Beethoven: Klaviersonate Nr. 8 in c-moll op. 13: "Pathetique"

  • ca. 25: Schnabel, Edwin Fischer (2?), Annie Fischer, Francois, Cziffra, Gelber, Gould, Gulda, Arrau, Backhaus, Rubinstein (3), Richter, Gilels (2), Kovacevich, Firkusny, Kocsis, Brautigam, Schiff, Serkin, Lucchesini, Heidsieck.


    Über 20 Aufnahmen habe ich nicht von vielen Werken; die werde ich nicht alle anhören, das weiß ich jetzt schon. :D

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe von dieser Sonate Aufnahmen mit folgenden Künstlern: Claudio Arrau, Alfred Brendel, Wilhelm Kempff, Wilhelm Backhaus, Markus Schirmer, Rudolf Buchbinder (II), Matthias Soucek, Paul Badura.Skoda, Angela Hewitt, Friedrich Gulda, Annie Fischer, Michael Korstick, Vladimir Horowitz, Jos van Immerseel, Walter Klien, Rudolf Serkin ...


    Das ist der derzeitige Status - denn es wird - wenn auch moderat - laufend nachgekauft.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Wiener Pianist Matthias Soucek interpretiert den ersten Satz der Sonate souverän mit schönem Klang und angemessener Dynamik ohne jedoch das dramatische Moment überzubewerten. Daran wird sich auch im Laufe der weiteren Sätze nichts ändern Der ''feingeistige'' Bösendorfer Imperial Flügel passt hier vorzüglich zum feingeistigen Pianisten, der die vorwärtsdrängenden Stellen des ersten Satzes durchaus mit „Drive“ versieht – aber stets die Balance wahrt, hier ist kein nervöses Vorwärtsdrängen, sondern ein eher freudiges zu registrieren.
    Das Adagio nimmt Soucek um eine Spur langsamer (6:06) als viele seiner Kollegen, was dem Satz eine besondere Verträumtheit und fast überirdische Schönheit verleiht.
    Irgendwann schrieb ich einmal, dass es nur einen Pianisten gibt, der einen Bösendorfer so zum Blühen bringt, dass dessen positive Eigenschaften auch auf einer Aufnahme hörbar seine. Gemeint war damals Paul Badura Skoda. Nach mehrmaligem Anhören der vorliegenden Aufnahme, meine ich, dass dies auch auf Matthias Soucek zutrifft, niemals gibt er den natürlichen Fluß der Komposition zugunsten überzogener Effekte auf, der Flügel singt unter seinen Händen selbst an den dynamischen Stellen. Balance halten ist manchmal eben alles……
    Die Aufnahme entstand im Frühjahr 2007 In Schloss Eckartsau in Niederösterreich
    Ein Link zum Booklet ermöglicht das Nachlesen eines Interviews mit Matthias Soucek, über seinen Zugang zu Beethoven, über verwendete Notenausgaben und warum er auf einem Bösendorfer Imperial spielt.


    http://www.naxosmusiclibrary.c…/booklet-Gramola98835.pdf


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Na, dann hab ich ja am wenigsten zu hören, meine Sammlung zählt nur 13 Einspielungen (Barenboim, 2 x Brendel, Gilels, Gulda, Horowitz, Joao Pires, Kempff, Perl, Pollini, Korstick, Rubinstein, Schnabel), aber bei meiner aktuellen Zeitnot werde ich nicht einmal die hören können :(


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Meine Sammlung ist noch armseliger ausgestattet als die JLangs. Ich besitze nur 3x Brendel, 2x Buchbinder, Gulda, Gould, Pommier und Kempff. Also nur schlappe 9 Einspielungen. Allerdings werde ich diese früher oder später alle hier einspeisen.

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  • Außerdem ist unser Kreis, wenigstens hier bei der Pathétique, größer geworden. Das ist doch auch etwas Feines.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Pollini hatte ich noch vergessen. Und noch eine weitere historische mit Serkin. Das Stück ist definitiv ein Kandidat für das am häufigsten vertretene in meiner Sammlung überhaupt, wobei das eher Zufall ist, denn zB die drei Aufnahmen Rubinsteins sind halt in der großen Sammelbox, die habe ich nicht bewusst gekauft.
    Soweit ich sehe, machen von denen, die ich besitze, nur zwei die weiter oben diskutierte umstrittene Wiederholung des Grave: Serkin und Schiff.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Dann will ich meine auch noch mal alle nennen:
    Arrau II, Arrau III, Backhaus, Barenboim I, Brendel I, Brendel II, Brendel III, Frantz, Gilels I, Gilels II, Gould, Gulda, Kempff II, Korstick, Kovacevic, Lewis, Lill, Lupu, Perl, Rubinstein, Serkin;


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Beethoven, Sonate Nr. 8 c-moll op. 13 “Pathétique”
    Claudio Arrau, Klavier
    AD: April 1986
    Spielzeiten: 9:42-6:14-4:58 – 20:54 min.;


    In seiner 23 Jahre später entstandenen Aufnahme ist Claudio Arrau, nun 83 Jahre alt, nur wenig langsamer geworden und in der dynamischen Behandlung des Grave hat sich, wie ich finde, auch kaum etwas geändert.
    Das Allegro di molto e con brio ist m. E. etwas langsamer als in der früheren Aufnahme, aber die dynamischen Vorschriften beachtet er m. E. genau so, die Sforzandi ebenso moderat und die Trillerketten ebenso gekonnt wie vorher, schön auch der Bogen in Takt 113 bis 120. In der Wiederholung fiel mir noch das ganz zart gestaltete Decrescendo nach dem Rinforzando aus Takt 79
    Ab Takt 85 zum pp auf: große alte Pianistenschule! Der Abschnitt ab Takt Takt 89 mit dem großangelegten Crescendo verbreitet wieder ein positives Gefühl, dass aber jäh durch die Düsternis und Schmerz verbreitenden 4 Grave-Takte beendet wird, und es dauert eine ganze Weile, bis es wieder etwas lichter wird, aber dennoch wird der Schmerz nicht mehr weichen, kommt der nächste Grave-Schlag, abgelöst von der kurzen „Allegro-Coda“.


    Auch in dieser seiner letzten Interpretation spielt Arrau das Adagio wieder mustergültig und zu Herzen gehend, lässt er das Klavier wieder singen: ein Meister des Adagios spielt einen Großmeister des Adagios. Temporal ist er nahezu gleich mit der früheren Aufnahme.


    Im abschließenden Rondo Allegro lässt sich Arrau ein wenig mehr Zeit, lässt aber die Musik in ihrer aufgehellten Stimmung munter fließen. Er nimmt m. E. auch dass ff in Takt 58 etwas zurück. Nach Wiederholung ab Takt 61 schließt er den wunderschönen Seitengedanken ab Takt 83 in dunklem, warmem Klang an, der dann einige Male variiert wird. In einer Überleitung, die ich in Posting Nr. 54 schon näher ausgeführt hatte, lässt er das Geschehen dann zum Hauptthema zurück fließen.
    Die Passage ab Takt 121 bis 131 macht auf mich schon einen sehr modernen Eindruck. Schon in diesem Alter hat Beethoven etwas komponiert, was m. E. weit in die Zukunft weist. Aber vergessen wir nicht, was Schubert in dem Alter komponiert hat! Und dann folgen wieder diese herrlichen Legatobögen. In dieser Sonate ist einfach alles drin, sogar ein "Calando" ab Takt 167 bis 170, ein Terminus, den ich bisher auch nicht kannte und der wohl ein gleichzeitiges Decrescendo und Ritartando bedeutet. Das sind so Dinge, die ich erst beim zweiten Male bemerke. Wie in seiner früheren Aufnahme spielt Arrau auch diese souverän und mit der etwas gebremsten „Altersdynamik“ zu Ende.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wiederholt denn Arrau in der Spätaufnahme den "Grave"-Abschnitt wie weiter oben jemand behauptet hat? Ich glaube eher nicht, denn 9:42 würde sonst auf ein sehr zügiges Tempo deuten. (Arrau 1960er: 9 min ohne Grave, aber mit Wdh. der Exposition danach, Serkin 9:30 mit Wdh. des Grave, Schiff: 10:16)

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  • Nein, erspielt nur ganz normal die 4 Grave-Takte 133 - 136 (Tempo I), wobei die ersten drei Takte im Wesentlichen den Takten 1 bis 3 entsprechen, allerdings die Akkorde einen größeren Umfang haben und Takt 136 im Decrescendo zum attacca subito Allegro molto e con brio führt. Du kennst die Stelle.
    Arrau braucht hier für das Grave 1:45 min. hätte er das ganze Grave wiederholt, wäre er auf 11 Minuten gekommen. Serkin werde ich mir übrigens bis zum Schluss aufbewahren, weil ich diese Mal alphabetisch vorgehen werde. Dann kann ich auch die Pianisten, von denen ich mehr als eine Aufnahme ahbe, besser miteinander vergleichen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Beethoven, Sonate Nr. 8 c-moll op. 13 “Pathétique”
    Wilhelm Backhaus, Klavier
    AD: Oktober 1958
    Spielzeiten: 6:13-4:47-4:21 – 15:21 min.;


    Wilhelm Backhaus nimmt in der 5 Jahre vor Claudio Arrau 1963er Aufnahme entstandenen Einspielung schon das Grave sehr schnell (1:09 min). im Vergleich zu Arrau 86 (1:45 min.) und beschleunigt zumal nach den ersten 3 Takten stark. Da „Grave“ etwa bei „Largo“ eingeordnet wird, zählt es zu den langsamsten Tempobezeichnungen. Daher meine ich, dass Backhaus das hier zu schnell spielt. Auch crescendiert er das fp in Takt 3 gegenüber den vorigen. Außerdem setzt er in Takt 5 ein dort nicht vorhandenes Crescendo, mindestens mf, in Takt 6 auch, aber nicht ganz so stark, in Takt 7 wieder stärker, erst in Takt 8 ist eines verzeichnet.
    Das Allegro die molto e con brio geht er flott an. Das ist in Ordnung, aber die Crescendi in Takt 15 und 23 spielt er in einer Lautstärke. Dafür lässt er die Sforzandi in Takt 45 bis 48 wenig hervortreten und spielt von Takt 45 bis 50 ein deutliches Ritartando, was auch nicht dort steht.
    Den folgenden Abschnitt von Takt 51 bis 88 spielt er etwas langsamer, der auch dynamisch ausgeglichener ist, von gelegentlichen Sforzandi und einem abschließende Decrescendo abgesehen, dass er auch schön spielt. Dann zieht er das Tempo wieder an und spielt den Bogen von Takt 113 bis 120 sehr schön. Für das Allegro braucht er 1:44 min., und da er die komplette Wiederholung von Takt 11 bis Takt 132 auslässt, läge seine Satzdauer mit Wiederholung bei 7:57 min. Das ist schon ziemlich extrem, finde ich.
    Das weitergeführte Allegro nach dem Grave-Einschub (Takt 133-136) mit den Halben-Oktaven gefällt mir besser, auch die Crescendi in Takt 171 und 179, allerdings sind dann die Crescendi in Takt 199 und 207 sowie 211 kaum zu vernehmen, nur in Takt 215 spielt er da, wo das Crescendo beginnen sollte, den Halben-Akkord in der rechten Hand f. Allerdings spielt er dann die Passage mit den Trillerketten wieder sehr schön, einschließlich des wirklich gelungenen Decrescendos ab Takt 245.
    Auch die Steigerungen ab Takt 256 und 269 gelingen. Im neuerlichen Grave-Einschub (Takt 295-298) ist das Crescendo in Takt 297 mir wieder zu einförmig, die Allegro-Coda dagegen gelungen.
    Ein Satz mit wenig Licht und viel Schatten, nicht nur, was die Musik betrifft, sondern auch die Interpretation!


    Mein Gott! Damit hatte ich ja nun gar nicht gerechnet. Ein Adagio, so zart gestaltet, so ergreifend, wahrlich wie von einem anderen Stern, jedenfalls, wenn man dagegen den Kopfsatz betrachtet. Und er passt mit seinem etwas schnelleren Grundschlag natürlich im Binnenverhältnis besser zum Kopfsatz. Dieser Satz strahlt jedenfalls in sanft goldenem Licht.


    Das Rondo allegro trägt er wieder in flottem Tempo vor, und das erste Crescendo in Takt 12 vermisse ich, die Staccati kommen allerdings gut. Das Dolce spielt er gut. Mit den kurzen Crescendi hat er nach wie vor seine Schwierigkeiten. Der Seitengedanke ab Takt 78 ist wieder schön entwickelt. Auch die wogenden Figuren ab Takt 107 sind schön, die nach dem ff zur Wiederholung des Hauptthemas führen. Auch die folgende Dolce-Stell ab Takt 134 tritt wieder schön hervor. Auch das Crescendo ab Takt 179 ist nun deutlich zu vernehmen, und der bewegte Schluss ab Takt 182 ist auch als durchaus gelungen zu bezeichnen.
    Diese Aufnahme hat schöne Momente, ist aber mit der vorher gehörten (Arrau 1986), der zu dem Zeitpunkt 9 Jahre älter war als Backhaus 1958, nicht zu vergleichen.


    Liebe Grüße


    Willi :huh:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Oben wird das ja schon einmal ausführlich diskutiert. Kurz gefasst: Fraglich ist, ob. entgegen den normalen Partiturausgaben (Wiederholungszeichen vor T. 11), nicht nur die Exposition T. 11-132, sondern auch die ersten 10 Takte ""Grave" wiederholt werden sollten. Argumente dafür werden oben von "Khampan" angeführt und gehen mindestens auf Hugo Riemann, Ende des 19. Jhds., zurück. Allerdings wird hier im Thread mehrfach irrigerweise behauptet, Arrau, Gilels oder Pollini würden diese Wdh. ausführen, was bei den mir vorliegenden Aufnahmen dieser Pianisten nicht der Fall ist.
    Man kann rein aus der Spieldauer nicht erkennen, ob die "Einleitung" in die Wdh. eingeschlossen wird, da 9-9:30 auch durch insgesamt breiteres Tempo zustandekommen können. (Wiederholer spielen das Grave i.d.R. erheblich flüssiger, Serkin bleibt in einer histor. Aufnahme von 1945 mit dieser Wdh. noch unter 9 min.)

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  • In der Henle-Ausgabe wird die Grave-Einleitung nicht in Wiederholungszeichen gesetzt - und es steht darüber auch nichts im Vorwort. In welcher Ausgabe wird das denn anders notiert? Puristisch-formalistisch (Meister Hugo Riemann verzeihe mir die Bemerkung) hört eine Einleitung in der Wiederholung auf, Einleitung zu sein, sie nimmt dann Expositionscharakter an. Bei Mahler gibt es freilich solche Komplizierungen - aber bei Beethoven?


    Schöne Grüße
    Holger

  • In der Urtextausgabe von Mariassy steht auch nichts davon. Ich habe mal anhand der Arrau-Interpretation von 1963 aufgelistet, wie der Satz gegliedert ist:


    1. Grave: .......................Takt 1 - 10: 0: 1.47 min.;
    2. Allegro di molto...........Takt 11- 132: 1:47 - 5:11 min.;
    + Wh:
    3. Tempo I (Grave)........ Takt 133- 136: 5:11-5:56 min.;
    4.Allegro di molto........... Takt 137- 294: 5:56-8:11 min.;
    5. Grave ....................... Takt 295 - 298: 8:06-8:50 min.:
    6. Allegro di molto.......... Takt 299- 310: 8:50 -9:01 min.;


    Dabei ist zu berücksichtigen dass das 2. Grave (Tempo I) mit den fp-Schlägen ausgeführt wird, das dritte jedoch ohne diese und deshalb etwas kürzer ist.
    Beim späteren Arrau ist die Gesamtzeit etwas länger, weil er das Allegro die molto etwas langsamer spielt, sein Grave ist sogar in der früheren Version 2 Sekunden länger.
    Ich behaupte mal, dass es sich bei allen so verhält, die um die neun bis neuneinhalb Minuten liegen, außer eben bei Backhaus, der die Wiederholung der Exposition gleich ganz auslässt, aber auch mit ihr bei unter acht Minuten rausgekommen wäre.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Leute, lest bitte mal oben die Ausführungen von Khampan bzw. den Dialog mit Ulli durch, sonst müssen wir das alles noch einmal von vorne anfangen. Die Frage ist eben gerade, ob das mehrfach wiederauftauchende Grave überhaupt eine "Einleitung" ist. Es gibt sonst nur einen Parallelfall bei Beethoven, nämlich den Kopfsatz von op.130, der eine Wdh. auch der langsamen Einleitung vorsieht.


    Natürlich gibt es auch Pianisten wie Backhaus oder Gould, die gar keine Wdh. ausführen; dann ist es egal.

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  • Ich habe gerade mal in die Analyse von Jürgen Uhde geschaut. Zur Problematik der Wiederholung der Einleitung äußert er sich aber schlicht überhaupt nicht. :!: Drei Bemerkungen von ihm finde ich aber doch aufschlußreich:


    1. Grave-Einleitung und Allegro sind miteinander verzahnt.
    2. originell ist, daß die Grave-Einleitung in der Durchführung auftaucht
    3. bemerkenswert, daß die Grave-Einleitung nicht Bestandteil der Reprise ist.


    Rein formal läßt sich deshalb nicht eindeutig entscheiden für meinen Geschmack, ob es >richtig< oder >falsch< ist, die Grave-Einleitung zu wiederholen. Für eine Wiederholung spricht, daß sie zu Beginn der Durchführung auftaucht und auch der Coda. Dagegen aber, daß sie in die Reprise nicht aufgenommen wird. Da die Reprise traditionell die wörtliche Wiederholung der Exposition ist (bis auf den Wechsel der Tonart der Themengruppen), hat dies Gewicht: Es zeigt, daß Beethoven die Grave-Einleitung wohl doch nicht als Bestandteil der Exposition ansieht. Von daher gehört sie dann auch nicht zur Expositionswiederholung.


    Außerdem sollte man das Problem der Expositionswiederholung nicht überschätzen. Die allgemeinen Begründungen dafür, die man bei den Musikwissenschaftlern liest, sind allesamt ziemlich heterogen bis widersprüchlich. Ich kenne eigentlich keine, welche wirklich überzeugend darlegt, warum man eine Exposition überhaupt zwingend wiederholen muß. Viele Interpreten lassen sie deshalb einfach weg - betrachten das als bloße Konvention, auf die man verzichten kann. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger


  • Beethoven, Sonate Nr. 8 c-moll op. 13 “Pathétique”
    Daniel Barenboim, Klavier
    AD: 1966-69
    Spielzeiten: 9:37-5:52-4:48 – 20:17 min.;


    Daniel Barenboim beginnt sehr langsam. Er sieht das Grave auch als langsamer an als ein Adagio. Er braucht für die Grave-Einleitung mit 2:05 min. sogar 20 Sekunden mehr als Claudio Arrau. Hier sitzt ein junger Mann am Klavier, der mit erstaunlicher Reife weiß, wie er dieses Grave zu spielen hat, nämlich schicksalsschwer, zugleich dynamisch so unterschiedlich. So crescendiert er die fp-Anfangsakkorde in Takt 2 und 3 etwas, als wenn unser imaginärer Held zwar unter einer schweren Schicksalslast zu tragen hat, er sich aber zunehmend dagegen auflehnt. Das überzeugt mich sehr, auch der Legatobogen in Takt 10, in dem er Fahrt aufnimmt.
    Die Exposition im Allegro nimmt er mit viel Schwung und pianistisch souverän unter Beachtung der dynamischen Vorzeichen. Auch er wiederholt die Exposition, nicht das Grave. In der gesamten Exposition nimmt er die Sforzandi moderat, was den Trillerketten im Seitenthema ab Takt 51 m. E. mehr Fluss verleiht. Die beiden langen Crescendi Takt 93 – 98 und 105 – 110 spielt er exzellent, ebenso den Legatobogen zum Ende der Exposition ab Takt 113. Ergreift dann aber auch in den f-Schlägen ab Takt 121 und im ff-Schlag beherzt zu.
    Das eingeschobene Tempo I (Grave) von Takt 133 – 136 wirkt, ebenso langsam gespielt wie die Grave-Einleitung, nun wie ein Innehalten, wieder zu Kräften kommen, bevor es im Allegro molto e con brio weiter geht. Hier ist am Beginn der Durchführung auch dynamisch eine Änderung zu Exposition festzustellen. Das Crescendo endet jeweils auf einem Forte, während das in der Exposition offen war.
    Ansonsten geht die Durchführung munter und sehr bewegt weiter und doch unaufhaltsam auf einen bestimmten Punkt zu, den Grave-Einschub (Takt 295 – 298), wobei dieses Mal der Auftaktakkord jeweils durch eine Generalpause ersetzt wird, und bei Barenboim ist das wirklich eine Generalpause.
    In der abschließenden kurzen Allegro-Coda greift Barenboim dynamisch noch einmal kräftig zu.


    Das Adagio cantabile spielt Barenboim kaum schneller als Arrau aber auch kaum weniger kantabel, vielleicht noch eine Spur zarter.
    In der kleinen Eintrübung ab Takt 17 mit Auftakt spielt er pp, was allerdings das Crescendo ab Takt 24 deutlich hervortreten lässt, allerdings spielt er dann das CrescendoIDecrescendo in Takt 27/28 nicht wirklich, aber bei seinem dynamischen Konzept vermisse ich es auch nicht. Alleine die aufsteigenden Achtel in Takt 31 (ebenso wie in Takt 3) sind eine Offenbarung (das 4. Achtel (b‘?) tupft er nur noch ganz sacht- Gänsehaut.
    In der zweiten Eintrübung ab Takt 37 zieht er das Tempo fast unmerklich etwas an, und spätestens ab dem ersten Sforzando ab Takt 42 ist es dann mit der Eintrübung vorbei! Auch die Staccato-Sechzehntel in der Begleitung von Takt 48 bis 50 spielt Barenboim ausgezeichnet, traumhaft auch die nächsten Staccato-Sechzehntel in Takt 62 und 63, und deutlich die drei Rinforzandi in Takt 70 – 72 und verhauchend das pp im Schlusstakt.


    Im Rondo trennen ihn gerade mal 10 Sekunden vom späten Arrau, dessen Aufnahme 20 Jahre nach der Barenboims entstand. Hier spielt er gleich am Anfang ab Takt 12 ein großartiges Crescendo, das mindestens auf Forte endet. Die folgenden Achtel-Läufe mit den begleitenden Viertel und Halben-Akkorden sind ebenfalls hervorragend. Und im Weiteren perlen die Achtelläufe variationsartig an uns vorbei, bis sie in Takt 78 von einem wunderbaren neuen musikalischen Gedanken abgelöst werden, der ebenfalls variiert wird. Wieder kommt es in Takt 116/117 zu einem dramatischen Aufschwung, der uns zum Hauptthema zurückführt, das p weitergespielt wird. Die nun folgende Dolce-Stelle, die in ein langes Crescendo innerhalb eines langen Bogens mündet, das Barenboim aber wiederum moderat spielt. Weiter geht es im p/pp hin zu dem auch von Barenboim vorzüglich gespielten Calando in Takt 167 – 170, dem einige herrliche Bögen folgen mit kräftigen Sforzandi, ff- Schlägen einem langen Crescendo Takt 189 und weiteren kräftigen Sforzandi ab Takt 193, und als ob er sich Barenboim das Beste fast bis zum Schluss aufgehoben hätte, diesem pp in Takt 206/207 folgt ein weiteres mit mindestens ppp in Takt 207/208 und dann das Schluss-ff- Grandios!!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup:

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  • Zitat von Holger Kaletha

    Dagegen aber, daß sie in die Reprise nicht aufgenommen wird. Da die Reprise traditionell die wörtliche Wiederholung der Exposition ist (bis auf den Wechsel der Tonart der Themengruppen), hat dies Gewicht: Es zeigt, daß Beethoven die Grave-Einleitung wohl doch nicht als Bestandteil der Exposition ansieht. Von daher gehört sie dann auch nicht zur Expositionswiederholung.


    Edwin Fischer äußert sich in dem netten Inseln Büchlein über die Beethoven Sonaten eben in diesem Sinne. Er gebraucht das Bild des "Bekennens". Bekennt man sich dazu als Einleitung oder als Hauptsatz. Sieht man es als Hauptsatz an, muß es natürlich von Anfang an wiederholt werden, wenn man es als Einleitung betrachtet, vom Allegro an. Für Fischer spricht eben besonders der fehlende Gravegedanke in der Reprise darauf, daß nur vom Allegro an wiederholt werden sollte.
    Brendel folgt, wenn ich es richtig im Kopf habe, hier Fischers Überlegungen (was nicht so verwunderlich ist).
    Es kommt also, das wird ja auch an der Diskussion Khampmann – Ulli klar, auf die Gewichtung der Argumente an, die jeder anders sehen mag. Insofern ist das Bild des "Bekennens" vielleicht nicht so schlecht gewählt


    @ William B. A.
    Hab vielen Dank für Deine ausführlichen, wie immer detailreichen und schönen Ausführungen, die ich mit großem Genuß lese. Meine eigenen Beiträge müssen sich leider bis nächstes Wochenende gedulden, da mir ein Aufsatz und eine Vortrag im Nacken sitzen.


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Lieber JLang,


    für deinen Aufsatz und den Vortrag wünsche ich dir gutes Gelingen.


    In der Diskussion, ob in der Reprise das ganze Grave wiederholt werden sollte oder nicht, ist ja auch darauf hingewiesen worden, dass das entsprechende Autograph nicht mehr vorliegt, und in meiner Urtextausgabe steht das Wiederholungszeichen am Beginn des Allegros, und ich gehe einfach mal davon aus, dass Beethoven das auch so komponiert hat.
    Wenn ich nun bedenke, dass ich die Pathétique unter dieser Fragestellung nun doch schon etliche Male gehört habe, fällt mir immer wieder auf, wie organisch das Ganze klingt, und wie das von Brendel in seinem Buch immer wieder aufgegriffene kompositorische Kürzungsprinzip Beethovens sich auch im zweimaligen Wiederholen der ersten vier Takte des Grave wiederspiegelt. Ich will das hier nicht auswälzen, aber man könnte das Ganze auch inhaltlich interpretieren und sehen, dass zu dem Zeitpunkt, als Beethoven die Pathétique komponierte, also kurz vor der Wende zum 19. Jahrhundert, sein Gehörleiden noch nicht zur völligen Ertaubung geführt hatte und auch der Kampf gegen die Krankheit, nicht nur formal, sondern auch inhaltlich hier zum Ausdruck kommen könnte, vielleicht mehr noch, als die bis dahin sich dargestellte politische Situation in Europa.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Edwin Fischer äußert sich in dem netten Inseln Büchlein über die Beethoven Sonaten eben in diesem Sinne. Er gebraucht das Bild des "Bekennens". Bekennt man sich dazu als Einleitung oder als Hauptsatz. Sieht man es als Hauptsatz an, muß es natürlich von Anfang an wiederholt werden, wenn man es als Einleitung betrachtet, vom Allegro an. Für Fischer spricht eben besonders der fehlende Gravegedanke in der Reprise darauf, daß nur vom Allegro an wiederholt werden sollte.


    Lieber JLang,


    das gefällt mir sehr gut (und paßt zudem genau zu meinen eigenen theoretischen Überlegungen)! Welches Büchlein ist denn das, damit ich mir das anschauen kann? :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zitat Holger Kaletha

    Zitat

    das gefällt mir sehr gut (und paßt zudem genau zu meinen eigenen theoretischen Überlegungen)! Welches Büchlein ist denn das, damit ich mir das anschauen kann?


    Lieber Holger Kaletha,
    es ist Edwin Fischer, Ludwig van Beethoven. Klaviersonaten Inselbücherei Nr 853 (Wiesbaden 1956). Ich finde es ganz informativ. Es handelt sich um Vorträge Fischers, die in die Form des Büchleins überführt wurden. Außerdem ist es sehr günstig zu haben, ich habe etwa 3 EUR bezahlt.


    Zitat William B. A.

    Zitat

    für deinen Aufsatz und den Vortrag wünsche ich dir gutes Gelingen.


    Danke, wird schon werden :)


    Zitat

    in meiner Urtextausgabe steht das Wiederholungszeichen am Beginn des Allegros,


    das ist die Henle-Ausgabe, oder?


    Beste Grüße
    JLang

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  • Nein, das ist die Máriássy-Ausgabe aus dem Tandem-Verlag. Die Abbildung lässt sich momentan nicht posten (vielleicht, weil nur noch zwei Exemplare gebraucht zu haben sind, aber wenn due das kleine Quadrat anklickst, wird die Ausgabe auf Amazon angezeigt).



    Liebe Grüße


    Willi :)

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ah, Máriássy, vielen Dank.
    Bei mir in der Henle-Ausgabe steht es nämlich auch so, so daß es sich anscheinend zumindest als opinio comunis herausgebildet hat.
    Danke und liebe Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • es ist Edwin Fischer, Ludwig van Beethoven. Klaviersonaten Inselbücherei Nr 853 (Wiesbaden 1956). Ich finde es ganz informativ. Es handelt sich um Vorträge Fischers, die in die Form des Büchleins überführt wurden. Außerdem ist es sehr günstig zu haben, ich habe etwa 3 EUR bezahlt.

    Lieber JLang,


    herzlichen Dank! Leider kostet es gebraucht z. Zt. 25 Euro (Amazon)! Mal sehen, wie ich da günstiger drankomme!


    Ist das ein "musikalischer" Vortrag und Aufsatz von Dir, wenn ich fragen darf? Auch von mir gutes Gelingen! :)


    Ich habe beim Stöbern gerade dieses Buch entdeckt (befindet sich nicht in unserer hiesigen Bibliothek, so daß ich leider nicht gleich mal reinschauen kann). Das könnte ganz interessant sein:



    Schöne Grüße
    Holger

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  • Zitat Holger Kaletha


    Zitat

    leider kostet es gebraucht z. Zt. 25 Euro (Amazon)! Mal sehen, wie ich da günstiger drankomme!


    Schau mal bei booklooker, da sollte es unter 10 EUR kosten


    Zitat

    Ist das ein "musikalischer" Vortrag und Aufsatz von Dir, wenn ich fragen darf? Auch von mir gutes Gelingen!


    Danke für die guten Wünsche. Und natürlich darfst Du fragen:) Mit Musik beschäftige ich mich allerdings in der Tat nur hier im forum als Laie, der einmal Klavierunterricht hatte. Meine Aufsätze/ Vorträge betreffen immer "alte Dinge" (der Griechen und Römer) sowie deren Nachwirkung bis in unsere Tage.
    Vielen Dank auch für den Hinweis auf die Studienarbeit, das könnte in der Tat interessant sein. Mal sehen, ob es hier in der Umgebung bereits vorhanden ist.


    Herzliche Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ich habe gerade mal in die Analyse von Jürgen Uhde geschaut. Zur Problematik der Wiederholung der Einleitung äußert er sich aber schlicht überhaupt nicht. :!: Drei Bemerkungen von ihm finde ich aber doch aufschlußreich:


    1. Grave-Einleitung und Allegro sind miteinander verzahnt.


    Das dürfte völlig unstrittig sein.

    Zitat


    2. originell ist, daß die Grave-Einleitung in der Durchführung auftaucht


    Als Beginn der Durchführung, um genau zu sein, das ist zentral für die Argumentation Khampans.

    Zitat


    3. bemerkenswert, daß die Grave-Einleitung nicht Bestandteil der Reprise ist.


    Das wäre zuviel des Guten und zu schematisch. Z.B. in op.127,i leitet die Wiederkehr des Maestoso die Durchf. ein, schließt sie aber nicht ab, sondern es geht nach dessen erneutem Auftauchen noch weiter.
    Bei möglichen Vorbildern, Mozarts Quintett KV 593 und Haydns Sinf. 103 taucht das Material der Einleitung erst wieder in der Coda auf.
    Auch in anderen Sätzen Beethovens, die die "Einleitung" eng mit dem Allegro verknüpfen wie in op.81a und op.130 beginnt die Reprise nicht mit der Einleitung (die Wdh.-Zeichen sind in diesen Sätzen aber wohl unstrittig; op.81a wiederholt ab allegro, op.130 ab Satzbeginn)
    Eine Reprise ist bei Beethoven so gut wie nie die wörtliche Wdh. der Expo (abgesehen von den notwendigen Änderungen der Modulationsgänge). Es ist in der Wiener Klassik zB beinahe Standard, dass sehr bald nach Repriseneintritt, die "2. Phrase" nochmal durchführungsartig, jedenfalls anders als in der Expo behandelt wird (vgl. hier T 27-46 mit T 208-19) und bei Komponisten wie Haydn und Beethoven sind die Abweichungen gegenüber der Expo oft noch erheblich größer.


    Zitat


    Außerdem sollte man das Problem der Expositionswiederholung nicht überschätzen. Die allgemeinen Begründungen dafür, die man bei den Musikwissenschaftlern liest, sind allesamt ziemlich heterogen bis widersprüchlich. Ich kenne eigentlich keine, welche wirklich überzeugend darlegt, warum man eine Exposition überhaupt zwingend wiederholen muß. Viele Interpreten lassen sie deshalb einfach weg - betrachten das als bloße Konvention, auf die man verzichten kann. :hello:


    Naja. Sie steht erst einmal da, insofern muss eher begründet werden, wenn man das Wdh.-Zeichen ignoriert.
    (Freilich wäre das hier auch eine Lösung, die den lt. Khampan unschönen Übergang zur Wdh ab allegro molto vermeidet!)
    Khampans Argumentation oben beruht ja nicht zuletzt auf den, wie er behauptet, bei Beethoven beinahe durchweg vorhandenen Parallelen zwischen
    Expo-Schluss -> Expo Wdh
    Expo-Wdh.-Schluss - > Durchf.
    Reprisen-Schluss -> Coda
    Für Beethoven sind diese Nahtstellen daher offenbar wichtige Gliederungspunkte und als solche vom Hörer viel leichter (oder überhaupt nur) zu erkennen, wenn die Wdh. der Expo ausgeführt wird.
    Ich selbst höre den Übergang vom Ende der Expo zur Wdh. (ohne Grave) nicht ganz so unbeholfen wie Khampan; obwohl mir seine Argumentation einleuchtet, bin ich daher erstmal offen für beide Varianten.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Eine Reprise ist bei Beethoven so gut wie nie die wörtliche Wdh. der Expo (abgesehen von den notwendigen Änderungen der Modulationsgänge).

    Klar! Das ist das Grundproblem von Typologisierungen und Schematisierungen, welche die Musikwissenschaft so gerne hat. Die Realität sieht immer komplexer aus! :)


    Naja. Sie steht erst einmal da, insofern muss eher begründet werden, wenn man das Wdh.-Zeichen ignoriert.

    Eine interessante Begründung, die ich gelesen habe, lautet: Es gibt ja den Übergang von der zweiteiligen (Scarlatti) zur dreiteiligen Sonatenform. Die Wiederholung dient bei der zweiteiligen Form dazu, die beiden Teile voneinander abzugrenzen. Trotz des Wandels zur dreiteiligen Form habe man an dieser Konvention festgehalten, obwohl sie eigentlich zum veränderten Formschema gar nicht mehr paßt. Demnach darf man die Expositionswiederholung mit gutem Gewissen weglassen. Tja...


    Schöne Grüße
    Holger

  • Vorhin gehört habe ich eine historische Aufnahme Rudolf Serkins von 1945, die mir nur auf dieser etwas dubiosen Sammlung vorliegt, sehr wahrscheinlich ursprgl. eine CBS-Aufnahme.
    Serkin wiederholt hier einschließlich des Grave. Aufgrund zügiger Tempi benötigt er dennoch nur etwa 8:50 für den Kopfsatz (etwa 1:20-25 für den ersten Grave-Abschnitt). Das zeigt, dass der Satz nicht überlang werden muss, selbst wenn man diese Wiederholung ausführt. Auch die anderen Sätze werden eher schnell gespielt Adagio 5:37, Rondo: 4:05. Wie öfters bei Serkin ist das Ganze ein wenig ruppig, versenkte Lyrik oder Klangzauber sucht man hier vergeblich, aber sein energischer Zugriff passt gut zu Beethoven. Den Klang der Aufnahme fand ich für das Alter o.k.


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Deine temporalen Beobachtung, lieber Johannes passen zu meinen bei der Interpretation von Wilhelm Backhaus, der sogar für das komplette Grave etwa 1:10 min. brauchte und selbst bei kompletter Wiederholung des Grave bei unter 8 Minuten ausgekommen wäre. Nur gehe ich davon aus, dass die Interpretation Serkins besser war. Erst in mehreren Wochen werde ich wissen, wie es sich mit seiner Aufnahme vom Dezember 1962 verhält.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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