Richard Wagner: DIE WALKÜRE

  • Liebe SchallundWahn,


    gerne schließe ich mich Joseph II. und Rheingold an - der 2. Aufzug der Walküre gehört sogar für viele Wagnerianer nicht zu derer Lieblngsmusik.


    Wenn dieser Aufzug Dir in den Einspielungen mit Krauss und Böhm gar nicht gefällt, würde ich die Ursache nicht in den Aufnahmen suchen. Die sind gut. Wenn die Walküre auf einer imaginären Skala von 0 bis 10 bei Dir jetzt irgendwo zwischen 2 und 4 steht, was soll dann bei einer über-super-hyper-ultra-genialen Aufnahme herauskommen? Mehr als 5? Wohl kaum ... kann es sein, dass Du derzeit an anderer Musik mehr Freude hättest, jenseits der 7?


    Meine Favoriten sind zwei Aufnahmen mit Leinsdorf, New York live 06. Dezember 1941 (Melchior/Varnay/Schorr/Traubel) und seine Studio-Aufnahme (Vickers/Brouwenstijn/London/Nilsson). In der New Yorker Aufnahme ist der von Dir verschmähte zweite Aufzug sogar leicht gekürzt ... :)


    Natürlich der bereits erwähnte erste Aufzug mit Melchior/Lehmann/List unter Bruno Walter.


    Kennst Du schon den Holländer oder die Meistersinger ... ? Vor der dritten oder vierten Walküre vielleicht interessanter ...


    Danke für Deine Rückmeldung zu "Vom Winde beweint"!!

  • Zitat von SchallundWahn

    Wie einige andere, die das zu diesem Thema auch schon erwähnt haben, tue ich mich mit "Der Walküre" immer noch schwer, von allen Teilen des "Rings", vielleicht sogar aller Wagner-Opern (nur die frühen kenne ich gar nicht) ist sie für mich bisher die am wenigsten zugängliche, sie ist mir bisher einfach fremd geblieben.


    Um Dir die Walküre zu "erarbeiten", kann ich Dir diese z. Zt. preiswerte und gute Aufnahme empfehlen:


    W.S.

  • etwas dahinter — René Pape


    Pape? Also wenn der Wotan singt, schlafe auch ich ein. Allein der Gedanke.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Pape? Also wenn der Wotan singt, schlafe auch ich ein. Allein der Gedanke.

    :D
    Obwohl grundsätzlich Pape-Befürworterin...ein toller Wotan ist er (bis jetzt) nicht, eigentlich auch kein besonders interessanter Wagner-Sänger im Allgemeinen, außer noch als Marke.



    Kennst Du schon den Holländer oder die Meistersinger ... ? Vor der dritten oder vierten Walküre vielleicht interessanter

    Holländer kenne und liebe ich, Meistersinger habe ich auch, gefällt ebenfalls...ich kenne so weit eigentlich alles von Wagner (außer das vor dem Holländer), deswegen versuche ich ja auch gerade die Walküre in diesen Kanon aufzunehmen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Zitat

    Vorweg gesagt, will ich bekunden, daß DIE WALKÜRE für mich persönlich der schwächste Teil der Tetralogie ist.

    Für mich, und nicht nur für mich, war DIE WALKÜRE der Einstieg in die Welt des RINGs. Und dann bei meinem ersten RING in meinem damals noch jungen "Opernleben" durfte ich am 1. Mai 1974 eine großartige Aufführung unter Horst Stein erleben: in der alten Karajan-Inszenierung im Haus am Ring sangen und spielten James King, Gwyneth Jones, Karl Ridderbusch, Christa Ludwig, Theo Adam und Birgit Nilsson.


    Nein, wer an einem solchen Abend mit dem Wälsungenpaar gelitten hat, Zeuge des Streits des Götterpaares war und von der Todverkündung Brünnhildes erschüttert wurde, für den kann DIE WALKÜRE nicht der schwächste Teil der Tetralogie sein.


    Kurz darauf "leistete" ich mir dann den RING auf Schallplatte (17 LP), für einen Schüler eine wirkliche Investition. Der Schallplattenhändler meines Vertrauens empfahl mir den Solt-RING. Für mich war und ist diese Einspielung in ihrer Verbindung von Dirigat, Orchesterleistung, Sängerensemble und tontechnischer Qualität der Maßstab. Leider ist DIE WALKÜRE der relative Schwachpunkt - für Hotter kam die Aufnahme einfach zu spät.


    DIE WALKÜRE meiner Wahl ist auch eine Wiener Studioproduktion, allerdings aus dem Jahr 1954, in ausgezeichneter Monoqualität:


    Wilhelm Furtwängler leitete die Wiener Philharmoniker und hatte mit Ludwig Suthaus, Leonie Rysanek, Gottlob Frick, Margarete Klose, Ferdinand Frantz und Martha Mödl ein außergewöhnliches Sängernesamble im Studio versammelt - ein Tondokument von singulärem Rang.

    Von den Stereoeinspielungen liegt für mich der Bayreuther Mitschnitt aus dem Jahr 1967 voran.


    Auch dem großen Karl Böhm stand ein ausgeglichenes Sängerensemble zur Verfügung (James King, Leonie Rysanek, Gerd Nienstedt, Annelies Burmeister, Theo Adam und Birgit Nilsson) - und was hier an Bühnenatmosphäre durch die Tontechnik eingefangen wurde, der Schrei Sieglindes wurde schon erwähnt, macht aus diesem Mitschnitt meine Stereoempfehlung.


    Ein absolutes Muss für jeden Liebhaber der WALKÜRE ist sicher die Wiener Aufnahme des 1. Aktes aus dem Jahr 1935


    Der unübertroffene Lauritz Melchior als Siegmund, die intensive Lotte Lehmann als Sieglinde und der unerschütterliche Emanuel List als Hunding und das unter dem Dirigenten Bruno Walter - ein erschütterndes Musiktheatererlebnis!


    Liebe Grüße aus Wien


    Giovanni

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. (Friedrich Nietzsche)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Auf den Rat von Rheingold die mir bisher eher verschlossen gebliebene Walküre scheibenweise zu erschließen, habe ich genau damit vergangene Woche begonnen...was läger ferner mit dem 1. Akt anzufangen, der schon früher gewisse Reize auf mich ausübte. So habe ich mir zuerst nur einzelne Szenen angehört, die von rheingold erwähnten mit Lorenz/Teschemacher, hat mir auf jeden Fall schon mal zugesagt.
    Habe mir dann, die hier oft lobende Aufnahme des 1.Akt mit Melchior und Lehmann unter Bruno Walter besorgt...zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich den Namen Lauritz Melchior zwar unzählige Male vernommen, aber nie näher darauf eingegangen war...bis jetzt, mein Gott, ich habe einen neuen "Lieblings-Siegmund"! Der Wahnsinn, all das Jubelgeschrei um diesen Sänger gewinnt für mich endlich mal Boden. Grandios, rheingold trifft es da genau :

    An Hand diese Aufnahme, die ganz anders ist als mein Einstieg es war, bekam ich eine Vorstellung von den lyrischen, fast liedhaften Möglichkeiten des Wagnergesangs, die heute so selten geworden ist.


    Habe dann auch gleich nach der von Wolfram erwähnten Leinsdorf-Aufnahme gesucht und bin fündig geworden (gerade die Varnay als Brünhilde interessiert mich über Melchior hinaus und Leinsdorf habe ich als Dirigent immer in guter Erinnerung), kann darüber auch nur sagen :jubel: (wenigstens über den ersten Akt, bin gespannt auf die Varnay in den folgenden)


    Die nächster Zeit arbeite ich mich weiter vor zum bisher besonders geschmähten 2.Akt bzw. einzlner Szenen daraus.
    Vielen Dank nochmal an alle, die mir geantwortet haben für die Hilfe und Empfehlungen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Varnay als Brünhilde


    Die Varnay gibt in der genannten Aufnahme ihr Debut als Sieglinde, sogar ihr Bühnendebut. Die Brünnhilde singt die legendäre Helen Traubel. Trotzdem - oder deswegen! - ist es eine Wahnsinnsaufnahme!


    :hello:

  • Ach gott, na dann habe ich ja total falsch gehört (habe den Leinsdorf nämlich bei youtube angeschaut) Uuups :pinch: , dann habe ich die Varnay ja schon die ganze Zeit im Ohr gehabt...so kann's auch gehen :wacko: Dann muss ich das in meinem Kopf jetzt erstmal berichtigen! :)
    Steht auch eigentlich drunter...wer lesen kann ist klar im Vorteil :P

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • So nun habe ich mich weiter vorgekämpft, habe mich nämlich dem dritten Akt gewidmet, da es da ja auch einiges gab, was mir schon immer gefiel (zB Wotan's Abschied). So langsam durchdringe ich das, denke ich.
    Und habe es dann auch gleich noch mit dem ersten Auftritt der Brünhild im zweiten Akt versucht. Wie rheingold meinte, ist das wirklich eine Szene, die man lieb gewinnen kann und nachdem ich einige Versionen davon jetzt des öfteren gehört habe, komme ich auch stetig dahin.
    Nur jetzt kommt das eigentliche Problem, nämlich die Szene mit Fricka und Wotan...langweilig! Immer noch! Die von wolfram erwähnte leinsdorf-Aufnahme ist ja im zweiten Akt gekürzt, aber letztlich ist das ja eher kontraproduktiv, da ich ja das ganze Werk erschließen will, ich komme also um den zweiten Akt und insbesondere die genannte Szene nicht herum.
    Gibt es da denn wirklich keine Version, die wenigestens einen Funken Interesse an dieser Szene wecken kann?

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Zugegeben: Nach dem Genuß des orgiastischen 1. Walküre-Aktes tut man sich mit der Begeisterung für den 2. schon etwas schwerer. Doch seine Szenen sind unverzichtbarer Teil des Gesamtwerks und damit müssen wir leben.


    Was SchallundWahns empfundene Langeweile bei der Wotan-Fricka-Szene betrifft, möchte ich diese weniger der Handlung als vielmehr den Akteuren zuzuschreiben. Man begegnet, wenn man Glück hat, mitreißenden Sängerdarstellern und eben diesen Langweilern. Namen möchte ich hier bewusst keine nennen, doch wir kennen sie alle.


    Ich erinnere mich noch gut an die Stuttgarter Ponelle-Inszenierung der 80er, da wurden Fricka von Waltraud Meier und Wotan von Wolfgang Probst verkörpert. Bei besagter Szene lief mir der Schauer den Rücken runter, als Fricka ihrem Göttergatten die Leviten verlesen hat. Das war Dramatik in Vollendung. So etwas passierte mir bei all den anderen Walküre-Besuchen nicht mehr.


    Ein Indiz dafür, wie sehr die Oper von den sie darstellenden Sängerpersönlichkeiten lebt.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Szene Wotan - Fricka mit Hotter und Christa Ludwig! (Wer bliebe ruhig, hört' er dies!) - besonders beeindruckend die kühl-überlegene Antwort Wotans auf Frickas Anwürfe: Heut' hast du's erlebt!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)


    • Künstler: Jonas Kaufmann, Nina Stemme, René Pape, Anja Kampe, Mikhail Petrenko
      Mariinsky Orchestra
      Valery Gergiev
    • Label: Mariinsky, DDD, 2012


    Von den Solisten her dürfte diese Aufnahme derzeit nicht zu toppen sein. Orchestral ist sie als eher etwas über den Durchschnitt einzuordnen. Auch wenn ich mit vielen Produktionen unter der Leitung Gergievs nicht so einverstanden bin, so ist doch zu honorieren, dass er sich äußerst stark darum bemüht, dem Mariinsky Wagner-Flair einzuhauchen. So ist dann leider auch das Ergebnis: alle bemühen sich sehr, aber dieses Bemühtsein geht eben nicht spurlos am Gehör vorüber. Die Musik kommt nicht recht zum fließen.


    :hello: LT

  • Hallo Liebestraum,


    was die Gesangsleistung angeht, so stimme ich abgesehen vom darstellerisch und sängerisch höchst durchschnittlichen Mikhail Petrenko als Hunding zu. Besser lässt sich Wagner heute nicht oder zumindest kaum besetzen.


    Zu Gergiev: Er braucht für die Walküre eine gute halbe Stunde länger als Karl Böhm. Das hört man natürlich.
    Wenn man sich an Gergievs schwelgerischen Ton und an das Auskosten der romantischen Momente gewöhnt hat, dann kann man mit seinem Klangkonzept leben, abgesehen vom letzten Akt.
    Der Walkürenritt ist für mich eindeutig zu langsam, es ist eher ein gemütlicher Trab als ein Ritt, und bei Wotans Abschied gilt das gleiche. Für mich ist deutlich zu hören, daß Rene Pape mit dem Tempo auch nicht so einverstanden ist, denn mehr als einmal hatte ich das Gefühl, er müsse sich bremsen, er ist nicht 100%ig im Einklang mit dem Orchester.


    Empfindest Du das auch so mit Pape?

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    es ist nicht immer die Spieldauer eines Werks, die zwiespältig über eine Produktion urteilen lässt. Man muss es ganz deutlich sagen: Gergiev ist (noch) kein Wagner-Dirigent. Das spürt man. Nun hat sich Gergiev sehr auf diese Einspielung vorbereitet, aber, er muss sein Konzept nun noch einem an Wagner wenig geschulten Orchester weiter leiten. Und da läuft manches nicht so rund: es wird sehr viel Wagner buchstabiert, statt die Musik fließen zu lassen (damit hat dann auch Pape seine Probleme!). Das Auskosten von schwelgerischen Momenten sind eben in der Tat nur Momente.


    Verzichten möchte ich dennoch nicht auf diese Aufnahme: Dafür sind die Leistungen der Gesangssolisten (mit Ausnahme von Petrenko) zu grandios!



    :hello: LT

  • Lieber Liebestraum,


    mit Deiner Beurteilung der sängerischen Leistungen in der "Walküre" unter Gergiev stimme ich weitgehend überein. Nur für mich ist der ansonsten hervorragende René Pape ein nur schön singender Wotan. Es fehlt ihm die Autorität und das natürliche Gewicht, das z. B. ein Hans Hotter nahezu selbstverständlich verkörperte. Da liefert z. B. heute Tomasz Konietzny eine darstellerisch weit ausgefeiltere Interpetation ab. Bei dem Hunding Petrenko darf man gar nicht an Emauel List, Herbert Alsen, Josef Greindl oder gar Gottlob Frick denken. Der absolute beste Vertreter dieser Partie ist heute Hans-Peter König.
    Beim Dirigat stehen die schwelgerischen Teile im Vordergrund. Die Dramatik und Spannung der herrlichen Wagnerschen Musik kann dagegen kaum überzeugend vermittelt werden.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo Norbert,


    es ist nicht immer die Spieldauer eines Werks, die zwiespältig über eine Produktion urteilen lässt.

    Hallo Liebestraum,


    das ist natürlich richtig. Der reine Spielzeitvergleich zwischen Böhm und Gergiev ist zu "nichtssagend".
    Wo Böhm ein Musikdrama in 210 Minuten entwirft lässt Gergiev in 240 Schönklang walten. So passt es besser, denke ich.


    Ausdrücklich hervorheben aus dem hervorragenden Gesangsensemble möchte ich Jonas Kaufmann. In vielen Rollen (u.a. Lohengrin, Cavaradossi, Florestan) hat er mir den Vortrag verleidet durch das "künstliche Abdunkeln" seines baritonal gefärbten Tenors, durch sein "kehliges Singen", durch sein "Anschluchzen" mancher Töne, aber nichts ist hier davon zu hören.
    Er singt "frei", lässt sein Organ natürlich klingen, ist stimmlich in Bestform und verkörpert sowohl den Kämpfer als auch den Liebhaber glaubwürdig. Zudem intoniert er hervorragend wortdeutlich und verzichtet komplett auf Effekthascherei (ewig langgezogene "Wälse"-Rufe z.B.). Ein solches Rollenporträt hätte ich ihm, ehrlich gesagt, nicht zugetraut und bin entsprechend begeistert.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo zusammen,


    Ich versuche jetzt einfach mal diesen älteren Thread abseits der Aufnahmen Diskussion mit einer Frage wieder zu nutzen:


    Es wurde hier bereits auf den Schrei hingewiesen, den Leonie Rysanek als Sieglinde ausstößt, wenn Siegmund im ersten Akt das Schwert aus dem Stamm zieht. Ich kenne diesen Aufschrei nur aus Aufnahmen mit Rysanek (Böhm 1967 in Bayreuth und Klobucar 1968 an der Met).
    In meiner Partitur kann ich diesen Schrei nicht finden.
    Kann mich vielleicht jemand hier im Forum darüber aufklären, was es mit diesem Schrei auf sich hat? Ist das eine Rysanek spezifische Sache?


    Herzliche Grüße
    David

  • Ja, sie hat diese beiden Schreie an diesen beiden Stellen einfach gemacht und damit beim Publikum viel Eindruck erzielt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vielen Dank für die schnelle Antwort :thumbsup:


    Sind dir ähnliche Eigenbeiträge von anderen Sängern auch bekannt?
    Ich finde den Gedanken sehr interessant...
    HG David

  • Sind dir ähnliche Eigenbeiträge von anderen Sängern auch bekannt?

    Ekkehard Wlaschiha hat als Alberich im "Rheingold" nicht erst wie üblich am Ende des Fluchs höhnisch gelacht, sondern bereits immer schon kurz, aber furchteinflößend nach seiner Frage "Bin ich nun frei?".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ohne zu wissen, ob die Rysanek den Schrei von sich aus in die Szene eingefügt hat oder ob ein Regisseurseinfall war, finde ich ihn durchaus passend: Ich begreife ihn als Sieglindes Wahrnehmung, wer sich da in ihre Hütte verirrt hat. War es bis zu diesem Zeitpunkt mehr eine Ahnung, wird es durch 'Wehwalts' Können, das Schwert aus dem Stamm zu ziehen, für sie zur Gewissheit wer da vor ihr steht, fallen ihr, sozusagen, die Schuppen von den Augen.


    Ich gebe zu, dass dieser Schrei mir bei anderen Aufnahmen regelrecht fehlt...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Schauen wir doch mal im Textbuch nach der fraglichen Stelle::


    SIEGMUND
    springt auf den Stamm zu und fasst den Schwertgriff
    Siegmund heiss' ich und Siegmund bin ich!
    Bezeug' es dies Schwert, das zaglos ich halte!
    Wälse verhiess mir, in höchster Not
    fänd' ich es einst: ich fass' es nun!
    Heiligster Minne höchste Not,
    sehnender Liebe sehrende Not
    brennt mir hell in der Brust,
    drängt zu Tat und Tod:
    Notung! Notung! So nenn' ich dich, Schwert -
    Notung! Notung! Neidlicher Stahl!
    Zeig' deiner Schärfe schneidenden Zahn:
    heraus aus der Scheide zu mir!


    Er zieht mit einem gewaltigen Zuck das Schwert aus dem Stamme und zeigt es der von Staunen und Entzücken erfassten Sieglinde

    Siegmund, den Wälsung, siehst du, Weib!
    Als Brautgabe bringt er dies Schwert:
    so freit er sich
    die seligste Frau;
    dem Feindeshaus entführt er dich so.
    Fern von hier folge mir nun,
    fort in des Lenzes lachendes Haus:
    dort schützt dich Notung, das Schwert,
    wenn Siegmund dir liebend erlag!


    Was macht nun ein Mensch, der von Staunen und Entzücken erfasst wird? Eine Möglichkeit ist es, in dieser Ausnahmesituation einen Schrei auszustoßen - als Zeichen und Ausdruck von Befreiung. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass dieser Schrei die eigene Erfindung der Rysanek gewesen ist, die durch den Regisseur goutiert wurde. In der Gesamtaufnahme, die unter Furtwängler im Studio entstand, schreit sie (noch) nicht. Sie schreit aber auch in anderen Opern, zum Beispiel in "Salome", wenn ihr der Kopf des Jochanaan aus der Zisterne heraufgereicht wird. Es war wohl ihr unverwüstliches Temperament und ihr Gespür für dramatische Bühnensituationen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich habe die Rysanek live nur noch als Klytämnestra schreien erlebt, die beiden Schreie, wenn ihr Sohn Orest ihn umbringt. Das war beinahe eindrucksvolle als der ganze Gesangsauftritt davor - wobei: lachen (bei der Nachricht vom Tod des Orest) konnte sie auch!


    Damals erzählten mir ältere Opernbesucher von ihren beiden Schreien als Sieglinde, die sich ihnen in der Erinnerung eingebrannt hatten.


    Im gleichen Monat (März 1993) erlebte ich sie auch als Kabanicha, aber da hatte sie meiner Erinnerung nach nichts zu lachen und auch nichts zu schreien...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo,

    ich will mich da auch mal einklinken. Zuerst muß ich sagen, daß die Walküre für mich der Einstieg in das Werk Wagners überhaupt war und damit auch in die Tetralogie. Für mich ist die Walküre immer der dramatischste Teil des Rings gewesen ! Doch welche Aufnahme hat Vorbildcharakter ? Die Traditionalisten werden wohl sagen, daß es der Live-Mitschnitt aus der New Yorker Met vom Dezember 1941 ist, u.a. mit Melchior, Varnay und Schorr, aber diese Generation war so einzigartig, daß sie über jedem Vergleich rangiert ! Geht man in die Nachkriegszeit, so ist meine Rangfolge:

    1.) Furtwängler 1954: Suthaus, Rysanek, Franz, Mödl, Frick.

    2.) Solti 1965: King, Cespin, Hotter, Frick, Nilsson

    3.) Janowski 1981: Jerusalem, Norman, Moll, Altmeyer,Adam

    4.) Bayreuth 1980: Boulez mit Hofmann, Altmeyer, Salminen, Jones, McIntyre.( Was die Leute über Hofmann auch sagen, ich sah diese Aufführung im TV und fortan hatte Wagner einen glühenden Anhänger mehr !)

  • Ein muss für mich wegen Ramón Vinay als Siegmund....


    31hcFNWiJeL.jpgKlick

    .....Marianne Schech ist eine jubelnde Sieglinde, Ramón Vinay ein draufgängericher Siegmund, Margaret Harshaws Brünnhilde ist zum großen Teil sehr gut, ihre Textverständlichkeit ist gut bis sehr gut, ja und dann Otto Edelmann als Wotan, den kann ich irgendwie nicht richtig einordnen, mir einfach zu neutral im Ausdruck, der Hunding von Kurt Böhme geht für mich gar nicht, irgendwie zu lasch, da fehlt mir der Biss!

    Das Dirigat von Mitropoulos ist erstaunlich fetzig, hätte ich so nicht erwartet und typisch MET, wo da das Publikum überall klatscht! :pfeif:

    Für 1957 Live ist die Klangqualität gut bis sehr gut!

    Aber das Schmankerl der Box ist der Anhang, Auszüge mit Hermann Uhde als Wotan (wohl aus der selben Serie) und natürlich der Schluss, ab: War es so schmählich...!!!

    Uhde war auch ein ausdrucksstarker Wotan, hinzu kommt, dass ich seine Stimme liebe, das heißt man ist nicht so ganz objektiv! ;) Vorallem hat es mir sein Holländer angetan!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Mehrfach, und das sehr zu Recht, ist hier schon längst zur Legende gewordene Aufnahme des 1. Aktes der WALKÜRE von 1935 genannt worden:

    die es auch in dieser neueren Ausgabe gibt (ergänzt mit zwei Szenen aus Akt 2):


    Bisher in diesem Thread noch gar nicht erwähnt wurde hingegen folgende, ebenfalls künstlerisch einmalige und historisch bedeutsame Aufnahme:

    in der - zum letzten Mal - Kirsten Flagstad als Brünnhilde zu hören ist. Wotan ist Otto Edelmann, ebenfalls großartig, während mir die Sieglinde von Marianne Schech weniger zusagt. Georg Solti dirigiert die glänzend aufgelegten Wiener Philharmoniker.

    Die Aufnahme entstand übrigens im Mai 1957 in den Wiener Sofiensälen. Sie gilt sozusagen als "Vorstudie" für die nachfolgende erste komplette RING-Einspielung auf LP und wurde in erstaunlich guter Stereo-Qualität erstellt.

    Im Begleitheft zur obigen Ausgabe schreibt der englische Kritiker John Steane u.a.: "... Culshaw (der Produzent) hatte Kirsten Flagstad bereits in einer konzertanten Aufführung des 3. Aktes der WALKÜRE gehört und war von der Klangfülle und Majestät ihres Gesangs fasziniert (...) und er begann mit seinen Plänen für eine komplette Einspielung der Oper (...) Obwohl er damals noch nicht an einen vollständigen RING dachte, erkannte er rückblickend, daß er sich an diesem Projekt dafür 'die Zähne geschärft' hatte."

    John Culshaw äußerte sich später selbst: "Wir stürzten uns mit Begeisterung auf den 3. Walküren-Akt, ohne daß wir wußten, daß wir damit eine Generalprobe für das RHEINGOLD und den restlichen RING durchführten, der uns in den nächsten sieben Jahren immer wieder beschäftigen sollte."

    In Soltis vollständigem RING konnte Kirsten Flagstad leider lediglich als Fricka in RHEINGOLD mitwirken, aber die "Generalprobe" ist zu unser aller Glück erhalten geblieben und auf obiger CD in ungeschmälerter künstlerischer und technischer Qualität zu genießen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber nomorino, ich stimme Dir zu, dass die von Dir erneut ins Spiel gebrachten Einspielungen nicht oft genug hervorgeholt werden können. Sie gehören auch bei mir zum ganz festen Bestand der Sammlung, weil sie so exemplarisch sind. Immer wieder bedauere ich, dass aus dem ersten Aufzug unter Bruno Walter aus den bekannten politischen Gründen keine Gesamtaufnahme werden konnte, ja durfte. Da sieht man mal wieder, wie die Nazis durch ihren Rassenwahn große Taten verhinderten, denen wir heute noch nachtrauern. Und die wollen Wagner geliebt haben? An der Solti-Aufnahme mit der Flagstad beeindruckt mich ungebrochen die Majestät des Vortrags. Von der Kultur dieser Aufnahmen ist leider wenig geblieben. :(


    Ich frage mich wieder, warum eigentlich der erste Aufzug der "Walküre" als als "Einzelstück" und losgelöst vom Ganzen zu solcher Popularität gelangen konnte? Der Inhalt ist ja höchst brisant und rührt an einem der strengsten gesellschaftlichen Tabus. Die Handlung ist nur schwer zu durchschauen und bedarf dringend der Verknüpfung mit dem kompletten "Ring". Siegmunds verschlüsselte, doch packende Erzählungen ziehen sich. Wenn da nicht die Musik in ihrem Überschwang wäre, denen sich das Geschwisterpaar hingeben kann.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da sieht man mal wieder, wie die Nazis durch ihren Rassenwahn große Taten verhinderten, denen wir heute noch nachtrauern. Und die wollen Wagner geliebt haben?

    Lieber Rüdiger,


    zum Glück war Österreich 1935 noch nicht "angeschlossen", sonst wäre auch dieser legendäre 1. Akt nicht zustande gekommen. Die bescheuerten Rassegesetze galten im "Altreich" ja schon ab 1935. Interessant in diesem Zusammenhang ist aber, daß der Hunding der Aufnahme, Emanuel List, ein "Volljude", noch 1933 in Bayreuth in Anwesenheit Hitlers auftreten durfte. Ein Jahr später war das schon nicht mehr erwünscht!

    Goebbels hätte übrigens Lotte Lehmann viel zu gerne in sein Kulturprogramm aufgenommen, hat sogar ein persönliches Gespräch mit ihr arrangiert, das bekannt mit Lotte Lehmanns kategorischer Antwort endete: "Nicht mit Ihnen!" - Als "Arierin" hätte sie ja ohne weiteres in Deutschland bleiben können, aber sie zog angesichts der heraufkommenden Schrecken das Exil vor. Eine mutige Tat.

    Ich frage mich wieder, warum eigentlich der erste Aufzug der "Walküre" als als "Einzelstück" und losgelöst vom Ganzen zu solcher Popularität gelangen konnte? Der Inhalt ist ja höchst brisant und rührt an einem der strengsten gesellschaftlichen Tabus.

    Das ist in der Tat so, lieber Rüdiger, aber der erste Walküren-Akt ist einfach musikalisch selbst für Wagner-Anfänger ein Juwel, oder, besser gesagt, am eingängigsten. Ehrlich gestanden, ich bin erst durch öfteres Hören dieses 1. Aktes überhaupt zum "Ring" gekommen. Das lag sicher zum Teil auch an den exzeptionellen Gesangsleistungen von Lehmann, Melchior und List, sowie an Bruno Walters großartigem Dirigat, aber auch an der (im Vergleich zum übrigen RING) eingängigeren Musik. Immerhin enthält dieser Akt die einzige "Arie" der ganzen Oper, das berühmte "Winterstürme wichen dem Wonnemond", das ich schon als Jugendlicher mit Richard Tauber erstmals auf einer 78er Platte gehört habe.

    Auch mich wundert, daß die Inzest-Szene zur Zeit der Entstehung und auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts relativ wenig Anstoß erregt hat, obwohl diese Zeit ja geradezu von Prüderie geprägt war. Wahrscheinlich hat Wagners großartige Musik und sein Gesamtkonzept des "Rings" das alles vergessen gemacht.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Diese Studio-Aufnahme von 1961 weiß ich auch zu schätzen. Die Besetzung:


    Sieglinde - Maria Müller, Sopran
    Hunding - Josef Greindl, Bass
    Siegmund - Wolfgang Windgassen, Tenor

    Württembergisches Staatsorchester Stuttgart
    Dirigent: Ferdinand Leitner

    Die Aufnahme wirkt sehr zelebriert, was für die Heraushebung des ersten Aufzuges nicht einmal stört. Die Müller ist über die Fünfzig und hat ihren Zenit deutlich überschritten. Sie könnte die Mutter von Siegmund sein und nicht seine Zwillingsschwester, sie klingt matronenhaft und ältlich. Aber wie sie singt, wie deutlich und erfüllt, dass macht ihr so schnell niemand nach. Windgassen legt die Partie lyrisch an. Greindl als idealer Hunding fies und lauernd.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • csm_Ella_Flesch_22f0e45735.gif

    ... die es auch in dieser neueren Ausgabe gibt (ergänzt mit zwei Szenen aus Akt 2):

    Durch diese Ergänzungen ist uns die Simme von Ella Flesch über drei Zeilen erhalten geblieben.


    BRÜNNHILDE:

    Triff ihn, Siegmund!

    Traue dem Schwert!

    und

    BRÜNNHILDE:

    Zu Roß! Daß ich dich rette!


    Live taucht sie auch in der Edition Wiener Staatsoper bei Koch auf.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose