Freude schöner Götterfunken - Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr 9 in d-moll op 125

  • Beethoven, Symphonie Nr. 9 d-moll op. 125
    Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks u.a.
    Chor des Bayerischen Rundfunks u.a.
    June Andersen, Sopran
    Sarah Walker, Mezzosopran
    Klaus König, Tenor
    Jan-Hendrik Rootering, Bass
    Dirigent: Leonard Bernstein
    AD. 25. 12. 1990 (Liveaufnahme)
    Spielzeiten: 17:53-12:00-20:28-9:35-18:05 – 78:01 min.;


    Manchmal kommt man zu so einer Aufnahme wie die Mutter zum Kind. Eigentlich hatte ich nur nachgeschaut, ob denn Bernsteins DVD-GA der Neun Symphonien Beethovens wieder habhaft wäre. Dabei stieß ich auf diese Aufnahme, die ich auf dem Marktplatz günstig erstand.
    Bernstein, der ja schon für seine erste Neunte 1964 in New York gut 70 Minuten brauchte und für die Wiener Neunte noch mal eine Minute mehr, war hier noch mal etwas langsamer.
    Aber- welch eine Spannung von Anfang an. Welch eine Kraft des großdimensionierten Orchesters mit vierfachem Holz und großer Streicheraufstellung, und, was das Wichtigste ist, welche Konzentration und Präzision von Anfang an und welche Leidenschaft, sowohl in der Körpersprache als auch in der Mimik Bernsteins, was mich zu der Überzeugung kommen lässt, dass zu dem Zeitpunkt und zu der Gelegenheit kein Anderer als er (auch und gerade als Jude) dieses Konzert hätte dirigieren können.
    Der Paukist hatte von Anfang an alle Mühe, im Tutti gegen dieses Orchester anzukommen, aber er war gut durchzuhören und vor allem zu sehen.
    Dieses spannungsvolle und leidenschaftliche Dirigat und Musizieren währte bis zum Ende. Wie extrovertiert und immer noch auch zu körperlicher Anstrengung fähig Bernstein in diesem schon weit fortgeschrittener Stadium seiner Erkrankung war, zeigte auch das Scherzo, in dem er im Trio tanzte und so sein Orchester voranpeitschte.
    Und dann kam das Adagio. Wenn es je eines Beweises bedurft hätte, dass dieser Satz ein veritables Adagio molto und das Schönste noch dazu und keineswegs ein Andante con moto oder was auch immer ist, dann hat Bernstein ihn hier geliefert, auch dass dieser Satz, wie es gehört, der längste Instrumentalsatz der Neunten ist und nicht der kürzeste. Und das Scherzo ist eben der kürzeste Instrumentalsatz und nicht der längste.
    Wie dicht und wie erschütternd intensiv Bernstein diesen 20:28 Minuten währenden musikalischen Teppich wob, wurde schon am Anfang deutlich, als nicht nur mir, sondern auch ihm die Tränen in die Augen schossen. Er ging stets an die Grenze des auch für ihn Erträglichen und brachte so ein musikalisches Wunder zustande. Dieser Satz ist für mich sowieso ein Wunder, aber hier war er es im Besonderen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihn jemals so intensiv gehört hätte. Auch die beiden Blechbläsersteigerungen waren Grenzerfahrungen. Die Trompeten wurden wahrlich zu den Trompeten von Jericho, die im wahrsten Sinne des Wortes Mauern zum Einsturz brachten. Welch eine Symbolik.
    Eine weitere Überraschung hielt das Finale bereit. Der Chor des Bayerischen Rundfunks , verstärkt durch Mitglieder des Rundfunkchores Berlin und den ca. 70köpfigen Mädchenchor der Dresdner Philharmonie überzeugt genauso durch Durchschlagskraft und Präzision wie die vier exzellenten Solisten, die ebenso hübsche wie stimmgewaltige Sopranistin June Anderson, die überzeugende Mezzosopranistin Sarah Walker, den mir bis dato völlig unbekannten, aber vor allem in der Marcia sensationellen Heldentenor Klaus König, der, wie ich mich kundig machte, an der Oper Leipzig, dann an der Dresdner Staatsoper und auch an der Wiener Staatsoper die großen Rollen des Heldenfachs, angefangen vom jugendlichen Max aus dem Freischütz, den Erik aus dem Holländer und später auch den Lohengrin, den Tannhäuser und den Tristan sang. Mein Gott, hatte der äußerlich eher unscheinbare Mann eine Stimme. So muss man das singen. Ich habe ja auch schon bei anderen Heldentenären wie René Kollo (Bernstein) und Jess Thomas (Karajan) gesagt, wie überzeugend sie für mich diese Partie gesungen haben.
    Auch Jan-Hendrik Rootering füllte die Basspartie mit Kraft, fundierter Tiefe und sicherer Höhe. Überhaupt haben die beiden männlichen Solisten in der Neunten ja mehr Gelegenheit, sich auszuzeichnen als die Damen, wenn sie dies den tun (oder können).
    Dies ist sicherlich, trotz des teilweise ungewohnten Textes, eine der am intensivsten und überzeugendsten vorgetragenen Aufführungen der Neunten, die ich bisher gehört (und gesehen) habe.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Als am 14. Mai 1982 diese Aufnahme mitgeschnitten wurde, war Rafael Kubelik bereits seit ungefähr drei Jahren nicht mehr Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Krankheitsbedingt sah er sich gezwungen, das Amt niederzulegen und trat nur noch selten als Dirigent auf.
    Wenn er allerdings ans Dirigentenpult zurückkehrte entstanden fast immer beeindruckende Konzerte, geprägt von einer besonderen Subjektivität, von Hingabe und Liebe.


    Beethovens 9. ist ein solcher Fall


    Wenngleich Kubelik ein bisschen schnellere Tempi wählte als in seiner Studioaufnahme von 1975 (mit dem gleichen Orchester) und in seinem Gedenkkonzert an Otto Klemperer am 14. Januar 1974 (mit dem New Philharmonia Orchestra), so bleibt festzuhalten, daß die Tempogestaltung eher auf der gemächlichen als auf der rasanten Seite zu finden sind: 16'49'', 11'57'', 15'50'' und 25'42''.


    Allerdings fallen diese Tempi nicht sonderlich auf (im positiven Sinne), denn mehr als die Tempogestaltung beeindruckt die geistige Grundhaltung, die Kubelik und "sein ehemaliges Orchester" dem Werk angedeihen ließen: "Freude schöner Götterfunken" und "Alle Menschen werden Brüder" finden hier bereits vom ersten Takt an statt.


    Auch 1982 wurde die 9. bereits "klassizistischer" dirigiert als es bei Kubelik der Fall war, Kontraste wurden schärfer gegeneinander abgesetzt und ausgespielt, Tempi wurden strikter und strenger eingehalten, aber Kubeliks besonderer Verdienst war es, die Schönheiten des Werkes liebevoll auszuloten, Melodienbögen auszumusizieren, fast auszusingen, Holzbläser und Streicher besonders harmonisch zusammenwirken zu lassen und im Finalsatz Solisten, Chor und Orchester zu einer Einheit zu formen (was sehr selten gelungen ist in der Aufführungsgeschichte der 9.).


    Beckmesserisch könnte man anmerken, daß das Orchestercrescendo im Klimax des ersten Satzes deutlicher ausgespielt werden könnte, daß Kubelik im Scherzo das Tempo stellenweise etwas zu sehr zurücknimmt, anstatt es im Fluss zu belassen oder gar anzuziehen (hörbar zum Schluss des Scherzos), aber das sind Marginalien für mich angesichts des wunderbaren Orchesterspiels, angesichts der perfekten Orchesterbalance, angesichts der spür-, also hörbaren Harmonie in der langen Zusammenarbeit zwischen Dirigent und Orchester.


    Und spätestens, wenn man das wunderschöne Adagio molto e cantabile hört, dann vergisst man ganz schnell leichte dynamische oder tempomäßige Eingriffe, dann lauscht man nur noch gebannt und stellt vielleicht erstaunt fest, daß das "cantabile" in der Satzbezeichnung eine Berechtigung hat.
    In knappen 16 Minuten verhetzt Kubelik natürlich nichts, aber er verschleppt keine einzige Note oder Phrase, wie es leider auch oft genug vorkommt. Jede Note erweckt den Eindruck, als ob Beethoven genau dieses Tempo und genau diesen Ausdrucksgehalt in den Ohren hatte, als er den Satz schrieb. Warmherziger, "sanglicher" und schöner gespielt (ohne Schönheit als Effekt zu ge- oder gar mißbrauchen) habe ich den Satz in noch keiner anderen Aufnahme gehört.


    Viele Finalsätze leiden darunter, daß es einem Dirigenten nicht gelingt, alle Gruppen harmonisch zusammenzuhalten oder, fast noch schlimmer, bei den Solisten mit stimmlichen oder opernhaften Ausfällen leben zu müssen.
    Nicht aber hier. Alle vier Solisten wissen, daß sie keine "große Oper" zu singen haben, sondern sie fügen sich als "primus inter pares" ins Gesamtgefüge ein. Sowohl das einleitende Rezitativ von Hans Sotin als auch das "Froh, wie seine Sonne fliegen" von Hans Laubenthal sind gleichsam von der Stimme als auch vom Vortrag eine Wohltat (wenngleich beide das ein oder andere "R" schon einmal verschlucken). Gegen Helen Donath (die auch in der Studioaufnahme mitwirkte) und Brigitte Fassbaender gibt es ebenfalls keine ernsthaften Einwände.


    Der Chor des Bayer. Rdfs. wird groß besetzt gewesen sein, "brüllt" sich aber nicht unangenehm in den Vordergrund. Das Orchester bleibt auch im Schlußsatz gut hörbar, die Solisten werden nicht übertönt.


    Ein großes Lob geht also auch an die Tontechnik. Alle Orchestergruppen sind präsent eingefangen, aber ergeben dennoch einen harmonischen Gesamtklang. Das ist bei frühen Digitalaufnahmen, zumal wenn es sich um den Live-Mitschnitt eines Konzerts handelte, keine Selbstverständlichkeit. Okay, ganz beckmesserisch höre ich über den Kopfhörer ein, zweimal ganz leichte Schärfen bei den hohen Tönen des Chors, aber das spielt für mich alles gar keine Rolle, denn das "Gesamtpaket" der reichlichen 70 Minuten beglückt mich so sehr wie es kaum eine andere Aufnahme vermochte.


    So ist diese Aufnahme zwar keine "Referenz", aber eine meiner liebsten von weit über drei Dutzend. Wer die 9. Sinfonie liebt, der wird wahrscheinlich auch diese Aufnahme lieben...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Schönen Dank für diesen glutvollen Bericht, lieber Norbert. Ich kann eigentlich allem zustimmen, was du sagst, speziell dem, was du über das Adagio sagst:

    Zitat

    Norbert: Und spätestens, wenn man das wundervolle Adagio molto et cantabile hört, dann vergisst man ganz leicht dynamische oder tempomäßige Eingriffe, dann lauscht man nur noch gebannt und stellt vielleicht erstaunt fest, dass das "cantabile" in der Satzbezeichnung eine Berechtigung hat.

    Da sprichst du mir aus dem Herzen, lieber Norbert. Ich habe nun schon so viele Beispiele gehört, und speziell bei den so schnell gespielten, oftmals HIP-Interpretationen hört man das "cantabile" nicht. Solch eine zu Herzen gehende Melodie kann man nicht schnell "singen", weshalb Beethoven sie auch Adagio molto e cantabile bezeichnet hat, und manche Dirigenten, wie Karajan, Bernstein, Celibidache, Wand oder hier Kubelik, (ich habe vorher in GMH die Hörbeispiele gehört), bringen das Orchester zum Singen. So habe ich auch beim oben beschriebenen Konzert Bernsteins empfunden und mich meiner Tränen nicht geschämt, ebenso wie es der Meister auch nicht tat. Der ganze Satz ist in der richtigen Interpretation ein "Lied ohne Worte".
    Die von dir vorgestellte Aufnahme ist schon so gut wie bestellt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    danke für Deine freundlichen Worte. :) Zugegeben, ich war in den letzten Monaten nicht ganz so fleißig wie Du im Erstellen von Rezensionen (oder Höreindrücken), auch wenn ich es mir immer wieder vornehme, aber wenn man mitbekommt, daß die eigenen Berichte gelesen werden, macht es natürlich umso mehr Spaß.


    Zum Adagio: Von allen Sätzen, die Beethoven für seine Sinfonien geschrieben hat, ist er wohl derjenige, der sich am meisten gegen die Metromangaben Beethovens "sperrt". Es ist richtig, es fehlt meistens die Kantabilität zu Lasten des Tempos, gerade zu Beginn des Satzes.
    Eigentlich nur Michael Gielen und Christoph Spering schaffen es für mich, trotz schneller Tempi Spannung zu erzeugen, wenngleich bei Spering die Klangbalance etwas in Richtung Holzbläser verschoben wurde (was allerdings ganz neue Höreindrücke hervorruft).


    Aber anders herum ist es genau so. Zu langsam, zu schleppend, ist für mich ebenfalls problematisch. Ich kenne z.B: Bernsteins "Ode an die Freiheit", aber mit den über 20 Minuten für das Adagio habe ich immer meine Schwierigkeiten. Es ist für mich zu viel "Sentimentalität" enthalten, ebenso wie ich zuviel "Mahler" höre, wenn ich die Aufnahme aus New York einlege.


    Auch Fricsay ist für mich in Relation zu den Spielzeiten der anderen Sätze zu langsam, hingegen empfinde ich Giulini (Berliner Philharmoniker) als großartig, fast "göttlich", weil die 18'33'' wunderbar zu den Temporelationen der anderen Sätze passen.


    Ich würde mich freuen, wenn Du Dir Kubeliks Aufnahme zulegen würdest, weil ich mir sicher bin, daß sie Dir gefallen wird.


    Der "späte Kubelik" (also nach seiner Chefdirigentenzeit in München) ist ohnehin in seiner Individualität eine veritable Entdeckung, siehe u.a. seine Brahms-Sinfonien aus 1983 (auch bei Orfeo erschienen) oder seine 1984er "Mein Vaterland"-Einspielung (auch Orfeo+SO des Bayer. Rdfs), die für mich Kubeliks beste der mindestens vier Aufnahmen des Werkes darstellt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert, zu Christoph Sperings Neunter habe ich mich hier im Thread ja schon vor einiger Zeit geäußert, weil ich die Sympdhonie vor einigen jahren live in der Essener Philharmone erlebt hatte, und zu Michael Gielen werde ich noch kommen, weil ich ja vor einigen Wochen die Gesamtaufnahmen von ihm, von Karajan und von Abbado auf DVD erstanden habe und zur Ersten von allen schon meine Höreindrücke geschildert habe. Es handelt sich um die Gielen-Aufnahmen Ende der 90er Jahre, die Abbado-Aufnahmen Anfang des neuen Jahrtausends (in Rom, Neunte 2000 in Berlin) und die Karajan-Aufnahmen Anfang der 70er Jahre mit der Neunten von Anfang 1968. Zur Zeit will ich aber erst die Hörstizungen mit Rudolf Kempe vollenden. Da habe ich heute die Fünfte gehört und muss noch die Sechste, Siebte und Achte hören.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
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  • Lieber Willi,


    jetzt wo Du es schreibst: Mein relatives Lob bezog sich auf die frühere Gielen-Aufnahme vom September 1994, in der er für das Adagio 11'43'' benötigte.
    Die Aufnahme, die Du meinst und die ich inzwischen auch schon seit längerem besitze und ungemein schätze, stammt (bei der 9.) vom Juli 1999 ist im Adagio etwas konventioneller von der Zeit mit 13'26''. Hier gelingt das Adagio auch vorzüglich, wenngleich in beiden Aufnahmen die fast unvergleichliche Atmosphäre der Kubelik-Einspielung nicht ganz erreicht wurde. Das liegt aber eindeutig im Positiven an Kubelik und nicht im Negativen an Gielen.


    Bei Abbado ist es wirklich unglaublich schade, daß die 9. aus Rom nicht mitgeschnitten wurde. Auch wenn die Berliner Version beileibe nicht schlecht ist, kommt sie aber dennoch nicht ansatzweise an die Intensität der anderen Sinfonien heran.


    Ich bin gespannt auf Deine Höreindrücke, auch und ibs. was Kempe angeht. Auch wenn ich ihn als Dirigenten sehr hoch einschätze, halte ich "seinen" Beethoven für nicht zwingend besitzenswert. Andere Komponisten lagen ihm imo erheblich mehr.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    was Abbado betrifft, möchte ich dir Recht geben. Noch eines scheint interessant zu werden. Er hat ja kaum ein Jahr vorher alle Neune in Berlin auf CD aufgenommen.
    Über Karajan brauchen wir ja hier nicht zu diskutieren, aber auch, was ich bisher von Gielen gehört und gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen.
    Auch bei Kempe, den ich ja nun mal habe, war mir nicht alles Gold, was glänzte. Die Eroica fand ich nicht so überragend, die Vierte dafür wieder ganz ausgezeichnet, und auch die heute gehörte Fünfte sehr gut. Die Neunte hatte ich ja als Erste gehört und etwas darüber geschrieben.
    Ich habe natürlich, was die drei DVD-GA's betriftt, schon etliche Aufnahmen vorweg gehört, die Neunten noch nicht, aber generell hat sich bestätigt, was ich schon vorher des öfteren gesagt habe, dass der zusätzliche Sinn, das Sehen, Einiges für das Werkverständinis und das Erspüren der Strukturen bringt.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S.

    Ich habe etwas bei unserem Werbepartner über Kubelik gestöbert und gesehen, dass ich diese Doppel-CD aus den 70er Jahren schon in meinem Bestand habe.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zitat

    Norbert: So ist diese Aufnahme zwar keine "Referenz", aber eine meiner liebsten
    von weit über drei Dutzend. Wer die 9. Sinfonie liebt, der wird
    wahrscheinlich auch diese Aufnahme lieben...

    Hallo Norbert,


    Mit großem Interesse habe ich Deinen so präzisen Bericht über Deine Eindrücke von der KUBELIK-Aufnahme von 1982 gelesen.


    Angesichts Deiner bewundernswerten Detailkenntnisse von BEETHOVEN's 9. Sinfonie und der so vielen verschiedenen Aufnahmen und somit Vergleichsmöglichkeiten, über die Du damit verfügst, würde mich dann doch auch einmal Deine persönliche Meinung zu dem Live-Mitschnitt des Pariser Rundfunks vom 31. 10. 1963 der JASCHA HORENSTEIN-Aufnahme, mit den Solisten PILAR LORENGAR, MARGA HÖFFGEN, JOSEF TRAXEL und OTTO WIENER, außerordentlich interessieren, die als DVD existiert.
    Ich jedenfalls bin der dem Dirigat von HORENSTEIN, und auch der sängerischen Leistung der Solisten, insbesondere von LORENGAR und TRAXEL, sehr beieindruckt und angetan. Ich hoffe, auch diese Einspielung liegt Dir vor. Ich erwarte dabei nicht eine so ausführliche Besprechung wie von der KUBELIK-Aufnahme, doch wäre ich Dir für Deine generelle Meinung dazu schon sehr dankbar.



    Viele Grüße aus Málaga!
    wok

  • Es ließ mir doch keine Ruhe, und so hörte ich mir nach der Markus-Lanz-Show noch die Neunte mit Gielen an. Obwohl ich seine eckige, von vielen als nüchtern bezeichnete Art zu dirigieren mag, weil sie gerade auch temporal viele Punkte des Beethovenschen Symphonienkosmos adäquat wiedergibt, stößt sein temporales Management bei der Wiedergabe der Neunten m. E. doch an seine Grenzen.
    Ich will mich auch gar nicht so lange mit der Kritik aufhalten, aber ich habe schon wiederholt gesagt, dass das Adagio, in meinen Augen ein zentraler, wenn nicht der größte Instrumentalsatz der Neunten, eben ein Adagio, sogar ein Adagio molto ist, und da kann es nicht angehen, dass eben dieses Adagio der kürzeste Instrumentalsatz in der Symphonie ist. Dieen Kritikpunkt werde ich auch im Laufe meiner Besprechungen bei der Neunten Abbados ansprechen, und insofern weiß ich schon jetzt, dass der Vergleich der drei Neunten auf DVD von Gielen, Abbado und Karajan zu Gunsten von Karajan ausfallen wird, auch wenn er, wie auch andere Altvordere, z. B. Böhm, im Scherzo nur eine temporale Sparversion geliefert hat.
    Ich werde mich im Laufe dieser Besprechungsserie noch näher mit dieser Neunten beschäftgen, vor allem mit den Punkten, mit denen sie letztendlich punkten kann, z. B. mit dem formidablen Finale mit den hervorragenden Solisten und mit einem der besten Chöre der Welt, dem Berliner Rundfunkchor.


    :iebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Am 29. und 30. Juni wird die neunte Sinfonie mit dem Bachchor Mainz und dem Chor der Hochschule für Musik Mainz aufgeführt. Am 29.06. im Pfalzbau Ludwigshafen (19.30 Uhr) und am 30.06. in der Christuskirche in Mainz (19.30 Uhr). Neben den genannten Chören sind an den Aufführungen beteiligt: Sophie Klußmann (Sopran), Julia Faylenbogen (Alt), Christian Elsner (Tenor), Michael Dries (Bass), Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Ralf Otto (Chreinstudierung) und Karl-Heinz Steffens (Leitung).
    Ich werde mir das Konzert in Ludwigshafen anhören und freue mich darauf, dieses Werk endlich einmal live zu hören.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich wünsche Dir dazu viel Freude. Ich habe es auch erst einmal live gesehen. Es ist ein viel größeres ERlebnis als jede CD!


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.


  • Hallo wok,


    auch Dir danke für Deine positiven und motivierenden Worte. :)


    Leider kenne ich die Horenstein-Aufnahme nicht, aber sofern ich irgendwann einmal beschließen sollte, Konzerte auf DVD zu sammeln, dann käme oben genannte DVD sicherlich in die engere Wahl.
    Die Besetzung der Solisten liest sich sehr interessant, und Horenstein selbst ist ein Dirigent, den ich z.B. bei Bruckner und Liszt (Eine Faust Sinfonie) sehr schätze, aber dessen Beethoven mir noch komplett unbekannt ist.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    Vielen Dank für Deine so schnelle Antwort.


    Schade, denn Deine Meinung hätte mich brennend interessiert. Auch ich sammle eigentlich keine DVDs, doch war dies die einzige Möglichkeit, an diese für mich allein von der Besetzung her so interessant erscheinende Aufnahme heranzukommen. Und es ist in der Tat ein Erledbnis, JASCHA HORENSTEIN auch einmal dirigieren zu sehen, da mir dies zu seinen Lebzeiten nicht vergönnt war.
    Von BEETHOVEN besitze ich seine wunderbare alte Aufnahme der 5. Sinfonie und der Ouvertüre "Die Weiehe des Hauses" mit dem PRO MUSICA SYMPHONIE-ORCHESTER WIEN, und seitdem genießt dieser Dirigent mein besonderes Interesse, wobei ich weiß, daß er als BRUCKNER-Dirigent allgemein besonders geschätzt wird.


    Viele Grüße
    wok

  • Hallo wok,


    ich vermute einmal, daß die 5. Beethovens eine Mono-Aufnahme ist. Im Grunde genommen spielt es eine untergeordnete Rolle, ob eine Aufnahme in Stereo oder Mono eingespielt wurde, aber leider ist es nicht immer sichergestellt, daß Aufnahmen mit Horenstein zumindest "akzeptabel" klingen.


    Ja, es stimmt, zu Bruckner hatte Horenstein ein ganz besonderes Verhältnis. Schon 1928 nahm er Bruckners 7. auf mit den Berliner Philharmonikern. Es handelte sich dabei um die erste elektroakustische Aufnahme überhaupt. Nach dem 2. Weltkrieg war er einer derjenigen, die Bruckner in England zu etablieren versuchten.
    Falls Du Bruckner schätzt, würde ich Dir unbedingt die schon genannte 7. oder die 3. und 5. aus der Reihe "BBC Legends" empfehlen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Es ließ mir doch keine Ruhe, und so hörte ich mir nach der Markus-Lanz-Show noch die Neunte mit Gielen an. Obwohl ich seine eckige, von vielen als nüchtern bezeichnete Art zu dirigieren mag, weil sie gerade auch temporal viele Punkte des Beethovenschen Symphonienkosmos adäquat wiedergibt, stößt sein temporales Management bei der Wiedergabe der Neunten m. E. doch an seine Grenzen.
    Ich will mich auch gar nicht so lange mit der Kritik aufhalten, aber ich habe schon wiederholt gesagt, dass das Adagio, in meinen Augen ein zentraler, wenn nicht der größte Instrumentalsatz der Neunten, eben ein Adagio, sogar ein Adagio molto ist, und da kann es nicht angehen, dass eben dieses Adagio der kürzeste Instrumentalsatz in der Symphonie ist. Dieen Kritikpunkt werde ich auch im Laufe meiner Besprechungen bei der Neunten Abbados ansprechen, und insofern weiß ich schon jetzt, dass der Vergleich der drei Neunten auf DVD von Gielen, Abbado und Karajan zu Gunsten von Karajan ausfallen wird, auch wenn er, wie auch andere Altvordere, z. B. Böhm, im Scherzo nur eine temporale Sparversion geliefert hat.


    Ich weiß, lieber Willi, daß Du als (wenn ich mich korrekt entsinne) ehemaliger Mathelehrer ein besonderes Verhältnis zu Zahlen hast, aber ich denke, daß Deine Kritik an den Satzlängen des Scherzos und des Adagios zu kurz greift.
    Okay, bei Gielen 1999 trennen Scherzo und Adagio eine Minute (14'27'' zu 13'26""), 1994 waren es noch 14'04'' zu 11'43'', aber wäre der Grundsatz richtig, daß "es nicht angehen" kann, "dass eben dieses Adagio der kürzeste Instrumentalsatz in der Symphonie ist", dann hätte es bereits 1957 eine veritable Fehlinterpretation gegeben und die ausgerechnet von Otto Klemperer.


    Klemperer war zumindest in Studioaufnahmen einer der ersten, der beim Scherzo alle Wiederholungen beachtete und kommt somit auf eine Spielzeit von 15'38''. Da er aber gleichzeitig das Adagio nicht verschleppte, bleibt er mit 15'02'' hinter der Satzdauer des Scherzos zurück.


    Wollte man da auch von einem "zu schnellen Adagio" sprechen? Läßt man, wie es immer noch viele Dirigenten praktizier(t)en (wie z.B: Günter Wand, der sonst alle Wiederholungszeichen beachtete), eine Wiederholung im Mittelteil des Scherzos weg, so verkürzt sich die Spielzeit um ca. eine bis eineinhalb Minuten. Dadurch ist das Scherzo idR immer kürzer als das Adagio, ibs. wenn man sich für letzteres etwas länger Zeit läßt.


    Aber das machen auch Gielen 1999 und ibs. Klemperer. Beide verhetzen es nicht, sie werden -natürlich unterschiedlich ausgeprägt- dem Grundcharakter des Satzes durchaus gerecht.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Insofern gebe ich dir Recht, lieber Norbert, als das Adagio in Klemperers 1957er Aufnahme der kürzeste Instrumentalsatz ist und mit einer Viertelstunde Dauer doch wohl als lang genug bezeichnet werden kann. Aber etwas Anderes rückt bei dieser Klemperer-Aufnahm, wie ich meine, die Dimensionen wieder zurecht. Das Scherzo ist trotz aller Wiederholungen nicht der längste Instrumentalsatz, sondern das ist mit 17:03 Minuten der gewaltige Kopfsatz, der hier schon ein erster, herausragender Höhepunkt ist.
    Ein ähnliches temporales Binnenverhältnis wie Klemperer 1957 zwischen Kopfsatz und Adagio (17:03-15:02) findet Giulini in seiner 15 Jahre später entstandenen Londoner Aufnahme (18:19-16:23), wobei er allerdings im Scherzo die Wiederholungen auslässt.
    Leider habe ich die Berliner Aufnahme von Giulini nicht, so dass ich dazu nichts sagen kann.
    Letztendlich würde ich Gielen ebenso wie Järvi als Grenzfälle bezeichnen, die man im Geamtzusammenhang der Symphonie tolerieren kann, weil die Qualität des Dargebotenen entsprechend hoch ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Der Vergleich von Spieldauern zweier *verschiedener* Sätze in einer Sinfonie ist komplett nichtssagend. Wer legt vorher fest, dass das adagio nicht der von der Dauer kürzeste Satz sein sollte?
    Wenn man sich in etwa nach Beethovens Tempo-Angaben richtet und die Wdh. im Scherzo befolgt, unterscheiden sich die ersten drei Sätze nicht viel in der Dauer: je knapp 14 min für Kopfsatz und Scherzo und ca. 12 für das Adagio.


    Bloß weil traditionell beim Scherzo Wiederholungen übersprungen werden (was durchaus sinnvoll sein mag) und wir meist ein langsameres Adagio (und auch einen breiteren Kopfsatz) gewohnt sind, kann man doch nicht behaupten, dass Adagio müsste von der Dauer der zweitlängste Satz sein. Das ist doch ein rein willkürliches Geschmacksurteil, das keinerlei Basis in dem Stück hat


    Das Tempo muss danach gewählt werden, was für diesen Satz sinnvoll ist (und natürlich sollte man, bei aller Problematik, auch Beethovens Angabe im Auge behalten). Ich habe da weiter oben bei einem Hörvergleich, u.a. mit histor. Aufnahmen von Weingartner und Klemperer auch schon etwas dazu geschrieben. Das erste Thema geht in halben Noten (und dann Vierteln). Die für viele erstaunlich flüssige Tempoangabe von 60 für Viertel entspricht ziemlich genau einigen anderen Sätzen, die ebenfalls mit Themen in halben Noten (und vage choralartigem Duktus) beginnen, zB dem 2. Satz des e-moll-Quartetts op.59/2.
    "Gefühlt" werden sollen hier wohl sehr langsame Halbe, nicht mäßig langsame Viertel (Halbe=30 konnte Beethoven nicht bezeichnen, weil seine Metronomskala nur bis 48 oder 50 reichte). Wenn man, wie zB Furtwängler, den Satz etwa im halben Tempo beginnt, hat man überhaupt kein Gefühl mehr für irgendeinen rhythmischen Fluss und die Melodik zerfällt aufgrund extremer Langsamkeit. (Abgesehen davon, dass die armen Holzbläser auch mal atmen müssen...)


    Wie ich bei besagtem Hörvergleich schrieb, sind mir die zügigsten HIP-Lesarten oft auch etwas zu schnell. Allerdings hat Beethoven an anderer Stelle auch geäußert, dass Tempoangaben nur für den Beginn eines Satzes und als Richtwerte gelten sollten. Es spricht also nicht unbedingt etwas dagegen die Figurationen bei den späteren Variationen etwas breiter zu nehmen als das Anfangsthema in langen Noten.
    Aber etliche Passagen halte ich in den langsamen (17-20 min) Deutungen des Satzes für wenig sinnvoll; sie zerfallen in Einzelteile. Wenn man den Satz hunderte Male gehört hat und in und auswendig kennt, nimmt man das oft nicht mehr so wahr.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Insofern gebe ich dir Recht, lieber Norbert, als das Adagio in Klemperers 1957er Aufnahme der kürzeste Instrumentalsatz ist und mit einer Viertelstunde Dauer doch wohl als lang genug bezeichnet werden kann. Aber etwas Anderes rückt bei dieser Klemperer-Aufnahm, wie ich meine, die Dimensionen wieder zurecht. Das Scherzo ist trotz aller Wiederholungen nicht der längste Instrumentalsatz, sondern das ist mit 17:03 Minuten der gewaltige Kopfsatz, der hier schon ein erster, herausragender Höhepunkt ist.
    Ein ähnliches temporales Binnenverhältnis wie Klemperer 1957 zwischen Kopfsatz und Adagio (17:03-15:02) findet Giulini in seiner 15 Jahre später entstandenen Londoner Aufnahme (18:19-16:23), wobei er allerdings im Scherzo die Wiederholungen auslässt.
    Leider habe ich die Berliner Aufnahme von Giulini nicht, so dass ich dazu nichts sagen kann.
    Letztendlich würde ich Gielen ebenso wie Järvi als Grenzfälle bezeichnen, die man im Geamtzusammenhang der Symphonie tolerieren kann, weil die Qualität des Dargebotenen entsprechend hoch ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    Lieber Willi,


    wenn jetzt schon das Binnenverhältnis Kopfsatz - Adagio herhalten muss, dann gerät die gesamte Argumentation schon arg ins Wanken ;) .
    Ich bin argumentativ bei JR, sowohl was die relative Satzlänge des Adagios innerhalb der Sinfonie als auch die absolute Spielzeit angeht.


    Die meisten hippen oder hip-orientierten Aufnahmen sind mir im Adagio auch zu schnell, wobei der Geschmack u.a. auch von der Konvention geprägt ist. Bis Ende der80er die ersten hippen Aufnahmen herauskamen, war der Hörer von einer durchschnittlichen Spielzeit des Adagios zwischen 15 und 18 Minuten geprägt, elfeinhalb bis zwölf Minuten bei Norrington, Goodman, Gardiner und Co. wirkten da schon verstörend.
    Aber selbst die Verstörung kann man nicht in absoluten Spielzeiten messen, zumindest ich kann das nicht. Wo ich 11'31'' bei Zinman als rein technisches Musizieren ohne Ruhepole empfinde, entdecke ich bei Gielens 11'46'' (1994) zumindest Ansätze einer friedfertigen, ruhevolle Atmosphäre und gewinne dem Satz neue Auspekte und Höreindrücke ab.


    Im Umkehrschluss ist es aber genau so. Giulinis 18'33'' (Berlin) empfinde ich als traumhaft, wunderschön, während ich bei den 30 s weniger bei Fricsay das Gefühl der Langatmigkeit und Tempoverschleppung nicht immer verhehlen kann.


    Es ist halt wie überall: Nicht das nackte Tempo zählt, sondern das, was man daraus macht.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    Danke für Deine weitere Mail zum Thema JASCHA HORENSTEIN.


    Obwohl BEETHOVEN's Fünfte nun nicht hierher gehört, nur ganz kurz die Bestätigung, daß es sich bei der von mir genannten HORENSTEIN-Aufnahme um eine Mono-Einspielung handelt. Nach meinem Dafürhalten ist die Klangqualität dieser Aufnahme nicht zur akzeptabel sondern durchaus gut! Übrigens ist unter JPC meine Aufnahme mit dem gleichen Orchester, auch die von mir genannte Ouvertüre "Die Weihe des Hauses", sowie noch andere Ouvertüren, und auch die 6. Sinfonie, als 2er-CD unter dem Label VOX aufgezeigt und angeboten, allerdings ohne reproduzierbares Abbild.


    Meine Begeisterung für BRUCKNER hielt sich bislang noch in Grenzen, doch zeigt mein Interesse für ihn aufsteigende Tendenz. Und bei weiteren eventuellen Anschaffungen werde ich ganz bestimmt auf JASCHA HORENSTEIN und Deine Empfehlungen zurückgreifen!


    Viele Grüße
    wok

  • Zitat

    Norbert: Es ist halt wie überall: nicht das nackte Tempo zählt, sondern das, was man daraus macht.

    Das kann ich voll unterstreichen, lieber Norbert.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Seit Jahren suche ich nach einer Gesamtaufnahme der 9. Symphonie unter Hans Knappertsbusch. Bisher war nur ein kurzer Ausschnitt der letzten Minuten bekannt, gefilmt 1943. Kürzlich lief mir der österreichische Spielfilm "Eroica" aus dem Jahre 1949 über den Weg. Regisseur war Walter Kolm-Veltée. Es spielt kein Geringerer mit als Oskar Werner als Karl van Beethoven. Die eigentliche Entdeckung aber war, wer die Filmmusik (natürlich Beethoven) dirigiert hat: Knappertsbusch mit den Wiener Philharmonikern und Symphonikern. Stellenweise kamen der Wiener Staatsopernchor und die Wiener Sängerknaben zum Einsatz. Den Film findet man auf Youtube. Die Überraschung gleich am Anfang: Es ertönt das Scherzo aus der Neunten, das bislang als nicht existent galt unter diesem Dirigenten. Ganz am Ende dann das Highlight: "Freude, schöner Götterfunken". Ich hätte es kaum mehr für möglich gehalten, dass sich da doch etwas erhalten hat. Dürfte zwar nur "Fans" interessieren, aber die umso mehr, wie ich aus diesen Kreisen weiß.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Als Jansons-Fan muss man ab und zu auch diese Aufnahme hören. Und sie enttäuscht natürlich auch nicht. - Aber ein wenig verstören tut sie schon immer wieder. Jansons setzt einfach die Instrumente ein wenig anders ein. Die Streicher sind meist ein wenig weiter hinten als bei anderen, die Flöten sind ungemein präsent.
    Alles wirkt sehr lyrisch, stets ein wenig verhalten, mit großer kontrollierter Gewalt. - Jansons halt.
    Der Gesang mal wieder, wie meist, die Schwachstelle.
    Aber es ist nun mal für mich immer wieder ein Fest, die Zeit, die Ruhe zu haben, sich dieses Werk anhören zu können, und da ist das Orchester des Bayerischen Rundfunks ja mit Sicherheit immer eine gute Wahl.
    Übrigens klingen die Pauken so wunderschön genau.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ich habe nun sicher zum 10. oder 12. Mal diese Aufnahme gehört und gesehen, seit ich sie in meinem Bestand habe, und ich kann nicht müde werden, sie zu hören und zu sehen. Meistens schreibe ich nicht darüber, wenn ich eine Beethoven-Sinfonie höre und (oder sehe), aber heute war mir wieder danach:




    Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-moll op. 125
    Annette Dasch, Sopran
    Mihoko Fujimura, Alt
    Pjotr Beczala, Tenor
    Georg Zeppenfeld, Bass
    Wiener Singverein
    Wiener Philharmoniker
    Dirigent: Christian Thielemann
    AD: 2010
    Spielzeiten: 17:30-13:07-16:42-25:12 -- 72:31 min.;


    Es wurde im Thread über die Siebte hier zuletzt mehrfach geschrieben, wer mit welcher Aufnahme "sozialisiert" worden sei. Wenn man so will, und ich spreche jetzt hier für die Neunte, war das bei mir Karajan 1962, auch, wenn ich schon vorher im Rundfunk Schmidt-Isserstedt mit dem NDR-Sinfonieorchester und Wand mit dem Gürzenich-Orchester im Rundfunk gehört hatte, aber das war noch nicht so zielgerichtet.
    Wenn ich nun auf Karajan zurückkomme, bei dem Thielemann ja als Assistent gewirkt hat und von dem er sich sicherlich Einiges abgeschaut hat, dann aber dennoch nicht das Tempokonzept als Solches. Das hatte Thielemann sicherlich von dem Herrn, dessen Konterfei im elterlichen Hause über Thielmanns Klavier an der Wand hing, Wilhelm Furtwängler.
    Und ich meine, dass die Satzüberschriften ihm (und Furtwängler ) Recht geben:
    1. Satz: Allegro, man non troppo, ist natürlich nicht wirklich schnell, dazu noch "un poco majestoso". Das kann nur gemessen schreiten.
    2. Satz: Molto vivace: da ist Thielemann wirklich "old school". Die meisten Dirigenten der Fünfziger bis Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts haben das nicht besonders schnell gespielt. Ihre kurzen Satzzeiten rührten nur daher, dass sie die Wiederholgunsvorschriften nicht beachteten.
    Das war einer der Gründe, dass die Dirigenten der jüngeren Generation, speziell die "hippen", obwohl sie den zweiten Satz erheblich schneller dirigierten, zum Teil eine längere Satzzeit erzielten als im anschließenden Adagio, eben weil sie im zweiten Satz alle Wiederholungszeiehn beachteten.
    3. Satz. Adagio molto e cantabile: Auch hier folgt Thielemann der Satzbezeichnung gewissenhaft, er dirigiert langsam (adagio molto) und sanglich. Da habe ich in etlichen meiner HIP-Aufnahmen ganz Anderes gehört. Das hatte mit Adagio nicht viel zu tun.
    4. Satz: Presto - Allegro assai -Recitativo "O Freude, nicht diese Töne", Allegro assai vivace (alla Marcia)- Andante maestoso- Adagio ma non troppo ma divoto- Allegro energico e sempre ben marcato- Allegro man non tanto- Presto-Maestoso- Prestissimo
    Das ist vielleicht das größte Mirakel dieser Aufnahme, wie Thielemann die gewaltigen temporalen Kontraste dieses singulären Schlusssatzes gestaltet. Da ist er ganz bei seinem "Wandherrn" Furtwängler, der ja auch aus dem Finale der Neunten die faszinierendsten Funken schlug.
    Unterstützt wurde Thielemann von einem Ensemble, das man als Glücksfall bezeichnen kann, ein fabelhaftes Orchester, das diese angeblich "unspielbare" Partitur doch glänzend hinbekam, ein nach wie vor großartiger Chor und ein ebenso großartiges Solistenquartett.


    Für mich ist diese Neunte eine der Führenden des neuen Jahrtausends.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Für mich ist diese Neunte eine der Führenden des neuen Jahrtausends.


    Lieber Willi,


    das höre ich als Besitzer der Blue-ray gerne. Ich habe diese Interpretation bisher nur im TV gesehen, obwohl ich die Blue-ray habe. Irgendwie kam ich noch nicht dazu, mich noch einmal damit in Ruhe zu beschäftigen, wobei ich dann auch die darauf enthaltenen Gespräche mit dem Kapellmeister gerne höre um besser zu verstehen, wie sein Ansatz ist.


    Bei solchen momentalen Werken wie der Neunten ( oder auch den großen Passionen Bachs) scheue ich erstaunlicherweise dafür zurück, sie wie das tägliche Brot zu hören. Es hat wohl etwas damit zu tun, dass sie einem großartige Erlebnisse vermittelt haben und man dieses eigene Erleben nicht durch etwaige Abnutzungseffekte schmälern möchte. Dennoch habe ich diese Musik im Laufe des Lebens natürlich oft gehört und kann die Musik ganz gut auswendig im Kopf ablaufen lassen.


    Wenn ich dazu komme ( im Moment stecke ich gerade in Konzertvorbereitungen), dann will ich mir diese Aufnahme noch einmal mit offenen Ohren zu Gemüte führen, d.h. ohne dabei z.B. ständig im Kopf zu haben, dass der Karajan das an der und der Stelle anders macht.
    Das innere Ohr hält sich ja vor allem dann auch an früheren Hörerfahrungen fest, weil man sich an diesen in seiner Erinnerung entlanghangelt. Um das zu umgehen ist es sehr hilfreich, stattdessen die Partitur vor der Nase zu haben. Der optische Eindruck der Musik ersetzt mir dann diese Erinnerungstütze. Wenn ich dann die Partitur ohne Musik aus dem Player nur lese, setzt automatisch die eigene Vorstellung von der Umsetzung des Notenbildes in Musik ein. Höre ich dann davon ausgehend wieder eine neue Interpretation, dann gehe ich mit Hilfe dieses Verfahrens unvereingenommener heran ( vielleicht von meinen eigenen Vorstellungen beim Lesen beeinflusst, aber die sind ja beim ersten Lesen noch nicht so ausgeprägt).


    Ergo: Ich muss an die Partitur herankommen und sie möglichst auf der Arbeitsstelle meiner Frau ausdrucken lassen.... ;):untertauch:


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zum wiederholten Male habe ich nun diese nachfolgende Aufnahme gehört und gesehen, die mir von Mal zu Mal besser gefällt:



    Ludwig van Beethoven, Sinfonie Nr. 9 d-moll op. 123
    Karita Mattila, Sopran
    Violeta Urmana, Mezzosopran
    Thomas Moser, Tenor
    Eike Wilm Schulte, Bariton
    Swedish Radio Choir
    Eric Ericson Chamber Choir
    Chorus-Master: Tönu Kajuste
    Berliner Philharmoniker
    Dirigent: Claudio Abbado
    AD: 1. Mai 2000, Berliner Philharmonie, live

    Spielzeiten (brutto): 14:33-13:20-13:07-25:59 --- 66:59 min.;



    Abbado dirigiert sein Orchester mit raschem, energischen Zugriff. Er hat es nicht überdimensioniert wie weiland Herbert von Karajan, aber das Orchester entwickelt trotzdem eine ungeheure Verve, gleichzeitig höchste Präzision und Transparenz. Ich ahbe zwar hier im Forum schon gelesen, die Aufführung im Jahr darau in St. Cecilia sei noch besser gewesen, aber ich kann das nicht beurteilen, weil es davon keine Bild- und Tonaufzeichnung gibt.
    Aber ich kann es mir nicht vorstellen, dass man das noch mitreißender und überzeugender musizieren kann als am 1. Mai 2000 in Berlin, und ich habe viele Aufnahmen, die auf ähnlichem Niveau sind, mittlerweile auch eine ganze Reihe auf DVD bzw. Blue Ray, aber ich finde von Mal zu Mal die eine oder andere Kleinigkeit, die diese Aufnahme noch näher an den Rand der Perfektion rückt, und das Publikum in Berlin war wohl ähnlicher Meinung.
    Das Orchester hatte an diesem Tag wieder mal eine absolute Glanzleistung parat, was neben dem homogenen Spiel in den Streichertutti auch durch die Solisten, wie den Soloflötisten Emanuel Pahud, oder den Solopaukisten Wieland Welzel, sowie den Solooboisten, den Vorgänger von Albrecht Mayer, den Soloklarinettisten (blond mit Brille und Pausbacken) und den Solohornisten, gewährleistet war, die ich in der akturellen Bestzung nicht wiederfinden konnte (die ohne Namensnennung). Die außergewöhnliche Qualität der Holzbläser war vor allem im Adagio zu bewundern, das Abbado etliche Minuten schneller dirigierte als z. B. Thielemann, wobei bei Abbado dennoch nicht der Eindruck von zu schnellem Tempo aufkam.
    Der schwedische Doppelchor ist auch schwerlich zu übertreffen. Seit 14 Jahren habe ich schon die Aufnahme mit Abbado und den berlinern vom Verdi-Requiem, die 2001 entstand. Schon damlas haben mich die grandiosen Schweden mitgerissen.
    Schließlich waren auch die Solisten ohne Fehl und Tadel. Karita Mattila mit der gewohnt agilen und höhensicheren Stimme, Violeta Urmana mit ihrem warmen Mezzo, Thomas Moser mit einem kraftvollen tenor und Eik Wilm Schulte mit seinem dunkel gefärbten biegsamen Bariton.
    Alles in allem waren alle Beteiligten wunderbar aufeinander abgestimmt und ließen sich von Maestro Abbado zu Höchstleistungen treiben. Bei nächster Gelegenheit werde ich die neue GA von Rattle erwerben und schauen (und hören), ob die Berliner noch immer zu solchen Höchstleistungen fähig sind, was dann wohl für alle Sinfonien gelten muss, denn es gibt ja wohl keine zwei Meinungen darüber, dass die aus der o. a. GA stammenden Aufnahmen der Sinfonien 1- bis 8 aus St. Cecilia 2001 auch absolute Spitzenaufnahmen waren.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eik Wilm Schulte mit seinem dunkel gefärbten biegsamen Bariton.

    Hm, als besonders dunkel gefärbt habe ich die Stimme von Eike Wilm Schulte noch nie wahrgenommen, eher als hell, klanglich nicht mal in der Nähe eines Bassbaritons, sondern viel näher einem italienischen Bariton - was natürlich nicht heißt, dass er die "Neunte" nicht wunderbar singen könnte, ich kenne die Aufnahme auch (gibt es nicht sogar eine Fernsehaufzeichnung mit ihm? Muss ich später nochmal in meinem DVD-Regal nachschauen.) und habe ihn mit der "Neunten" auch live erlebt - nur die Charakterisierung als "dunkel gefärbt" verwundert mich etwas, während "biegsam" absolut unstrittig ist.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das war nur meine persönliche Wahrnehmung, lieber Stimmenliebhaber, und ich zähle mich da ja auch keineswegs zu den Experten :D .


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das Ende eines für mich sehr schönen Tges, der mich gleichwohl mit etwas Wehmut erfüllte, ließ ich mit der schon angekündigten Neunten aus der neuen Rattle-Gesamtaufnhame ausklingen. Dabei erlebte ich sowohl einige Überraschungen als auch die Bstätigung einiger Erwartungen:


    Ludiwig van Beethoven, Symphonie Nr. 9 d-moll op. 125



    Annette Dasch, Sopran
    Eva Vogel, Mezzosopran,
    Christian Elsner, Tenor
    Dimitry Ivashenko, Bass
    Rundfunkchor Berlin
    Einstudierung: Simon Halsey
    Berliner Philharmoniker
    Dirigent: Sir Simon Rattle
    Spielzeiten (Brutto): 15:20-13:27-15:56-6:02-17:02 --- 67:27 min.;


    Die erste Überraschung war, dass das Adagio endlich mal wieder der Instrumentalsatz mit der längsten Zeitdauer war, ein veritables Adagio also, wie ich es liebe. Hier durfte die Amerikanerin Sarah Willis das Hornsolo spielen, die zweite Überraschung. Sie tat das auf berückende Weise.
    Eine weitere Überraschung war die Besetzungsstärke, die gegenüber der Siebten (61 Instrumentalisten) gewaltig in die Höhe schnellte:
    3 Flöten, 3 Oboen, 4 Klarinetten, 4 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, 3 Schlagzeuge, 16 erste Violinen, 14 zweiten Violinen, 12 Violen, 10 Celli, 8 Kontrabässe = 87 Instrumente, eine Besetzung fast wie zu Karajans Zeiten. So erreichte das Orchester eine gehörige dynamische Wucht bei gleichzeitiger exzellenter Transparenz.
    Rainer Seegers an den Pauken wusste sich wie immer gut durchzusetzen, und auch alle anderen Instrumentengruppen spielten herausragend, wobei nochmal zu erwähnen wären Emanuel Pahud, Flöte, Wenzel Fuchs, Soloklarinette und Jonathan Kelly, Solooboe. Albrecht Mayer war diesmal nicht am Start. Bei den Fagotten meine ich den ausgezeichneten Daniel Damiano erkannt zu haben.
    Keine Überraschung war neben dem Orchester der Berliner Rundfunkchor, der hier seinem Ruf als einer der führenden Chöre europaweit gerade in Sachen "Neunte Beethoven" m. E. vollauf gerecht wurde, zumal die Sängerinnen und Sänger ihre Partie wieder auswendig vortrugen und bei aller Konzentration einen sehr entspannten Eindruck machten.
    Leider gab es auch zwei negative Überraschungen bei den Solisten: Dimitry Ivaschenko war in seinem einleitenden Rezitativ wohl nicht mit dem Notentext Beethovens ganz einverstanden und setzte einige frei improvisierte Töne hinzu, und Christian Elsner verschluckte gar am Schluss der Marcia die Spitzentöne, die eigentlich ein Aushängeschild jedes guten Tenors in dieser Partie sind.
    Dafür war auf die Damen Verlass, Annette Dasch, die diese Partie (siehe oben) ja schon unter Christian Thielemann in Wien sang, und Eva Vogel, die ich zum ersten Mal in der Neunten erlebte und die mich auf Anhieb überzeugte.
    Letztlich überzeugte auch Maestro Rattle auf der ganzen Linie. Er trieb sein Orchester unaufhörlich voran, und dieses zeigte eine in langen Jahren gewachsene Einheit mit dem Dirigenten. Im Adagio erreichte er mit seinem Orchester gar Überragnedes. Zumindest für die Neunte kann ich die weiter oben gestellte Frage, ob die Berliner noch immer zu solchen Höchstleistungen fähig sind wie weiland unter Claudio Abbado, uneingeschränkt bejahen.
    Sie kann sich nach meiner Ansicht unter die führenden Aufnahmen dieses Jahrtausends einreihen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe mich wieder einmal Maestro Abbado und den Berliner Philharmonikern ausgeliefert und 65 sehr erfüllende Minuten erlebt (siehe Beitrag Nr. 595), und ich möchte hinzufügen, dass, je öfter ich diese Aufnahme höre und sehe, ich immer mehr den Eindruck gewinne, dass ich nie eine bessere kennengelernt habe, und ich habe inzwischen sicherlich über 60 Aufnahmen von der Neunten, und bestimmt auch schon über ein Dutzend in Bild und Ton, hier das Cover der heutigen Aufnahme von der Einzelbox aus der GA:



    Liebe Grüße und ein restliches "Guats Nächtle"


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Für die scheinbar epochale 1942er Aufnahme von Furtwängeler wäre ich ja gewillt, meine sonstige Mono-Ablehnung aufzugeben. Nach mehrfacher Durchsicht des Threads bin ich aber verwirrt - welche ist denn nun "die" legendäre, unverzichtbare Einspielung: Die vom März oder die vom April 1942? Vielleicht kann mir einer von Euch, der beide kennt, hier weiter helfen.

    Herzliche Grüße
    Uranus

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