Hannover: Freischütz oder "Kommt nicht! Wir wollen Euch die Lust am Theater nicht verderben"

  • Das Problem regelt sich von selbst, wenn es überhaupt keine Subventionen mehr gibt, dann müssen die holden Intendanten nach amerikanischem Prinzip wirtschaften und für eine gute Auslastung sorgen. Damit heißt es dann: Tschüss Regietheater!


    http://www.sarasotaopera.org/
    ...

    ... Das funktioniert in den Staaten bestens. ...


    Du meinst also, dass eine Opernsaison, die wie in Sarasota vom 30. Jänner bis zum 20. März dauert (also knapp 50 Tage im Jahr!!!), für unsere Opernhäuser eine erstrebenswerte Lösung darstellen könnte, die auch "bestens funktionieren" würde?


    ?(

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • In Wahrheit ist das die Aufregung von Spießbürgern, die ihren "röhrenden Hirsch" im Wohnzimmer hängen haben und dazu passend ihren Freischütz als liebgewordenen romantischen Kitsch behalten wollen


    Ei der Daus, wer lässt denn da seinen Vorurteilen freien Lauf? Ich dachte, über so etwas bist du erhaben!

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Jawohl, Herr Oberlehrer. Aber jeder andere hätte das wahrscheinlich verstanden.

    Nö, habe ich (mal wieder) nicht. Das liegt aber weniger an der Unterscheidung zwischen "wenn" und "indem", sondern daran, dass die auch m.E. fragwürdige Interventionen eines Kulturdezernenden in dieser Art nichts mit der Streichung von Kultursubventionen wofür auch immer zu tun hat! - Zur Erinnerung:



    Es ginge schon, wenn man für mutwillige Produktionen von Müll - wie Knusperhexe es ja auch schon gesagt hat - die Subventionen streichen würde.

    Warum sollte bitteschön die fragliche Intervention zulässig sein ("Geht doch!"), wenn man die Subventionen streichen würde? Den Zusammenhang müsste mir schon jemand erklären. - Oder zahlt dann der Herr Kulturdezernend die Inszenierung?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich finde das sehr gut: Es darf nicht angehen, dass ein mit Steuergeldern subventioniertes Theater nur noch für eine ausgewählte Gefolgsschaft spielt


    Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Wie kurzsichtig muss man eigentlich sein, die Streichung von Kultursubventionen ernsthaft zu fordern? - Klar, man spart sich den absolut marginalen Anteil an Steuergeldern, die anderswo um einen vielfachen Faktor verplempert werden. Dafür bekommen wir "schöne" Inszenierungen, die dann aber auch nur eine ausgewählte Gefolgschaft an Sponsoren und Betuchten ansehen kann. Die 8te Schulklasse wird trotzdem (und wohl im wahrsten Wortsinne) in die Röhre schauen. - Bravo!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Info: Auf der Facebook-Seite der Staatsoper Hannover ist gerade eine lebhafte Debatte m Gange.

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  • Warum sollte bitteschön die fragliche Intervention zulässig sein ("Geht doch!"), wenn man die Subventionen streichen würde? Den Zusammenhang müsste mir schon jemand erklären. - Oder zahlt dann der Herr Kulturdezernend die Inszenierung?


    Mit »Geht doch« hatte Gerhard sicherlich gemeint, dass solche Aufführungen nicht mehr möglich wären, sich das also sozusagen »von selbst« erledigen würde, wenn der Kulturdezernent die Subventionen streichen würde. Es ginge dann also nicht mehr um die Frage, ob ein Verbot der Aufführung zulässig wäre, denn eine nichtexistente Aufführung braucht man nicht zu verbieten. (Kleines Nachtreten an Gerhard: Die »Oberlehrer«-Attitüde war also doch nicht so ganz unberechtigt.)

  • Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Wie kurzsichtig muss man eigentlich sein, die Streichung von Kultursubventionen ernsthaft zu fordern?

    Da bin ich ganz dir. Dadurch würde keine bessere Oper gespielt werden, sondern nur noch sehr, sehr wenig bis gar keine Oper mehr. Man will mit solchen Forderungen die Regisseure treffen und trifft die Sänger, Musiker, Maskenbilder ect.



    Dafür bekommen wir "schöne" Inszenierungen, die dann aber auch nur eine ausgewählte Gefolgschaft an Sponsoren und Betuchten ansehen kann.

    Das ist das Problem. Die Opernbesuche würden für die allermeisten Menschen unbezahlbar werden.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Da bin ich ganz dir. Dadurch würde keine bessere Oper gespielt werden, sondern nur noch sehr, sehr wenig bis gar keine Oper mehr. Man will mit solchen Forderungen die Regisseure treffen und trifft die Sänger, Musiker, Maskenbilder ect.



    Das ist das Problem. Die Opernbesuche würden für die allermeisten Menschen unbezahlbar werden.

    Ein Blick über den Teich beweist das Gegenteil: "Tickets to the Met start at just $25, with more than a third of Met tickets available for under $100. Here are some other ways to get access to lower-priced tickets at the Met.


    http://www.metopera.org/Season/Tickets/


    Die Tickets in Seattle, Sarasota, Philadelphia u.s.w. bewegen sich alle in demselben Rahmen. Ich wage zu behaupten, dass in Deutschland mit seiner tradierten Theaterkultur die Rückkehr zu werktreuen Inszenierungen einen regelrechten Boom auslesen würde und die Eintrittspreise dadurch noch erschwinglicher wären als in den U.S.A.. Wenn ich mir z.B. die Billetpreise an deutschen Theatern um 1900 ansehe, wo die Subventionierung oft erst ab 1910 eingeführt wurde, so waren die keinesfalls überteuert.


  • Ei der Daus, wer lässt denn da seinen Vorurteilen freien Lauf? Ich dachte, über so etwas bist du erhaben!


    Was am Freischütz "romantisch kitschig" sein soll, sein kann, das erschließt sich mir nicht. Und ich antworte auf diesen kackarroganten Einwurf nur, weil ich die Generationen von Regisseuren, Bühnen- und Kostümbildnern, die vor Ausbruch der Regietheaterpest wirkten ebenso vor einer derartigen Adjektivierung schütze wie all die begeisterteten Besucher und Freunde dieser schönen Oper. Nicht zu vergessen den Komponisten als auch den Librettisten. Die Geschichte und die Musik sind wunderbar atmosphärisch, voller Zauber und Magie.


  • Ein Blick über den Teich beweist das Gegenteil: "Tickets to the Met start at just $25, with more than a third of Met tickets available for under $100. Here are some other ways to get access to lower-priced tickets at the Met.


    Die Tickets in Seattle, Sarasota, Philadelphia u.s.w. bewegen sich alle in demselben Rahmen. Ich wage zu behaupten, dass in Deutschland mit seiner tradierten Theaterkultur die Rückkehr zu werktreuen Inszenierungen einen regelrechten Boom auslesen würde und die Eintrittspreise dadurch noch erschwinglicher wären als in den U.S.A.. Wenn ich mir z.B. die Billetpreise an deutschen Theatern um 1900 ansehe, wo die Subventionierung oft erst ab 1910 eingeführt wurde, so waren die keinesfalls überteuert.


    Dieser Einwand war zu erwarten. Ich glaube jedoch nicht, dass er tatsächlich "trägt": Wir sind hier nicht in den USA, die europäische und insbesondere die deutsche Mentalität ist eben keine Mentalität des Kultursponserings. Bis sich soetwas etabliert haben wird, sind die viele Theater, Opernhäuser, aber auch Museen und andere Kultureinrichtungen tot. Beispielsweise das Lübecker Stadttheater, ein Mehrspartenhaus mit tollen Produktionen (und sehr guten Plätzen für wenig Geld) ist schon jetzt hochgradig von Geldern der Possehl-Stiftung abhängig. Trotzdem muss gekürzt werden und es wird nach dem MUK-Debakel sicher nicht besser.
    Mit Glück werden die großen Häuser bestehen bleiben, da muss der Bus der ländlichen Theatervereine eben etwas früher losfahren. Den Sponsor wird es nicht stören, er bekommt weiterhin seine Loge, seinen Champagner, sein Lachsbrötchen und natürlich seine Inszenierung. Ins Kinder- und Jugendtheater will er ja nicht gehen. Schließlich wird auch die Politik hier nicht unterscheiden: wenn schon Subventionen streichen, dann bitteschön paritätisch.


    Das solche Rufe von angeblich Kulturinteressierten kommen, finde ich geradezu erschreckend naiv und hochgradig gefährlich! Es ist so, als würde der Kumpel darum betteln, die Braunkohle-Subventionen zu streichen ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Und ich antworte auf diesen kackarroganten Einwurf nur [...]


    Oha, wenn ich als "Regietheaterfreund" solche Worte gebrauche, gibt es immer einen Sturm der Entrüstung :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Das solche Rufe von angeblich Kulturinteressierten kommen, finde ich geradezu erschreckend naiv und hochgradig gefährlich! Es ist so, als würde der Kumpel darum betteln, die Braunkohle-Subventionen zu streichen ...


    Allerdings!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das kann ich schon länger an der Rheinoper beobachten. Düsseldorf wird finanziell mehr unterstützt als Duisburg. Deshalb mussten in Duisburg auch Mitarbeiter entlassen weden und an manchen Monaten gibt es in Duisburg nur 3 oder 6 Aufführungen und es ist keine Oper dabei.

  • Allerdings!


    Dass ein mit öffentlichen Geldern gefördertes Theater seinen Kulturauftrag nicht erfüllt und mit einer FSK eine Publikumsauswahl trifft, findet Ihr nicht "erschreckend naiv", aber die notwendige Konsequenz fürchtet Ihr. Kommt, da geht aber noch mehr: Mögt Ihr nicht als nächstes noch mit der "Freiheit der Kunst" kommen und dann die beliebte Keule schwingen?


    Doch egal, ob Ihr das tut oder nicht, es wird diese Änderungen nach und nach geben. Mir tut das auch leid, aber ich habe den Theaterkarren nicht vor die Wand gefahren. Ich habe das Theater vor dem sich selbstherrlich hochstilisierenden Regieheil geliebt und sah keinen Anlass für einen Bildersturm. Der ist mir und zigtausend anderen Theaterfreunden aufgezwungen worden. Doch das 2. Biedermeier, wo das vergrätzte Publikum sich mit CD, DVD und Erinnerungen tröstete, neigen sich stetig dem Ende. Denn letztendlich bestimmt das Geld, so sehr das die Verantwortlichen auch von ihrem Elfenbeinturm aus leugnen.

  • Zitat

    Zitat von Dieter Stockert: Kleines Nachtreten an Gerhard: Die »Oberlehrer«-Attitüde war also doch nicht so ganz unberechtigt.

    Lieber Dieter Stockert,


    als "oberlehrerhaft" meine ich nicht, dass du anderer Meinung bist. Ich empfinde es als schäbig, wenn hier jemand versucht, kleine sprachliche Unebenheiten (übrigens wird das "wenn" im allgemeinen Sprachgebrauch häufig so verwendet, wie ich es verwendet habe, und jeder versteht es) oder gar - wie bei Dr. Pingel - die versehentliche Verwendung eines Gedankenstrichs statt eines Bindestrichs (wahrscheinlich nur ein Tippfehler) oder gar noch erkennbare Tippfehler korrigieren und den anderen damit belehren will.
    Im übrigen, wenn man meinen Beitrag richtig liest (manche wollen ihn bewusst falsch lesen!), wird man erkennen, dass ich nicht von allgemeiner Streichung von Subventionen geredet habe, sondern nur für die Subventionen für die mutwillige Produktion von Müll. Das als zusätzliche Erläuterung für diejenigen, die nicht genau lesen.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Dass ein mit öffentlichen Geldern gefördertes Theater seinen Kulturauftrag nicht erfüllt und mit einer FSK eine Publikumsauswahl trifft, findet Ihr nicht "erschreckend naiv",


    Wer sagt denn, dass die Theater ihren Kulturauftrag nicht erfüllen? Dass dieser primär darin bestehen soll, dem konservativen Mehrheits-Geschmack zu entsprechen und den Theater- und Opernbesuchern einen Wohlfühlabend zu bescheren, würde ich vehement bestreiten. Gerade öffentlich geförderte Kultur soll das nicht, sie soll bilden, zum Denken anregen, gerne auch provozieren, Kontroversen auslösen und aktuelle gesellschaftliche Fragen thematisieren.


    An dem Umstand, dass nun einmal eine Opern-Veranstaltung erst für Besucher ab 16 empfohlen wird und ein paar Schulklassen die Vorstellung deswegen nicht besuchen, wird die kulturelle Bildung im Großraum Hannover nicht zugrunde gehen. Es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen gäbe.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Im übrigen, wenn man meinen Beitrag richtig liest (manche wollen ihn bewusst falsch lesen!), wird man erkennen, dass ich nicht von allgemeiner Streichung von Subventionen geredet habe, sondern nur für die Subventionen für die mutwillige Produktion von Müll. Das als zusätzliche Erläuterung für diejenigen, die nicht genau lesen.


    Genau! Da wird dann jemand im Kulterdezernat sitzen und die Unterscheidung zwischen "Müll" und "Nicht-Müll" treffen. - Ich weiss nicht, was schlimmer ist? Die Idee, dass es so kommen könnte oder die Naivität, eine solche Idee zu haben.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • An dem Umstand, dass nun einmal eine Opern-Veranstaltung erst für Besucher ab 16 empfohlen wird und ein paar Schulklassen die Vorstellung deswegen nicht besuchen, wird die kulturelle Bildung im Großraum Hannover nicht zugrunde gehen. Es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen gäbe.


    Im übrigen regt sich ja auch keiner darüber auf, dass der Schwedenkrimi am Sonntagabend nach 22 Uhr im ebenfalls steuersubventionierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen möglicherweise auch erst ab 16 empfohlen wird. Wirklich peinlich ist an der Hannover-Geschichte lediglich, dass die Alterseinschränkung offenbar erst kam, nachdem die Schulklassen ihre Karten gebucht hatten.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Genau! Da wird dann jemand im Kulterdezernat sitzen und die Unterscheidung zwischen "Müll" und "Nicht-Müll" treffen. - Ich weiss nicht, was schlimmer ist? Die Idee, dass es so kommen könnte oder die Naivität, eine solche Idee zu haben.


    Ich sehe hier ein grundsätzliches Problem, ohne eine Lösung zu wissen.
    Das Problem liegt doch im konkreten Fall beim Intendanten, der die jeweiligen Regisseure auswählt. Hier war es im Vornherein klar, dass dieses Enfant terrible der Regie, der z.B. in Wien nie engagiert würde, keinen gefälligen Freischütz abliefern würde.
    Der Operndirektor aber wird doch auch von Politikern eingesetzt und nicht durch das Publikum bestimmt. Ob es nun schlimmer ist, wenn ein Kulturdezernent bestimmt, wie eine Aufführung aussehen soll, als der jeweilige Intendant sei dahingestellt.
    Ich masse mir nicht an, genau zu wissen, wie kompetent in Deutschland die Politiker sind, die den Operndirektor einsetzen.
    Hier in Zürich wurde jedenfalls Homoki eingesetzt, weil linke Politiker eine Trendwende nach der äusserst erfolgreichen Pereira-Intendanz haben wollten.
    Das Publikum muss diese Kröte einfach schlucken und kann nun über Jahre hinweg nur mit den Füssen abstimmen (was es auch tut!).
    Aber auch hier entscheidet die Politik, und wie weit diese Politiker kompetenter sind, als ein allfälliger Kulturdezernent.... Hier in Zürich war es zumindest ein bewusster politischer und weniger ein kultureller Entscheid!

  • An dem Umstand, dass nun einmal eine Opern-Veranstaltung erst für Besucher ab 16 empfohlen wird und ein paar Schulklassen die Vorstellung deswegen nicht besuchen, wird die kulturelle Bildung im Großraum Hannover nicht zugrunde gehen. Es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen gäbe.


    Der Freischütz steht auf dem Lehrplan der 8. Klassen. Immerhin erfreulich, dass so etwas überhaupt noch unterrichtet wird. Nun hätten die Schüler Gelegenheit gehabt, das Werk mal live zu erleben. Welche Alternative haben sie denn? Hier wird doch immer wieder betont, dass DVDs kein Ersatz für ein Liveerlebnis sein können.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Der Freischütz steht auf dem Lehrplan der 8. Klassen. Immerhin erfreulich, dass so etwas überhaupt noch unterrichtet wird. Nun hätten die Schüler Gelegenheit gehabt, das Werk mal live zu erleben. Welche Alternative haben sie denn? Hier wird doch immer wieder betont, dass DVDs kein Ersatz für ein Liveerlebnis sein können.


    Absolut richtig. Dass diese Inszenierung in ihrer Art nun ein Opern-Live-Erlebnis für die Schüler unterbindet, ist eine absolute Katastrophe und für das Opernhaus ein gewaltiges Eigentor.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Der Freischütz steht auf dem Lehrplan der 8. Klassen. Immerhin erfreulich, dass so etwas überhaupt noch unterrichtet wird. Nun hätten die Schüler Gelegenheit gehabt, das Werk mal live zu erleben. Welche Alternative haben sie denn? Hier wird doch immer wieder betont, dass DVDs kein Ersatz für ein Liveerlebnis sein können.


    Dass die Schüler in die Oper gehen, finde ich auch höchst erfreulich. Aber warum muss es unbedingt der Freischütz sein? In Hannover laufen auch andere Opern, die man sich anschauen kann. Natürlich kann man fragen, ob der Lehrplan nicht mit dem Opernhaus hätte abgestimmt werden können, wenn schon absehbar war, dass die Inszenierung nicht jugendfrei werden würde.


    Als Anschauungsmaterial für den Unterricht finde ich eine DVD durchaus tauglich, auch wenn sie kein Live-Erlebnis ersetzt.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nach meinen Informationen ist das Stück nicht zuletzt deshalb wieder in den Spielplan genommen worden, um die vielen Schüler, die es im Unterricht behandeln, in die Aufführungen zu locken. Hat ja auch geklappt, viele Schulklassen haben Gruppenbestellungen abgegeben - und wurden nun nach der Klavierhauptprobe darüber informiert, dass es wohl doch nichts für sie ist... :no: :no: :no:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach meinen Informationen ist das Stück nicht zuletzt deshalb wieder in den Spielplan genommen worden, um die vielen Schüler, die es im Unterricht behandeln, in die Aufführungen zu locken. Hat ja auch geklappt, viele Schulklassen haben Gruppenbestellungen abgegeben - und wurden nun nach der Klavierhauptprobe darüber informiert, dass es wohl doch nichts für sie ist... :no: :no: :no:


    Wen dem so ist, dann lief die ganze Sache allerdings "suboptimal".

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  • Wer sagt denn, dass die Theater ihren Kulturauftrag nicht erfüllen? Dass dieser primär darin bestehen soll, dem konservativen Mehrheits-Geschmack zu entsprechen und den Theater- und Opernbesuchern einen Wohlfühlabend zu bescheren, würde ich vehement bestreiten. Gerade öffentlich geförderte Kultur soll das nicht, sie soll bilden, zum Denken anregen, gerne auch provozieren, Kontroversen auslösen und aktuelle gesellschaftliche Fragen thematisieren.


    Das ist eine ziemlich einseitige Auslegung des Kulturauftrages. Die Dinge liegen schon komplizierter und facettenreicher in einem föderalen Gemeinwesen. Mir scheint, dass einige Künstler in den vergangen Jahren diesen Auftrag zu stark zu ihren Gunsten ausgeleget haben. Es gab zu wenig ernstzunehmenden Widerstand. Niemand wollte altmodisch sein, ehr hip. Es ist vielleicht viel schwieriger geworden, konservative Standpunkte zu leben und zu bezeugen. Zumal in Deutschland, das sich gern selbst verleugnet hat. Gerade in letzter Zeit hat es aber sehr intensive Debatten um den Kulturauftrag gegeben. Zeitungen und das Netz sind voll davon, und es ist völlig unmöglich, hier näher darauf einzugehen. Nur so viel. Es geht doch nicht um "Wohlfühlabende". Das Bedürfnis nach konservativ ausgerichteten traditionellen Aufführungs- und Deutungsangeboten will auch erfüllt werden, weil es in meinen Augen genauso ligitim ist wie der Wunsch, ein Stück heftig in die Zange zu nehmen oder es meinetwegen auch der Lächerlichkeit preiszugeben. Dem "Freischütz" schadet das nicht. Kunstwerke, die diesen Namen verdienen, sind unerschütterlich, immun und unzerstörbar. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass einige Kids in Hannover vielleicht ganz froh sind, dass ihnen Oper erspart bleibt. ;) Nachträglich die Aufführung für ab 16 freizugeben, ist in dieser Form einfach spießig und lächerlich und fällt auf die Veranstalter zurück, die plötzlich kalte Füße bekommen. Auf diese Weise wird das Spektakel, von dem in ein paar Wochen niemand mehr reden wird, ein bisschen zurückgenommen. Solche Sachen lösen sich immer schnell in Luft auf, weil sie eigentlich überflüssig und nicht nachhaltig sind. Wer redet schon noch über die Party von gestern?


    Interessant finde ich, was aus der Konrad-Adenauer-Stiftung verlautete: "Es wird im Zusammenhang mit der öffentlichen Förderung wieder wichtig, Diskussionen über Inhalte und Qualität des Kulturbegriffs zu führen. In diesem Zusammenhang sind durchaus wieder Themen wie ,konservatives Kulturverständnis' und ,bildungsbürgerliche Angebote' erlaubt. Die inhaltliche Diskussion ist auch aus anderen Gründen erforderlich. Die mit der Globalisierung einhergehenden Grenzverwischungen, der technologische und wirtschaftliche Wandel führen bei vielen Menschen zur Verunsicherung. Das weckt wiederum eine starke Sehnsucht nach kultureller Identität."

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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