Sergei Prokofiew: Sinfonie Nr 1 "Die Klassische"

  • Prokofjew ist ein Komponist, bei dem ich mich immer über die Präferenzen des Publikums wundere. Ich kann besipielsweise überhaupt nicht nachvollziehen, weshalb das dritte Klavierkonzert besser als das erste, zweite oder fünfte sein soll, oder die erste und fünfte Symphonie besser als die zweite und dritte. Mir stellt sich das eher genau umgekehrt dar.


    Ich möchte Dir hier zustimmen, Felix, glaube aber, dass es sich um eine Frage der Hörerfahrung handelt. Die Motorik des dritten Klavierkonzerts im Verein mit dessen struktureller und thematischer Eingängigkeit erschließt sich bei Weitem schneller als das zweite Konzert, das bekanntlich als "Katzenmusik aus der Seitengasse" bezeichnet wurde. Das erste Konzert kannte und mochte ich allerdings schon vor dem dritten.


    Bei den Sinfonien liegt das noch stärker auf der Hand, sind doch die zweite und dritte Sinfonie höchst herb expressionistische Werke, die mich aber gerade deswegen längst faszinieren - auch wegen der fahlen Klangfarben, die sich immer wieder finden.


    Prokofieff hatte ja eine eher romantisch-klassizistische Phase (Muster: die 7. Sinfonie) in seinem Werk und eine eher expressionistische. Das scheint mir nicht nur eine Frage des Früh- und Spätwerks zu sein, sondern findet sich etwa in der 5. Sinfonie durchaus als Stilprinzip gemischt - wenn man das etwas vereinfacht ausdrücken möchte.


    In jedem Fall würde ich die "Symphonie classique" als Sonderfall herausnehmen. Sie stellt wohl eine Stilübung von Ravel'scher Künstlichkeit dar - im Vergleich zu Ravel würde ich dem Witz, dem Humor größere Relevanz zubilligen. Dass sie irgendwie nach Haydn klingt, aber dennoch ganz unverwechselbar nach Prokofieff (unverwechselbarer als vergleichbare Pseudo-Reminiszenzen von Respighi etwa), macht ihre Bedeutung aus.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Wolfgang, du hast natürlich recht, wenn du meinst, dass die von mir hervorgehobenen Werke schwieriger zu hören wären als die typischen "Prokofjew Favourites", aber ich finde, dass die Interpreten hier die Aufgabe hätten gegenzusteuern. So wie es jetzt läuft, bekommt man nämlich gerade die besten Werke von Prokofjew selten zu hören. Noch unverständlicher finde ich diesen Umstand, wenn man bedenkt, dass ein durchschnittlicher Bartók immer noch viel schwieriger zu hören ist als die zweite Symphonie von Prokofjew.

  • Prokofjew ist ein Komponist, bei dem ich mich immer über die Präferenzen des Publikums wundere. Ich kann besipielsweise überhaupt nicht nachvollziehen, weshalb das dritte Klavierkonzert besser als das erste, zweite oder fünfte sein soll, oder die erste und fünfte Symphonie besser als die zweite und dritte. Mir stellt sich das eher genau umgekehrt dar.


    "Besser" ist sicherlich eine Frage des eigenen Geschmacks, nicht absolut zu sehen. Ohne Zweifel ist das 3. Klavierkonzert "eingängiger" als z.B. das 2., die Symphonie classique nicht so sperrig wie die 2. Sinfonie. Ich persönlich stimme Dir in Deiner Beurteilung des 2. Klavierkonzerts vollkommen zu, das ich diverse Male live in der Kombination Alexander Toradze / Mariinsky-Orchester / Valery Gergiev gehört habe und das mich jedes Mal begeistert hat. Neben der Symphonie classique ist wohl die Fünfte die meistaufgeführte Sinfonie Prokofjews, der ich jedoch die Sechste vorziehen würde. Aber ist es nicht genauso mit Rachmaninoff oder Schostakowitsch? Von Rachmaninoff wird die Zweite mehr gespielt als die Dritte, die ich für interessanter halte. Und bei Schostakowitsch finde ich eine Reihe von Sinfonien anhörenswerter als die "populäre" Fünfte.


    Gruß, Peter

  • Noch unverständlicher finde ich diesen Umstand, wenn man bedenkt, dass ein durchschnittlicher Bartók immer noch viel schwieriger zu hören ist als die zweite Symphonie von Prokofjew.


    Ehrlich, Felix? Der Bruitismus in Prokofieffs wilder Anfangsphase erscheint mir zumindest dissonanter und in der Instrumentierung aggressiver als fast alles von Bartok - ausgenommen auch dessen Radikalexpressionismus, also etwa der "wunderbare Mandarin". Das ist ähnlich geartet.


    Aber auf jeden Fall freut mich, dass Du in diesem etwas konservativen Forum ähnlich wie teleton auch gerne mal härtere Materie hörst :P .


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Ehrlich, Felix? Der Bruitismus in Prokofieffs wilder Anfangsphase erscheint mir zumindest dissonanter und in der Instrumentierung aggressiver als fast alles von Bartok - ausgenommen auch dessen Radikalexpressionismus, also etwa der "wunderbare Mandarin". Das ist ähnlich geartet.

    Ja, der frühe Prokofjew klingt "brutaler". Aber trotzdem kann zumindest ich Prokofjews Musik viel leichter folgen, da es mehr gibt, an dem ich mich"festhalten" kann, etwa eine klare Melodie wie im ersten Klavierkonzert oder die von dir erwähnte fantastische Instrumentierung. Ich mag auch Bartók sehr, aber er ist schon anstrengend. Aber natürlich muss man sich auch bei Prokofjew sehr konzentrieren, um folgen zu können.



    Aber auf jeden Fall freut mich, dass Du in diesem etwas konservativen Forum ähnlich wie teleton auch gerne mal härtere Materie hörst :P .

    Haha, danke! Aber an meinem Avatar erkennt man, denke ich, dass auch ich konservativen Tendenzen nicht ganz abhold bin ;)



    LG,


    David

  • off topic - on topic

    Haha, danke! Aber an meinem Avatar erkennt man, denke ich, dass auch ich konservativen Tendenzen nicht ganz abhold bin

    Wir kommen auch diesbezüglich zusammen!


    Ich hätte noch etwas Originelles zu bieten, das gar nicht so abwegig klingt:



    Das Gitarrentrio Amsterdam spielt seine Version der "Klassischen Sinfonie".


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo WolfgangZ,


    ich weis ja, dass Du in deiner CD-Sammlung extravagante Dinge vorliegen hast. (((Ich sage nur Trompetenkonzert ;( )))


    Ich denke bei der in Beitrag 36 abgebildeten CD - mit Prokoffieff 1 für Guitar-Trio - würden wir kaum zusammenkommen, denn ich schätze solche Bearbeitungen von Orchesterwerken (hier für Gittarren) weniger (bis gar nicht), da ich diese lieber im Original belassen hören möchte.


    Zu Prokofeiff´s Sinfonie Nr.1 im klassischen Format, möchte ich anmerken, dass diese mit seinen Sinfonien Nr.2-7 gar nicht vergleichbar ist.
    Ich finde man kann genau so wenig sagen: "Die Erste ist Prokofieffs bestes Werk !" wie .... "Eine Andere ist besser als die Erste !"


    Ich schätze die Sinfonie Nr.5 ganz besonders hoch - wegen Szells megaspannendstraffer Aufnahme (SONY) , die unübertroffen ist. Alleine diese Aufnahme hebt das Werk für mich über die Sinfonien Nr. 2-7 hinweg - Die Erste wie gesagt als klassische Besonderheit ausgenommen.


    Ich möchte an den Prokofieff: Sinfonien Nr. 1-7-Thread: http://www.tamino-klassikforum.de/index.php?page=Thread&threadID=3564 erinnern, in der die Taminos ihre Reihung nach Beliebtheit posteten !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo, teleton!


    Auch wir kommen zusammen! :P (Das mit den Trompetenkonzerten verstehe ich jetzt allerdings weniger. Ich mag sehr viele und darf das auch. :D Und Bernd Alois Zimmermanns Konzert ist doch erstklassig!)


    Wie Du bin ich der Meinung und habe es ja auch geschrieben, dass die erste Prokofieff-Sinfonie völlig eigenständig gegenüber den anderen ist - wobei (auch nichts Neues) alle sieben Sinfonien sehr unterschiedlich geartet sind.


    Bearbeitungen wie die des Amsterdamer Trios können keine Originale ersetzen, schon gar nicht etwa das Klavierkonzert von de Falla im vorliegenden Fall. Trotzdem finde ich, dass obige gut gemacht sind. Auch das darf ich. :P


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Das ist wieder so ein Thema... Weil: ich mag die Klassische einfach. Ich höre sie gern, sie gefällt mir, sie berührt mich, sie erfreut mich. Sie ist einfach schön. Aber das wiederum beweist wieder einmal, dass ich keine Ahnung habe, denn es ist ja nur Ironie, nur eine Fingerübung und eben überhaupt nicht ernst zu nehmen. Und jeder kann das hören.
    Mir kommt es so vor, als gäbe es wirklich zweierlei Musikhörer, die einen, die jedesmal einfach überwältigt werden und andauernd tränenüberströmt im Konzertsaal sitzen und die, die genau das Handwerk erkennen, Tempi analysieren und Zitate entdecken.


    Ich gehöre mit Sicherheit zur 1. Kategorie und das scheint schicksalhaft zu sein. Ich brauche mich nur hinzusetzen, Cd einlegen und mir vornehmen, jetzt achtest du mal auf das 1. und 2. Thema und darauf, wann die wieder auftauchen. Es wird nicht gelingen. Ich werde von meinen Emotionen davongetragen - oder langweile mich so, dass ich ganz unaufmerksam werde.


    Ein wenig (!) empfinde ich dies schon als Mangel - kann ich doch oft nciht kompetent mitreden. Aber es gibt natürlich auch die andere Seite, dass ich denke, die Analytiker würden doch da auch eine Menge nicht mitkriegen. Denn dieses Weggeschwemmtwerden ist ja immer wieder herrlich und der Hauptgrund fürs Musikhören (für mich).
    Und wie gesagt, die Klassische ist ein schönes Beispiel, wird man doch als Liebhaber derselben schnell zu einem (besseren) Popmusikhörer.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Das ist wieder so ein Thema... Weil: ich mag die Klassische einfach. Ich höre sie gern, sie gefällt mir, sie berührt mich, sie erfreut mich. Sie ist einfach schön. Aber das wiederum beweist wieder einmal, dass ich keine Ahnung habe, denn es ist ja nur Ironie, nur eine Fingerübung und eben überhaupt nicht ernst zu nehmen. Und jeder kann das hören.


    Das muss keineswegs ein Widerspruch sein, Klaus. Musik eines meiner Lieblingskomponisten, nämlich von Poulenc, basiert auf dem steten Widerspruch des Ironisch-Clownesken und des Religiösen - nicht nur nebeneinander, sondern häufig genug als Kennzeichen ein und desselben Werks. Alle Attribute, wie Du sie oben beschrieben hast, würde ich bei Poulenc dennoch stets für mich beanspruchen.


    Insofern kann ich das auch bezüglich Prokofieffs Erster nachvollziehen, selbst wenn ich das Werk nach vierzig Jahren Hörerfahrung eher distanziert betrachte und mir fast alles andere von Prokofieff nähergeht. Vielleicht ist der Ausdruck "Fingerübung" auch zumindest von daher ungerechtfertigt, als die "Symphonie Classique" ein geniales Werk ist - aus diversen Gründen, wie sie auch hier zur Sprache kamen. Es scheint mir nur verfehlt, Prokofieff primär an ihr zu messen - obgleich dies bisweilen geschieht.


    Das andere Thema muss man ob seiner Allgemeinrelevanz vielleicht nicht an dieser Stelle vertiefen - es ist im Forum schon oft geschehen. Nur so viel aus meiner Sicht: Analysieren und Berührtsein möchte ich nicht trennen. Das eine kann vom anderen nur profitieren - je mehr, desto vertrauter einem ein Werk bereits ist.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Die Erste Sinfonie sollte man nicht unterschätzen. Sie ist nämlich nicht einfach nur "nett". Leider wird sie von vielen Dirigenten, die Prokofiev überhaupt nicht verstehen, eben nur so gespielt. Das finde ich vollkommen unerträglich. Mittlerweile wird sie oft als "Aufwärmstückchen" in Konzerten missbraucht. Da kriege ich das kalte Kotzen.


    Ein Dirigent, der die Erste so ernst nimmt wie kein anderer, war Ernest Ansermet:



    Hier sind sogar zwei Einspielungen enthalten. Einmal seine Mono-Aufnahme von 1953 mit dem Pariser Conservatoire Orchester und dann die Stereo-Aufnahme von 1961 mit seinem Orchestre de la Suisse Romande. Es sind beides superbe Aufnahmen, die ich allen anderen vorziehe. So genau, scharf, detailliert und analytisch wie Ansermet ist kein anderer Dirigent.

  • Zum einen danke ich "Agon" für die Wiederbelebung dieses Threads. Ich selbst mag die 1. sehr gern. Sie wird im allgemeinen doch ernst genommen und ist Prokofieffs beliebteste Sinfonie.


    "Big Berlin BEar schrieb am 27 Augiust 2004:

    Zitat

    Prokofiews Sinfonie Nr. 1, die sogenannte "Klassische" halte ich eher für eine Vorstudie zum eigentlichen Werk, das dann insgesamt vielschichtiger und auch interessanter ist. Die Beliebtheit der Komposition auch bei einem Publikum, das mit Klassik sonst eher nichts am Hut hat, macht mich misstrauisch, denn ich halte den Massengeschmack nicht für einen Gradmesser, den souveränen Umgang mit Klassik zu lernen


    Schon hier regt sich mein Widerspruchsgeist. Die erste war keineswegs eine "Vorstufe", nicht allein deshalb nicht weil es schon zuvor zwei nicht veröffentlichte Sinfonien gab, sondern weil Prokofieff auf diesem Kompositionsmodel nicht weiter aufbaut. Es ist ein Einzelwerk, Aussenseiter in seinem Schaffen.
    Dann teile ich ferner nicht die Einstellung, daß "Massengeschmack" ein Anzeichen für schlechte Kompositionen sind, man müsste Beethoven 5. und zahlreiche andere Werke verwerfen, sollte das je der Gradmesser sein.


    und ebenso von BBB:

    Zitat


    Prokowjefs "Klassische" ist ein artiger Kratzfuß vor Meister Haydn: mehr nicht!


    Auch nicht ganz einverstanden, ist mir aber immer noch lieber, als die oft gehörte Begauptung, die Sinfonie wöre eine Parodie auf Haydns Stil.
    Prokofierff hat sich (laut eigener Aussage) lediglich Gedanken darüber gemacht, wie Haydn denn komponieren würde, lebte er "heute" (1918)
    Er kam zu dem Schlu0, Haydn hätte im wesentlichen seinesn Stil beibehalten . ihn aber ein wenig der "Gegenwart" angepasst. Nirgendwo ein Hinweis auf eine Parodie
    Auch über den Titel gibt es eine Aussage des Komponisten. Befragt, warum er sie so genannt hatte, antwortete er:"Erstens, weil es so einfacher war; zum anderen um die Philister zu ärgern, und außerdem in der heimlichen Hoffnung, letzten Endes zu gewinnen, wenn die Sinfonie sich wirklich als "klassisch"erwiese....


    Die Pariser Avantgarde kann mit dem Werk nichts anfange, bzw leht es ab. Zwischen Prokofieff und Strawinsky entsteht ein Spannungsfeld zwischen Bekanntschaft, Freundschaft, Bewunderung, Rivalität und gegenseiter Ablehnung, das ich noch nicht ganz durchschaut habe....


    Ich habe mich heute beim Abhören der ersten Sinfonie erneut der Aufnahme unter Dmitrij Kitajenke bedient und bin gut damit gefahren. Ausserst gut durchhörbar mit viel Schwung eine Spur überbrilliant (was ich liebe) und dennoch sehr dunklem (aber schlanken) Baßfundament.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich denke, diese Erste Sinfonie ist bereits allerreinster Prokofiev und hat nichts mit Haydn, Mozart o.ä. zu tun. Sie entspricht seinem sarkastisch-modernistischen Naturell - und so sollte sie auch gespielt werden. Sie hat auch etwas von Ballettmusik - einem Genre, dem sich Prokofiev ja sehr intensiv gewidmet hat.


    In diesem Zusammenhang ist die Aufnahme von Igor Markevitch mit dem Philharmonia Orchestra erwähnenswert:



    Eine weitere Spitzenempfehlung neben Ernest Ansermet.

  • Ich habe mir heute - erneut aus einer bislang noch originalversiegelten Gesamtaufnahme die Sinfonie Nr 1 angehört, and zwar jene mit der Tschechischen Philharmonie unter Zdenek Kosler, aufgenommen für SUPRAPHON 1978 also ebenfalls analog. Man merkt schon bei den ersten tönen den Unerschied zwischrn Kitajenko und Kosler:
    Kitajenleo hat das deutsche Orcherster in der Tag auf agressiv getrimmt, was der ersten nicht unbedingt bekommt. Kosler spielt - bei fast identischen Tempi - wesentlich zurückhaltender und weicher. Die 2. habe ich noch nicht unter Kosler gehört, ich vermute aber, daß ihr das Zwingende, Brutale fehlen wird.


    Und natürlich hat die erste unbedingt etwad mit Haydn zu zu tun, das hat Prokofieff selbst berhauptet, es habe ihn "der Gedanke gelockt, eine Sinfonie im haydnschem Stil zu schreiben. Noch ein Nachtrag: im EröffnungsBeitrag schrieb ich, daß die Erste, die beliebteste Sinfonie Prokofieffs sei und fügte ironisch hinzu:
    "Zyniker mögen sagen, weil sie so kurz ist"
    In diesem ZUsammenhang ist es interessant, daß ich erst heute in einem der Booklets eine Aussage Prokofieffs las, die da hieß:
    "Es gibt nichts Schrecklicheres als eine lange Sinfonie".......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Prokofiev mag sich ja auf Haydn beziehen bzw. von Ihm inspiriert sein - trotzdem ist es eben reinster Prokofiev. Ein Shostakovich hätte ein solches Werk sicherlich nicht geschrieben. Shostakovich mochte Prokofievs Musik sowieso nicht. Die beiden Komponisten waren eben Antipoden. Prokofiev hatte eben auch eine "westlich-dekadente" Seite, die Shostakovich völlig abging.


    Kitajenkos Gürzenich-Aufnahmen habe ich auch, und ich finde sie nicht wirklich überzeugend. Sie sind nicht schlecht, aber Kitajenko neigt zum Zerdehnen. Das wirkt sich zum Beispiel in der Siebten ziemlich negativ aus. Es wundert mich, Alfred, dass Du meinst, Kitajenko hätte das Orchester auf "aggressiv" getrimmt. Das kommt mir eher nicht so vor. Da kenne ich wesentlich schärfere, zugespitztere Aufnahmen.

  • Kitajenko hat das deutsche Orcherster in der Tag auf agressiv getrimmt, was der ersten nicht unbedingt bekommt.


    Warum nicht ?
    Denn so scharf, detailliert und analytisch (wie laut Agon auch Ansermet) ist mit Abstand zu anderen Aufnahmen auch Kitaenko mit den Moskauer Philharmonikern (Melodioya, 1988, DDD). Als ich diese Aufnahme Ende der 90er zum ersten Mal hörte kam mir diese scharfe Sichtweise sogar fremd vor, weil bis dato so nicht gehört.
    :thumbup: Heute finde ich diese (auch durch die Tontechnik verursachte) äusserst detaireiche, analytische Sichtweise richtig Klasse ! Die Tontechniker haben die einzelnen Instrumentengruppen, quasi wie mit einem Vergrösserungsglas getrennt, aufgefächert. Das hört sich freilich nicht so an, als wenn man im Konzertsaal sitzt ... aber das soll es von mir aus auch gar nicht. Hinzu kommt Kitaenkos agressiveres Dirigat, auf die sich die Moskauer mit ihren russischen Bläsern (die deutlch anders klingen als gewohnt) voll und mit Virtuosität einstellen. :thumbsup: Tolle Aufnahme !


    61R0yqKDFgL._SX300_.jpg Melodiya, 1987 (1.), 1989 (2.), DDD



    Dank an Agon für den Hinweis auf Ansermet, bei dem ich mir die total vom Kurorchesterbetrieb abgewandte ernstzunehmende Int bestens vorstellen kann. Das war ohnehin sein Repertoire.
    Ich lese gerade, dass Du, Agon die Gürzenich - Aufnahme gar nicht so "aggressiv" empfindest. Die mit den Moskauern ist jedenfalls verdammt scharf (der Unterschied bei den KK (Krainew/Kitaenko) mit den Moskauern und den Franfurtern ist ebenso krass unterschiedlich und im Westen ungleich weicher geraten ... das wird bei den Sinfonien warscheinlich auch so sein).
    ;) Da ich genug Aufnahmen der Ersten habe, muss ich die "Ansermetsche" aber nun nicht zwingend auch noch haben.



    *** Weitere Aufnahmen, die es in sich haben und zu mienen Favoriten gehören folgen, nachdem ich sie noch einmal gehört habe ... Solti, Bernstein (den ich Beitrag 29 bereits erwähnte) ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Rhythmsch perfekt, mit quasi den gleichen flotten Spielzeiten wie Kitaenko gibt sich auch Solti in seiner fetzigen Aufnahme.


    Da die ausgzeichnete Decca-Klangtechnik doch her auf natürliche Orchesterwiedergabe und nicht so mit dem Vergrösserungsglas herangezogen wie bei Kitaenko aufgenommen ist, wirkt Solti´s Int nicht so unmittelbar scharf. Aber sein ryhthmisches Feeling macht nicht minder Freude diese Classiique zu hören. Auch die Pauken im 4.Satz sind deutlich vorhanden und verschwimmen nicht im Orchesterbrei.
    :thumbsup: Ebenfalls eine klasse Aufnahme, die an nichts zu wünschen übrig lässt.


    Spieldauer: 3:48 - 4:09 - 1:30 - 4:04


    Leider gibts mit Solti nur die Sinfonie Nr.1 ... aber hier mit der ausgezeichneten Romeo und Julia - Ballett - Version (als sehr gut zusammengestellte Suite mit den wichtigsten Sätzen, die man ggf auch beim Abhören einer GA auswählen würde).



    Decca, 1983, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Im Grunde habe ich die Karajan-Aufnahme immer hoch geschätzt. Es wird auch meine Erste gewesen sein.
    An Detailreichtum und guter Durchhörbarkeit mangelt es nicht. Die schnellen Sätze 1 und 4 sind zwar etwas breiter, aber zackig und angemessen. Die Mittelsätze sind mir heute im Vergleich zu Kitaenko und Solti etwas zu behäbig; besonders die Gavotta. Das Larghetto wird aber wenigstens nicht so überdehnt und gefällt mir daher gut.
    :) Ohne Vergleich gäbe es an dieser sinfonisch klingenden Aufnahme nichts auszusetzen ... aber wie man aus den beiden Vorbeiträgen sehen kann - - - es geht auch zackiger mit mehr Schärfe und damit einfach interessanter !


    Trotzdem liegt man absolut nicht daneben, wenn man die CD kauft, denn auch die Fünfte schätze ich hier mit Karajan (trotz Szell als TOP-Vergleich) sehr.


    Spieldauer: 4:25 - 3:38 - 1:43 - 4:16


    51JWgviWVBL._SX300_.jpg
    DG, 1968 (5.), 1981 (1.), ADD/DDD


    Diese CD-Aufnahmen besitze ich auf CD in der DG-Karajan-Edition, die offenbar nicht mehr verfügbar ist ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • 8o Den herrlichen Spielwitz, die Fröhlichkeit, die Bernstein hier zum Ausdruck bringt habe ich immer schon bewundert. Auch an Details mangelt es der Aufnahme nicht, doch klingen die Mittelsätze heute in meinen Ohren fast zu schön ... mein Eindruck resultiert aus dem Vergleich zu den schärferen Sichten mit Kitaenko und Solti.
    :thumbup: Ansonsten ebenfalls eine astreine Aufnahme, die durch eine der besten Bizet 1 ergänzt wird.


    Spieldauern, auch wieder auf der zügigen Seite und fast mit Kitaenko und Solti gleich: 4:03 - 3:51 - 1:31 - 3:59



    SONY, 1968, ADD


    Auch hier finde ich die CD aus der fabelhaften Bernstein-Edition; ich besitze noch die alte CBS-CD-Ausgabe (gekauft als es SONY-CD noch gar nicht gab ...)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Die Karajan- und Bernstein-Aufnahmen der Ersten sind in der Tat ziemlich gut. Hätte ich Beiden gar nicht zugetraut. Naja.


    Aber ich empfehle jetzt noch eine böse Mono-Aufnahme:




    Sinfonie Nr. 1, Romeo und Julia-Suite


    Tschechische Philharmonie,

    Karel Ancerl, Ltg.


    (Supraphon, 1956/59)


    Achtung: Romeo und Julia ist bereits in STEREO!

  • Es wurden ja hier schon etliche sehr gute Aufnahmen genannt. Ich möchte eine weitere hinzufügen:



    Derzeit wohl schwer greifbar. Es dirigiert Jewgeni Swetlanow. Kurios: Die Aufnahme soll von 1991 sein, aber das Orchester wird bereits als Staatliches Symphonieorchester der Russischen Föderation, nicht mehr der Sowjetunion, bezeichnet - die ging aber erst am 25. Dezember 1991 unter. Entweder Schlamperei auf dem Cover oder das Konzert fand wirklich zwischen 26. und 31. Dezember 1991 statt. An der Interpretation ändert das natürlich nichts.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die heute um 0:09 von Teleton vorgestellte Aufnahme der ersten Sinfonie (gekoppelt mit der Fünften)unter Karajan gibt es noch - allerdings in einer anderen Ausgabe. Siehe verlinktes Bild links oben im Beitrag. Wie das bei enem gelben Label nicht anders zu erwarten ist, kommt die entsprecnde CD aus dem Herkunftsland - aus Japan (Ich will nicht lästern über die Japaner, seien wir froh, daß wenigstens sie unsere Kultur aufrecht halten.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich willjetzt auch noch mal eine neue Aufnahme ins Rennen schmeißen. AD 2014 von Kirill Karabits mit dem Bournemouth Philhamonic Orchestra. Auch eine Aufnahme, die mit Fröhlichkeit und Spielwitz glänzt und die mir sehr gut gefällt. Sie hat weniger Scharfe. :untertauch: Wobei ich auch sagen muss, die erste von Prokofiev gefällt mir sehr gut und ich empfinde sie zumindest in dieser Aufnahme gar nicht als altbacken, sondern einfach als fröhlich.


    Außerdem ist hier auch noch die Sinfonietta Op. 5 drauf. Auch etwas das man sich gut mal anhören kann. Die zweite ist dann ja wohl der Gegenentwurf. :pfeif: Und was hier auch noch drauf ist und mir auch gut gefällt, weil mir diese Miniaturen immer sympathisch sind, idt der Autumnal Sketch. Also ich würde sagen, der Kauf hat sich, trotz der zweiten, auf alle Fälle gelohnt. :untertauch:;)