Cor anglais, mon amour

  • Im Thema "Welches Instrument würdet ihr (gerne) noch lernen?" kam das meinige so gut wie nicht vor. Mit Mozart habe ich ja gemeinsam, dass wir beide Trompete und Querflöte nur als Farben im Orchester schätzen. Aber auch andere müssen zurückstehen gegenüber meinem absoluten Lieblingsinstrument, dem Englischhorn (cor anglais, corno inglese). Die Debatte bei Wikipedia zur Unterscheidung von Englischhorn, oboe d´amore und oboe da caccia) überspringe ich. Dort wird der Klang dieses Instrumentes als gedeckt und warm beschrieben, womit es sich abhebt gegenüber einer Oboe, die sehr schrill sein kann. Neu kostet ein Englischhorn 2500 €. Der Name hat mit England nichts zu tun, entweder kommt es aus dem französischen cor anglé (abgewinkeltes Horn) oder von den Engeln, die auf sakralen Bildern solche Instrumente spielen.
    Auf Wikipedia werden dann eine Reihe von Stücken genannt, in denen das Englischhorn eine wichtige Rolle spielt. Ich übernehme davon nur die Werke, die ich selber kenne und hoffe auf reichliche Ergänzung von euch.
    -Bach Weihnachtsoratorium, besonders die Hirtenmusik, das ist die reinste Englischhorn-Orgie, wenn ich das mal salopp sagen darf
    - Haydn, Sinfonie Nr. 22 ("Der Philosoph", wenn ich mich recht erinnere)
    - Rossini, Ouvertüre von "Wilhelm Tell"
    -Mahler, Ich bin der Welt abhanden gekommen
    -Dvorak, 9. Sinfonie
    -Janacek, Taras Bulba, sofort am Beginn
    -Janacek, Katja Kabanowa, Ouvertüre

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Lieber Dr. Pingel,


    dann möchte ich doch Jean Sibelius "Der Schwan von Tuonela" aus der Lemminkäinen-Musik einwerfen - das wohl schönste Solo für Englischhorn überhaupt?!


    LG
    Christian

  • Leider habe ich keinen Hinweis auf YouTube, sondern nur einen schwarzen Balken. Das passiert bei mir jetzt öfter, aber nicht immer.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Ich habe ja im letzten Jahr drei Gesamtaufnahmen der Mahler-Sinfonien auf Blue Ray angschafft und auch z. T. mehrfach durchgehört und -gesehen. Es war mir erinnerlich, dass ich immer wieder das Englischhorn in Aktion sah. Ich liebe es seit dem Moment in meiner Jugend, als ich zum ersten Male Dvoraks Neunte hörte. Ich habe mir eben noch mal die Mühe gemacht und die Besetzungen in sämtlichen Mahlerdinfonien bei Wikipedia gegengecheckt. Tatsächlich tritt das Englischhorn in sämtlichen Mahler-Sinfonien auf, teils alternativ zur vierten Oboe, teils aber auch zusätzlich zu den Oboen.
    Wenn du also, lieber dottore, das Englischhorn öfter in Aktion sehen bzw. hören willst, würde ich dir, falls du sie noch nicht hast, eine GA der Mahler-Sinfonien auf Blu Ray empfehlen. Ich habe sie von Abbado, Järvi und Chailly. Von letzterem fehlen mir allerdings die Nr. 1 und 3, die schon aufgenommen sein sollen, aber noch nicht gepresst wurden. Von Abbado gibt es leider keine Aufnahme der Nr. 8, und die Nr. 9 gibt es m. E. nur auf DVD.
    Da also von den dreien nur Paavo Järvi komplett vorliegt, würde ich ihn empfehlen, zumal er sich in der Tat von den ebenfalls großartigen Interpretationen Chaillys und Abbados nicht zu verstecken braucht, und die meisten sind live auf dem Rheingau-Musikfestival in Kloster Eberbach aufgenommen worden:



    Derzeit ist die Blu-Ray-Ausgabe sogar um 8 € günstiger zu haben als die DVD-Ausgabe.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ein klassizistisches Werk von knapp einer halben Stunde Dauer aus dem Jahre 1947, dem vorletzten Lebensjahr seines Komponisten kann ich anbieten. Ich höre es recht gerne; es ist gewiss nicht modern, sondern unaufgeregt und unspektakulär, aber ganz aus dem Geist des Instruments pastoral und melodiös. Man kann es stilistisch zwar nicht wirklich mit den Solo- und Doppelkonzerten eines Richard Strauss verwechseln, die ebenso kurz nach dem Krieg entstanden, aber es scheint in vergleichbarer Weise aus der Zeit gefallen.


    Ermanno Wolf-Ferrari: Concertino in As-Dur, op. 34, für Englischhorn, Streicher und zwei Hörner


    Meine Einspielung (ob es viel Konkurrenz gibt?):



    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Meine Lieblingsstelle für dieses Instrument findet sich in der genialen 8. Symphonie von Dmitri Schostakowitsch. Im ersten Satz nach der großen Steigerung im Triple-Forte:


    Überleitend erklingt ein ausgedehntes rezitativisches Solo des Englischhorns (Takte 302 bis 351), dann schließen die Themen in umgekehrter Reihenfolge den Satz. (Quelle wikipedia)


  • Eine kleine Frage-Einlage an dieser Stelle: Von einem Berufsmusiker hörte ich vor Jahrzehnten (und das hat sich wohl irgendwie in meinem Gehirnskasten festgesetzt, kommt durch das Instrument jetzt wieder nach vorne), das man im Gegensatz zu den Kontinetaleuropäern das "Englischhorn" in England "Französichhorn" (Cor francais) nennt. Stimmt das? Stimmte es früher und heute nicht mehr?


    ?(?(?(

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich weiß zwar, das "stehlen" im Englischen "französisch einkaufen" und im Französischen "englisch einkaufen" heißt, aber cor francais habe ich nirgendwo gefunden!
    @Christian: der Balken ist wieder weg! Danke!

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  • Eine der wohl bekanntesten Besetzungen des Englischhorn dürfte der 3. Aufzug Tristan und Isolde sein. Zuerst die traurige Hirtenweise zu Beginn der ersten Szene und dann der Triumph (Isoldes Ankunft) zu Beginn der zweiten Szene. - Ganz nebenbei, ein Elternteil eines Mitschülers meines Sohnes ist das Englischhorn des Philharmonische Staatsorchesters Hamburg, was mir immerhin zu einer Karte für die Generalprobe der Neumeierschen Ballettfassung von Messiaens Turangalîla-Symphonie verholfen hat :thumbsup:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Von Paul Hindemith gibt es die Sonate für Englischhorn und Klavier, komponiert im Jahr 1941. Die Einspielung, die ich im Plattenschrank habe, finde ich bei jpc oder Amazon nicht mehr (Ingo Goritzki, Englischhorn und Kalle Randalu, Klavier, bei MDG). Im Booklet heißt es, die Sonate ist »vollständig als Variantenfolge zweier scharf kontrastierender Teile ausgearbeitet. Und während sich die mittleren Varianten dieser Teile zu den Charakteren eines langsamen Teiles und eines Scherzos im Sinne von mehrsätzigen Sonatenforman verselbständigen, wirken die beiden letzten Varianten wie Reprisenteile aus der Sonatenhauptsatzform. Das Thema der jeweils schnelleren Teile entlehnte Hindemith übrigens seinem Klavierlied ›Das Köhlerweib ist trunken‹ (G. Keller), das zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieb.«

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  • Zitat

    dr. pingel: Ich weiß zwar, das "stehlen" im Englischen "französisch einkaufen" und im Französischen "englisch einkaufen" heißt, aber cor francais habe ich nirgendwo gefunden!


    Das wirst du auch nirgendwo finden, lieber dottore, es gibt wohl das "French horn", und dabei handelt es sich allerdings um dieses Teil:



    Liebe Grüße


    Willi :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bei meiner heutigen Erinnerungsarbeit, lieber Dottore, habe ich diese CD entdeckt, die ich mit den Geburtstagsglückwünschen an den Dirigenten Rudolf Piehlmayer (Augsburger Philharmoniker) zum 55. Geburtstag verbunden habe:



    Das Stück wird dir nicht ganz unbekannt vorkommen. Es ist am großen Urwaldfluss zu finden.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das berühmte Lied an den Mond aus "Rusalka" wird auch vom Englischhorn angestimmt. Als Interpretin empfehle ich die junge tolle Nachwuchssängerin Olena Tokar, zu finden hier unter "Neue Stimmen"!

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • In Janaceks Oper "Die Ausflüge des Herrn Broucek" gibt es nicht nur die schönsten Walzer außerhalb des Rosenkavaliers, sondern auch ein traumhaft schönes Liebesduett (Mazal-Malinka) am Ende des 1. Aktes / mit Englischhorn gezuckert und noch mal gesüßt durch die Gesangskunst von Wilma Lipp und Fritz Wunderlich.

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  • Eine mir ganz unbekannte Altistin, Catherine Patriasz, aber gut singt sie. Ein Beispiel für mich, dass dieses Rezitativ und Arie doch von einem warmen Alt und schlicht gesungen werden sollte. Counter sind zu kalt und die meisten Altistinnen, ja, auch die berühmten, sind viel zu opernhaft. Ich werde einige bei YouFail zitieren.
    Dirigent ist hier Herreweghe, der auch das richtige Tempo trifft.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Eine stimmlich und interpretatorisch sehr gute Altistin - keine Operndiva - ist immer besser als ein Star-Counter.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler