Darf klassische Musik populär sein ?

  • Ja- der Titel ist zugegebenermaßen absichtlich irreführend. Eigentlich sollte er lauten: Darf klassische Musik den Hörern gefallen ? Jahrhundertelang durfte sie das - nein musste sie es sogar, denn die Auftraggeber waren oft nicht allzu zimperlich im Umgang mit ihrem Personal - und dazu zählten die meisten Komponisten nun mal. Erst im 19. Jahhundert wurden die Komponiosten selbstbewusster, um nicht zu sagen frecher. Sie FORDERTEN von ihren Hören Aufmerksamkeit - Im 20. Jahrhundert begann man dann sich sogar ÜBER das Publikum zu stellen. Man bezeichnete ein Publikum als "unverständig" wenn das eigene Werk nicht beachtet oder sogar schlecht beurteilt wird. Der (vorgebliche) Künstler als Maßstab aller Dinge.
    Und noch schlimmer: Werke, die einer breiteren (Klassik)-Öffentlichkeit gefallen werden als seicht und geschmacklos dargestellt. Nur wirklich verworren Geister können angeblich Großes schaffen . Ja Hässlicher, desto wertvoller.....denn alles schöne ist ja nur Behübschung und steht nicht im Einklang mit jenen, die stets die Schrecklichkeit der Welt vertont wissen wollen, wo dann die Hörer verstört und erschüttert am Ende solch eines Konzerts nach Hause gehen...


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun, es ist nicht ungewöhnlich, wenn Menschen ihre persönlichen Maßstäbe verabsolutieren, und insbesondere Künstler der -sagen wir es einmal vorsichtig- mittleren Begabungsebene neigen dazu, das Publikum für mangelnden Erfolg verantwortlich zu machen und nicht das eigene Unvermögen.
    Hinzu kommt, daß der einzelne Zuhörer zwar irren kann und auch häufig irrt, die Gesamtheit der Konzert- und Opernbesucher über die Jahrzehnte und Jahrhunderte auf geradezu unheimliche Art und Weise ein veständiges Urteil über die Werke fällt. Alles in allem betrachtet bewirkt dieses unerbittliche Diktum, daß in der Regel die wirklich großen Musiker gewissermaßen in den Olymp gelangen und nur selten (aber durchaus auch einmal) die Falschen der Vergessenheit anheim fallen.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • ... die Gesamtheit der Konzert- und Opernbesucher über die Jahrzehnte und Jahrhunderte auf geradezu unheimliche Art und Weise ein veständiges Urteil über die Werke fällt. Alles in allem betrachtet bewirkt dieses unerbittliche Diktum, daß in der Regel die wirklich großen Musiker gewissermaßen in den Olymp gelangen...


    Lieber Joachim,


    ich fürchte, daß Du tautologisch argumentierst - erfolgreich ist, was erfolgreich ist (weil es gut ist) - tatsächlich gibt es vermutlich reichlich andere Musikhörer, die den Mainstream, der überlebt hat, qualitativ kaum von dem abgrenzen können, was heute nur noch selten gespielt wird.


    Andererseits gebe ich natürlich Alfred dahingehend recht, als nicht vorhandene "Schönheit" der Musik in der Tat kein Ausweis besonderer Qualität ist - nach meinem Geschmack sogar vollständig das Gegenteil. Allerdings sind auch wir, die wir diese Schönheit (Anhörbarkeit, Essenz dessen, warum die Musik gefällt) in der Musik brauchen und wollen, ganz und gar nicht einer Meinung, was sie letztlich ausmacht.

  • Wenn die Kritik von einem »anspruchsvollen Programm« spricht, dann kann man davon ausgehen, dass nicht Händels »Largo« , das »Ave Maria« von Bach/Gounod, Schumanns »Träumerei« oder Beethovens »Für Elise« und ähnliche populäre Stücke auf dem Programmzettel standen ...
    »Anspruchsvoll« wird es erst bei Zilcher, Pfitzner, Eisler, Rihm ...
    Bei der Befragung des Publikums wäre dann eine Reaktion zu erkennen, die an Andersens Märchen »Des Kaisers neue Kleider« erinnert.

  • Wenn die Kritik von einem »anspruchsvollen Programm« spricht, dann kann man davon ausgehen, dass nicht Händels »Largo« , das »Ave Maria« von Bach/Gounod, Schumanns »Träumerei« oder Beethovens »Für Elise« und ähnliche populäre Stücke auf dem Programmzettel standen ...
    »Anspruchsvoll« wird es erst bei Zilcher, Pfitzner, Eisler, Rihm ...
    Bei der Befragung des Publikums wäre dann eine Reaktion zu erkennen, die an Andersens Märchen »Des Kaisers neue Kleider« erinnert.


    Gibt es eigentlich solche Umfragen, die zumindest ansatzweise statistisch-wissenschaftlichen Kriterien entsprechen? Das Ergebnis dürfte ggf. wirklich interessant sein.
    Ich selbst bin bei meinen zahlreichen Konzertbesuchen an unterschiedlichster Stelle noch nie nach meinen Eindrücken zum Konzert oder nach meiner Meinung im Hinblick auf die Auswahl der vorgestellten Stücke (auch dies ein weites Feld!) gefragt worden.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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  • Meiner Ansicht nach ist Musik mit wenigen Ausnahmen (Schrei, absichtlich ungewöhnliche oder extrem laute Geräusche, manche Elektronik) erstmal "schön". Klar, es gibt Ausnahmen, aber auch in avantgardistischer Musik der letzten 70 Jahre sind das eher Ausnahmen. In einem avantgardistischen Stück wie Boulez' "Le Marteau sans maitre", bei dem man vielleicht erstmal "nichts versteht", ist dennoch auch dem Ersthörer ohne Zweifel klar, dass fähige Instrumentalisten "schöne Töne" erzeugen. Es mag ungewöhnlich klingen, aber nicht wie damals, als mein kleiner Bruder mit dem Geigespielen begonnen hat...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich merke das auch im Bereich der Oper. Werden zum Beispiel moderne Stücke an der Rheinoper gespielt wie Wozzek oder Moses und Aron dann bleibt das Haus fast leer. Und bei Stücken wie Tosca oder AIda die können 1000 mal gespielt werden un das Haus ist voll. Und je populärer etwa ist umso besser lässt es sich verkaufen. Ich habe etliche Opern von Donizetti als Blue ray die ich noch niemals auf der bühne gesehen habe . Ich gehe auch nicht häufig in ein Sinfonie Konzert habe aber festgestellt das wenn populäre Stücke wie Beethoven oder Mahler Zyklus gespielt werden das Konzerthaus voll ist. Und ich glaube das bei Stücken wie Beethovens 9. es den meisten Besuchern herzlich egal ist welches Orchester welcher Dirigent und welche Sänger auf der BÜhne stehen.

  • Beispiel für: Fähige Instrumentalisten erzeugen alles andere als schöne Töne"



    und davon gibt es so viele, das ist hier keine Ausnahme.


    Der einzelne Ton mag schön sein, das Zusammenspiel der Töne ist es nicht.

  • Und ich glaube das bei Stücken wie Beethovens 9. es den meisten Besuchern herzlich egal ist welches Orchester welcher Dirigent und welche Sänger auf der BÜhne stehen.


    Und genau in diese Richtung, so glaube ich, zielt Alfreds Frage. Ist das schlimm, wenn das so ist? Darf z.B. eine Neunte von Beethoven so populär sein, daß es dem Publikum egal ist, wer das spielt?


    Ich meine, die Grenzen sind fließend. Solange das Publikum der Musik wegen da ist, ist das völlig ok. Wenn das ganze allerdings zum Event stilisiert wird und die Musik nur noch Nebensache ist, dann ist das schon sehr bedenklich. Irgendwie erfährt die Musik dann eine Entwertung.


    Solange Musik aus sich heraus populär wird ist das in Ordnung. Wenn versucht wird, Musik künstlich zu popularisieren, so ist das nicht zu begrüßen. So zumindest meine Meinung.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)


  • Solange Musik aus sich heraus populär wird ist das in Ordnung. Wenn versucht wird, Musik künstlich zu popularisieren, so ist das nicht zu begrüßen.


    Da wirst Du wohl Abgrenzungsprobleme kriegen. Jegliche populäre Musik heute ist dadurch popularisiert worden, daß man die "Massen" durch Medien erreicht und die Musik damit bekannt macht. Das ist eine notwendige, wenn auch noch keine hinreichende Voraussetzung.

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  • Gut, hier habe ich mich vielleicht etwas unscharf ausgedrückt. Bei "künstlich popularisieren" dachte ich eher daran, daß Musik verändert wird, um sie (vermeintlich?) populärer zu machen - Stichwort crossover.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Zitat

    Darf z.B. eine Neunte von Beethoven so populär sein, daß es dem Publikum egal ist, wer das spielt?


    Um hier Paracelsus zu zitieren: Die Dosis macht das Gift.
    Selbstverständlich gibt es bessere oder weniger gute Interpretationen - aber ein Werk sollte so stark sein, daß es - in gewissen Grenzen - von derlei Inponderabilien unabhängig ist. In der Vargangenheit - also gemeint ist hier die Zeit vor der Tonaufzeichnung war man darauf angewiesen darauf zu vertrauen, daß eine Aufführung angemessen gut sei - die Möglichkeiten des Vergleiches waren eher beschränkt.


    Irgendwie bin ich auf dieses Thema gekommen, weil neulich jemand im Forum gemeint hat, Mozart wäre ihm zu seicht - oder zu flach oder - was weiß ich.....


    Damit steht er indes nicht alleine da, derartiges kann man immer wieder hören - und lesen.


    Persönlich kann ich das zwar nicht verstehen, aber es stört mich weitaus weniger, als das Dogma der Hässlichkeit, welches manche Genies von eigenen Gnaden der Welt aufzwingen wollen. Dadurch entsteht der "klassischen Musik" ein ungemeiner Schaden, der kaum abschätzbar ist.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hauen wir hier doch mal die populärsten Klassikstücke raus, die es so gibt: sind alle wunderschön (wenn wir sie uns inzwischen vielleicht auch leid gehört haben). Aber das sind schlagende Beispiele dafür, daß Klassik sehr wohl populär sein darf.



    Pachelbel: Canon in D

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  • Beethoven, Für Elise



    Und zudem ein Beispiel dafür, daß sich Leute aus der absolut ersten Garde der Pianisten nicht zu schade sind, sowas "Simples" zu spielen.

  • Ich habe mal die ersten paar Minuten des Gubaidulina-Stücks gehört. Ich finde das nicht "häßlich". Wenn es zehnmal so laut wäre, wäre es wohl ein Grenzfall. Anscheinend handelt es sich ja um ein Passionsstück. "hübsch" wäre hier wohl verfehlt.
    Finden wir die ästhetische Darstellung von offensichtlich "häßlichem" wie einem von Wunden übersäten Körper auch häßlich? Dann wird es ziemlich übersichtlich im Kunstmuseum...

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  • Des weiteren:
    - Beethoven, 5. Sinfonie, erster Satz
    - Beethoven, Mondscheinsonate, 1. Satz
    - Beethoven. 9. Sinfonie, Ode an die Freude
    - Mozart, Kleine Nachtmusik, 1. Satz
    - Bolero, Ravel,
    - Bizet, Carmen, mehrere Themen
    - Puccini, Nessun Dorma
    - Bach, Gounod, Ave Maria
    und und und


    Allein mit der allerpopulärsten Klassik könnte man einen Monat lang jeden Abend unterschiedliche Konzerte hören.

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  • Darf klassische Musik populär sein ?



    Das ist eine Frage, die ich inhaltlich gar nicht verstehen kann. Was ist denn bitte "klassische Musik"? Verbergen sich dahinter hochkünstlerische Ergüsse allerersten Ranges (was immer das auch sein mag), beschreibt es eine Minimum an "Qualität" (was immer damit gemeint sein mag) oder ist es schlicht doch eher ein Terminus für "Musik aus früherer Zeit", "E-Musik" (was immer das auch sein mag) oder "Musik mit einem Orchester gespielt" (wie es kürzlich eine Freundin von mit "übersetzt" hat).


    Gerade solche Aussagen ...

    Zitat

    Irgendwie bin ich auf dieses Thema gekommen, weil neulich jemand im Forum gemeint hat, Mozart wäre ihm zu seicht - oder zu flach oder - was weiß ich.....


    ...finde ich deshalb höchst befremdlich.


    Ich zB liebe Mozart'sche Musik, auch mir ist sie (mittlerweile) manchmal zu "seicht"; dann hab ich vielleicht grad eher Gusto auf eine handfeste Sinfonie (was immer das auch sein mag) - vielleicht was von Bruckner oder Mahler (bei dem es ja bisweilen auch chic ist, ihm "klassische" oder "künstlerische" Qualitäten abzusprechen). Morgen kann ich mich dann vielleicht wieder an der Kleinen Nachtmusik erfreuen oder an der Wassermusik. Zu seicht? Hm, vielleicht ... Keine Klassische Musik? Hm, sicher nicht ... warum auch.


    Auch Populärstücke wie Beethovens Sieg in Wellington, Tchaikovskies 1812, der höchst strapazierte Bolero und noch viele weitere sind "klassische Musik" ... vielleicht (oder sicher) nicht auf künstlerisch hochstehendstem Level. Wer hätte es im Kreuz, diese Musik quasi auszuschließen?


    Ich hab heute das Gefühl, dass es für viele "Kenner" und "Liebhaber" chic ist, Adorno und seine Kollegen gelesen zu haben (was ja durchaus ok ist) und dieses zeitweilig elitäre Gequatsche kennerhaft nachzu"quatschen" (was wiederum nicht ok, bzw recht armselig ist). Macht ja auch was her, zB Mahler'sche Musik "kleinzumachen" oder sie "ganz sicher hinter Bruckner" einzuordnen.


    Bitte nicht falsch verstehen: auch ich kann den künstlerischen Wert einer Bruckner-Sinfonie oder eine Messe von Bach von vielen Mozart-Kompositionen, von vielen "Symphonsichen Dichtungen", von vielen "freien Kompositionen" und weiterem "Seichten" abgrenzen. Aber diese populären Werke dann als der klassischen Musik nicht würdig zu betrachten, ist - tschudigung - schlicht gaga ...


    :-)

  • Hier mal so eine Zusammenstellung:


    hat bei amazon den Verkaufsrang 552 in der Kategorie Musik, also vergleichsweise weit vorn.


  • Aktuelle Bestseller in der Klassik sind bei amazon zur Zeit:


    (Nr. 32 in Musik)


    (Nr. 39 in Musik)


    sowie eine CD, die es erst ab übermorgen gibt:


    (Nr. 61)


    Kann man nur sagen: der Geschmack des "Pöbels" ist alles andere als schlecht.

  • Ich habe mal die ersten paar Minuten des Gubaidulina-Stücks gehört. Ich finde das nicht "häßlich". Wenn es zehnmal so laut wäre, wäre es wohl ein Grenzfall. Anscheinend handelt es sich ja um ein Passionsstück. "hübsch" wäre hier wohl verfehlt.
    Finden wir die ästhetische Darstellung von offensichtlich "häßlichem" wie einem von Wunden übersäten Körper auch häßlich? Dann wird es ziemlich übersichtlich im Kunstmuseum...


    Häßliches darf optisch durchaus als häßlich gezeigt werden - Musik ist eine andere Kategorie: man kann zwar das optisch häßliche auch akustisch als häßlich erscheinen lassen, aber das empfände ich dann z.B. als abschreckend, weil eben die Töne nicht kongruent in Bilder umgesetzt werden. Ich gebe zu, daß es Ausnahmen gibt, z.B. Pink Floyd, Atom Heart Mother, in dem es mittendrin ein fürchterliches Klangspektakel gibt, bei dem ich mir nun doch alles mögliche vorstellen kann - aber Gubaidulina erscheint mir zu karg und öd.


    Daß man Passion auch anders darstellen kann (und gar nicht uniform) beweisen Dutzende von Passionsmusiken aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

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  • Der Kracher bei den Barock-Opern: Händel, Lascia chi´io pianga


    Kleine Anmerkung: Wer immer da singt, Maria Callas ist es definitiv nicht.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)


  • Ich hab heute das Gefühl, dass es für viele "Kenner" und "Liebhaber" chic ist, Adorno und seine Kollegen gelesen zu haben (was ja durchaus ok ist) und dieses zeitweilig elitäre Gequatsche kennerhaft nachzu"quatschen" (was wiederum nicht ok, bzw recht armselig ist). Macht ja auch was her, zB Mahler'sche Musik "kleinzumachen" oder sie "ganz sicher hinter Bruckner" einzuordnen.


    Um bloß aus Chic gelesen zu werden, ist Adorno normalerweise zu anstrengend. Der würde auch sicher nicht im Traum darauf kommen, Mahler "kleinzumachen". Im Gegenteil hat er sich ausdrücklich für Mahlers Musik eingesetzt. Ungeachtet vereinzelter Polemik ist Adorno andererseits auch viel zu musikalisch sensibel, um "leichte Klassik" pauschal herunterzuputzen. Er hat natürlich eine recht genaue und etwas einseitige Vorstellung der gesellschaftlichen Aufgaben solcher Musik (vereinfacht gesagt: Opium des Volkes, damit es unmenschliche gesellschaftliche Verhältnisse weiter erträgt und sogar stützt - heute ist das natürlich keine Operette mehr, sondern Andrea Berg, RTL 2 usw.).
    Bekanntlich haben Komponisten wie Schönberg (die angeblich "hässliche" Musik propagierten), Walzer von J. Strauß bearbeitet und sich sehr respektvoll zu diesen Kompositionen geäußert.


    Was mich wundert, ist vielmehr, dass Du die alter Leier von Alfred nicht durchschaut hast. ;) Es geht gar nicht darum, zu überlegen, ob "populäre" Musik wie "Die Fledermaus" Klassik ist, sondern mal wieder zu behaupten, dass spätestens im 20. Jhd., vielleicht aber auch schon mit spätem Beethoven, Berlioz, Wagner, Mahler... dezidiert "unpopuläre" und letztlich "hässliche" Musik gegen den Willen einer angeblichen Mehrheit des Publikums diesem aufgedrückt würde. Warum gefühlt jede Woche ein neuer Thread zu diesem Thema (minimal variiert) gestartet werden muss, leuchtet mir nicht unbedingt ein.

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Warum gefühlt jede Woche ein neuer Thread zu diesem Thema (minimal variiert) gestartet werden muss, leuchtet mir nicht unbedingt ein.


    Lieber Johannes. Das fühlst nur DU (und einige wenige andere) so - weil dir dieser Themenkreis zuwider ist.
    Aber wenn immer wieder behauptet wird, Mozart sei "seicht" und wenn Leute wie dieser unsägliche Adorno immer wieder zitiert werden, dann ist das in der Tat eine "Never ending Story" - und ich greife den Ball nicht nur bereitwillig auf, sondern nehme ihn - wenn ich es für zweckmässig halte - sogar selber in die Hand.
    Mein Ziel ist es - und das ist kein Geheimnis - jene Leute zu ermuntern - denen gewisse Werke nicht behaben - dies auch zu artikulieren, ihnen die Angst zu nehmen als "nonintellektuelle" oder "Dummerchen dazustehen, die gefälligst den Mund zu halten hätten, wenn es um Musik geht. Das würde man sich natürlich bei mir auch wünschen - aber inzwischen bin ich weitgehend unangreifbar.
    Es ist kontraproduktiv, Leuten vermitteln zu wollen, Klassik wäre die schönere Musik und sie gleichzeitig damit zu verschrecken, indem man ihnen "unanhörbares" vorsetzt.
    Ich habe seit Jahren aufgehört moderne "Klassik" anzugreifen, nämlich seit ich zwei Dinge erkannt habe:


    1) Es gibt wirklich Leute denen das gefällt (und gegelentlich gibt es auch wirklich Interessantes)
    2) Die Avantgarde ist aller Voraussicht nicht stark genug die wirkliche Klassik zu verdrängen.(wogegen das beim Regietheater mangels rechtzeitig eingeleiteter Gegenmaßnahmen so gut wie gelungen ist)


    Damit Punkt 2 auch so bleibt muss das Thema am Köcheln bleiben. Ausserdem hoffe ich damit Leute ins Forum zu bekommen, wogegen die Aufarbeitung der politischen Vergangenheit von "Klassikgöttern" bei vielen potentiellen Beitrittswilligen Unbehagen hervorrufen dürfte. Hier versuche ich die Balance herzustellen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Johannes, der arme Adorno musste gestern tatsächlich herhalten als "Platzhalter" für das, was ich zugegebermaßen recht einschichtig pointiert gepostet hatte. Dennoch bleibe ich inhaltlich dabei, dass ich heute so oft das Gefühl habe, dass Adorno unreflektiert nachgequatscht wird; dass es für viele Geister eben en vogue ist, nur allerhöchststehende Kompositionen, deren Gipfel angeblich im 20. Jhrd zu verorten ist, als "wahre" Klassische Musik gelten zu lassen. Auch hier im Forum stolpert man ja zuweilen drüber. Und das halte ich halt für Quatsch.



    ...
    Was mich wundert, ist vielmehr, dass Du die alter Leier von Alfred nicht durchschaut hast. ;) Es geht gar nicht darum, zu überlegen, ob "populäre" Musik wie "Die Fledermaus" Klassik ist, sondern mal wieder zu behaupten, dass spätestens im 20. Jhd., vielleicht aber auch schon mit spätem Beethoven, Berlioz, Wagner, Mahler... dezidiert "unpopuläre" und letztlich "hässliche" Musik gegen den Willen einer angeblichen Mehrheit des Publikums diesem aufgedrückt würde.
    ...

    Den Schuh zieh ich mir aber nun wahrlich nicht an ... Return to sender .... :-)

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