Game over ? Aufstieg und (angeblicher) Niedergang der klassischen Musik

  • Repräsentativität:
    - zunächst eine Frage der Grundgesamtheit: wer soll denn repräsentiert werden?
    - dann eine Frage des Auswahlverfahrens, streng genommen sollte es eine (einfache) Zufallsauswahl sein
    - die Größe der Stichprobe ist übrigens nicht relevant für die Repräsentativität, sondern nur für die Abschätzung der Fehlermarge dann, wenn die Stichprobe repräsentativ ist (die Größe der Stichprobe sollte allerdings mindestens 50 betragen, siehe "zentraler Grenzwertsatz der Statistik"), da hier aber keine Zufallsauswahl erhoben wird, kann man eh keine Fehlermarge angeben


    Die Befragung ist möglicherweise repräsentativ, wenn es um die Grundgesamtheit der aktiven Taminos geht, dann nämlich, wenn sich praktisch alle "Aktiven" daran beteiligt haben. Sie ist nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Taminos oder für sonst irgendeine Gruppe von Opernbesuchern oder gar der Bevölkerung des deutschsprachigen Raums


    Reliabilität
    halte ich für gegeben, jeder der hier abstimmt, würde m.E. nochmal so abstimmen, wir haben also vermutlich keine Probleme der "Meßungenauigkeit"


    Validität
    hier wird die Frage gestellt, ob das gemessen wird, was behauptet wird zu messen. Z.B. wäre es nicht valide, die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs nach dem Lärm beurteilen zu wollen, den der Motor macht.
    Bei dieser Umfrage würde ich die Validität der Ergebnisse trotz der sehr groben Antwortrasterung cum grano salis bejahen, solange nicht versucht wird, die Antwort 2 als Contra-Regie-Theater zu interpretieren. Würde es versucht, wäre die Validität im Eimer. Und damit die Umfrage als solche.



    Lieber Wolfram,
    der Artikel, auf den Du verlinkt hast, gibt ja durchaus Anlaß zu vorsichtigem Optimismus.

  • Es gibt im Fußball einen flapsigen Spruch: "Entscheidend ist auf'm Platz". Und so ähnlich, so denke ich, ist es auch bei den Konzerten, die, zumindest diejenigen, die ich besuche, immer mit über 80% besucht, teilweise auch ausverkauft sind und in denen eigentlich ausnahmslos Hervorragendes dargeboten wird. Was mich und sicherlich auch viele andere neben aller dargebotenen Qualität auch noch frohen Mutes sein lässt, ist die nach meinen Beobachtungen steigende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die diese Konzerte besuchen. Wenn die Kommunen begreifen, wie wichtig die (klassische) Musik nicht nur für die geistige Bildung, sondern auch für das seelische Wohlbefinden ist, dann wird mir um die Zukunft der klassischen Musik in den Konzertsälen nicht bange sein.
    Wie es sich in den Opernhäusern verhält, weiß ich aus eigener Anschauung nicht, aber aus den vielen Berichten in den verschiedenen Threads und in der Presse kann ich entnehmen, dass da noch Einiges im Argen liegt. Aber da liegt es ja an den sogenannten Vertretern "einer neuen Kunstform", den Regisseuren, etwas zu ändern, an den Sängern und Orchestern sowie Dirigenten liegt es doch wohl nicht.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • An allen diesen Argumenten ist was dran, dennoch ich sehe das nicht so dramatisch. Auch der Bierkonsum geht Jahr für Jahr zurück, u.a. wegen neumodischer Mixgetränke, dennoch wird es immer Biertrinker geben. Aber das ist nicht die Antwort für die gestellte Frage.


    1) Jawohl, auch ich habe damals komplett von Schallplatten auf CDs umgerüstet, das hat sicher den Umsatz beflügelt, liegt aber auch schon mindestens zwanzig Jahre zurück, also kein Argument mehr. Aber auch mein CD-Schrank ist eigentlich voll und ich habe so gut wie alles, was ich will, oft in mehr- bis vielfachen Einspielungen, manchmal auch nur als singuläre Aufnahme bei Werken jenseits des Mainstreams. Warum soll ich mir die 21. Beethoven Neunte zulegen?


    2) Ich ertappe mich dabei, wenn ich schon mal wieder etwas kaufe, dann meistens auch eine Aufnahme jenseits dieses Jahrhunderts. Wen man kennt, von dem kauft man wieder. Neueinspielungen werden oft hochgelobt, halten aber nicht das, was man sich davon verspricht (Beispiel Dudamel).


    3) Natürlich kann man die Statistik so manipulieren. Aber dazu sind später auch gekommen z.B. Paul Potts und jetzt Popstar Garrett.


    4) Wo gibt es noch gut geführte Klassik-Geschäfte???? In den Kaufhäusern gibt es ein dürftiges Nischenrepertoire. Dussmann in Berlin ist eine Ausnahme. Jpc hat alle seine Geschäfte geschlossen. Sie waren mal in Niedersachsen recht präsent, jetzt weiß man selbst in der Landeshauptstadt Hannover kaum noch, wo man sich mit Klassik-CDs versorgen soll. Aus meiner früheren Wirkungsstätte Göttingen weiß ich, dass bei Konzerten des dortigen Orchesters viele danach bei Jpc nach Aufnahmen von dort gespielten Werken nachfragten. Das geht ja jetzt nicht mehr.
    Nicht unterschätzen darf man sicher das Internet und die damit geschaffenen Möglichkeiten. Aber ich möchte lieber eine richtige CD mit ordentlichem Booklet in den Händen halten, genauso, wie ich auch immer Zeitungsleser bleiben werde.


    Wie sieht es in Konzerten oder Opernaufführungen aus?


    Ich spreche mal für Berlin. Die großen Orchester sind im allgemeinen sehr gut besucht. Das Durchschnittsalter ist sehr unterschiedlich, manchmal schon so um die 60, manchmal aber auch wohltuend gemischt. Das liegt sicher auch am Besuch von Touristen. Aber das Durchschnittsalter war vor 20, 30 Jahren eigentlich ebenfalls recht hoch, insofern ist vielleicht doch ein Nachrücken zu verzeichnen. Die Staatsoper vermeldet stolz, die Auslastung wäre in der abgelaufenen Saison bei 87 %, die Saison vorher waren es 84 %. Das ist aber im Schiller-Theater, wenn das ausverkauft ist, dann entspricht das knapp der Hälfte der Deutschen Oper. Und die war bei meinen Besuchen immer sehr gut gefüllt. Ältere und mittlere Altersgruppe, Touristen und immer auch junge Leute. Allerdings besuche ich im allgemeinen nur sehenswerte Aufführungen.


    Ich habe mir für die neue Saison schon eine Reihe von Konzert- und Opernaufführungen gesichert, da gute Plätze schnell weg sind und ich dann nicht leer ausgehen möchte.


    Ich glaube nicht, dass es einen Niedergang der klassischen Musik gibt. Aber glauben ist nicht wissen. Noch gibt es im Opernbereich viel Sehenswertes. Wenn das aber alles vom Spielplan verschwunden ist? Dann wird man eine Oper schließen und weitermachen. Mit wem?
    Zum Glück gibt es im Konzertbereich genug Alternativen.


    Lasst uns die Hoffnung nicht aufgeben.


    Viele Grüße


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP