Hannover: Freischütz oder "Kommt nicht! Wir wollen Euch die Lust am Theater nicht verderben"

  • Ein ehemaliges Tamino-Mitglied machte mich auf den nachfolgenden Artikel mit diesem Worten aufmerksam:


    "Du musst unbedingt mal diesen Artikel lesen, der ist sehr gut, sehr entlarvend. Leider bestätigt er auch mal wieder meinen wachsenden Eindruck davon, wie sog. Regisseure heute oft ihre Inszenierungen entwickeln: Alkohol, TV, YouTube & eine diffuse politische "Haltung" oder Betroffenheit - und zack hat man ein Konzept. Den Rest klaut man sich aus Bayreuth oder von anderen Opern-DVDs."


    Wie wahr! Wie wahr!
    http://www.crescendo.de/warum-…1000010810/#comment-72374


    Besonders gelungen sind diese Absätze in dem Artikel:


    "Man ist hier unter Bohemiens, dort, wo die komplizierte Welt mit schnellen Ressentiments geordnet wird, wo einen die Kunst unangreifbar macht, wo man sich einfach gut fühlt, wo alles erlaubt ist, was dem eigenen Weltbild dient.


    Das Problem an Kay Voges ist, dass er sich mindestens so gern selber reden hört wie ich mich auch. Ein echt netter Typ, eigentlich. Und frei heraus. Das mit dem Video sei so gekommen, erklärte er mir: Er hatte das gesamte „Freischütz“-Konzept fertig, nur mit dem „Jungefernkranz“ fremdelte er noch. Ob Weber vielleicht ein Fehler unterlaufen sei? Auf jeden Fall passte diese Nummer einfach nicht in Voges Lesart. Eine Zeitlang hatte er überlegt, diesen „Hit“ einfach zu streichen. Aber dann, es war spät in der Nacht, er hatte bereits einigen Wein und andere alkoholische Getränke intus (so erzählte er es mir), fiel die Lösung einfach aus dem Internet. Da fand er unser Interview auf Youtube. Und plötzlich war ihm alles klar: Mit einem Schnipsel der Thielemann-Aussage könne er Webers lächerlichen „Jungefernkranz“ perfekt der Lächerlichkeit preisgeben. Wahrscheinlich hat er auch das Ende des Gespräches gar nicht mehr gehört, da erklärt Thielemann: „Die singen den Jungfernkranz vier Mal, man stuft das dynamisch ab – und am Ende merkt man, dass mit diesem Jungfernkranz ja auch etwas schief geht. Der Weber war ja raffiniert, er wiegt sie vier Strophen in Volksmusik ein, und dann stellst Du hinterher fest, das war alles nur Schmuh.“ Zu dumm, dass Voges das eigentliche Ende des Liedes in Hannover streicht."

  • Ich finde übrigens, dass der erste zitierte Absatz sehr gegen Herrn Brüggemann spricht:


    "Man ist hier unter Bohemiens, dort, wo die komplizierte Welt mit schnellen Ressentiments geordnet wird, wo einen die Kunst unangreifbar macht, wo man sich einfach gut fühlt, wo alles erlaubt ist, was dem eigenen Weltbild dient."


    Woraus folgert er dies? Aus der Tatsache, dass Intendant und Regisseur dem Besucher einen Wein anboten und vorher offenbar eine Zigarre geraucht hatten. Sorry, aber das ist wirklich allerbilligste Polemik. :no:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wie gut, dass sich jeder, auch du gerade wieder, immer gerade das herauspicken kann, was ihm behagt und in sein Weltbild passt. Man findet eine Stelle, über die man sich echauffieren kann, und schon brandmarkt man den gesamten Artikel und muss sich nicht mehr mit dessen eigentlichen Inhalten auseinandersetzen...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat von ’Stimmenliebhaber’

    […] denn was sein Heiland macht, ist wohlgetan...

    John Lennon: »I don’t believe in magic / I don’t believe in I-ching / I don’t believe in Bible / I don’t believe in Tarot / I don’t believe in Hitler / I don’t believe in Jesus / I don’t believe in Kennedy / I don’t believe in Buddha / I don’t believe in Mantra / I don’t believe in Gita / I don’t believe in Yoga / I don’t believe in Kings / I don’t believe in Elvis / I don’t believe in Zimmerman / I don’t believe in Beatles«
    Ich glaube nicht an einen ›Heiland‹, heiße er Holger oder sonst wie. Ich bin aber der Meinung, dass solche Bemerkungen wie die von Stimmenliebhaber hier ziemlich ungehörig sind, einmal weil damit einem erwachsenen Diskussionsteilnehmer polemisch eine Art Hörigkeit und damit zumindest partielle Unmündigkeit unterstellt wird, und zum andern, weil er mich ja erklärtermaßen nicht mehr liest und mir somit auch keine Möglichkeit gibt, ihn direkt darauf anzusprechen. Von daher ist es vermutlich auch ziemlich sinnlos, ihn um eine Entschuldigung zu bitten, wiewohl ich das für angemessen halten würde.



    Und wieder einmal wird kräftig Mobbing betrieben! Die Meute rottet sich zusammen!

    Holger, auch die Art, wie Du hier reagierst (»um Dich schlägst« könnte man auch sagen) halte ich bei allem Verständnis und so sehr ich Dir in der Sache Recht gebe, nicht für angemessen.

  • Woraus folgert er dies? Aus der Tatsache, dass Intendant und Regisseur dem Besucher einen Wein anboten und vorher offenbar eine Zigarre geraucht hatten. Sorry, aber das ist wirklich allerbilligste Polemik. :no:

    Vielleicht hat sich Herr Voges auch nur einen Spaß mit Hern Brüggemann gemacht und der hat’s nicht gemerkt. Das halte ich gar nicht mal für so sehr unwahrscheinlich.

  • Dieter, ich lese deine Beiträge auch nicht, wenn du (mal wieder) drei hintereinanderschreibst. :D


    Aber Du weißt, dass meine Beiträge speziell an Dich gerichtet und nicht für andere Forumsmitglieder gedacht waren? Oder warum sonst meinst Du, noch einmal darauf hinweisen zu müssen?

  • Selbstverständlich nur rein präventiv: Wenn hier die "Grabenkämpfe" aus dem soeben geschlossenen Thread weiter geführt werden sollen, ist dieser Thread auch bald geschlossen!


    Spaß macht uns das nicht, aber wir spielen, wenn es sein muss, jedes Spiel mit...


    Norbert als Moderator

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Wie gut, dass sich jeder, auch du gerade wieder, immer gerade das herauspicken kann, was ihm behagt und in sein Weltbild passt. Man findet eine Stelle, über die man sich echauffieren kann, und schon brandmarkt man den gesamten Artikel und muss sich nicht mehr mit dessen eigentlichen Inhalten auseinandersetzen...


    Nicht ich habe mir diese Stelle herausgesucht, sondern Knusperhexe hat sie als "besonders gelungen" zitiert.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Holger, auch die Art, wie Du hier reagierst (»um Dich schlägst« könnte man auch sagen) halte ich bei allem Verständnis und so sehr ich Dir in der Sache Recht gebe, nicht für angemessen.

    Die Lösung ist doch ganz einfach - weil ich bei Bemerkungen ad hominem "unangemessen" zu reagieren pflege, unterläßt man sie kluger Weise einfach. Dann gibt es mit mir garantiert keinerlei Probleme... :D



    Zitat von »Bertarido«
    Woraus folgert er dies? Aus der Tatsache, dass Intendant und Regisseur dem Besucher einen Wein anboten und vorher offenbar eine Zigarre geraucht hatten. Sorry, aber das ist wirklich allerbilligste Polemik. :no:


    Vielleicht hat sich Herr Voges auch nur einen Spaß mit Hern Brüggemann gemacht und der hat’s nicht gemerkt. Das halte ich gar nicht mal für so sehr unwahrscheinlich.

    Bei diesem Vorgang verstehe ich nachträglich z.B. Stockhausens Reserve gegenüber Journalisten. Auch er war sehr rheinisch offenherzig und dann ist die Gefahr, dass man den bösen Kritikern ins Messer läuft. Ich will gar nicht entscheiden, ob Herr Brüggemann mit seiner Kritik nicht sachlich Recht hat. Problematisch ist für mich die Haltung des Journalisten. Entweder man wahrt als Journalist konsequent Distanz zu den Künstlern, dann kann man auch solche Verrisse schreiben. Sucht man allerdings den persönlichen Kontakt, dann schafft das Verbindlichkeiten, und entsprechend müßte für meinen Geschmack eine Kritik höflich und respektvoll bleiben bei aller inhaltlichen Kritik. Wahrscheinlich ist Herr Vogel ziemlich empört und ärgert sich im Nachhinein über seine Offenherzigkeit einem Journalisten gegenüber, den er wohl fälschlich auf seiner Seite glaubte. So würde es mir auch gehen. Die Gefahr bei solchen Vorgängen ist, dass Künstler wegen solcher Erfahrungen dann konsequent jeden Kontakt mit Journalisten mißtrauisch meiden (wie das bei Stockhausen auch der Fall war), also eine Sprachlosigkeit zwischen Künstlern und Kritik entsteht. Dann gibt es allenfalls so wie bei Promis oder Königshäusern eine "Hofberichterstattung", wo nur noch bestimmten erlauchten Journalisten Zutritt und ein Interview gewährt wird. Die Konsequenzen hätte Brüggemann, finde ich, bedenken sollen. Auch da ist er aber - wie im Gespräch mit Thielemann - ein bisschen zu schnöselhaft schnoddrig.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich zitiere aus der "Hannoverschen Allgemeinen" vom 9. Januar 2016:


    Zitat

    In der hannoverschen Inszenierung erklärt der Chefdirigent der Staatskapelle Dresden unmittelbar vor dem volkstümlichen Chor der Brautjungfern im dritten Akt in einem Interview, dass Volksmusik Kunstmusik sei. Seit der jüngsten „Freischütz“-Vorstellung am Donnerstagist dieses Video aber nicht mehr zu sehen. Die Staatsoper hat es versäumt, die Nutzungsrechte für das Interview einzuholen, wie Intendant Michael Klügl gestern einräumte. Der Produzent des Interviews, das für eine Public-Viewing-Aufführung der Staatskapelle aufgenommen wurde, hatte der hannoversche Oper eine Klage angedroht. Die Oper erklärte daraufhin, das Video nicht mehr zu zeigen.


    Dass diese Urheberrechtsfrage aber höchstens ein Teil des Problems darstellt, macht ein Anruf bei der Staatskapelle in Dresden schnell klar. Deren Sprecher Matthias Claudi urteilt, dass die ganze hannoversche Inszenierung „Christian Thielemann, die Semperoper und Dresden in ein komisches Licht“ setze. Claudi, der ebenso wie sein Chef Thielemann die „Freischütz“-Produktion nicht selbst gesehen hat, argwöhnt nach der Lektüre von Kritiken der Aufführung, dass der Dirigent mit der Pegida-Bewegung in Verbindung gebracht werde. Außerdem liege der Verdacht nahe, dass Regisseur Voges „sich auf einfache Art und Weise über Thielemann lustig“ mache.


    Die Dresdener haben sich daraufhin mit dem hannoverschen Opernhaus in Kontakt gesetzt – allerdings ohne befriedigende Ergebnisse. Erst daraufhin habe man den Filmproduzenten, der sich derzeit in Indien aufhält, über die möglicherweise unrechtmäßige Verwendung seiner Arbeit informiert. Das angestrebte Ziel, das Video mit Thielemann nicht mehr zu zeigen, wurde so auf Umwegen erreicht.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Holger,


    das Problem ist, dass die wenigsten Kritiker Ahnung haben, da sie lieber über was anders schreiben würden als über Opernpremieren. Oder manche Kritiker haben ihre Lieblingssänger bzw. Dirigenten die mit denen der aktuellen Premiere verglichen werden und dann längst nicht so gut abschneiden. Einer hat mal im ONM Magazin geschrieben: Sie hat zwar gut gesungen, aber kam noch lange nicht an die Callas heran. Oder sie verschwinden schon in der Pause. Ich habe mal in Düsseldorf erlebt, wie ein Kritiker vom Opernfreund in der Pause mit seinem Gehilfen im Büro telefoniert hat und das Telefonat endete mit den Worten: Ich geh jetzt in die Altstadt und trink mir lieber ein Bier als mir länger diesen Mist anzusehen und diese Kritik habe ich dann einen Tag später gelesen. Herr Keim ist leider einer der wenigen Kritiker in NRW den ich sehr schätze und bei dem man in seinen Radiobeiträgen auch merkt, das er Spaß an seinem Beruf hat.

  • das Problem ist, dass die wenigsten Kritiker Ahnung haben, da sie lieber über was anders schreiben würden als über Opernpremieren. Oder manche Kritiker haben ihre Lieblingssänger bzw. Dirigenten die mit denen der aktuellen Premiere verglichen werden und dann längst nicht so gut abschneiden. Einer hat mal im ONM Magazin geschrieben: Sie hat zwar gut gesungen, aber kam noch lange nicht an die Callas heran. Oder sie verschwinden schon in der Pause. Ich habe mal in Düsseldorf erlebt, wie ein Kritiker vom Opernfreund in der Pause mit seinem Gehilfen im Büro telefoniert hat und das Telefonat endete mit den Worten: Ich geh jetzt in die Altstadt und trink mir lieber ein Bier als mir länger diesen Mist anzusehen und diese Kritik habe ich dann einen Tag später gelesen. Herr Keim ist leider einer der wenigen Kritiker in NRW den ich sehr schätze und bei dem man in seinen Radiobeiträgen auch merkt, das er Spaß an seinem Beruf hat.


    Lieber Rodolfo,


    so etwas regt mich wirklich auf! Wo haben diese Leute eigentlich ihre Berufsehre? Wenn sie nicht über Oper schreiben wollen, dann sollen sie es doch bitte einem kompetenten und interessierten Kollegen überlassen! Auch im instrumentalen Bereich sind sie oft eklatant inkompetent. Ich las mal amüsiert eine Kritik über Andrei Gawrilows Aufnahme von Chopins Sonate b-moll mit dem Trauermarsch. Der Kritiker schwärmte über seine angeblich so originelle Interpretation des Trauermarschs. Was hat aber Gawrilow nur gemacht? Den Trauermarsch genau so gespielt wie Artur Rubinstein, dessen Chopin-Aufnahmen eigentlich jeder Kritiker kennen sollte. Der Hintergrund: Die Trauermarsch-Sonate hatte Rubinstein in Moskau 1964 gespielt. Dieses auch in politischer Hinsicht denkwürdige Konzert (gibt es heute auf CD und DVD, ich kann es nur wärmstens empfehlen!) wurde damals in der UDSSR im Fernsehen übertragen und anschließend als LP in Lizenz produziert und im ganzen Sowjetreich verkauft. Jeder werdende Pianist in der Sowjetunion kannte also diese Rubinstein-Platte - Gawrilow wird sie seit Jugendzeiten im Ohr gehabt haben. Davon hatte dieser Kritiker schlicht keinen blassen Schimmer. Einfach peinlich!


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich zitiere aus der "Hannoverschen Allgemeinen" vom 9. Januar 2016:......

    Ahaaaaaaa?
    Jetzt, lieber Stimmenliebhaber, zitierst du ausführlich aus dem Artikel der HAZ vom 9. Januar 2016!!


    Als ich - am Tage des Erscheinens - darauf hingewiesen hatte, hast Du es noch für nötig gehalten, mich zu rüffeln:



    Und zu Caruso41: Hättest du den von mir eingestellten Artikel gelesen, wüsstest du, dass die Änderung der Inszenierung an der Thielemann-Stelle dort auch schon thematisiert wurde. Und für den Artikel muss man nicht mal bezahlen...


    Es wäre vielleicht etwas entspannter, wenn du nicht immer gleich Deiner Lust zu korrigieren, richtigzustellen oder zurechtzuweisen nachgeben würdest! (Nebenbei: Natürlich hatte ich den von Dir eingestellten Text gelesen! Trotzdem war mir der HAZ-Text interessant erschienen)
    Dann hättest Du ja auch mehr Zeit für inhaltliche Ausführungen. Darüber würden sich viele freuen!


    Ganz besonders


    Caruso41



    PS.: Ich finde schon sensationell, dass hier in diesem Thread schon 165 Beiträge zusammen gekommen sind obwohl bisher keiner der Taminos die Aufführung selber erlebt, durchlebt oder erlitten hat. Sensationell!!!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Lieber Caruso,


    du hast, fürchte ich, nicht ganz begriffen, warum ich das damals geschrieben habe. Kann das sein? Ich hatte vor dir den Crescendo-Artikel eingestellt, wo es genau darum ging. Da kamen dann die schon zu erwartenden Reaktionen. Du hast hingegen gar nicht darauf reagiert, sondern einen Link zum jetzt von mir zitierten Artikel gesetzt, den aber niemand außer dir lesen konnte, weil er kein HAZ-Abonnent ist. Das habe ich kritisiert. Nun habe ich inzwischen eine Quelle gefunden, wo der Artikel zu lesen war, ohne dass man dafür bezahlen müsste, und ich habe mir erlaubt, daraus zu zitieren. Wo ist nun eigentlich das Problem? Wenn du den von mir eingestellten Artikel beim Einstellen deines Beitrags berücksichtigt und darauf hingewiesen hättest, dass dein erster Link zum ersten Artikel nur gegen Bezahlung lesbar ist, dann gäbe es keines.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe seit ein paar Tagen Abstinenz zum ersten Mal hier wieder reingesehen und muss sagen, dass ich kein Wort verstehe. Es geht ja schon lange nicht mehr um die Inszenierung, sondern darum, wer was gesagt hat und was nicht und wer Recht hat und wer nicht und wer belehrbar ist und wer nicht. Eine Bitte: hört einfach auf! Norbert hat das ja sehr gut auf den Punkt gebracht: Grabenkämpfe! Ich meine damit, dass man, vor allem am Anfang, sich auseinandersetzen muss und sich auch wehren darf. Aber irgendwann ist dann die Sache verschwunden und es bleibt nur der Kampf. Damit haben wir hier keine guten Erfahrungen gemacht. Wie sagt Mark Twain so schön: Als sie das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengungen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Es kann nicht schaden, in alten Kampfprotokollen immer mal wieder zu blättern.
    In diesem Falle lief die Diskussion, ohne dass die Teilnehmer dies wissen konnten, auf den Satz hinaus, den Dr.Pingel äußerst passend als Schlusswort zitiert hat: "Als die Teilnehmer das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sie ihre Anstrengungen."


    Ich hoffe, dass die Kombattanten sich von ihrer jeweiligen Erschöpfung erholt haben und daraus die Lehre ziehen, beim nächsten ähnlichen Fall gelassen das Urteil der Geschichte abwarten, das bei dergleichen Entgleisungen sinngemäß lauten dürfte: Viel Lärm um wenig. Wozu also die Aufregung?
    Dauerstreit hinterlässt leider auch Kollateralschäden. Diesmal könnte die Bilanz heißen:
    "Wenn ihnen der Stoff ausging, litten sie unter Entzugserscheinungen - und verloren das Gespür für das Wesentliche."


    Dieses Wesentliche werden wir in einigen Jahren erfahren. Es könnte lauten:
    "Die Produktion wurde nach einer Reihe ausabonnierter und ausverschenkter Aufführungen mangels Publikum abgesetzt."


    Das Bessere ist bekanntlich, auf lange Sicht, der Feind des Guten - und erst recht des Schlechten. Aber die Zeit heilt nicht nur Wunden, sondern rückt auch ver-rückte Maßstäbe wieder zurecht.


    Mit dieser Zuversicht eines Pessimisten wünscht allen gute Genesung -


    Sixtus

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  • Zitat

    Zitat von Sixtus: Dieses Wesentliche werden wir in einigen Jahren erfahren. Es könnte lauten: "Die Produktion wurde nach einer Reihe ausabonnierter und ausverschenkter Aufführungen mangels Publikum abgesetzt." Das Bessere ist bekanntlich, auf lange Sicht, der Feind des Guten - und erst recht des Schlechten. Aber die Zeit heilt nicht nur Wunden, sondern rückt auch ver-rückte Maßstäbe wieder zurecht.

    Lieber Sixtus,


    daran glaube ich nicht mehr, denn die Wunden wurden immer größer und die Inszenierungen immer noch verrückter. Bisher war die Abstimmung mit den Füßen jedenfalls nicht effektiv genug. Wie in der ehemaligen DDR hilft wohl nur, immer wieder zu skandieren: "Wir sind das Volk".
    Ich fürchte eher, dass, nachdem man noch mehr Opernliebhaber aus den Häusern vertrieben hat, von diesen - nach all den schlechten Erfahrungen - keiner mehr wagt, eine neue Produktion noch zu besuchen. Hoffentlich werden gute Inszenierungen aus dem Ausland noch lange auf DVD vertrieben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,
    Am Mittwoch um 19.30 Uhr gibt es einen Livestream, den man auf der Internetseite Teatro San Carlo Felice livestreaming sehen kann, und zwar eine werkgerechte Inszenierung von Andrea Chenier mit sehr guten Sängern. Werde am Mittwoch aber noch mal in der Rubrik Heute im Web darauf aufmerksam machen. Das Einzige Unding was sich der Regisseur geleistet hat ist, das es vor dem letzten Akt eine über 20 minütige Pause gibt , wobei der Akt nur 10 Minuten dauert.

  • Es kann nicht schaden, in alten Kampfprotokollen immer mal wieder zu blättern.
    In diesem Falle lief die Diskussion, ohne dass die Teilnehmer dies wissen konnten, auf den Satz hinaus, den Dr.Pingel äußerst passend als Schlusswort zitiert hat: "Als die Teilnehmer das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sie ihre Anstrengungen."


    Ich hoffe, dass die Kombattanten sich von ihrer jeweiligen Erschöpfung erholt haben und daraus die Lehre ziehen, beim nächsten ähnlichen Fall gelassen das Urteil der Geschichte abwarten, das bei dergleichen Entgleisungen sinngemäß lauten dürfte: Viel Lärm um wenig. Wozu also die Aufregung?
    ...................
    Mit dieser Zuversicht eines Pessimisten wünscht allen gute Genesung -


    Sixtus


    Lieber Sixtus!


    Es ist interessant und lehrreich, zu lesen, wie Du die alten Bataillen aus dem Abstand heraus wahrnimmst und einordnest!!
    Hab Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, all die Aufmärsche und Feuersalven noch mal nachzulesen. Und vor allem hab Dank, dass Du so erfrischend Deine Meinung dazu sagst!


    Beste Grüße


    Caruso41


    PS.: ich habe die ebenso anstößige wie anregende Produktion inzwischen noch zweimal besucht. Und ich habe es nicht bereut!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich habe mir gestern abend die Liceu-Aufführung (2002) des "Orfeo" unter der Leitung von Jordi Savall auf Video angesehen. Jordi Savall kam im Kostüm des Monteverdi, die Musiker trugen ebenfalls Kostüme, ausgezeichnete Sänger, ein phanatsievolles Bühnenbild, angelehnt an den Palazzo der Uraufführung, der Palazzo ducale in Mantua, mitreißende Tänze, eine behutsame Regie - ein Orfeo, wie man ihn sich besser nicht denken kann. Dazu zwei Gedanken. Der eine von mir: Regietheater ist didaktisches Theater, um den Zuhörer zu "erziehen", um ihm die "wahre" Meinung des Stückes deutlich zu machen. Kunst ist aber nicht didaktisch. Punkt. Der andere Gedanke wird von Gilbert Deflo, dem Regisseur des Orfeo, in einem Bonus erklärt: die Inszenierung verlangt vom Zuhörer "Einfühlungsvermögen". Deflo, der flämisch spricht, die englisch untertitelt werden, zitiert dieses Wort auf Deutsch. Also: umgekehrt wird ein Schuh draus!

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Kunst ist aber nicht didaktisch. Punkt.

    Tja. Zur Kunst gehört aber auch Rhetorik, im Falle der Musik speziell musikalische Rhetorik. Und die ist didaktisch, nämlich in der Aufgabe der Sinnverdeutlichung durch Pointierung, etwas deutlich oder überdeutlich herauszustellen. Horowitz: "Als Interpret mußt Du immer übertreiben." Die Kunst des kürzlich verstorbenen Nikolaus Harnoncourt war in höchstem Maße didaktisch. Und Bernstein war sehr, sehr didaktisch vor allem bei Mahler, ganz im Gegensatz zu Bernard Haitink, der genau dieses Didaktische zu vermeiden sucht ("I don´t like overemphazising"). Auch die Artikulation eines Sängers wie die von Dietrich Fischer-Dieskau hat in ihrer Betonung von Deutlichkeit der Deklamation didaktische Züge, was viele bewundern, aber manche auch als manieriert empfinden. Und ein Nikolaus Harnoncourt hat sich erlaubt, den Hörer zu erziehen durch das, was für ihn die "Wahrheit" von Mozart war: Eben nicht den Vortrag eines hübsch-gefälligen Schmuse-Mozarts zum Wohlfühlen, wie er gewohnt zu hören ist, sondern einen aufgekratzten, dramatischen, spannenden. Das alles gesteht der Konzertbesucher solchen Musikern zu, vielleicht wie im Falle von Harnoncourt nach einigen Schockerlebnissen in einem längeren Lernprozeß der Gewöhnung an das zunächst Ungewohnte - man ging schließlich in ein Harnoncourt-Konzert, nicht um Mozart, sondern um Harnoncourts Mozart zu hören. Und warum soll das nun bei einem Opernregisseur anders sein? Warum kann nicht jemand in die Oper gehen, nicht nur um Wagner, sondern um den Konwitschny-Wagner, Chereau-Wagner usw. zu hören? Die naheliegende Antwort: Es geht gar nicht um Didaktik oder nicht Didaktik, sondern um eine bestimmte Auffassung, wonach man einem Regisseur eben nicht die Rolle eines künstlerischen Interpreten, der auch mal die Erwartungen und Gewohnheiten des Publikums bewußt durchbricht, zubilligen will. Dann sind wir wieder bei dem Punkt: Ist der Regisseur nun ein Künstler und Ernst zu nehmender Interpret, mit dessen Deutung eines Stückes man sich auseinandersetzen kann und muß, oder ist er nur ein Handwerker und Hilfsarbeiter, der Librettovorgaben umsetzt so unauffällig wie möglich, also möglichst keinerlei Interpretation eines Stückes anbieten darf? Interpretieren ist letztlich immer didaktisch, denn der Interpret versucht das Publikum von seiner Sicht auf das Werk zu überreden und zu überzeugen durch seine Darstellungs- und Ausdrucksmittel.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger, das meiste von dem, was du schreibst, akzeptiere ich durchaus. Wir haben nur einen verschiedenen Begriff von Didaktik. Ein Konzept, was du von jedem Künstler, auch vom Regisseur, gerade in der Oper, einforderst, ist absolut notwendig. Aber Didaktik heißt bei mir Reduzierung ad usum Delphini. Ich weiß nicht, ob du als Hochschullehrer diese Methode anwendest, sondern letzten Endes auch sagst: wenn die Studenten Platon und Kant nicht verstehen, dann kann ich ihnen bis zu einem gewissen Punkt helfen, aber wenn sie es dann auch noch nicht verstehen, dann ade. Aber in der 3. Klasse Grundschule, wo ich einer Lehrerin ein bisschen helfe, brauchst du viele Schritte, bis die das schriftliche Teilen können. Und Oper ist Universität, nicht Grundschule.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Lieber Holger, das meiste von dem, was du schreibst, akzeptiere ich durchaus. Wir haben nur einen verschiedenen Begriff von Didaktik. Ein Konzept, was du von jedem Künstler, auch vom Regisseur, gerade in der Oper, einforderst, ist absolut notwendig. Aber Didaktik heißt bei mir Reduzierung ad usum Delphini. Ich weiß nicht, ob du als Hochschullehrer diese Methode anwendest, sondern letzten Endes auch sagst: wenn die Studenten Platon und Kant nicht verstehen, dann kann ich ihnen bis zu einem gewissen Punkt helfen, aber wenn sie es dann auch noch nicht verstehen, dann ade. Während in der 3. Klasse Grundschule, wo ich der Lehrerin ein bisschen helfe, brauchst du viele Schritte, bis die das schriftliche Teilen können. Und Oper ist Universität, nicht Grundschule.

    Die Frage ist doch ein wenig kompliziert, lieber Dr. Pingel. Klar, wenn jemand die Alberti-Bässe in Beethovens op. 110 betont, dann wirkt das tautologisch und banal - schlicht überflüssig. Ich erninnere mich aber an ein schönes Germanistik-Seminar aus meiner Wuppertaler Studienzeit, wo es um Buchillustrationen ging. Warum soll jemand Kafkas "Verwandlung" illustrieren und diesen Käfer zeigen, war u.a. die Frage? Da lautet der Einwand der Kritiker: Das ist nicht nur überflüssig, sondern schränkt die Fantasie des Lesers ein. Kann man das aber so einfach sehen? Zum Ende der Münsteraner Inszenierung von >Mahagonny< war für ein paar Sekunden ein Hitler-Bild zu sehen. Der Regisseur wollte damit sagen: Wenn man diese Märsche am Schluß hört (die Uraufführung war 1930 und wurde bekanntlich von Nazis massiv gestört, die ganze Kontingente von Karten gekauft hatten im Vorfeld, um die Aufführung zu torpedieren, was ihnen aber nicht gelang), dann klingt das wie die böse Vorhahnung des Kommenden. Ist das nun Grundschul-Belehrung? Es ist keine Frage, dass ich auch ohne dieses Bild diese Assoziation haben kann. Ich muß es aber nicht. Genau da liegt das Problem. So ein Werk ist eben mehrdeutig. Es gibt nämlich auch die Möglichkeit des Publikums, das Naheliegende zu verdrängen. Wenn dann das vermeintlich Selbstverständliche gezeigt wird, ist das letztlich doch etwas Anderes als Alberti-Bässe, auf denen man Hm-Tata herumhämmert. :D Die Gedankenlosigkeit, Fantasielosigkeit, Naivität, Verdrängung wird damit unmöglich gemacht. Man muß sich so dieser möglichen Konkretisation einfach stellen, die Assoziation >erscheint<. Das ist also doch eine Aussage und "Botschaft", die nicht nur Grundschul-Niveau hat. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zitat

    Zitat von Dr.Pingel: Regietheater ist didaktisches Theater, um den Zuhörer zu "erziehen", um ihm die "wahre" Meinung des Stückes deutlich zu machen. Kunst ist aber nicht didaktisch. Punkt. Der andere Gedanke wird von Gilbert Deflo, dem Regisseur des Orfeo, in einem Bonus erklärt: die Inszenierung verlangt vom Zuhörer "Einfühlungsvermögen".

    Lieber Dr.Pingel,


    so habe ich es immer gesehen, und ob das, was der Regisseur sich zusammenphantasiert, nun die wahre Meinung des Stückes ist, bezweifle ich sehr. Du hast ja auch das Wort "wahre" richtigerweise schon in Anführungszeichen gesetzt.
    Dass das, was die Aufgabe des Regisseurs betrifft, Kunst sein soll, habe ich hier schon oft bestritten, vor allem, weil es die Kunst eines anderen zunichte macht.
    Ich habe gerade die "Bemerkungen zur Aufführung der Oper 'Der fliegende Holländer' " von Wagner selbst gelesen, in der er die Bedeutung der Bühnenbilder und der Auftritte genau erläutert und wie er die Musik präzise darauf abgestimmt hat. Wer diese kennt, und dennoch behaupten will, dass die Inszenierungen der letzten Jahre (Ventilatorenholländer, Waschmaschinenholländer, Kontorholländer usw.) die "wahre" Meinung Wagners sind, macht sich unglaubwürdig.
    Ebenso wird derjenige, der die Briefe Wagners zum "Lohengrin" gelesen hat, wohl nicht ernsthaft behaupten können, dass so unterschiedliche Meinungen wie der Rattengrin, der Klassengrin, der Baustellengrin oder der Epilepsiegrin die wahre Meinung des Stückes wiedergeben. (Welche von denen ist denn nun die "wahre" Meinung??)
    Ebenso hat Wagner auch für andere Werke wie den Tannhäuser, die Meistersinger, Tristan und Isolde, Parsifal vieles zur Aufführungsfrage geschrieben und darauf hingewiesen, wie die Musik genau darauf abgestimmt ist. Ich habe diese zwar noch nicht alle gelesen, besitze aber die Dokumentationen werde sie noch lesen. Über den Ring besitze ich noch keine Dokumentation, aber da wird es genau so aussehen. Ich kann deshalb absolut nicht glauben, dass die Aufführungen der letzten Jahre auch nur entfernt diesem gerecht geworden sind.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Auch bei Neudeutungen wird die Musik auf die Inszenierung bzw auf die Sänger abgestimmt. Ausserdem haben sich mittlerweile ja auch die Akustik und die technischen Möglichkeiten eines Opernhauses weiterentwickelt.

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