Valcav Neumanns Klassiker mit den Tschechischen Philharmonikern. Eine wirlich famose Aufnahme, warm und "menschlich". Ganz schlimm und für mich fast unverzeihlich ist aber der dritte Satz mit der herrlichen Posthornpassage. Diese soll ja als Fernorchester auf der Weite des Raumes herüberleuchten; Neumanns Passage wirkt hier wie ein Alien im wunderbaren Orchesterspiel: nicht nur viel zu laut, sondern auch noch mit vollkommen anderen Hallanteilen versehen ... das hört sich wie (schlecht) dazugemischt an. Schade, da die Passage - obwohl durchaus formidabel geblasen - für mich diese (fast schon) Schlüsselstelle des Werkes unnötig zerstört.
Lieber Thomas,
ein wenig länger als angedacht hat es ja gedauert, aber aus dem Vergleichshören des 3. Satzes, explizit der Stellen mit dem Posthorn, ist ein Vergleichshören der gesamten Sinfonie geworden (und das ist noch nicht einmal beendet...).
Ich stimme vollinhaltlich überein; die Passagen mit dem Posthorn (genauer: Miroslav Kejmar verwendete laut Beiheft ein Flügelhorn) wirken auch für mich nicht nur zu laut, sondern durch den in den Tat merkwürdigen, unnatürlichen Hallanteil etwas synthetisch.
Das empfinde ich als doppelt schade, denn zum einen spielt Kejmar wirklich betörend schön und zum anderen passen diese lauten Hornpassagen nicht zum Satzcharakter, den Neumann dem dritten Satz angedeihen lässt.
Jede feinsinnige Differenzierung, jede subtile Phrasierung, jegliche Stimmungswandel gehen für mich fast vollständig verloren.
Ich zitiere einmal Michael Gielen (aus dem Beiheft der Hänssler-Aufnahme): "Wie im Tone Jean Pauls ruft das Posthorn seine wehmütig-sentimentale Weise aus einer für immer versunkenen Zeit herüber in die geschäftige Welt des dritten Satzes..."
Erich Mauermann beschreibt es in der fantastischen Audite-Kubelik-Aufnahme wie folgt: "..., ehe das Trio einsetzt, diesmal nicht rascher als der Hauptteil, sondern deutlich verlangsamt ins sehr gemächlich mit der Weise des Posthorns wie aus weiter Ferne.
Die Zeit bleibt stehen, Mahler beschwört eine selige Vergangenheit, die unwiederbringlich verloren ist. ... Noch einmal, wie eine fixe Idee, kehrt das Posthorn zurück - aus noch weiterer Ferne tönend, dann rettet sich die Musik ins handfest Derbe, fast ein wenig Ordinäre."
Was beide metaphorisch schön beschreiben, möchte ich hören. Beide erwähnen die Zeit, die verloren ist und die still zu stehen scheint. In diese Gefühlswelt möchte ich versetzt werden.
Am besten ist es bisher Riccardo Chailly in seiner auch ansonsten hervorragend gelungenen Aufnahme geglückt.
Warum auch immer, es mag ja tatsächlich einen tontechnischen Hintergrund haben, gelingt es in der Neumann-Einspielung leider nicht.
PS.: Vor inzwischen fast fünf Jahren hat Thomas Knöchel sich bereits dem "Posthorn-Thema" gewidmet: Mahlers 3. - zauberhaftes Posthorn Bei Bedarf können wir die Diskussion gerne dort fortsetzen.