Johannes Brahms: Sinfonie Nr 1 in c-moll op. 68

  • Obwohl Günter Wand mein Lieblingsdirigent ist, möchte ich in Sachen 1. Sinfonie von Brahms dieser Aufnahme aus Chicago die nebenstehende Aufnahme aus dem gleichen Land mit Christoph von Dohnanyi und dem Cleveland Orchestra zumindest als gleichrangig an die Seite stellen. Die Bläser aus Cleveland im Finale sind unnachahmlich.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo Willi,


    wenn man diese Sinfonie Nr.1 in guten Aufnahmen hört ist man immer begeistert.
    Ich höre zur Zeit meine neue GA mit Dorati / LSO (Newton) .
    :) Meine erste CD dieses neuen Labels !


    8) Das ist so ziemlich der schnellste BRAHMS der mir bisher begegnet ist. :!: Die Brahms-Sinfonien auf 2 CD !
    Trotz Karajan (DG, 1978..) und Szell (SONY) und auch Bernstein (SONY) läßt liegt er an der Tempo-Spitze. Eigendlich kommt mir das entgegen, aber in den 3.Sätzen der 4 Sinfonien ist er mir doch zu überhastet unterwegs und läßt diese Ruhepunkte vor dem Finale nicht atmen.
    Doarti ansonsten mit Emotion, gesteigerter Dramatik mit dem richtigen "Punch" und Klasse unterwegs, wie man es von ihm gewöhnt ist. Er liefert einen vorwärsschreitenden Brahms ohne je langweilig zu werden (so wie manche Edelrentner in diesem Thread :stumm: ) .
    Das einzige was mich stört ist das Grundrauschen das bei der Ersten mit Aufnahmedatum 1959 unüberhörbar ist. Trotzdem klanglich gut und nicht stark verfärbt, wie es bei diesen bejahrten Aufnahmen manchmal der Fall ist. Kurz: Eine Interpretation die rundum Hörspass macht.
    Dorati läßt die Post abgehen, wie man sich das wünscht !


    Die Dorati Spielzeiten der Sinfonie Nr.1: 13:08 - 9:08 - 4:12 - 15:20


    Was die Erste angeht, so bleibe ich trotzdem bei meiner Gunst bei Bernstein (SONY); bitte nicht mit seiner langsamen DG-Aufnahme aus Wien verwechseln; dann der Perfekten mit Solti (Decca) bei der die Spielzeiten im 1.Satz nur deshalb länger sind, weil er alle Wdh-Zeichen beachtet und auch gerne die mit Karajan (DG, 1978.) und (Decca, 1960). Szell (SONY) nicht zu vergessen, auch wenn die Klangqualität etwas verfärbt ist. Da hat Lenny trotz naher Aufnahmedaten klar die Nase vorne.
    ;) Richtig, für mich ist auch die Klangqualität wichtig; das geht bei mir stark in meiner Beurteilung mit ein. Mono - hätte bei mir warscheinlich 0-Chancen ! Muss ja bei dem Angebot heute auch wirklich nicht mehr sein ! Ausser für die Freaks - zu denen ich nur dann gehöre, wenn der Klang stimmt !



    PS: Zu den anderen Brahms-Sinfonien mit Dorati werde ich mich an den richtigen Stellen noch äußern.
    Soviel vorab: Die Sinfonie Nr.3 ist der Hammer mit dem London SO (ansonsten bei Dorati nur die Sinfonie Nr.2 mit dem Mineapolis SO) - Aufnahme 1963 - Stereo - kaum verfärbt - :thumbup: und er liefert eine hochemotionale Sicht, die den Hörer aufhorchen läßt und berauscht - er läßt hier wirklich " :D die Lucy" abgehen ... ich bin gespannt auf die Vierte ...



    NEWTON, 1959 (1.), 1957 (2.), 1963 (3.und 4.), ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • ?( Hier geht's aber nicht um die Erste sondern um die Zweite!
    Ich gebe zu, ich habe das völlig aus dem Auge verloren, aber wenn ich so nachgucke, stelle ich fest, daß sich immer noch keine weitere Aufnahme in meinen Plattenschrank verirrt hat...

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Hallo Reinhard,


    Deinen Beitrag verstehe ich nicht ??? Siehe die Thread-Überschrift, die Du selbst verfasst hast: Johannes Brahms: Sinfonie Nr 1 in c-moll op. 68 !
    ;) Hier soll es im Vordergrund um die Erste gehen. Ich finde Abweichungen (auch als Vergleiche) immer angebracht und interessant.


    Ich habe Deinen Beitrag1 gelesen. Nach so vielen Jahren bis heute für einen eingeschworenen Klassik-Hörereigendlich ein Manko (eine Schande wollte ich zuerst schreiben), dass Du Dir keine weiteren Brahms-Aufnahmen mehr zugelegt hast, die Dich wirklich zufrieden stellen.


    Meine Favoriten sind aus diesem Thread hinreichend bekannt.
    :thumbup: Ich würde Dir die Solti-GA / Chicago SO (DEcca) empfehlen, die Dich in jeder Hinsicht (Interpretation und TOP-Decca-Klang) vollstens zufrieden stellen würde - :angel: es ist die in allen Punkten schlichtweg Perfekteste: das Tempo ist immer stimmig, Solti hält immer die Spannung, verirrt sich nie in langatmige Passagen oder Sätze, beachtet alle Wdh-Zeichen (obwohl mir das "schnuppe" ist), zupackend an den richtigen Stellen, glänzender durchsichtiger und natürlicher Orchester-Klang mit guter Ortbarkeit der Instrumentengruppen - Was will man mehr ?
    :yes: Die sollte sich "in Deinen Plattenschrank verirren"...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Deinen Beitrag verstehe ich nicht ??? Siehe die Thread-Überschrift, die Du selbst verfasst hast: Johannes Brahms: Sinfonie Nr 1 in c-moll op. 68


    Bitte um Entschuldigung, Wolfgang. Wie peinlich. Da war ich wohl völlig durch den Wind... :wacko:


    Zu meiner (teilweisen) Ehrenrettung sei angeführt, daß von der Ersten doch zwei weitere Aufnahmen zu mir gefunden haben, einmal Sawallisch mit den Wiener Symphonikern und zum anderen Bernstein mit den Wiener Philharmonikern.


    :hello:

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Heute soll es um besonders monumentale Einspielungen der 1. Symphonie von Johannes Brahms gehen. Ich möchte vier Aufnahmen vorstellen, denen dieses Attribut zweifelsohne zugeordnet werden kann. Ich gehe chronologisch vor.



    Wiener Philharmoniker
    Sir John Barbirolli
    1967


    I. 15:26
    II. 9:26
    III. 5:05
    IV. 19:07



    Münchner Philharmoniker
    Sergiu Celibidache
    1987


    I. 14:57
    II. 10:57
    III. 5:43
    IV. 19:47



    Wiener Philharmoniker
    Carlo Maria Giulini
    1991


    I. 15:49
    II. 10:49
    III. 5:18
    IV. 19:46



    Münchner Philharmoniker
    Christian Thielemann
    2005


    I. 18:08
    II. 9:17
    III. 5:11
    IV. 18:49


    Auffallend ist zunächst, dass bei den vier Aufnahmen nur zwei Orchester, die Wiener und die Münchner Philharmoniker, vorkommen, was indes dem Zufall geschuldet sein dürfte. Alle vier Dirigenten sind für eher langsame Tempi bekannt. Ein Blick auf die einzelnen Spielzeiten verdeutlicht dies. Wir liegen zwischen knapp 50 Minuten (Barbirolli) und fast 52 Minuten (Giulini) Gesamtspielzeit. Das Interessante ist, dass das Konzept der Langsamkeit bei diesem Werk m. E. völlig aufgeht, ja es dadurch sogar einiges gewinnt. Von Langeweile bei keinem eine Spur. Wuchtig schon die ersten Takte, ganz besonders bei Celibidache und Giulini. Bei Barbirolli merkt man die 45 Jahre tontechnisch schon ein wenig. Der Klang bei Thielemann ist etwas verschwommen, aber die Pauken treten erfreulicherweise sehr prominent in Erscheinung. Mit über 18 Minuten überbietet er die anderen im Kopfsatz noch, was womöglich an einer Wiederholung liegt. Im 2. Satz halten Celibidache und Giulini mit jeweils fast 11 Minuten den Rekord. Den 3. Satz gewinnt Celibidache mit beinahe 6 Minuten für sich, ebenfalls den Finalsatz mit 19:47, wobei Giulini nur wenige Sekunden langsamer ist. Barbirolli braucht etwas über 19 Minuten, Thielemann kommt hier faktisch "nur" auf 18:40. Das berühmte und bezaubernde Hauptthema des Finales setzt übrigens wie folgt ein: 6:20 (Celibidache), 5:28 (Giulini), 5:10 (Barbirolli) sowie 5:17 (Thielemann, nach sehr langer Generalpause).


    Es ist sehr schwierig, hier eine Entscheidung zu treffen. Ich glaube aber, am meisten berührt mit die Aufnahme von Celibidache (nirgends ist die finale Coda packender, die letzten Sekunden sind schlichtweg göttlich), wobei ich ihn eher als primus inter pares ansehen würde. Alle vier Aufnahmen sind auf sehr hohem Niveau und eigentlich ausgezeichnet gelungen. Überraschenderweise auch Thielemann, der hier mal voll in seinem Element zu sein scheint. Das ist in der Tat die beste (offizielle) Aufnahme, die ich von diesem Dirigenten kenne.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo, lieber Joseph,


    ich bin zur Zeit nur sporadisch online, weil ich in einer ziemlich langwierigen Umzugsphase bin und in meiner neuen Wohnung, in der ich schon in einem Provisorium lebe, erst ab Montag online sein werde. Die Aussagen deines Postings kann ich, was Celi und Giulini betrifft, nur bestätigen. Von Celi habe ich darüberhinaus noch die Aufnahmen mit dem RSO Stuttgart, ebenso wie ich von ihm die Stuttgarter und Münchener Bruckner-Aufnahmen habe (von letzteren sind ja einige in Tokio aufgenommen worden). Wenn ich den Umzug endgültig hinter mir habe, will ich mir mal die beiden Celi-Aufnahmen vornehmen und schauen, ob bei meinen acht oder Neun Gesamtaufnahmen noch eine monumentale dabei ist.
    Was du spezeill über Celi sagst, empfinde ich auch so. Er ist ein meister der Zuspitzung, ähnlich wie Wand, der ja auch eine absolute Brahms-Größe ist.
    Ebenfalls trifft das von dir Gesagte auch auf Giulinis Bruckner-Aufnahmen zu. Göttlich ist auch hier sein Adagio aus der Siebten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo Josef und Willi,


    ihr macht mich ja wirklich neugierig auf Günter Wand als Brahms-Interpret.
    Brahms Monumental --- brauche ich nicht.


    Nachdem mich Wand bei Bruckner jüngst überzeugt hat, habe ich mir nun diese Brahms-Sinfonie -GA mit Wand / NDR SO bestellt.
    Bei diesen Brahms-Wand -Angeboten kann man ja preislich sein Wunder erleben - von 100 bis über 300Euro liegen die Angebote für die NDR-GA.
    Ich habe mich für diese Brahms-Sinfonien - GA für knapp 7Euro (beim richtigen Anbieter) entschieden und bekomme sogar diese RCA-3CD-Ausgabe (finde ich besser als auf 2CD gedrängt!):



    RCA, 1982-1983, DDD


    Die Spielzeiten sehen bei Wand auch nicht so monumental aus, wie die in deinem Beitrag 66 ... ;) das dürfte mir sehr entgegenkommen.


    *** Die Sinfonie Nr.1 dauert mit Wand anständige 43:43 !


    :jubel: Bin gespannt, was mich da erwartet ... und werde berichten.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nach der grossen Begeisterung bei Bruckner mit Wand, kam nun die Ernüchterung.
    (Alles dings nicht der Reinfall wie vor Jahren der "Brahms-Schock mit Harnoncourt" !)


    An Wands Brahms 1 gibt es fast nichts auszusetzen, eine klangschöne detailreiche und ausgewogene Sicht mit sogar sehr präsenten Pauken an den richtigen Stellen.
    Der Anfang der Sinfonie bis zur Durchführung kam schonmal sehr überzeugend. Aber ich bin warscheinlich von emotionaleren Aufnahmen schon zu verdorben --- mir fehlt bei den Höhepunkten (wie Durchführung und Reprise) einfach die Emotionalität, die bereits den ersten Satz absolut zum Kochen bringt.
    Ich war von meinen letzten Neuaufnahmen mit Dorati (Newton) und auch Karajan´s Digitalzyklus (DG) ungleich mehr begeistert, ja sogar richtig hingerissen.


    Ich habe dann nach Günter Wand (RCA) gestern meine Lieblingsaufnahme Bernstein (SONY) und Karajan (DG,DDD) ausschnittweise gegengehört. :angel: Was für eine Emotion, was für ein Feuer eine Sidehitze bei Bernstein und unter anderen Vorzeichen auch bei Karajan. :S Das fehlt mir bei Wand leider.


    Im den nächsten Tagen werde ich prüfen, wie die Sinfonien 2-4 unter Wand gelungen sind (von der 3ten hatte ich hier in dieser Wand-GA schon einen besseren Eindruck gewonnen; aber auch da habe ich zum Beispiel unter Karajan stärkeres in Erinnerung; von Solti oder Szell gar nicht zu reden ... ).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wand ist insgesamt ein ziemlich nüchterner Interpret, wozu bei etlichen Aufnahmen (wie zB den Brahms-Sinfonien) auch ein etwas trockener Klang kommt. Klanglichen Luxus wie bei Karajan oder auch extreme emotionale Kontraste sucht man hier vergebens, dafür erhält man zB mehr Transparenz. Das mag erst einmal oft etwas prosaisch wirken. Die dritte würde ich auch besonders empfehlen; das Finale könnte etwas schneller sein, ist aber sehr wuchtig, die anderen Sätze sind alle recht zügig und unsentimental in den Mittelsätzen.


    Ich sehe da aber keine allzu großen Unterschiede zwischen seinem Brahms, Bruckner, Beethoven (Schubert hatte ich nur eine live-Aufnahme der großen C-Dur, die fand ich nicht so besonders). Sicher war der späte Ruhm Wands in den den 1980ern nicht unberechtigt; er wurde etwa zu dem Zeitpunkt vom Geheimtip zum Star, als ich begann, mich für diese Werke zu interessieren, daher sind das einige meiner ersten Brahms- und Bruckner-CDs gewesen. Aber das ist natürlich alles Repertoire, in dem es dutzende bis hunderte von Alternativen gibt (bei Schuberts und Bruckners weniger berühmten Sinfonien hielt sich das vor 20 Jahren noch ein wenig in Grenzen).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Wolfgang,


    du hast dir mit der NDR-Studio-Einspielung der 1. Symphonie von Brahms unter Wand m. E. ausgerechnet seine schwächste Aufnahme ausgesucht. Ich kenne sie, und mich riss sie auch nicht vom Hocker. Der Klang ist (wie Johannes anmerkt) nicht ideal, die Interpretation arg nüchtern. Lag evtl. an den Studio-Bedingungen. Wieviel besser sind dagegen die Live-Aufnahmen mit dem Chicago SO (Geheimtipp), mit dem DSO Berlin, den Münchner Philharmonikern oder auch die ganz späte mit dem NDR-SO. Ich führe sie nachfolgend einmal auf:


    ]


    Die 1. war offensichtlich Wands liebste Brahms-Symphonie, keine nahm er so oft auf. Es gibt allerdings noch einen späten Live-Zyklus von Mitte der 90er mit dem NDR-SO. Ich habe daraus die 2. und 3., die sind exquisit gelungen. Ich habe es ein wenig aus den Augen verloren, auch um die 1. und 4. aufzustocken, aber es lohnt sich hier ganz bestimmt.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich sehe da aber keine allzu großen Unterschiede zwischen seinem Brahms, Bruckner, Beethoven (Schubert hatte ich nur eine live-Aufnahme der großen C-Dur, die fand ich nicht so besonders).


    :!: Doooooooooooch, riesige Unterschiede - die Abgründe die Wand bei Bruckner auslotet sind eine ganz andere Welt, als hier in seinem NDR-Brahms-Zyklus. Und ich hatte gerade gedacht, das diese NDR-Brahms-Aufnahmen noch besser sein sollten, als mit dem Kölner RSO. (Bei Bruckner wurde oft auf seine NDR-Aufnahmen hingewiesen !)
    Jedenfalls Danke für deine Ausführungen, Johannes.


    Ich hatte auch beabsichtigt mir die Schubert-Sinfonien mit Wand zu kaufen, was ich mir nun sparen werde.



    Der Klang ist (wie Johannes anmerkt) nicht ideal


    Hallo Josef,


    den etwas trockenen und dadurch sehr durchsichtigen Klang der Wand-NDR-Aufnahmen finde ich aber gar nicht schlecht, sondern sogar ziemlich gut - nur die Interpretation ist in der Tat zu nüchtern geraten. Die Tempi bei Wand finde ich aber voll im Rahmen, da er nie verschleppend wirkt und aus den 2.Sätzen (Andante oder Adagio) auch keine "Langsamkeitsorgie" macht - gut so !
    Deine dankenswerten Empfehlungen zu weiteren Brahms 1 mit Wand kenne ich ja bereits aus Deinen früheren Beiträgen.
    8-) Da ich mit Brahms aber schon lange bestens ausgestattet bin (Bernstein SONY und DG, Karajan DG-ADD und DG-DDD und Decca60, Szell, Solti, Dorati, Swetlanow und nun Wand) und ich ich schon lange keinen weiteren Brahms-Zylus mehr kaufen wollte, werde ich die Brahms 1 mit dem CSO höchstens nehmen, wenn diese mal günstigst irgendwo auftaucht.


    :D Bei TAMINO wird man ja andauernd zu neuen Aufnahmen angeregt - das ist ja auch schön - dieses mal wars nicht so nötig - aber immer wieder interessant.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • [timg]http://www.latimes.com/include…m_steinberg.jpg;l;280;350[/timg]Kürzlich berichtete ich im hiesigen Beitrag Nr. 66 über besonders monumentale Interpretationen von op. 68 des Johannes Brahms. Freilich gibt es nicht nur diese Sichtweise, wie bereits hinreichend im Verlaufe dieses Threads deutlich wurde. Heute will ich ein extremes Gegenbeispiel präsentieren, und man verzeihe mir, wenn ich eine offiziell gar nicht erhältliche Aufnahme in den Ring werfe. Dieses Manko lässt sich allerdings beseitigen, wie am Ende des Beitrags deutlich werden wird.


    William Steinberg, gebürtiger Deutscher, steht nach wie vor zu unrecht im Schatten vieler anderer Dirigenten. Immerhin ist mittlerweile einiges (wieder-)veröffentlicht worden, so dass sich die Situation insofern gebessert hat. In den USA hat er, soweit ich das mitverfolgt habe, durchaus einen großen Fan-Club und genießt, zumal in Pittsburgh und Boston, legendären Status. Davon zeugen, um nur zwei Beispiele zu nennen, seine referenzträchtigen und m. E. nie wieder erreichten Interpretationen von Strauss' Also sprach Zarathustra und Holsts Planets, beides Anfang der 70er Jahre bei der DG erschienen.


    Doch auch in der großen Symphonik war er zu Hause, wie nicht zuletzt seine Beethoven- und Mahler-Aufnahmen beweisen. Und auch der Werke von Brahms nahm er sich an. Soweit ich weiß, liegen alle vier Symphonien mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra vor, allerdings derzeit wohl kaum greifbar. Die Pittsburgher wurden unter Reiner und Steinberg zeitweise durchaus ein Klangkörper, der keine Vergleiche zu scheuen brauchte. Umso mehr trifft das natürlich auf das Boston Symphony Orchestra zu, eines der Big Five, welchem Steinberg leider nur sehr kurz vorstand (1969—1972), was nicht bedeutet, dass nicht davor und danach auch Aufnahmen mit ihnen entstanden. Ein glücklicher Umstand will es, dass er bereits am 31. Juli 1964 mit den Bostonern in Tanglewood beim dortigen Musik-Festival auftrat, und zwar eben mit Brahms' Erster. Zunächst die Spielzeiten:


    I. 13:05
    II. 9:41
    III. 4:33
    IV. 15:43


    Hier wird schon deutlich, dass wir eine wesentlich flottere Interpretation vorliegen haben als es in den vorigen Beispielen der Fall war, in etwa auf einer Linie mit Wand. Reine Zahlen sind natürlich nicht alles. Vom ersten bis zum letzten Takt stimmt hier einfach alles. Das Orchesterspiel ist auf Weltklasse-Niveau, da gibt es nichts zu meckern. Schön betont die Blechbläser, durchaus pathetisch, und durchschlagend die Pauken. Der Streicherklang ebenfalls herrlich, so wie man es von diesem Spitzenorchester kennt. Das echte Highlight der Aufnahme ist das unsagbar rasante Finale, das sich immer mehr steigert und einen mitreisst. Ich glaube, die markante Coda habe ich noch nie schmissiger gehört als hier. Jeder Einsatz stimmt, eine sehr persönliche Note fließt ein. Man muss es gehört haben, es lässt sich schwer in Worte fassen. Das bis dahin sehr vorbildliche Publikum kann sich am Ende auch nicht mehr zurückhalten und applaudiert in die letzten Takte spontan hinein, es gibt auch Bravo-Rufe. Kein Wunder. Diese Interpretation ist eine der besten, die ich kenne. Noch dazu in sehr ordentlichem Stereo, zumal, wenn man die Entstehungszeit und -umstände betrachtet.


    Vielleicht ist ja jetzt der eine oder andere neugierig geworden und berichtet bald von seinen Eindrücken.


    P.S.: Geben tut es das Ganze als legalen Radio-Mitschnitt hier, übrigens in verlustfreiem Format, kein "billiges" mp3.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Hallo Josef,


    von William Steinberg habe ich den gleichen herausragenden Eindruck wie Du. Es gibt keine Aufnahme (die ich kenne) die nicht absolute Klasse wäre.
    Du hattest schon an anderer Stelle von Brahms 1 (mit LINK) berichtet.


    :?: Aber wie kann ich mir diese tolle Aufnahme der Sinfonie Nr.1 nun runterladen ?
    :!: Seine Interpretation liegt in den Spilezeiten ungefähr gleich mit der unsagbar spannenden Bernstein-Aufnahme mit den New Yorker PH, die ich als einer meiner Favoriten schätze - kein Vergleich mit seiner späteren DG-Aufnahme ! Das Ganze bei den Zeiten natürlich ohne Beachtung der Wdh-zeichen - aber was solls, das ist mir ohnehin egal ! Das Ergebnis zählt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    hier ist der Direktlink. Es sind drei Dateien (die erste ist der Strauss, die anderen die Symphonie, aufgeteilt in je zwei Sätze). Ich hoffe, es klappt.


    LG und viel Spaß!
    :hello:

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Josef,


    Danke für den LINK. Ich habe die Brahms 1 (flac-Dateien) inzwischen auf einer CD-R, damit ich die Aufnahme normal auf meiner Anlage geniessen kann. Die Stereo-Klangqualität ist noch brauchbar, wird aber durch Steinbergs fabelhaft gespannte Interpretation überschattet. :thumbsup: Was Steinberg LIVE am 31. Juli 1964 ablieferte würde ich als Sternstunde bezeichnen.
    :) Du hast das ja auf der BSO-Seite auch in gutem Englisch kundgetan ! Dein Zitat und die erhaltene Antwort dort fand ich gut.


    *** Ich denke auf CD würde die Aufnahme nicht erscheinen, weil hier und da technische Bandfehler hörbar weden; auch das Rauschen ist für 1964 höher als gewohnt; und ganz elend finde ich die Disziplin der BSO-Hörerschaft von 1964, X( denen ich hiermit nach 48Jahren noch eine deutliche Kritik verpassen möchte: Die klatschen im Finale in die letzten Takte hin ein mit Bravorufen, obwohl die Sinfonie bei weitem noch nicht ausgeklungen ist. Und das, wo doch der 4. Satz der Hammer ist !
    Dann der Anfang der Sinfonie Nr.1 - die wuchtigen Paukenschläge am Anfang betreffend. Ich habe den Anfang mehrmals hintereinander gehört, weil mir das ungewohnt vorkam ...
    Fehlt da nicht ein Paukenschlag ??? Irgendwie wurde da was vermasselt !


    Ich habe dazu meinen Favoriten Bernstein (SONY, 1960) zum Vergleich herangezogen, die insgesamt ähnlich gespannt ist wie Steinberg; durch die weit bessere CBS-Klangquatät aber noch wuchtiger wirkt (auch in den Pauken). Dort wie gewohnt - gleichmässiger Ablauf im Rhythmus ohne eine Unterbrechung.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich fühle mich, angesichts der Fülle dieser Diskussion, mehr als inkompetent. Hier läßt sich vieles lernen zum Thema "Romantisches Klangbild".


    Obwohl ich Mackerras sehr bewundere, habe ich mich vom Hineinhören seinerzeit nie für den sehr forschen Brahms entscheiden können. Ich bekenne mich hier auch zu Bernstein, aus den genannten Gründen, besitze aber leider gerade die Erste nicht. Auch Giulini/LAPO gefällt mir für die Erste. Seine Zweite aber finde ich in vielen Details nicht so geglückt, und von Celibidache, dessen sehr breite und tendenziell etwas innenspannungsarme Zweite ich gerade höre, fehlt mir wiederum die Erste.


    Dies nur vorausgeschickt, möchte ich kurz auf eine Aufnahme hinweisen, die noch nicht genannt wurde:


    Ich ziehe sie Karajan, ob nun bei RCA mit den Wienern oder im ersten Zyklus mit den Berlinern, jedenfalls vor. Warum weiß ich nicht so recht - es ist weder eine Frage der tempi noch auch nur der Spielweise oder der Dramatik. Es geht mir, fürchte ich, um das bekannte Hornthema im Finale, um die Vorbereitung und Gestaltung dieses hochexpressiven Moments. Es geht aber auch überhaupt um das Herzblut, das diese Sinfonie verlangt, um nach der Einleitung den Hörer zu fesseln, die Wechselbäder der Emotionen. Sonst läßt einen alles leicht kalt, wenn es zuviel Routine hat (wozu ich auch eine marmorne Monumentalität rechnen würde). - Ein weiterer, mit zahlreichen Zyklen (CGO, LSO, BSO) vertretener Brahms-Dirigent der konservativen Schule blieb ebenfalls ungenannt:


    Vielleicht darf man ihn der norddeutsch strengen bis schroffen Stilrichtung zuordnen, angefangen mit Klemperer. Die hier gezeigte CD wurde seinerzeit mehr wegen der von mir sehr geliebten Nänie angeschafft. Klanglich übertrifft sie die analogen Beispiele (auch Böhm) bei weitem und bietet zudem ausgesprochen viel dramatische Hitze, um ihre Süße aus der grundierenden Herbheit zu ziehen (ähnlich Böhm, aber anders als Bernstein in Wien). Bei Brahms scheiden sich die Geister ohnehin, z.B. auch an der Frage dramaturgische Architektur versus farbstimmungshafte Auskostung. Deshalb übertrifft z.B. C. Kleibers IV. mit den Wienern im ersten Satz alle Konkurrenten, während ich schon für den zweiten Satz wieder Bernstein bevorzuge; von der Passacaglia mal zu schweigen (evt. doch Karajan 1964? - Bei dem hab ich ohnehin den Verdacht, daß sein Dirigat oft gerade auf das Finale hinzielt, was mir als Finalmuffel öfter entgehen mag).


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Zitat

    Joseph II: Hallo Wolfgang, du hast dir mit der NDR-Studio-Einspielung der 1. Sinfonie von Brahms unter Wand ausgerechnet seine schwächste ausgesucht. .... Wie viel besser sind dagegen die Live-Aufnahmen mit dem CSO, mit dem DSO Berlin, den Münchener Philharmonikern oder auch die ganz späte mit dem NDR-SO.

    Lieber Joseph und auch an dich, lieber Wolfgang, die erste Studio-Aufnahme aus Hamburg kenne ich leider nicht, wohl aber die ganz überragende Aufnahme aus Chikago, und auch die Aufnahmen aus Berlin und München stehen schon auf meinem Zettel. Die ebenfalls überragenden späten Aufnahmen aus Hamburg habe ich allerdings schon seit einer ganzen Reihe von Jahren in meinem Bestand, ebenso wie diese Aufnahme:

    Es handelt sich um das Abschlusskonzert des Schleswig-Holstein-Musikfestivals 1997 aus dem Kieler Schloss, bei dem er vor der Pause die Fünfte Schubert spielte und nach der Pause die Erste Brahms. Das war kaum zu übertreffen.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    selbstverständlich glaube ich Euch (Dir udn Josef) gerne, dass es noch weit weniger nüchterene Aufnahmen der Brahms 1 mit Wand gibt. Auch die Studio mit dem NDR-SO (RCA) ist ja gar nicht schlecht - die Nt.1 habe ich trotzdem für Wert gehalten auf CD-R zu behalten (die originale GA hat ein geschätzter Tamino übernommen, mit der er einen passablen Einstieg für Brahms hat!).


    Aber irgendwann ist es auch genug mit den Vergleichsaufnahmen. Ich habe die Brahms 1 jetzt 11 mal (in Beitrag 72 hatte ich alle genannt)! Besonders, wenn man seine Favoriten, die nebenbei ein ganz anders Kaliber sind als Wand, bereits gefunden hat. (Wie gesagt, wenn diese mit dem CSO mal günstigst auftaucht ...)


    *** Ich hatte gestern wiedereinmal verschiedene Aufnahmen (ausschnittweise) angehört. Darunter auch Bernstein / WPO (DG), die auch von farinelli gelobt wurde. Mit den langsamen Tempi kann ich mich ja immer noch nicht anfreunden, auch wenn mir diese Aufnahme heute besser gefällt als noch vor Jahren (ich habe mal auf die gelobten Sätze/passagen gesondert geachtet) --- aaaaber, welch eine ganz andere Welt erleben wir bei Bernstein / New Yorker PH (SONY)? Das ist es, was mich packen kann!


    In die gleiche mehr forsche und zupackende Richtung geht neben dem TOP-TIPP von Josef = William Steinberg auch Dorati / LSO (Newton, 1959). Was für ein Unterschied zu Bernstein (DG) oder Wand (RCA)!!! :thumbsup: Es ist unglaublich welche emotionalen Spannungsbögen Dorati bei den Höhepunkten in Durchführung und Reprise aufbaut; wo vorgenannte viel zu zahm und geglättet normal wirken.
    Ähnliches erlebe ich bei Bernstein (SONY, 1960) und Solti (Decca), der nur durch die Beachtung der Wdh (1.Satz) auf längere Spielzeiten kommt.
    Wie gut das diese grossen Aufnahmen trotz ihres Alters (1960 und 1959) so TOP aufgenommen sind, was bei Steinberg 1964 leider nur mit Einschränkungen der Fall ist. Bei Solti brauchen wir uns sowieso über Klang nicht zu unterhalten !


    Farinelli würde bei den Aufnahmen mit Bernstein, Dorati und Solti auch im letzten Satz mit dem wunderbaren Hornthema voll auf sein Kosten kommen ! :thumbup: Der Satz wird bei diesen Dreien ohnehin auf Sidehitze gebracht !



    Farinelli schwärmt von Böhm / BPO (DG).
    Das wäre sicher ein weiterer Kanidat, der mich überzeugen könnte. Bestes Positiv-Beispilel ist das KK Nr.1 mit Pollini/WPO (DG). Aber auch hier lese ich wieder von klanglichen Einschränkungen ....


    Dann die Aufnahme mit Haitink / BSO (Philips).
    Bisher habe ich mit Haitink und Brahms sowohl bei den Klavierkonzerten, wie auch bei den Serenaden Nr.1 und 2 keine herausragenden, eher langweilige Erfahrungen gemacht - die entsprechenden CD´s sind lange aussortiert. Die Serenaden Nr.1 und 2 mit Kertez - welch ein Feuer dagagen!!!
    ;) Von daher wäre ich jetzt für mich nie mehr auf die Idee gekkommen den Dirigenten Haitink noch mit Brahms in Verbindung zu bringen - aber gut, wenn die digitale BSO-Aufnahme in Ordnung ist ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    teleton: Aber irgendwann ist es auch genug mit den Vergleichsaufnahmen...

    Da hast du nicht ganz Unrecht, lieber Wolfgang. Auch bei mir hat sich ganz schön was angesammelt. Im Einzelnen habe ich die Erste von
    Bernstein DG, Böhm, Celi RS Stuttgart, Celi Münchener Ph., Dohnany Cleveland, Dohnany NDR (DVD- noch nicht gebrannt), Giulini, Harnoncourt, Karajan AD, (Digital fehlt mir nur die Erste), Munch, Sawallisch, Solti, Szell, Wand (alles GA's). Sollte ich also jemals mit Beethoven durch sein, Arbeit gibt es ja offensichtlich noch genug.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich fühle mich, angesichts der Fülle dieser Diskussion, mehr als inkompetent. Hier läßt sich vieles lernen zum Thema "Romantisches Klangbild".


    Hallo farinelli,


    Du brauchst Dein Licht durchaus nicht unter den Scheffel zu stellen ;) .


    Fernab einer "Kompetenzdiskussion" empfinde ich Deine nachfolgenden Beschreibungen als gut begründet und fundiert.


    Mit Deinen beiden Empfehlungen, Böhm und Haitink, kann ich mich sehr gut anfreunden, denn auch ich schätze beide Dirigenten als Brahms Interpreten außerordentlich.


    Die Berliner Aufnahme mit Karl Böhm kenne ich nicht, dafür aber drei andere:



    Die Studio-Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern gefällt mit einem warmherzigen Klang, mit einem wunderschön "ausgesungenen" Andante sostenuto (2. Satz) und einem Finale, in dem neben dem schon erwähnten sehr eindringlich ausgespielten Hornthema der ideale Spagat zwischen Emotion und Zurückhaltung gelingt. Man spürt in der gesamten Sinfonie die Liebe zur Musik, aber anders als Bernstein mit dem gleichen Orchester, verliert sich Böhm nicht in Sentimentalitäten.


    "Live" erlebt man einen etwas "anderen" Karl Böhm (übrigens nicht nur bei Brahms. Man höre beispielsweise auch einmal die Unterschiede zwischen "Studio und Live" bei Bruckners 7. und 8. Sinfonie oder bei Schuberts 9.).
    In den Live-Aufnahmen schlägt Böhm durchweg schnellere Tempi an und lässt jede (positive) "Abgeklärtheit" fallen, die die später entstandene Studio-Einspielung kennzeichnet.


    Zum Vergleich:


    1969 SO BR: 12'37'', 09'01'', 04'18'' und 15'57''
    1975 Wi Ph: 14'13'', 10'41'', 05'05'' und 17'52''


    Es ist tatsächlich fast so, wie es der Amazon Rezensent beschreibt: "Ein ziemlicher Kontrast auch zu seiner Studioaufnahme mit den Wiener Philharmonikern, bei der Böhm nicht annähernd diese Intensität erreicht, die hier eingefangen wurde. Es ist nicht nur die manchmal rasante Geschwindigkeit, sondern die enorme Entschlossenheit hinter jeder gespielten Note, die einen ins Staunen versetzt."


    Die Meinung mit der Intensität teile ich nicht ganz, weil ich auch die Studio Aunfnahmen als intensiv musiziert empfinde, aber "live" fordert Böhm die Musiker beispielsweise zu Beginn des Finales zu äußerster Konzentriertheit, denn das angeschlagene Tempo will - auch von einem Spitzenorchester - erst einmal "gehalten" werden.


    Wofgang (teleton) würde hier - oder auch in der 1963 entstandenen Aufnahme mit dem SO des WDR) - ein gesuchtes Pendant zu Doratis "Feuer" finden. Wer wissen möchte, wieviel Feuer und wieviel Leidenschaft in Böhm steckte, wird an beiden Einspielungen viel Gelegenheit haben, es herauszufinden.


    Bernard Haitink hingegen dirigiert einen anders gearteten Brahms. "Norddeutsch streng bis schroff" charakterisiert ihn durchaus treffend. "Gefühlsduseleien" oder ausufernde Tempomodifikationen sind Haitinks Sache nicht. Bei ihm ist Brahms "norddeutsch": kühl, klar, gerade heraus. Es ist kein "Brahms für Anfänger", aber, wie von Wolfgang vermutet, erst recht kein "langweiliger".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Nun habe ich die Erste Brahms aus meiner neuen Münchener Wand-Box gehört. Von Nüchternheit keine Spur. Das geht im Kopfsatz sofort energiegeladen und dramatisch los, überhöht noch durch die äußerst präsenten Pauken, die ich selten so mächtig gehört habe.
    Auch wenn die Spielzeiten: 14:02-9:33-4:59-17:00 (45:34) auf den ersten Blick lang erscheinen, so hält sich Wand m.E. jedoch genau an die Satzbezeichnungen. Der erste Satz ist bei aller Dramatik eben nicht besonders schnell. Böhm in seiner 1975er Aufnahme mit den Wienr Philharmonikern ist noch etwas langsamer, übrigens, was alle Sätze betrifft.
    Die o. a. Aufnahme ist übrigens auch eine LIVE-Aufnahme, weswegen auch meine Zeitangabe des Finales kürzer ist als auf der CD. Der Rest ist (frenetischer) Applaus.
    Dieser Applaus ist auch berechtigt, denn aus meinem Gedächtnis möchte ich diese Aufnahme ohne weiteres zu den besten zählen, die ich in meiner Sammlung habe.
    Nach dem dramatischen Kopfsatz folgt ein himmlisch musiziertes Andante sostenuto, dass m. E. emotionaler und betörender nicht gespielt werden kann. Da muss man auch den Münchener Philharmonikern ein ganz dickes Lob zollen für diese tolle Spitzenleistung. Auch das Allegretto, das hier an Stelle eines Scherzos steht, ist voller Schönheit und Emotion. Auch die große Steigerung ist ganz hinreißend.
    Alles wird natürlich überstrahlt von dem gewaltigen Finale, dem absoluten Höhepunkt, der wieder dramatisch beginnt, bevor das berühmte Hornmotiv einsetzt und dann die beinahe jenseitigen Streicher. An dieser Stelle wurde bei mir der Schauer auf dem Rücken überschlagen und es kamen gleich die Tränen. Auch in diesem Satz spielen die Pauken wieder eine überragende Rolle. Sie halten, wie ich es vor kurzem in einem Bruckner-Thread ausdrückte, ständig die Lunte am Pulverfass.
    Dass ich lange nicht mehr die Erste gehört hatte, merkte ich an der eruptiven Stelle, die die Durchführung einleitet und von der ich richtig überrascht wurde.
    Noch ein Wort zu den Müncherner Blechbläsern, speziell den Hörnern, die auch nicht von Pappe sind.
    Ich weiß nicht, ob mir das nur so geht, dass man im Finale ständig der Coda entgegenfiebert, die für mich in einer ähnlichen Liga angesiedelt ist wie Beethoven 3, 5 und 9, Bruckner 5 und 8, aber auch Brahms 2.
    Ich möchte am Schluss noch einmal die Spielzeiten mit denen vergleichen, die Wand 10 Monate vorher, im LIVE-Konzert im Februar 1996, in Hamburg mit dem NDR-Sinfonie-Orchester benötigte, in einer ebenfalls herausragenden Aufführung:


    4/1996 (Hamburg): 13:35-9:31-4:46-16:55;
    2/1997 (München): 14:02-9:33-4:59-17:00;


    Schon an diesen Zahlen kann man erkennen, dass das temporale Binnenverhältnis der Sätze bei Wand stets gleich blieb, dass ihn sein untrügliches Zeitgefühl auch im Alter nicht verließ.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vielen Dank für die Rezension, lieber Willi!
    Wand ist bei Brahms live ein ganz anderes Kaliber als in den ziemlich nüchternen Studioaufnahmen, die ich auch nicht sehr schätze.
    Egal mit welchem Orchester, ob mit dem Chicago SO, mit dem DSO Berlin, mit "seinem" NDR-SO oder eben mit den Münchnern: Spitzenklasse!


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auch von mir, lieber Willi vielen Dank für den Anfang deiner lange erwarteten und angekündigten Rezensionsreihe der Brahms-Sinfonien.


    Vor allem bin ich gespannt auf deine Eindrücke, wenn Du meine Favoriten - zunächst bei der Sinfonie Nr.1 _ Bernstein (SONY), Solti (Decca), Karajan/WPO (Decca), Karajan (DG, ADD und DDD), Szell (SONY) und Dorati (Newton) erreicht hast (soweit überhaupt vorhanden oder von Dir gewünscht).
    Du hast ja in Beitrag 80 angegeben, welche GA bei Dir vorliegen. Das wird interessant !


    Die Wand/NDR-GA (RCA) habe ich inzwischen weitergegeben ... aber auf seine LIVE-Aufnahmen werde ich "obacht" geben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schönen Dank für die Blumen, ihr beiden. Ich hatte schon gar nicht mehr an Brahms gedacht, wollte mich in diesem Jahr mehr um Bruckner kümmern, aber dann werde ich die beiden Projekte parallel fahren. Ich wollte die Gesamtaufnahmen Bruckner der drei Dirigenten in meiner Sammlung besprechen, die noch leben: Barenboim, Chailly und Scrowaczewski. Dann habe ich ja dieses Jahr gut zu tun.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Wand/NDR-GA (RCA) habe ich inzwischen weitergegeben ... aber auf seine LIVE-Aufnahmen werde ich "obacht" geben.


    Es sei kurz darauf hingewiesen, dass es sich bei den "späten" LIVE-Aufnahmen in den allermeisten Fällen um Live-Recordings handelt; d.h. es wurden zumeist zwei (in Hamburg oft drei) Konzerte mitgeschnitten um eventuelle Huster oder andere Unsauberheiten auszubessern. Zumeist dürfte es sich dabei um kleinere "Eingriffe" handeln, teilweise wurden aber durchaus auch ganze Sätze ausgetauscht. Wand selber hielt dieses Verfahren für das Beste, um das unvergleichliche Live-Erlebnis mit seinem Anspruch auf Präzision zu vereinen. Insbesondere hat er bis ins hohe Alter hinein die Schnittpläne für diese Aufnahmen höchstselbst angefertigt!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.


  • 1. Satz: Un poco sostenuto - Allegro (17:31):


    Es beginnt mit einem unerbittlich stampfenden Rhythmus, durch die Pauken vorangetrieben. Das Tempo ist ruhig, es wird spannungsvoll musiziert. Die Pauken sind auch im p gut vernehmbar, dann folgt ein drängendes Crescendo, die übernehmende Oboe klagt wunderschön. Vond er Flöte geht es weiter zu den tiefen Streichern.
    Die Pauken eröffnen kraftvoll das Allegro, sehr prägnant sind auch die Blechbläser, der Rhythmus bleibt unerbittlich, im anschließenden Pianoteil kommt etwas Ruhe auf, dann folgt eine wunderschönde Dur-Sequenz, die sich in den Holzbläsern ständig mit moll abwechselt- Bernstein malt sehr schön das sich abwechselnde Bild von Hoffnung (Trost) und Hoffnungslosigkeit, bevor die hier schroffen Strreicher wieder das Kommando übernehmen und ins drängende Tutti führen- der Paukenschlag leitet unvermittelt die Wiederholung des Hauptteils ein. Die Musik hat sehr viel Leidenschaft, Bernstein hält sie stets an der Spannungsobergrenze, dann fällt alles wieder ins Piano zurück, wieder Ruhe, Frieden, Schönheit, leise Melancholie, es ist unetnschieden, wie es weitergeht.
    Die Durchführung rumort gewaltig, es geht im gleichen Grundrhythmus weiter. Wieder ein Diminuendo, dann das Thema wieder im Tutti, das dann bis zum mysteriösen ppp hinabsteigt, die leise beginnenden Pauken zeigen aber schon wieder die nächste Steigerung an, immer weiter, immer spannender, stampfender zum ff-Höhepunkt, die Trompeten voran, die unerbittlichen Geigen, das Echo der Pauken. Das Drama will nicht enden, auch nach dem nächsten, von den Wiener Philharmonikern wieder meisterhaft gestalteten lyrischen Abschwung muss noch etwas kommen, auch Klarinette und Horn können das nicht verhindern. Schon geht es im gleichen dramatischen Tenor, von der scharfen, bedrohlichen Pauken vorangepeitscht, weiter.
    Dann endlich wird das Tempo wieder langsamer, bis zum leisen, bei nahe firedlichen Verhauchen.
    Man merkt schon in diesem, bei Bernstein an Umfang dem Finale kaum nachstehenden, an Dramatik nicht zu übertreffenden Kopfsatz, dass Bernstein und die Wiener hier Großes vorhaben und bis dahin auch schon vollbracht haben. Dieses Gleichgewicht von Spannung und Entspannung wurde hier mustergültig eingehalten.


    2. Satz: Andante sostenuto (10:54):


    Das Andante sostenuto ist ein wundervoller Satz, eine ganz friedliche Stimmung, auch bei gelegentlichen dynamischen Steigerungen singen alle Instrumente ein herrliches Lied, das auch durch die Holzbläser und vor allem durch die Geigen vorgetragen wird, und in den Geigen, begleitet von den tiefen Streichern, im wiegenden Rhythmus eine ganz intensive Steigerung entsteht, die nach moll wechselt, von der Oboe übernommen, von der Klarinette weitergetragen und wieder kurz nach Dur wechselnd, bevor eine Steigerung im Tutti (vor allem von den Geigen) gespielt wird.
    Dann geht es im p weiter, im Hintergrund pp grummelnde Pauken, erhebt sich wieder zum mf, sinkt wieder ab, die Holzbläser tragen wieder vor, dann die tiefen Streicher, die vom wunderschönen Solo der Solovioline abgelöst werden, von Gerhard Hetzel eindrucksvoll gespielt, dann im Wechsel mit dem Horn, darauf wieder mit den Hiolzbläsern. Das ist wunderbar spannendes-entspanntes Spielen. Die Zeit ist fast unbedeutend- es ist ja genug davon vorhanden- auch hier am Ende ein wunderbares Verhauchen mit dem Halteton der Geige und den Holzbläsdern und den zupfenden Celli und Kontrabässen.


    3. Satz: Un poco allegretto e grazioso (5:36)


    Es folgt das anmutige Allegretto. Die Klarinette eröffnet mit den Streichern und den Hörnern- herrlich, ganz ruhig, keine großen dynamischen Unterschiede bis dahin. Dann eröffnet die Klarinette in moll die nächste Sequenz in schnellerem Rhythmus, eigentlich ungarisch, und es wird sofort lauter. Es folgt die Wiederholung der Expositionsmelodie, dann entwickelt sich das musikalische Geschehen zu einer großen, majestätischen Steigerung von magischer Schönheit und Brillianz.
    Wie schon im Andante, so stellt Brahms auch im Allegretto unter Beweis, dass er, wie Schubert, auch einer der größten Liedkomponisten ist. Nun führen die Trompeten in eigenartigen Fanfarenklängen zur Reprise, aber ohne die große Steigerung zu wiederholen, sondern mit einer leisen, langsamen Variation zum wiederum verhauchenden Schluss.


    4. Satz: Adagio- Allegro non troppo ma con brio (17:54):


    Fast ein brucknerianischer Beginn aus dem dunklen p in einem kurzen Creescendo, auch im Paukenwirbel, dass auf dem Paukenschlag im ff endet, dann schwillt es ab mit unheimlich traurigen Streichern, bevor das langsam beginnende, dann schneller werdende Streicherpizzicato anhebt und zum f crescendiert, das iwederum auf einen Paukenschlag hinführt. Bis dahin könnte man sagen: "Das Finale mit dem Paukenschlag", aber es kommt ja noch so viel mehr (wie das übrigens auch bei dem nämlichen Satz Haydns der Fall war). Das Pizzikato wird nun wiederholt, dann kommt noch einmal eine dramatische Bewegung und Steigerung bis hin zum Unheil verheißenden Paukenwirbel, der jedoch Gott sei Dank wieder abschwillt, bis die phantastische Hornmelodie erklingt, die usn sagt: "jetzt wird alles gut", was die Flöte auch bestätigt. Darauf spinnt das Horn den Faden fort und wiederholt noch einmal und wird dabei im f vom Tutti unterstützt--


    und dann kommt eine der schönsten Melodien, die ich kenne, (noch tiefer gehender als der Hornruf), dieses phänomenale Streicherlied, so möchte ich es einmal bezeichnen- die Wiener spielen es auch unfassbar schön und anrührend. Das kann man nicht so spielen, das muss man so spielen. Nun übernehmen die Holzbläser, dann wird es in der Durchführung noch einmal dramatisch und sehr schwungvoll verarbeitet. Es geht von den Streichern wieder zu den Holzbläsern, dann wieder zum Tutti, wo noch einmal ziemlicher Betrieb herrscht. Wieder wird das Thema mit Unterstützung der Pauken variiert, bevor die Reprise einsetzt.
    Die Streichermelodie wird dann pizzikato variiert, dann in den Trompeten und dann im ff-Tutti, wieder in durchführungsartiger Verarbeitung. Eine Moll-Sequenz von einiger Heftigkeit folgt, die Pauke schlägt den Takt zu dieser äußerst dramatischen Steigerung, die dann wieder zum anfänglichen Hornmotiv führt, als wollte es den anderen sagen: ihr könnt machen, was ihr wollt, jetzt ist Schluss mit Drama. Jetzt geht es fröhlich weiter, auch wenn die Oboe mal dazwischenseufzt. Wieder kommt eine Tutti-Bewegung, wieder dramatische Steigerung, bis die Pauke auch diese Sequenz beendet und die lang ersehnte fantastische Coda eröffnet. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Es öffnet sich majestätisch das Himmelstor, so könnte man fast meinen. Die Wiener spielen, als ob es kein morgen gäbe. Auch der Coda setzt der Paukist ein sehr kräftiges Sahnehäubchen auf.
    Ich glaube mich zu erinnern, dass ich dieses Konzert schon im Fernsehen gesehen habe. Damals wurden solche Konzerte ja noch regelmäßig im öffentlich-rechctlichen Fernsehen gezeigt, heute muss man dafür nicht wenig bezahlen.


    Liebe Grüße


    willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Aufnahme Dohnanyis, derzeit wohl nur im "Paket" zu haben, besticht durch ein sehr straffes, völlig unsentimentales Dirigat bei einem Werk, das bei etlichen andern Taktstockschwingern gerne zu "zerfasern" droht !


    9699676.jpg

    Wieso Paket? Ist das übrigens die gleiche wie die meinige hier?



    Hallo Wolfgang, nein natürlich keinesfalls leidenschaftslos ! Während bei anderen Dirigenten das Werk oft zu "zerfasern" droht oder im puren, aber oberflächlichen Schönklang (Karajan) die Strukturen dieses durchaus "gebrochenen" Werkes auf der Strecke bleiben, strafft Dohnanyi ungemein und arbeitet mit äusserster Konzentration, was der Sinfonie ausserordentlich gut bekommt ! Das Klangbild ist von gewohnt guter Qualität; darin den angsprochenen Dvorak-Aufnahmen vergleichbar.

    Sehr gut formuliert, so sehe ich das auch! Allerdings kenne ich auch nicht allzuviele Alternativen!



    Dohnanyi bleibt mir, wenn auch herausragend musiziert wird, ein wenig zu kühl.

    Das kann ich absolut nicht nachvollziehen; ich finde, das tut Brahms recht gut!

  • Zitat

    Wieso Paket? Ist das übrigens die gleiche wie die meinige hier?



    Hallo Yorick,


    ja, die Aufnahmen in der Box sind identisch mit der Einzelaufnahme.



    Ich sehe gerade, es existiert noch ein zweiter Zyklus mit CvD:



    Der würde mich tendenziell sehr interessieren, wenngleich die 1. Sinfonie ohne Wiederholung im 1. Satz gespielt wird...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich habe heute Abend die DVD von Günter Wand, Kiel, 24. 8. 1997 aufgelegt, bevor ich in meiner ausführlichen Betrachtung mit Karl Böhm, Wiener Philharmoniker, 5/1975, fortfahre, denn ich habe mich entschlossen, die 15 oder 16 Ersten, die ich habe, in alphabetischer Reihenfolge, und bei mehreren Werken pro Dirigent (Celibidache, Karajan, Wand) nach Datum durchzuhören, so dass das o. a. Werk in der ausführlichen Betrachtung diese Reihe abschließt, bevor es mit der Zweiten weitergeht. Aber ganz so schnell geht das auch nicht, da ich ja noch ein Bruckner-Projekt parallel laufen lassen werde mit der Betrachtung aller Sinfonien aus meiner Sammlung von noch lebenden Dirigenten (Barenboim, Chailly, Scrowaczewski.
    Was nun die Aufnahme Wands hier betrifft, so kann ich mir gut vorstellen, dass sie am Ende meiner Betrachtungen als Beste Wands (4/1996, Hamburg, 2/1997 München, 8/1997 Kiel) und als eine der Besten überhaupt von mir angesehen werden wird. Auch die hier kurz im Bild von Yorick und Norbert gezeigte Dohnany/Cleveland werde ich ausführlich besprechen, unter "D".


    Wand betont ebenso wie Bernstein im Kopfsatz die dramatischen Momente besonders, er spitzt das musikalische Geschehen ungeheuer zu, wie wir es von ihm auch bei Beethoven, Schubert und Bruckner schon gewohnt sind, aber das NDR-Sinfonie-Orchester ist unter Günter Wand auch zu einem veritablen Brahms-Orchester herangereift, hat er doch schon bald nach Beginn seines Engagements in Hamburg, das 1982 startete, mit ihm Brahms gespielt, eine der beiden Vierten, die ich habe, wurde wohl kurz danach im selben Jahr aufgenommen, so kann man davon sprechen, dass das Orchester mit Wand bis zu diesem Abschlusskonzert des SHMF 1997 schon 15 Jahre Erfahrung mit Brahms unter Wand hatte. Das kann man in dieser Aufnahme hören, da sitzt jede Note, da ist ein "blindes" Verstehen zwischen Musikern und Dirigent, obwohl die wachen Augen des damals über 85jährigen jederzeit alles und jeden unter Kontrolle haben und er auch mit ihnen dirigiert,
    nicht nur mit seinen rudernden Armen.
    Auch die vermeintlich leichteren, vor allem aber unendlich schönen Binnensätze, lässst er nicht nebenbei spielen, sondern nimmt sie wie immer mit voller Konzentration und gebührendem Ernst, auch wenn ihm, und das ist einer der Vorteile einer DVD, das beseligende Spiel seines Orchesters des öfteren ein beglücktes Lächeln entlockt (so viel zu Wand und Mangel an Emotion). Zu welchen Emotionen Wand fähig ist, zeigt er im gewaltigen Finale, gewaltig in der Kraft der Musik, aber auch in der temporalen Ausdehnung (19:23), das ist noch einmal 1 1/2 Minuten länger als die zeitgleichen Bernstein und Böhm, und er steht an dramatischer Entwicklung und Spannung Bernstein in nichts nach, auch nicht in der Furiosität der einmaligen Coda. Er steigert sie bis beinahe ins Unermessliche. Auch hier großes Lob für den Paukisten, die Holzbläser, die Hornisten und einfach für das ganze Orchester mit seinen ebenfalls prachtvollen Streichern.


    Der einzige Nachteil an diesem Konzert ist für mich, dass ich nicht persönlich im Saal saß.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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