Gustav Mahlers Symphonien - Welcher Zyklus ist der Beste?

  • Richtig. Il maestro grande hat keinen Mahler-Zyklus hinterlassen ...


    Wobei mir unmittelbar die "Thoerie" in den Kopf kommt, dass sich Karajan weniger aus einem musikalischen Bedürfnis heraus mit Mahler befasst hat, sondern wg. Bernstein ... Können unsere Karajan-Experten dazu vielleicht etwas sagen?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Also entgegen des üblichen Karajan-Bashings würde ich sogar konstatieren, dass er ein sehr guter Mahler-Dirigent war. Besonders gelungen finde ich die Einspielungen der 5., 6. und 9. Symphonie. Daneben gibt es noch die 4. und Das Lied von der Erde. Leider keine meiner Favoriten Nr. 2, 3, 8 und 1. Seltsam, gerade die Klangmassen der Riesensymphonien Nr. 2, 3 und 8 könnte ich mir sehr gut bei Karajan vorstellen.


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    Die Ergebnisse der existierenden Aufnahmen zeugen m. E. jedenfalls davon, dass es mehr als ein Konkurrenzdenken war, das Karajan zu seinem Mahler bewog. War es nicht eher die Visconti-Verfilmung von Der Tod in Venedig von Thomas Mann? Ich meine gelesen zu haben, dass er deswegen ausgerechnet mit der 5. Symphonie begann (das Adagietto kommt in dem Film ja vor).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wohlgemerkt, lieber Joseph II,. ging es mir keinesfalls um "Karajan-Bashing"; dafür müsste ich die von Dir genannten Aufnahmen kennen, was ich tatsächlich nicht der Fall ist. Es ging mir lediglich um besagte, gerüchteweise vernommene "Theorie". Insofern ist Dein Verweis auf Visconti aber durchaus erhellend. - Weiss jemand, ob Karajan einen vollständigen Zyklus geplant hatte? Immerhin gibt es ja wohl auch noch


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    Witzigerweise hat Bernstein für eine Einspielung von Das Lied von der Erde mit dem Israel Philharmonic ebenfalls auf die Paarung Ludwig/Kollo zurückgegriffen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Michael,


    das meinte ich nicht gegen Dich persönlich gerichtet. Es ist eher eine allgemeine Tendenz, dass man Karajans Mahler-Aufnahmen pauschal abwertet. Ich finde sie jedenfalls sehr konkurrenzfähig.


    Beste Grüße!

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Also entgegen des üblichen Karajan-Bashings würde ich sogar konstatieren

    Wohlgemerkt, lieber Joseph II,. ging es mir keinesfalls um "Karajan-Bashing"

    Also erstens verstehe ich überhaupt nicht, wieso jemand hier Karajan bashen (Was für ein Wort! Bitte künftig auf gut altteutsch ...) sollte und zweitens (ich besitze diese Aufnahmen) weiß ich nicht, warum er Mahler schlechter darböte als andere unter den vielen aufgeführten Aufnahmen ... dass er keinen Zyklus aufnahm, mag verschiedene Gründe haben ... Mahler ist nicht das No plus ultra ...

  • Die 5. Mahler mit Karajan finde ich auch sehr gut - diese Symphonie liegt ihm. Eine wirklich hörenswerte Aufnahme. Mit seiner 9. kann ich dagegen überhaupt nichts anfangen. Das geht einfach nicht. Auch die Kindertotenlieder liegen ihm überhaupt nicht, die klingen bei ihm wie ein opulenter Richard Strauß.


    Beste Grüße
    Holger

  • Es ging mir lediglich um besagte, gerüchteweise vernommene "Theorie".

    Ich halte nicht viel von der Theorie. Zu dieser Zeit war der große Mahler-Boom ausgebrochen, alle Welt nahm Mahler auf (Bernstein, Haitink, Solti, Kubelik, Mehta, ...). Da konnten die Berliner Philharmoniker nicht einfach zuschauen, wie die Konkurrenz sich mit Mahler profilierte.
    Interessant auch ein "Gerücht", das ich einmal aufgeschnappt habe. Er hätte gleich nach dem Krieg eine Gesamtaufnahme machen können (vermutlich mit dem Philharmonia Orchestra für die EMI), bekam aber zu wenig Probenzeit zur Verfügung gestellt, als dass er sich darüber gewagt hätte. Sorgfältige Einstudierung war für ihn immer sehr wichtig und nach dem Krieg hatte er selbst noch kaum Mahler-Praxis.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zu dieser Zeit war der große Mahler-Boom ausgebrochen, alle Welt nahm Mahler auf (Bernstein, Haitink, Solti, Kubelik, Mehta, ...). Da konnten die Berliner Philharmoniker nicht einfach zuschauen, wie die Konkurrenz sich mit Mahler profilierte.

    Oder vielleicht gerade deshalb! 8-)



    Zitat

    Sorgfältige Einstudierung war für ihn immer sehr wichtig

    Das kann man leider nicht für jeden Dirigenten der gut 25 Gesamtaufnahmen behaupten ... 8-)

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  • Anderswo meinte ein Kenner; Horenstein, Solti oder Kubelik brächten im Gegensatz zu jenem eher den gemilderten Mahler.

    Von Solti kenne ich nur die berühmte 8. gut. Ich halte sie gerade vom Dirigat her für etwas überschätzt (forsch, kaum Gefühlsregungen).


    Hallo Yorik und Josef,


    wenn Solti zu den Dirigenten gehören soll, :no: die einen gemilderten Mahler bringen, dann "fresse ich einen Besen".
    :thumbup: Das ist für mich auf jeden Fall die zupackenste, rhythmisch unerbittlichste und mitreissenste GA von allen bekannten.


    :yes: Ich habe festgestellt, das Hörvergleiche mich immer wieder zu Solti zurückführen.
    Erst vor kurzem wieder: Da hatte ich mit die Schmidt-Sinfonie Nr.4 - gekoppelt mit Mahler 2 auf Decca mit Metha zugelegt. Trotz der umwerfenden Kritik für Metha konnte ich mich nicht so nicht so richtig begeistern - welch eine Klasse dagegen bei Solti!


    Ich möchte dazu noch auf den Thread MAHLER 2010 - Die Sinfonien - Georg Solti hinweisen.



    Zitat von teleton

    *** Bei Solti würde man allerdings nie auf die Idee kommen von geschönt zu reden; da ist alles knallhart empfunden und Solti stellt sich der brutalen Wirklichkeit in Mahlers Werk.

    Josef, Du kennst nur die Nr.8 (die mich ohnehin NULL interessiert), die ja gar keine Sinfonie in dem Sinne ist. Das ist ein grosser Fehler!
    Denke nur mal an die Solti -Favoriten bei Tschaikowsky, Schumann, Brahms, Bartok (könnte fortsetzen...) u.v.a. Glaubst Du wirklich, dass nicht auch Solti dann für Mahler voll prädestiniert ist ?
    Meine 100%-Empfehlung an Dich !
    Auch Yorik und seinen Vater hätten eine Riesenfreude an dieser Solti-GA!
    (Bei den Sinfonien Nr.1/2, 3/4, 7/9 und 8/9 gibt es die vom Yo-Father nicht gewünschten CD-Überschneidungen ... aber das ist doch so egal. )

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Auch Yorik und seinen Vater hätten eine Riesenfreude an dieser Solti-GA!
    (Bei den Sinfonien Nr.1/2, 3/4, 7/9 und 8/9 gibt es die vom Yo-Father nicht gewünschten CD-Überschneidungen ... aber das ist doch so egal. )

    Yorick hat an dieser Aufnahme schon lange seine Freude, sie gehört zu dem halben Dutzend Gesamtaufnahmen der Mahlerschen Sinfonien, die ich schon länger mein eigen nenne. :) Das Splitting ist hier jedoch besonders übel und das ist leider nicht egal, Gott sei Dank gibt es ja Alternativen ...

  • Weiss jemand, ob Karajan einen vollständigen Zyklus geplant hatte?

    Karajan selbst äußerte sich indirekt folgendermaßen dazu:


    Zitat

    "Ich habe einen großen Bogen um Mahler gemacht. [...] Ich habe gespürt, daß ich noch nicht soweit war. [...] Ich werde sicher nicht alle Sinfonien von Mahler dirigieren, weil ich dazu keine Zeit mehr habe. Mir fehlen jetzt noch fünf. Mein Leben reicht dazu nicht aus, das weiß ich."

    Quelle: Uehlig, Peter: Karajan. Eine Biographie. Hamburg 2008, S. 343.

    Im angegebenen Buch wird seitens des Autors darauf verwiesen, die fehlenden Sinfonien seien "ästhetisch experimentelle Werke" (Sinfonien 1,3,7) bzw. hätten einen "unorthodoxe[n], überkonfessionelle[n] Bekenntniston" (Sinfonien 2,8), der dem Maestro möglicherweise unangenehm gewesen sei. Sicher nicht ganz unstreitbare Thesen.



    War es nicht eher die Visconti-Verfilmung von Der Tod in Venedig von Thomas Mann? Ich meine gelesen zu haben, dass er deswegen ausgerechnet mit der 5. Symphonie begann (das Adagietto kommt in dem Film ja vor).

    Diese Vermutung gibt es. Peter Uehlig hält in seiner Biografie - nicht besonders überzeugend - dagegen, es sei wahrscheinlicher, Karajan habe in der Fünften, einen sinfonischen Ablauf vorgefunden, der programmatisch an die große nachbeethoven'sche Sinfonik anknüpft. Ob er das erst duch den Visconti-Film erkannt hat?

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Zitat

    teleton:
    Hallo Yorick und Josef,


    wenn Solti zu den Dirigenten gehören soll, :no: die einen gemilderten Mahler bringen, dann "fresse ich einen Besen".
    :thumbup: Das ist für mich auf jeden Fall die zupackendste, rhythmisch unerbittlichste und mitreißendste GA von allen bekannten.

    Und dies ist sicherlich eine der mitreißendsten Stellungnahmen, lieber Wolfgang, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Davon kann ich eigentlich jedes Wort unterstreichen, obwohl ich gestehen muss, dass Bernsteins Yew Yorker Mahler und Tennstedts Londoner Mahler auch nicht von schlechten Eltern sind. Auch da "flog mir der Hut" manchmal "vom Kopfe".


    Liebe Grüße nach Bonn


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bei Soltis Mahler gibt es schon auch Unterschiede. Die alte Aufnahme der 2. mit dem London SO glüht geradezu vor Feuer. Wirklich außergewöhnlich. Dagegen wirkt die spätere Digitalaufnahme mit dem Chicago SO in ihrer klassischen Gediegenheit doch etwas geglättet.


    Beste Grüße
    Holger

  • ... Dass Bernstein eine sehr persönliche Leseart bevorzugte, dürfte kein Geheimnis sein. Insofern quasi das krasse Gegenteil zu Neumann. Man muss sich halt darauf einlassen können.


    Lieber Joseph,


    wer es schafft, mit "feineren Pinselstrichen" die Gefühlswelt Mahlers musikalisch wiederzugeben (wie sie im Einzelfall auch immer aussehen mag), ist keinesfalls weniger "persönlich" als derjenige, der stellenweise die Grenzen der Übertreibung überschreitet, um sich in der Gefühlswelt auszuleben.


    Der eine agiert ein wenig subtiler, der andere nimmt den Holzhammer.


    Auch auf Neumann muß man sich "einlassen können". Eine "Auferstehungssonfonie" in 75 1/2 Minuten will erst einmal "verdaut" werden, insbesondere wenn die Satzcharaktere (z.B. "sehr gemächlich" im zweiten oder "in ruhig fließender Bewegung" im dritten Satz) gewahrt bleiben sollen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Michael,


    das meinte ich nicht gegen Dich persönlich gerichtet. Es ist eher eine allgemeine Tendenz, dass man Karajans Mahler-Aufnahmen pauschal abwertet. Ich finde sie jedenfalls sehr konkurrenzfähig.


    Beste Grüße!


    Auch hier darf ich einmal widersprechen.


    Wer "allgemeine Tendenzen" beim "pauschalen Abwerten" unterstellt oder entdeckt, der argumentiert selbst nicht differenzierter.


    Bei mir ist's genau anders herum als bei Holger: Ich mag Karajans Live-Aufnahme der 9. Sinfonie durchaus, kann aber mit der Klangästhetik in der 5. Sinfonie wenig anfangen.


    Die 5. ist mir zu sehr "Zuckerwatte" (die ich ab und an durchaus mag ;) ). Karajan setzt mir hier zu sehr auf "Schönklang", auf einseitige Orchesterbrillianz. Natürlich "darf" Mahler gut klingen, aber der Schönklang darf für mich nicht zum Credo der Aufnahme werden.


    Die negativen (oder eher: wenig befriedigenden) Erfahrungen mit der Studio 5. und der Studio 9. haben mich bisher davon abgehalten, weitere Studio-Aufnahmen von Mahler-Sinfonien kennenlernen zu wollen.


    Ein "anderes Kaliber" hingegen entdecke ich bei der 9. Sinfonie, nämlich das, in dem Karajan zwar auch hier "Das Schöne im Sterben" sucht, aber keine "gleißende Orchesterperfektion" darbietet. Natürlich kann man auch bei der 9. trefflich über Detailentscheidungen Karajans diskutieren (z.B. in der Dynamikbehandlung der Streicher im Schlußadagio), aber das "Gesamtkonzept" überzeugt mich hier.


    Ich erkenne an, daß Karajans Mahler gerne gehört wird, das ist legitim. Aber es ist natürlich auch möglich, Karajans Interpretationsansätze im Detail abzulehnen. Das darf ich bei Gielen, bei Abbado, bei Chailly, das darf ich aber auch bei Karajan (allgemein geschrieben, denn ich "bashe pauschal" niemanden [was mir ja auch nicht unterstellt wird ;) ]).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Bei Soltis Mahler gibt es schon auch Unterschiede. Die alte Aufnahme der 2. mit dem London SO glüht geradezu vor Feuer. Wirklich außergewöhnlich. Dagegen wirkt die spätere Digitalaufnahme mit dem Chicago SO in ihrer klassischen Gediegenheit doch etwas geglättet.


    Beste Grüße
    Holger


    Lieber Holger,


    es ist witzig, denn auch hier ist's bei mir exakt anders herum: Die glühende Espressivität der früheren LSO-Einspielung trifft meinen "normalen Hörgeschmack" bei der 2. Sinfonie weniger als die "klassizistischere", aber für mich immer noch sehr sanguinische, Aufnahme mit dem CSO (die, abgesehen von den beiden eher durchschnittlichen Solistinnen, zu meinen liebesten Aufnahmen der 2. gehört).


    Geschmäcker sind halt verschieden. Und das ist auch gut so ;) .

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Gern würde ich mal mein Pferd von hinten aufzäumen: Denn ich habe mir irgendwann eine Box gekauft mit allen Mahler Symphonien, dirigiert alle von Bernstein. Ich dachte damals, damit könne ich nichts falsch machen. Auf diese Art habe ich meinen kompletten Zugang zu diesen Stücken durch Bernstein gewonnen. - Und das war nicht gut!Es entstand ein Gesamtbild, das in sich geschlossen war und mich irgendwie nicht hineingelassen hat. Immer wieder habe ich gehört, einfach weil ich dachte, Mahler muss man, verdammt noch mal, mögen. Wenn ich nur oft genug hinhöre, dann wird es schon irgendwann klappen. Hat es aber nicht. Jedenfalls nicht wirklich. Es gab natürlich Teile, die ich sehr mochte, bei manchem spürte ich, dass ich es mögen könnte.
    Es kam die Zeit, da Bernstein eine kleine Entzauberung erfuhr (Achtung Teleton: Shostakovich kann er nicht :P ) und hinzu ein paar schöne Sonderangebote bei JPC ohne Versandkosten. Darunter auch eine Solti-Aufnahme der 5.
    Und auf einmal war es da! Endlich fühlte ich mich persönlich angesprochen, gewann dann auch Zugang zur 6. und hatte damit mit der 1. schon 3 Symphonien, die ich mag.
    Fazit?
    Durcheinanderhören scheint wichtig zu sein.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zitat

    Dr. Holger Kaletha: Bei Soltis Mahler gibt es schon noch Unterschiede. Die alte Aufnahme der 2. mit dem Londoner SO glüht geradezu vor Feuer. Wirklich außergewöhnlich.

    Das kann ich auch bestätigen. Allerdings kann ich über die CSO-Aufnahme nichts sagen, weil ich eine Patchwork-GA von Solti habe, die 1., 2. und 9. mit dem Londoner SO und die übrigen mit den Chikagoern. Und ich finde alle Aufnahmen hervorragend.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner

  • Lieber Holger,


    es ist witzig, denn auch hier ist's bei mir exakt anders herum: Die glühende Espressivität der früheren LSO-Einspielung trifft meinen "normalen Hörgeschmack" bei der 2. Sinfonie weniger als die "klassizistischere", aber für mich immer noch sehr sanguinische, Aufnahme mit dem CSO (die, abgesehen von den beiden eher durchschnittlichen Solistinnen, zu meinen liebesten Aufnahmen der 2. gehört).


    Geschmäcker sind halt verschieden. Und das ist auch gut so ;) .

    Hallo Norbert,


    bei der 2. mit dem Chicago SO geht es mir einfach so, daß ich da Neumanns Aufnahme(n) deutlich vorziehe. Die alte Solti-Aufnahme hat ihren Reiz wegen des Auskostens der Extreme. Eine sicher anfechtbare Sicht, aber eben auch beeindruckend und bereichernd. :)


    Beste Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,


    bei der 2. Sinfonie schätze ich nur selten einen derart espressiven Zugang wie den von Solti (oder Mehta oder Sinopoli). Bei ihm herrscht mir zu viel "Dauerhochdruck" vor und den höre ich bei der 2. idR nicht so gerne. Individualität indes bescheinige ich der Aufnahme gerne.


    Neumann auf der anderen Seite (wie übrigens auch Kubelik [Audite]) entspricht aber auch nicht unbedingt meinem "Hörideal", weil er mir ein bißchen zu zurückhaltend-naiv (im Sinne von "zu wenig die leidenschaftlichen Momente auskostend") an die Sinfonie herangeht (und weil er mit Eva Randova leider keinen guten Fang gemacht hat).


    Bei der 2. Sinfonie haben es mir insbesondere die "klassizistisch strengen" Aufnahmen von Klemperer oder Gielen, die wunderbar ausgewogenen von Jansons (Oslo) und Kaplan (LSO), die unglaublich detailreiche von Jonathan Nott, dazu noch Abbados "Liebeserklärung aus Luzern" und William Steinbergs intensive, aber nicht espressive Einspielung besonders angetan.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    mit der Interpretation ist es ja ein bisschen so wie mit den Zubereiten von Speisen: es geht auf verschiedene Weisen, aber es paßt nicht zu jeder Zubereitungsart jede Zutat. Wenn man sich dafür entscheidet, die Salatsauce mit Sahne anzurühren und nicht mit Essig und Öl, dann geht da kein Knoblauch als Würze. So ist das auch bei Neumann - die expressive Würze paßt einfach nicht zu seinem Gesamtkonzept - das ist so in sich schlüssig, das ich sie auch nicht vermisse. Was ich bei Neumann außergewöhnlich finde ist besonders der dramatische "Zug" im ersten Satz, das hat wahrlich eine Sogwirkung. Ihm gelingt es wirklich, eine dramatische Sukzession darzustellen wie im klassischen Drama und man erkennt so den konstruktiven Aufbau dieser komplexen Symphonie. Man kann das natürlich auch ganz anders machen. Gegenextrem ist die epische Breite von Bernstein. Früher hat mir das gar nicht gefallen, heute finde ich, daß auch das eine mögliche und durchaus faszinierende Lesart ist. Bei der alten Neumann-Aufnahme klingen allerdings die Streicher besonders im Andante wenig schmeichelhaft. Das liegt auch ein bisschen an der Aufnahmetechnik. In der späten Digitalaufnahme tönen die Streicher viel fülliger und sinnlicher. Eigentlich ist die Musiksprache in der 2. expressiv genug, man braucht da im Grunde keine zusätzlichen rhetorischen Pointierungen. Zudem hat Neumann die Tschechische Philharmonie zur Verfügung, die sowieso sehr "sprechend" und expressiv artikuliert und immer poetische Wärme hat. Die braucht der Dirigent die vorzüglichen Musiker nur spielen zu lassen - das ist halt ein wirkliches Mahler-Orchester - anders als die Wiener Philharmoniker mit ihrer Glätte (zumindest in den 70igern und 80igern). (Neumann kann auch wenn es wirklich sein muß sehr intensiv expressiv sein - man höre nur seinen wahrlich beeindruckenden "Abschied" aus dem Lied von der Erde.) Bernstein hat sich in den Proben mit den Wienern ja ziemlich "gefetzt", um ihnen das akademische Schönspielen abzugewöhnen. Beim Urlicht muß ich sagen, daß ich mich immer wieder "nerve", daß es nicht im Erzählton gesungen wird, sondern alle durchweg in einen lyrisch-sentimentalen Ton verfallen. Dann wirds leicht kitischig. Wirklich zufrieden bin ich nur mit der großartigen Janet Baker in der CBS-Aufnahme von Bernstein. So ist das für mich richtig.


    Die anderen Aufnahmen, die Du erwähnst - Gielen, Steinberg und Nott habe ich nicht, auch nicht den Luzerner Mitschnitt von Abbado, habe ihn aber mal im Fernsehen gesehen, da besitze ich seine alte Chicagoer Einspielung, die mir nach wie vor auch sehr gut gefällt. Die Luzerner Aufnahmen von Abbado sind mir tendentiell oft ein bisschen zu sehr auf Orchesterbrillianz getrimmt - da gefallen mir dann (z.B. bei der 7.) seine alten Einspielungen besser. Jansons finde ich im Video fast noch eindrucksvoller als auf der CD (mit dem Concertgebouw-Orkest), Kaplan finde ich gut, aber es gibt Besseres finde ich und auch der gestrenge Klemperer z.B. ist sehr hörenswert.


    Beste Grüße
    Holger

  • Die glühende Espressivität der früheren LSO-Einspielung trifft meinen "normalen Hörgeschmack" bei der 2. Sinfonie weniger als die "klassizistischere", aber für mich immer noch sehr sanguinische, Aufnahme mit dem CSO (die, abgesehen von den beiden eher durchschnittlichen Solistinnen, zu meinen liebesten Aufnahmen der 2. gehört).


    Lieber Norbert und Holger,


    Danke für Eure Hinweise auf Mahler 2 mit Solti/LSO. Im Gegensatz zu Willi kenne ich nur seine CSO-Aufnahmen. Und das diese Mahler 2 "klassisch gediegen" (mehr will ich gar nichtzitieren) sein soll, kann ich im Vergleich zu allen Anderen mir bekannten gar nicht vorstellen.
    Aber ihr habt mich neugierig gemacht auf diese Mahler 2 mit dem LSO - dort mit noch glühenderer Espressivität als mit dem CSO !?!
    ;( So etwas brauche ich ... :D



    Durcheinanderhören scheint wichtig zu sein.


    Lieber Klaus,


    ich nehme an, das dein Mahler-Bernstein-Zyklus, der auf DG ist ?
    Ich habe als Ergänzung zu Solti und Chailly den Mahler-Bernstein-Zyklus mit den New Yorker PH auf SONY - der ist mir weitaus lieber als die DG-Spätaufnahmen.
    Bei seinen DG-Aufnahmen ist mir unangenehm aufgefallen, das er entweder, wie bei der 1 zu soft; oder allgemein meist mit sehr langegezogenen, breiten Tempi interpretiert - sehr eigenwillig. Irgendwie konnte ich mich damit nie anfreunden (habe eingige davon auf FP).
    Ein Punkt den man in seinen späteren DG-Aufnahmen immer wieder vorfindet. Damit will ich keinesfalls sagen, dass mir alle seine DG-Aufnahmen weniger liegen. Es gibt massig Beispiele bei DG bei denen er zumindest für mich den gleichen Stellenwert erreicht, wie bei CBS/SONY. Das hängt vom jeweiligen Komponisten ab.


    Von daher kann ich mir gut Vorstellen, dass Dein Mahler-Zugang mit den Bernstein-DG-Aufnahmen nicht so einfach für Dich ist.
    Durcheinanderhören finde ich gerade bei den Mahler-Sinfonien angebrachter um seine Favoriten zu finden, als stur von 1 - 10 durch zu hören.



    -----------------------
    OT: Klaus, bitte schreibe in Zukunft nicht mehr so einen anmassenden Quark über Bernstein/Schostakowitsch !
    Du willst doch Bernstein nicht ernsthaft absprechen ein Werk von Schostakowitsch interpretieren zu können ? Nur weil Du bei seiner Erstaufnahme der Sinf.Nr.5 mal "drüber gestolpert" bist. :!: Bernstein ist selbst als Klavier-Solist in Schost KK Nr.2 erste Sahne gewesen !
    Aber das soll hier nicht das Thema sein - dafür gibt es die entsprechenden Threads.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    die günstige DGG-Box mit den Bernstein-Aufnahmen hatte ich mir gegönnt und mich bei dieser Gelegenheit seit längerer Zeit wieder mit Bernsteins Mahler beschäftigt. Ihr Reiz besteht darin, daß hier verschiedene Orchester im Spiel sind - die New-Yorker Philh., die Wiener Philh., das Concertgebouw-Orkest. Die alte CBS-Aufnahme ist soviel ich weiß nur mit den New-Yorkern gemacht. Natürlich ist auch die Chicagoer Solti-Aufnahme Solti - aber im Vergleich mit der extremen Londoner Einspielung ein bisschen abgemildert.


    Beste Grüße
    Holger

  • Welche war das nun noch mal gleich wieder?


    Und macht bitte weiter, Jungs, das liest sich spannend! Aber wehe, der Neumann ist nicht gut! 8-)

    Hallo Yorick,


    auf den Neumann kannst Du Dich verlassen! :) Höre Dir als Einstieg mal das Posthornsolo in der 3. an (3. Satz). Dann wirst Du von Neumann bestimmt nicht mehr los kommen!



    Die Bernstein-Box ist die hier - gibt es für knapp unter 30 Euro!

    Beste Grüße
    Holger

  • Hallo Norbert,


    mit der Interpretation ist es ja ein bisschen so wie mit den Zubereiten von Speisen: es geht auf verschiedene Weisen, aber es paßt nicht zu jeder Zubereitungsart jede Zutat. Wenn man sich dafür entscheidet, die Salatsauce mit Sahne anzurühren und nicht mit Essig und Öl, dann geht da kein Knoblauch als Würze. So ist das auch bei Neumann - die expressive Würze paßt einfach nicht zu seinem Gesamtkonzept - das ist so in sich schlüssig, das ich sie auch nicht vermisse.


    Hallo Holger,


    als ich das las, bekam ich spontan Hunger, so daß ich ein wenig später antworte... ;)



    Zitat

    Was ich bei Neumann außergewöhnlich finde ist besonders der dramatische "Zug" im ersten Satz, das hat wahrlich eine Sogwirkung. Ihm gelingt es wirklich, eine dramatische Sukzession darzustellen wie im klassischen Drama und man erkennt so den konstruktiven Aufbau dieser komplexen Symphonie. Man kann das natürlich auch ganz anders machen. Gegenextrem ist die epische Breite von Bernstein. Früher hat mir das gar nicht gefallen, heute finde ich, daß auch das eine mögliche und durchaus faszinierende Lesart ist. Bei der alten Neumann-Aufnahme klingen allerdings die Streicher besonders im Andante wenig schmeichelhaft. Das liegt auch ein bisschen an der Aufnahmetechnik. In der späten Digitalaufnahme tönen die Streicher viel fülliger und sinnlicher. Eigentlich ist die Musiksprache in der 2. expressiv genug, man braucht da im Grunde keine zusätzlichen rhetorischen Pointierungen.

    Der 1. Satz (in 19'05'' gespielt) ist in der Tat außergewöhnlich, nicht nur von der Tempofrage, auch von der dramatischen Gestaltung aus gesehen. Nur Klemperer 1951 traute sich (von den Dirigenten meiner Sammlung), den Kopfsatz noch rasanter zu spielen.
    Was mir aber im weiteren Verlauf der 2. Sinfonie ein bißchen fehlt, ist das, was Du mit dem Drama beschreibst. Neumann ist mir ein wenig zu freundlich, zu verbindlich, es fehlen die kleinen tempomäßigen Raffinessen, das leichte Nachgeben oder Anziehen des Tempos, das z.B. Neumanns Interpretationen der 4. oder 5. Sinfonie (die ich jetzt gerade höre) kennzeichnen.


    Bernsteins spätere DGG-Aufnahme besaß ich einmal. Ich habe sie wieder weggegeben, denn auch mir war sie schlichtweg zu langsam.



    Zitat

    Zudem hat Neumann die Tschechische Philharmonie zur Verfügung, die sowieso sehr "sprechend" und expressiv artikuliert und immer poetische Wärme hat. Die braucht der Dirigent die vorzüglichen Musiker nur spielen zu lassen - das ist halt ein wirkliches Mahler-Orchester - anders als die Wiener Philharmoniker mit ihrer Glätte (zumindest in den 70igern und 80igern). (Neumann kann auch wenn es wirklich sein muß sehr intensiv expressiv sein - man höre nur seinen wahrlich beeindruckenden "Abschied" aus dem Lied von der Erde.) Bernstein hat sich in den Proben mit den Wienern ja ziemlich "gefetzt", um ihnen das akademische Schönspielen abzugewöhnen.

    Die Tschechische Philharmonie hatte zu Ancerls und Neumanns Zeit tatsächlich "Mahler im Blut". Beide Ausnahmedirigenten konnten es sich leisten, nicht so sehr auf die "Gefühlsdrüse" zu drücken, denn das damals vortreffliche Orchester verstand es auch so, den exakt richtigen Tonfall zu treffen: Wunderbar sonore Streicher, warme, voll tönende Holzbläser und ein vorzügliches, gleichsam "satt", aber auch differenziert-subtil klingendes Blechbläserensemble.

    Schöner, berührender als die Schlichtheit im Schlussadagio der 9. Sinfonie z.B. haben für mich nur Bruno Walter (in der Vorkriegsaufnahme mit den Wiener Philharmonikern) und Michael Gielen in seiner früheren Aufnahme Mahlers "Abschied vom Leben" eingespielt.


    Was Du weiter oben in Bezug auf die Espressivität in Mahlers 2. Sinfonie schreibst, gilt auch hier. "Weniger ist manchmal mehr"!



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    Beim Urlicht muß ich sagen, daß ich mich immer wieder "nerve", daß es nicht im Erzählton gesungen wird, sondern alle durchweg in einen lyrisch-sentimentalen Ton verfallen. Dann wirds leicht kitischig. Wirklich zufrieden bin ich nur mit der großartigen Janet Baker in der CBS-Aufnahme von Bernstein. So ist das für mich richtig.

    Es ist wohl wahr. Nur wenige Solistinnen treffen den von Mahler geforderten feierlichen, aber schlichten Tonfall. Dame Janet Baker war hier ein Musterbeispiel.



    Zitat

    Die anderen Aufnahmen, die Du erwähnst - Gielen, Steinberg und Nott habe ich nicht, auch nicht den Luzerner Mitschnitt von Abbado, habe ihn aber mal im Fernsehen gesehen, da besitze ich seine alte Chicagoer Einspielung, die mir nach wie vor auch sehr gut gefällt. Die Luzerner Aufnahmen von Abbado sind mir tendentiell oft ein bisschen zu sehr auf Orchesterbrillianz getrimmt - da gefallen mir dann (z.B. bei der 7.) seine alten Einspielungen besser. Jansons finde ich im Video fast noch eindrucksvoller als auf der CD (mit dem Concertgebouw-Orkest), Kaplan finde ich gut, aber es gibt Besseres finde ich und auch der gestrenge Klemperer z.B. ist sehr hörenswert.


    Beste Grüße
    Holger

    Steinberg hatte ich durch eine Empfehlung s.bummers hier kennen und schätzen gelernt; zu Nott schrieb ich an dieser Stelle etwas ausführlichere Zeilen, und bei keiner anderen Aufnahme als der Gielens habe ich so häufig feuchte Augen der Rührung, des Staunens, des Ergriffenseins wie beim angeblich so kühlen, nüchternen, sachlichen Gielen.


    Zu Abbado: Es ist richtig, daß er reichlich mit den üppigen Pfunden des Luzern Festival Orchesters wuchert. Die spätere Aufnahme der 2. ist für mich aber nicht auf Schönklang, sondern eher auf den "Auferstehungsaspekt", auf das "Sterben wirst Du um zu Leben" der Sinfonie ausgelegt. Wie auch bei der 6. Sinfone Mahlers z.B. mildert er die "Ecken und Kanten" der Sinfonie ein wenig ab, zu Gunsten einer eher friedfertigeren, freundlicheren, lebensbejahenderen Grundhaltung.
    Auch das ist nicht "jedermanns Mahler", aber ein sehr interessanter, aus einem anderen Blickwinkel betrachteter.


    PS.: Ich habe übrigens nach den späteren digitalen Neumann-Aufnahmen Ausschau gehalten. Sie sind in der Tat, sofern überhaupt, nur zu astronomischen Preisen erhältlich - bis auf die 4. Sinfonie, die ich natürlich gleich geordert habe.


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    Ich bin sehr gespannt...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    schön, daß Du die späte Aufnahme der 4. ergattert hast! Daran wirst Du Deine Freude haben! Die 4. liegt Neumann besonders. Und Danke für Deine schönen Ausführungen. Nur eine kleine Anmerkung zu den Tempowechseln bei der 2.: Die Tempowechsel gehören ja zur Wagner-Tradition und die reicht sehr weit. Dann kam nach 1950 die bewußte Abkehr davon - Pierre Boulez etwa fordert in seinen Schriften ein einheitliches Grundtempo beim Dirigieren. Es ist wohl anzunehmen, daß Neumann ganz bewußt in diesem Sinne einen "modernen" Mahler dirigieren wollte und deshalb auf Tempowechsel verzichtet. Das einheitliche Grundtempo betont die Entwicklung der "Struktur". Es gibt übrigens eine Welte-Mignon-Rollenaufnahme von Mahler selbst mit dem 1. Satz der 5. Symphonie. Auch die wirkt überraschend "modern" mit einem flüssig organischen Tempo. Biographisch ist überliefert, daß Mahler was das Tempo angeht je nach Inspiration des Moments sehr unterschiedlich dirigierte.


    Beste Grüße
    Holger

  • Der 1. Satz (in 19'05'' gespielt) ist in der Tat außergewöhnlich, nicht nur von der Tempofrage, auch von der dramatischen Gestaltung aus gesehen. Nur Klemperer 1951 traute sich (von den Dirigenten meiner Sammlung), den Kopfsatz noch rasanter zu spielen.
    Was mir aber im weiteren Verlauf der 2. Sinfonie ein bißchen fehlt, ist das, was Du mit dem Drama beschreibst. Neumann ist mir ein wenig zu freundlich, zu verbindlich, es fehlen die kleinen tempomäßigen Raffinessen, das leichte Nachgeben oder Anziehen des Tempos, das z.B. Neumanns Interpretationen der 4. oder 5. Sinfonie (die ich jetzt gerade höre) kennzeichnen.

    Noch eine kleine Anmerkung erlaube ich mir dazu als philosophischer Ästhetiker: Hegel schreibt über das Drama, daß es das "zügige Fortschreiten zur Endkatastrophe" fordert und kein episches Verweilen duldet. Dem entspricht Neumann im 1. Satz der 2. ziemlich genau. Die 4. Symphonie ist - wie Mahler sich selbst programmatisch geäußert hat - kein Drama, sondern eine Humoreske. Da darf man sich also auch einen "Schlendrian" was das Tempo angeht erlauben! :)


    Beste Grüße
    Holger

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