Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr 5 op 67 "Schicksalssinfonie"

  • Zinman empfinde ich auch als runtergespielt.


    Aber wie! :thumbsup: … ein präzises Uhrwerk …


    Trotzdem bleibt er auf meiner Play-Liste … 8-)

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Zitat

    Felix Meritis: Abschließend möchte ich nur sagen, dass man nirgendwo mit so vielen hervorragenden Einspielungen versorgt ist wie bei Beethovens Symphonik.

    Das möchte ich unterstreichen, lieber Felix, zumal ich denke, dass es nicht nur in der Vergangenheit, da allerdings in größerer Breite und breiterer Spitze den Dirigenten, die wirklich Großes leisten wollten, darum ging, wenigstens eine international spitzenmäßige Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien, wobei einer der Größten aller Zeiten, Wilhelm Furtwängler vielleicht fünfzehn Jahre zu früh gelebt hat bzw. gestorben ist, um dieses Ziel zu erreichen, d.h. eine GA mit einem Orchester in einem überschaubaren Zeitraum in einer klanglich guten Version aufzunehmen. Ich bin allerdings nicht sicher, ob heute in dieser Breite und Spitze noch so viele Gesamtaufnahmen zu Stande kommen (können). Das Gleiche gilt für Brahms, Bruckner, Mahler, Schubert, Schumann, Mendelssohn, Tschaikowsky u.a.
    Wie schwierig, vielleicht auch kaum möglich es für Dirigenten (gewesen) ist, z. B. nur gleich herausragende GA's von Beethoven, Bruckner und Mahler zu erstellen, sieht man daran, dass es kaum welche gibt, die von allen drei Komponisten adäquate GA's aufgenommen haben. mir fallen da auf Anhieb nur Barenboim, Chailly und Solti ein. Von Barenboim und Chailly fehlen mir allerdings die Mahler-GA's, da habe ich nur Einzelaufnahmen, und von Solti habe ich nur einzelne Bruckner-Aufnahmen. Bernstein hat kaum Bruckner aufgenommen, von Furtwängler kenne ich nur einzelne Lieder-Aufnahmen von Mahler, (ich habe eine mit Fischer-Dieskau "Lieder eines fahrenden Gesellen"), Wand fand "keinen Zugang" zu Mahlers Musik, und von Böhm sind mir auch nur die "Lieder eines fahrenden Gesellen" mit Christa Ludwig bekannt.
    Von Klemperer schließlich fehlen, wenn mich nicht alles täuscht, einige Bruckner-Symphonien (Nr. 1-3), jedenfalls in Stereo, und auch einige Mahler-Symphonien.
    Wenn man jetzt noch Wagner dazunimmt, bleiben nur noch Barenboim und Solti übrig.


    Wie dem auch sei, ich glaube, es ist auch heute noch erstrebenswert für einen Dirigenten, eine (wenigstens) gute GA von Beethovens Symphonien aufzunehmnen.
    Lassen wir uns überraschen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wie schwierig, vielleicht auch kaum möglich es für Dirigenten (gewesen) ist, z. B. nur gleich herausragende GA's von Beethoven, Bruckner und Mahler zu erstellen, sieht man daran, dass es kaum welche gibt, die von allen drei Komponisten adäquate GA's aufgenommen haben. mir fallen da auf Anhieb nur Barenboim, Chailly und Solti ein.


    Wenngleich m.W. kein vollständiger Bruckner-Zyklus erhältlich ist(*), sollte man in dieser Aufzählung Michael Gielen nicht unterschlagen ;)


    (*) Es scheinen die ersten beiden zu fehlen. Interessanterweise habe ich Gielen allerdings Live mit Bruckners Erster erlebt ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Kein Bild bei a.... sichtbar


    Carlo Maria Giulini, Beethoven 5,
    Das Philharmonische Orchester der Mailänder Scala
    Mailand, 10/1993
    Satzzeiten: 8:24-10:13-5:46-10:15 – 34:28 min.;


    Giulini dirigierte die Fünfte von Beethoven in einem zu der Zeit schon breiteren Tempo, was aber nicht dazu führte, dass etwas die Musik beiläufig oder langweilig klänge, nein, ebenso wie seine Bruckner-Dirigate in den späten Achtzigern ist auch diese Einspielung sehr spannungsreich, und die Philharmoniker der Mailänder Scala spielen ausgezeichnet, und der Klang ist erstaunlich durchhörbar. Sogar bei den tiefen Streichern konnte ich auch im Tutti einiges vernehmen, das ich so noch nicht wissentlich gehört hatte.
    Da ich mich zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführlicher mit diesen Aufnahmen beschäftigen werde, sei nur noch soviel gesagt: die Scala-Philharmoniker scheinen mit einem ähnlich großen Aufgebot wie die Berliner unter Karajan gespielt zu haben, großer Klang, ausgezeichnete Hörner, homogener Streicherklang. Wenn die anderen acht Sinfonien (mit verschiedenen Orchestern) auch so gut sind, scheint dies doch ein beachtlicher Zyklus zu sein.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wie schwierig, vielleicht auch kaum möglich es für Dirigenten (gewesen) ist, z. B. nur gleich herausragende GA's von Beethoven, Bruckner und Mahler zu erstellen, sieht man daran, dass es kaum welche gibt, die von allen drei Komponisten adäquate GA's aufgenommen haben.


    Haitink käme mir da noch in den Sinn:


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  • Kein Bild bei a.....


    Beethoven: Symphonie Nr. 5
    La Scala Philharmonic Orchestra
    Carlo Maria Giulini
    Teatro Abanella, Mailand, 17.—20. Oktober 1993


    Willi spricht in Beitrag Nr. 364 von breiteren Tempi des alten, fast 80jährigen Giulini. Das stimmt soweit, allerdings ist auffällig, dass Giulini für die Vierte und sogar für die "kleine" Zweite jeweils über 38 Minuten braucht. Da sind 34:28 für die Fünfte fast noch moderat. Die Spielzeiten unterscheiden sich nicht sehr stark von denen, die Bernstein in seiner wohl besten Aufnahme dieses Werkes mit dem BRSO wählte. Klanglich präsentiert sich die Einspielung wieder von ihrer besten Seite. Erneut müssen die tiefen Instrumente besonders hervorgehoben werden. Sie werden hier wie selten anderswo in mühevoller Detailarbeit hörbar gemacht. Ist der Kopfsatz naturgemäß in seiner Wucht bereits einer der absoluten Höhepunkte nicht nur dieser Symphonie, sondern der gesamten Symphonik, so folgt auf das tief empfundene Adagio mit dem geheimnisvollen Scherzo und der phänomenalen Überleitung zum Finalsatz der zweite. Ich habe noch nie in den ersten Takten des vierten Satzes die Posaunen derart präsent gehört wie hier. Richtig markerschütternd! Im weiteren Verlauf entpuppt sich der Schlusssatz dann auch als der Gipfel des Werkes. Eigentlich könnte man ihn sich beinahe in Endlosschleife anhören, so stimmig kommt das alles daher. Am Ende ist man tief beeindruckt und kann nur resümieren, dass hier eine der besten Aufnahmen der Fünften vorliegt. Von nachlassender Intensität des Dirigenten im hohen Alter kann m. E. keine Rede sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich hatte ja an anderer Stelle, lieber Joseph, schon davon gesprochen, dass ich die Tempo-Verlangsamung bei Giulini nicht dem Alter zusprach, sondern der "altersweiseren" Einsicht und psychologisch-philosphischen Durchdringung, ähnlich wie Celi.
    Ansonsten meine ich zu erinnern, dass eigentlich durchweg die Zweite und die Vierte, egal ob mit oder ohne Wiederholung, länger sind als die Fünfte, so dass also der Zeitunterschied zwischen der Zweiten und der Vierten einerseits und der Fünften andererseits durchaus Sinn macht.
    Ansonsten kann ich deinen weiteren Informationen und Empfindungen nur voll zustimmen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Beethoven, Sinfonie Nr. 5 c-moll op. 67
    Münchener Philharmoniker,
    Dirigent: Rudolf Kempe
    AD: Juni 1972


    Spielzeiten: 8:04 - 10:55 - 5:40 - 8:39 – 33:18 min.;


    Kempe nimmt den Kopfsatz wesentlich langsamer als Karajan 1977, den ich schon bei der Vierten zum Zeitvergleich herangezogen hatte. Die beinahe völlige zeitliche Übereinstimmung in allen vier Sätzen bei der Vierten ist hier nicht gegeben. Nur im Finale stimmen sie völlig überein. Doch dazu später.
    Trotz des eher zurückhaltenden Tempos gelingt es Kempe hier jedoch m.E., ein großsymphonisches, spannungsgeladenes Klanggebäude aufzubauen. Die Blechbläser sind prägnant, auch die Pauken sind gut durchzuhören, und ich meine, dass die tiefen Streicher in den Begleitfiguren plastischer zu vernehmen sind als in der mehr mischklangorientierten Karajanaufnahme. Die Exposition wiederholen hier beide.
    Im Andante con moto lässt Kempe noch mehr Ruhe walten, wobei er von der Intensität des Musizieren m.E. Karajan in Nichts nachsteht und auch die beiden großen Blechbläsersteigerungen, die den finalen Jubel in C-Dur schon vorwegnehmen, werde mustergültig und mitreißend ausmusiziert.
    Auch den dritten Satz belässt Kempe in seinem Zeitschema. Auch hier ist er eine gute Minute langsamer als Karajan, aber im Vergleich zu Celibidache ist er noch etwas schneller.
    Wieder eine ganz andere Diskussion wäre es wert, die dritten Sätze von Harnoncourt, Goodman und Norrington zu vergleichen um nur drei zu nennen, die gleich mehrere Minuten länger spielen lassen, was aber m.E. nur auf Wiederholungen zurückzuführen ist, die die „Großen Alten“ nicht spielen lassen.
    Das Finale lässt die Vermutung zu, dass Kempe alles auf diesen Satz zugeschnitten hat. Während der Kopfsatz bei Karajan schon ein echter großer Höhepunkt ist, legt Kempe eben auch im Ausdruck viel Wert auf das Andante, und im Finale reißen dann alle Dämme. Auch temporal, aber vor allem auch ausdrucksmäßig ist der dann absolut auf Augenhöhe mit Karajan, so wie es seine Münchener Philharmoniker mit den Berlinern sind. So kann man bis hierhin die Fünfte schon als einen Höhepunkt in dieser Gesamtaufnahme ansehen.


    Hier noch einmal die Spielzeiten:


    Kempe 1972: 8:04-10:55-5:40-8:39 – 33:18 min.;
    Karajan 1977: 7:08-09:28-4:37-8:39 – 29:52 min.;


    Liebe Grüße


    Willi

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  • Beethoven, Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 "Schicksalssymphonie"
    Berliner Philahrmoniker
    Dirigent: Herbert von Karajan
    AD: 2/1972
    Spielzeiten: 7:11-9:08-4:47-9:02 -- 30:08 min.;


    Über Herbert von Karajan und Beethovens Fünfte ist schon viel gesagt worden, deshalb hier nur vorab eins: Wenn es irgendeine Symphonie auf Gottes weitem Erdboden gibt, bei deren Interpretation er keinen Vergleich zu scheuen braucht, dann die Fünfte. In dieser Live-Aufnahme aus dem Februar 1972 aus der Berliner Philharmonie ist ein Brio, eine dramatische Zuspitzung, eine beinahe grenzenlose Energie und eine klangliche und expressive Qualität im Orchester erreicht, wie ich es selten, vielleicht noch nie gehört habe. Nur ein Sache, die Alfred einmal bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi belächelt hat: ein völliges, nicht nur geistiges, sondern auch körperliches Aufgehen in der Musik und bedingungsloses Mitgehen mit dem Dirigenten, habe ich nur selten gesehen, und eben auch hier.
    Damit kein Irrtum entsteht: auch wenn Karajan während des ganzen Konzertes die Augen geschlossen hat und grimmig dreinschaut, die Wirkung auf das Orchester und das Publikum ist sehr psoitiv, das entstandene musikalische Ergebnis kaum noch zu toppen.
    Um auf eine einzelne Instrumentengruppe einzugehen: Werner Thärichen an den Pauken hatte selten so viel Gelegenheit, "vorzudringen", wie hier.


    Ich würde diese Aufnahme fasst noch der aus der ersten Gesamtaufnahme 1962/63 vorziehen.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 "Schicksalssymphonie"
    Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
    Dirigent: Paavo Järvi
    AD. 12. 9. 2009
    Spielzeiten: 7:00-8:24-4:40-9:18 -- 29:22 min.;


    Ich habe diese Aufnahme, die ich schon etliche Male gehört habe, ebenso wie die vorherige, eigens an diese Stelle gesetzt, weil ich glaube, einige Parallelen zwischen Karajan und Järvi entdeckt zu haben, was vor allem das musikalische Gebiet betrifft. Beiden Dirigenten bevorzugen einen extrovertierten Dirigierstil, führen ihr Orchester suggestiv, reißen es auf diese Weise unheimlich mit und führen es zu ungeheuer ausdrucksvollen Aufführungen. Nun hat sich in den knapp 40 Jahren, die zwischen diesen beiden Aufnahmen liegen, Einiges geändert. Zum Einen gab es vor vierzig Jahren kein Kammerorchester, das Beethoven-Symphonien aufgeführt hat, jedenfalls nicht auf der Schallplatte dokumentiert, so viel ich weiß. Kammerorchester spielten damals Bach, bestenfalls Mozart. All das habe ich auch in meiner Sammlung. Aber dann kamen 10 Jahre später die ersten englischen Kammerorchester, die sich in das Beethovensche Territorium wagten. Sie zeichneten sich durch Originalklang aus und vergrößerten bei bestimmten Beethoven-Symphonien auch mal ihre Besetzung.
    Die Bremer sielen nun die Fünfte immer noch mit drei Kontrabässen und auch sonst mit relativ knapper Besetzung, aber mit welcher instrumentalen Wucht und Verve, mit welchem Brio mit welcher Begeisterung und mit welcher Präzision. Insofern passen Järvi und sein Orchester bestens an diese Stelle, weil ich denke, dass er mit zu der Handvoll Dirigenten gehört, die den Anschluss an die "Großen Alten" schaffen können.


    Jedenfalls gehört m. E. diese Aufnahme der Fünften Beethoven zu den m. E. herausragenden des bisherigen 21. Jahrhunderts.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Höre gerade Beethovens 2. Sinfonie von 1969 mit dem Concertgebouw Orchestra unter Rafael Kubelik. Wunderbar!!!
    Sollte er jemals auch die Fünfte in dieser Art dirigiert haben, wäre sie unter meinen Favoriten eingereiht.
    Kann jemand dazu etwas sagen?

  • Höre gerade Beethovens 2. Sinfonie von 1969 mit dem Concertgebouw Orchestra unter Rafael Kubelik. Wunderbar!!!
    Sollte er jemals auch die Fünfte in dieser Art dirigiert haben, wäre sie unter meinen Favoriten eingereiht.
    Kann jemand dazu etwas sagen?


    Nein, aber Kubelik hat für die DG ja bei jeder Sinfonie ein anderes Orchester, bei der 5. meiner Erinnerung nach Boston. Vielleicht wäre das einen Versuch wert?

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zum einen: Ja, die 5. wurde mit dem Boston Symphony Orchestra eingespielt.


    [/am]


    Es gibt noch weitere Aufnahmen, "live" mit dem Philharmonia Orchestra und dem SO des Bayer. Rdfs.


    710V4QiVx6L._SL300_.jpg


    71AvtrBgEhL._SL300_.jpg


    Ich kenne nur die Studioaufnahme der Deutschen Grammophon und die kann in Bezug auf den Schwung, die Frische und der Spontaneität der Interpretation der von hami1799 gehörten 2. Sinfonie aus Amsterdam (aus dem Gedächtnis) nicht mithalten.


    Zwar hat Rafael Kubelik viele hervorragende Studioaufnahmen hinterlassen, aber die 5. zählt für mich nicht zu den absoluten Spitzenaufnahmen. Gleichwohl präsentiert sie sich auf einem hohen Niveau.


    Von der 2. Sinfonie existiert übrigens eine auch sehr empfehlenswerte live-Aufnahme:


    51SbJe-EJ8L.jpg

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Jedenfalls gehört m. E. diese Aufnahme der Fünften Beethoven zu den m. E. herausragenden des bisherigen 21. Jahrhunderts.

    Deine Meinung , lieber Willy, teile ich überhaupt nicht. Diese Version (http://www.youtube.com/watch?v=RBlQSyHV92Y) wirkt aüßerlich, wie viele andere. Fast alles ist mechanisch gespielt (der Dirigent scheint auch nie die Musik zu erleben), alles was laut ist wird schwer da wo Karajan eine überirdische Musik durch u.a eine raffinierte Dynamik schafft. Bei Karajan hat man nie den Eindruck daß Beethoven mehrere hundert Male das Anfangsmotiv wiederholt weil alles sehr flüßig, organisch gespielt und sehr klug in Szene gesetzt wird. Was sollen auch die zwei viel zu kurze Orgelpunkte am Anfang? Die Trageweite des Werkes ist im Keim erstickt ! Nur lange Orgelpunkte (Karajan) vermögen eine adäquate Dramatik zu entfalten, und obendrein ist es eine ganz erstaunliche Sache, daß Beethoven einen so schwungvollen Satz mit zwei Bremsen beginnt. Es kommt nicht von ungefähr, dieses Motiv soll sich im Gedächtnis des Hörers einprägen und nicht sozusagen en passant gespielt werden. Und diese dynamische Stoßwellen im zweitem Thema ? Beethoven hat nie sowas geschrieben.
    Andante con moto : Am Anfang glaubt man einen Walzer zu hören. Was sollen diese Verzögerungen Takt 4,5,6, und später diese merkwürdige Phrasierungen ?
    Die ganze Freiheiten die Järvi sich mit der Partitur erlaubt, alles was persönlich wirkt, beweisen obendrein daß er keinen guten Geschmack hat, was das Schlimmste für einen Musiker ist.
    Fazit : für mich ist Karajan immer noch unübertroffen und bei Weitem!
    Viele Grüße
    Jacques

  • Zitat Jacques

    Zitat

    Die ganze Freiheiten die Järvi sich mit der Partitur erlaubt, alles was persönlich wirkt, beweisen obendrein daß er keinen guten Geschmack hat, was das Schlimmste für einen Musiker ist.


    Lieber Jacques,
    Du kannst eigentlich nur meinen: einen Geschmack hat, der mit dem Deinigen nicht kompatibel ist ;)
    Das kommt vor, hat aber seine Berechtigung :yes:
    Daß Dir Karajan unübertroffen ist, ist ja in Ordnung, dennoch: eine Lesart als die richtige anzusehen, halte ich – obwohl Du benannt hast, was Dir nicht gefällt – meinerseits aber nicht nur für problematisch, sondern für eine Diskussion geradezu kontraproduktiv.


    Und eine Frage müsstest Du mir bitte ebenfalls beantworten: wo wirkt ein Dirigat eigentlich nicht persönlich?


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

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  • Die Fünfte höre ich nicht mehr häufig. Dennoch genieße ich sie jedes Mal. Sie und die Sechste sind es auch, die mich Klassikhören haben ausprobieren lassen - bei meinem Vater liefen sie immer wieder...


    Ich höre ausschließlich diese Fünfte - habe keinen Bedarf, eine andere zu finden. Viele Leute schwören wohl auf Kleiber.


  • Nun, die Inkarnation der Partiturtreue ist Karajan jedenfalls auch nicht, bezogen auf die Studioaufnahmen 1-3. "Dramaturgie und Choreographie" sind natürlich geschickt aufgebaut, dem fallen jedoch auch einige Details zum Opfer, die Beethoven vermutlich nicht unintentional notiert hat. Es ist schon nachvollziehbar, Karajan zum Favoriten zu küren; den großen Abstand zu allen "Mitkonkurrenten" kann ich jedoch nicht sehen.


    Lieber Jaques, Du hast hier in kurzer Zeit schon etliche sehr interessante und kompetente Beethoven-Beiträge verfasst. Könntest Du vielleicht die Superiorität Karajans in diesem Werk näher beschreiben, vielleicht im Vergleich zu ebenfalls gelungen Alternativaufnahmen?


    Beste Grüße!

  • Ich muss gleich zum Üben fahren und habe zu der in Beitrag 376 aufgeführten Aufnahme im Forum schon recht viel im Stile eines dreifachen :hail::hail::hail: geschrieben.


    Neulich hörte ich diese CD zusammen mit einem Kantor- und Dirigentenkollegen im Vergleich mit der Thielemann-Aufnahme. Ich mochte Thielemanns ausgearbeiteten 2. Satz sehr - allerdings konnte mich diese schöne neue Aufnahme in keinster Weise von meiner mit Jacques sehr übereinstimmenden Meinung abbringen, vor allem weil es ja noch die anderen Sätze gibt. Das Finale ist bei Karajan einfach grandios. Es wirkt von vorne bis hinten wie eine einzige dramatische Begebenheit. Der Erzählfluss lässt nie Langeweile aufkommen.


    Gestern hörte ich noch während einer längeren Fahrt die 5. in der Bernstein-Interpretation (WPO).
    Die konnte an meiner wirklich haushohen Karajan-Vorliebe noch viel weniger kratzen als die Thielemann-Aufführung.
    Nicht nur von der Interpretation her, auch von der Perfektion und vom Orchesterklang her höre ich da echte Klassenunterschiede. Karajans Aufnahme spielt da in ihrer ganz eigenen Klasse. Die 5. lag im Gegensatz zur 6. diesem Dirigenten mit seinem Ausnahmecharisma sehr.
    Dass ich auch den grossen Abstand zu allen Mitkonkurrenten sehe, ist schlicht und ergreifend eine persönliche Geschmacksentscheidung. Ich mag diese Symphonie so einfach am liebsten hören und kam bisher nach dem Hören anderer Interpretationen immer wieder zu dieser persönlichen Referenz zurück.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Als ich Järvis (Video-)Aufnahme das erste Mal hörte, war ich auch ziemlich beeindruckt. Gleichwohl verstehe ich die vorgebrachte Kritik von Jacques zumindest in Teilen.


    Allerdings würde ich als Schlussfolgerung wohl kaum die digitale Karajan-Aufnahme als Referenz anführen (ich weiß, manche hier sehen das anders, und das ist ja soweit auch völlig in Ordnung). Wenn Karajan, dann für mich nach wie vor die legendärste Einspielung von 1962. Da ich kein HiFi-Experte bin, ist es mir relativ egal, ob diese etwas schlechter klingt als 1977 und 1982. Auf die Interpretation kommt es schließlich an, und freilich sind die Unterschiede nicht sehr groß, aber das Feuer, dass Karajan 1962 entflammte, erreichte er m. M. n. danach nicht wieder in diesem Ausmaß.


    Eine Aufnahme, die ich seit Jahren sehr schätze und die gewissermaßen einen Ehrenplatz bei mir hat, ist jene von Klemperer aus München 1969. Wer Titanenhaftigkeit erleben will, ist hier bestens bedient (m. E. besser als in der berühmteren EMI-Studioaufnahme).


    Ich wiederhole mich sicher, will aber dennoch ein paar andere Aufnahmen nennen, die ich sehr empfehlenswert finde: Furtwängler (1947), Knappertsbusch (1956), Szell (1969), Mrawinskij (1972), Bernstein (München 1976), Giulini (1993), Salonen (2012).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber JLang

    Du kannst eigentlich nur meinen: einen Geschmack hat, der mit dem Deinigen nicht kompatibel ist


    Ja, natürlich. Aber mit dem Geschmack sollte man sich die Sache nicht zu leicht machen. Am Ende gibt es ein Konsens, das sieht man gut in der Kunst. Alle große Werke, sei es in der Kunst oder in der Musik, die durch eine lange Tradition herauskristallisiert wurden weisen keinen Geschmacksfehler auf.Ganz anders bei den Kleinmeistern. Man kann das ruhig auf die Interpretation übertragen.


    Daß Dir Karajan unübertroffen ist, ist ja in Ordnung, dennoch: eine Lesart als die richtige anzusehen, halte ich – obwohl Du benannt hast, was Dir nicht gefällt – meinerseits aber nicht nur für problematisch, sondern für eine Diskussion geradezu kontraproduktiv.


    Ganz im Gegenteil. Ich habe von Karajan gesprochen nur wegen dieser Äußerung von Willi :


    weil ich glaube, einige Parallelen zwischen Karajan und Järvi entdeckt zu haben, was vor allem das musikalische Gebiet betrifft.


    Es ist ganz einfach eine Fortsetzung der Diskussion.


    Und eine Frage müsstest Du mir bitte ebenfalls beantworten: wo wirkt ein Dirigat eigentlich nicht persönlich?


    Erstens, ein Interpret muß sich hinter dem Komponist zurückziehen, man soll ihn vergessen. Nur eins ist wichtig, der Komponist. Wir sind hier nicht im Gebiet des Belcantos.
    Zweitens, wenn ein Interpret sich bemerkbar macht, sollte es absolut überzeugend sein. Das ist extrem selten aber es kommt vor (z.B. Glenn Gould).
    Was ich in diesem Fall mit « persönlich » meine, sind diese großen Abweichungen von der Originalpartitur, die ich nicht nachvollziehen kann. Und es ist genau diese Stellen die ich geschmacklos finde.


    Lieber Tapio


    Die Fünfte höre ich nicht mehr häufig

    Ich höre ausschließlich diese Fünfte - habe keinen Bedarf, eine andere zu finden.


    Diese Worte könnten von mir stammen :) Die Fünfte ist, für mich, DANK Karajan ein Gipfel der ganzen Musikgeschichte geworden.


    Lieber Gombert


    Nun, die Inkarnation der Partiturtreue ist Karajan jedenfalls auch nicht,

    Im Grunde habe ich nur von der Untreue von Järvi gesprochen. Sie hat mich ziemlich geschockt weil ich noch nicht solche Freiheiten mit diesem Werk erlebt habe.


    Könntest Du vielleicht die Superiorität Karajans in diesem Werk näher beschreiben, vielleicht im Vergleich zu ebenfalls gelungen Alternativaufnahmen?

    Ich muß jetzt was klarstellen. Im Grunde habe ich nicht das typische Tamino-Profil. Ich besitze nicht viele CDs und bin nicht der Typ der 10 oder 20 Interpretationen eines bestimmten Werkes besitze. Ich muß also zugeben daß youtube mein Retter ist weil ich so an einigen Diskussionen teilnehmen kann, z.B. dieser. Wenn Du aber eine (für Dich ) gelungene Alternativaufnahme angeben möchtest, bin ich natürlich bereit zu diskutieren. Jetzt kann ich nur sagen daß bis jetzt kein Dirigent mich mehr überzeugt hätte als Karajan. Was spricht, meiner Meinung nach, für Karajan ist der wunderbare Klang des Orchesters, die Wucht, die ich bei Beethoven unerläßlich finde. Was mir auch gefällt ist die große Dynamik : richtige leise Stellen, gelungene crescendos, sehr schöne dynamische Schattierungen (genau das macht die Musik überirdisch!). Die Tempi finde ich auch absolut überzeugend. Und diese Aufnahme bewegt mich, das kann man nicht erklären. Viele der heutigen Interpreten bewegen mich überhaupt nicht. Technik ist nicht alles. Das ist natürlich nur meine Meinung :)
    Viele Grüße
    Jacques

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  • Zitat Jacques

    Zitat

    Erstens, ein Interpret muß sich hinter dem Komponist zurückziehen, man soll ihn vergessen. Nur eins ist wichtig, der Komponist. Wir sind hier nicht im Gebiet des Belcantos.
    Zweitens, wenn ein Interpret sich bemerkbar macht, sollte es absolut überzeugend sein. Das ist extrem selten aber es kommt vor (z.B. Glenn Gould).
    Was ich in diesem Fall mit « persönlich » meine, sind diese großen Abweichungen von der Originalpartitur, die ich nicht nachvollziehen kann. Und es ist genau diese Stellen die ich geschmacklos finde.


    Lieber Jacques,
    vielen Dank für die Erläuterung. Ich sehe das allerdings ganz anders. Einen Interpreten kann und darf man nicht vergessen. Er ist es erst, der die Noten der Partitur etc. zum Leben erweckt. Es wäre so, also ob Du forderst, daß ein Pianist hinter den Noten zurücktreten soll. Garde Gould ist ein schönes Beispiel dafür, daß ein Interpret stets präsent ist. Nur: manches gelingt ihm imO glänzend, aber insbesondere Gould greift imO eben auch mal tüchtig daneben. Ihm ist meiner Meinung nach schlichtweg nichts alles gelungen (wie könnte auch).
    Ich sehe es so: ein Interpret vermittelt zwischen Notentext und Hörer aber - das halte ich für noch wichtiger - v. a. zwischen den Zeiten. Er ist derjenige, der die Musik in der heutigen Zeit erklingen läßt und zwar mit dem Hintergrund des heutigen Verständnisses (der Interpret ist ja heute sozialisiert). Allein aus diesem Grund kann er nicht hinter dem Werk zurücktreten, im Gegenteil, er darf es gar nicht. Wie überzeugend er mit dem Werk umgeht, dazu kann (und sollte) es verschiedene Meinungen geben.


    Zitat Jacques

    Zitat

    Am Ende gibt es ein Konsens, das sieht man gut in der Kunst. Alle große Werke, sei es in der Kunst oder in der Musik, die durch eine lange Tradition herauskristallisiert wurden weisen keinen Geschmacksfehler auf.


    Grade für die Kunst gilt das natürlich nicht. Welcher Konsens ist den darüber zu erzielen? Die sog. klassische Moderne in der Malerei ist allgemein und breit anerkannt, aber das war mitnichten immer so. Ein Beispiel dafür, daß ein zeitunabhängiger Geschmack nicht existieren kann.


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Zitat

    Gombert: Nun, die Inkarnation der Partiturtreue ist Karajan jedenfalls auch nicht auch nicht.


    Zitat

    Jacques: Im Grunde habe ich nur von der Untreue Järvis gesprochen.


    Wenn man Järvi Partituruntreue vorwirft, muss man sich auch gefallen lassen, dass Karajan das, zumindest, was das konstante Weglassen der Wiederholungen betrifft, auch vorzuwerfen ist. Im Übrigen vermag ich noch nicht genau zu erkennen, warum Järvi wegen der Kürzung der beiden Orgelpunkte nicht die richtige Dramatik entfalten kann. Sein Publikum ist jedenfalls anderer Ansicht.
    Im Übrigen bin ich, was den künstlerischen Rang der von mir besprochenen Karajan-Aufnahme von 1972 betrifft, ganz bei dir. Über seine Wiederholungsauslassungen habe ich stet das Mäntelchen des Schweigens gedeckt.


    Übrigens, in Posting Nr. 308 habe ich über Karajans erste Stereo-Aufnahme 1962/63 gesprochen und in Posting Nr. 315 über die letzte aus den 80er Jahren.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Man findet natürlich zu jeder Einspielung die passenden Vergleichsaufnahmen ;) .


    Jaques hat allerdings die Partiturabweichungen bei Järvi kritisiert und, mindestens implizit, Karajan dagegen gestellt. Der Leser könnte den Eindruck gewinnen, Karajan sei möglicherweise auch hinsichtlich der Partiturtreue "unübertroffen", was sicherlich in der Summe der Details nicht zuträfe. Natürlich besteht eine gelungene Lesart nicht nur aus der "Summe der Details", was Glockenton und Jaques vermutlich unterschreiben würden. Karajan baut sehr geschickt eine großbogige Dramaturgie auf, die sowohl die Einzelsätze als auch das gesamte Werk überspannt. Zugunsten dieser Dramaturgie bleiben einige Details auf der Strecke (ich spreche nicht von jenen Abwägungen, die notwendig integraler Bestandteil jeder "Interpretation" sein müssen). Da auch ich Karajans Lesart überzeugend finde, kritisiere ich nicht, sondern erwähne dies nur.


    Bernstein ist, sowohl in New York als auch in Wien, das ziemliche Gegenteil eines "notengetreuen" Interpreten. Die Textabweichungen sind beträchtlicher als z.B. im Falle Furtwänglers. Thielemann habe ich nur oberflächlich und ohne Partitur gehört, der Ersteindruck favorisiert Karajan nicht unerheblich. Interessant wäre ein Vergleich mit ähnlich anerkannten Aufnahmen, wie etwa dem ebenfalls viel "zitierten" C. Kleiber. Da Jaques über beträchtliche Kenntnisse und deskriptives Vermögen verfügt könnten weitere Ausführungen, als Ergänzung zu Glockentons Beiträgen, spannend sein.


    Beste Grüße und ein ebenfalls dreifacher Kotau!


    PS: Ok, der Bitte wurde entsprochen, besten Dank!

  • Ich hoffe, mir als Neuling die verwegene Äußerung erlauben zu dürfen, dass mich keine der mir bekannten Einspielungen der 5. restlos überzeugt.
    Da gibt es viele gute, großartige und geniale Passagen, Orchester- und Dirigierleistungen, aber eine komplett überzeugende Einspielung suche ich seit 45 Jahren.


    Kein Dirigent hat es bisher geschafft, mir das Schluss-Presto plausibel zu machen.
    Was soll denn das ewige C-dur? Hatte der große Ludwig keine Einfälle mehr?


    Für mich ist diese Coda musikgewordene Ewigkeit, klingende Zeitlosigkeit: also die logische Konsequenz aus den ersten 3 Sätzen.
    Aber diese Sinfonie spielt in der Zeitlichkeit, muss also irgendwann enden.
    Dieses Dilemma löst Beethoven meiner Ansicht nach im letzten Takt der Paukenstimme: eine Halbe Note c als 32tel, dann eine Halbe als Triller.
    Wer kann da im Presto einen Unterschied hören? Warum macht Beethoven so etwas?
    Will er zeigen, dass sich die Musik auflöst und die Idee seiner 5. Wirklichkeit werden möge?


    Wie gesagt: ich warte gerne weitere 45 Jahre auf eine überzeugende Interpretation!
    Euch allen ein schicksalträchtiges Wochenende
    Leverkuehn

  • Seit Beitrag 374 wird wieder deutlich, dass jeder seinen Beethoven zu haben scheint. Das ist ja auch gut so.


    Ich sehe jetzt bei meinen Favoriten Karajan für die Fünfte nicht so erhebliche Unterschiede bei seinen drei der herausragenden Interpretationskunst bei seinen 3 DG-Aufnahmen. Für mich gilt nach wie vor:

    :!: Die Beethoven-Karajan-5ten sind die Referenzen an denen sich alle Anderen erst einmal messen müssen !


    *** Dieser lange Beethoven-Fünf-Thread hällt eine Menge Überraschungen bereit.
    So kann ich auch Jaques Eindruck so ganz und gar nicht nachvollziehen, dass eine der packensten Aufnahmen des 21.Jhd P.Järvi/Deutsche Kammerphilharmonie Bremen (SONY-DVD. 2010) einer derartigen Kritik würdig wäre. P.Järvi soll hier bei der Krönung nach seinen zahlreichen Beethoven-Aufführungen beim Beethovenfest Bonn 2010 keinen Geschmack beweisen ? 8-) Für mich (und Willi) und die zahlreichen hochbegeisterten Zuhörer einfach lächerlich !
    Das bedarf einfach keiner weiteren Worte ....



    Zu Leonard Bernstein:
    Ich habe es schon mehrfach geschrieben.
    Bernstein kommt bei seinen Aufnahmen der Sinfonie Nr.5 nicht besonders gut weg. Bei seiner DG - Aufnahme mit den Wiener PH kann ich das noch nachvollziehen - diese halte ich für die Schwächste aus dem Wiener Zyklus (DG). Das ist nicht der emotionale Bernstein wie wir ihn kennen und schätzen.
    Ganz anders seine New Yorker Aufnahme zuvor, die trotz des etwas sehr langsam geratenen 1.Satzes packend und gespannt ist.
    :thumbsup: Der Hammer ist jedoch seine letzte Aufnahme mit dem Bayerischen RSO München (DG), die als einer der wenigen auch von Josef und mir ganz hoch gehalten wird.
    Mehr Emotion und Gefühl ist kaum möglich. :thumbup: Und damit ist auch Bernstein bei der Fünften eine ganz grosse Hausnummer.
    Die Aufnahme der 5ten (auch wenn nicht auf dem Cover vermerkt ... diese Eierk... von DG !) ist in dieser wichtigen Bernstein-Box enthalten:



    DG, 1976 (5te), ADD



    Eine ganz herausragende Aufnahme, die nur von LT erwähnt (und bebildert :D ) wurde, habe ich seit Weihnachten vorliegen. Nach den TOP-Solti-Aufnahmen, wollte ich auch wissen, wie Fritz Reiner sich mit gleichem Megaklangkörper, dem Chicago SO unterscheidet. Eine Aufnahme, die ohne wenn und aber an die ganz Grossen Karajan, Bernstein 1976, Solti/Wiener PH, Leibowitz, P.Järvi 2010, nee - für mich immer noch nicht Kleiber, heranreicht:



    RCA, 1955 und 1959, ADD


    Unglaublich ist die Klangquaität, wenn das Aufahmedatum betrachtet. Während sich Aufnahmen aus dieser Zeit noch historisch anmuten, oder in Mono sind, offenbart sich hier ein phänomenal durchsichtiger Klang, den man eindeutig eher in die späten 70er-Jahre einsortieren würde.
    Warum haben DG und EMI in Deutschland das nicht so hinbekommen .. und die ganzen grossen russischen Aufnahmen mit Mrawinsky und Co aus dieser Zeit bei Melodiya, die nur einfach grausig klingen ? Ja ja , die Technik ! RCA hats raus gehabt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Wie gesagt: ich warte gerne weitere 45 Jahre auf eine überzeugende Interpretation!


    Dazu kann man wenig sagen - nur :no: und :D und :thumbdown:


    Dann warte mal weitere 45 Jahre ... ich bin mit allen in Beitrag 385 genannten TOP-Aufnahmen schon allerbestens bedient !
    Wie wunderbar - und so kann ich die Fünfte so nur geniessen und mich mitreissen lassen.
    :angel: Ganz wie es diesem Meisterwerk gebührt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe mich gerade von einer weiteren Aufnahme hinreißen lass, lieber Wolfgang, über die ich gleich noch kurz schreiben werde. Zunächst möchte ich dir noch für den Reiner-Tipp danken. Ist schon geordert (aus dem sonnigen Kalifornien für 7 Euronen 30. Übrigens habe ich über Bernsteins New Yorker Aufnahme, die ich auch seit vielen Jahren habe, glaube ich, noch gar nichts geschrieben. ja, wenn der Tag 40 Stunden hätte und das Jahr 1000 Tage. Aber dem ist leider nicht so.
    So, jetzt mache ich mich an meinen kurzen Beethoven-Text (aus dem Gedächtnis).


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Beethoven, Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 "Schicksalssymphonie"
    Berliner Philharmoniker
    Dirigent: Claudio Abbado
    AD: Februar 2001, Accademia di Santa Cecilia, Rom
    Spielzeiten: 7:19-9:24-7:57-10:24 -- 35:04 min.;


    Zwischen dieser Aufnahme und der zuvor von mir besprochenen liegen genau 29 Jahre, und in der Zeit hatte sich Einiges geändert. Bei Beethovens Fünfter waren keine 8 Kontrabässe mehr anwesend, sondern nur 4, Das Blech war nicht mehr vierfach besetzt, sondern nur zweifach (bis auf die drei Posaunen im Finale), und auch die übrigen Streicher waren etwas weniger als vordem. Im Ganzen umfasste das Orchester ca. 60 Musiker und nicht mehr 80, und es stand nicht mehr Karajan am Pult, sondern Abbado, der aber das gleiche Bestreben hatte, nämlich Aus der Partitur alle dramatischen Funken zu schlagen, die ihr innewohnen, und ich finde, das ist ihm voll und ganz gelungen. Hatte mir die Eroica nicht so gefallen, so war ich von der Vierten schon begeistert (und das bei nur 48 Musikern), und mit der Fünften hat er noch eins draufgesetzt.
    Das fing schon damit an, dass nicht mehr Werner Thärichen an den Pauken saß, sondern in diesem Fall Wieland Welzel, einer der beiden Solopaukisten der BPh, der noch mehr freie Fahrt hatte als weiland Thärichen bei Karajan und noch deutlicher den Pulsschlag der Fünften angab, ähnlich wie Stefan Rapp bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.
    Und noch Eines hatte Claudio Abbado Karajan voraus (in den Augen von Jacques sicher eine Majestätsbeleidigung), aber ich finde es toll, und man sah es Abbado, der damals seine Krebserkrankung sicher noch nicht überwunden hatte, an, wie er vor Freude strahlte, als er im Finale die Exposition wiederholte, diese herrlichen triumphale Melodie. Und nicht nur im Finale wiederholte er, sondern auch im Scherzo, und ich bin mir sicher, dass das genau so in den Noten gestanden hat. Ich weiß inzwischen von den vielen Hörsitzungen bei den Beethovensonaten, dass in seiner Partituren nicht eine Wiederholungsvorschrift ad libitum gesetzt ist, sondern dass es eine Vorschrift ist, die dem Komponisten wichtig war (welch eine Qual für Adrian Leverkuehn, wenn er das hören müsste, noch mehr C-dur- schrecklich!).
    Wie dem auch sei, die Fünfte ist mir aus der bisherigen DVD-Reihe die Überzeugendste (über die schon mehrfach gehörte und gesehene Neunte will ich an dieser Stelle nicht reden. Übrigens man merkt es diesem Orchester 2001 an, dass eine ganze Reihe junger Leute, auch junger Damen, im Orchester sitzen, die nicht nur jugendlichen Überschwang haben, sondern auch ausgezeichnet musizieren.
    Auch die lyrischen Momente kommen in der Fünften und erst Recht bei Abbado nicht zu kurz. Das ist sogar eine seiner Stärken, ebenso natürlich eine der Stärken Karajans und sicher auch Järvis.
    Als nächste Aufnahme werde ich in dieser Reihe diejenige Michael Gielens besprechen, mal schaun, wie er das "Schicksal" so gemeistert hat.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Jetzt kann ich nur sagen daß bis jetzt kein Dirigent mich mehr überzeugt hätte als Karajan. Was spricht, meiner Meinung nach, für Karajan ist der wunderbare Klang des Orchesters, die Wucht, die ich bei Beethoven unerläßlich finde. Was mir auch gefällt ist die große Dynamik : richtige leise Stellen, gelungene crescendos, sehr schöne dynamische Schattierungen (genau das macht die Musik überirdisch!). Die Tempi finde ich auch absolut überzeugend. Und diese Aufnahme bewegt mich, das kann man nicht erklären. Viele der heutigen Interpreten bewegen mich überhaupt nicht.


    Da kann ich jedes Wort unterschreiben! Der Text fasst das zusammen, was auch meine Gedanken sind.
    Es gibt da auch so viele kleine crescendi in den Hörnern, die ich nur bei ihm so höre. Auch die Trompeten klingen strahlender und voller. Die Klangbalance des gesamten Orchesters lässt sich am besten mit dem Wort "Perfektion" beschreiben.


    Mir ist schon klar, dass Karajan nicht genau der Partitur folgt, dass er Wiederholungen auslässt, dass er manchmal nicht einen einzigen Hornisten, sondern mehrere spielen lässt (mach er auch im zweiten Satz der Eroica - es klingt voller, räumlich tiefer, ehrfurchtsgebietend, was man mit einem Horn so nicht hinbekäme), dass sein Orchester grösser ist, als es bei Beethoven war, dass die es anders artikulierten und phrasierten, dass die Instrumente anders klangen. Und dennoch: in diesem Fall ist es mir egal. Ich mag das so lieber und meine ganz subjektiv, dass es so zum Schluss doch "mehr Beethoven" ist - nicht dem Buchstaben, aber dem Geiste nach. Ob Beethoven bei den Hornstellen an solche Wirkungen dachte, darf bezweifelt werden. Dennoch ist es ein legitimer Aspekt seines Kunstwerks, der möglicherweise im selbst nicht bewusst war. Man weiss nicht, wie er das finden würde, wenn er noch lebte und ausserdem hören könnte. Ich will glauben, dass es ihm so sehr gefiele :-) Mein Musikerfreund teilte übrigens bei dieser Symphonie alle meine Eindrücke und Bewertungen.


    Vielleicht ist es ja sogar so, dass Beethovens gewaltiger Ausdruckswille die klanglichen Möglichkeiten eines realen Orchesters seiner Zeit zu sehr an die Grenze treibt. Es gibt Stellen in der 3, 5. und der 9. bei denen ich spüre, dass hier -ihm sicher unbewusst- eine Vorabschattung dessen sich abzeichnet, was später bei Wagner kam. Beethoven schrieb keine "normal nette" zeitgenössische Musik sondern drängte nach vorne, nach Veränderung.
    Deswegen will ich nicht behaupten, dass die Dinge, die Karajan bei der 3. 5. und 9. machte, schon im eigentlichen Sinne des Komponisten seien. Aus meiner Sicht kann man sie aber vertreten, d.h. eine solche Interpretation wird durch die Gesamtschau der Musikgeschichte und die im musikalischen Material enthaltenden "Gene" legitimiert.


    Ein Aspekt beim Thielemann-Karajan-Vergleich wollte ich Euch nicht vorenthalten: Thielemanns Fassung klingt menschlich wärmer. Er hat auch im Detail sehr viel gearbeitet, macht agogisch recht viel und hat eine Vorstellung, wo er hinwill. Hört man einzelne Stelle direkt danach mit der Karajan-Aufnahme, dann bemerkt man den grösseren orechstralen Glanz, der einem aber als etwas kühler Glanz vorkommen kann.
    Dieser Eindruck wird mir allerdings nur dann deutlich, wenn ich kurze Abschnitte herausgreife. Hört man die ganze Symphonie von A-Z (was man bei dieser Interpretation tun sollte), dann wirkte bisher jedenfalls Karajans Fassung nicht irgendwie nach kühl berechnetem Glanz. Man wird dann durch das ganze Werk durchgerissen. Die Spannung lässt nicht nach und die Musik geht wirklich unter die Haut.


    Nun will ich nicht weiter mit meinem Geschwärme nerven, da ja die Diskussion bereits bei anderen Interpretationen gelandet ist.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Es ist ganz klar, lieber Jlang, dass der Interpret der Vermittler zwischen Notentext und Hörer ist. Seine Interpretation wird auch zeitgemäss sein und es ist sehr wichtig. Ich meine nur, er darf sich nicht zu sehr in Szene setzen. Genau wie ein Schauspieler der sich nicht selbst spielen darf. Pärvi ändert völlig das Andante con moto , besonders am Anfang und es hat nicht mehr mit Beethoven zu tun. Es ist als ob er sich Beethoven überlegen fühlte und das Ergebnis ist leider völlig daneben.


    Ein Beispiel dafür, daß ein zeitunabhängiger Geschmack nicht existieren kann.


    Der Geschmack hängt zwar von der Epoche ab aber in jeder Epoche gibt es ein Konsens zwischen den Experten über den guten Geschmack. Ein Blick nach Christie's oder Sotheby's genügt. Bei diesem hohen Niveau wirst Du nie ein Bild mit Geschmacksfehlern finden.


    Was Du sagst, lieber Gombert, ist sehr nett, aber nach einem Beitrag von Glockenton bin ich immer sprachlos. Er ist ganz einfach ein "Bessersager". Damit will ich natürlich nicht sagen dass er nicht besser weiß, im Gegenteil :) Das Hindernis der Sprache ist auch nicht zu unterschätzen, weil gerade bei einem hohen Niveau der Diskussionen sind die Feinheiten der Sprache sehr wichtig. Deswegen sind auch meine Beiträge leider sehr kurz, lapidar, was natürlich schulmeisterhaft wirken kann.


    Ich bin absolut Deiner Meinung, lieber Glockenton. Beethoven hat für die Zukunft komponiert, d.h. auch für die Instrumenten der Zukunft die besser klingen als die alten. Beethoven mit historischen Instrumenten zu spielen wie es die Barockbewegung verlangt hat, ist, meiner Meinung nach, ein gravierender Fehler.


    Jetzt aber Schluss sonst kriege ich eine rote Karte von Willi. :untertauch:


    Viele Grüße
    Jacques

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