Beethovens Streichquartette und ihre Interpreten

  • Da du ja Kammermusikspezialist bist, lieber Felix: welche Gesamtaufnahme der Beethoven-Quartette aus der Stereo-Ära würdest du mir denn empfehlen, wenn ich noch keine hätte?


    Die Frage werde ich Dir vielleicht in zwei, drei Wochen definitiv beantworten können. Nämlich dann, wenn ich in den bestellten Zyklus vom Belcea-Quartett reingehört habe. Diese ganz neue Einspielung wird allgemeinhin bejubelt, sodass ich wieder schwach geworden bin - obwohl ich mir erst letzes Jahr die GA vom Artemis Quartett gekauft habe. Diese kann ich allerdings wärmstens empfehlen - und zwar vor allen anderen Einspielungen , die ich habe (nicht alle komplett, allerdings): Quartetto Italiano, ABQ, Budapester Streichquartett, Guarnieri Quartet, Leipziger Streichquartett. Ich denke, gerade bei den Beethoven-Streichquartetten wirst Du hier Taminos finden, die weit mehr Einspielungen besitzen als ich. Johannes Röhl oder lutgra, fielen mir da spontan ein.

  • ... und nicht zu vergessen das leider aufgelöste Alban-Berg-Quartett!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • ABQ hattest du ja schon genannt, lieber Felix, die habe ich natürlich auch, dazu Alexander String Quartett, Guarneri-Quartett, Juilliard String Quartet, Hungarian Quartett und Sharon Quartet*, Medici Quartet*, Yale Qartet*, alles Gesamtaufnahmen, wobei die letzten drei (mit Sternchen) eine patchwokr-GA bilden. Dann haben wir ja hier wenigstens zwei Schnittpunkte.
    Interessant wäre die Frage, ob sich das Hungarian Quartet und das Budapester Streichquartett aus den gleichen Musikern zusammensetzt.
    Vielleicht gehöre ich ja zu der gar nicht mal so großen Zahl von Taminos, die in einer Saison sämtliche Streichquartette Beethovens von einem Streichquartett live gehört haben. Ich hatte vor etlichen Jahren das Vergnügen, die "Juilliards" in der Tonhalle Süsseldorf live zu erleben, in sechs Konzerten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Interessant wäre die Frage, ob sich das Hungarian Quartet und das Budapester Streichquartett aus den gleichen Musikern zusammensetzt.


    Nein, das Budapester Streichquartett bestand zur Zeit der Beethoven-Aufnahmen in den 1950ern interessanterweise aus lauter Russen: Josef Roismann (Vn1), Jac Gorodetzky (Vn2), Boris Kroyt (Va), Mischa Schneider (Vc). Das Ungarische Streichquartett gruppierte sich um Sándor Végh und bestand aus lauter Ungarn.

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  • Im Budapester Quartett spielten schon seit den späten 1930ern nur noch Russen..
    http://en.wikipedia.org/wiki/Budapest_Quartet#Move_to_Berlin


    Das ungarische Streichquartett wurde von Vegh mitbegründet, der es aber nach einigen Jahren verließ, um das dann nach ihm benannte Ensemble zu gründen. Sein Nachfolger war Zoltan Szekely (ebenfalls Schüler von Hubay und Kodaly und Widmungsträger von Bartoks (2.) Violinkonzert).
    Mit dem Budapester Quartett gibt es ungefähr 4 Aufnahmen der Beethoven-Quartette: Eine nicht ganz komplette aus den 1930ern/40ern, eine Stereo um 1960, eine Mono um 1950 und eine Reihe von Mitschnitten aus der "Library of Congress"). Die Besetzung wechselte mehrfach, so spielte der auch als Solist und Dirigent bekannte Alexander/Sascha Schneider in den 40ern/50ern viele Jahre zweite Violine


    Mit dem Ungarischen SQ gibt es eine Mono-Aufnahme aus den 1950ern und eine Stereo aus den 1960ern (beide EMI)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Frage werde ich Dir vielleicht in zwei, drei Wochen definitiv beantworten können. Nämlich dann, wenn ich in den bestellten Zyklus vom Belcea-Quartett reingehört habe. Diese ganz neue Einspielung wird allgemeinhin bejubelt, sodass ich wieder schwach geworden bin - obwohl ich mir erst letzes Jahr die GA vom Artemis Quartett gekauft habe. Diese kann ich allerdings wärmstens empfehlen - und zwar vor allen anderen Einspielungen , die ich habe (nicht alle komplett, allerdings): Quartetto Italiano, ABQ, Budapester Streichquartett, Guarnieri Quartet, Leipziger Streichquartett. Ich denke, gerade bei den Beethoven-Streichquartetten wirst Du hier Taminos finden, die weit mehr Einspielungen besitzen als ich. Johannes Röhl oder lutgra, fielen mir da spontan ein.

    Also, ich habe die Belcea GA inzwischen komplett gehört und finde sie ganz famos, gleichauf mit dem Artemis Quartett, das für mich auch in der allerersten Liga spielt. Das Hagen Quartett müsste eigentlich auch weitgehend alles eingespielt haben, allerding bei zwei Labels und alles nur hochpreisige Einzelaufnahmen. Trotzdem auch dies absolute Topeinspielungen, die meisten habe ich. Bevor diese drei herauskammen, war von den neueren Einspielungen die unvollständige mit dem Petersen Quartett meine Liebste, zu schade, dass die sich aufgelöst haben, nun z.T. sind sie ja beim Artemis gelandet. Beim BBC Magazine gab es eine CD beiliegend mit drei Quartetten vom Pavel Haas Quartett gespielt, grandios. Wenn die alles einspielen, werde ich mit Sicherheit wieder schwach.


    Von den etwas älteren kann ich die erste mit dem Tokyo sehr empfehlen, gibt es inzwischen auch sehr günstig und die von Alban Berg und Melos Quartett.


    Frühe wichtige Stereoaufnahmen waren die mit den Juilliards aus den 60ern (meine erste Bekanntschaft mit der Welt der Beethoven'schen Streichquartette), den Guarneris, dem Fine Arts und dem Vegh Quartett. Schon im Regal, aber noch nicht wirklich gehört: Ungarisches SQ (Stereo) und Budapest (Stereozyklus und 40er Mono).


    Warten tue ich auf darauf, dass die DGG mal die Koeckert-Aufnahmen auf CD presst, die sind auch auf Vinyl kaum zu bekommen und wenn dann oft in miserablem Zustand. Die mit dem Wiener Barylli Quartett gibt es inzwischen in Japan, aber für prohibitive € 150.

  • Wenn sie leicht erhältlich wäre, wäre meine Empfehlung für eine GA ungeachtet des etwas suboptimalen Klangs (die LPs seien etwas besser) die Juilliard-GA aus den 1960ern. Da Willi die aber anscheinend schon hat (oder sollte das die aus den 1980ern sein?), würde ich angesichts von vier oder fünf vorhandenen GA eher einzelne Aufnahmen empfehlen.


    Ich besitze mit dem Artemis-Q. nur eine Doppel-CD, die hat mich, obwohl ich sie gut finde, nicht so begeistert, dass ich die GA sofort haben müsste. Zumal mir beim Verpacken meiner CDs für den kommenden Umzug aufgefallen ist, dass ich eigentlich nur von einem Komponisten wirklich abartig viele besitze, nämlich Beethoven (bei anderen ist das meist auf ein paar wenige Werke beschränkt, so zB zehnmal Schuberts Streichquintett). Ich müsste die sicher aber nochmal im Vergleich hören, wofür mir momentan die Muße fehlt,
    Ansonsten wären meine Empfehlungen ähnlich wie Lutgras: die einzeln erschienenen CDs mit dem Hagen Quartett und dem Petersen Quartett. An älteren (1960er) Aufnahmen evtl. noch die späten mit dem Smetana-Q. und evtl auch die späten mit dem LaSalle. Letztere mögen auf den ersten Blick manchmal etwas "cool" und in schnellen Sätzen nicht wild genug sein. Sie sind aber außerordentlich in anderen Aspekten, zB Deutlichkeit der Mittelstimmen.
    Interessant sind auch die HIP-Aufnahmen von op.18 mit dem Smithson (sehr preiswert wiederveröffentlicht) und dem Turner Quartett.


    Abgesehen davon, dass ich tatsächlich nicht mit dem Hören nachkomme, bin ich mit den mir vorliegenden Einspielungen grosso modo sehr zufrieden, so dass ich keinen allzu großen Bedarf für mich sehe, nun noch mehr Alternativen anzuschaffen. Wenn man freilich ins Detail geht, wird man immer etwas finden, das einem noch verbesserungsfähig erscheint... Insofern werde ich irgendwann sicher auch Belcea anhören.


    Außerdem sollte man natürlich vor der 4. oder 5. GA der Beethovenschen erst einmal alle von Haydn anhören, falls noch nicht geschehen. :D

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    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mir würde eine langfristige Threadserie: "Beethovens Streichquartette im Interpretationsvergleich" vorschweben - was zugegeben ein riskantes Projekt in Fragen der Beteiligung wäre. Jedes Quartett bekommt einen eigenen Thread. Jedes Mitglied, das sich berufen fühlt, könnte dort eine oder mehrere (pro Interpretation EIN Beitrag) Aufnahmen vorstellen - und andere könnten bestätigen oder widersprechen, Vergleiche heranziehen etc. Ich fürchte allerdings, daß hier das Interesse nicht ausreichend sein wird.
    ZEIT spielt indes keine Rolle, es dürfte gerne 2 oder 3 Jahre dauern bis alles komplett ist...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Also, ich habe die Belcea GA inzwischen komplett gehört und finde sie ganz famos, gleichauf mit dem Artemis Quartett, das für mich auch in der allerersten Liga spielt.


    Danke für die Einschätzung! Einige Bewertungen bei diversen Internetanbietern scheinen die Artemis-Einspielung systematisch niederschreiben zu wollen. Ich halte die Interpretationen, mit Ausnahme der mittleren Quartette, die mir vielleicht etwas zu nüchtern gespielt werden, für absolut umwerfend. Sowohl op. 18 als auch die späten Quartette habe ich noch nie so detailreich aber trotzdem geschlossen gehört. Ein wahrer Augenöffner is die Interpretation der Großen Fuge. Trotzdem: Belcea ist auf dem Weg zu mir.


    Sehr gerne höre ich dann und wann die Aufnahmen des Budapester Streichquartett, von denen ich die Gesamtaufnahme der von 1951/52 habe (wiederaufgelegt bei united archives) und die mittleren Quartette von 1960/62 (bei Sony). Gerade die mittleren Quartete werden da mit sehr viel Herzblut und Feuer gespielt.

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  • Ich besitze mit dem Artemis-Q. nur eine Doppel-CD, die hat mich, obwohl ich sie gut finde, nicht so begeistert, dass ich die GA sofort haben müsste.

    Welche Quartette sind da drauf? Besonders stark finde ich die Interpretationen von 18/2,3,5 und den späten Quartetten.



    Zitat

    Außerdem sollte man natürlich vor der 4. oder 5. GA der Beethovenschen erst einmal alle von Haydn anhören, falls noch nicht geschehen. :D

    Das beziehe ich mal nicht auf mich ;)

  • Mir würde eine langfristige Threadserie: "Beethovens Streichquartette im Interpretationsvergleich" vorschweben - was zugegeben ein riskantes Projekt in Fragen der Beteiligung wäre. Jedes Quartett bekommt einen eigenen Thread. Jedes Mitglied, das sich berufen fühlt, könnte dort eine oder mehrere (pro Interpretation EIN Beitrag) Aufnahmen vorstellen - und andere könnten bestätigen oder widersprechen, Vergleiche heranziehen etc. Ich fürchte allerdings, daß hier das Interesse nicht ausreichend sein wird.
    ZEIT spielt indes keine Rolle, es dürfte gerne 2 oder 3 Jahre dauern bis alles komplett ist...


    Ein sicherlich guter Vorschlag! Witzigerweise ist mir so etwas gerade heute bezüglich der Beethoven Klaviersonaten durch den Kopf gegangen. Die Beteiligung wird sich allerdings - wie wir wissen - eher in Grenzen halten. Wenn sich ein paar Leute finden, mache ich aber sicher mit.

  • Ich wäre auch daran interessiert, sowohl bei den Klaviersonaten als auch bei den Streichquartetten mitzumachen, das würde meine "festgefahreren" Hörgewohnheiten auch mal etwas auflockern.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich fände es bezüglich der Streichquartette auch sehr interessant, da man ja immer eher von den Gesamtaufnahmen spricht und ich mir zugegebenermassen selten einzelne Quartette im Vergleich angehört habe. Aber das ist bestimmt lohnenswert. Sicher ein Spezialisten-Thread, aber why not. Ich mach mit.


    Bei den Sonaten gibt es natürlich das Standardwerk von Joachim Kaiser, das ich in grauer Vorzeit mal durchgeackert habe. Aber es gibt natürlich sehr viele neue Einspielungen inzwischen.

  • Es gibt schon zu allen Streichquartetten (bei op.18 evtl nur kollektiv) threads, die auch noch nicht so umfangreich sind, dass man da nicht vergleichend was zu Interpretationen schreiben könnte.


    (Vom Artemis Q besitze ich op.18/2?, 59/3, 131 und 132. Sie sind sehr gut, haben mich aber bei meinen Lieblingswerken 131 und 132 erstmal nicht so umgehauen, dass ich die GA haben musste, als sie dann später herauskam. Und wegen der schon überfüllten Sammlung hatte ich mir eigentlich vorgenommen, lieber noch zwei einzelne CDs nachzulegen (etwa op.130/133 und die mit 59/1, das auch sehr gelobt wurde).


    Insgesamt fehlt mir vielleicht noch ein wenig der Sinn für Nuancen (oder ich behalte die nicht lange genug in Erinnerung). Ich bin in diesem Repertoire selten richtig enttäuscht worden. Wieder abgegeben habe ich nur einmal opp.59 +74 mit dem Suske Quartett, was zwar wunderbar klangschön gespielt war, aber so arm an Feuer und Temperament, dass es mich eher gelangweilt hat (einzig op.74, ein Stück, das ich damals noch nicht so sehr mochte, hat einigermaßen funktioniert).

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  • Gerade 59/1 finde ich witzigerweise nicht ganz so toll beim Artemis-Q., da mMn etwas unterkühlt. Früher war dieses Quartett mein absoluter Liebling unter den Beethovenquartetten, weshalb mich das zunächst etwas irritiert hat. Aber die perfekte Gesamteinspielung wird es wohl nie geben - bei Haydn schon gar nicht!

  • Insgesamt fehlt mir vielleicht noch ein wenig der Sinn für Nuancen (oder ich behalte die nicht lange genug in Erinnerung). Ich bin in diesem Repertoire selten richtig enttäuscht worden. Wieder abgegeben habe ich nur einmal opp.59 +74 mit dem Suske Quartett, was zwar wunderbar klangschön gespielt war, aber so arm an Feuer und Temperament, dass es mich eher gelangweilt hat (einzig op.74, ein Stück, das ich damals noch nicht so sehr mochte, hat einigermaßen funktioniert).


    Das ist auch nicht immer einfach.


    Gerade die späteren Quartette zeichnen sich durch sehr eigenständige, komplizierte Strukturen aus, die schwer zu vergleichen sind. Ich habe zwar nur Alban Berg gesamt und Artemis gesamt, dazu einige Einzelaufnahmen, aber bei einem eigenen Vergleichsthread wäre ich natürlich auch dabei.


    Das bei Artemis eine "Unterkühlung" festgestellt wird, kann ich nachvollziehen. Das ist bestimmt nicht jedermanns Geschmack, lohnt aber immer einer intensive Analyse.

  • Sehr empfehlenswert, eine fast-GA aus den 1940er Jahren.


    Paganini Quartet
    United Archives


    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Gerade höre ich Beethovens op. 130 aus der abgebildeten CD in einer Live-Aufnahme von 1960, gestern auch die anderen "Späten". In einem Beitrag weiter oben schrieb ich vor einiger Zeit, dass ich diese Einspielungen der Budapester als kraftlos empfinde. Das muss ich jetzt entschieden zurücknehmen; ich vermute, dass ich damals etwas irritiert über so manche SEHR langsame Adagio-Passagen gewesen bin. Jetzt kann ich diese Art der Interpretation gut annehmen. Kraftvoll sind die Einspielungen in jedem Fall; die etwas spätere Studio-Einspielungen werde ich mir aber noch besorgen müssen. Respekt auch für den Schlusssatz, die (natürlich unbearbeitet) großartig gelungene Große Fuge.



    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo,


    meine Einstellung zu der Musik Beethovens ähnelt der zu Mozart. Beide haben ganz große Werke komponiert, aber nicht alles von Ihnen empfinde ich als großartig oder inspiriert. Bei Beethoven finde ich immer wieder einzelne inspirierte Sätze, umgeben von emotional armen oder leeren Sätzen, die eher motorisch wirken. Nicht wenige seiner Kompositionen haben auch gar keinen inspirierten Satz. Dies gilt aber nicht für seine Streichquartette ab op. 74 bis op. 135. Diese gehören vor mir ohne Frage zu den großartigsten Streichquartetten, die wir besitzen, es gibt nach meiner Ansicht in ihnen keinen schwachen Satz. Sie sind durch und durch inspiriert, wirken emotional und sie sind avantgardistisch und hoch originell komponiert. Bekanntschaft schloß ich mit diesen Werken durch eine Aufnahme des Guarneri-Quartettes mit op. 74 und op. 131 - sie spielen ausgezeichnet, wie ich finde. Gerade op. 131 habe sehr oft gehört, es war und ist wohl noch mein Lieblingsquartett von Beethoven. Ich suchte dann eine Gesamtaufnahme und habe mich für das Vegh-Quartett entschieden. Das Melos-Quartett, das Alban-Berg-Quartett oder auch das Auryn-Quartett überzeugten mich aus verschiedenen Gründen wenig. Das Vegh-Quartett artikuliert und phrasiert musikalisch sinnvoll, es forciert nie (das halte ich bei dieser Musik für wichtig), spielt aber extrem laut, wenn es sein muß (op. 135). Das Vibrato ist hier ein sehr zurückhaltendes Stilmittel und das halte ich für richtig. Sandor Vegh hat einmal gesagt, daß heutzutage alles mit einem Vibrato übergossen würde, wie mit einer guten Generalsauce. Diese Bemerkung halte ich für überaus treffend. Herbert von Karajan hat seinem Orchester gesagt: "Sie müssen vibrieren, bis der Arm abfällt" - diese Lösung ist nicht richtig, wie ich meine. Vibrato ist eben ein Stilmittel, was sehr gezielt eingesetzt werden muß und das Vegh-Quartett tut es. Das Klangbild hat gutes (trockene Raumakustik aus dem Musica Theatre in La Chaux de Fonds) und problematisches (etwas dumpf, vermutlich entrauscht und vermutlich Pegeldifferenz-Stereophonie). Hier kann man bei jpc in die Aufnahmen hineinhören, die nun bei Naive erschienen sind (ob Naive das Klangbild verändert hat, weiß ich nicht). Titel 1 auf CD 8 ist op. 131:



    Liebe Grüße


    Andreas


    Meine "Musik-Ansprache"

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

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  • Beethoven's Streichquartette sind ohne Zweifel einer der Höhepunkte dieser Gattung, meiner unwesentlichen Meinung nach auch der Höhepunkt von Beethoven's Schaffen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass jedes renommierte Streichquartett die 16 Meisterwerke möglichst komplett aufnehmen möchte. Das hat zu einer kaum noch überschaubaren Flut an Gesamteinspielungen geführt, die vermutlich niemand alle kennt und überblickt.


    Mit jeder weiteren Aufnahme stellt sich dann die Frage: wer soll die noch kaufen. Jedenfalls frage ich mich das bei der Aufnahme des Quatuor Alcan, dessen erste Folge (op 18.1-6) gerade im Anmarsch ist. Dieses kanadische Quartett ist sicher hoch respektabel und verfügt auch über eine bereits beachtliche Discographie. Und einiges z.B. die CD mit dem Streichquartett von Glenn Gould würde ich sogar kaufen. Aber Beethoven komplett... wer außer Freunden, Nachbarn, kanadischen Musikbibliotheken und vielleicht Konzertbesuchern kauft das?


    Aber vielleicht täusche ich mich, vielleicht ist das die Aufnahme, auf die wir alle gewartet haben...

  • Eine der historischen Aufnahmen des Beethoven Kosmos, die ich gerne auf CD sehen würde, ist die Aufnahme mit dem Koeckert Quartett aus den 50er Jahren. Warum uns gerade diese vorenthalten wird, obwohl alle Aufnahmen mit Amadeus und Janacek Quartett längst vom Gelblabel veröffentlicht wurden, weiß der Geier. Zumindest zwei der Quartette bringt jetzt ein obskures Label auf den Markt. Ob es sich dabei um Liveaufnahmen oder Teile der DGG-GA handelt, ist nicht ersichtlich. Vielleicht erinnert sich ja bei DGG jetzt mal jemand an diese Aufnahmen.


  • Inzwischen hat auch das Philharmonia Quartett Berlin seine über 20 Jahre entstandene GA komplettiert und bringt sie zu einem vernünftigen Preis auf den Markt.

  • Für die Einspielung der Streichquartette op. 18 ist für mich die Aufnahme durch das BUDAPESTER STREICHQUARTETT konkurrenzlos. Einfach großartig, wie man das op. 18 Nr. 2, eines meiner Lieblingsquartette, auf ihren herrlichen Stradivaris in der Besetzung JOSEPH ROISMAN, JAC GORODETZKY, BORIS KROYT und MISCHA SCHNEIDER erklingen läßt. Diese Aufnahme von 1951/52 wurde auch mit den denkbar besten Kritiken in der "TIME", der "NEW YORK TIMES" ( Harold C. Schonberg!!), DER "SATURDAY REVIEW" und in der HIFI/STEREO REVIEW bedacht, wie auch die Einspielungen des op. 59, in der fono forum fast durchweg mit großem Lob besprochen wurden, z. B. durch W. Abendroth: ..."mit der unvergleichlichen Würze seiner Tongebung...Die Interpetation ist von der ersten bis zur letzten Note von gleichmäßiger Schönheit".
    An anderer Stelle war in der New York Times über dieses Quartett zu lesen: "If there is a finer string quartet in existence than the Budapest Quartet, it has not made itself known on this side of the Atlantic. Here is a Quartet unrivalled for balance and blending of suave, soulful and immaculately pure tone, which achieves a unity of effect that could hardly be bettered and brings a poetry and understanding to its interpretations unmatched by any other organization of its kind today".


    Sicher gab es in der Folge noch andere hervorragende Einspielungen der BEETHOVEN-Streichquartette, z. B. durch das AMADEUS-QUARTETT, doch haben die Budapester auch bis heute nichts von ihrem besonderen Reiz verloren.



    Für die Aufnahme der Quartette op. 59 ist für mich dann auch das AMADEUS-QUARTETT die erste Wahl. Im Hinblick auf diese Einspielung rühmte denn auch Ingo Harden die "strenge Gespanntheit des Musizierens, ein sehr homogenes und technisch souveeränes Ensemblespiel, die schnelle Tempi ohne Einbußen an Durchsichtigkeit, die rhythmische Präzision, und insgesamt die herbe und helle Klangschönheit"
    Bei der damaligen Besprechung der Aufnahme in der Fono Forum stellte Manfred Kahlweit fest: "Wenn man BEETHOVEN's op. 59 Nr 1 auflegt, wird einem die künstlerische Bedeutung und Potenz der AMADEUS-Leute so recht deutlich. Sie nehmen die Tempi in allen diesen mittleren BEETHOVEN -Quartetten überraschend schnell und gehen in der Darstellung der Dramatik aufs Ganze. Der Zyklus op. 59 wird dadurch zu einem Erlebnis, und ich kenne keine andere Schallplattenaufnahme, die der Geschlossenheit und dem Eindruck dieser Aufnahme gleichkäme... Ich halte das op. 59 für die beste zur Zeit auf dem Schallplattenmarkt erhältliche Aufnahme".
    Ich kann mich dieser Meinung in fast jeder Beziehung nur anschließen, bei allen unbestreitbaren Qualitäten, die auch andere nachfolgende Einspielungen aufweisen mögen.



    A propos BEETHOVEN-Quartette: Es gibt da noch eine kleine Rarität in Form einer Einspielung des op. 18/2 durch das SILZER-QUARTETT auf alten Instrumenten, die zwar naturgemäß auf technischem Niveau nicht mit den beiden obigen Interpretationen verglichen werden kann, die aber doch auch ihren eigenen Reiz hat, da man dadurch eine kleine Vorstellung bekommt, wie die Quartette zu Beethoven's Zeit geklungen haben mögen, auch wenn diese Instrumente natürlich auch einer Restauration unterzogen wurden.


    wok

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  • Ich halte das op. 59 für die beste zur Zeit auf dem Schallplattenmarkt erhältliche Aufnahme".


    Bezieht sich das auf die gezeigte Ausgabe von Rundfunkmitschnitten oder auf die Studioeinspielungen bei der Deutschen Grammophon? Sind denn die Rundfunkmitschnitte besser auch wenn sie mono sind?

  • Das Vegh Quartett hat die Beethoven Quartett zweimal komplett eingespielt, einmal 1952 für das Haydn Society Label und dann in den 60/70er Jahren für das französische Valois-Label, diese Aufnahmen wurde in Deutschland von Telefunken aufgelegt.


    Die frühen Monoaufnahmen sind derzeit auf CD nicht mehr vernünftig greifbar, aber iTunes bietet sie zum download an, für sage und schreibe € 3,99. Wohlgemerkt alle 16. Zum Kennenlernen lohnt sich das auf alle Fälle. Vor allem Anbetracht des derzeit geforderten Preises für die CD-Box.


  • Bezieht sich das auf die gezeigte Ausgabe von Rundfunkmitschnitten oder auf die Studioeinspielungen bei der Deutschen Grammophon? Sind denn die Rundfunkmitschnitte besser auch wenn sie mono sind?

    Hallo Lutgra,


    Die zitierte Aussage von Manfred Kahlweit bezieht sich auf die Einspielung bei der DGG, für die ich aber jetzt bei Amazon keine Aufnahme fand. Das AMADEUS-QUARTETT hat aber dieses Werk so oft gespielt - und für die Kontinuität der Aufführungsqualität war dieses Quartett bekannt - daß angenommen werden darf, daß sich der gezeigte Rundfunkmitschitt, den ich leider nicht besitze, nicht wesentlich von der DGG-Aufnahme unterscheidet.


    Gruß
    wok

  • Hallo Wok


    vielen Dank für die Erläuterungen. Da ich die DGG-Box mit allen Quartetten im Regal stehen habe, ist dann erst einmal für mich kein Handlungsbedarf.


    Liebe Grüße
    lutgra


  • Hallo miteinander,


    eine Frage an die Experten hier:


    Ich bin auf der Suche nach einer neueren GA der Beethovenquartette, die sowohl von der Interpretation als auch von der Aufnahmetechnik her top ist. Vielleicht könnt ihr mir da etwaqs empfehlen.


    Mit bestem Dank im voraus,


    John Doe
    :hello:

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