Hannover-Initiative gegen das "Regie-Theater"

  • Zitat

    Um welche Art von "Elite" und Elitedefinition geht es also hier?


    In einer für mich erfrischend kurzen Art antworte ich hier: "die von mir hier zitierte "Elite" zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie zumindest die wichtigsten Persönlichkeiten der Geschichte kennt, und auch einen gewissen Überblick auf die großen Bühnenstücke der Weltliteratur hat. Sie benötigt keine Anpassung von Stücken an die Gegenwart, weil die "Gesellschaft von heute" angeblich mit den alten Stoffen nichts mehr anfangen kann- mangels an humanistischer Allgemeinbildung. Es ist eine vornehme Umschreibung der Tatsachen dass die heutigen Leute nicht gerade Leuchten sind. Das was ich hier mit "Elite" beschreibe, war früher eigentlich gar keiner- das war Standard - oder wie der Name schon so treffend sagt "ALLGEMEIN-Bildung - der unterste Level sozusagen, heute kann man Leute mit einigermaßen Allgemeinbildung schon zur ELITE zählen,
    morgen wird es vielleicht schon genügen der deutschen Sprache einigermaßen mächtig zu sein, und zu wissen, dass man auch mit Messer und Gabel essen kann.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • morgen wird es vielleicht schon genügenm der deutschen Sprache einigermaßen möchtig zu sein, und zu wissen daß man auch mit Messer und Gabel essen kann.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Lieber Alfred, ich weiß, dass du der deutschen Sprache sehr mächtig bist, aber deinen Texten sieht man es meist nicht an, weil du keine Lust hast, in Ruhe zu korrigieren. Das sollte aber zur Pflicht einer Elite dazu gehören.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • die von mir hier zitierte "Elite" zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie [...] auch einen gewissen Überblick auf die großen Bühnenstücke der Weltliteratur hat


    ... und gerade deshalb auch in der Lage sein sollte, einer »unkonventionellen« Inszenierung zu folgen und sie konstruktiv zu würdigen, weil sie es nicht nötig hat, die Handlung noch einmal buchstabengetreu vorgeführt zu bekommen. Von dieser Elite sollte man auch verlangen können, dass die Rezeption von Kunst über ein rein kulinarisches Genießen hinausgeht.

  • Von dieser Elite sollte man auch verlangen können, dass die Rezeption von Kunst über ein rein kulinarisches Genießen hinausgeht.


    Wieso sollte das Regietheater keinen kulinarischen Genuss vermitteln können? Hier tiefschürfender Ernst, dort kleinbürgerliches Phlegma?
    So einfach kann es vermutlich nicht sein.


    Es ist eine vornehme Umschreibung der Tatsachen dass die heutigen Leute nicht gerade Leuchten sind.


    "Ein großes Licht war der Mann eben nicht aber eine große Leuchte". Schade um den schönen Aphorismus eines großen Philosophen, ein einziger Satz im Forum hat ihn zunichte gemacht.

  • Ich bin froh das ich heutzutage nicht mehr zur Schule gehen muss. Wie soll ein Lehrer den jungen Leuten auch was ordentliches beibringen, wenn er in theoretisch in mehreren Sprachen unterrichten müsste und die heutigen Klassen in Deutschland eine Schüleranzahl von 25 oder höher haben. Oder schaut euch doch mal in den Uni Bibliotheken um. Meistens gibt es von stark frequentierten Büchern ein Exemplar das man Ausleihen kann. Und viele Eltern können ihren Kindern gar kein Wissen beibringen oder ihnen beibringen für Kultur zu interessieren, da beide arbeiten müssen. Oder das Gegenteil ist der Fall und beide bekommen Hartz 4 , dann hat das Kind auf kaum eine Chance . Und der Tag hat nun mal nur 24 Stunden und man kann sich halt nicht mit allem intensiv befassen, wenn man arbeitet.

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  • Es ist eine vornehme Umschreibung der Tatsachen dass die heutigen Leute nicht gerade Leuchten sind.


    Was unterscheidet "die heutigen Leute" von heutigen Menschen?
    Wenn es keinen Unterschied gibt (welchen sollte es geben?), dann wäre im zitierten Satz des Wort Leute durch das Wort Menschen ohne Sinnverlust austauschbar.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Zitat

    Was unterscheidet "die heutigen Leute" von heutigen Menschen?


    @ Zweiterbaß
    Eine ganze Menge. Es ist eine Bewertungsfrage und eine der Distanz.
    "Leute" sind einem egal, man nimmt sie nur als anonyme Masse wahr, zu "Menschen" hat man eine wertbezogene Beziehung- wie immer die auch beschaffen sein mag, das kann auch eine ablehnende sein. Ich habe das neutrale Wort "LEUTE" BEWUSST gewählt- als Kompromiss zu dem was ich gerne gesagt hätte, aber vermieden habe, um niemanden zu beleidigen oder "auf die Füße zu treten (das war schwer genug). Ich bitte daher nachdrücklich dieses MUSIKFORUM nicht für ideologische Spitzfindigkeiten zu mißbrauchen - Ich meine, ich hatte das in einem persönlichen Telefongespräch vor ein oder 2 Jahren deutlich zum Ausdruck gebracht.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • 1. Akt Arie


    Kuckuck hat sich zu Tode gefallen


    Kuckuck hat sich zu Tode gefallen
    An einer grünen Weiden,
    Kuckuck ist tot! Kuckuck ist tot!
    Wer soll uns jetzt den Sommer lang
    Die Zeit und Weil vertreiben?


    Ei, das soll tun Frau Nachtigall,
    Die sitzt auf grünem Zweige;
    [Die kleine, feine Nachtigall,
    Die liebe, süße Nachtigall!]
    Sie singt und springt, ist allzeit froh,
    Wenn andre Vögel schweigen.


    [Wir warten auf Frau Nachtigall,
    Die wohnt im grünen Hage,
    Und wenn der Kuckuk zu Ende ist,
    Dann fängt sie an zu schlagen!]


    Rezitativ:


    Das konservative Volk:


    „Unsere Kuckuckselite! Unsere Kuckuckselite! Unsere ordnungsliebende, werttreue Kuckuckselite ist tot, mausetot! Was für ein Unglück! Ein neuer Kuckuck muss her! Wir lassen uns doch nicht von diesen Nachtigallen verhöhnen, diesen linken Weltveränderern! Nichts können diese ungebildeten Pfeifen! Nicht mal die Kuckucksgrammatik beherrschen sie! Statt dessen: Sie improvisieren! Wie vulgär! Und immer wieder müssen sie was Neues singen – „Aktualisieren“ wollen diese Modernen und sich mit ihren Koloraturen nur selbst verwirklichen! Ihr blöden Paradiesvögel, könnt ihr nicht einfach mal demütig und werktreu immer nur dasselbe singen? Kuckuck, Kuckuck – und das von Ewigkeit zu Ewigkeit!? Aber nein! Sie wollen keine ewigen Werte! Sie müssen immer alles anders machen wollen!“


    Es kommt Bewegung auf. Ein neuer Kuckuck ist gefunden. Die Menge frohlockt. „Nun bestellen wir einen Schiedsrichter. Er soll entscheiden: Wer ist Elite und wer nicht?“


    2. und letzter Akt Arie


    Lob des hohen Verstandes


    Einstmals in einem tiefen Tal
    Kukuk und Nachtigall
    täten ein’ Wett’ anschlagen.
    Zu singen um das Meisterstück,
    gewinn’ es Kunst, gewinn’ es Glück!
    Dank soll er davon tragen.


    Der Kukuk sprach: „So dir’s gefällt,
    hab’ ich den Richter wählt,“
    und tät gleich den Esel ernennen.
    „Denn weil er hat zwei Ohren groß,
    so kann er hören desto bos,
    und, was recht ist, kennen!“


    Sie flogen vor den Richter bald.
    Wie dem die Sache ward erzählt,
    schuf er, sie sollten singen!


    Die Nachtigall sang lieblich aus!
    Der Esel sprach: „Du machst mir’s kraus!
    Du machst mir’s kraus! Ija! Ija!
    Ich kann’s in Kopf nicht bringen!“


    Der Kukuk drauf fing an geschwind
    sein Sang durch Terz und Quart und Quint.
    Dem Esel g’fiels, er sprach nur:
    „Wart! Wart! Wart!
    Dein Urteil will ich sprechen,
    ja sprechen.


    Wohl sungen hast du, Nachtigall!
    Aber Kukuk, singst gut Choral!
    Und hältst den Takt fein innen!
    Das sprech’ ich nach mein’ hoh’n Verstand,
    und kost’ es gleich ein ganzes Land,
    so laß ich’s dich gewinnen, gewinnen!“
    Kukuk, kukuk! Ija!


    Erstes Rezitativ


    Der Esel: „Ich brauche meinen weisen hoh´n Verstand gar nicht anzustrengen: Nachahmung, prächtigste Nachahmung, damit beweist sich unsere konservative Elite! Und wer könnte besser nachahmen als der vollkommene Kuckuck! Kuckuck, Kuckuck – das gleicht sich wie ein Ei dem anderen! Ein Wunder!“ (Selbstverliebt zu sich selbst sprechend : ) „Und ich natürlich bin auch ein großer Nachahmer, ich, meine hoh´n-verständige Durchlaucht! (Er überschlägt sich mehrmals werktreu nachahmend, zuletzt nicht ganz auf Kuckucks-Niveau mit rhetorisch ein wenig übertreibender Deklamation: Ija, Ija, Ijaaaaa!) Es lebe die Kuckuckselite! Ihr gehört der Siegerkranz! Das verkünde ich mit meinem hoh´n Verstand!“


    Zweites Rezitativ


    Die Nachtigall wird spöttisch:


    „Was für falsche Kuckuckseier! Was für eine Eselei! Wo Geist ist, da sucht ihr den Buchstaben! Elite!??? Dass ich nicht trällere auf dieses Gefasel des Hohnverstandes! Gebildet? Wisst Ihr nicht, ich bin Kurt Weill und singe Bert Brecht. Nachahmen, das habt ihr Hohnverständigen besser als genug gelernt. Nur wisst ihr eifrigen Nachbeter nichts von der Gemeinheit Eurer Zeichen. Hoh´n Verstand??? Dass ich nicht lache! Hohnverstand!!!“


    Die Nachtigall beginnt, zwei berühmte Sätze von Bert Brecht an die Tafel des Oberlehrers Esel zu schreiben:


    Der Esel denkt, das Werk lenkt.
    Der Esel denkt: das Werk lenkt.


    „Ihr hohnverständigen Esel und Kuckucke dieser Welt!“ – spottet die Nachtigall. „So wenig wie Gott der Weltlenker ist, so wenig lenkt das Werk die Aufführung! Das Werk ist doch keine mechanische Kuckucksuhr – Punkt 12 Uhr, nicht anders als zu erwarten zum x-ten Mal Klappe auf, Klappe zu und dann wird’s wieder blöde stumm! Kapiert das doch endlich mit Eurem Hohnverstand! Eure sogenannte Kuckuckselite hat unser wunderbares zartes Nachtigallenküken einfach aus dem Sänger-Nest geworfen und sich mit ihrem fetten Hohnverstand selber reingesetzt. Und wo noch nicht, da möchte sie es nur zu gerne nachholen – in einer „konservativen Revolution“ von Schmarotzern! Die Moderne und die Demokratie, das Nachtigallennest, das möchtet ihr zum Arbeiten mit dem Nachwuchs zu faulen, verfressenen und vor Golddukaten eselhaft stinkenden genusssüchtigen Eliteschnösel natürlich gerne behalten, aber nur, um ganz undemokratisch uns emsig unsere Kunst übenden Nachtigallen aus dem Nest zu kegeln. Deshalb wollen wir wahrhaft Fleißigen und Kunstliebenden von Eurer faulen Kuckuckselite nichts wissen. Stopft Euch doch mit Euren süßen Elite-Pralinchen vom Haribo-Fließband voll! Wir leben und ernähren uns von der Kunst – fern von Eurer versauten Zivilisation draußen in der Natur und studieren Mahlers kühnes Posthornsolo! Mahlers Musik – das ist nicht der hohnverständige Elite-Leierkasten – sondern Genie, reines Genie!!!! Auf die Ablösung im Sommer braucht ihr nicht zu warten. Zu Euch wird das Genie nicht kommen. Denn für Kuckucksuhren gibt es nichts Neues unter der Sonne. Pflegt doch Euer Elitengefängnis, von mir aus mit Uhrenklappen aus schönem Plüsch und Marmor und Zückerchen auf dem Dach! Wir anarchischen Nachtigallen dagegen brauchen keine Kuckucksuhren-Pünktlichkeit, keinen Aufziehuhren-Drill. Wir lieben die frische Luft der Natur und genießen vor allem eines – unsere künstlerische F r e i h e i t.“


    Der Vorhang fällt


    :pfeif: :pfeif: :pfeif:

  • Großartig wie subtil Holger seine Beleidigungen verpackt - aber das berührt mich nicht wirklich, weil eben sehr ideologisch gefärbt und natürlich tendenziös und paradox dargestellt. Ich könnte derlei auch verfassen - aber spätestens wenn in meiner Oper der "Chor der Linke Proleten" auträte und seinen Stumpfsinn von sich gäbe, dann wäre "Feuer am Dach". Und genau das wollen wir ja bei Tamino nicht - oder ?
    Wir sind ja sowieso bereit sehr weit vom Thema abgekommen - Und in gewisser Weise auch nicht.


    Die vielgepriesene künstlerische Freiheit ist ein Trugbild, das derzeit durch diverse Kunstkniffe noch Bestand hat.
    Es wird als solches weiterbestehen, lange noch, nachdem es die Gesellschaft, der es durch Missbrauch zuwider geworden ist,
    durch Entzug der Geldquellen ausgetrocknet und somit zu Tode gebracht hat.


    Denn die Kunst ist nicht für den Künstler da, sondern für die Kunstliebhaber. Der Künstler ist lediglich ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck. Zudem ist nicht jeder ein Künstler, der das von sich behauptet - Aber das ist ja sowieso allgemein bekannt....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,

    "Leute" sind einem egal, man nimmt sie nur als anonyme Masse wahr, zu "Menschen" hat man eine wertbezogene Beziehung- wie immer die auch beschaffen sein mag, das kann auch eine ablehnende sein.

    in Nachschlagewerken gibt es auch andere Erklärungen, aber jeder Mensch (auch jedes Leut) hat selbstredend seine eigene, völlig freie Meinung - und an der Deinen werde ich nicht mal im Traum daran denken versuchen zu kratzen.



    Ich bitte daher nachdrücklich dieses MUSIKFORUM nicht für ideologische Spitzfindigkeiten zu mißbrauchen

    Das werde ich selbstverständlich mit großer Freude tun - neugierig bin ich ob Anforderungen dieser Art an andere Mitglieder des Forums auch gestellt werden - und bin mir u. U. ggfs. fast sicher, dass ich einen Anspruch auf Gleichbehandlung vielleicht, möglicher Weisel gar nicht habe.


    Herzliche Grüße aus Nürnberg
    zweiterbass


    Nachsatz, nicht an Alfred gerichtet: Ein wohl verständlicher Beitrag, dabei ganz ohne sich mit Fremdwörtern hervortun (statt brillieren) zu müssen.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Nachdem ich mich durch 45 Beiträge durchgewühlt habe, auch von mir einige Anmerkungen, die mir beim Lesen gekommen sind:
    Das eigentliche Thema (das etwas kurz dabei wegkam) war ja wohl die Frage, wie sinnvoll und wie ernstzunehmen diese Initiative in Hannover sei.


    Bei Schiller heißt es im Tell: "Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, / greift er getrosten Mutes in den Himmel / und holt herunter seine ewgen Rechte..." Das hat in diesem Fall ein Teil des Publikums getan. Und das wird Schule machen, weil die Irritation des Publikums wächst. Und Theater wird (Halten zu Gnaden, Intendanten und ihre Hofberichterstatter!) vor allem fürs Publikum gemacht.


    Es kann aber dabei auch nach der anderen Seite umkippen: Wenn nur das Publikum entscheidet, was gespielt wird, sind wir bald bei einem Spielplan, der von Boulevardkomödien und Musicals dominiert wird. Dann hört es auf, Kunst zu sein - und wird Dienstleistung.
    Das wäre zwar demokratisch. Aber wenn etwas nicht mit Demokratie kompatibel ist (ich ziehe jetzt schon mal den Kopf ein), dann ist es Kunst! Wenn man die beiden trotzdem zusammenbringen will, wird es Beliebigkeit oder Kitsch, in jedem Fall aber Ware.
    Und dieser Kunstauffassung verweigere ich mich ebenso wie der Willkür selbsternannter Künstler.


    Wir bewegen uns also auf einem schmalen Grat - und das bei Windböen aus unterschiedlichen Richtungen. haltet euch fest! -


    meint Sixtus

  • Dem letzten Beitrag (von Sixtus) mit seiner innewohnenden Dialektik möchte ich aus vollem Herzen zustimmen.


    Zustimmen aus der Sicht eines großen Musikliebhabers mit noch erschreckend viel Nachholbedarf im Musiktheatersektor und aus der Sicht von jemandem, der in Sachen sogenanntes Regietheater gerne einen Mittelweg gehen würde.


    :thumbsup: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Es sind halt immer unterschiedliche Sichtweisen. Frag mal Musical Sänger oder Schauspieler die Boulevard Theater spielen, die bezeichnen das auch als Kunst. Und keine Opernhaus wir voll, nicht einmal die Wiener Staatsoper, wenn nur unbekannte Werke, Uraufführungen oder Barock gespielt wird. Man sollte den Spielplan so gestalten, das alle zufrieden sind.

  • Dem letzten Beitrag (von Sixtus) mit seiner innewohnenden Dialektik möchte ich aus vollem Herzen zustimmen.


    Heisa, juchheia! Dudeldumdei!
    Das geht ja hoch her. Bin auch dabei!


    Man sollte den Spielplan so gestalten, das alle zufrieden sind.


    Besonders aber laßt genug geschehn!
    Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
    Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
    So daß die Menge staunend gaffen kann,
    Da habt Ihr in der Breite gleich gewonnen,
    Ihr seid ein vielgeliebter Mann.
    Die Masse könnt Ihr nur durch Masse zwingen,
    Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
    Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
    Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
    Gebt Ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!
    Solch ein Ragout, es muß Euch glücken;
    Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
    Was hilft's, wenn Ihr ein Ganzes dargebracht?
    Das Publikum wird es Euch doch zerpflücken.


    Dichter:

  • Und dieser Kunstauffassung verweigere ich mich ebenso wie der Willkür selbsternannter Künstler.

    Und wie definierst Du einen "selbsternannten Künstler"? Das möchte ich doch einmal wirklich wissen, damit es nicht bloße Rhetorik und Polemik bleibt nur mit Wiedererkennungsfunktion für RT-Gegner. Und dazu noch wäre es redlich, konkrete Namen zu nennen, damit nicht einfach ebenso willkürlich sämtliche Künstler, die man mehr als vage unter den Oberbegriff RT-Theater subsumiert, als Usurpatoren tituliert werden.


    Man darf doch davon ausgehen, dass die allermeisten Theaterleute, zu denen auch Dramaturgen und Regisseure gehören, eine Hochschule besucht haben mit dem entsprechenden Abschluß in ihrem Fach. Korrekt haben sie so einfach den Beruf Künstler. Ist es da nicht pure Polemik (und schlicht anmaßend), Berufskünstlern zu unterstellen, sie hätten sich zu Künstlern lediglich selbst ernannt?


    Und selbst wenn es da Dillettanten geben sollte: Es gibt das prominente Beispiel des Pianisten Vladimir Ashkenazy, der als Dirigent zu Weltruhm gelangte, aber das Dirigieren nie gelernt hat (was er auch humorig zugibt). Darf man ihn also als "selbsternannten Dirigenten" beschimpfen? Entscheidend ist doch, dass große und bedeutende Orchester ihn engagiert haben. Das ist eine Auszeichnung und eine Art Ritterschlag. Nur mit "Selbsternennungen" bekommt man als Künstler keine leitende Position in einer Gesellschaft, man muss schon eine Leistung vorweisen und andere Menschen, die solche Positionen vergeben, müssen von der betreffenden Person überzeugt sein. Wenn man als RT-Gegner trotzdem dieses polemische Vokabular benutzt, dann erklärt man auch implizit diesen Personenkreis, dem solche Menschen ihre Position als Künstler verdanken, als inkompetent usw. Aber mit welchem Recht, wenn man weder diese Personen wirklich kennt noch die Verfahren, die zur Etablierung solcher Künstler geführt haben?


    Genau das stört mich auch an den RT-Gegnern, wenn sie sich - genauso willkürlich - eigenmächtig zur "Elite" selbst ernennen. Über diesen Selbstwiderspruch reflektieren sie nämlich nicht, wenn sie genau das den so verhaßten RT-Regisseuren unterstellen. Wirkliche Eliten sind durch ihre objektiv nachweisbaren Leistungen ausgewiesen (einen Wettbewerb gewonnen haben, an einer führenden Oper engagiert zu sein, den Nobelpreis, die Fields-Medaille erhalten haben etc.). Hier jedoch meint man, dass es reicht, sich als Elite rein subjektiv zu fühlen, um auch Elite zu sein. Der einzige Beleg ist dann, dass man sich selber als überlegen einer anderen Gruppe gegenüber darstellt, von der man sich als "höherstehend" abheben zu können glaubt, sich letztlich rein rhetorisch abgrenzt und diesen Menschen ohne faktische Grundlage und Angabe von Gründen irgendwelche maßgeblichen Kompetenzen abspricht. Das ist ein Gebaren, das in vielen Fällen die Grenze zum Rufmord streift. So etwas anonym in einem Internetforum zu praktizieren, ist sehr billig, denn man wird dafür nicht zur Rechenschaft gezogen. Eliten, die durch keine seriöse Evaluation ausgewiesen sind, sind aber letztlich nur Scheineliten. Das legt dann die Satire offen. Denn mit denselben - rein subjektiven - rhetorischen Mitteln kann sich auch die von den selbsternannten Eliten konstituierte Nicht-Elite als Elite konstituieren und den polemisch-rhetorischen Spieß schlicht umdrehen. Wenn die vermeintliche Elite auf solche Satire dann beleidigt reagiert, zeigt sie lediglich, dass sie eben nur eine selbsternannte Elite ist, eine Scheinelite. ;) :D


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Denn die Kunst ist nicht für den Künstler da, sondern für die Kunstliebhaber.


    Das scheint mir eine sehr postmoderne und gar nicht konservative Auffassung zu sein. Sie passt recht gut in unsere Dienstleistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts, bei der alles und jeder nach seiner Nützlichkeit und damit dem Vermarktungspotential unterworfen wird. Sie negiert alle Veränderungen des Kunstbegriffs seit dem 19. Jahrhundert, die ja im Zuge der Aufklärung und der französischen Revolution geschahen und führt die Musikausübung wieder in die feudale Zeit der Fürsten und Könige zurück.
    Die Kunst eines Mozarts und etwa auch eines Karl Böhms wäre also demnach auch nichts anderes als eine antike Ware, ein Behübschung für den "elitären" Feierabendhörer, der sich im Lehnsessel mit einem Glas Rotwein zurücklehnt, sich ein Pfeifchen anzündet, vielleicht im Kulturteil seiner Zeitung blättert und sich dann per Fernbedienungsknopfdruck den seiner Meinung nach passenden akustischen Background verschafft.
    Wenn es ihm des Gedudels überdrüssig wird, dann müssen die Musiker aus der Konserve eben per sofort schweigen, und ggf. werden dann andere Konservenmusiker gezwungen, für ihn zu spielen. Oder er geht ins Konzert und erwartet, das ihm für sein Geld etwas Anständiges geboten wird.....und wehe, wenn nicht, wehe wenn sich der Pianist zu viel verspielt. Schließlich hat er ja gezahlt.....und sieht sich somit als kulturhistorischen Nachfolger barocker Könige und Fürsten, dabei verdrängend, dass gerade durch die Aufklärung und durch demokratische Errungenschaften es überhaupt möglich gemacht wurde, das heutzutage auch ein "Bauer" ( also ein einfacher Bürger, kein Adliger) Zugang zu hochwertiger Musik hat. Durch diese (utopische...) Meinung, dass die große Kunst für alle Menschen zugänglich sein soll, dass dadurch "alle Menschen Brüder" werden, ist so ein gewaltiges Werk wie die 9. Symphonie von Beethoven ja eigentlich erst inspiriert worden.


    Ab ca. 1912 kam ja im alten Europa der Gedankengang der Kunst um der Kunst willen auf ( Ars Gratia Artis) zuerst in Frankreich, dann auch in Deutschland und England. Der heutige Begriff von der Freiheit der Kunst geht m.E. auf diese Auffassungen zurück.
    Wagner trieb das ja - typisch für ihn- ins Extreme: Nicht mehr er war der ergebene Diener irgendeines Fürsten, dem er zur Hähnchenkeule aufspielte, sondern der bayrische König Ludwig sollte für ihn ein eigenes Opernhaus bauen. Die königlichen Staatsfinanzen litten dann auch unter den Ansprüchen, die Wagner gegenüber seinem König formulierte, der sich die Wünsche des unfassbaren Genies gerne zu eigen machte.
    Dass nicht komponierende Dirigenten überhaupt zu Halbgöttern aufsteigen konnten, geschah m.E. auch erst im Nachgang dieser Kunstauffassung, bei der nicht der Musiker dem erlaucht-elitären Publikum zu Füßen lag, sondern umgekehrt das Publikum den Dirigenten, oder auch den (Teufels)Geiger oder den virtuosen Pianisten verehrte.
    Die heutigen Berufsbilder der reisenden Pianisten/innen, Dirigenten etc... gibt es m.E. hauptsächlich aufgrund dieser kulturgeschichtlichen Entwicklung.
    Die Zeiten der Stadtpfeiffer und Hofmusikanten sind mit der damaligen Jahrhundertwende nach und nach untergegangen, was natürlich dann auch die künstlerischen Berufe finanziell gesehen immer riskanter machte ( brotlose Kunst....)


    Dann gab es noch früher den wahrhaft konservativen und klassischen Kunstbegriff, nämlich das Musik und Kunst von Gott komme und dementsprechend ihm zur Ehre ausgeübt werden solle. Elitär war das aber auch nicht, denn jeder konnte in die Kirche gehen.
    Bach ( der ja wusste, dass unser Tonsystem ohne die rein zur Ehre Gottes ausgeübte Gregorianik völlig undenkbar gewesen wäre) dachte so und ist mit dieser Einstellung qualitativ und quantitativ recht weit gekommen, wie ich meine:

    "Finis und Endursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths sein. Wo dieses nicht in acht genommen wird, da ist's keine eigentliche Musik sondern ein teuflisches Geplärr und Geleyer." ( J.S.Bach)



    Dieser Bachschen Meinung neige z.B. ich zu, d.h. weil ich keine Lust habe, vornehmlich ( Ausnahmen bestätigen die Regel) eine andere als eine geistliche Zielrichtung der Kunstausübung zu unterstützen, betreibe ich eben Kirchenmusik.
    Selbst wenn man dabei ein Angestellter einer Kirche ist, so sehe ich doch nicht irgendwelche Organisationen als den eigentlichen Arbeitgeber des Kirchenmusikers.


    So haben wir hier also drei Kunstauffassungen vorliegen:


    Bachs wahrhaft konservativ-theologischer Ansatz, Ars Gratia Artis und die postmoderne Dienstleistung, die ich nicht dem das Gute bewahrenden Konservativismus zuordne, sondern eher einem unscharfen, den Marktgesetzen gehorchenden Neo-Konservativismus . Man wähnt sich elitär und konservativ, verdrängt dabei aber, dass es nicht die kulturell gebildeten Eliten, sondern die brüllenden und zündelnden Rechts-Dumpfbacken sind, die den politischen Neo-Konservativismus "draußen im Lande" (und auf Facebook) befördern. Wie ich schon an früherer Stelle ausführte: Konservativ zu sein heißt nicht automatisch rechts zu sein. Für mich gibt es da elementare Wesensunterschiede in diesen Geisteshaltungen.


    Was bei der Kunstauffassung "Kunst als Dienstleistung" herauskommt, kann man sehr schön bei Leuten wie Andre Rieu beobachten. Er spielt wirklich das, was die Leute hören wollen , ja auf ihn passt ganz wunderbar dieses Zitat:


    Der Künstler ist lediglich ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck.


    Der Zweck ist hier eindeutig die gute Unterhaltung des Publikums ( wer will das bitteschön verteufeln, ist doch legitim??), welches ein paar unbeschwerte walzerselige Stunden erleben möchte. Und ja, Rieu liefert genau das - warum denn auch nicht. Er spielt von der Auswahl der Stücke und der Spielweise her genau so, dass die Leute das Gefühl bekommen, einen größtmöglichen Gegenwert für ihre sauer verdienten Euros zu erhalten.
    Man kann nicht behaupten, dass der Mann nicht Geige spielen könne. Doch, das kann er durchaus, und sein Kollege Garret kann das ebenso. Diese Herren können sogar mehr, als nur im Konzertritual stumm einen Diener zu machen. Sie können auch sehr gut reden, das Publikum unterhalten, durch den Abend führen. Sie sind zweifelsohne echte Bühnenprofis, die ja auch ihren nicht kleinen Profit einfahren werden. Das macht dann ja auch Schule: Man denke nur an Villazon und alle jene anderen Chart-Künstler der einstmals doch so verstaubten DG, bei der früher stocksteif wie Buchhalter aussehende Dirigenten humorlos auf dem Cover mit ihrer Hornbrille dreinblickten.
    Wie schön, dass wir mit unserer modernen Dienstleistungswelt diese letzten Reste der Ars Gratia Artis endlich abstreifen konnten. Und von der alten bachschen Auffassung sind wir ja so gut wie alle endlich abgewichen.
    Wir bekommen nunmehr, was wir verdienen.....nicht wahr? Oder gar doch nicht?


    Nun, ich jedenfalls gehe zu solchen Konzerten dieser Publikumslieblinge nicht und schalte auch immer schön um, wenn sie auf meinem TV-Bildschirm erscheinen. War ich aus irgendwelchen Gründen gezwungen, mir von ihnen einige Takte anhören zu müssen, dann vollziehe ich anschließend ein Reinigungsritual für meine Ohren: Bach ( das ist der, mit der superkonservativen Kunstauffassung) hören, gerne auch mit Harnoncourt, Suzuki oder Herreweghe.



    Es kann aber dabei auch nach der anderen Seite umkippen: Wenn nur das Publikum entscheidet, was gespielt wird, sind wir bald bei einem Spielplan, der von Boulevardkomödien und Musicals dominiert wird. Dann hört es auf, Kunst zu sein - und wird Dienstleistung.
    Das wäre zwar demokratisch. Aber wenn etwas nicht mit Demokratie kompatibel ist (ich ziehe jetzt schon mal den Kopf ein), dann ist es Kunst! Wenn man die beiden trotzdem zusammenbringen will, wird es Beliebigkeit oder Kitsch, in jedem Fall aber Ware.


    Lieber Sixtus,


    da brauchst Du aus meiner Sicht nicht den Kopf einzuziehen. Vielmehr möchte ich hier angesichts Deiner Zeilen etwas ziehen, nämlich meinen Hut!


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Bachs wahrhaft konservativ-theologischer Ansatz, Ars Gratia Artis und die postmoderne Dienstleistung, die ich nicht dem das Gute bewahrenden Konservativismus zuordne, sondern eher einem unscharfen, den Marktgesetzen gehorchenden Neo-Konservativismus . Man wähnt sich elitär und konservativ, verdrängt dabei aber, dass es nicht die kulturell gebildeten Eliten, sondern die brüllenden und zündelnden Rechts-Dumpfbacken sind, die den politischen Neo-Konservativismus befördern. Wie ich schon an früherer Stelle ausführte: Konservativ zu sein heißt nicht automatisch rechts zu sein. Für mich gibt es da elementare Wesensunterschiede in diesen Geisteshaltungen.


    Lieber Glockenton,


    Chapeau wieder einmal für deinen differenzierten Beitrag. Ich möchte den drei künstlerischen Ansätzen von Musik noch einen vierten an die Seite stellen: Musik als eine Form von Welterkenntnis. Arthur Schopenhauer als der deutsche Philosoph des 19. Jahrhunderts, der sich mit Musik im Kontext seiner "Welt als Wille und Vorstellung" sehr ausführlich auseinandergesetzt hat, beschreibt sie darin als die singuläre Kunstform, in der sich der Wille als zentrales Element seiner Weltsicht unmittelbar ausdrückt. Musik kann damit etwas ausdrücken, wie es Sprache nicht kann. Musik wäre demzufolge Mittlerin zwischen dem Hörer und dem Unsagbaren. Und der Rang von Musik würde sich darin abbilden, inwiefern sie diese Erkenntnis ermöglicht. Vermutlich berühren sich hier der von dir genannte theologische Ansatz und der philosophische - das eine postuliert, dass Musik mit Gott verbindet, das andere, dass Musik Zugang zu ansonsten nicht zugänglichen Erkenntnisebenen verschafft.


    Beides hat mit reiner Unterhaltung und "für das Publikum da sein" nicht viel zu tun. Ich habe zwar gar nichts gegen die Idee, Kunst populär zu vermitteln, indem man Zugänge der Erkenntnis zu ihr schafft. Letztendlich glaube ich aber, dass große Kunst fordert, dass der an ihr Interessierte sich auf sie zu bewegt, nicht umgekehrt.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • "Finis und Endursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths sein. Wo dieses nicht in acht genommen wird, da ist's keine eigentliche Musik sondern ein teuflisches Geplärr und Geleyer." ( J.S.Bach)

    Ein bewundernswerter Beitrag, lieber Glockenton! Diese Auslegung hat sich in der Romantik ja erhalten, der "ätherische Enthusiasmus für die großen Werke der Kunst", Musik als "Andacht", als Kunstreligion. Und im 20. Jhd. hört man von Pianisten wie Edwin Fischer oder Arturo Benedetti Michelangeli (der übrigens mit Papst Johannes XXIII. persönlich befreundet war): "Ich spiele nicht für das Publikum, sondern nur für den lieben Gott und den Komponisten!" So wirkte ABM auch auf dem Podium, wie ich ihn erlebt habe: wie weltabwesend und völlig in sich gekehrt.


    Arthur Schopenhauer als der deutsche Philosoph des 19. Jahrhunderts, der sich mit Musik im Kontext seiner "Welt als Wille und Vorstellung" sehr ausführlich auseinandergesetzt hat, beschreibt sie darin als die singuläre Kunstform, in der sich der Wille als zentrales Element seiner Weltsicht unmittelbar ausdrückt. Musik kann damit etwas ausdrücken, wie es Sprache nicht kann. Musik wäre demzufolge Mittlerin zwischen dem Hörer und dem Unsagbaren. Und der Rang von Musik würde sich darin abbilden, inwiefern sie diese Erkenntnis ermöglicht. Vermutlich berühren sich hier der von dir genannte theologische Ansatz und der philosophische - das eine postuliert, dass Musik mit Gott verbindet, das andere, dass Musik Zugang zu ansonsten nicht zugänglichen Erkenntnisebenen verschafft.

    Das ist sehr schön, lieber Hasiewicz. Schopenhauer ist allerdings ein Vertreter romantischer, absoluter Musik, d.h. mit "Musik" ist hier nicht sprachgebundene Musik wie die Oper, sondern reine Instrumentalmusik gemeint.


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Das ist sehr schön, lieber Hasiewicz. Schopenhauer ist allerdings ein Vertreter romantischer, absoluter Musik, d.h. mit "Musik" ist hier nicht sprachgebundene Musik wie die Oper, sondern reine Instrumentalmusik gemeint.


    Der von Glockenton zitierte Bach hat meines Wissens nach auch keine Opern komponiert, daher verstehe ich den Sinn dieses schulmeisterlichen ("sehr schön") Hinweises nicht. Der von Alfred angeregte Diskurs hat sich von der Oper hin zu allgemeinen Fragen der Sicht auf Musik gewendet.


    Schopenhauer war im Übrigen Rossini-Liebhaber, den er zu seinem eigenen Vergnügen auf der Flöte gespielt hat. Rossini war kein Romantiker, und er war Opernkomponist.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Der von Glockenton zitierte Bach hat meines Wissens nach auch keine Opern komponiert, daher verstehe ich den Sinn dieses schulmeisterlichen ("sehr schön") Hinweises nicht. Der von Alfred angeregte Diskurs hat sich von der Oper hin zu allgemeinen Fragen der Sicht auf Musik gewendet.


    Schopenhauer war im Übrigen Rossini-Liebhaber, den er zu seinem eigenen Vergnügen auf der Flöte gespielt hat. Rossini war kein Romantiker, und er war Opernkomponist.

    Ich meine das auch gar nicht schulmeisterlich! ;) Heute war ich nämlich gerade bei der Matinee im Münsteraner Theater, wo Intendant und Regisseur Ulrich Peters vor der Premiere in seine Inszenierung von Brecht/Weills "Mahagonny" eingeführt hat. Da kam genau der Unterschied heraus zur romantischen Metaphysik der Musik wie der von Schopenhauer. Theater wird eben für das Publikum gemacht und ist essentiell zum Vergnügen da. Das ist der Ausgangspunkt gerade auch von Brecht (dessen Intention - das nur als Randbemerkung - hier in Tamino meist total falsch dargestellt wird, so, als wäre er ein moralinsaurer Belehrer). Auch Wagner betont die Publikumsbezogenheit der Operninszenierung. Rezeption von Kunst sozusagen publikumsfremd nur als einsamen Dienst für Gott und den schaffenden Künstler (Komponisten Dichter usw.) zu deuten, ist der Theatertradition völlig fremd. Bezeichnend ist ja auch für Aristoteles der Sinn des Dramas die Wirkung auf den Zuschauer. :hello:


    P.S. Für Brecht/Weill bestelle ich jetzt die Karten - das ist wirklich Theater, dass einen riesen Spaß macht! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Es freut mich, dass ich meinen im Beitrag Nr. 48 in "8 pt" gesetzten Halbsatz nun in "12 pt" setzen könnte.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Für mich ist Brecht mit seinen moralinsauren Indoktrinationsversuchen höchsten durch die Musik von Weil erträglich! Nun glücklicherweise müssen wir uns hier nicht mehr über die (auch glücklicherweise) ebenfalls untergegangene DDR unterhalten! Auch die Linksparteien kriegen (ebenfalls glücklich Weise), sowohl in Deutschland, wie auch in der Schweiz nicht mehr als 30%! Aber wir reden ja hier nie über Politik!

  • Die Uraufführung von "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" fand am 9. März 1930 in Leipzig statt. Da war weder an die Gründung noch an den Untergang der DDR zu denken. Wohl aber drohte die Uraufführung in Tumulten unterzugehen, die von der NSDAP organisiert und veranlasst worden waren. Von jener Partei also, die 1933 an die Macht kam. Das Ende der Geschichte kennen wir. Es hätte nichts geschadet, etwas auf Brecht gehört zu haben.


    Man kann ja Brecht abscheulich finden. Dafür gäbe es auch Gründe. Das bewahrt einem aber offenbar nicht davor, totalen Unsinn zu verbreiten wie in Beitrag 58 geschehen.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Glockenton!


    Dein Beitrag hat auch mich beeindruckt.
    Und zu meiner Überraschung hast du mir signalisiert, dass ich, obwohl in ganz anderem Zusammenhang, in einem wichtigen Punkt nicht ganz falsch liege. Es ist doch schön. wenn man ab und zu verstanden wird. Jetzt ziehe ich vielleicht nicht mehr so schnell den Kopf ein. Und das mit dem Hut beruht auf Gegenseitigkeit!


    Beste Grüße für die Nacht


    von Sixtus

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