Der Musiker Ehrenplätze




  • Das Wohnhaus des Klavierpädagogen Friedrich Wieck findet man im Dresdner Stadtteil Loschwitz. Als Orientierungspunkte können die Elbbrücke »Blaues Wunder« und der Körnerplatz dienen.


    Früher war das die Fährgasse, seit 1895 trägt die Straße den Namen des Vaters von Clara und Marie Schumann, der hier von 1840 bis zu seinem Tode 1873 lebte. Ein Schild über dem Eingang weist auf diesen Sachverhalt hin.


    Mit seinem Umzug nach Dresden hat Friedrich Wieck die Ausbildung seiner inzwischen berühmten Tochter Clara beendet. Vater und Tochter schieden in Leipzig im Streit, vier Jahre später bahnt sich in diesem Hause eine Versöhnung an, als Clara ihn am 11. Februar 1843 besucht.
    Hier widmet sich Friedrich Wieck auch intensiv der Ausbildung seiner Töchter Marie und Cäcilie, und sogar Marie Schumann erhielt von ihrem Großvater hier zeitweilig Unterricht.
    Marie Wieck, die zeitlebens immer im Schatten von Clara Schumann stand, brachte es zu einer viel beachteten Karriere als Pianistin und Sängerin. Sie muss auch wirtschaftliche Erfolge gehabt haben, denn sie lebte einige Zeit in Schweden, fand Gefallen an den dort üblichen Holzhäusern, kaufte eines und ließ es sich mit der Bahn zuschicken und mit Elbblick im ein paar Kilometer entfernten Hostewitz aufbauen, das war immerhin 1893 ...


    Als Marie Wieck schon 78 Jahre alt war, das war 1910, schrieb die »Vossische Zeitung« über sie:
    »Man rühmte die Schlichtheit ihres Vortrages, ihre erstaunliche Technik, ihre Jugendfrische. Die angehende Achtzigerin ist die einzige noch Lebende der bewegten Wieck-Schumann-Epoche… Fräulein Wieck hat blonde Zöpfe, lebhafte kluge Augen, rosig-volle Wangen, ist von so sprudelnder Lebendigkeit.«


    Friedrich Wieck hatte sich zwar schon in Leipzig mit Gesang befasst, aber hier in Dresden wurde das für ihn ein größeres Thema.
    Von der legendären Sängerin Henriette Sontag ist überliefert:
    »Friedrich Wieck hat als Pianofortelehrer einen Weltruf, als Singlehrer steht er unübertroffen da.«


    Wer sich näher mit dem Wirken Wiecks befasst, kommt zur Ansicht, dass die Anzahl der Gesangsschülerinnen in Dresden die der Klavierlernenden mitunter übertroffen hat.
    1853 veröffentlicht Wieck seine Schrift »Clavier und Gesang« Einleitend findet man hier:
    »Ein Klavierlehrer von Geist und Herz, gleichviel, ob er die "Elemente" lehrt, oder sich mit "höherer Ausbildung" beschäftigt, der so beschaffen ist, wie ich ihn mir denke, muß die Gesangskunst verstehen, wenigstens soll er ein hohes Interesse dafür haben ...«


    Begeistert war Wieck von den Sängerinnen Jenny Lind und Wilhelmine Schröder-Devrient, er war nicht nur von der Qualität des sängerischen Könnens und der Dauer, mit der sich die Künstlerinnen erfolgreich in der Öffentlichkeit behaupteten, fasziniert, sondern er empfahl ihre Gesangsvorträge als vorbildhaft für die instrumentale Interpretationsschulung.
    In den Jahren zwischen 1869 und 1875 hielt sich die amerikanische Pianistin Amy Fay, die bei Tausig und Liszt studierte, in Deutschland auf und besuchte 1872 auch die Familie Wieck und sie beschreibt den Besuch so:
    »Er lebt ganz in der Musik, und hat eine Klasse junger Mädchen, die er allabendlich unentgeltlich unterrichtet. Fünf von ihnen waren zugegen. Er ist sehr taub aber merkwürdigerweise für jeden musikalischen Ton ebenso empfindlich, wie früher ...«


    Seiner Tochter Clara berichtet Wieck in dieser Zeit:
    »Mein Geist ist noch frisch - ich kann noch unterrichten und zum Idealen begeistern, - das Gehör und Gesicht hat sich von selbst wieder durch die Gnade Gottes gebessert.«
    Friedrich Wieck war fast bis zum Ende seines langen Lebens pädagogisch tätig. Nach kurzer Krankheit starb er am 6. Oktober 1873 in diesem Haus und wurde zwei Tage später zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Trinitatisfriedhof geleitet, wo er nun unweit der von ihm so bewunderten Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient ruht.


  • Von der Straßenseite aus gesehen

    Die Gartenseite des Hauses

    Die Vitrinen haben viele informative Schubladen

    Das Arbeitszimmer des Komponisten


    Hier haben wir ein authentisches Museum der alten Art, das ohne spektakuläre technische Highlights auskommt und dem interessierten Besucher, der nicht erst animiert werden muss, eine Fülle an Informationen bietet, während man Musik Webers hören kann, so viel Technik ist schon ...


    Bereits im späten 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts pflegte man hier das Andenken des Komponisten, jedoch entstand zunächst 1948 im Erdgeschoss eine erste Ausstellung. 1957 wurde die Gedenkstätte offiziell eröffnet. Von 1973 bis 1976 unterzog man das Haus einer Generalsanierung; seit 1995 gehört es zum Stadtmuseum Dresden.
    In den originalen Räumen erinnern Möbel, Kunstwerke und Zeitzeugnisse an das Umfeld des Komponisten und machen den Besuch zu einem besonderen Erlebnis. Das Flair des authentischen Ortes vermittelt Konzerten, Vorträgen, musikalisch-literarischen Veranstaltungen sowie auch den Veranstaltungen im Museumsgarten einen besonderen Charakter.


    Carl Maria von Webers eigene schriftliche Darstellung aus dem Jahr 1818: »Ich bin am 18. Dezember 1786 zu Eutin im Holsteinischen geboren ...« entspricht nicht den Tatsachen, denn das Taufregister der Kirchengemeinde Eutin weist aus, dass der Knabe am 20. November 1786 als Sohn des Kapellmeisters Franz Anton von Weber und dessen Ehefrau Genovefa getauft wurde. Aber auch dieses »von« im Namen des Komponistenvaters ist zweifelhafter Natur, eine ganz persönliche Dreingabe von Franz Anton; er wird das wohl als eine Art Künstlername betrachtet haben.
    Der Mann war ein echter Hansdampf in allen Gassen: Offizier, Beamter, Geiger, Kontrabassist und Kapellmeister. 1786 gründete er eine eigene Schauspieltruppe und zog durch die Lande, zunächst hauptsächlich im norddeutschen Raum.
    Der Sohn Carl Maria hatte also von Kind auf mit Theater und Musik zu tun, denn auch die Mutter war künstlerisch tätig, nämlich als Schauspielerin und Sängerin.
    Aber der Knabe war durch ein Hüftleiden etwa die ersten fünf Jahre gehandicapt und konnte deshalb nicht das Geigenspiel erlernen. Aber beiden Eltern war es möglich ihn musikalisch zu unterweisen, wobei der Vater mit den Jahren bemerkte, dass er seinem Sohn eigentlich nichts mehr beibringen kann.
    Als Carl Maria von Weber zehn Jahre alt war, erhielt er professionellen Unterricht im Klavierspiel bei Johann Peter Heuschkels, einem Musiker der Meininger Kapelle. Dieser Unterricht währte jedoch nur ein Jahr, dann zog die Truppe nach Salzburg, wo Johann Michael Haydn, der Bruder des großen Joseph Haydn, den Unterricht des Jungen übernahm, der Lerneffekt soll allerdings nicht besonders groß gewesen sein.
    1798 ließ der umtriebige Vater das erste Werk seines Sprösslings drucken, was sogar in der »Allgemeinen Musikalischen Zeitung« angezeigt wurde. Auch hier manipulierte der Vater, nämlich das Alter des Sohnes von 12 auf 11 Jahre herunter, damit der »Wunderkindeffekt« etwas spektakulärer zum Tragen kommt.
    Diese sechs Fughetten des 12-jährigen Carl Maria von Weber sind die erste noch erhaltene Komposition.
    Im März 1798 stirbt die geliebte Mutter, der Sohn nähert sich der Oper; mit 13 komponiert er seine erste Oper »Die Macht der Liebe und des Weins«, ein tolles Thema für einen Dreizehnjährigen - das Werk ist nicht mehr auffindbar.
    Mit 14 komponiert er die Oper »Das stumme Waldmädchen«, das in Freiberg uraufgeführt und zwei Wochen später in Chemnitz gespielt wurde, wobei in der Presse ein vehementer Streit über die Qualität des Werkes entstand. Diese frühe Oper wurde später aber immerhin auch in St. Petersburg, Wien und in Prag gegeben.
    »Peter Schmoll und seine Nachbarn« folgt darauf, aber ein großer Erfolg war das nicht, so wird zumindest berichtet, man war ja letztendlich nicht mit dabei und ist auf Gedrucktes angewiesen ...
    Im Herbst 1803 geht Carl Maria von Weber nach Wien, wo sich ihm ein großes kulturelles Umfeld eröffnet. Georg Joseph Vogler, genannt Abbé Vogler, den er sehr bewundert, ist dort sein Lehrer, der ihm dann schließlich eine Empfehlung nach Breslau gibt, wo er als Achtzehnjähriger die Kapellmeisterstelle am dortigen Theater übernimmt. Hier plant er Neuerungen, wie beispielsweise die Sitzordnung des Orchesters nach akustischen Erfordernissen; er kümmert sich um den Spielplan, die Beleuchtung und die Maschinerie. Ganz ohne Widerstände und reibungslos wird das nicht über die Bühne gegangen sein.
    Danach tauchen die Webers am Hof zu Württemberg auf, aber das Hofleben scheint Vater und Sohn nicht gut bekommen zu sein, Carl Maria hat eine Liebesaffäre, macht deswegen Schulden; 42 Gläubiger fordern 2.500 Gulden, die Story ist sehr verworren, aber letztendlich werden Vater und Sohn in Begleitung eines Polizei-Kommissars aus dem Land geleitet; fanden dann aber in Mannheim freundliche Aufnahme.
    In einem Kloster bei Heidelberg entdeckte Weber dann »Das Gespensterbuch« und in diesem Werk die »Freischütz«-Novelle, der Plan für eine Oper war geboren.
    »Silvana« und »Abu Hassan« werden in Frankfurt und München uraufgeführt und Weber begibt sich ab 1811 auf ausgedehnte Konzertreisen. Der Vater Franz Anton von Weber stirbt im April 1812 in Mannheim.
    Am 14. Februar 1812 notierte der Komponist anlässlich eines Konzertes in Dresden, nachdem er bereits 1807 schon mal in der Stadt war, »Nie hab´ ich einen Ort gefunden, wo wir von Seiten der Bewohner so miserabel aufgenommen worden sind - Dresden erwischt mich nicht wieder!«.
    Von 1813 bis 1816 wirkt Weber als Operndirektor in Prag, wo er sich, wie auch schon in Breslau, auch um nichtmusikalische Belange kümmerte, tschechisch lernte und in seiner Amtszeit 62 Opern aufführte.
    In Karlsbad erfuhr Weber, dass der König von Sachsen beabsichtigt, neben der dort üblichen italienischen Oper auch eine deutsche Oper zu etablieren. Der inzwischen gereifte Weber konnte ahnen, dass das alles nicht ohne Widerstände machbar sein wird.
    Aber neben den musikalischen Dingen gab es auch noch den privaten Bereich, am 4. November 1817 heiratete Carl Maria von Weber in Prag die Sängerin Caroline Brandt; in Dresden waren zu dieser Zeit schon alle Vorbereitung für die erste gemeinsame Wohnung am Altmarkt getroffen.
    Die Hochzeitsreise führte durch mehrere deutsche Städte und war gleichzeitig auch eine Konzertreise.
    Im Theater - man ahnt es schon - kümmerte er sich auch hier um alles, unter anderem führte er einen vorher nicht gekannten Probebetrieb durch. Die Zeichen gab er nicht, wie sonst üblich, vom Klavier oder Cembalo aus, sondern gebrauchte den Taktstock.
    Im Herbst 1817 war er zum Kapellmeister an der Königlich Sächsischen Hofkapelle auf Lebenszeit berufen worden.
    Auf einem Spaziergang entdeckte das Ehepaar Weber in Hosterwitz das damals etwa hundert Jahre alte Winzerhaus, in das sie sich einmieteten. 1818 / 19 und 1822-24 sind als Aufenthaltsdaten vermerkt. Seinem Freund Heinrich Lichtenstein teilt er am 8. Juli 1818 mit:
    »Ich lebe auf dem Lande in herrlicher Natur und einer friedlichen Stille, die mir es erlaubt, einmal ganz mir selbst und meinem inneren Triebe zu leben ...«
    Hier verbrachten die Webers mit Sohn Max und allerlei Tieren die arbeitsfreie Zeit, aber natürlich entstanden auch in dieser Umgebung Musikstücke, wie beispielsweise 1819 »Aufforderung zum Tanz« und es waren im Laufe der Zeit auch Gäste mit heute noch wohlklingenden Namen bei Webers auf dem Land: E.T.A. Hoffmann, Ludwig Tieck, Heinrich Marschner, Louis Spohr, Gaspare Spontini, Jean Paul, Wilhelmine Schröder-Devrient und Wilhelm Müller.
    Auch wesentliche Teile der Oper »Freischütz«, an der er insgesamt drei Jahre arbeitete, sollen hier entstanden sein. Die Uraufführung fand am 18. Juni 1821 in Berlin statt. Jetzt war Carl Maria von Weber ein berühmter Mann.
    Aufgrund eines schlechten Gesundheitszustands war der Weg nach Hosterwitz dann für Weber beschwerlich geworden und er zog wieder näher an Dresden.
    Ein Angebot aus Wien ließ die Oper »Euryanthe« entstehen, die am 25. Oktober 1823 in Wien ihre Uraufführung mit überwältigendem Erfolg erlebte. Eine eventuelle Aufführung in Berlin wurde von Spontini hintertrieben, aber am 31. März 1824 konnte »Euryanthe« in Dresden mit der Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient in der Titelrolle gegeben werden.


    1824 bat der Direktor von Covent Garden in London, Charles Kemble, Weber, für sein Opernhaus eine Oper zu komponieren. Weber nahm das Angebot an und nahm, inzwischen achtunddreißigjährig, in Dresden Englischunterricht. Als Opernstoff wählte Weber »Oberon« aus.
    Am 16. Februar 1826 reiste der kranke Komponist mit der noch unvollendeten Partitur und dem Flötisten Fürstenau über Paris, wo man Rossini und Cherubini traf, nach Calais - Dover - London. In London wohnte Weber bei dem Dirigenten und Komponisten Sir Georges Smart. Weber übernahm Proben und komponierte noch fehlende Stücke, auch die Ouvertüre.
    Am 12. April 1826 wurde die Uraufführung von »Oberon« in Covent Garden vom Publikum umjubelt. Obwohl er gesundheitlich stark geschwächt war, dirigierte Weber noch drei Aufführungen seiner neuen Oper.
    In der Nacht vom 4. zum 5. Juni 1826 starb Carl Maria von Weber an Tuberkulose in der Londoner Great Portland Street, im Haus 91, bei Sir Smart.
    Die Beisetzung erfolgte am 21. Juni 1826 in der Kapelle St. Mary der Katholischen Moorfieldskirche in London.


    18 Jahre später trat Richard Wagner auf den Plan, der Carl Maria von Weber über die Maßen verehrte und mehrmals geäußert haben soll: »ohne Weber wäre ich vermutlich kein Musiker geworden.«
    Richard Wagner veranlasste 1844 die Überführung von Webers Sarg nach Dresden, wo Carl Maria von Weber schließlich auf dem Alten Katholischen Friedhof am 15. Dezember seine letzte Ruhe fand, die Familiengruft gestaltete Gottfried Semper. Der Grabstein den man heute scheinbar guterhalten dort sieht, ist eine Kopie, das Original steht mit fast unleserlicher Schrift im Hof des Museums in Hosterwitz.
    Ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Hofkapellmeister inszenierte der große Theatermann Richard Wagner die Heimholung der Gebeine Carl Maria von Webers aus London und zog alle Register.
    Ein schwarzumflortes Schiff brachte den Sarg elbaufwärts. Nach der Ankunft begleitete ein großer Trauerzug, darunter ein 80 Mann starkes Blasorchester und 20 Trommler, den Sarg zum Friedhof.
    Für diese Prozession hatte Wagner eigens zwei Trauermärsche nach Hauptthemen aus der Weberschen Oper »Euryanthe« komponiert.
    Als der Sarg dann Tags darauf in die Gruft gesenkt wurde, hielt Wagner seine Gedächtnisansprache:
    »Hier ruhe denn! Hier sei die prunklose Stätte, die uns deine teure Hülle bewahre! Und hätte sie dort in Fürstengrüften geprangt, im stolzesten Münster einer stolzen Nation, wir wagten doch zu hoffen, dass du ein bescheidenes Grab in deutschem Boden dir lieber zur letzten Ruhestätte erwählt.«
    Und der Trauerredner setzte zum Höhepunkt seiner Rede an:
    »Nie hat ein deutscherer Musiker gelebt als du! Sieh´ nun lässt der Brite dir Gerechtigkeit widerfahren, es bewundert dich der Franzose, aber lieben kann dich nur der Deutsche; du bist sein, ein schöner Tag aus seinem Leben, ein warmer Tropfen seines Blutes, ein Stück von seinem Herzen, - wer will uns tadeln, wenn wir wollen, dass deine Asche auch ein Teil seiner Erde, der lieben deutschen Erde sein soll?«



    Praktischer Hinweis:
    Folgt man dem Fluss elbaufwärts, erreicht man von der Altstadt aus das Museum mit dem Auto in einer knappen halben Stunde, aber es besteht auch die Möglichkeit per Schiff oder Bus anzureisen, was dann einen kleinen Anstieg zum Museum erforderlich macht.
    Die Adresse lautet: Dresdner Straße 44 / Dresden-Hosterwitz



  • Zum Ausgang des vorigen Beitrags spielt Richard Wagner eine nicht unwesentliche Rolle, so dass es sich anbietet, vom Carl-Maria-von Weber-Museum noch fünf Kilometer weiter nach Graupa zu fahren.
    Graupa hat etwa 3000 Einwohner und wurde 1999 zur Stadt Pirna eingemeindet. Von der Dresdner Frauenkirche ist Graupa genau 17 Kilometer entfernt und es besteht auch eine Buslinie dorthin, es geht immer der Elbe entlang.


    Das Lohengrinhaus
    Unter diesem Dach hat sich schon eine Menge abgespielt, aber in dem ehemaligen Gutshaus wurde bereits 1907 eine erste Gedenkstätte eingerichtet, die in den Folgejahren immer wieder modifiziert wurde. Auch das Standesamt und der Kindergarten waren hier schon untergebracht.
    Die Wende war gerade vollzogen, als ich das Lohengrinhaus in Graupa zum ersten Mal betrat. In der Zwischenzeit hat sich hier eine Menge getan. Der Zahn der Zeit hatte auch vor dieser Immobilie nicht haltgemacht, so dass das Haus gründlich saniert werden musste. Im Herbst 2006 wurde mit den Arbeiten begonnen. Im Jahre 2009 war es im heutigen Zustand fertiggestellt.


    Es sind wieder Wagner-Gedenkräume eingerichtet, die Wagners Zeit nachempfunden wurden, denn in der Literatur ist nachzulesen, dass zu den Anfängen der Gedenkstätte noch das Spinett aus Wagners Zeit erhalten war, das zu Brennholz verarbeitet wurde; ein Bürgermeister soll einige Tasten des Instruments, auf dem zum ersten Male die Lohengrin-Musik erklang, als Andenken behalten haben. Die Erinnerungen des Wagner-Zeitgenossen Gustav Adolph Kietz bilden heute die Grundlage der Ausgestaltung dieser Räume. Daneben gibt es hier auch Wohnräume für Stipendiaten.
    Dieses Haus, das zu Wagners Zeit als Schäfersches Gut bekannt war, erlangte durch den Sommeraufenthalt Richard Wagners eine gewisse Berühmtheit. Sicher ist, dass Richard Wagner mit Ehefrau Minna im Jahr 1846 vom 15. Mai bis 20. Juli hier weilte.
    An Karl Gaillard, den Redakteur der Berliner Musikzeitung, schrieb Wagner: »Gott sei Lob, ich bin auf dem Lande ... in der reizendsten Gegend von der Sächsischen Schweiz und fange wieder an, als Mensch und Künstler aufzuatmen.«
    Vordem oft auf der Flucht vor Gläubigern, konnte er sich, als nun gutverdienender Hofkapellmeister in Dresden, diese Sommerfrische leisten. Wie berichtet wird, soll Wagner hier vorwiegend abends komponiert haben, denn tagsüber war er gerne als Wanderer unterwegs. Kompositionsskizzen seiner Oper »Lohengrin« sind in dieser Zeit gefertigt worden, daher der Name Lohengrinhaus.
    Richard Wagner beschrieb die Situation später so:
    »Während dieses Sommerurlaubs, von welchem eine bedeutende Zeit anfänglich noch der Besorgung meiner widerlichen Geschäfte und der Stärkung meiner Gesundheit allein gewidmet war, gelang es mir doch, die Musik sämtlicher drei Akte des Lohengrin, wenn auch nur in flüchtigen Umrissen, zu skizzieren. Mit dieser Ausbeute kehrte ich im August nach Dresden zurück.«
    Die Reinschrift dieser Oper vollendete Wagner Ende März 1848.


    Auch in den Folgejahren soll man Richard Wagner noch zu Kurzbesuchen in der Gegend um Graupa gesehen haben.
    Am 8. September 1881 besuchte Wagner mit seiner zweiten Gemahlin Cosima und den Kindern Eva und Siegfried Graupa, da hatte er dann seinen Parsifal im Kopf und war ein berühmter Mann.
    Die Gedenktafel am Lohengrinhaus wurde 1894 an der Hausfassade angebracht. Im Hof des Gebäudes befindet sich eine aus den Trümmern gerettete Gedenktafel des 1945 zerstörten Geburtshauses Hans von Bülows, das ehemals in der Körnerstraße in Dresden stand.


  • Schildtext Stele:
    SCHÖPFER DES RICHARD WAGNER
    DENKMALS
    PROFESSOR RICHARD GUHR
    GEB. AM 30. SEPT. 1873 IN SCHWERIN
    GEST. AM 27. OKT. 1956 IN HÖCKENDORF-DRESDEN
    AUS EIGENEN MITTELN ERSTELLT





    2006 hatte sich die Stadt Pirna dazu durchgerungen insgesamt 5.7 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um dem interessierten Publikum Richard Wagner näher zu bringen. Erst drei Tage vor der Eröffnung war man dann noch auf die Idee gekommen Christian Tielemann mit ins Boot zu nehmen. Der war zwar vorher noch nie da gewesen, erklärte sich jedoch spontan dazu bereit die Schirmherrschaft zu übernehmen.


    Man geht vom Lohengrinhaus aus nur wenige Schritte über die Straße und ist schon an der neuen Gedenkstätte, die ehemals ein Jagdschloss war und ebenfalls eine wechselvolle Geschichte hat.
    Am 12. Januar 2013 wurde hier die Ausstellung »Richard Wagner in Sachsen« eröffnet. Eigens für diese Ausstellung hatte man das Schloss 2009 mit hohem Aufwand restauriert. Die Konzeption der Ausstellung ist so breit gefächert, dass auch Besucher angesprochen werden, die nicht alle Wagner-Opern kennen; in diesem Zusammenhang ist auch das Ausstellungsmotto »Keine Angst vor Wagner! Oper ist ein Erlebnis« zu sehen.
    Mit einer multimedialen Ausstellung soll Richard Wagner sinnlich erfahren werden – er wird gehört, gesehen und gefühlt.
    Herkömmliche Ausstellungsmethoden der Präsentation in Form von Dokumenten, Noten und Fotos wechseln sich mit interaktiven, multimedialen Hörangeboten ab; es wird angestrebt, dass die Besucher einen emotionalen Zugang zu den Werken Wagners erhalten.
    Hier werden in sechs Museumsräumen Entstehungsprozesse seiner Opern von der Dichtung über Komposition und musikalischen Neuerungen bis zur Inszenierung nachgezeichnet, ohne dabei das spätere Schaffen außer Acht zu lassen.
    Man bedient sich hier der modernsten Technik, um den Besuchen Wagner aus verschiedenen Blickwinkeln näher zu bringen. Die Farbgestaltung orientiert sich über weite Strecken an Wagners Geschmack, es ist ein Farbrausch in Rosa, Lila und Violett. Man betritt die Ausstellung zunächst in neutralem Graublau, geht über zu Pflaume, Brombeer und Himbeer. Explizit wird auf Wagners Ausspruch hingewiesen: »Es ist wirklich schwül - aber ich bin violett.«
    Hier ist alles Musik, sogar die Türen der Aufbewahrungsschränkchen sind in Form von Notenblättern gestaltet. Es gibt die holografische Bühne, so dass ein Theatererlebnis en miniature entstehen kann.
    In dieser Dauerausstellung ist alles klar gegliedert. Wagners Wanderungen in der Sächsischen Schweiz sind genauso dargestellt wie sein Wirken in Europa.
    Natürlich wird auf Wagners Zeitgenossen hingewiesen, diese sind zum Beispiel im Raum 3 zugegen, auch die Einflüsse Wagners auf Filmmusiken unserer Tage wird thematisiert; man kann schon sagen, dass hier an die Interessen aller möglichen Besucher gedacht wurde.
    In der Beletage gibt es noch einen Veranstaltungssaal, der etwa 200 Personen Platz bietet und dessen Bestuhlung natürlich auch in den typischen Wagnerfarben gehalten ist.


  • Heute liegt dieses im Bild gezeigte Haus etwas außerhalb des Stadtzentrums, unweit vom Europaparlament und der Orangerie.




    Am 2. März 2002 wurde am früheren Wohnhaus Hans Pfitzners in der Rue du Conseil des Quinze in Strasbourg die abgebildete Gedenktafel enthüllt. Auf der Tafel sind neben dem oben wiedergegeben Text die Noten der ersten Takte von Pfitzners Oper »Palestrina« zu sehen, die der Komponist in diesem Hause geschrieben hat.


    Einige Gedanken zur Gedenktafel in Strasbourg


    Hans Pfitzner wurde 1869 in Moskau geboren, wo sein Vater an der Oper ein Engagement als Geiger hatte. Als der Vater drei Jahre später am Stadttheater in Frankfurt am Main eine Stelle als Konzertmeister übernahm und die Familie da wohnte, bot es sich an, dass Sohn Hans am renommierten Hochschen Konservatorium in den Jahren von 1886 bis 1890 Klavier und Komposition studierte. In den Jahren 1892/93 lehrt Pfitzner am Koblenzer Konservatorium.


    1897 zog Pfitzner nach Berlin, wo er am Sternschen Konservatorium Komposition und Dirigieren unterrichtete und später zusätzlich die Stelle als Erster Kapellmeister am Theater des Westens übernahm. 1899 heirateten Hans Pfitzner eine Tochter seines ehemaligen Klavierlehrers.


    1908 siedelte Familie Pfitzner dann nach Straßburg über und man kann Pfitzners Zeit in Straßburg wohl als seine fruchtbarste Schaffensperiode bezeichnen. Pfitzner leitete dort das Städtische Konservatorium und die Symphoniekonzerte der Straßburger Philharmoniker, immerhin das älteste Orchester Frankreichs.
    Pfitzner war ein Theatermensch, der Ausbildungsstand seiner Opernklasse war von außergewöhnlicher Qualität. Dazu übernahm er 1910 auch noch die Leitung der Straßburger Oper, wo er auch als Regisseur wirkte.
    Es kam wie es kommen musste, 1913 durfte er seinen Namen mit dem Professorentitel schmücken. Aber es gab natürlich auch Querelen und Missgunst.


    Ein Interview, das im März 1914 im »Frankfurter Nachrichten- und Intelligenzblatt« erschien und - wie Pfitzner hernach sagte - überhaupt kein Interview war, wurde einige Tage später in den »Straßburger Neuesten Nachrichten« nachgedruckt und die Straßburger konnten unter anderem über ihre Theatersituation lesen:
    »Das ist eine Kleinstadt, die Provinz, der Sumpf. Großes ist immer nur möglich, wo das Leben flutet, anstatt zu stocken.«
    Pfitzner bestritt vor allem vehement, das Wort »Sumpf« verwendet zu haben und führte aus: »Was ich hier wollte, war nicht nur ein Engagement oder mir Dirigentenlorbeeren holen, sondern ich wollte wirken.«


    Zu Beginn des Jahres1914 beantragte Pfitzner einen Jahresurlaub, in dem er den »Palestrina« zu Ende komponieren wollte. Pfitzner hatte mit der Komposition am 1. Januar 1912 begonnen, dessen Textbuch er seinen engsten Freunden am 19. Dezember 1911 vorgelesen hatte.
    In einer Art Urlaubsvertretung kam dann der junge Otto Klemperer nach Straßburg, damit der Betrieb weiterlaufen konnte.

    Als Pfitzner 1916 davon Wind bekam, dass die städtische Theaterkommission seinen Vertrag als Operndirektor nicht erneuern wollte, zog er die Konsequenzen.
    Am 12. Februar 1916 las der Bürgermeister dem Gremium einen Brief Pfitzners vor, der mitteilte, dass er sämtliche Ämter niederlegt.
    Hans Pfitzner hatte ein letztes Mal 1918, noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs, in Straßburg dirigiert, als George Szell erkrankt war, der sein Nachfolger in Straßburg geworden war.
    Danach kam Pfitzner erst wieder in den Kriegsjahren 1940, 1942 und 1943 nach Straßburg, als Hans Rosbaud »Palestrina« aufführte.


    Die Oper »Palestrina« entstand in den Jahren 1912 bis 1915 und wurde am 12. Juni 1917 als »Musikalische Legende« im Prinzregententheater München unter Bruno Walter uraufgeführt.
    Der damals 40-jährige Karl Erb sang die Titelrolle und der Komponist schrieb dem Sänger folgende Widmung in den Klavierauszug:


    »Ich erachte es als einen der seltenen Glücksumstände in meinem Künstlerleben, daß mein größtes Werk bei seinem ersten Erscheinen in der Welt für seine Haupt- und Titelrolle einen solch idealen Vertreter gefunden hat, wie Sie, lieber Karl Erb es sind. Ihr Name ist mit diesem Stück deutscher Kunst für alle Zeiten ruhmreich verbunden.«


    Aus diesem Text geht hervor, dass Hans Pfitzner »Palestrina« für sein größtes Werk hält. Pfitzners Biograf Walter Abendroth schrieb 1935 über Pfitzners Werk:


    »Es läßt sich nicht nur behaupten, sondern auch beweisen, daß Pfitzners "Palestrina" als Dichtung an Größe und Empfindung, Genialität der Gestaltung, Schönheit der Sprache und Tiefe der Gedanken bei weitem alles überragt, was jemals als "Operntext" geschrieben worden ist.«


    Der Dirigent der Uraufführung war auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch mit Pfitzner befreundet und führte »Palestrina« in New York auf und schrieb 1947:
    »Ich persönlich zähle die Aufführungen des Palestrina, nach meiner Meinung eines der gewaltigsten musikalischen Bühnenwerke unserer Zeit, zu den großen Ereignissen meines Lebens.«


    Pfitzner war mit seinem Werk in der Romantik verwurzelt, die er in tiefgründigen Kompositionen wiederzubeleben suchte; in zahlreichen Publikationen zog er gegen die atonale Musik zu Felde.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner


  • In diesem Thread hat JLang in seinen Beiträgen Nr. 38 und 43 schon auf das Wohnhaus und Denkmal von Mendelssohn Bartholdy hingewiesen.
    Da die Rückseite des Monuments hier noch nicht gezeigt wurde, möchte ich das ergänzen und noch einige zusätzliche Bemerkungen um das Schicksal dieses Denkmals anfügen.
    Die rückseitige Inschrift lautet: »Edles nur künde die Sprache der Töne«, nachzulesen war das auch bei JLangs Beitrag, aber nun hat man es hier im Original Gold auf rotem Stein.


    Das Denkmal steht erst seit wenigen Jahren hier, gegenüber dem Hauptportal der Thomaskirche, und wurde praktisch als Kopie am 18. Oktober 2008 enthüllt, nachdem sich Kurt Masur mit Nachdruck dafür eingesetzt hatte.
    Masur wuchs ja in einer Zeit auf, in der ihm seine Klavierlehrerin den Rat gab, bei Übungsstücken von Werken dieses jüdischen Komponisten vorsorglich die Fenster zu schließen.


    Das Original wurde bereits am 26. Mai 1892 auf dem Platz vor dem Alten Gewandhaus im Musikviertel enthüllt. Geschaffen wurde das Denkmal von Werner Stein (Entwurf) und Hermann Howaldt (Ausführung). Auch damals schon benötigte ein Denkmals-Komitee vierundzwanzig Jahre, bis man zur feierlichen Einweihung schreiten konnte.
    Die Idee dazu wurde 1868 geboren, und der Anlass war das 125 jährige Bestehen der Gewandhauskonzerte. Wie aus Unterlagen hervorgeht, vollzog sich die Finanzierung schleppend.


    In dieser Beziehung ging die erneute Aufstellung etwas schneller vonstatten, der Beschluss wurde im Jahr 2003 gefasst, wobei es auch diesmal eines Anlasses bedurfte, der die Finanzierung etwas beschleunigte - es näherte sich nämlich der 200. Geburtstag des Komponisten, der von 1835 bis zu seinem Tod 1847 Kapellmeister am Gewandhaus war und dort Maßstäbe vielerlei Art setzte.
    Ein Sponsor, die Stadt und das Regierungspräsidium trugen 355.000 Euro zusammen und die Idee der Kopie des ersten Denkmals konnte realisiert werden. Die Modelle der Figuren wurden nach alten Fotos angefertigt, denn der originale Felix ist verschwunden und wurde vermutlich eingeschmolzen.
    Das ursprüngliche Denkmal vom 1892 wurde nicht etwa durch Kriegseinwirkungen zerstört, sondern durch politischen Fanatismus. Dass bereits 1923 eine der Bronzeplatten, die am Denkmalssockel weltliche und kirchliche Musik symbolisieren, gestohlen wurde hatte keinen politischen Hintergrund, das waren nur Diebe, die gleich darauf von der Polizei geschnappt wurden.
    Schlimmeres passierte dann am 8. Mai des Jahres 1936 - der Briefschreiber konnte nicht ahnen welche Bedeutung dieser Tag einmal neun Jahre später haben sollte ... - als der Leiter der NSDAP-Kreisleitung an die Stadtverwaltung schrieb (man beachte die Schreibweise des Komponistennamens):
    »Auf Grund verschiedener Beschwerden bei uns fühle ich mich verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, daß das vor dem Gewandhaus aufgestellte Denkmal des Vollblutjuden Mendelsohn-Bartoldie öffentliches Ärgernis erregt... Ich bitte Sie...beim Rat der Stadt Leipzig zu erwirken, daß dieses Denkmal entfernt wird.«


    Der damalige Oberbürgermeister Dr. Goerdeler versuchte zunächst durch seine vielfältigen Verbindungen dieses Ansinnen abzubiegen und das gelang ihm auch für eine gewisse Zeit, um präzise zu sein, genau 185 Tage. Anfang November begab sich der Oberbürgermeister dann auf eine Vortragsreise nach Finnland. Diese Gelegenheit nutzte sein eilfertiger Stellvertreter, ein gewisser Rudolf Haake, um das Denkmal in einer nächtlichen Aktion am 9. November entfernen zu lassen. Carl Friedrich Goerdeler trat nach diesem Ereignis vom Amt des Oberbürgermeisters zurück, das er seit 1930 begleitet hatte.
    Der mit Goerdeler befreundete Journalist Fritz Bartsch hat beschrieben, dass Goerdeler nach seinem Rücktritt beim Besuch eines Konzerts im Gewandhaus vom Publikum begeistert empfangen wurde.

  • Lieber hart,


    hab vielen Dank für die schönen Ergänzungen zum Mendelssohn-Denkmal.
    Das Schicksal des Denkmals ist ja leider stellvertretend: das Mendelssohn Denkmal in Düsseldorf hatte ein Schicksal, das dem des Leipziger Exemplares ähnlich ist. 1936 abgeräumt und 1940 eingeschmolzen.


    Sei herzlich gegrüßt
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ein Hagener Opernkapellmeister, Jahrgang 1919 und leider verstorben, der in Leipzig (u.a. bei Teichmüller und J. N. David) studiert hat, erzählte mir einmal, dass sich Studenten mit ihrer Freundin nie "vor" oder "hinter" dem "Thomas" verabredeten, sondern immer "beim Bach" oder "beim Mendelssohn". Diese kleine Nebensächlichkeit zu kennen, ist nicht wichtig, und verändert nicht den Lauf der Musikgeschichte, ließ mich damals schmunzeln und lässt es heute auch noch...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER




  • So wie in Salzburg Mozart allgegenwärtig ist, begegnet man im oberpfälzischen Weiden Max Reger auf Schritt und Tritt. In Parks, Kirchen und Straßen wird der sensibilisierte Passant immer wieder auf den bekannten Sohn der Stadt aufmerksam gemacht, der streng genommen nicht von hier stammt, aber eine wesentliche Zeit seines Lebens hier verbracht und bedeutende Werke geschaffen hat.


    Man lässt hier nichts anbrennen: Es kann ein Reger-Bier, ein Reger-Schnaps und eine Reger-Torte während des Rundgangs zur Stärkung genossen werden. Die Stadt hat mehr als 40.000 Einwohner, aber wer sich halbwegs normal fortbewegen kann, hat keine Schwierigkeiten von der Stadtmitte aus alle relevanten »Reger-Punkte« zu erreichen.


    Der 1873 im 75 Kilometer entfernten Brand geborene Max Reger kam bereits 1874 mit seinen Eltern nach Weiden in der Oberpfalz. 1878 wird er Schüler in der Volksschule, überspringt aber schon nach vier Wochen die erste Klasse, was möglich ist, weil ihm seine Mutter schon vorher Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht hatte. 1882 tritt Max Reger in die Königliche Realschule ein, die er 1886 mit großem Erfolg abschließt.
    Anschließend erfolgt der Eintritt in die Königliche Präparandenschule zur Vorbereitung auf den Lehrerberuf; die Eltern hatten dies so beschlossen.
    Der Vater erteilte ihm zwar an der ausgedienten Schulorgel, die nun den Regers als Hausorgel diente, Unterricht, aber entscheidend war wohl der Orgelunterricht bei Adalbert Lindner, der in Weiden als Lehrer und Organist wirkte.


    Heute ist es möglich, dort herumzuspazieren, wo Reger zwischen 1884 und 1889 von Lindner im Klavierspiel unterrichtet wurde.
    Im Alten Schulhaus ist eine gut bestückte Max-Reger-Sammlung untergebracht, und diese Räume sind Teil der ehemaligen Dienstwohnung von Adalbert Lindner.
    Man findet dort Notenautographen und Teile der Regerschen Korrespondenz, sowie persönliche Gegenstände, wie zum Beispiel das Taufkleid des kleinen Johann Baptist Joseph Maximilian, sowie Gemälde und Zeichnungen.
    Erstaunt war ich, als mir die Archivleiterin Petra Vorsatz die sehr umfangreiche Literatursammlung über Reger zeigte; dazu besorgte sie sich den entsprechenden Schlüssel, denn dieser Teil ist nicht Bestandteil der Sammlung. Wollte man das alles studieren, müsste man sich für ein halbes Jahr in der Stadt einmieten ...


    Adresse: Stadtarchiv & Stadtmuseum, Schulgasse 3a




  • Im Reger-Park errichtete 1957 der Bildhauer Josef Gollwitzer ein Denkmal aus Granit von 19 Tonnen Gewicht, das Orgelpfeifen nachempfunden ist, was jedoch heute durch üppigen Pflanzenbewuchs nicht unbedingt erkennbar ist.
    In der Presse findet man auch einen Beitrag aus dem Jahr 2007, der zeigt, dass es mit der mit der Pflege dieses Denkmals nicht immer gut bestellt war:
    »Seit etwa zwei Jahren fehlte am Max-Reger-Denkmal am Ufer der Waldnaab der Name des großen deutschen Komponisten« , so stand hier zu lesen, aber in der Zwischenzeit ist das wieder ordentlich hergestellt. Josef Gollwitzer hat sich schon die richtige Assoziation mit seiner Darstellung gewählt.


    Der Kirchenmusiker Patrick Kampf sagt:
    »Kaum ein Organist, ob er seine Tätigkeit nun haupt-, neben- oder ehrenamtlich ausübt, kommt in seinem Künstlerleben um die Interpretationen eines oder mehrerer Regerwerke herum ... Regers Orgelmusik hat sich zu einem Begleiter des Organisten in allen Lebenslagen entwickelt.«
    Im März 2007 wurde in St. Michael, wo Reger als junger Mann oft spielte, eine neue Orgel geweiht, deren Konzeption sich am Studium des gesamten Orgelwerks Max Regers orientierte. Man hatte einen Millionenbetrag investiert und ist der Ansicht, dass mit dieser »Max-Reger-Gedächtnisorgel« ein im Europa einmaliges Werk entstanden ist.

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  • Die Familie Reger hatte, bevor sie sich - auf Drängen von Sohn Max - im Jahre 1901 nach München verabschiedete, in Weiden vier verschiedene Wohnadressen.
    An einem dieser Häuser wurde 1930 von der Sängervereinigung Weiden eine Gedenktafel angebracht.
    Da diese Tafel relativ hoch angebracht ist und die Schriftfarbe durch Witterungseinflüsse gelitten hat, ist der Text von der Straße aus kaum zu lesen - hier der Wortlaut:


    In diesem Hause
    verbrachte

    Max Reger
    seine Jugend- und
    wichtigsten Schaffensjahre
    1878 bis 1901
    Gestiftet von der
    Sängervereinigung Weiden
    1930


    Der weiße Pfeil an der Giebelseite, der auf das Fenster rechts zeigt, ist auf der Fassade nicht tatsächlich vorhanden, ich habe ihn rein montiert, weil man mir sagte, dies sei das Arbeitszimmer Max Regers gewesen.
    Das waren noch Zeiten - als Gesangvereine solcherart Aktivitäten entwickelten ...


  • Wenn man drei Minuten die Bürgermeister-Prechtl-Straße vom Wohnhaus Reger in Richtung der großen St. Josef-Kirche geht, kommt man zum dieser Kirche gegenüber liegenden Konrad-Adenauer-Park; eine kleine Parkanlage, in der man den Original-Grabstein des ehemaligen Reger-Grabes in Weimar, der nach der Errichtung des Ehrengrabes auf dem Münchner Waldfriedhof hierher gebracht wurde, findet (eine genauere Beschreibung dieser Vorgänge kann man im Thread »Der Musiker Gräber« im Beitrag Nr. 250 nachlesen).


    In der unweit entfernten Kirche St. Michael (Simultanpfarrkirche) - in der heute die neue »Max-Reger-Gedächtnisorgel« steht - hat Reger einige Jahre die Orgel gespielt; hier in der Kirche direkt am Park, führte Reger am 7. März 1903 eine Orgelprobe durch. Wenn man schon mal da ist, sollte man diese Kirche unbedingt auch von innen betrachten, die Jugendstilausstattung ist sehenswert.





  • Der 1895 in München geborene Carl Orff lebte ab 1955 bis zu seinem Tode im Jahr 1982 auf seinem Anwesen am Ziegelstadel in Dießen, einer Gemeinde von etwa 10.000 Einwohnern, am Ammersee in Bayern.
    Orff hatte das Haus zusammen mit seiner damaligen Frau, Luise Rinser, erworben und so steht es im Prinzip auch heute noch da. Als Liselotte Orff, die vierte Frau des Komponisten und langjährige Vorsitzende der Carl-Orff-Stiftung, 2012 starb, wurde beschlossen, das Anwesen behutsam den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen; das Arbeitszimmer des Komponisten ist noch unverändert erhalten. Orff liebte die Stille dieser Wohnstatt und ganz besonders - vom blauen Salon aus - die Blickachse rüber nach Andechs, wo er dann auch 1982, auf eigenen Wunsch, seine letzte Ruhe fand.


    Es ist nicht ausgeschlossen, dass man vielleicht in einigen Jahren das Carl-Orff-Museum auf diesem Anwesen ansiedelt; aktuell findet man das Museum mitten in der Gemeinde.
    Das Carl-Orff-Museum wurde 1991 eröffnet und bietet eine Fülle an Informationen vielfältiger Art, die auch ästhetisch ansprechend präsentiert werden.
    Das Museum weist mit Stolz darauf hin, dass es weltweit einmalig ist. Schau- und Texttafeln, dazu ein Film, der Orffs Leben und Wirken darstellt, informieren ausführlich.
    Es gibt natürlich Musikbeispiele und man hat selbstverständlich Orffs Schulwerk Instrumentarien im Haus, so dass auch Gruppen aktiv werden können.
    Interessierte Besucher haben die Möglichkeit im Museum Orffs Instrumente zu spielen und können den Künstler und seine Werke auf Video- und Tonbändern sehen und hören.
    Die Idee zur musikpädagogischen Konzeption des Orff-Schulwerks entstand ja bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in München. Orff und Gunild Keetman gaben in den Jahren 1950 bis 1954 die »Musik für Kinder« heraus.


    »Ich bin ein Altbayer, in München geboren, und diese Stadt, dieses Land, diese Landschaft haben mir viel gegeben und mein Wesen und mein Werk mitgeprägt.
    Was mir diese meine enge und weitere Heimat gegeben hat, ist eingegangen in meine Werke und ist mit diesen über die Welt gegangen, um dort nicht zuletzt von meiner Heimat Zeugnis abzulegen.«

    So kann man es im Eingangsbereich hinter der Büste Orffs auf einer Texttafel lesen. Bereits der kleine Carl verlebte viele glückliche Tage am Ammersee. Seit 1898 verbrachte die Familie Orff einige Sommerwochen in einem kleinen Bauernhof in Unteralting bei Grafrath, den sie dann schließlich nach einigen Jahren kauften. Im Rückblick sagte Orff:
    »Für mich war es seit je eine zweite Heimat. Gegen das Stadtleben war das Landleben nicht nur abwechslungsreich, sondern auch ausgleichend wichtig.«


    So steht dieses Museum nicht zufällig in dieser Gegend und Kloster Andechs, auf der anderen Seeseite, zu dem der Komponist einen besonderen Bezug hatte und hat, richtet seit 1998 auf dem Heiligen Berg »Carl-Orff-Festspiele« aus, die vom Publikum auch angenommen wurden.


    Neuerdings sind nun Missklänge zu vernehmen, und wie man in Verlautbarungen lesen kann, soll mit den Carl-Orff-Festspielen 2015 diese Zeit zu Ende sein. Interessiert man sich für die Sache näher, tauchen unterschiedliche Sichtweisen auf.
    Als Grund für das Aus nach 18 Jahren werden »schwerwiegende und nicht mehr zu überbrückende Differenzen zwischen dem Kloster und der Carl-Orff-Stiftung« genannt.


    Seit einigen Jahren inszeniert Marcus Everding (der Sohn des Regisseurs August Everding) bei diesen Festspielen und die Stiftung war wohl zunehmend irritiert, dass Everding immer wieder sehr frei mit den Stücken umgeht.


    Wilfried Hiller, Komponist und Vorsitzender der Carl Orff-Stiftung sagt:
    »Es geht hier nicht um künstlerische Differenzen, sondern um einschneidende Änderungen hin aufs Werk. Z.B. dass in der Bernauerin über 60 Textpassagen geändert sind. Da kann man nicht von künstlerischer Freiheit sprechen. Ich habe Carl Orff noch auf dem Sterbebett versprochen, dass ich mich für sein Werk einsetze. Und das so, wie er es auch gesehen hat - mit seiner ganzen Offenheit und Großzügigkeit. Aber, dass man Orffs Werk verändert und was anderes draus macht, das geht auf keinen Fall.«


    Wer das Carl-Orff-Museum in Dießen besucht, hat in jedem Falle den sorgsam gepflegten und unverfälschten Carl Orff.


    Anschrift:
    Carl-Orff-Museum
    Hofmark 2
    86911 Dießen am Ammersee

  • Liebe Taminos,


    mal wieder bin ich in Dänemark auf "Komponisten-Tour" unterwegs. U.a. besuchte ich die mit Carl Nielsen, Ludolf Nielsen, Hakon Børresen und Rued Langgaard verbundene Stätten. Anfangen möchte ich mit der Vorstellung des Hauses von Hakon Børresen in Skagen, an der Nordspitze Jütlands. 1910 vom renomierten Skagenarchitekt Ulrik Plesner erbaut, reiht es sich im Baustil mit seiner gelben Farbgebung und den an den Rändern verfugten Ziegeldächern ganz in die bisherige Künstlerkolonie (in der u.a. P.S. Krøyer, der sich sehr gerne von Børresen beim Malen musikalisch begleiten ließ, H. Drachmann und Carl Nielsen ständige Gäste waren) ein. Børresen, der hier gerne Urlaub von seinem Stadtleben in Kopenhagen nahm und hier auch Inspiration am Meer erfuhr, benannte das Haus nach seiner erfolgreichsten Oper "Kaddara". Das Schild mit dem Namen ist auch das einzige, was von außen an den berühmten Bewohner erinnert. Im Inneren befindet sich eine große Halle, die noch weitgehend mit persönlichen Gegenständen (Büste von H.B., Flügel, Kunstwerke, Stühle) ausgestattet und weitgehend erhalten ist. In der Mitte zeugt ein über zwei Stockwerke reichender steinerner Kamin von dem Wohlstand des Komponisten. Leider konnte ich das Haus, welches das wahrscheinlich größte Künstlerhaus Skagens ist, nur von hinten fotografieren - eine Vorderansicht ist mit ein wenig Suchen im Internet jedoch auch auffindbar. Im Skagenmuseum, nur wenige Gehminuten vom Haus im Chr. X Vej 82, hängt das (unter Børresen-Fans) berühmtes Portrait von Michael Ancher.





    Herzliche Grüße
    Christian


  • Recht interessant ist die Geschichte des Conradin-Kreutzer-Denkmals in Meßkirch. Der Baubeginn reicht in eine Zeit, wo es undenkbar war, dass man am Tag des Herrn seine Frühstücksbrötchen an der Tankstelle besorgt ...


    »Das ist der Tag des Herrn« - dieser zu meiner Jugendzeit allgegenwärtige Text, fast jeder Mann kannte ihn, ist hier in den Stein eingehauen und vergoldet, auch des Komponisten erfolgreichste Oper »Das Nachtlager in Granada« wurde am Denkmal in den Sandstein gemeißelt.


    Meßkirch ist eine badische Kleinstadt von etwa 8000 Einwohnern im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg und ist Standort dieses im Jahre 1883 errichteten Denkmals. Es war eine Zeit, in der Denkmäler fast wie Pilze aus dem Boden schossen; damals gab es im deutschen Reich etwa 800 öffentliche Standbilder dieser Art.
    Die erste Initiative zur Errichtung eines Kreutzer-Denkmals kam zwar aus Meßkirch, aber die wohl entscheidende Dynamik für das Objekt entwickelte 1878 der Hauptausschuss des Badischen Sängerbundes mit seinem Aufruf an die deutsche Sängerschaft. Die Gesangvereine waren dazu angehalten Kreutzer-Sonderkonzerte zu veranstalten, um auf diese Weise Geldbeträge für das Denkmal zu erwirtschaften.


    Bildhauer Hans Baur hat das Denkmal aus rotem Fischbacher Sandstein geschaffen, aber im Vorfeld wurde darüber nachgedacht das Werk in Granit auszuführen, was jedoch wesentlich teurer gekommen wäre; Kreutzer war den Initiatoren zwar »ein theurer Meister«, aber schließlich mussten die Kosten ja eingesammelt werden. Der Bildhauer hat für sein Werk Kosten von 11.700 Mark veranschlagt, die fast vollständig durch die Spenden der deutschen Sängerschaft zusammen kamen. Auch deutsche Gesangvereine im Ausland hatten sich in die Spendenliste eingetragen, nämlich: Basel, Winterthur, London, Moskau, New York und St. Louis, wobei die Amerikaner bei den Einweihungsfeierlichkeiten mit besonders hohen Beiträgen herausgestellt wurden. Auch die Deutschen in Riga, wo der Komponist begraben wurde, beteiligten sich an den Kosten.


    Die Festvorbereitungen zur Denkmalenthüllung waren enorm, der »Oberbadische Grenzbote« beschreibt das eindrucksvoll:


    »Am Donnerstag schon in der Frühe waren alle Hände beschäftigt, der Stadt ein festliches Ansehen zu geben und bis zum Abend prangte dieselbe im herrlichsten Festesschmuck; die Straßen waren durch Anbringung von Tannenbäumen in einen förmlichen Wald verwandelt und die Häuser bis in die entlegensten Theile der Stadt, ohne Unterschied, mit einer kolossalen Menge Guirlanden und Fahnen geschmückt., daneben blickte uns überall das Bildniß Kreutzers entgegen. Am Bahnhof war eine Ehrenpforte errichtet.«


    Die Denkmalsenthüllung war bis auf das kleinste Detail geplant. Es gab eine Ehrentribüne und jede Menge Ehrengäste, unter anderem waren neben den üblichen Honoratioren auch Anna Kreutzer, die Witwe des Komponisten und die beiden Töchter eingeladen, auch der Dichter Victor von Scheffel. Aus gesundheitlichen Gründen konnte Anna Kreutzer und ihre Tochter Marie nicht an der Feier teilnehmen. Auch der Dichter Scheffel war gesundheitlich nicht in der Lage nach Meßkirch zu reisen.
    Scheffel hatte eigens für diese Einweihungsfeier die Festkantate »O, Kreutzer, theurer Meister« verfasst. Nach der obligaten Festansprache fällt unter Böllerschüssen die aus vier blauen Streifen bestehende Hülle. Die Presse berichtete das so:
    »Tief ergreifend war der Moment, als sich die eherne Büste dieses überall gefeierten Meisters unseren Blicken zeigte.«
    Zum Abschluss der Feier vereinigten sich die anwesenden Gesangvereine zum Massenchor und sangen »Das ist der Tag des Herrn«, Kreutzers Vertonung des Gedichts »Schäfers Sonntagslied« von Ludwig Uhland.
    Als kritische Stimme zu all diesen Denkmal-Aktivitäten meldete sich im Januar 1883 der Opernsänger Ernst Pasqué in der »Neuen Musikzeitung« zu Wort. Pasqué war auch Schauspieler und Librettist und ein enger Freund Kreutzers in dessen späten Lebensjahren, als es dem Komponisten nicht mehr so gut ging. In seinem Aufsatz »Das letzte Lied« schildert er die letzten Lebensstationen seines Freundes und macht die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass Kreutzers Witwe mit ihrer Tochter Marie ein entbehrungsreiches und armes Leben führen muss, und er fordert die deutsche Sängerwelt auf, bei ihrer Spendierfreudigkeit für das Kreutzer-Denkmal die Lebenden nicht zu vergessen, die die Beiträge nötiger bräuchten als der Tote.


    Das Denkmal


    Das Denkmal hat eine Höhe von etwa 6 Metern, Kreutzers Büste ist in Messingbronze gegossen. Der Mittelteil des Denkmals ist bildhauerisch reich gestaltet. Die Vorderseite zeigt eine von Noten und Lorbeerblättern umschlungene Lyra, die linke Seite ein von Lindenblättern umgebenes halbentrolltes Pergamentblatt. Desgleichen befindet sich auch rechts, hier allerdings von Eichenblättern umrahmt. Auf diesen Pergamentblättern sind in blattvergoldeten Buchstaben Titel oder Liedanfänge von Werken Kreutzers eingemeißelt.
    Links:»Horch! Wie brauset der Sturm« und »Süßer Hauch der Frühlingsluft«
    Rechts: »Das ist der Tag des Herrn« und »Droben stehet die Kapelle«
    Auf der Rückseite befindet sich auf einer ovalen schmucklosen Vorlage der Schriftzug »Das Nachtlager von Granada«






    Darüber, dass ausgerechnet das wohl bekannteste Werk Kreutzers nicht von Schmuck umgeben ist, hatte mal jemand nachgedacht und so argumentiert:


    »Der gewählte Blüthenschmick sollte davon zeugen, daß Kreutzer aus deutscher Natur und deutschem Gemüth geschöpft hat. Auf der Rückseite steht der Name seiner besten Oper "Das Nachtlager in Granada" ohne Zierde, denn wenn die Rose selbst sich schmückt, schmückt sie auch den Garten.«


    Nach dem zweiten Weltkrieg - im Jahr 1949 - stand wieder ein Gedenktag an, am 14. Dezember dieses Jahres war der 100. Todestag zu begehen.
    Dieses Gedenkjahr wird mit verschiedenen übers Jahr verteilten Veranstaltungen begangen. Da ist im Sommer eine Opernaufführung von »Das Nachtlager in Granada« im Schlosshof und es findet ein Sängerfest statt, an dem 2000 Sängerinnen und Sänger aus 45 Vereinen teilnehmen. Die Post bringt zu diesem Anlass sogar eine Kreutzer-Sondermarke heraus.


    1955 - der 175. Geburtstag des Komponisten am 22. November
    Es ist keine Massenveranstaltung, wie das früher war, aber der Philosoph Martin Heidegger, ebenfalls ein großer Sohn der Stadt Meßkirch, hält die Festansprache, bei der musikalische Betrachtungen jedoch nicht groß zur Sprache kommen. Er macht aus der Gedenkfeier für Conradin Kreutzer eine Veranstaltung für sich und seine philosophische Idee.
    Aber in der Kirche musiziert der Kreutzer-Chor und Kammersänger Karl Schmitt-Walter ist aus München hergekommen.


    1980 - der 200. Geburtstag des Komponisten findet natürlich in einem ganz anderen Umfeld statt. Da wird nicht mehr bei den Gesangvereinen gesammelt; der neuen Zeit entsprechend werden Fördergelder locker gemacht und die Planung in die Hände cleverer Leute gelegt.
    Höhepunkt ist eine Aufführung von »Das Nachtlager in Granada«, wobei etwa 70 Sängerinnen und Sänger des Kreutzer-Chors mit Solisten der Städtischen Bühnen Ulm und dem Ulmer Theaterorchester musizieren.


    Und was denkt der Besucher, der im Jahr 2015 vor diesem Denkmal steht? Der aktuelle Zustand des Denkmals zeigt optisch an, welche Bedeutung die Musik Conradin Kreutzers heute in unserer Gesellschaft hat. In Musiker-Fachkreisen wird er als Kleinmeister der Biedermeierzeit dargestellt. Der Musikwissenschaftler Karl-Peter Brecht hat den Komponisten so charakterisiert:


    »Wenn also Einfachheit, Eingängigkeit, Volksliednähe, Verzicht auf große Dramatik, lyrische Grundhaltung und bürgerlich-geselliges Musizieren Wesensmerkmale des musikalischen Biedermeier sind, so kann Kreutzer als ein typischer Komponist dieser Zeit angesehen werden.«


    Mag auch noch so viel über einen Komponisten geschrieben werden, wichtig ist eigentlich allein, was der einzelne Hörer beim Anhören der Musik empfindet.
    Als ausgesprochener Lied-Freund empfehle ich die Kreutzer-Vertonung der Ballade von Ludwig Uhland: »Des Sängers Fluch«, man hört 17:18 Minuten eingängige Musik - und dramatisch ist es auch!


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  • Ergänzung zum Kreutzer-Denkmal


    Der Musikschriftsteller Gustav Schilling (1805-1880) brachte es auf den Punkt:


    »Als Componist steht er in der Reihe der Beliebtesten seiner Zeitgenossen. Er weiß die Melodik des italienischen Styles mit französischer Eleganz und deutscher Kraft zu vereinen. Gesang ist immerdar der alles umschliengende Zaubergürtel, der eben sowohl in seinen reizenden Cantilenen als vielstimmigen Combinationen sich entfaltet.«


    Lässt man seine Lebensstationen Revue passieren, ergibt sich ein recht unruhiges Bild. Geboren wurde er als Sohn eines Mühlenbesitzers und dessen zweiter Frau. Als Geburtsort wird in Publikationen deshalb auch »in der Thalmühle bei Meßkirch« angegeben.
    Seinen ersten Musikunterricht erhielt der Knabe beim Chorregenten Baptist Rieger. Seine nächste Station war ab 1789 die Lateinschule der Benediktiner in Zwiefalten, wo er Musikunterricht beim Ordenskapitular Ernst Weinrauch erhielt, von dem er auf den Instrumenten: Klavier, Oboe, Klarinette und Geige ausgebildet wurde. Aufgrund von Kriegswirren kamen die Klosterzöglinge in eine abgelegene Abtei in Schussenried, wo der junge Kreutzer das Schulorchester leitete und bis 1799 blieb. Während der Schulzeit entstand seine erste Komposition »Gesang für Österreichs Krieger«


    Der Vater forderte ein »achtbares Studium«, er wollte keinen Komödianten, Musikanten und Bänkelsänger zum Sohn haben, und der folgsame Konrad schrieb sich unverzüglich an der Universität Freiburg zum Jurastudium ein. Aber schon hier hatte Conradin, wie sich Konrad von nun an aus romantischer Verehrung für den letzten Hohenstaufen nannte, auf einer Studentenbühne seine erste eigene Oper aufgeführt.
    Als der Vater im selben Jahr überraschend starb, war für den Sohn auch das Jurastudium gestorben; er wollte sich nun ganz der Musik widmen. Zunächst führte ihn sein Weg nach Konstanz und in die nahe Schweiz, die man als seine Wahlheimat bezeichnen kann. Auf dieser Reise lernte er seine spätere Frau kennen, eine Schweizerin.
    1804 geht er nach Wien, wird dort Schüler des renommierten Albrechtsberger und verdient sich seinen Lebensunterhalt durch Unterrichten und dem Musizieren in Adelshäusern.
    1808 wurde Kreutzers Oper »Zwei Worte oder die Nacht im Walde« - manche Publikationen nennen das Werk eine Operette - in Stuttgart uraufgeführt.


    Ein bedeutender Lebensabschnitt war für Kreutzer die Bekanntschaft mit dem Musikinstrumentenbauer Franz Leppich, mit welchem Kreutzer auf dessen Panmelodicon eine zweijährige Konzertreise durch Deutschland, die Schweiz, nach Frankreich und in die Niederlande unternahm. In einem zeitgenössischen Bericht wird das so dargestellt:


    »Herr Leppich, Erfinder dieses neuen musikalischen Instruments, gab, vereint mit dem bekannten Clavier-Virtuosen Creuzer, am 7. Januar 1811 zu Mannheim ein Konzert. Er zeichnet sich vor so manchen andern Künstlern, welche mit neuerfundenen Tasten-Instrumenten Europa durchziehen, schon dadurch sehr zu seinem Vortheile aus, daß er die ganze innere Einrichtung seines Instrumentes nicht nur nicht geheim hält, sondern dieselbe sogar mit der größten Bereitwilligkeit einem jeden bis auf die kleinsten Details erklärt und vorzeigt; ein Benehmen, welches wenigstens weit edler, und mehr eines Künstlers ist, als die Geheimnißkrämerei mancher seiner Kollegen.«


    Wiederholte Aufenthalte in Stuttgart und die dortige Uraufführung seiner Oper »Feodora« im Jahre1812 bewogen Kreutzer sich um die Stelle des Stuttgarter Hofkapellmeisters zu bewerben. Seine Bewerbung hatte Erfolg, und es entstanden in dieser Stuttgarter Zeit einige Werke.


    Als er sich 1816 in Italien aufhielt, wurde in Stuttgart gegen ihn intrigiert, was er erfuhr und für ihn der Anlass war von Mailand aus seine Entlassung einzureichen. Sein Nachfolger in Stuttgart war dann Johann Nepomuk Hummel.
    Kreutzer taucht nun am Musikkollegium Schaffhausen auf und wird in der Folge Hofkapellmeister in Donaueschingen. Dort war er aber oft abwesend, und ständige Urlaubsgesuche und Urlaubsverlängerungen führten zu Zerwürfnissen mit dem Fürsten.
    In diesem Falle reichte er sein Entlassungsgesuch von Wien aus ein; das war im Jahr 1822 als seine Oper »Libussa« in Wien aufgeführt wurde. Diese Aufführung war ein Erfolg, der ihn als Kapellmeister ans Kärntnertortheater brachte, wo er bis zu dessen Schließung 1827 tätig war.
    Nach einem Zwischenspiel in Paris, was keine Erfolgsgeschichte war, obwohl er dort eine weitere Oper herausbrachte, erscheint er 1828 wieder als Kapellmeister am Kärntnertortheater.
    1833 erfolgt ein Wechsel ans Josefstädter Theater, wo er mit seiner neuen Romantischen Oper »Das Nachtlager in Granada« - die Schreibweise ist keinesfalls einheitlich, oft findet man auch »von Granada« - die dort am 13. Januar 1834 ihre Uraufführung hatte, einen Riesenerfolg verbuchen konnte.
    Diese erste Aufführung wurde damals von einem Ensemble vorzüglicher Interpreten gesungen, was für den durchschlagenden Erfolg sicher nicht unerheblich war. Im 19. Jahrhundert war »Das Nachtlager in Granada« eine der bekanntesten Opern im deutschsprachigen Raum, aber es sind auch Aufführungen in London, Paris, Zagreb, Brüssel und New York bekannt.
    »Schon die Abendglocken klangen« aus diesem Stück ist ein Klassiker, aber vielleicht sollte man besser formulieren, dass es einmal ein Klassiker war ...


    Kreutzer strebte in Wien einen lebenslangen Vertrag an, aber seine diesbezüglichen Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt, also ging er mal wieder auf Reisen und verließ 1840 Wien und taucht danach in Braunschweig auf, wo er seine Oper »Die beiden Figaro« uraufführte. Wenig später sieht man ihn als Städtischer Kapellmeister in Köln, seine Tochter Cäcilie war dort als Sängerin engagiert. 1841 leitete Kreutzer das 23. Rheinische Musikfest, wobei zu erwähnen ist, dass diese Festreihe mit erstklassigen Musikernamen gespickt ist.
    Aber bereits 1842 legt der umtriebige Komponist alle Ämter nieder und es folgen Aufenthalte in Wiesbaden, Paris und Mainz. Kreutzers zweite Tochter Marie war auch Sängerin, debütierte in Mainz und der Vater folgte den Spuren ihrer Engagements, nach Frankfurt an der Oder, Graz und Detmold.


    1846 konnte er in Hamburg seine Oper »Die Hochländerin« uraufführen. Schließlich kam Kreutzer 1848, in Begleitung seiner Tochter Marie, über Stettin nach Riga, wo die Tochter ein Engagement hatte. Dort lebte die Familie von der Gage der Tochter, der Meister selbst versuchte das Budget durch seine Tätigkeit als Gesangslehrer aufzubessern. Er hatte gute Kontakte zur örtlichen Liedertafel. Im Rahmen einer Benefizveranstaltung für seine Tochter wurde 1849 in Riga seine Oper »Das Nachtlager in Granada« aufgeführt.
    Marie war den Anforderungen des Theaters dort nicht gewachsen und bekam ihre Kündigung.
    Man ist der Ansicht, dass der Tod des Komponisten mit dieser Nachricht in Zusammenhang steht; ein unruhiges Musikerleben kam auf dem katholischen Friedhof in der Moskauer Vorstadt in Riga zur Ruhe. Bei der Beisetzung spielte man das Requiem von Mozart. Die Rigaer Liedertafel stiftete das Grabdenkmal.


    Conradin Kreutzer schuf etwa 50 Bühnenwerke, Kammermusik, Kirchenmusik und Lieder; das reichte damals nicht aus, um ein wohlhabender Mann zu werden. Es lassen sich hier durchaus Parallelen zum Musikantenleben von Albert Lortzing herstellen; sie komponierten umjubelte Stücke und arbeiteten ein Leben lang, konnten aber der Altersarmut nicht entgehen - bis zu Richard Strauss war es noch ein langer Weg ...




  • Es ist wieder Festspielzeit in Bayreuth, da bietet es sich an, dass man in diesem Gedenk-Thread mal einen Blick auf die Stelen im Richard-Wagner-Park zu Bayreuth wirft.


    Unter dem Titel »Verstummte Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die "Juden" 1876 bis 1945«
    wurde am 22. Juli 2012 auf Einladung der Richard-Wagner-Stiftung und der Stadt Bayreuth eine außergewöhnliche Ausstellung im Rathaus der Stadt und auf dem Festspielhügel eröffnet. Sie behandelt drei bisher nie untersuchte Themen:
    Den Missbrauch der Festspiele als Mittel der politischen Mobilisierung, die lange vor 1933 praktizierte Ausgrenzung "jüdischer" Künstler und die Schicksale derjenigen, die in Bayreuth auftraten und dann zu Opfern des NS-Regime geworden sind.


    Diese Ausstellung wurde bereits 2006 für die Axel-Springer-Galerie in Hamburg von dem Historiker Hannes Heer, dem Musikpublizist Jürgen Kesting und dem Bayreuther Designer Peter Schmidt konzipiert. Die Ausstellung wurde zum Beispiel in der Oper Unter-den-Linden zu Berlin und in der Semper Oper in Dresden gezeigt, aber auch in vielen anderen Städten.


    Richard Wagner schaut nun im Park beim Festspielhaus auf die Bildnisse von Musikern herab, die aus rassistischen oder politischen Gründen verfolgt wurden; nach Recherchen des Historikers Heer waren das 53 Künstler.


    Ein ausführliches Eingehen auf all diese Namen ist in diesem Forum nicht möglich, da müsste man ein dickes Buch schreiben. Was man auf den Tafeln findet, sagt natürlich über die Person nicht allzu viel aus. Manche kennt man überhaupt nicht, andere so einigermaßen und einige sehr gut.
    Bevor ich hier nun dunkle politische Zeiten beleuchte - das machen Historiker besser - möchte ich eine Künstlerin vorstellen, die ich im Park freudig begrüßte, ich war überrascht, sie hier zu finden, eine alte Bekannte, über die ich gerade einiges bezüglich ihrer Tätigkeit am Hoftheater Karlsruhe in Verbindung mit Felix Mottl gelesen hatte.


    Ihr letzter Auftritt in Karlsruhe war für die Sängerin ein Triumpf ohnegleichen. »In weiser Selbstbeschränkung zog sie sich, noch mit dem vollen Abglanz ihres Ruhmes, von der Bühne ganz zurück.«, schreibt der Theaterkritiker Albert Herzog in einer zeitgenössischen Berichterstattung.
    In den 18 Jahren ihres Karlsruher Wirkens umfasste das Repertoire der Künstlerin 76 Rollen. Als die Sängerin am 14. Juni 1901 in der Rolle der Brünnhilde der »Götterdämmerung« Abschied nahm, stand das Publikum schon morgens um halb vier vor der Theaterkasse.
    Am Ende der Vorstellung warteten Tausende auf der Straße. In einem mit wundervollen Blumengirlanden geschmückten vierspännigen offenen Wagen, den fackelschwingende junge Künstler und Studenten begleiteten, nahm sie ihren Triumphzug durch die Straßen der Stadt bis zu ihrer Wohnung. In der »Allgemeinen Musikzeitung« war zu lesen:
    »Eine der letzten großen dramatischen deutschen Sängerinnen verschwindet von der Bühne.«


    Sie wurde am 4. Mai 1858 in Wien geboren und starb am 9. März 1946 in Burghausen. Bereits im Alter von acht Jahren begann sie mit der Ausbildung ihrer Stimme bei dem Wiener Pädagogen Ruprecht und sang schon in ganz jungen Jahren Solopartien in Kirchenkonzerten. Weitere Studien folgten bei den Pädagogen Otto Uffmann und Alexander Seitz in Wien.
    Am Stadttheater in Würzburg hatte sie 1879 ihren ersten Auftritt als Valentine in Mayerbeers Oper »Die Hugenotten«. 1880 war sie am Theater in Königsberg engagiert, und 1882/83 singt sie in Mainz.


    Dann wird Pauline Mailhac in Karlsruhe sesshaft, wo sie seit 1883 für viele Jahre Ensemblemitglied ist. Unter der Ägide Felix Mottl wird sie zur herausragenden Wagnersängerin, in Kritiken finden sich Bezeichnungen wie: »die dämonische Kundry und Venus«.


    Sie war auch bei denkwürdigen Karlsruher Aufführungen, wie beispielsweise der ersten Gesamterstaufführung der Oper »Die Trojaner« (»Les Troyens« von Berlioz) mit dabei, die eine Aufführungszeit von mehr als sechs Stunden beansprucht und auch 1897 bei der Uraufführung von Franz Schuberts Oper »Fierrabras« Man sah sie als Aida, Carmen, Leonore ... die Auflistung aller76 Rollen ist hier wohl wenig sinnvoll.


    Aber es ist zu erwähnen, dass sie am Karlsruher Theater die Senta im »Fliegenden Holländer«, die Venus im »Tannhäuser«, die Eva in den »Meistersingern«, die Brünnhilde im Nibelungenring, und die Ortrud im »Lohengrim« sang.
    Bei den Bayreuther Festspielen nahm sie von 1891 bis 1894 teil, wo sie die Venus im »Tannhäuser« und die Kundry in »Parsifal« sang.
    Die Karlsruher liebten ihre Mailhac über alles, hier genoss sie eine außergewöhnliche Verehrung und sie blieb dem Karlsruher Theater treu, obwohl sie Angebote von Berlin, München und sogar der Metropolitan Oper New York hatte, aber sie gab Gastspiele in Belgien und Holland.


    Nach ihrem triumphalen Abschied von der Opernbühne zog sich Pauline Mailhac ins Privatleben an die Salzach zurück, nach Burghausen in Bayern, wo sie mit ihrer Mutter Rosa, ihrem Bruder und dessen Frau, sowie ihren drei Schwestern lebte. Die Villa der Familie Rebeka lag idyllisch am Wöhrsee. Die Mutter der Sängerin war eine geborene Mailhac, Pauline hatte diesen Namen als Künstlername gewählt.

  • Es ist wieder Festspielzeit in Bayreuth, da bietet es sich an, dass man in diesem Gedenk-Thread mal einen Blick auf die Stelen im Richard-Wagner-Park zu Bayreuth wirft.


    Unter dem Titel »Verstummte Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die "Juden" 1876 bis 1945«


    Lieber Hart,
    ich freue mich immer Deine ausführlichen, lehrreichen Beiträge zu lesen und ständig neue Ehrenplätze der Musiker kennenzulernen. Die Präsentation der Ausstellung "Verstummte Stimmen" ist wichtig, weil hier ein dunkles Kapitel der Musik- und Bayreuther Geschichte aufgearbeitet wird und ein Impuls wider das Vergessen gesetzt wird.
    Danke, dass Du diesen wichtigen Themenbereich fast alleine stemmst und uns dadurch bereicherst.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Besonders bekannt sind sie in der Stadt nach meinen Erfahrungen nicht. Wo Bach oder Mendelssohn steht, wissen einige, aber mit der Frage wo sich das Richard-Wagner-Denkmal befindet, habe ich die Dame an der Rezeption des Leipziger Rathauses erschreckt; man googelte freundlicherweise danach - ja, da wäre eines, aber wo das genau steht? ...


    Eigentlich hätte man dem Fragesteller eine Gegenfrage stellen müssen, nämlich:
    Wir haben zwei, welches meinen Sie denn?


    Am 22. Mai 2013, zum 200. Geburtstag von Richard Wagner, wurde das neue Richard-Wagner-Denkmal eingeweiht. Es steht auf einem Sockel, den Max Klinger entwarf und der von einigen Leipzigern - der drei nackten Rheintöchter wegen - despektierlich als »Pornowürfel« bezeichnet wird.
    Man hatte diesen Würfel, der vordem im Klinger-Hain stand, wieder an die Große Fleischergasse geholt, also in die Gegend, wo früher einmal das Geburtshaus Richard Wagners stand, das 1886 zur besseren Verwertung des Grundstücks, abgebrochen wurde.
    Als Richard Wagner am 13. Februar 1883 starb, dauerte es nicht lange, bis sich ein Denkmalskomitee bildete, um Leipzigs großem Sohn eine dauernde Erinnerung in seiner Geburtsstadt zu schaffen.
    Max Klinger erhielt von der Stadt Leipzig 1904 den Auftrag zu einem Richard-Wagner-Denkmal. 1913 fand eine feierliche Grundsteinlegung am Fleischerplatz statt, also in der Innenstadt von Leipzig. Klinger bearbeitete den Denkmals-Sockel in Südtirol, wo er den entsprechenden Marmor fand, aber infolge des Ersten Weltkrieges konnte der Sockel erst 1924 nach Leipzig transportiert werden; Max Klinger war jedoch bereits1920 gestorben.


    2011 - Wagners runder Geburtstag näherte sich - fand ein Künstlerwettbewerb für ein Richard-Wagner-Denkmal statt, den Prof. Stephan Balkenhol gewann. Er machte den jungen Richard Wagner, was das Körpermaß betrifft, etwas größer (1,80 Meter, das reale Maß war 1,66) mit einem etwa 4 Meter hohen Schatten als Hintergrund. Die Figur ist aus Bronze und wurde anschließend farbig bemalt, so ähnlich wie man das von Zinnfiguren her kennt, die Schattensilhouette aus Bronze ist mit einer dunklen Schicht überzogen.


    Hanno Rauterberg schrieb in ZEIT-ONLINE von botschaftsloser Kunst und meinte:
    »Sie ist frei von allem Pathos und Drängen, frei von Bedeutung und Ausdruck, frei von Überzeugung, Glauben, Kraft, frei von Schmerz, Leid, Verzweiflung, von Freude, Begehren.«


    DIE WELT produzierte im Rahmen der Einweihungsfeierlichkeiten die Headline:
    »Warum Leipzig sein Wagner-Denkmal nicht liebt« und stellt weiter fest, dass die Skulptur eher geduldet als geliebt wird. Auch der Oberbürgermeister meinte, dass es Wichtigeres gäbe, was man sicher nicht grundsätzlich bestreiten kann; Kulturelles steht ja oft im Verdacht unnütz zu sein.
    Die Leipziger Bürger, so wird kolportiert, meinen: »Morr musse's gesähn hamm!«





    Natürlich wäre es auch ein gewichtiges Argument gewesen, wenn die Stadtverwaltung gesagt hätte: Wir haben schon eins.


    In der Tat steht der Meister in den Anlagen des Promenadenrings hinter dem Opernhaus; aus meiner Sicht an einem unmöglichen Platz, der sich vielleicht eher für ein Hundeklo angeboten hätte, zumindest war das mein spontaner Eindruck.
    Im Jahre 1983 war sowohl der 100. Todestag als auch der 170 Geburtstag des Komponisten zu begehen.
    Im Rahmen der »Richard-Wagner-Tage der DDR« wollte man dieses Gedenkjahr nicht übergehen und entsann sich einer Wagner-Büste aus weißem Marmor, die Max Klinger, der andere große Sohn der Stadt, für das Leipziger Musikzimmer auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis geschaffen hatte. Im Museum der bildenden Künste fand sich ein schon für den Bronzeguss präpariertes Gipsmodell. Die Leipziger Bronzebildgießerei Noack produzierte danach 1982 das wesentliche Teil zum Denkmal.
    Hundert Jahre nach Richard Wagners Tod, hatte es die Geburtsstadt des Komponisten endlich geschafft ein Wagner-Denkmal im öffentlichen Raum zu präsentieren.



    Das erste Richard-Wagner-Denkmal in Leipzig - hinter der Oper



    Schlicht, aber monumental ... eine fast unendliche Geschichte
    Im Sommer 1931 sah man in Leipzig den 50. Todestag von Richard Wagner auf sich zukommen und bildete ein hochkarätig besetztes Gremium, um zu prüfen, in welcher Form eine entsprechende Würdigung vorbereitet werden kann; auch das Haus Wahnfried war in Erwartung einer würdigen Ehrung des Meisters. Schließlich wurde von dort daran erinnert, dass Leipzig den Abriss des Geburtshauses zugelassen habe und es nun endlich an der Zeit wäre ein Denkmal zu errichten.
    Aber es waren wirtschaftlich keine rosigen Zeiten und Oberbürgermeister Goerdeler entwickelte den bescheidenen Plan, den Klinger-Sockel, der sich versteckt im Palmengarten befand, an einer hervorragenderen Stelle zu platzieren.
    Einen Denkmalsenthusiasten weist er darauf hin, dass öffentliche Gelder für eine großzügige Anlage nicht zur Verfügung stehen und die Gelder durch Privatinitiativen aufgebracht werden müssten. Wörtlich heißt es im Brief des OB:


    »... ich bedauere, dass Frau Winifred Wagner in ihrem Schreiben vom 9. November von einer Blamage für die Stadt Leipzig spricht und die ungeheure Not und den Hunger der Gegenwart übersieht, wenn sie jetzt meint, es wäre höchste Zeit, dass die Stadt Leipzig jetzt ein Denkmal errichtet. Solche Äußerungen von Frau Winifred Wagner werden auch keineswegs geeignet sein, etwaige Privatinitiative zu fördern, und ich kann daher nur dringende empfehlen, dieses Schreiben von Frau Winifred Wagner nicht in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.«


    Von Seiten der Stadt wurden nun eine Denkmalslotterie und andere Geldbeschaffungsmaßnahmen angedacht; im Oktober 1932 erfolgte ein Ideen-Wettbewerb für ein Richard Wagner-Denkmal in Leipzig; in den Vorgaben hieß es unter anderem, dass das Denkmal schlicht, aber monumental sein sollte ..
    Es gingen 658 Entwürfe ein; 10 Einreichungen kamen in die engere Wahl. Am meisten überzeugt der Entwurf des 40-jährigen Stuttgarter Bildhauers Emil Hipp, der ein Denkmal im Neo-Klassizistischen Stil konzipiert hatte. Das Votum von Winifred Wagner soll den Ausschlag für Hipp gegeben haben.
    Als Oberbürgermeister Goerdeler am 12. Februar 1933 im Gewandhaus den Bau des Richard-Wagner-Denkmals ankündigt, sitzt Hitler, gerade eben Reichskanzler geworden, mit Winifred Wagner in der ersten Reihe.
    Als die Entwürfe dann in der Reichskanzlei präsentiert werden, explodieren die Kosten, weil der Reichskanzler in größeren Dimensionen denkt.
    Das war nun künftig kein Denkmal einer Stadt, sondern ein »Nationaldenkmal des Deutschen Volkes«. Die Gesamtkosten lagen bereits 1938 bei 4,5 Millionen Mark.
    Die Grundsteinlegung erfolgte am 6. März 1934. Der »Führer« reist mit entsprechender Entourage an, begeistertes Volk sitzt sogar auf den Dächern. Der »Führer« nimmt nach seiner Rede den Hammer und spricht: »Ich lege hiermit den Grundstein zum Richard-Wagner-Nationaldenkmal in Leipzig«.


    Emil Hipp beschreibt sein Denkmal so:


    »Ich habe es absichtlich und bewußt vermieden, Gestalten aus Wagners Werken für meine Arbeit zu verwenden. Es lag mir vielmehr daran, den Wagnerischen Ideengehalt und die musikalische Ausdeutung in plastische, zeitlose Form zu bringen. Die vier Seiten des Reliefs sollen Folgendes bezeichnen: Schicksal, Mythos, Erlösung, Bacchanal.«


    Die Dimensionen sind riesig, der von der Stadt Leipzig hergerichtete Denkmalplatz im Richard-Wagner-Hain, ist eine 150 mal 80 Meter große streng geometrische und terrassenförmige Anlage, die am östlichen Ufer des Elsterbeckens der angemessene Standort des Denkmales sein sollte. Dazu gehörte eine umfassende und gestaltete Gartenanlage. Reste der Anlage sind heute noch zu sehen.
    Während der Standort des Denkmals hergerichtet war, gab es in Kiefersfelden, Oberbayern, wo Hipp für diesen Großauftrag in Steinbruchnähe ein Extra-Atelier errichtet hatte, durch kriegsbedingte Einwirkungen immer mehr Probleme, im Laufe der folgenden Jahre wurden noch viele Einweihungstermine genannt, aber aufgrund der dramatischen Ereignisse dann immer weiter nach hinten geschoben, spätestens als Leipzig im Dezember 1943 durch einen Luftangriff schwer getroffen wurde, hatte ein Wagner-Denkmal wirklich keine Priorität mehr.


    Zum Kriegsende lagerten die fast ganz fertiggestellten Denkmalteile in Kiefersfelden und die inzwischen politisch ganz anders ausgerichtete Stadt verweigerte die Annahme des Denkmals, das zwar bereits fast ganz bezahlt war, aber es ging um Lager- und Versicherungskosten, die Transportwege waren marode und man hatte in dieser Zeit wirklich andere Sorgen.
    Die damalige Stadtverwaltung schrie dem Bildhauer unter anderem:
    »Ihre ehemaligen Vertragspartner sind seit dem siegreichen Einmarsch der Truppen der vereinten Nationen restlos verschwunden. Damit ist Ihren Aufträgen und Abmachungen die Rechtsgrundlage entfallen und Sie könnten Ihre Forderungen nur noch bei den Kriegsverbrechern in Nürnberg mit anmelden.«
    Eigentlich hatte der Bildhauer keinen Vertrag mit Kriegsverbrechern, sondern einen Vertrag mit der Stadt Leipzig, unterschrieben von Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler, der am 2. Februar 1945 in Plötzensee hingerichtet wurde.
    Emil Hipp hatte sich noch einige Jahre um die Aufstellung seines Richard-Wagner-Denkmals in anderen deutschen Städten bemüht - vergeblich.
    In einem Brief bedauert er, dass er von der Familie Wagner keine Unterstützung erhoffen darf und teilt mit, dass er sogar auf Widerstände stößt, welche unverständlich sind:
    »Diese jungen Herren geben überall hin negative Urteile über meine Arbeit ab, sie hätten aber doch mehr die Pflicht über eine Sache, welche ihren Grossvater ehrt, gut zu sprechen.«
    Als die Marmor-Industrie 35 Kubikmeter von den Wagner-Blockreliefs absägt, um sie zu Fensterbänken zu verarbeiten, überwirft sich Hipp mit der Werksleitung und erhält Hausverbot.
    Heute sind die Denkmalteile weit verstreut:
    Ein Arzt hat sich die Wände »Mythos«, »Schicksal«, »Liebe« und »Erlösung« in seinen Garten stellen lassen, ein Bauunternehmer erwarb ein Relief, das Seejungfrauen zeigt, für seinen Swimmingpool, am Haus eines Architekten hängt ein kleines Relief mit Hans Sachs ... man könnte noch einige Beispiele nennen, aber ich möchte die Auflistung mit dem Hinweis beenden, dass seit 1976 zwei Hipp-Relieftafeln an der Stadtmauer zu Bayreuth angebracht sind:
    »Senta und Mägde in der Spinnstube« aus dem »Fliegenden Holländer« und »Hagen tötet Siegfried« aus »Götterdämmerung«


    Demnach wurden also offensichtlich doch Gestalten aus Wagners Werken für das Denkmal verwendet. Das Wissen um dieses Denkmal ist bruchstückhaft wie das Denkmal selbst. Hipp hatte zwar ab 1936 auch eine Professur an der Staatlichen Kunsthochschule Weimar, aber zwölf Jahre seines Lebens an diesem Werk gearbeitet und in dieser Zeit gab es Veränderungen und Ergänzungen, wie zum Beispiel die Figur des Siegfried zeigt, die manchen markigen Herren als zu weichlich erschien - ein Stadtbaudirektor schrieb: »Es ist kaum anzunehmen, daß der Führer eine derart weichliche Auffassung der Siegfriedfigur im Denkmalsganzen billigen würde.«
    Emil Hipp ließ sich da nicht viel dreinreden und fühlte sich in erster Linie seiner Kunst verpflichtet. Als man 1946 von ihm wissen wollte ob er der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen angehörte, antwortete Hipp: »Ich habe weder der Partei noch einer ihrer Gliederungen angehört. Ich war in der Zeit von 1933-1945 genau so wenig politisch tätig wie vor dieser Zeit.«


    Ganz vergessen ist dieses Richard-Wagner-Denkmal noch nicht; bis 2008 konnte die Witwe Johanna Hipp der interessierten Nachwelt noch Details zu diesem Thema weitergeben.




  • Das Salzkammergut hatte schon immer sein Publikum und hat natürlich auch Künstler angezogen - Maler, Schriftsteller und Musiker.
    Die jeweiligen Gemeinden sind in aller Regel stolz darauf und publizieren das entsprechend.
    In einigen Beiträgen soll darauf näher eingegangen werden; hier das erste Beispiel, Gmunden am Traunsee:


    Gmunden nennt sich auch Keramikstadt und so war hier Ende August ein riesiger Keramikmarkt auf hohem künstlerischem Niveau zu bewundern.
    Die Veranstaltung hatte aber den Nachteil, dass das an zentralem Platz, direkt vor der Sparkasse, stehende Schubert-Denkmal von den Verkaufsständen fast erdrückt wurde und kaum ordentlich fotografiert werden konnte.


    Franz Schubert war ja seltener auf Reisen als sein Kollege Brahms, aber vom 4. Juni bis 15. Juli 1825 weilte er in Gmunden.


    Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass Schubert in Gmunden und dann später in Bad Gastein an der Großen Sinfonie in C-Dur, seiner letzten Sinfonie, gearbeitet hat. Schubert selbst soll diese Stück nie als Aufführung erlebt haben. Die Uraufführung war am 21. März 1839, etwa elf Jahre nach dem Tod Schuberts.


    Robert Schumann gilt als der Entdecker dieser Sinfonie. Felix Mendelssohn Bartholdy gebührt die Ehre, dieses Werk erstmals aufgeführt zu haben.
    Das Schubert-Gedenken hat in Gmunden eine wechselvolle Geschichte. Ein erstes Denkmal stand seit 1811 am Schubertplatz und war eine Stiftung des Männergesangvereins. 1926 wurde in der Stadt ein neues Schubertdenkmal enthüllt, das der Librettist Karl Lindau gestiftet hatte. Die Büste wurde von Prof. Heu modelliert und in Bronze gegossen. Den Bronze-Schubert schmolz man in Folge des Zweiten Weltkrieges ein.
    1951 konnte die Büste nach einem alten Foto neu modelliert und von Steinmetzmeister Zenz in Marmor ausgeführt werden. Das Schubert-Denkmal hat in Gmunden schon mehrmals seinen Standort gewechselt, aktuell steht es auf dem Schubertplatz vor der Sparkasse in einem Glasverschlag.


    Die Brahms-Sammlung des Victor Miller-Aichholz im Kammerhofmuseum Gmunden


    Die am 19. September 2010 verstorbene Elfriede Prillinger schrieb einmal über diese Sammlung (Auszüge):


    »Die musikgeschichtlichen Ereignisse des Brahms-Jubiläumsjahres 1983 haben der Öffentlichkeit die internationale Bedeutung einer speziellen Gmundner Sammlung vor Augen geführt. Es handelz sich um die Bestände des Dr. Victor von Miller zu Aichholz im Jahre 1900 in Gmunden gegründeten ersten Brahmsmuseums der Welt. Diese Sammlung blieb bis 1939 in Familienbesitz und wurde dann in großzügiger Weise dem Museum in Gmunden geschenkt ...
    Unbemerkt von der örtlichen Presse vollzog sich am 11. September des Jahres 1900 in Gmunden ein wichtiges und weit in die Zukunft hineinreichendes kulturelles Ereignis: Dr. Victor von Miller zu Aichholz begründete auf dem Areal seiner Gmundner Besitzungen in einem eigens für diesen Zweck adaptierten Gartenhaus das "Brahms.Museum".
    In sieben Expositionsräumen enthielt es alles, was nach der Meinung des Stifters das reiche Leben und Wirken des verehrten Freundes Johannes Brahms als Musiker und Menschen widerspiegeln konnte - angefangen von den einfachen Möbeln aus der Ischler Sommerwohnung bis zu Denkmalsreproduktionen, daneben Briefe, Noten, Bildmaterial, Bücher und Erinnerungen an die Geburtsstadt Hamburg. Dieses ehemalige Museum am heutigen "Brahms-Stöckl-Weg" empfing seinen ganz eigenen Reiz durch die liebevollen Versuche seines Stifters, eine nahezu originale Brahms-Atmosphäre zu schaffen ...
    Die sowohl vom biografischen wie vom musikgeschichtlichen Standpunkt aus höchst interessante und wichtige Brahms-Sammlung wurde im Jahre 1939 (Übereinkommensakt Nr. 117 bei der Stadtgemeinde Gmunden) von den Erben nach Dr. Victor und Olga von Miller zu Aichholz der Stadt Gmunden mit der Auflage geschenkt, für die würdige Unterbringung und Ausstellung Sorge zu tragen. und sie "... weder zur Gänze noch teilweise entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern ..."
    Innerhalb der städtischen Museumssammlungen, die nun seit 1971 in ansprechender Form ausgestellt sind, gilt die Brahms-Sammlung als die wichtigste und bekannteste. Ein "Brahms-Zimmer" als Schauraum dient der allgemeinen Darstellung; Briefe, Fotos und andere wertvolle Dokumente, deren andauernde Schaustellung nicht sinnvoll ist, werden im Brahms-Depot aufbewahrt und stehen gegebenenfalls für Studien- und Publikationszwecke zur Verfügung, sie werden vor allem auch für die jeweils notwendigen Sonderausstellungen herangezogen.«


    Meine Suche nach Brahms im Gmundner Museum war vergeblich, der Wissensstand veraltet; dieser Tage erreichte mich auf entsprechende Nachfrage folgende Nachricht:


    »Bis vor dem großen Museumsumbau im Jahre 2007 war das Brahms-Zimmer ein fixer Bestandteil der Kammerhof Museen Gmunden und zum 100. Todestag des Komponisten gab es eine große Sonderausstellung mit einer internationalen Brahms-Tagung (in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien). Bei der Neugestaltung des umgebauten Museumshauses im Jahre 2007/08 wollte der Museumsträger, die Stadtgemeinde Gmunden, den Themenschwerpunkt „Keramik“ im neuen Museum präsentiert haben und daher mussten viele andere Themen weichen so u.a. auch die Gedenkräume für den Komponisten Johannes Brahms und den Dichter Friedrich Hebbel, sowie Teile der Stadtgeschichte.
    In letzter Zeit sind wir jedoch bemüht, wieder diverse damals ausgesparte Themen in das Museumsangebot einzubauen, so u.a. 2015/16 einen Ausstellungsraum zum Thema „Das Königshaus von Hannover in Gmunden“ und hoffen innerhalb der nächsten zwei Jahre auch Johannes Brahms und seine Beziehung zu Gmunden an Hand der einzigartigen Bestände der Brahms-Sammlung des Dr. Victor von Miller zu Aichholz, wieder in einem eigenen Schauraum präsentieren zu können.«

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  • Wenn man sich von Mozarts Geburtshaus aus links orientiert und die Salzach am Makartsteg überquert, ist links das Landestheater und ein bisschen weiter die Dreifaltigkeitskirche.
    In unmittelbarer Nähe befindet sich die Bergstraße, die normalerweise mit dem Auto nicht befahren werden kann.
    An dem Haus Bergstraße 8 weist eine Beschriftung darauf hin, dass hier einmal Hugo Wolf - also nicht Mozart, sondern Hugo Wolf - gewohnt hat.
    Wolf, der eher Liedfreunden ein Begriff ist, reicht nicht an den Bekanntheitsgrad Mozarts heran und hat auch keinen besonderen Bezug zu dieser Stadt.
    Dank der Salzburger Liedertafel wird der Passant aber darauf hingewiesen, dass hier Hugo Wolf einmal im Status eines Kapellmeisters gewohnt hat und man sieht, dass diese Zeitspanne relativ kurz war; wer die genauerem Umstände des Wolf-Engagements kennt, weiß, dass der Aufenthalt noch kürzer war als es den Anschein hat.
    Hugo Wolf wohnte damals im zweiten Stockwerk. In dem recht großen Gebäude ist heute im Erdgeschoss ein Sanitätshaus untergebracht.


    Bevor Wolf nach Salzburg abreiste, erschien er bei seinem Gönner Albert von Goldschmidt. Neben seinem Reisegepäck schleppt der kleine Wolf ein verpacktes schweres Bündel mit, das er bei Goldschmidt unterstellen möchte, bis er in Salzburg eine Wohnung gefunden hat; wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem schweren Stück um eine Gipsbüste Wagners; die beiden waren glühende Verehrer des Bayreuther Meisters.


    Hugo Wolf ist diesem Goldschmidt zu Dank verpflichtet, denn der hat ihm die Stelle in Salzburg vermittelt. Es ist im November 1881 als Wolf zum Chordirigenten ans Landestheater in Salzburg berufen wird, eine Stelle, die ihm eine gewisse materielle Unabhängigkeit verschafft.
    Als der musikalische Chef des Hauses seine Überbeanspruchung artikuliert, reagiert der mit Wolf vertraute Goldschmidt und vermittelt Hugo Wolf nach Salzburg.


    Wolfs Eltern - auf weiten Strecken ihres Lebens zerstritten - freuen sich, dass sich für den Sohn nun endlich eine Wende abzeichnet, denn sein bisheriger Lebenslauf war eher unstet verlaufen, sowohl in der Schule als auch dem Konservatorium war Sand im Getriebe.

    Der Vater schrieb - schon die Adresse verrät den Vaterstolz - an Herrn Capellmeister Wolf:
    »Uns Allen hat Deine Ernennung zum Capellmeister hoch erfreut ... und ich wurde von vielen Seiten beglückwünscht. Ich hege nur den einen Wunsch, dass Du Dich in dieser Stelle behauptest, woran Deines hitzigen Temperaments wegen viele zweifeln, zeige, dass Du Dich auch beherrschen kannst.«


    Der Vater weiß durchaus wovon er redet, geregelten Abläufen stand der Sohn meist ablehnend gegenüber und sucht eher einen Weg außerhalb der Normen. Vater Wolf hat als Autodidakt alle seine Kinder in die Musik eingeführt und an Hugo seine besondere Freude gehabt, ihn auch an einen gelernten Musiker weitergereicht als er bemerkte wie schnell sich Hugo musikalisch entwickelte; und als es für den Filius in der Schule nicht optimal läuft, müssen die Eltern zustimmen als der Fünfzehnjährige erklärt, dass er jetzt Musiker zu werden gedenkt.


    Aber im Frühjahr 1877 beordert der Vater den Sohn aus Wien zurück und macht ihm dergestalt Vorwürfe, dass der Musikerberuf eine Fehleinschätzung gewesen sei. Trotzdem zieht Hugo Wolf wieder nach Wien und im Folgenden sieht der Vater, dass Busoni und Kienzl in der Presse erscheinen, aber nicht sein Sohn.
    1879 schreibt der Vater in einem Weihnachtsbrief:
    »In maßgebenden Kreisen bist nicht beliebt und wirst Dich bei Deinem Temperament nicht beliebt machen, selbst Deine vermeintlichen Freunde tun nichts für Dich, haben höchstens schöne Worte oder - ein Almosen - das ist alles.«


    Der Vater kannte seinen Sohn zwar gut, aber konnte das aus der Distanz nicht so genau beobachten und beurteilen, denn es fällt zwar Hugo Wolf oft schwer sich in Gesellschaft angemessen zu bewegen, er hasst Affektiertheit und Zwänge jeglicher Art, aber er gewinnt auch Menschen für sich und findet echte Förderer, wie sein gesamter Lebenslauf aufzeigt.


    Und wie ging es in Salzburg weiter?
    Dietrich Fischer-Dieskau überschreibt in seinem Hugo Wolf-Buch dieses Kapitel mit »Salzburger Misere«.
    Am Salzburger Theater ist man über Wolfs Benehmen irritiert und von seiner dirigentischen Qualität enttäuscht. Er soll hier Operetten einstudieren, macht aber qualitätsbewusst dem Ensemble den Vorschlag, dass er ihnen stattdessen lieber etwas aus dem »Tristan« vorspielt.
    Das alles konnte natürlich nicht gutgehen und so berichtet der Sohn seinem Vater schon am 4. Januar 1882 diesen Sachverhalt:
    »Ein heftiger Wortwechsel zwischen mir und Direktor Müller führte die beiderseitige Kündigung herbei. Vom 16. ab gehöre ich nicht mehr diesem Saustall an«




  • Textbeispiel dieser Stele:
    Nur warme Musik kann grob sein.
    Alle groben Musiker sind grob durch Herzenswärme
    Daher muss ich jetzt, was zu lernen ist,
    nach Hause zu bringen trachten
    Denn nur meine Heimat, meine Erfahrung von Kindheit her
    kann ich je ganz und warm empfinden,
    Es sei denn, das Herz weitet sich zur Welt


    Im Flugzeug nach New York 1962





    Gulda war ein musikalisches Genie, ein Lebemann und Grenzgänger zwischen verschiedenen musikalischen Genres - so steht es im Beitrag Nr. 123 des Threads »Der Musiker Gräber«
    Friedrich Gulda verbrachte die letzten 25 Jahre seines Lebens hier am Attersee, so schrieb ich das damals, das stimmt natürlich auch heute noch, aber neuerdings fand ich die Angabe:


    »Friedrich Gulda lebte von 1962 bis 2000 in Weißenbach am Attersee. Er fand hier – umgeben von Bergen und See – die zu seinem Schaffen wichtige Abgeschiedenheit und Ruhe. In seinem Studio im “Meierhof“ komponierte und interpretierte er seine Musik – von der Klassik über Jazz bis zur freien Musik mit seiner Hinwendung zur jugendlichen Dance Music.«


    Das ergibt nach Adam Riese eine deutlich höhere Anzahl an Jahren, aber wichtig allein scheint zu sein, dass sich der Pianist hier über einen langen Zeitraum wohlgefühlt hat, wie so viele Künstler vor ihm, vor allem Musiker.


    Der Attersee ist der größte der insgesamt 76 Seen des Salzkammergutes und dort - 1893 bis 1896 - schuf Gustav Mahler Teile der Zweiten und die gesamte Dritte Symphonie, er ließ sich sogar ein kleines Komponierhäuschen bauen, um ungestört direkt am Seeufer arbeiten zu können (siehe Beitrag 24). Hugo Wolf hat am See - in Unterach - bedeutende Lieder komponiert und Kammersängerin Maria Jeritza hat feudal residiert ...


    Noch vor einigen Jahren musizierte Gulda mit dem Cellisten Heinrich Schiff, der einen Ort weiter wohnt, er hatte ihm ein Cellokonzert auf den Leib geschrieben und beide waren von der Volksnahen Blasmusik begeistert, dann kam der ganz große Krach und die Freundschaft ging entzwei.
    Gulda konnte zuweilen anstrengend sein, aber es gab auch Leute, die sich Beschimpfungen, die Friedrich Gulda per Fax an sie gesendet hatte, einrahmen ließen und zuhause an die Wand hängten.


    Wenn man von Steinbach aus zur andern Seeseite nach Unterach fährt, kommt man über Weißenbach. Dort an der Seeleiten Straße geht es, rechts abzweigend, zum Friedrich-Gulda-Weg, der allerdings nur von Anwohnern befahren werden darf. Es ist ein Rundweg, der aber eher einem halben Oval entspricht und am Ende wieder zur »Hauptstraße«, also zur Seeleiten Straße führt. Zwischen der Tafel am Beginn des Weges und der Endtafel findet man sechs Stationen, die fast eine Ähnlichkeit mit einem Kreuzweg haben, aber in diesem Falle eingerahmte »Worte zur Musik« anbieten.


    Am 20. Oktober 1991 wurde dieser Weg eingeweiht; der Gemeinderat hatte beschlossen, diese Wegstrecke zu Ehren ihres berühmten Mitbürgers einzurichten. Der Friedrich-Gulda-Weg ist insoweit authentisch, dass er von Gulda oft mit dem Fahrrad oder zu Fuß benutzt wurde. Der Pianist selbst nannte »seinen« Weg »Froschweg«, weil hier im Sommer immer die Frösche quakten.
    Bei den Einweihungsfeierlichkeiten sprach der Bürgermeister:
    »Denken wir an Friedrich Gulda, wenn uns Gegensätzliches widerfährt und begegnen wir diesen Situationen wie unser Maestro mit Toleranz und vereinen wir sie dadurch in Harmonie!«
    Friedrich Gulda bedankte sich für dieses Kompliment seiner Toleranz in der Musik und sagte:

    » ... das ist mir ans Herz gegangen ... es ist ganz in meinem Sinn, dass nebeneinander mehreres gelte und sich die Leut´ nicht gegenseitig die Schädel einschlagen.«
    Dann setzte er sich hin und spielte zu den Jodlern und Liedern der Blasmusik eine ganz andere Musik - und alle waren tief ergriffen - von dieser Harmonie!

  • Kommt der Besucher per pedes, mit dem Fahrrad, dem Auto oder per Schiff in der Ortsmitte an, wird er, falls Interesse vorhanden ist, mit einigen bekannten Namen konfrontiert, mit Personen die schon vorher hier waren, zum Beispiel die Komponisten Johannes Brahms, Karl Goldmark und andere ...


    Präsent ist da zunächst, nahe der Schiffsanlegestelle, Gustav Klimt als Büste; und dann ist man auch schon gleich in der Jeritzastraße, den Namen hat man doch schon einmal gehört? ... - es gibt aber keinerlei Hinweis zu der Namensgeberin, das könnte auch ein Herr Jeritza gewesen sein ...
    Es ist ein ganz großer Name, die Straße müsste eigentlich Maria-Jeritza-Straße heißen! Das große Sängerlexikon schreibt:
    »Maria Jeritza war eine der größten Sängerpersönlichkeiten ihrer Zeit.«
    Und ihr wohl größter Bewunderer unter den professionellen Musikkennern, Marcel Prawy, beschrieb die Sängerin einmal so:
    »Nimm die Marilyn Monroe, die Birgit Nilsson und die Paula Wessely zusammen, dann hast du ein Viertel der Jeritza.« und: »Wenn sie sich neben dem Tenor Karl Friedrich zum berühmten Jeritza-Kuss beugte, hatte das mehr Erotik als alle heutigen Sexfilme zusammen.«


    Damit ist aber noch nichts über ihre Stimme gesagt, die zwar über YouTube oder auch auf CDs zu hören ist, aber im Vergleich zu berühmten Sängerinnen späterer Zeiten ist der Umfang ihrer Tonaufnahmen gering. Zeitzeugen sagen aus, dass sie mit den Notenwerten sehr frei umging, aber die zeitgenössischen Komponisten Strauss und Puccini erlaubten ihr dies, sie waren geradezu begeistert von ihr und schrieben ihr Rollen auf den Leib. Präzision mochte sie nicht und niemand wollte sie von ihr.


    Maria Jeritza kam 1887 in einer kinderreichen Familie als Maria Marcellina Jedlička in Brünn zur Welt. Mit zwölf Jahren trat Mizzi in die Musikschule ihrer Heimatstadt ein und nahm nebenbei Privatstunden bei Professor Krejci, der Wert darauf legte, dass eine junge Stimme nicht überfordert wird. Danach entwickelte Professor Auspitzer ihren Sopran weiter, man sagt, dass hier die wichtigsten Grundlagen erarbeitet wurden und die Jeritza später fast nie über ihre Fachgrenzen hinaus ging. Aber als Chor-Elevin im Frauenchor der Brünner Oper tat sie das durchaus einmal, als die renommierte Elsa Bland am Ende des zweiten Aktes von Aida aus dem Ensemblechor ein astreines hohes C hörte - natürlich war das die kaum 16-jährige Mizzi, und dieser Ton soll dann am nächsten Tag des Stadtgespräch gewesen sein, so wird berichtet.
    Das passt überhaupt nicht zu der Schilderung, dass diese Mizzi als junges Mädchen außerordentlich schüchtern gewesen sein soll.
    1905 taucht dann erstmals der Name Mizzi Jeritza mit der Ankündigung auf, dass diese Sängerin als Elsa in Wagners »Lohengrin« an der Ölmützer Oper debütieren wird.
    Ihr Debüt war zufriedenstellend, aber von Routine konnte keine Rede sein, noch war überhaupt nicht zu ahnen, dass aus ihr mal eine so hervorragende und souveräne Darstellerin werden würde.
    Es war dann ein großer Sprung nach Wien, in die Hauptstadt der Musik, wo die Zwanzigjährige ein Engagement an der Volksoper bekommen konnte, wo das Niveau damals so hoch war, dass sie zunächst nicht besonders glänzen konnte; erst ein Operettenerfolg erregte außergewöhnliche Aufmerksamkeit, als sie die Saffi im Zigeunerbaron gab.
    Ein weiterer Erfolg schloss sich an als Mizzi Jeritza im Sommer 1910 bei Anwesenheit des Kaisers in Bad Ischl die Rosalinde in der »Fledermaus« sang. Von diesem Ereignis wurde dann eine Legende gestrickt, die darlegt, dass hieraus der direkte Weg zu Hofoper resultierte.


    Aber zunächst war München an der Reihe, wo Max Reinhardt im Zuge einer Neuinszenierung von Offenbachs »Schöne Helena« versuchte aus der bis dahin noch eher unbeholfenen Sängerin eine Schauspielerin zu formen. Der Münchner Sommerausflug hatte sich gelohnt, wie sich bald zeigen wird.
    Die Jeritza setzte sich im Folgenden zwischen zwei Stühle, denn plötzlich waren zwei Verträge da, ein halsbrecherischer Spagat. Aber Mizzi brach sich dabei nichts, sondern wurde durch diese Affäre eigentlich erst zum Star, denn natürlich sind die Zeitungen voll von Berichten, die den Kampf um die Sängerin der interessierten Öffentlichkeit ausbreiten; das war im Jahre 1911.
    Zum Saisonbeginn 1911/12 stand nun eine Sängerin auf der Bühne, die auf Gastspielerfahrungen in Bad Ischl, München, Hamburg und in ihrer Heimatstadt Brünn aufbauen konnte. Der Musikreferent der »Neuen Freien Presse«, Julius Korngold, prägte erstmals für sie den Begriff »Primadonna der Volksoper«.
    Auch 1912 gab es wieder Querelen, diesmal ging es um ein Gastspiel in Stuttgart, wo sich eine Elite von Akteuren versammelt hatte, um »Ariadne auf Naxos« unter der Leitung des Komponisten erstmals aufzuführen: Maria Jeritza, Margarethe Siems, Hermann Jadlowker, Sigrid Onegin ...
    Richard Strauss selbst hatte Mizzi Jeritza gebeten die Hauptrolle zu singen, nun stand sie inmitten der Weltspitze, sie war oben angekommen.
    Der Vorvertrag mit dem K. k. Hof-Operntheater in Wien ist mit dem 24. November 1910 datiert.
    In der Premiere von »Das Mädchen aus dem goldenen Westen« setzt sie als Minni Maßstäbe und diese Rolle sollte sie bis zu ihrem Karriereende begleiten. Bei der Einstudierung in Wien begegnet die Jeritza erstmals Puccini und die beiden verlieren sich nie mehr aus den Augen, dass das eine lebenslange Freundschaft geben würde war zunächst noch nicht abzusehen, als sie ihm in Wien die Noten vor die Füße warf und Puccini anschrie, er solle seine Musik selber singen ... es war ein Missverständnis, Puccini hatte dem Tenor neue Anweisungen gegeben und nicht ihren Gesang kritisiert.
    Wenn man über diese Sängerin schreibt, darf natürlich ihre »Tosca« nicht unerwähnt bleiben, denn sie war ja die Tosca des Jahrhunderts, aber noch nicht 1915, da hörte man sie nur einmal in diesem Stück und dann verschwand Puccini aus Österreich und von den Spielplänen; erst nach dem Krieg ging es mit dieser Oper wieder weiter, sie hatte die Rolle alleine in Wien und New York mehr als hundert Mal gesungen, besser ausgedrückt, dargestellt. Aber damals schon interessierte sich Giulio Gatti-Casazza, der damals maßgebende Mann an der »Met«, für die Ausnahmesängerin und schickte einen Vertrag, der jedoch infolge der Kriegswirren nicht zur Wirkung kommen konnte und das Debüt der Jeritza an der »Met« um Jahre verzögerte.


    In der Saison 1916/17 erschien dann die Neufassung der »Ariadne«, wo sie natürlich wieder glänzte und von »ihrem« Regisseur Wymetal entsprechend in Szene gesetzt wurde.
    Eine ähnliche Konstellation wie das lebenslange freundschaftliche Verhältnis mit Puccini war das zu Richard Strauss. Als die Monarchie in den letzten Zügen lag, durfte endlich auch an der Hofoper zu Wien die Strauss-Oper »Salome« in Szene gehen, das Ereignis war einmal mehr die Jeritza. 1917 wird sie, gerade mal 30 Jahre alt, zur Kammersängerin ernannt.
    Im privaten Bereich ist die Beendigung ihrer ersten Ehe von 1907 zu erwähnen. Am 31. März 1919 heiratet sie Leopold Popper, Freiherr von Podhragy. Es ist fast unvorstellbar, dass die Wiener Presse von diesem Ereignis mit keiner Zeile Notiz nahm.
    Diese Ehe währte sechzehn Jahre und Popper zog sich von seinen bisherigen Geschäften zurück und managte nun, durchaus erfolgreich, seine Gattin. So war auch Jeritzas Debüt an der »Met« entsprechend publizistisch aufbereitet worden, und während Jeritza in ihrem alten Vertrag von 1914 noch schlicht als »Sängerin« bezeichnet wurde, hieß es nun »prima donna soprano«.
    Das Debüt fand am 19. November 1921 statt, auf dem Programm stand die Premiere der »Toten Stadt«. So richtig ernst wurde es dann aber erst mit ihrem Debüt als Tosca, wo die regierende Primadonna der »Met«, Geraldine Farrar, eine geborene Amerikanerin, bisher Maßstäbe gesetzt hatte. Maria Jeritza obsiegte, die Kritik überschlug sich:


    »Niemand der gestern Abend "Tosca" gesehen hat, wird es sobald vergessen. Maria Jeritza bot eine Leistung, die dem überfüllten Haus den Atem nahm und Begeisterungsstürme entfesselte. Sie war von erregender Schönheit und Intensität, jeder Ton, jede Geste war erfüllt von Autorität und Vorstellungskraft. Man muss die Opernbühne verlassen und zu Sarah Bernhardt zurückgehen, um eine Tosca zu finden, die so sehr das Publikum in ihren Bann schlagen kann.«



    Die Presse berichtete, dass man sich an kein ähnliches Ereignis in der Geschichte dieses Opernhauses erinnern könne.
    In der Folge wurde die »Met« das Stammhaus der Jeritza und die Verbindung mit der Wiener Oper jedoch des Renommees wegen aufrecht erhalten; die Wiener Oper war immer noch ein Gütezeichen in der Neuen Welt.
    Die Wiener waren aber etwas sauer, weil sie - nicht zu Unrecht - das Gefühl hatten, dass der Star die Wiener Bühne zum Ausprobieren ihrer Auftritte in New York benutzt, es wurde zum Beispiel daran Anstoß genommen, dass »Tosca« italienisch gesungen wurde.
    Fortan bestand Frau Jeritza auf ihrer Tosca in der Originalsprache und so kam es dann mitunter auf der Bühne zu der Situation, dass zweisprachig gesungen wurde.
    Andererseits war es ihr Verdienst, dass an der »Met«, wo deutsche Komponisten und die deutsche Sprache eine Zeit lang verpönt waren, nach achtjähriger Pause wieder »Tannhäuser« auf dem Spielplan in New York erschien und Maria Jeritza war natürlich eine gute Elisabeth.


    Mit der Saison 1931/32 lief Maria Jeritzas letzter, 1928 geschlossener Vertrag ab und wurde nicht mehr erneuert, die Weltwirtschaftskrise hatte sich auch auf die New Yorker Oper ausgewirkt. Maria Jeritza war zwar immer noch eine gefragte Sängerin und unternahm Konzerttourneen in den USA, aber die großen Zeiten an der »Met« waren vorerst mal vorbei.
    Als Star war die Jeritza auch für den Film ein Thema und es wurden Schallplatten produziert, aber wer nur Tonaufnahmen der Sängerin kennt, hat offenbar nur einen Teil der Jeritza, das Einmalige war wohl die Sänger-Schauspielerin, die Art wie sie als Minni auf der Bühne stand oder singend von einer Theatertreppe herunterstürzte.
    Bis in den Herbst 1935 trat sie noch an der Wiener Staatsoper auf. In den letzten Jahren waren ihre Auftritte dort immer spärlicher geworden; sie sang in Gastspielen noch Tosca, Santuzza, Minni, Salome, Marietta - am 1. Oktober 1935 verabschiedete sie sich als Tosca vom Wiener Publikum.


    Am 12. August 1935 hatte sie in Santa Barbara erneut geheiratet, mit Winfried Richard Sheehan lebte sie nun in Kalifornien. Nach dem Tod ihres dritten Gatten ließ sie sich wieder im Osten der USA nieder und heiratete am 10. April 1948 den Industriellen Irving F. Seery.
    Nun folgte wieder eine rege Konzert- und Operntätigkeit auf dem amerikanischen Kontinent.
    1948 kommt sie wieder nach Wien, wo sie begeistert empfangen wurde.
    Am 29. Mai 1950 stand dann Maria Jeritza tatsächlich wieder in Wien als Tosca auf der Bühne und das Publikum war von dem dort Gebotenen wieder einmal fasziniert; die Sängerin war inzwischen 63 Jahre alt geworden.
    Ähnlich dramatisch wie die Handlung gestaltete sich der Kartenvorverkauf. Polizisten mussten die beträchtliche Warteschlange unter Kontrolle halten. Einige Ticketkäufer hatten sich bereits am Vortag dort mit Klappstühlen und Proviant niedergelassen.
    Das war aber noch nicht das Ende vom Lied - im September 1953 sang sie in Wien noch einmal die Floria Tosca und die Minni in »La fanciulla del West«. Auch die Bretter der »Met« betrat sie noch einmal, inzwischen Neunundsechzigjährig, als Rosalinde.


    Sie engagierte sich auch mit hohen Geldspenden für den Wiederaufbau von Stephansdom und Staatsoper, dass sollte unbedingt erwähnt werden. Ihr Leben ging am 10 Juli 1982 zu Ende. In Newark fand sie ihre letzte Ruhe.
    Nach ihrem Tod fand sich im Nachlass der Sängerin die allerletzte Liedkomposition von Richard Strauss: »Malven« Die Widmung lautet:
    »Der geliebten Maria diese letzte Rose!« Die Uraufführung dieses Liedes fand erst 1985 in New York statt, es sang damals Kiri te Kanawa.



    Hugo Wolf und Maria Jeritza wohnten in dem Haus Jeritzastraße 36


    Über Maria Jeritza in Unterach berichtet Dr. H. Schneider:


    »Acht Jahre nach Kaiser Franz Josephs Tod - also 1924 - siedelt sich Maria Jeritza selber im Salzkammergut an. Ein Besuch auf dem Berghof, der Künstlerkolonie oberhalb von Unterach, gibt den Ausschlag: Hier fühlt sie sich so wohl, dass sie sich unverzüglich nach einem passenden Besitz umsieht. Im Sommer 1925 hält die Achtunddreißigjährige an der Seite ihres 2.Gatten Leopold Popper Freiherr von Podhragy im eigenen Landhaus an der Unteracher Uferstraße Einzug. Wandern ist gut für die Lunge, Rudern gut für die Muskeln. Einmal pro Saison werden die Nachbarskinder aus dem Ort zur Jause eingeladen - die heiße Schokolade und die üppigen Torten, die ihnen von der Frau des Hauses in der Veranda kredenzt werden, sind für die. einfachen Dorfkinder in den entbehrungsreichen Zeiten der zwanziger Jahre höchster Luxus.
    Maria Jeritza, selber kinderlos, ist gleichwohl ein Familienmensch, und so nistet sich nach und nach auch die Verwandtschaft der Primadonna in deren Attersee-Villa ein. Besonders ihren beiden Schwestern soll es - nun, wo das große Geld da ist - besser gehen als daheim in Brünn, wo man sich mit der Armeleutewohnung im zweiten Stock des Hauses Zeile Nr. 79 neben einer Käsefabrik begnügen musste.
    Im biederen Unterach bekommt man von alledem wenig mit: Hier sucht sie Ruhe, hier schöpft sie neue Kraft, hier sind keine Konkurrenten mit Nebenbuhlerinnen zu bestehen. Hier ist sie treusorgende Glucke ihres Familienclans, und als sie 1931 aus der inzwischen zu klein gewordenen Vierzehn-Zimmer-Villa ein paar Häuser weiter in eine mit vierundzwanzig Zimmern umzieht, kann sie sich auch als Gastgeberin der Einheimischen von einer noch besseren Seite zeigen. Nun sind nicht mehr nur die Nachbarskinder, .sondern die gesamte Schuljugend von Unterach zum alljährlichen Sommerfest ins "Haus am See" geladen, die Gemeindeverwaltung ernennt sie zur Ehrenbürgerin, und die Straße, an der ihre beiden Häuser stehen, wird noch zu ihren Lebzeiten auf den. Namen Jeritza getauft.«


    Hugo Wolf in Unterach
    In Unterach kaufte sich die Künstlerin 1924 eine Villa direkt am See; Vorbesitzer war der begüterte und kunstsinnige Friedrich Eckstein.
    Eckstein hatte mit vielen prominenten Persönlichkeiten seiner Zeit Berührung, aber wenn es um Musik geht ist es interessant, dass er sowohl der Sekretär Bruckners war als auch ein maßgeblicher Förderer Hugo Wolfs, der dem Komponisten sein Landhaus zur Verfügung stellte, damit dieser in Ruhe komponieren konnte. Hier beginnt 1888 eine fruchtbare Schaffensperiode, in der unter anderem zwölf Eichendorff- und zehn Mörike-Lieder entstehen; insgesamt schuf Wolf zwischen dem 16. September und 11. Oktober hier neunzehn Lieder, in einem Brief erwähnt Wolf, dass er wieder fleißig »gemörikelt« habe.
    Wenn man von der Ortsmitte kommend auf der Jeritzastraße in Richtung Buchenort geht, zweigt nach links der Hugo-Wolf-Weg ab.



    Kurz bevor man die stattliche ehemalige Jeritza-Villa erreicht, fällt am Haus links ein Schildchen mit originellem Text auf, das der Cellist Heinrich Schiff dort anbringen ließ:




    Als Begründung gibt er an, dass er klarstellen wollte, hier war er nicht, und nennt Toiletten und Caféhäuser, die plakatieren: Hier hat er geschlafen, hier hat er gegessen und die Nannerl und so weiter ...


    Wenige Schritte weiter, nicht gerade im Blickfeld des Flaneurs, ist eine Gedenktafel an dem ehemaligen Landhaus Eckstein / Villa Jeritza ganz hoch oben unterm Dach ... von unten nur schwer lesbar, angebracht - der Text:
    DER ERINNERUNG AN
    HUGO WOLF
    DER IN DIESEM HAUSE
    IN DEN JAHREN 1888 UND 1890
    UNSTERBLICHE GESÄNGE SCHUF
    GEWEIHT VON DER
    LIEDERTAFEL VÖCKLABRUCK
    MCMX



    Demnach wurde diese Gedenktafel vermutlich am Haus angebracht als es noch im Besitz des Mäzens Friedrich Eckstein war.

  • Lieber Hart,


    Du weißt, wie ich Deine beiden Threads, die Du fast alleine gestaltest schätze. Danke. Nun habe ich ein Attentat auf Dich vor. Ich möchte dich gerne in die Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte im Rathaus in Ölbronn einladen. Ich habe zwar zu Beginn dieser Themenfolge Bilder des Gottlob-Frick-Platzes in Heilbronn eingestellt. Von der Gedächtnisstätte ist bis jetzt noch nichts gekommen. Ich möchte die Dokumentation auch gerne durch Dich. Du bist jetzt in dieser Berichterstattung voll drin. Wir schätzen Deine objektive Bildauswahl und Textgestaltung. Wenn Du bereit bist würden wir uns an einem Termin, der Dir passt in der Gedächtnisstätte treffen.
    Eine wunderbare Gelegenheit wäre selbstverständlich, wenn es möglich wäre, dass Du am 17./ 18. Oktober 2015 zum Künstlerteffen kommst. Hier würdest Du an Festakt, Konzert, Galaempfang und Matinee teilnehmen können. Rund 250 Gäste aus dem künstlerischen Bereich werden teilnehmen und dazu noch eine ganze Reihe von Taminos. Es wäre schön, wenn die Begegnung und Deine Dokumentation Wirklichkeit würde.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,
    für das Angebot am Künstlerfest teilzunehmen bedanke ich mich herzlich, aber dieser Termin ist bei mir schon lange belegt; allein die Veranstaltung mit Kammersänger Matti Salminen hätte mich gereizt.
    Ganz anders sieht es mit dem Besuch der Gedächtnisstätte aus, da ist man ja terminlich flexibel. Selbstverständlich war ich schon vor einigen Jahren in der Gedächtnisstätte im Ölbronner Rathaus, aber das war vor meiner Tamino-Zeit, sonst hätte ich natürlich in dieser Rubrik auch darüber berichtet, es besteht also in dieser Sache Nachholbedarf und ich werde versuchen diese Lücke zu schließen, wenn sich ein Zeitfenster findet.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Bereits seit 1876 hatte der junge Humperdinck einen Bezug zu dieser Stadt, da gewann er nämlich den Mozart-Preis der Stadt Frankfurt. Ein paar Jahre später wohnte er mit festem Wohnsitz hier. 1890 bis 1897 war Humperdinck als Lehrender am Hoch´schen Konservatorium und Opernreferent der Frankfurter Zeitung, eine Betätigung, die 100 Mark zusätzlich einbrachte.
    Einen kleinen Einblick in seine Kritikerarbeit gibt ein Brief an seine Frau:


    »... und da es ohnehin zu spät war um dir für Donnerstag Antwort auf deine Fragen bezüglich der Möbel zu geben, da wartete ich bis ich auch den Rossini-Artikel hinter mir hatte, der mich fast eine ganze Nacht gekostet hat, aber dafür auch das erste Schriftstück ist, womit ich selber einigermaßen zufrieden bin. Sogar die Redacteure der Zeitung, die gewiß einen strengen Maßstab anlegen, haben mir dazu gratuliert. Das kommt gewiss daher, weil über Rossini zu schreiben ein anderes Ding ist als über Meyerbeer ...«


    Dass Humperdinck Rossini weit mehr schätzte als Meyerbeer, sei dazu nur am Rande bemerkt.


    In der Mitte von Frankfurt am Main, gerade mal fünf Fußminuten von der bekannten Einkaufsmeile »Zeil« entfernt, steht ein imposantes, aus gelbem Sandstein gefertigtes Wohn- und Geschäftshaus, 1889 im Neurenaissance-Stil erbaut, es ist ein Eckgebäude (Eckenheimer Landstraße 2). Eine Tafel erinnert daran, dass Engelbert Humperdinck hier sein bekanntestes Werk zur Endfassung brachte.



    Die Tafel sagt nicht, dass Hugo Wolf hier mal zu Besuch war und nicht unwesentlich Einfluss auf Humperdincks Paradeoper nahm; er riet dazu das ganze Werk durchzukomponieren, während Humperdinck zunächst zu einzelnen Musikstücken tendiert hatte.
    Da Humperdinck auch Lektor beim Musikverlag Schott war, konnte er in dieser Position einiges für Hugo Wolf tun.


    Umzug in Frankfurt - die zweite Wohnung am Grüneburgweg 95
    Das war eine bessere Wohngegend und eine 1952 an der Fassade angebrachte steinerne Gedenktafel mit zwei Bronzereliefs zeigt an, dass hier gleich zwei Männer gewohnt haben, die durch kindliche Thematik ihrer Hauptwerke berühmt wurden.
    So wie Humperdincks Märchenoper aus einem familieninternen Geburtstagsgeschenk resultiert, entstand das berühmte Kinderbuch »Der Struwwelpeter«, weil der Arzt Dr. Heinrich Hoffmann ein Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn Carl Philipp suchte, nichts fand und selber was bastelte.



    Inzwischen ist diese Gedenktafel fast zugewachsen. Der in Stein gehauene Text lautet:


    HIER WOHNTEN DER SCHÖPFER VON HÄNSEL
    UND GRETEL UND DER KÖNIGSKINDER
    UND DER SCHÖPFER VON STRUWWELPETER
    GEH. SAN. RAT DR.
    HEINRICH
    HOFFMANN
    1890-1894


    KOMPONIST
    ENGELBERT
    HUMPERDINCK
    1894-1897

  • Lieber Operus,
    für das Angebot am Künstlerfest teilzunehmen bedanke ich mich herzlich, aber dieser Termin ist bei mir schon lange belegt; allein die Veranstaltung mit Kammersänger Matti Salminen hätte mich gereizt.
    Ganz anders sieht es mit dem Besuch der Gedächtnisstätte aus, da ist man ja terminlich flexibel. Selbstverständlich war ich schon vor einigen Jahren in der Gedächtnisstätte im Ölbronner Rathaus, aber das war vor meiner Tamino-Zeit, sonst hätte ich natürlich in dieser Rubrik auch darüber berichtet, es besteht also in dieser Sache Nachholbedarf und ich werde versuchen diese Lücke zu schließen, wenn sich ein Zeitfenster findet.


    Lieber Hart,
    mache mir bitte Terminvorschläge und wir werden ein Treffen hinbekommen und die Gedächtnisstätte gemeinsam - vielleicht etwas intensiver besichtigen, als das sonst üblich ist. Würde mich freuen, wenn unser Treffen zustande käme.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • »In Siegburg wurde Humperdinck 1854 geboren, in Boppard starb er 1921 ...«
    so stellt es ein angeblicher Humperdinck-Forscher im Internet dar, diese Behauptung steht meines Erachtens auf wackligen Füßen ...


    Nach meinen Quellen trifft dies nicht zu und stellt sich so dar:


    In der Halle des Neustrelitzer Krankenhauses nahmen die Kinder von ihrem aufgebahrten Vater Abschied. Kapellmeister Wilhelm Freund vom Landestheater Neustrelitz legte Rosen auf den Verstorbenen. Anschließend nahm ein Neubrandenburger Bildhauer die Totenmaske ab. Der Sarg wurde auf einem Pferdewagen geschmückt mit einem Kranz des Landestheaters und gefolgt von seinem Sohn, zum Bahnhof gebracht. Durch die stille Tiergartenstraße, vorbei an dem Haus, in dem er eigentlich bleiben wollte. Der Schöpfer der deutschen Märchenoper trat seine letzte Reise vom Wirkungsort des Sohnes in die Hauptstadt an.
    In einer gemeinsamen Grablege mit seiner Ehefrau Hedwig erfolgte Humperdincks Beisetzung am 1. Oktober 1921 auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf bei Potsdam.
    Neben der Familie gaben zahlreiche Musikfreunde und Verehrer seiner Kunst dem Sarg das Geleit. In der Waldkapelle erklang bei der Totenehrung seine Musik. Professor Walter Fischer verwob sie in sein Orgelspiel. Der Bariton Wilhelm Guttmann trug anrührend »Spielmanns letzter Gesang« aus der Oper »Königskinder« vor. Der der Familie nahestehende Geistliche Rat Hermann Priebe hielt eine warmherzige Rede. Am Grab nahm Max von Schillings, ein weithin geschätzter Komponist, Dirigent und Theatermann, mit bewegenden Worten Abschied von seinem Freund.


    Boppard liegt von Siegburg, dem Geburtsort Humperdincks, etwa eine Autostunde entfernt und ist heute durch die große Rheinschleife und als Weinort bekannter als durch die frühere Anwesenheit des Komponisten Humperdinck.
    Aber seine Spuren sind hier nicht verwischt. Sein ehemaliges Wohnhaus, das »Schlösschen«, tumgekrönt, im Landhausstil erbaut, steht noch am Berghang, am Fuße des Bopparder Kreuzberges. Humperdinck hatte es nicht erbaut; es gab Vorbesitzer, Humperdinck kaufte es im Frühjahr 1897 und es blieb im Besitz der Humperdincks bis 1911, allerdings nutzte er es von 1901 an nur in der Sommerzeit.
    Humperdinck hatte sich 1896 von seinen Verpflichtungen als Professor am Hochschen Konservatorium in Frankfurt zurückgezogen und war nach Boppard am Rhein, nahe Koblenz, übergesiedelt. Dort schrieb er im Sommer 1898 seine »Maurische Rhapsodie« nieder, in welcher sich Eindrücke seiner Reise nach Südspanien und Marokko im Jahre 1883 in rein musikalischer Weise widerspiegeln. Sie ging hervor aus Arbeiten an einer Maurischen Suite (1887) und einer Maurischen Symphonie (1890). Der Impuls zur Vollendung kam durch die Einladung aus Leeds, im Herbst ein eigenes Werkes zu Gehör zu bringen. Zur Uraufführung kam die Maurische Rhapsodie unter der Leitung des Komponisten am 7. Oktober 1898 beim Leeds Music Festival.



    Links am Stein vorbei geht der Weg hoch zum Haus




    Das Spätjahr 1900 brachte die Berufung an die Akademie der Künste und die Königliche Hochschule für Musik in Berlin. Aber auch nach der Übersiedlung nach Berlin im Herbst 1901 sollte das »Schlösschen« noch einer weiteren bedeutsamen Bestimmung dienen:
    In den Sommern der Jahre 1907 bis 1909 wurde es zum Refugium für die Umarbeitung der »Königskinder«, die aus dem ursprünglichen Melodram (1897) in die Operngestalt umgegossen wurden. Die Zeit der Neugestaltung war eine der glücklichsten Schaffensperioden des Meisters. Diese Märchenoper, Ende Dezember 1910 an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt, wurde zu einem zweiten Welterfolg, der bis nach dem letzten Weltkrieg währte.
    Aber Humperdinck erlebte in seinem »Schlösschen« nicht nur frohe Tage. Im zarten Alter von einem Jahr und fünf Monaten starb Töchterchen Olga, die am 13. Januar 1898 zur Welt kam und am 18. Juni 1899 starb.
    Die Beisetzung erfolgte auf dem noch jungen städtischen Friedhof im späteren Ortsteil Buchenau, wo das Grab erstaunlicherweise bis in die heutigen Tage durch die Stadt gepflegt wird.
    1911 ging das Humperdinck-Schlösschen für gut 60 000 Mark an einen Holländer.
    Von 1928 bis 1941 besaß das Haus Engelbert Humperdincks Sohn Wolfram. Dieser beschrieb auch, dass es seinem Vater recht schwer fiel, sich bei seiner Berufung nach Berlin vom Rhein zu verabschieden.




    Seit September 2007 steht vor dem Bahnhof in Boppard eine etwa lebensgroße Plastikgruppe, die Engelbert Humperdinck mit Hänsel und Gretel zeigt. Die Künstlerin Jutta Reiss hat das Werk geschaffen. Wenn man es im Original sehen möchte, der Bürgermeister-Syree-Platz die richtige Adresse.
    Wer an der Rheinallee prominiert oder per Schiff kommt, folgt den Hinweisschildern zum Bahnhof.


  • Seit dem 5. April 1883 steht Louis Spohr hier auf seinem Sockel. Bezüglich seiner Gestalt wird er in der Literatur als kraftvoll bejahende Persönlichkeit, fast herkulich in der hohen stattlichen äußeren Erscheinung beschrieben, es wird sogar das Körpermaß 1,92 genannt, man denkt unwillkürlich an Hans Knappertsbusch ...
    Ferdinand Hartzer, der die Statue schuf, scheint das gut umgesetzt zu haben.
    Wer einen Blick auf alte Bilder wirft, kann den allgemeinen kulturellen Verfall am Beispiel der Spohr umgebenden Schuhkarton-Architektur deutlich sehen, der Meister mit der Geige würde sich sehr erschrecken, wenn er plötzlich zum Leben erwachte und sich auf dem Platz umschaute.


    Ehemals stand der Ehrenbürger der Stadt in einer wesentlich schöneren Umgebung; rechts von Spohrs Standort befand sich sein »Arbeitsplatz«, das alte Hoftheater, das zu seiner Zeit sehr modern war, aber später einem Kaufhaus weichen musste. Die letzte Vorstellung im alten Theater fand am 14. Juni 1909 statt: Spohrs Oper »Jessonda« erinnerte ein letztes Mal an die große Glanzzeit des Kasseler Hauses.
    Inzwischen ist hier ein noch größerer Kauftempel entstanden. Hinter Spohr befand sich das imposante Palais Waitz von Eschen, heute hat er C&A im Rücken.
    Die Namen Opernstraße, Theaterstraße und Opernplatz symbolisieren heute Stadtgeschichte, aber man kann sie keinem der in der Nähe befindlichen Gebäude zuordnen.


    Von 1822 bis 1857 wirkte Spohr als Hofkapellmeister in Kassel und machte die Stadt zu einem bedeutenden Musikzentrum. Das Denkmal stellt Spohr mit einer Geige dar und trägt dem Umstand Rechnung, dass Louis Spohr zu Beginn seiner Karriere vor allem als Geiger bekannt war und als der »Deutsche Paganini« gefeiert wurde.
    Die Zeitgenossen nahmen die beiden Geigen-Virtuosen dieser Epoche als »Teufelsgeiger« und »Engelsgeiger« wahr.
    1816 trafen sich die Herren in Italien. Paganini hatte Spohrs Konzert in Venedig gehört und besuchte seinen Kollegen, um ihn zu beglückwünschen. Die stilistischen Unterschiede waren beiden klar - die Bitte Spohrs, der Kollege möge etwas vorspielen, lehnte Paganini mit der Begründung ab, sein Stil ziele darauf ab, die Massen zu beeindrucken; auf ein intimes kammermusikalisches Vorspiel sei er nicht vorbereitet ..


    Als der Violinvirtuose Spohr sich dann mehr dem Dirigieren widmete erregte 1820 sein neuer Dirigierstil mit Taktstock zunächst in England einiges Aufsehen, als er nicht mehr, wie vordem üblich, vom Klavier aus dirigierte.


    Kurfürst Wilhelm II. hat ehrgeizige Pläne, als er 1822 den 38-jährigen Louis Spohr als Hofkapellmeister nach Kassel holt, nachdem Verhandlungen mit Carl Maria von Weber negativ verlaufen waren, hatte Weber den Kollegen empfohlen.
    Die Auswirkungen der Julirevolution 1830 erlebt Spohr als Hofkapellmeister in Kassel, wo Kurfürst Wilhelm II. nur widerstrebend eine Verfassung unterzeichnet, um sie alsbald wieder systematisch auszuhöhlen. Das Revolutionsjahr 1848 sieht den alternden Komponisten, der resigniert.
    Die zunehmend repressive Atmosphäre in Kassel, Auseinandersetzungen mit seinem Dienstherrn, das Nachlassen seiner schöpferischen Kraft und schließlich eine Reihe von Todesfällen in seiner Familie – besonders der Tod seiner ersten Frau 1834 – belasteten ihn schwer.
    Louis Spohr verbrachte die längste Zeit seines Lebens in Kassel und war damals ein in ganz Europa berühmter und geachteter Musiker als Geigenvirtuose, Lehrer, Dirigent und Komponist. Aus dieser fachlichen Autorität resultiert auch sein künstlerischer Stolz, der ihm verbot sich nur als besserer musikalischer Lakai zu sehen. So hielt er sich bei Privatkonzerten vor und nach seiner Darbietung im Salon auf. Er ging also nicht, wie damals allgemein üblich, nach seinem Spiel lautlos aus dem Musikzimmer.
    Sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und Stilempfinden kam auch zum Ausdruck, wenn er darauf bestand, dass während seines musikalischen Vortrags an den Höfen zum Beispiel weder Karten gespielt noch diniert werden durfte. Die Gäste sollten sich ganz der Musik widmen können. Und das hat er auch durchgesetzt.
    Offensichtlich war er auch ein politisch denkender Mensch, denn es ist bekannt, dass er mit der Eisenbahn nach Frankfurt fuhr, wo das Paulskirchenparlament tagte, vermutlich blieb dieser Ausflug nach Frankfurt seinem Dienstherrn nicht verborgen, wegen Spohrs »demokratischen Umtrieben« ist der Generalmusikdirektor bei Hofe bereits aufgefallen.


    Im Jahre 1857 wurde Spohr plötzlich pensioniert – gegen seinen Willen und, was dieser Maßregel ein besonders hässliches Gepräge gab, mit einer geringeren Pensionssumme, als ihm kontraktlich zustand.


    Mit seinem Kurfürsten lag er aber auch in musikalischen Dingen im Clinch, denn obwohl Spohr in Sachen Musik eher konservativ eingestellt war, bemühte er sich Wagners Opern in Kassel aufzuführen - zunächst »Der fliegende Holländer« und später dann, nach zähem Ringen mit dem Fürsten, »Tannhäuser«, man ließ schließlich dem alten Musikus seinen Willen, damit man seine Ruhe hatte ...
    Als sich die beiden Musiker, Spohr und Wagner, das erste Mal begegneten, war letzterer noch gar kein Musiker, sondern ein achtjähriger Knabe.
    1821 mietete das Ehepaar Louis und Dorette Spohr zwei möblierte Zimmer bei der Mutter von Richard Wagner, Carl Maria von Weber hatte die Unterkunft vermittelt.
    Die erste Begegnung der beiden Komponisten fand dann 1846 statt und wenn man die Fakten betrachtet, hat Spohr für Wagner mehr getan als umgekehrt.
    Louis Spohrs kompositorisches Œuvre ist ausgesprochen vielfältig, er hat mehr als 200 Werke hinterlassen. Robert Schumann lobt, dass Spohr fast in allen musikalischen Formen gearbeitet hat; da sind zum Beispiel 30 Streichquartette, 21 Violinkonzerte, 10 Opern, 9 Symphonien und einiges mehr, wie Lieder, Sonaten, Ouvertüren, Orchesterwerke ...

  • h


    In Alt-Bogenhausen steht an der Ecke Widemayerstraße / Rosenbuschstraße ein großes Jugendstil-Mietshaus, das an der Fassadenseite zur Rosenbuschstraße diese Tafel zeigt.


    Man sagt, dass Knappertsbusch allein in seiner Münchner Zeit 14 Wohnungen bewohnte.


    Seine Karriere begann recht früh, schon mit zwölf Jahren leitete er das Schulorchester des Gymnasiums an seinem Heimatort Elberfeld.
    Nach dem Studium am Konservatorium in Köln ist er Kapellmeister in Mülheim an der Ruhr, Bochum, Elberfeld und Leipzig. Bereits in den Jahren 1909 bis 1912 sieht man ihn als Assistent in Bayreuth.
    Ab 1915 schlug er zunächst die Trommel beim Militär, danach geht Knappertsbusch an das Theater in Dessau, wo er allerdings 1922 seinen Arbeitsplatz verlor, weil das Theater durch einen Brand total vernichtet wurde.
    Als 34-Jähriger trat er dann 1922 die Nachfolge von Bruno Walter an der Bayrischen Staatsoper an. Hier wirkte er so erfolgreich an der Staatsoper und den Akademiekonzerten, dass hieraus die Ernennungen zum Generalmusikdirektor und 1924 zum Professor resultierten. Schließlich wurde er sogar zum Generalmusikdirektor auf Lebenszeit ernannt.


    Als Thomas Mann anlässlich des 50. Todestages von Richard Wagner in München eine Rede hielt, in deren Verlauf Mann von Wagner als einem dilettantischem Genie sprach, war das für den Wagner-Verehrer Knappertsbusch zu viel und er formulierte den »Protest der Richard-Wagner-Stadt München«, den auch Richard Strauss, Hans Pfitzner und andere Kulturbeflissene unterzeichneten. Für die neuen Herren an der politischen Macht war das eine Steilvorlage ...


    Knappertsbusch sah die Sache vermutlich nur aus musikalischer Sicht und stellte sich vor seinen Hausgott Wagner, die Folgen für Thomas Mann konnte er nicht abschätzen.
    Als die neue Politik immer mehr in künstlerische Dinge hineinreden wollte, bekam Knappertsbusch Schwierigkeiten, weil er sich das verbat.


    Man hätte vermuten können, dass das klappt - der »Führer« und der Dirigent waren schließlich Wagner-Bewunderer und Hitler bewunderte den Dirigenten seiner blonden Haare und seiner blauen Augen wegen und erkannte den echten Germanen, aber Hitler wünschte sich ein flotteres Dirigat, als das was Knappertsbusch zelebrierte; er sprach Knappertsbusch jedes musikalische Gehör ab und meinte, dass es eine Strafe sei eine Opernaufführung unter Knappertsbusch anzuhören.


    Knappertsbuschs diplomatische Fähigkeiten waren nicht besonders ausgeprägt, und so kam es Anfang 1936 zum offenen Bruch: Obwohl er einen Vertrag auf Lebenszeit hatte, wurde »Kna« am 9. Januar 1936 als Münchner Opernchef abgesetzt und mit Arbeitsverbot im gesamten Deutschen Reich belegt. Am 24. Februar 1936 erfolgte die Versetzung in den Ruhestand.


    Im zu dieser Zeit noch selbständigen Österreich gab es aber jede Menge Arbeit für ihn. An der Wiener Staatsoper war er ab 1936 ständig als Gastdirigent tätig und auch irgendwie maßgeblich in die Leitung der Oper eingebunden, 1937 dirigiert er auch wieder bei den Salzburger Festspielen und die Wiener Philharmoniker.
    Ab März 1938 war zwar eine neue politische Situation, aber die Staatsführung sah das nun nicht mehr so eng und achtete nur noch darauf Knappertsbusch von München fern zu halten, weil man dort etwas ganz Großartiges plante.


    1940 trug man ihm sogar ganz offiziell die Leitung der Wiener Staatsoper an, aber Knappertsbusch lehnte ab.
    Nach Kriegsende wurde er dann wieder in sein altes Amt in München eingesetzt und dirigierte im gut über den Krieg gekommenen Prinzregententheater - die Nationaloper war ausgebombt.
    Dann kam es plötzlich knüppeldick, denn nun erteilten ihm die Sieger Dirigierverbot, man warf ihm kollaboratives Verhalten mit den Nationalsozialisten vor. Als sich die Besatzer umfänglich Sachkundig gemacht hatten, wurde das Verbot 1947, verbunden mit Entschuldigungen, wieder zurückgenommen, aber der nun fast 60-Jährige mochte nicht mehr und war an seinem angestammten Platz erst wieder im Oktober 1949 zu hören.


    1951 wurde Knappertsbusch zusammen mit Herbert von Karajan zum Neuanfang nach Bayreuth gebeten, für Knappertsbusch ging damit ein Traum in Erfüllung.
    Eigentlich war er noch der Alt-Bayreuther Tradition verpflichtet und kam mit Wieland Wagners Entrümpelungen nicht zurecht, so fehlte ihm zum Beispiel die realistische Taube, die durch einen Lichtstrahl ersetzt wurde - und einiges mehr.
    Nach den Aufführungen 1952 beendete er zunächst sein Engagement in Bayreuth, ließ sich dann aber von Wolfgang Wagner wieder zum Mitmachen überreden, so dass es Knappertsbusch zu insgesamt 95 Dirigaten brachte. Sein letzter Auftritt in Bayreuth ist die Parsifal-Aufführung am 13. August 1964.


    In München legt er sich mächtig ins Zeug, dass das Nationaltheater wieder aufgebaut wird, aber die Bayrische Staatsregierung orientierte sich wohl an Knappertsbuschs Dirigierstil, mit der Finanzierung ging es langsam voran ...
    Schließlich stand Knappertsbusch endlich beim Festakt am 21. November 1963 am Pult des wiederhergestellten Nationaltheaters und dirigierte »Die Weihe des Hauses« von Beethoven, und am 6. Juli 1964 hob er bei einer Fidelio-Aufführung zum letzten Mal den Taktstock im Nationaltheater.
    Als Hans Knappertsbusch am 25. Oktober 1965 im Alter von 77 Jahren in München starb, hatte er an der Bayrischen Staatsoper an fast 1.500 Abenden dirigiert.

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