Prokofjew ist ein Komponist, bei dem ich mich immer über die Präferenzen des Publikums wundere. Ich kann besipielsweise überhaupt nicht nachvollziehen, weshalb das dritte Klavierkonzert besser als das erste, zweite oder fünfte sein soll, oder die erste und fünfte Symphonie besser als die zweite und dritte. Mir stellt sich das eher genau umgekehrt dar.
Ich möchte Dir hier zustimmen, Felix, glaube aber, dass es sich um eine Frage der Hörerfahrung handelt. Die Motorik des dritten Klavierkonzerts im Verein mit dessen struktureller und thematischer Eingängigkeit erschließt sich bei Weitem schneller als das zweite Konzert, das bekanntlich als "Katzenmusik aus der Seitengasse" bezeichnet wurde. Das erste Konzert kannte und mochte ich allerdings schon vor dem dritten.
Bei den Sinfonien liegt das noch stärker auf der Hand, sind doch die zweite und dritte Sinfonie höchst herb expressionistische Werke, die mich aber gerade deswegen längst faszinieren - auch wegen der fahlen Klangfarben, die sich immer wieder finden.
Prokofieff hatte ja eine eher romantisch-klassizistische Phase (Muster: die 7. Sinfonie) in seinem Werk und eine eher expressionistische. Das scheint mir nicht nur eine Frage des Früh- und Spätwerks zu sein, sondern findet sich etwa in der 5. Sinfonie durchaus als Stilprinzip gemischt - wenn man das etwas vereinfacht ausdrücken möchte.
In jedem Fall würde ich die "Symphonie classique" als Sonderfall herausnehmen. Sie stellt wohl eine Stilübung von Ravel'scher Künstlichkeit dar - im Vergleich zu Ravel würde ich dem Witz, dem Humor größere Relevanz zubilligen. Dass sie irgendwie nach Haydn klingt, aber dennoch ganz unverwechselbar nach Prokofieff (unverwechselbarer als vergleichbare Pseudo-Reminiszenzen von Respighi etwa), macht ihre Bedeutung aus.
Wolfgang