Das Wohnhaus des Klavierpädagogen Friedrich Wieck findet man im Dresdner Stadtteil Loschwitz. Als Orientierungspunkte können die Elbbrücke »Blaues Wunder« und der Körnerplatz dienen.
Früher war das die Fährgasse, seit 1895 trägt die Straße den Namen des Vaters von Clara und Marie Schumann, der hier von 1840 bis zu seinem Tode 1873 lebte. Ein Schild über dem Eingang weist auf diesen Sachverhalt hin.
Mit seinem Umzug nach Dresden hat Friedrich Wieck die Ausbildung seiner inzwischen berühmten Tochter Clara beendet. Vater und Tochter schieden in Leipzig im Streit, vier Jahre später bahnt sich in diesem Hause eine Versöhnung an, als Clara ihn am 11. Februar 1843 besucht.
Hier widmet sich Friedrich Wieck auch intensiv der Ausbildung seiner Töchter Marie und Cäcilie, und sogar Marie Schumann erhielt von ihrem Großvater hier zeitweilig Unterricht.
Marie Wieck, die zeitlebens immer im Schatten von Clara Schumann stand, brachte es zu einer viel beachteten Karriere als Pianistin und Sängerin. Sie muss auch wirtschaftliche Erfolge gehabt haben, denn sie lebte einige Zeit in Schweden, fand Gefallen an den dort üblichen Holzhäusern, kaufte eines und ließ es sich mit der Bahn zuschicken und mit Elbblick im ein paar Kilometer entfernten Hostewitz aufbauen, das war immerhin 1893 ...
Als Marie Wieck schon 78 Jahre alt war, das war 1910, schrieb die »Vossische Zeitung« über sie:
»Man rühmte die Schlichtheit ihres Vortrages, ihre erstaunliche Technik, ihre Jugendfrische. Die angehende Achtzigerin ist die einzige noch Lebende der bewegten Wieck-Schumann-Epoche… Fräulein Wieck hat blonde Zöpfe, lebhafte kluge Augen, rosig-volle Wangen, ist von so sprudelnder Lebendigkeit.«
Friedrich Wieck hatte sich zwar schon in Leipzig mit Gesang befasst, aber hier in Dresden wurde das für ihn ein größeres Thema.
Von der legendären Sängerin Henriette Sontag ist überliefert:
»Friedrich Wieck hat als Pianofortelehrer einen Weltruf, als Singlehrer steht er unübertroffen da.«
Wer sich näher mit dem Wirken Wiecks befasst, kommt zur Ansicht, dass die Anzahl der Gesangsschülerinnen in Dresden die der Klavierlernenden mitunter übertroffen hat.
1853 veröffentlicht Wieck seine Schrift »Clavier und Gesang« Einleitend findet man hier:
»Ein Klavierlehrer von Geist und Herz, gleichviel, ob er die "Elemente" lehrt, oder sich mit "höherer Ausbildung" beschäftigt, der so beschaffen ist, wie ich ihn mir denke, muß die Gesangskunst verstehen, wenigstens soll er ein hohes Interesse dafür haben ...«
Begeistert war Wieck von den Sängerinnen Jenny Lind und Wilhelmine Schröder-Devrient, er war nicht nur von der Qualität des sängerischen Könnens und der Dauer, mit der sich die Künstlerinnen erfolgreich in der Öffentlichkeit behaupteten, fasziniert, sondern er empfahl ihre Gesangsvorträge als vorbildhaft für die instrumentale Interpretationsschulung.
In den Jahren zwischen 1869 und 1875 hielt sich die amerikanische Pianistin Amy Fay, die bei Tausig und Liszt studierte, in Deutschland auf und besuchte 1872 auch die Familie Wieck und sie beschreibt den Besuch so:
»Er lebt ganz in der Musik, und hat eine Klasse junger Mädchen, die er allabendlich unentgeltlich unterrichtet. Fünf von ihnen waren zugegen. Er ist sehr taub aber merkwürdigerweise für jeden musikalischen Ton ebenso empfindlich, wie früher ...«
Seiner Tochter Clara berichtet Wieck in dieser Zeit:
»Mein Geist ist noch frisch - ich kann noch unterrichten und zum Idealen begeistern, - das Gehör und Gesicht hat sich von selbst wieder durch die Gnade Gottes gebessert.«
Friedrich Wieck war fast bis zum Ende seines langen Lebens pädagogisch tätig. Nach kurzer Krankheit starb er am 6. Oktober 1873 in diesem Haus und wurde zwei Tage später zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Trinitatisfriedhof geleitet, wo er nun unweit der von ihm so bewunderten Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient ruht.