, die des Pianisten Lazar Berman, dem Dirigenten Juri Temirkanov und dem Radio Symphonie Orchester Berlin. Leider erschien sie ebenfalls beim nicht mehr existierenden Label Koch/ Schwann und ist somit ebenfalls nicht mehr erhältlich.


    Zum Thema Sentimentalität, das zu einem "Markenzeichen" Tschaikowskys wurde, eine Beschreibung von Hermann Laroche, einem Freund Tschaikowskys:

    Zitat

    Sein (Tschaikowskys) Klavierspiel war etwas derb und kühl. Sentimentalität fürchtete er wie Feuer. - Das in ihm lebende musikalische Gefühl wurde durch eine gewisse Keuschheit zurückgehalten und aus Angst vor Trivialität konnte er in ihr Gegenteil verfallen.

    Hoteev führt dieses Zitat im Booklet zum 1. Klavierkonzert an, weil Alexander Siloti, der Verfälscher der musikalischen Aussage, die ursprünglichen Vortragsbezeichnungen in der Partitur in der Weise verändert hatte, dass Pathos in die Musik gelegt werden konnte.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Kirill Gerstein und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin mit James Gaffigan am Dirigentenpult haben Peter Tschaikowskys 1. Klavierkonzert b-moll nach der bald zum 175. Geburtstag des Komponisten erscheinenden Urtext-Fassung eingespielt. In der Zeitschrift Fono-Forum ist ein Interview mit dem Pianisten abgedruckt, das über die Unterschiede und späteren Verfälschungen informiert. Sie wird als Weltersteinspielung angekündigt, was so nicht ganz stimmt, denn die Aufnahme mit Andrej Hoteev, Vladimir Fedoseyev und dem Tschaikowsky Symphony Orchestra des nicht mehr existierenden Labels Koch-Schwann hatte die Urgestalt vor Jahren bereits den Hörern zugänglich gemacht. Lazar Berman hatte für seine Aufnahme beim gleichen Label ebenfalls diese Partitur benutzt. Man lese die Beiträge 87, 90 sowie 91 in diesem thread.


    Das Verdienst dieser Neuaufnahme ist, dass die ursprünglichen Intentionen des Komponisten wieder auf Tonträger erhältlich sind. Im Hörschnipsel Nr. 1 hört man als markanten Unterschied die arpeggierendenden Akkorde im Mezzoforte des Beginns. Die wuchtigen Doppeloktaven fehlen.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Sie wird als Weltersteinspielung angekündigt, was so nicht ganz stimmt, denn die Aufnahme mit Andrej Hoteev, Vladimir Fedoseyev und dem Tschaikowsky Symphony Orchestra des nicht mehr existierenden Labels Koch-Schwann hatte die Urgestalt vor Jahren bereits den Hörern zugänglich gemacht. Lazar Berman hatte für seine Aufnahme beim gleichen Label ebenfalls diese Partitur benutzt. Man lese die Beiträge 87, 90 sowie 91 in diesem thread.

    Hallo Moderato,


    hoffentlich bekommen wir sie dann alle endlich zum Jubiläumsjahr in einer Neuauflage! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Kirill Gerstein und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin mit James Gaffigan am Dirigentenpult haben Peter Tschaikowskys 1. Klavierkonzert b-moll nach der bald zum 175. Geburtstag des Komponisten erscheinenden Urtext-Fassung eingespielt.....Sie wird als Weltersteinspielung angekündigt, was so nicht ganz stimmt.....


    Produktbeschreibung:
    Kirill Gerstein hat die wiederentdeckte zweite Fassung eingespielt – als erster Pianist überhaupt.


    Es handelt sich um die 2. Urtextfassung.
    Diese konnte von Hoteev und Berman natürlich nicht eingespielt werden, da die 2. Urtextfassung damals noch unentdeckt war.
    Hoteev und Berman haben die 1. Urtextfassung eingespielt.
    Und deshalb ist die Einspielung der 2. Urtextfassung von Gerstein tatsächlich eine Weltertseinspielung.

    mfG
    Michael

  • Lieber Schneewittchen


    Danke für deinen Hinweis.


    Ich zitiere aus meinem Beitrag 87


    Hoteev hat die Originalhandschriften der Partituren aller Klavierwerke mit Orchester in russischen Archiven in jahrelanger Forschung gesichtet.


    Im Falle des Klavierkonzertes Nr. 1 b-Moll op. 23 waren die Quellen:
    der handschriftliche Klavierauszug vom 21. Dezember 1874, die handschriftliche Partitur vom 9. Februar 1875 und die Erstausgabe der Partitur (Jürgenson 1879) als Handexemplar Tschaikowskys mit den handschriftlichen Bleistift-Notizen des Komponisten, das er auch bei seinem letzten Auftritt am 16. Oktober 1893, acht Tage vor seinem Tode, benutzte. Die Authentizität ist somit gewährleistet.


    Hoteev konnte nachweisen, dass die heute verwendeten gedruckten Partituren nicht den ursprünglichen Absichten des Komponisten entsprechen. Stark veränderte Tempi, Streichungen ganzer Satzteile, Veränderung der Dynamik und Artikulation musste er feststellen. Insgesamt sind es 18 Veränderungen, die Hoteev im Booklet minutiös auflistet. Ein besonders ohrenfälliges Beispiel:
    ursprünglich: Takt 1, Andante non troppo e molto maestoso, - heute Allegro..., was eine total andere Wirkung auf den Zuhörer hat. Keine brilliante Pianistenraserei dieser Oktavpassagen, sondern ein Beginn mit subtilem musikalischem Ausdruck.


    Hoteev hatte sich für seine Einspielung intensiv mit den zugänglichen Originalpartituren beschäftigt. Soweit ich es überblicke, beruht das Notenmaterial seiner Fassung auf diesen drei Quellen.
    Was genau die Partitur der zweiten entdeckten Urfassung enthält, die Kirill Gernstein für seine Aufnahme benutzte, muss ich noch herausfinden. Die Fragestellungen heissen: Welche Unterschiede bestehen zwischen der ersten und zweiten Urtextfassung? Welche Quellen wurden für die zweite Urtextfassung benutzt?


    lg moderato
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich finde es ehrlich gesagt so viel romantischer. Der dicke Bombast, das hohle Pathos zur weihevollen Selbstdarstellung von Pianisten, ist einer irgendwie die Seele im Inneren einladend-ansprechenden Aufforderung zum Tanz gewichen. Das Klavier wird auf eine harfenartige Begleitfunktion reduziert, was ja auch stimmig ist, denn im Anfang sollte die Aufmerksamkeit auf der Melodie des Orchesters legen.


    Das empfinde ich sowohl logisch als auch emotional um Einiges nachvollziehbarer als die bekannten Donnerversionen, die dem Anfang musikalisch etwas Hohles, Sinnloses antun, was angesichts der eigentlich wunderbaren Melodie eigentlich eher schade ist.


    So mag ich es als jemand, dem die Musik dieses Komponisten nicht so sehr nahe am Herzen liegt, lieber hören.


    LG
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)


  • Tschaikowsky: Klavierkonzert Nr. 1
    Hiroko Nakamura, Klavier
    Staatliches Akademisches Symphonieorchester der UdSSR
    Jewgeni Swetlanow
    Aufnahme: Suntory Hall, Tokio, 23. Mai 1990


    I. 20:05
    II. 6:46
    III. 6:57


    Aus jetziger Sicht beinahe merkwürdig, dass ich erst so spät an Swetlanow dachte, was dieses "Schlachtross" anbelangt. Dass der vielleicht begnadetste Tschaikowsky-Dirigent auch in Sachen 1. Klavierkonzert etwas zu sagen hat, wäre eigentlich klar gewesen. Besser spät als nie. Ich bin jedenfalls sehr froh, doch noch an diese seit Jahren vergriffene Aufnahme gekommen zu sein.


    Entstanden ist sie im selben Jahr wie sein hochgelobter Japan-Zyklus der sechs Symphonien von Tschaikowsky. Vom Zugang her ist diese Einspielung ähnlich gelungen. Besser kann man den Orchesterpart dieses Konzerts nicht dirigieren. Das sowjetische Staatsorchester mit seinem unvergleichlich rustikalen Klang trägt seinen Teil dazu bei. Symphonischer hat man dieses vielleicht berühmteste Klavierkonzert wohl noch nie gehört. Und dabei drängt sich Swetlanow keineswegs in den Vordergrund. Es handelt sich vielmehr um ein kongeniales Miteinander mit der im Westen kaum bekannten großartigen japanischen Pianistin Hiroko Nakamura (1944—2016). Nicht grundlos kam es zu etlichen gemeinsamen Auftritten der beiden.


    Nakamuras Spiel erinnert in seiner Eleganz an Arthur Rubinstein. Klangsinnlich und nuanciert, ist auch sie Garantin für ein sensationelles Ergebnis. Das ebenfalls enthaltene, fünf Tage später in Osaka aufgenommene 2. Klavierkonzert von Rachmaninoff ist ein ähnlicher Glücksfall für die Diskographie. Sony nahm sich dieser Einspielungen an, anders als bei den Symphonien. Die Klangqualität ist sehr natürlich und plastisch, was den positiven Gesamteindruck noch unterstreicht. Ob Studio oder live geht aus dem Beiheft nicht eindeutig hervor; man hört zumindest keinerlei Nebengeräusche und auch keinen Applaus.


    Fazit: Meine neue Lieblingsaufnahme.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Durch eine Empfehlung habe ich mir jetzt noch die Donohoe / Barshai - Aufnahmen der Tschaikowsky - KK gekauft, die hier im Forum teils stürmisch bewertet wurden.


    Die Doppel-CD habe ich mir mal bestellt (für lockere 3,09€), da ich dann vor habe die klanglich etwas flach klingende Pletnev/Fedossejew-GA (Virgin) dagegen auszutauschen, wenn mir Donohoe/Barshai besser gefällt. Ein weiterer Grund war auch die Ansage in der amazon-Kritik, dass Barshai orchestral einen ähnlich packenden Ton anschlägt, der mit Swetlanow vergleichbar wäre.


    Fazit nach den ersten Hördurchgängen mit zahlreichen Vergleichssitzungen:


    Die Aufnahmen sind höchstbrillant und könnten fast ein "Best Buy 4.Quartal 2016" werden. Besonders gut haben mir die Klavierkonzerte Nr. 2 (wenn man den 2.originalen Satz ausnimmt, den hier ziehe ich die Siloti-Fassung vor) , das Klavierkonzert Nr.3 und die brillante Darstellung der Konzertfantasy op.56.
    :thumbsup: Das hat alles Klasse und ist durch Barshai auch orchestral in besten Händen.
    Auch klangtechnisch mal eine TOP-EMI-Doppel-CD.



    :!: Aber der 1.Satz des Klavierkonzertes Nr.1 ist mir zu lang geraten, es fehlt mir eindeutig das vorwärsschreitende Element, das für die aufwühlende Spannung sorgen würde. 21:21 sind mir eindeutig zu lahm ... um 20::00 oder drunter ist für mich OK. Es kommt alles zu normal, ohne dass es mich wirklich berühren könnte. Bereits der recht zahme Anfang ist mir zu spannungslos. Wo ist der Anschlag, den z.Bsp Gilels, Graffmann, Sokolov bieten? Das hat insgesamt so ganz und gar nicht die auffühlende Spannung, wie die gleich danach gehörten Favotiten Gilels/Maazel (EMI), ebenfalls Graffman/Szell (SONY) ... man was geht bei denen die Post ab, was wird da für eine Spannung aufgebaut! Das klingt auch orchestral russisch und hier wird kein Romantikschmalz zelebriert.


    Donohoe / Barshai ziehen da im 1. Satz eine gepflegte "Romantikgähnparty" ab; ausgenommen den fulminaten Finalschluss. Die Sätze 2 und 3 sind hingegen dann wieder für meinen Geschmack ausgezeichnet gelungen. Von der Ankündigung "orchestral mit Swetlanow vergleichbar" würde ich nur beim KK Nr.2 und 3 zustimmen.
    Ich hatte ja vor ggf meine Pletnev/Fedossejew-Aufnahmen gegen Donohoe/Barshai auszutauschen ... geht nicht, denn Pletnev mit Fedossejev und dem Philharmonia Orchestra sind einfach packender ... im KK Nr.1.



    EMI, 1987 - 1989, DDD


    Meine Vergleichsaufnahmen des KK NR.1 (hier in meine persönliche Reihenfolge gesetzt):


    Gilels / Maazel (EMI)


    Sokolov /Järvi (Melodiya/Eurodisc)


    Graffman / Szell (SONY)


    Joselson / Ormandy (SONY)


    Rudy / Jansons (EMI)


    Pletnev / Fedossejew (VIRGIN)


    Haas / Inbal (Philips)


    Richter / Karajan (DG)


    Donohoe / Barshai (EMI) - (was den 1.Satz angeht !)




    Habe mich bei den Hörsitzungen der letzten Tage jedenfalls gefreut auch das Schlachtross Nr.1 wieder einmal zu hören.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Als Klavier-Atheist möchte ich euch alle doch mal fragen: was ist so begehrenswert und einzigartig an Nr.1 b-Moll und an Rach3 ? Für mich sind das Stücke, die ich ständig vorgespielt bekäme, wenn ich in die Hölle müsste (was aber wahrscheinlich der passendere Ort wäre). Siedendes Öl und Bratrost könnten nicht wirkungsvoller sein.
    Ich habe Rach 3 einmal live in Duisburg gehört und beschlossen, in der Satzpause zu gehen. Nur war da keine, denn Satz 2 und 3 werden attacca gespielt. Heute wäre meine Lösung, mir die Schuhe auszuziehen und auf Socken den Saal fluchtartig zu verlassen. 1 b-Moll habe ich vor langer Zeit in Düsseldorf in der Tonhalle gehört, von Tzimon Barto gespielt. Er hat es tatsächlich geschafft, Nr 1 b-moll zu unterbieten, indem er zwischen den Sätzen eigene Gedichte vortrug. Auch ein Höllenabend.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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  • Als Klavier-Atheist möchte ich euch alle doch mal fragen: was ist so begehrenswert und einzigartig an Nr.1 b-Moll und an Rach3 ? Für mich sind das Stücke, die ich ständig vorgespielt bekäme, wenn ich in die Hölle müsste ( was aber wahrscheinlich der passendere Ort wäre). Siedendes Öl und Bratrost könnten nicht wirkungsvoller sein.
    Ich habe Rach 3 einmal live in Duisburg gehört und beschlossen, in der Satzpause zu gehen. Nur war da keine, denn Satz 2 und 3 werden attacca gespielt. Heute wäre meine Lösung, mir die Schuhe auszuziehen und auf Socken den Saal fluchtartig zu verlassen.1 b-Moll habe ich vor langer Zeit in Düsseldorf in der Tonhalle gehört, von Tzimon Barto gespielt. Er hat es tatsächlich geschafft, Nr 1b-moll zu unterbieten, indem er zwischen den Sätzen eigene Gedichte vortrug. Auch ein Höllenabend.


    Als Therapie empfehle ich Claudio Arrau - das Tschaikowsky-Konzert ohne Virtuosen-Allüre als tiefgängige Ausdrucksmusik. Man hört es völlig neu - das Ideal für "Überdrüssige" :D :



    Ich habe das Tschaikowsky-Konzert im Konzert mit Andrei Gawrilow gehört - ebenfalls eine höchst ausgefeilte und virtuose Knalleffekte meidende Interpretation. Das ist große Musik - man muss sie nur auch groß spielen.


    Und bei Rachmaninow 3 Emil Gilels, der es mit der Leichtigkeit eines Mozart-Konzertes vorträgt. Dazu muß man natürlich die Ausnahmefähigkeiten eines Emil Gilels besitzen:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich verstehe nun wiederum nicht, wie man die Rachmaninow-KK, insbesondere Nr. 2 und 3, nicht mögen kann. Für mich sind sie der Inbegriff eines romantischen Klavierkonzerts, tief empfunden, voller Inbrunst und Gefühl und herrlicher Melodien. Und ich kenne kaum ein anderes Werk, das so russisch klingt (wenn es richtig interpretiert wird). Ich habe diese Werke vom ersten Hören an geliebt, und daran wird sich auch nichts ändern.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido, da muss ich dir einmal Recht geben (wir sind ja nicht im Opernthread). Tschaikowsky 1 ist wahrlich ein Schlachtross, das sich niemals im Ruhestand befinden wird. Sicher wird es viel aufgeführt, aber es ist in seiner Wirkung beispielhaft. Und Rachmaninow 3 ist eigentlich unspielbar. Darüber ist ja mal jemand wahnsinnig geworden. Dieses Konzert ist an Virtuosität überhaupt nicht zu toppen, dazu das wunderschöne Eingangsthema und seine raffinierte Verarbeitung. Erklärlich, das es viel weniger aufgeführt wird als das mitunter seifenartig gespielte zweite Konzert.
    Aber über Geschmäcker muss man sich hier nicht streiten, mancher hört eben lieber eine Barockoper oder einen Zwölftöner.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • mancher hört eben lieber eine Barockoper oder einen Zwölftöner.


    Ich höre eine Barock-Oper ebenso gerne wie ein Rachmaninov-KK oder ein atonales Schönberg-Stück. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.


  • Ich höre eine Barock-Oper ebenso gerne wie ein Rachmaninov-KK oder ein atonales Schönberg-Stück. :hello:


    Das schaffe ich auch - zugleich Rachmaninow und Stockhausen mögen! :D


    (Ich habe eine Schwäche für das 4. Rachmaninow-Konzert, daran ist natürlich Benedetti Michelangeli schuld.)


    Noch eine Empfehlung zum Tschaikowsky-Konzert:


    Eine der feinsinnigsten und ausgefeiltesten Aufnahmen ist die von Lazar Berman mit Herbert von Karajan. Beide harmonieren perfekt. Karajan hat auch Alaxis Weissenberg und Svjatoslav Richter begleitet - hier zeigt sich, dass er sich doch auf die unterschiedlichen Solisten einstellt. Berman und Karajan harmonieren besonders gut, finde ich.



    Anders dagegen Andrei Gawrilow und Ricardo Muti (EMI). Die Aufnahme hat leider Muti "versaut" - das Orchester ist schlicht katastrophal schlecht. Eigentlich unfaßbar - aber wahr.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Eine Aufnahme, die ich sehr mag, ist eine Fernsehaufzeichnung, die ich zum Glück damals mitgeschnitten habe, und die immerhin noch auf youtube verfügbar ist, wenn auch in nicht optimaler Klangtechnik. Dabei ist Boris Berezovsky zu hören, der eine gute Mischung aus zupackender, kraftvoller Dynamik und sensiblem, lyrischen Ton findet. Auch das Orchestre National de Lille unter Leitung von Jean-Claude Casadesus harmoniert sehr gut mit dem Solisten, setzt markante Akzente, geht jedoch auch behutsam mit den langsamen Passagen um. Scheinbar hat, wie ich sehe, Boris Berezovsky auch noch keinen eigenen Thread hier im Forum - das müsste mal geändert werden! Er ist nicht nur ein toller Pianist, sondern auch eine sehr unterhaltsame Persönlichkeit - ich empfehle die Lektüre dieses sehr vergnügliche Interview


    http://www.concerti.de/intervi…en-nicht-noch-mehr-werke/



  • Scheinbar hat, wie ich sehe, Boris Berezovsky auch noch keinen eigenen Thread hier im Forum - das müsste mal geändert werden! Er ist nicht nur ein toller Pianist, sondern auch eine sehr unterhaltsame Persönlichkeit - ich empfehle die Lektüre dieses sehr vergnügliche Interview


    http://www.concerti.de/interviews/boris-…och-mehr-werke/


    Du hast Recht - der Thread muss unbedingt eingerichtet werden! Ligeti auf dem Computer - das ist witzig! :hello:


    Schöne Grüße - und einen guten Rutsch! :)
    Holger

  • Ich hoffe, dies im Neuen Jahr nachholen zu können, lieber Holger -


    auch an Dich liebe Grüße und einen guten Rutsch, lass es Dir gut gehen!


    :hello:

  • Ich möchte mich sehr bedanken, dass ihr meine provozierende Äußerung so ernsthaft, sachlich und vor allem so praktisch beantwortet habt. Dann werde ich wohl nicht darum herumkommen, mir eine von den Aufnahmen zu besorgen und mir vielleicht ein differenzierteres Bild dieser Musik zu machen. Beginnen werde ich mit 1b-moll, da ich das tatsächlich schon ein paar Mal gehört. Diese Aussage werde ich meinen guten Vorsätzen hinzufügen, und es besteht durchaus die Chance, dass dieser eintrifft.

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  • Früher als gedacht habe ich den 1. Schritt schon gemacht: in der ARD läuft Rach3 mit Daniil Trifonow und den Berlinern unter Simon Rattle. Ich zeichne es auf und werde es mir erstmal stückweise anhören!

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  • Es gibt noch Zeichen und Wunder. Meine Abneigung gegen Rach3 rührt von der Aufführung vor Jahren in Duisburg her, als Barry Douglas das Klavier Rach3-mäßig über Gebühr strapaziert hat.
    Heute habe ich die Berliner Philharmoniker gehört, mit dem Solisten Daniil Trifonow. Ich war echt von den Socken. So subtil, elegisch und differenziert spielte er, dass ich das Stück gar nicht wiedererkannt habe. Meine Messlatte bei Klavierkonzerten sind natürlich die beiden von Brahms, aber ich muss sagen, dass angesichts dieser Aufführung sich meine Abneigung immerhin in Respekt verwandelt hat und ich in der nächsten Woche mir alles noch mal anhören werde. Tschaikowski ist danach dran; hier hat mich am meisten überzeugt, was Holger vorgeschlagen hat: Arrau.

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  • Guten Tag,


    Tchaikovsky - Piano Concertos Pletnev / Fedoseyev 4 CD-Box





    Hat jemand diese Box und kann etwas zur Klangqualität sagen?
    Danke und LG

  • Hallo WiKau,


    wir treffen uns ja in den letzten Tagen überall bei Tamino.
    Ja, schau mal in Beitrag 99.
    Ich habe die Ausgabe als KK-Doppel-CD mit Pletnev / Fedossejew mit den Klavierkonzerten (VIRGIN); also praktisch die CD´s 1 und 2 aus deiner Box.
    Klangtechnisch habe ich ja in den letzten Tagen erfahren, welche Ansprüche Du hast.



    0724356146327.jpg


    VIRGIN, 1990, DDD


    Die VIRGIN-Aufnahmen klingen soweit ganz ordentlich, aber keinesfalls herausragend oder Richtung audiophil. Ohne Vergleiche wärs OK.
    Was deutlich auffällt = die CD´s müssen höher aufgereht werden, als andere CD´s im Normalfall um auf die gewünschte Lautstärke zu kommen; sind also niedriger ausgesteuert. Der Detailreichtum ist eher etwas dick und die räumliche Abb wirkt etwas zu pauschal.
    Von der Int her empfinde ich Fedossejew´s russisch anmutende Orchesterbegleitung (mit dem Philharmonia Orchestra) als noch eher vorteilhafter, als Pletnev am Klavier. Meine Favoriten sind diese Aufnahmen nicht. Von Gilels, Sokolov und Graffmann ist Pletnev entfernt oder sagen wir gemässigt - kommt er nicht so ganz heran.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Danke ... na dann kenne ich mich aus :D
    Ich freue mich wenn wir uns öfter über den Weg laufen :thumbup:

  • Nakamura / Swetlanow

    Diese CD hatte ich nach Josef dankenswerter Empfehung (aus den USA preiswert) letztes Jahr bestellt ... lange gewartet und nie erhalten ... nun habe ich die CD nocheinmal neu bestellt und jetzt nach 1Monat (aus USA) erhalten.


    Josef kann ich nur zustimmen, denn alleine die orchestrale Brillanz und das Staatliche SO der UDSSR (Aufnahme 1990 aus der Suntory Hall, Tokyo) ist allen bisher gehörten überlegen. Von der pianistischen Seite würde ich vom Anschlag her Giles/Maazel (EMI), Joselson/Ormandy (SONY) und auch noch Graffmann/Szell (SONY) vorziehen, aber was das Mitspiel von Orchester und Solist angeht, ist das Gesamtergebnis auch mit der Virtuosin (im besten Sinne) Nakamura einfach der Wahnsinn.

    :) So macht dieses Schlachtross wieder richtig Spass.


    Da die Aufnahme aus Tokyo gar keine Publikumsgeräusche, keinen Applaus hat, bin ich entgegen Josefs Angabe fast geneigt zu sagen, dass hier eine Studioaufnahme vorliegt und keine LIVE-Aufnahme. Auf der Sony-CD ist jedenfalls keine Angabe


    Anmerkung moderato: Leider lässt sich bei der Restaurierung der a..... - Löcher nicht mehr ermitteln, wie das Cover bei a..... inzwischen zu non grata geworden, ausgesehen hat. Das war die Nummer B00000DSG8


    SONY, 1990, DDD


    Die Aufnahme von Rachmanioffs Klavierkonzert Nr.2 hat ein ähnliches Spitzenniveau mit Spassfaktor.

    Aber hier bin ich von Wild/Horenstein (Chandos) einfach schon zu sehr verwöhnt ... 8omanche würden sagen "versaut" ...


    (Josef´s Abb der CD habe ich im Zitat noch auf sichtbar repariert)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Kissin / Gergiev (Leningrad 1987)

    In den letzten Tagen bin ich meine Bestände an Aufnahmen des nunmehr weithin geächteten Valery Gergiev durchgegangen. Diese ganze Causa hat mich dazu bewegt, mich seit langem wieder vermehrt mit seinen Einspielungen zu beschäftigen. Vereinfacht formuliert, könnte man sagen, dass Gergiev umso interessanter wird, je weiter man zurückgeht. Seine ersten Aufnahmen erfolgten noch zu Sowjetzeiten, der große Durchbruch kam erst nach 1990. Jedenfalls stieß ich dabei auf eine Interpretation des Klavierkonzerts Nr. 1 von Tschaikowski, die ich viel zu lange unbeachtet ließ. Entstanden ist sie am 30. März 1987 im damaligen Leningrad mit dem dortigen Akademischen Symphonieorchester Leningrad (auf dem CD-Cover anachronistisch bereits wieder St. Petersburg genannt), also nicht den berühmteren Leningrader Philharmonikern. Als Pianist fungierte der damals erst 15-jährige (!) Jewgeni Kissin. Mit diesem Klavierkonzert sollte Kissin gut anderthalb Jahre später seinen ganz großen internationalen Durchbruch erzielen, als er es 1988 beim Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan spielte. Diese Darbietung ist zurecht legendär geworden, doch stellt sie im direkten Vergleich mit der Leningrader Aufführung von 1987 beinahe nur die zweite Wahl dar, was allerdings keineswegs an Kissin, sondern am doch altersmilde gewordenen Karajan liegt.


    Man muss dazu nur die Spielzeiten betrachten:


    Leningrad 1987: 20:12 - 6:30 - 7:09

    Berlin 1988: 23:41 - 8:33 - 7:35


    Nicht dass ich die Karajan-Aufnahme nicht schätzen würde. Sie war sogar mein Einstieg zu diesem Meisterwerk. Allerdings wird das jugendliche Feuer Kissins durch Gergiev deutlich kongenialer begleitet, der sich auf diesen Ansatz voll einlässt und ihn nach Kräften unterstützt. Nun kann man die Leningrader Symphoniker orchestral nicht in derselben Klasse wie die Berliner Philharmoniker verorten, aber ehrlich gesagt klingen sie in diesem Repertoire schlicht und ergreifend idiomatischer. Bereits der Auftakt hat eine Wucht sowohl im Orchester als auch beim Pianisten, die man so kaum je erlebt. Technisch ist Kissin auch mit 15 bereits über jeden Zweifel erhaben und man wird lange suchen müssen, um eine ähnliche Brillanz zu finden. Manch einer ist auch der Meinung, dass Kissin nie besser war als in diesen ganz frühen Anfangszeiten. Eine solch furiose Virtuosität ist schon spektakulär. Umso schöner, wenn auch der Rest auf demselben Niveau ist. Wer den alten sowjetischen Orchesterklang liebt, wird hier auf seine Kosten kommen. Ganz am Schluss des Finalsatzes übertreffen sich die beteiligten Künstler noch einmal selbst und der Paukist darf das Werk mit einem abschließenden typisch russischen Paukenschlag bekrönen, wie man ihn aus diesen alten Sowjetaufnahmen kennt.


    Fazit: Eine der allergrößten Interpretationen des 1. Klavierkonzerts von Tschaikowski, eine der spektakulärsten Darbietungen Kissins und vielleicht die beste Aufnahme, die Gergiev überhaupt vorgelegt hat. Der sehr gute Stereoklang rundet das Gesamtbild adäquat ab.


    Erschienen ist die Aufnahme bei Brilliant Classics in diversen Aufmachungen und beim Label Yedang.


    coverpej3o.jpg

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für mich immer noch eine der umwerfendsten Aufnahmen von Tschaikowskys Schlachtroß:


    Living Stereo - Gilels / Reiner (Tschaikowsky) (Aufnahmen 1955 / 1959)


    Ich ziehe sie selbst der neueren Aufnahme mit Mehta (CBS) vor, obwohl dieser Live-Mitschnitt durchaus seine Meriten hat.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Wenn ich das lese, ärgere ich mich, dass ich die Brilliant-Box mit den Aufnahmen des frühen Kissin nicht gekauft habe....


    Von Gilels habe ich verschiedene - auch da wurmt es mich, dass die Box mit den kompletten RCA-Aufnahmen vergriffen ist! :hello:

  • Kissin / Gergiev (Leningrad 1987)

    Entstanden ist sie am 30. März 1987 im damaligen Leningrad mit dem dortigen Akademischen Symphonieorchester Leningrad (auf dem CD-Cover anachronistisch bereits wieder St. Petersburg genannt), also nicht den berühmteren Leningrader Philharmonikern.

    Die "Philharmoniker": Заслуженный коллектив России Академический симфонический оркестр Санкт-Петербургской филармонии

    (verdientes Kollektiv Russlands, akademisches sinfonisches Orchester der St. Petersburger Philharmonie)


    Die "Sinfoniker": Академический симфонический оркестр Санкт-Петербургской филармонии

    (akademisches sinfonisches Orchester der St. Petersburger Philharmonie)


    In der verkürzten englischen Übersetzung auf einem CD-Label des halbgrauen Marktes kann man die beiden ja nur verwechseln bzw. nicht auseinanderhalten :wacko:

    Er hat Jehova gesagt!

  • Wieso wurden die Beiträge von den mir sehr geschätzten Mitgliedern Joseph II und Holger gelöscht ? Das finde ich schon verwunderlich.....

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